Arnold Fruchtenbaum: Das Neue Testament aus jüdischer Perspektive - Teil 02/17 - Vortrag 1/7 - Wie das Neue Testament das Alte zitiert

26.02.2016 20:15 Uhr
Feriendorf Groß Väter See, Groß Väter 34, 17268 Templin-Groß Dölln

 

Das Thema, das mir gestellt wurde, ist: Warum verstehen wir das Neue Testament aus einem jüdischen Hintergrund besser? Als ich noch in Jerusalem gelebt habe, habe ich einen Studienkurs entwickelt und ich nannte den oder ich nenne den: “Das Leben Jesu aus jüdischer Perspektive“. Wenn man diesen gesamten Kurs anhören oder unterrichten möchte, dann braucht es 25 Stunden in einer Sprache. Und einmal pro Jahr kann ich tatsächlich diesen vollständigen Kurs unterrichten und zwar in unserem Freizeitprogramm im Staat New York in den Vereinigten Staaten. Für Gemeinden oder Konferenzen wie diese, wo wir nicht so viel Zeit zur Verfügung haben, gibt es eine verkürzte Version, die so genannten "Höhepunkte aus dem Leben Jesu aus jüdischer Perspektive“. Und dieses Studium hat 12 Stunden. Das machen wir normalerweise von sonntags bis donnerstags oder freitags. Diese Evangelienharmonie, die ihr bekommen habt, mit der Gliederung, die folgt eigentlich diesen “ Höhepunkten aus jüdischer Perspektive“. Aber das ist nicht genau der Ablauf, an den wir uns in diesen 5 Stunden, die uns hier zur Verfügung stehen, halten können. Wie eingangs gesagt, wir werden einige Dinge, die hier in dieser Übersicht enthalten sind, tatsächlich besprechen. Andere sind neu, die hier nicht enthalten sind. Dieses Studium des Lebens Jesu aus jüdischer Perspektive, und zwar die Höhepunkte davon, gibt es sowohl in Deutscher als auch in russischer Sprache in gedruckter Form. Das deutsche Buch könnt ihr draußen am Büchertisch erwerben: „Das Leben des Messias“.  

 

Und so werden wir durch die 4 Evangelien gehen und euch besonders darauf hinweisen, wo der jüdische Hintergrund eine große Rolle spielt, um die Zusammenhänge besser zu verstehen. Dieser jüdische Hintergrund, der zum Verständnis so dienlich ist, war niemals verlorengegangen. Aber wir müssen sagen, dass mit Beginn des dritten oder vierten Jahrhunderts der Großteil der Gemeinden diesen jüdischen Hintergrund begonnen hat zu ignorieren. Und als Folge dieser, darf ich sagen Ignoranz der Gemeinde Jesu, ist über die Kirchengeschichte viel Spaltung entstanden. Zum Beispiel, „Was bedeutet es, aus Wasser und Geist geboren zu sein?“ Aber gerade dieses „aus Wasser geboren zu sein“ hat eine besondere jüdische Bedeutung. Leider hat nur jemanden vergessen, einen Juden zu fragen, was dieser Ausdruck zu bedeuten hat. Und in den Vereinigten Staaten hat sich die gesamte Denomination neu gebildet, einfach nur auf Grundlage dieser einen Aussage in der Schrift. In dieser Lehrrichtung ist dann die Taufe tatsächlich notwendig, um gerettet zu werden. Wir dürfen sagen, dieser jüdische Hintergrund verhilft uns nicht nur zu einem besseren Verständnis, sondern er bewahrt uns auch vor vielen Spaltungen oder Irrwegen. 

 

Wir beginnen mit unserem Studium und dürfen dazu auch die erste Seite hier unserer Übersicht gebrauchen: „Die Geburt und Kindheit oder die Einführung des Evangelisten Johannes“. Im Johannesevangelium in den ersten 18 Versen finden wir die Einführung des Evangelisten Johannes über den Herrn Jesus und seine Geburt. Also nicht seine Geburt, sondern über den Herrn Jesus, seine Abstammung. Wir beginnen mit dem Vers 1:“ Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott.“ Die meisten von euch wissen sicherlich, dass das griechische Wort, was hier verwendet wird, Logos ist. Und weil eben hier Logos verwendet wurde, haben die meisten Kommentatoren darauf abgehoben und haben untersucht, was bedeutet Logos eigentlich in der griechischen Sprachgeschichte. Iin der griechischen Philosophie sieht man, dass Logos 2 Konzepte trägt. Zum einen versteht man im griechischen Kontext unter Logos die „Vernunft“ und zweitens „die Rede“. Und weil eben die Kommentatoren auf dieses griechische Konzept von Logos abgehoben haben, haben sie dann versucht, dass der Herr Jesus eben diese beiden Konzepte der griechischen Philosophie erfüllt hätte, in Vernunft und in Rede. Und deswegen wird gelehrt, durch die Vernunft oder vernunftgemäß war er die Vorstellung Gottes. Nach der Rede war er der Ausdruck Gottes. Wenn ihr euch Kommentare anschaut, egal welchen, vielleicht mit ein oder 2 Ausnahmen, durch die Bank erklären sie diese beiden Konzepte über das Wort Logos. Aber was diese Kommentatoren leider außer Acht lassen ist, dass Johannes‘ Beruf nicht griechischer Philosoph war. Er war jüdischer Fischer. Deswegen hat Johannes keineswegs in der griechischen Philosophie gedacht, sondern vielmehr in der rabbinischen Theologie des ersten Jahrhunderts. In der hebräischen Bibel oder in unserem Alten Testament ist das Wort für „Wort“ - „da war„ und auf aramäisch ist das Wort Memra. Und das griechische Äquivalent ist das Logos. Alle diese 3 Ausdrucke bedeuten „Wort“ aufgrund der Tatsache, wie dieses Wort „da war“ also Wort im Alten Testament gebraucht wurde, haben die Rabbiner eine gewisse Lehre um dieses Wort „da war“ entwickelt .Um eben diese theologische Signifikanz dieses Wortes zu betonen, haben sie oft das aramäische Wort Memra benutzt. Aber das einzige griechische Wort, was man für das Neue Testament dafür zur Verfügung hatte, war das Wort Logos. Wenn Johannes nun sein Johannesevangelium schreibt, benutzt er zwar das Wort Logos, aber er denkt nicht an Logos im Sinne dieser griechischen Philosophie. Er denkt an dieses Memra innerhalb der jüdischen Theologie. Die Rabbiner betonen, dass es 6 grundlegende Wahrheiten über dieses Memra gibt. Interessanterweise finden wir alle diese 6 Merkmale in diesen ersten 18 Versen des Johannesevangeliums.  

