Das Neue Testament aus jüdischer Perspektive - Teil 03/17 - Vortrag 2/7 - Die Begegnung zwischen Nikodemus und dem Herrn Jesus

27.02.2016 09:00 Uhr
Feriendorf Groß Väter See, Groß Väter 34, 17268 Templin-Groß Dölln

Den nächsten Abschnitt findet ihr leider nicht in den Unterlagen, die wir ausgeteilt haben. 

Dann lasst uns dazu Matthäusevangelium Kapitel 3 und auch Lukasevangelium Kapitel 3 aufschlagen. Wir werden weitestgehend im Matthäusevangelium bleiben, aber auch ein paar Sätze zu Lukas sagen. wir beschäftigen uns hier mit der Taufe des Messias. Denn die Taufe markiert den Wendepunkt zwischen dem letzten Akt seines privaten Lebens und dem ersten seines öffentlichen Auftretens oder Lebens. Wir müssen dabei im Auge behalten, dass die Taufe selbst schon eine sehr gewöhnliche Übung im Judentum war, bevor es überhaupt Praxis in der Gemeinde wurde. Das begann mit sehr vielen rituellen Waschungen unter dem mosaischen Gesetz. Aber wenn zum Beispiel ein Nichtjude übertrat zum Judentum, dann musstest du ja auch verschiedene Rituale unterlaufen und eines davon war zum Beispiel das Taufen, das Untertauchen im Wasser. Es gibt gewisse Schlüsselbegriffe, die sollten wir im Auge behalten, wenn wir uns um die Taufe kümmern. 

 

Der eine hebräische Begriff ist Mikwe. Die Mikwe ist nicht der Begriff für die Taufe selbst, sondern für das Untertauchen, sondern für die Taufe also wenn man zur Taufe, zu diesem Tauffest geht. Nochmal dieses Beispiel eines Proselyten. Wenn ein Nichtjude zum Judentum übertreten wollte, dann musste er erst ausführlich in den Geboten des Judentums unterwiesen werden und wenn dieser Prozess abgeschlossen war, dann kam seine Mikwe. Das eigentliche hebräische Wort für Untertauchen ist Twila. Das ist das gleiche Wort, dass seinen Stamm auch in Johannes den Täufer findet. Und von diesem hebräischen Wort haben wir 2 griechische Worte. Das erste griechische Wort ist bapto. Das bedeutet soviel wie Eintauchen oder färben. Das lehnt sich an dieses Färben von Kleidern. Stellt euch vor, ihr habt tatsächlich so ein Fass mit Farbe gefüllt und ihr taucht ein Kleidungsstück ein. Sobald ihr es herauszieht, hat es seine Farbe gewechselt und damit seine Identität. Aber das intensivere griechische Wort wäre Baptizein und das ist das Äquivalent zu dem hebräischen Twila - Untertauchen. Und dieses Wort Baptizein betont den Modus wie die Taufe stattfand, nämlich durch Untertauchen. 

 

Aber die Bedeutung dieses Aktes des Taufens ist Identifikation. Wenn sich jemand taufen ließ, dann bedeutete das, dass er sich mit einer Person und/oder seiner Botschaft und/oder einer Gruppe identifizierte. Wenn also zum Beispiel ein Nichtjude Proselyt wurde, übertrat zum Judentum, dann hat er durch die Taufe seine Identifikation mit dem Gott Israels und mit dem Volk Israels bekannt. Und deswegen gab es ja auch schon bei Johannes dem Täufer Taufen und sie, die sich dort taufen ließen, haben sich mit eben diesem Botschafter, Johannes dem Täufer, und seiner Botschaft vom Königreich, vom Himmelreich identifiziert. Und wir als Gläubige, wenn wir uns taufen lassen, dann bedeutet das für uns auch Identifikation mit dem Herrn Jesus Christus, mit dem Messias, mit seinem Kommen, Sterben, Begraben und Auferstehen. Das heißt, die grundlegende Bedeutung einer Taufe ist immer die gleiche. Es geht um identifizieren, Identifikation. Der Unterschied ist nur, mit was oder wem identifizierst du dich? Aber wenn man eine neue Identifikation eingeht, dann bedeutete das gleichzeitig einen Bruch mit der alten. Wenn also ein Nichtjude diese Taufe als Proselyt unterlief, dann bedeutete das gleichzeitig, dass er sich abgewandt, abgesondert hat von seinem Heidentum und von seinem alten Götzendienst. Also wenn es um den Akt geht, dann ist die Bedeutung Identifikation. Wenn es um den Modus geht, dann geht es um untertauchen. Dieses Taufen durch Besprengen oder begießen mit Wasser kam erst wesentlich später, nachdem eben die Gemeinde Jesu ihre Wurzeln aus dem Judentum vergessen oder hinter sich gelassen hatte. 