 

Zunächst einmal haben die Rabbiner gelehrt, dass das Memra zum einen manchmal von Gott verschieden, manchmal aber auch gottgleich ist. In den ganzen rabbinischen Schriften haben sie nie versucht, diesen vermeintlichen Widerspruch weg zu erklären, sondern in den rabbinischen Schriften wirst Du feststellen, sie haben beide Aussagen gleichbedeutend nebeneinander stehen lassen. Johannes macht genau das Gleiche hier im ersten Vers. Wenn er sagt: “das Wort war bei Gott“, dann unterscheidet ja Johannes zwischen Wort und Gott. Im gleichen Atemzug sagt er: “und Gott war das Wort“. Das heißt, er sagt, er ist das Gleiche wie Gott. In diesem Moment macht Johannes gar keine Anstalten diesen vermeintlichen Widerspruch zu erklären. Doch später in den Schriften des Johannes werden wir feststellen, dass er das getan hat, was die Rabbiner immer vermisst haben. Er hat diesen vermeintlichen Widerspruch aufgelöst. Derjenige von dem er schreibt, unterscheidet sich von Gott, weil er nicht Gott der Vater und nicht Gott der Heilige Geist ist. Aber er ist sehr wohl der Gleiche, wie Gott, weil er der Sohn Gottes ist. Und nur mit der Dreieinigkeit kann dieser rabbinische Widerspruch erklärt werden. 

 

Das Memra ist der Mittler der Schöpfung. Wann immer Gott irgendetwas geschaffen hat, hat er das immer mit Hilfe des Memras getan. Das wissen wir zum Beispiel aus dem ersten Buch Mose aus dem 1. Kapitel. In dem Text heißt es schlicht und ergreifend: „es sei“, also “es werde“. Im Hebräischen ist das sogar nur ein Wort. Und wann immer Gott sagt, “es werde“, das ist im nu, in Existenz. Wir wissen, dass alles, was wir in der Schöpfung sehen können, durch das Memra entstanden ist und es ist nichts, was entstanden ist, ohne das Memra entstanden. Lasst uns Vers 3 lesen: “Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist“. Schaut, dass er das Gleiche über das Logos sagt. Alles ist durch ihn gemacht und ohne ihn würde nichts existieren, was nun existiert. Also ist dieses Logos, von dem Johannes hier schreibt, offensichtlich auch der Mittler der Schöpfung. 

 

Drittens haben die Rabbiner gelehrt, dass das Memra der Mittler der Errettung ist. Wann immer Gott im Alten Testament durch die hebräische Bibel erlöst, gerettet hat, hat er das immer mit Hilfe des Memras getan. Egal, ob es dabei um eine physische Erlösung ging, wie zum Beispiel die Herausführung des Volkes Israel aus Ägypten oder auch wenn es um die geistliche Erlösung ging, wie zum Beispiel, des ewigen Lebens teilhaftig werden, hat er immer durch sein Memra gehandelt, immer durch sein Wort. Lasst uns jetzt Vers 12 lesen: “Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er macht, Gottes Kinder zu werden, denen die an seinen Namen glauben.“ Hier betont Johannes, dass dieses Logos, dieses Memra , auch der Mittler der Errettung ist. So ist es für diejenigen, die ihn annehmen, diejenigen, die an ihn glauben, die ewiges Leben erhalten. Also ihr seht, auch hier erfüllt sich dieses Rabbinische Wissen. Das Logos ist auch der Mittler der Errettung. 

 

Das Vierte, was die Rabbiner über das Memra gelehrt haben, ist, dass dies die Art und Weise ist, wie Gott sichtbar wird. Wir wissen, dass in der hebräischen Bibel oder in unserem Alten Testament Gott immer wieder auch eine physische Gestalt angenommen hat. Und wann immer Gott das getan hat, hat er das immer mit Hilfe seines Memrasmit Hilfe seines Wortes getan. In der christlichen Theologie gebrauchen wir den Ausdruck Theophanie, um eben dieses Phänomen zu beschreiben: Die sichtbare Gestalt Gottes. Die Rabbiner haben einen anderen Ausdruck gebraucht, um den gleichen Sachverhalt zu beschreiben. Der Ausdruck ist Schechina oder Shekinah. Und diese Schechina steht sehr oft in Verbindung mit Gottes Herrlichkeit. Deswegen reden wir auch von der sogenannten Schechina-Herrlichkeit oder Licht- Herrlichkeit Gottes. Wenn wir die Schechina definieren möchten, können wir das wie folgt zum Ausdruck bringen: Es ist die sichtbare Gestalt des unsichtbaren Gottes. Wann immer Gott in irgendeiner Form sichtbar wird, dann ist das die sogenannte Schechina 

 

In den meisten Fällen, nicht ausschließlich, aber in den meisten Fällen hat Gott sich auf 3 Arten gezeigt: 

Entweder als Licht, als Feuer oder als Wolke  oder als Kombination dieser 3 Dinge. Und wann immer Gott sichtbar wurde, hat er das mit Hilfe seines Memraseines Wortes getan. Es ist durch das Wort, durch das Memra, dass Gott diese sichtbare Gestalt angenommen hat. Und so schreibt Johannes im Vers 14: „Und das Wort (Memra) wurde Fleisch.“ Dieses Wort, von dem er im ersten Vers gesagt hat, dass es immer bei Gott war, dass es immer Gott war, nimmt nun Fleisch an, Gestalt an. Aber interessanterweise war diesmal diese Sichtbarwerdung nicht in Form von Licht, Feuer oder einer Wolke, sondern er wurde zum Fleisch. In dem Fall ist die Bedeutung des Wortes Fleisch „er wurde Mensch“.  

 

Dann führt Johannes weiter aus, und er sagt, im deutschen heißt es „wohnte unter uns“. In diesem Abschnitt gebraucht Johannes nicht dieses übliche Wort für Wohnen. Er gebraucht vielmehr ein griechisches Wort, was in ganz enger Verbindung mit dieser hebräischen Schechina steht. In dem Hebräischen haben wir einen Buchstaben mit dem wir diesen Schar Ausdruck wiedergeben können. In Englisch sind es 2 Buchstaben, im Deutschen sogar 3 Buchstaben, um dieses „Sch“ auszudrücken, aber im Hebräischen reicht ein einziger Buchstabe. Das Problem nur im Griechischen ist, du kannst so viele Buchstaben kombinieren, wie du willst, aber du kannst diesen Sound nicht generieren. Das Griechische kennt sehr wohl das scharfe S, aber sie können nicht „Sch“ sagen. Und deswegen waren die Griechen in der Geschichte immer so viel lauter und haben uns so viele Kopfschmerzen bereitet. Ja, das ist eine andere Geschichte. Das machen wir später mal. 

 

  

Aber das Wort, was Johannes hier gebraucht, ist das griechische Wort Skeinei. Und die buchstäbliche Bedeutung dieses Wortes Skeinei ist nicht, zu wohnen oder sich niederzulassen, sondern buchstäblich eigentlich zu "tabernakeln". Also ich gebrauche das jetzt mal so auf Deutsch: Das Wort wurde Fleisch und tabernakelte unter uns. Der Ursprung dieses Wortes geht auf das zweite Buch Mose Kapitel 40 zurück. Wo eben die Licht- Herrlichkeit Gottes die Schechina sichtbar ihre Niederkunft im Allerheiligsten der Stiftshütte genommen hat. Und so tabernakelte über Jahrhunderte die sichtbare Schekina, die Licht -Herrlichkeit Gottes unter dem Volk Israel. In den Tagen Hesekiels hat dann die Licht- Herrlichkeit Gottes, die Schechina das Volk verlassen. In den Kapiteln 8 bis 11 des Propheten Hesekiel seht ihr, wie die Schechina Licht- Herrlichkeit Gottes Stück für Stück, Schritt um Schritt Israel verlassen hat. Aber jetzt nach 600 Jahren der Abwesenheit kommt die Licht- Herrlichkeit Gottes zurück. Aber nicht in der Form von Licht, Feuer oder einer Wolke, sondern in Form von Fleisch, in Form eines Menschen, und tabernakelte einmal mehr jetzt wieder unter dem Volk Israel. Schaut, wie schnell Johannes diese Lichtherrlichkeit mit Gottes Herrlichkeit verknüpft, genauso wie die Rabbiner das immer taten. 

 

 Johannes fährt fort und sagt unmittelbar “Und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit." Normalerweise, wenn wir von der Lichtherrlichkeit sprechen, sprechen wir von einem Phänomen, von dem wirklich Licht ausgeht. Doch der Leib des Herrn Jesus war wie ein Vorhang, dieser Leib hat die Herrlichkeit des Herrn verhüllt.  Wenn also Menschen im ersten Jahrhundert diesen Herrn Jesus in seiner Leibesgestalt gesehen haben, dann sah er nicht anders aus, wie jeder andere Jude im ersten Jahrhundert. Aber es gab sehr wohl einen Moment in dem Leben des Herrn Jesus, wo diese Lichtherrlichkeit durch diesen Vorhang trat. Das ist dieser Moment, den wir Verklärung nennen. Das Licht trat sehr wohl durch diesen Vorhang und 3 der Apostel war es vergönnt, diese Lichtherrlichkeit leibhaftig zu sehen. Und eben einer dieser 3 war und ist der Autor dieses Evangeliums, der Apostel Johannes. Deswegen schreibt er wie ein Augenzeuge. Er gebraucht deswegen dieses Personalpronomen „wir“-„ wir sahen seine Herrlichkeit“ Das war tatsächlich etwas, was er und 2 andere Apostel sehen durfte. Sowie im rabbinischen Gedankengut das Memra immer etwas war, was wie Gott sich sichtbar macht, so war es jetzt auch hier bei dem Memra was Johannes beschreibt.  