 

Insgesamt können wir 6 fundamentale Gründe für die Taufe Jesu festhalten. 4 stammen direkt aus dem Kontext seiner Taufe. Und die anderen beiden finden wir in anderen Abschnitten der Schrift. Ich werde über diese nur schnell oder kurz sprechen, weil sie für das Studium von einem jüdischen Hintergrund nicht bedeutend sind. Aber wenn wir hier mit der Stimme des Vaters und des Sichtbarwerdens zu tun haben, dann hat das sehr wohl mit dem jüdischen Hintergrund zu tun. 

 

Der erste fundamentale Grund für die Taufe Jesu war, damit er alle Gerechtigkeit erfüllen sollte. Gerechtigkeit hat damit zu tun, dass man beständig unter einem absoluten Standard lebt und ihn erfüllt. Und der absolute Standard zu diesem Zeitpunkt zur Taufe Jesu war, das Mosaische Gesetz. Und so erfüllte er die gesamte Gerechtigkeit oder die gesamte Gerechtigkeit des mosaischen Gesetzes. 

 

Der zweite Grund dreht sich um die Verkündigung des Reiches. Die Botschaft von Johannes dem Täufer war doch: Kehrt um und glaubt. Und dabei ging es um das bevorstehende Reich, was Johannes ankündigt. Und diese Taufe identifizierte den Herrn Jesus mit Johannes dem Täufer und seiner Botschaft von dem bevorstehenden Himmelreich. 

 

Ein dritter Grund für die Taufe Jesu war es, um sich mit dem Gläubigen Überrest zu identifizieren, der von Johannes dem Täufer vorbereitet wurde. Dieses Konzept eines Überrestes begann unter Elia und zieht sich von Elia fort durch die gesamte jüdische Bibel, unser Altes Testament. Wenn wir von Überrest reden, dann reden wir von diesem Gegensatz zwischen, auf der einen Seite alle Nachkommen Abrahams, Isaaks und Jakobs und auf der anderen Seite dem Teil der Juden, die tatsächlich glaubten, was Gott durch Mose und die gesamten Propheten offenbart hat. In Jesaja 8 wird der Unterschied zwischen diesen 2 Israels betont. Dieser Nichtüberrest, mit Sicherheit der größere Teil Israels, ist dem Götzendienst verfallen. Aber der Überrest war dem, was durch das Gesetz und die Propheten offenbart wurde, treu geblieben. Aber in Jesaja 8 finden wir noch eine weitere Prophetie: Wenn dieser Emmanuel dann endgültig ankommen, zu uns kommen würde, dann würde er der Stein des Anstoßes werden zwischen den beiden Gruppen. Dieses Thema entwickelt sich ganz besonders dann durch den Tod des Messias, seine Auferstehung und die Gründung der Gemeinde. Wenn wir jetzt wieder in die Zeit des Johannes des Täufers vorspulen, in dieser Zeit identifizierte Johannes der Täufer eben diesen gläubigen Überreste, der schon seit Jesaja bestand. So hat sich auch der Herr Jesus durch seine Taufe mit diesem gläubigen Überreste, also mit einer Gruppe von Menschen, identifiziert. 