 

Das fünfte, was von den Rabbinern gelehrt wurde, ist, dass auf die Art und Weise Gott seine Bündnisse besiegelte. In der hebräischen Bibel, sprich im Alten Testament, lernen wir 8 Bundesschlüsse kennen, die Gott geschlossen hat . 3 dieser Bundesschlüsse hat er mit der gesamten Menschheit geschlossen. Doch 5 dieser 8 Bundesschlüsse hat Gott exklusiv mit dem Volk Israel geschlossen. Und alle diese 5 Bundesschlüsse wurden mithilfe des Memramit Hilfe  seines Wortes geschlossen. Lasst uns dazu Vers 17 lesen: “Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben. Die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.“ Das Zeitalter des Gesetzes beruhte auf dem Bund mit Mose, dem Mosaischen Bund.  

Und dieser Mosaische Bund wurde von der Lichtherrlichkeit- Gottes von der Schechina besiegelt. 

In 2. Mose 24 die Verse 1 bis 14. Dieses neue Zeitalter der Gnade basiert auf dem sogenannten Neuen Bund. den er, das Wort, durch das Vergießen seines Blutes eingegangen ist und geschlossen hat. Als er am Kreuz gestorben ist, hat er mit seinem Blut diesen neuen Bund besiegelt, unterschrieben,  ratifiziert.  Und so ist das Logos, das Memra auch ein Bundesschließer oder Unterzeichner. 

 

Das Sechste, was die Rabbiner über das Memra gelehrt haben, ist, dass das Memra auch der Mittler der Offenbarung ist. Mit anderen Worten: Wann immer Gott sich geoffenbart hat, hat er das immer mit Hilfe seines Memras, seines Wortes getan. Ohne das Memra wüssten wir gar nichts von Gott. Lasst uns dazu Vers 18 lesen: "Niemand hat Gott je gesehen. Der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt.“ Johannes betont hier den Dienst des Memras, des Logos. Er kamum den Vater zu offenbaren. Das ist das Kernthema des Johannesevangeliums. Jesus der Messias, der Sohn Gottes.  

 

Aber wenn auch der Herr Jesus Christus als Sohn Gottes, der das Hauptthema ist, hat er 2 Unterthemen die sich durchs ganze Johannesevangelium ziehen. Das erste Unterthema, das Johannes behandelt, ist der Konflikt zwischen Licht und Finsternis. Und so entwickelt er dieses Motiv der Lichtherrlichkeit weiter aus.  Aber ein zweites Schlüsselelement seines Evangeliums ist es, dass das Wort, das Memra gekommen ist, um den Vater den Menschen zu offenbaren. Und deswegen zeigt uns Johannes wie kein anderer Evangelist, was der Her Jesus gesagt hat und nicht nur was er getan hat. Deswegen finden wir gerade im Johannesevangelium Botschaften, Lehren des Herrn Jesus Christus, die wir weder bei Matthäus, noch bei Markus oder Lukas finden können. Mithilfe dieser Lehren, die Johannes betont, zeigt er wie der Herr Jesus den Vater und sein Wesen offenbart hat. Weil eben Johannes dieses spezielle Unterthema verfolgt, beschreibt er auch Begebenheiten, kleinere Begebenheiten. Zum Beispiel fragte ihn ein Jünger: “Zeig uns den Vater.“  Im Johannesevangelium kommt die Antwort durch den Messias: “Wenn du mich gesehen hast, dann siehst du den Vater". Alles, was über das göttliche Wesen Gottes des Vaters gilt, gilt genauso auch für das göttliche Wesen, von Gottes Sohn. Mit anderen Worten den Sohn zu sehen und zu kennen bedeutet, den Vater zu erkennen. Die gleiche Aussage finden wir im Hebräerbrief im Kapitel 1 die Verse 1 bis 3: "In der Vergangenheit hat Gott sich auf vielerlei Arten geoffenbart, aber jetzt in den letzten Tagen hat Gott sich durch seinen Sohn geoffenbart. Und so ist der Sohn oder das Memradas Logos auch der Mittler der Offenbarung.  

 

ich will nochmal wiederholen, Johannes wollte nicht sagen, dass der Herr Jesus oder das Logos gekommen ist, um die Konzepte der griechischen Philosophie zu erfüllen. Er kam, um die jüdische messianische Hoffnung zu sein und zu erfüllen. Und was immer die Rabbiner über Jahrhunderte über dieses Memra gelehrt haben, hat sich in diesem Messias, im Herrn Jesus Christus erfüllt. Wir können das, was Johannes hier am Anfang seines Evangeliums ausdrückt, in einfachen Punkten zusammenfassen: 

 

1.                    das Memra, das Logos, das Wort erschien in sichtbarer Form. 

2.                     die Welt im Allgemeinen erkannte ihn nicht. 

3.                     und das ist noch tragischer, selbst sein eigenes jüdisches Volk erkannte ihn nicht. 

 

 

Aber die einzelnen Juden und diese einzelnen Nichtjuden, die ihn erkannten, die wurden zu Kindern Gottes und erhielten die Rettung durch den, der der Mittler der Rettung ist, durch das Memra. Das sollte nur mal zu Beginn ein Beispiel sein, von vielen Beispielen, die während dieses Wochenendes noch folgen werden, um zu zeigen, wie man durch den jüdischen Hintergrund das Neue Testament wesentlich besser verstehen kann. 

 

In eurer Übersicht könnt ihr euch nun der Seite 3 zuwenden. Diese Übersicht enthält, wie gesagt, nicht alle Abschnitte, die wir uns anschauen wollen, deswegen bitte ich euch, parallel dazu auch das Matthäus Evangelium aufzuschlagen, Kapitel 2. Matthäus, weil er eben an eine jüdische Zuhörerschaft schreibt, zitiert das Alte Testament wesentlich häufiger, als Markus, Lukas und Johannes. Das sind allesamt jüdische Autoren. Und deswegen folgen sie den Gepflogenheiten des Judentums des ersten Jahrhunderts. Wann immer die Rabbiner die Hebräische Bibel, sprich unser Altes Testament zitierten, dann taten sie das auf 4 Arten oder in 4 Kategorien. Bitte schaut am Fuße unserer Powerpoint Präsentation. Hier findet ihr diesen Ausdruck Pardes. Bitte schaut auch oder achtet darauf, dass einige der Buchstaben Großbuchstaben sind, andere nicht. Im Hebräischen kennen wir keine Buchstaben, die Vokale sind. Die ganzen hebräischen Buchstaben des hebräischen Alphabet, alle 22 sind Konsonanten, keine Vokale. Die Vokale werden mithilfe dieser kleinen Punkte oder Schriftzeichen ausgedrückt, die ihr um die Konsonanten findet. Diese 4 Großbuchstaben, die ihr hier seht P, R, D und S repräsentieren die 4 Arten, wie die Rabbiner das Alte Testament oder die hebräische Bibel zitiert haben. Das ist sehr wichtig zu verstehen, wie die Rabbiner oder wie das Judentum das Alte Testament zitiert hat. Warum? Weil es wird sehr oft eingewendet, die Evangelisten würden das Alte Testament falsch zitieren. Sie werden nicht selten auch beschuldigt, dass sie, also die Evangelienschreiber, Verse aus dem Kontext gerissen hätten. 

Was die Evangelisten schlicht und ergreifend getan haben, war nichts anderes, als das, was auch die jüdischen Schreiber dieser jener Tage getan haben. Lasst uns diese 4 Kategorien oder 4 Zitierweisen im Neuen Testament anschauen.  

 

Die erste Kategorie können wir nennen „wörtliche Prophezeiung“ und „wörtliche Erfüllung“. Lasst uns aus Matthäus 2 die Verse 5 und 6 lesen. In Matthäus 2 Vers 5 steht: "Sie aber sagten ihm: Zu Bethlehem in Judäa; denn so steht durch den Propheten geschrieben: 6 »Und du, Bethlehem, Land Juda, bist keineswegs die geringste unter den Fürsten Judas, denn aus dir wird ein Führer hervorkommen, der mein Volk Israel hüten wird." Er zitiert hier einen besonderen Vers aus dem Propheten Micha. Es ist Kapitel 5 aus Micha Vers 1 in der deutschen Bibel, in der Englischen gibt es eine Abweichung, das ist es Micha 5 Vers 2. Und wenn ihr euch diesen Vers in Micha 5 Vers 1 oder 2 anschaut, dann seht ihr einen ganz klaren Hinweis, eine klare Prophetie auf den Ort der Geburt des Messias. Er sagt hier, Im Speziellen oder spezifiziert, wenn der Messias kommt, wird er aus Bethlehem kommen. Er sagt noch genauer:  Es wird nicht das Bethlehem in Galiläa sein, sondern wird das Bethlehem in Judäa sein. Also in der buchstäblichen Bedeutung dieses Abschnitts in Micha heißt es, der Messias wird aus Bethlehem kommen. Und schaut diese wörtliche Prophetie ist auch genau so wörtlich in Erfüllung gegangen und deswegen wird sie hier wörtlich zitiert. Das ist die erste Kategorie und in dieser ersten Kategorie finden wir Prophezeiungen im Hinblick auf seinen Anspruch, der Messias zu sein. 