 

Und ein vierter Grund und das führt uns zu seinem öffentlichen Wirken war: Durch die Taufe wurde der Herr  Jesus öffentlich Israel vorgestellt. Da kehre ich gleich darauf zurück. Es gibt noch 2 weitere Gründe für die Taufe des Herrn Jesus und die finden wir bei 2 anderen Abschnitten. 

 

Ein fünfter Grund ist, um sich mit Sündern zu identifizieren. 2. Korinther 5, 21: „Der, der von keiner Sünde wusste, wurde zur Sünde gemacht.“ 

 

Und den sechsten Grund finden wir in Apostelgeschichte 8, 13. Um eben vom Heiligen Geist eine besondere Salbung zu bekommen, die sein öffentliches Wirken einsetzte. Aber lasst uns noch einmal zu dem Punkt, den wir übergangen haben, zurückkehren. Ein vierter Grund für die Taufe des Herrn Jesus war auch, um ihn öffentlich in Israel bekannt zu machen.  

 

Während der Taufe des Herrn Jesus hat die gesamte Dreieinigkeit sich gezeigt, entweder sichtbar oder zumindest hörbar. Gott der Sohn ist präsent im Jeschua, im Messias, während er ja getauft wird. Und auch der Heilige Geist ist bei der Taufe Jesu sichtbar. Das finden wir in Matthäus 3 Vers 16, als er in Form einer Taube herabfährt. Damit wir verstehen, dass es hier nicht nur um ein Geistwesen geht, nimmt es eine Form an. Lukas ist hier genauer, Lukas 3, 20 sagt, dass er tatsächlich die Gestalt einer Taube annahm und in Gestalt dieser Taube auf den Messias herabkam. Die Frage, die sich stellt, ist natürlich von den vielen Möglichkeiten, die dem Heiligen Geist zur Verfügung gestanden hätten, sich sichtbar zu machen: Warum hat er ausgerechnet die Form eines Vogels angenommen? Warum ausgerechnet die Gestalt einer Taube? Das erste Mal, dass der Heilige Geist in der Schrift erwähnt wird, ist bereits in 1. Mose 1, 2. “Der Geist schwebt über den Wassern.“ und das hebräische Wort, das Mose hierzu gebraucht, ist das Wort merachefet. Und dieses Wort  merachefet wird benutzt für die, ich weiß nicht ob ich Glucke sagen darf oder für die Mutter, für den Muttervogel, der über den Eiern brütet, just in dem Moment, wo sie beginnen zu schlüpfen. Also so ähnlich könnt ihr Mose verstehen, er wollte sagen, der Heilige Geist schwebte über den Wassern, just kurz bevor dem Moment , wo das Trockene empor kam. Also während Mose diesen Begriff wählte merachefet, identifizierte er den Geist, zum ersten Mal schon, mit einem Vogel, der über etwas brütet. Doch Mose hat keine besondere Art von Vogel hier spezifiziert. Jedoch wissen wir von der rabbinischen Tradition, dass sie immer in ihrer Tradition diesen Geist, diesen Vogel mit einer Taube identifizierten. Wenn ihr alte jüdische Kommentare zu diesem 1. Mose 1, 2 lest, dann steht dort sogar: “Der Geist schwebte über den Wassern wie eine Taube.“ Das bedeutet, durch die Rabbinische Theologie war in den Köpfen der Juden im ersten Jahrhundert der Heilige Geist bereits mit einer Taube verbunden. Während der Sohn, wie auch der Heilige Geist sichtbar auftreten, während der Taufe des Herrn Jesus, tritt der Vater nur hörbar auf. 