 

Wir finden die zweite Kategorie der Zitierweise auch im Kapitel 2. Das ist aber nicht in eurer Übersicht enthalten. Lasst uns aus Matthäus 2 den Vers 15 lesen: “Und er war dort bis zum Tod des Herodes, damit erfüllt würde, was von dem Herrn geredet ist durch den Propheten der spricht: Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.“ Die zweite Kategorie nennen wir „wörtliche Prophetie“ und „typologische Erfüllung“. Lasst uns diesen Abschnitt in Hosea anschauen, da wo er wirklich steht. Lasst uns aus Hosea 11 die Verse 1 und 2 zusammen lesen. In Hosea 11 Vers 1 steht: “Als Israel jung war, gewann ich es lieb und aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen. So oft ich sie rief, gingen sie von meinem Angesicht weg. Dem Baalim opferten sie und den Gottesbildern brachten sie Rauchopfer dar.“ Schaut bitte Vers 1, beim Vers 1 handelt es sich nicht wirklich um eine Prophetie. Er bezieht sich doch auf etwas, was zu diesem Zeitpunkt schon Jahrhunderte in der Geschichte zurückliegt. Israel als Nation wird auch Sohn Gottes genannt.  Diesen Ausdruck findet man zum ersten Mal in 2. Mose Kapitel 4, die Verse 22 und 23.  

Gott sagt dort Mose:“ Israel ist mein Sohn, mein erstgeborener Sohn.“ Wenn Gott also Israel aus Ägypten gebracht hat, dann hat er seinen nationalen Sohn aus Ägypten geführt. Und im Vers 2 betonte Hosea, dass sein Sohn dem Götzendienst verfallen war. Und das war der Grund, warum sie kurze Zeit später weggeführt werden sollten.  Die wörtliche Bedeutung in Hosea ist also: Israel kommt aus Ägypten. Versteht, das ist keine Prophetie, sondern das ist eine historische Tatsache, schon damals so gewesen. Und dieses Israel, was aus Ägypten kommt, wird zum Typus für ein Ereignis im Neuen Testament. In dem Moment rief nämlich Gott seinen messianischen Sohn aus Ägypten. Und das ist diese zweite Kategorie, es ist eine wörtliche Prophetie, aber eine typologische Erfüllung, keine wörtliche Erfüllung. Diese Methode, diese Zitierweise finden wir sehr, sehr häufig im Hebräerbrief. Er spricht auch im Hebräerbrief häufig vom levitischen Priestertum und vom Priestertum nach der Ordnung Melchisedeks, von der Stiftshütte und von dem Opfersystem, die Sünden von Kadesch-Barnea und anderen Dingen. Und der Hebräerbriefschreiber negiert keinesfalls diese Ereignisse. Die kannst du ja im Alten Testament alle nachlesen. Aber der Hebräerbriefschreiber, und das kennt ihr sehr wohl, macht doch immer wieder deutlich, das was tatsächlich damals im Alten Testament buchstäblich geschehen war, wird nun zum Typus für den Messias, von dem ich rede, also der hebräerbriefschreiber .Also die wörtliche Bedeutung: Gott ruft seinen nationalen Sohn aus Ägypten. Und jetzt durch die typologische Erfüllung ruft er seinen messianischen Sohn aus Ägypten.  

 

Lasst uns die dritte Zitierweise anschauen, die damals im Judentum schon üblich war: „wörtliche Prophezeiung und Übertragung“ oder „Anwendung“. Zurück zu Matthäus Kapitel 2. Lasst uns aus Matthäus 2 die Verse 17 und 18 lesen. „Da wurde erfüllt, was durch den Propheten Jeremia geredet ist, der spricht: Eine Stimme ist in Rama gehört worden. Weinen und viel Wehklagen. Rahel beweint ihre Kinder und sie wollte sich nicht trösten lassen, weil sie nicht mehr sind.“ Im Fall von Jeremia handelt es sich jetzt hier nicht um eine langfristige Prophetie. Und es war auch nicht in der fernen Vergangenheit. Das war in Jeremia ein Ereignis, was in den Tagen Jeremias stattfand. Jerusalem und der Tempel wurden ja durch die Babylonier zerstört . Und die jungen, jüdischen Männer, die zum Heer der Israeliten gehörten, wurden als gefangene weggeführt. Während sie weggeführt werden, gen Norden durch die Babylonier, kommen sie an diesen Ort Rama vorbei. Während dieser Zug der Weggeführten an Rama vorbeiging, haben die Einwohner Ramas sie beweint, weil sie wussten , sie werden sie nie wiedersehen. Rahel wurde ja zum Symbol jüdischer Mutterschaft. Und sie ist tatsächlich in der Nähe Ramas beerdigt , beigesetzt worden. Jeremia sieht jetzt diese Begebenheit, die ja in seinen Tagen stattfindet und er denkt dabei an Rahel, die sich nicht trösten lassen wollte. Also die wörtliche Bedeutung dieses Abschnittes ist ein tatsächliches Ereignis in den Tagen Jeremias. Die Wegführung begann in diesen Tagen und die hebräischen Mütter haben über ihre Söhne geweint und sich nicht trösten lassen, weil sie wussten, sie werden sie nie wiedersehen. 

 

 Es gibt hier eine Übereinstimmung und diese Übereinstimmung ist die Übertragung oder Anwendung. Es ist diese Übereinstimmung, dass hier jüdische Mütter über Söhne trauern/weinen, die sie nie wiedersehen werden. 

Aber der Rest ist doch ganz anders. Was Jeremia sieht, spielt sich doch in Rama ab und das befindet sich nördlich von Jerusalem. Aber was Matthäus hier sieht, spielt sich in Bethlehem ab und das befindet sich ja südlich von Jerusalem. 

In Matthäus sind es die Kinder, das sind Säuglinge, die waren 2 Jahre alt oder jünger. In Jeremia waren das junge streitbare Männer, Soldaten. Und in Jeremia sind sie doch gar nicht gestorben. Sie sind lediglich in die Gefangenschaft weggeführt worden. Aber in Matthäus sind eben diese Kinder, diese Söhne getötet, sind tot. Also ihr habt doch 2 ganz unterschiedliche Situationen vor euch. Aber obwohl diese Situationen so unterschiedlich sind, gibt es eine Gemeinsamkeit und das ist das Weinen der jüdischen Mütter, die ihre Söhne nie wieder sehen werden und das ist die Art und Weise, wie Matthäus hier zitiert. Das ist eben die Anwendung oder Übertragung. Und in vielen Abschnitten besonders in den Predigten finden wir diese Zitierweise .Zum Beispiel haben die Schreiber einen besonderen biblischen Text ausgelegt. Und dann haben sie aus der modernen ihr vertrauten Zeit Anwendungen gebracht, um das als Beispiel zu gebrauchen als Anwendung . Die wollen aber damit gar nicht ausdrücken, dass sie diesen Abschnitt, den sie zitieren, wirklich meinen, dass dieser Abschnitt über das Ereignis was sie nur illustrieren wollen, geredet hat. Es gibt einfach diese Übereinstimmung, wie wir es jetzt gerade eben gesehen haben und das ist der Grund warum neutestamentliche Schreiber dieses Ereignis aus den Propheten als Illustration benutzen. 

 

Lasst uns Joel aufschlagen. Das wird in euren Bibeln des Kapitel 3 sein. Joel 3. Ich will euch jetzt zeigen, wie Joel 3 zur Apostelgeschichte 2 passt. Am Ende von Kapitel 2 redet Joel von dieser Schlacht von Harmageddon, wie sich diese Feinde Israel nähern und es umzingeln. Und in Kapitel 4 verbindet Joel das mit der endgültigen Wiederherstellung Israels vor dem Tausendjährigen Reich. Und zwischen diesen beiden Ereignissen, dieser Schlacht von Harmageddon und der Wiederherstellung vor dem Tausendjährigen Reich Israel, der Wiederherstellung Israels, findet eben dieses Ereignis statt in Kapitel 3 . Dieses Ereignis ist die nationale Erlösung Israels und deswegen sagt er hier: „Ich werde von meinem Geist ausgießen über alles Fleisch.“ Das passiert ja gar nicht in der Apostelgeschichte 2, wie ihr wisst. Der Heilige Geist kam doch in der Apostelgeschichte 2 über 12, vielleicht maximal über 120 jünger. Und dann heißt es doch hier, dass die Söhne, die Töchter und die Söhne Visionen haben werden, Träume haben werden. Das ist doch in der Apostelgeschichte gar nicht eingetroffen. Oder in den Versen 30, in Joel lesen wir doch hier von katastrophalen Ereignissen, die im Verbindung mit dieser nationalen Erlösung Israels stehen. Wenn ihr euch Joel Kapitel 3 anschaut und einfach mal auflistet. Die ganzen Ereignisse, die dort beschrieben werden, dann werdet ihr feststellen, gar nichts davon ist nach Apostelgeschichte 2 eingeprägt. Und das Phänomen, was gerade in der Apostelgeschichte 2 betont wird, nämlich das Reden in Zungen, ist ja gerade das Phänomen, was im Joel 3 überhaupt nicht erwähnt wird. Trotzdem gibt es hier diesen einen Punkt der Gleichheit. Es ist nämlich dieses Ausgießen des Heiligen Geistes, was wirklich etwas Übernatürliches darstellt. Aber wenn der heilige Geist über Israel ausgeschüttet wird, dann ist das die eine Sache. Nämlich wenn Israel als Nation Buße tut und gerettet/ erlöst wird. Und in der Apostelgeschichte ist das nur eine Anwendung. Selbstverständlich ist das Ereignis in Apostelgeschichte 2, diese Prophetie von Joel 3 noch nicht in Erfüllung gegangen. Also buchstäblich behandelt Joel 3 die noch in der Zukunft liegende nationale Erlösung Israels. 

 

Aber Lukas möchte in der Apostelgeschichte diese Anwendung ja als Gegenstandslektionen sozusagen, würden wir heute sagen, benutzen. Dieses Ausgießen des Heiligen Geistes, was in beiden Teilen berichtend gleich ist. Gut, lasst uns zu Matthäus Kapitel 2 zurückkehren. Lasst uns aus Matthäus Kapitel 2 den Vers 23 lesen: “…und kam und wohnte in einer Stadt, genannten Nazareth, damit erfüllt würde, was durch die Propheten geredet ist. Er wird Nazaräer genannt werden." Schaut bitte diesen letzten Ausdruck, den Matthäus hier verwendet. Er sagt „was durch die Propheten geredet ist. Er wird Nazaräer genannt werden." Ihr könnt das gesamte Alte Testament, die gesamte jüdische Bibel untersuchen, ihr werdet nicht ein einziges Mal diese Aussage finden. Warum? Weil in dieser vierten Kategorie, dieser vierten Zitierweise der Schreiber überhaupt gar keinen Propheten zitiert. Sondern in dieser vierten Zitierweise möchte der Schreiber im Neuen Testament schlicht und ergreifend nur zusammenfassen, was der Prophet insgesamt ausdrücken wollte. Ihr habt auch einen Hinweis durch Matthäus, weil er redet hier nicht vom Propheten, sondern von den Propheten. Er wechselt vom Singular zum Plural. Schaut im Vers 5 nochmal. Da heißt es doch, „wie durch den Propheten geschrieben wurde“, also Singular und jetzt hier in Vers 23 heißt es: “was durch die Propheten geredet ist.“- Plural. In Vers 15 geredet durch den Propheten also auch Singular. Und auch im Vers 17 wieder: “was durch den Propheten Jeremia geredet ist.“ Also zum dritten Mal war das Singular. Warum? Weil in den ersten 3 Kategorien der Zitierweisen, die wir eben behandelt haben, tatsächlich der neutestamentliche Schreiber einen konkreten Propheten zitiert. Aber wenn er jetzt hier in Vers 23 sagt: “was durch die Propheten(Mehrzahl Plural) geredet ist.“, dann will Matthäus schlicht und ergreifend sagen, was die gesamten Propheten zusammenfassend gesagt haben. Denkt mal zurück. Im Kontext dieses Judentums des ersten Jahrhunderts. Was war bitteschön ein Nazarener? Die Judäer haben ja auf die Galiläer herabgeschaut. Aber die Galiläer wiederum, haben unter sich auf die Nazaräer herabgeschaut. Warum? Weil ganz in der Nähe gab es eine römische Kaserne und die hat für einen sehr schlechten Leumund der Nazarener gesorgt.  Deswegen haben die Jünger doch zum Nathanael gesagt: Hey, wir haben den Messias gefunden, Jesus von Nazareth. Nathanael antwortet doch unmittelbar: “Kann irgendwas Gutes aus Nazareth kommen?“ das heißt, Nazarener waren abgelehnt. Die waren verachtet. Und genau das haben doch die Propheten zusammenhängend gesagt: Wenn der Messias kommt, dann wird er einer sein, der verachtet sein wird und abgelehnt werden wird. Einige Beispiele: Psalm 22, Jesaja 49, 1-13 oder Kapitel 50, 4-9; Jesaja 55,13, oder Kapitel 53,12. Das sind weitere Belege aus den Propheten. Also wenn ihr an das Judentum des ersten Jahrhunderts denkt, dann war ein Nazarener jemand, der verachtet, der abgelehnt war und genau das trifft auch auf den Messias zu. Das ist die vierte Zitierweise der neutestamentlichen Schreiber, wie sie mit dem Alten Testament umgegangen sind. 

 

Wenn du also sehen möchtest, wie zitiert das Neue Testament das alte, dann musst du natürlich erstmal zurückgehen und tatsächlich das Originalzitat anschauen. Schau dir bitte den Kontext an von diesem Zitat. Und wenn du dir den Kontext anschaust, dann wirst du recht schnell feststellen können, in welche der 4 Kategorien der Zitierweisen dieses Zitat fällt. Solltest du aber dieses Zitat überhaupt nirgends unter den Propheten finden und zusätzlich im Neuen Testament von den Propheten steht, und nicht von dem Propheten, also im Plural, dann ist das für dich ein Hinweis, es geht um die vierte Zitierweise. Du kannst dieses Zitat gar nicht finden. Es geht um die Zusammenfassung dessen, was die Propheten gesagt haben. So hat Matthäus als Evangelist gesagt, dass der Herr Jesus das erfüllen wird, was die Propheten (Plural) von ihm gesagt haben. Dass der Messias festgenommen und von den jüdischen Leitern verurteilt werden würden, sie ihn dann den Nichtjuden, den Heiden übergeben werden. Die Nichtjuden, in dem Fall die Römer, werden ihn bespucken und ihn schlagen. Sie werden ihn kreuzigen, aber er wird am dritten Tag auferstehen. Es gibt gar keinen Propheten, der das alles zusammengefasst gesagt hab. Aber wenn ihr die gesamten Propheten zusammennehmt, dann haben sie in der Summe zusammenfassend tatsächlich wird das alles über den Messias gesagt. Das ist die vierte Art der Zitierweise auf Englisch summation, also Zusammenfassung. 

 

Lasst uns nochmal zurückkehren zu diesem rabbinischen System. Das ist ja nichts, was die jünger erfunden haben. Sondern das gab es ja schon im Rabbinertum des ersten Jahrhunderts. Und das ist hier illustriert vorne auf der powerpoint  dieses Wort, dieser Buchstabe P steht für das Wort PshatDas heißt „einfache Bedeutung". Das war doch die erste Kategorie: wörtliche Prophetie, wörtliche Erfüllung. 

Der zweite Buchstabe R steht für Remez und das heißt „ein Hinweis“. Und das ist die zweite Zitierweise „wörtliche Prophetie aber typologische Erfüllung". Der dritte Buchstabe D steht für Drash. Und das bedeutet Auslegung. Das ist diese  "Übertragung, diese Anwendung „. Das S steht für Sod und das bedeutet „Geheimnis“. Das ist eben diese Zusammenfassung der Propheten aber nicht ein wörtliches Zitat. Ich hab euch sogar diese Begriffe ausgeschrieben. Das ist mein erster Fehler seit meinem letzten :) Schauen wir auf die Uhr. Wieviel Zeit haben wir noch? Wahrscheinlich müssen wir hier zum Schluss kommen. Dann lass uns hier zum Schluss kommen und wir setzen dann morgen fort.