 

Lasst uns aus Matthäus 3 den Vers 17 lesen: “Und siehe eine Stimme kommt aus den Himmeln, welche spricht: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.“ In der rabbinischen Tradition und Theologie war der letzte Prophet der Prophet Maleachi. Und nach ihrer Tradition sollte nach Maleachi kein weiterer Prophet mehr auftreten, bis Elia kommen sollte, der dann Israel zeigen wird, wer der Messias ist. Und auch wenn Israel davon überzeugt war, dass zwischen Maleachi und dem Messias kein weiterer Prophet mehr auftreten würde, außer Elia, dann waren sie dennoch auch davon überzeugt, dass Gott nicht still sein würde oder schweigen würde. Von Zeit zu Zeit redete Gott dennoch vom Himmel mit kurzen Aussprüchen. Für dieses Phänomen haben die Rabbiner einen technischen Begriff gefunden: Bat Kol. Buchstäblich bedeutet das „die Tochter einer Stimme“. Aber das wurde zum Terminus Technikus für die Rabbiner und sie wollten damit ausdrücken, wenn Gott vom Himmel sich durch kurze Worte mitteilte. Und so finden wir im Vers 17 von Matthäus 3 ein solches Bat Kol, wo der Vater hörbar sich offenbart und den Messias bezeichnet. Also wurde der Herr Jesus während seiner Taufe durch Gott, den Vater als der messianische König bestätigt. Und er wurde vom Heiligen Geist für seinen messianischen Dienst gesalbt. 

 

Wir wissen, dass auf die Taufe die Versuchung Jesu folgt und wer war bei der Versuchungen beim Herrn Jesus und hat ihn gestärkt? Der Heilige Geist. Wir werden den Teil überspringen. Ihr könnt entschieden. 

 

Zwischenzeitlich könnt ihr Johannes Kapitel 2 aufschlagen. In euren Unterlagen findet ihr das auf Seite 6. In Johannes Kapitel 2 die Verse 13 bis 22 wird uns der erste Besuch des Herrn Jesus in Jerusalem nach seiner Taufe berichtet. Und die Taufe hatten wir zuvor schon erwähnt, setzte den Herrn Jesus in sein öffentliches Wirken ein. In den ersten 4 bis 6 Monaten hingegen trat der Jesus dennoch nicht besonders öffentlich auf. In dieser Zeit hat er sich vielmehr darum gekümmert, die ersten 5 seiner 12 Apostel oder Jünger zu erwählen. Aber innerhalb dieser kleinen Gruppe gab er noch nicht viel von seinem Anspruch preis, der Messias zu sein. Aber nach diesem ersten Passah nach seiner Taufe tritt er tatsächlich sehr deutlich öffentlich auf und das tut er auf 2 verschiedene Arten und Weisen. In den Versen 13 bis 22 tritt der Herr Jesus sehr deutlich öffentlich auf, indem er öffentlich seinen Anspruch, der Messias zu sein, bekräftigt. Das war in der Tat ein idealer Zeitpunkt sich öffentlich darzustellen. Was geschah denn? Während des Passah kamen doch Hunderttausende von Juden, sogar von der Ferne nach Jerusalem um eben dieses höchste Fest zu begehen. Die kamen innerhalb und auch außerhalb des Landes. Die kamen sogar von innerhalb und außerhalb des gesamten römischen Reiches nach Jerusalem für das Passahfest. Und so könnt ihr euch vorstellen, dass dieses Wort sich wie ein Lauffeuer verbreitete, dass da in Jerusalem einer auftritt, der Jesus heißt und den Anspruch hat, er sei der Messias. Das Wort verbreitete sich innerhalb und außerhalb des Landes wie innerhalb und außerhalb des römischen Reiches. 

 

Die zweite Art und Weise, wie der Herr Jesus sich öffentlich darstellt ist in Johannes 2 die Verse 23 bis 25. Und zwar geht er an die Öffentlichkeit mit seinen Wundern. In den Versen 1 bis 11 finden wir das einzige Wunder, was er davor bereits getan hatte. Ihr wisst, das war zu der Hochzeit von Kana, wo er das Wasser zu Wein verwandelt. Und wir können sagen, das war ein sehr leises Wunder, denn es waren ja nur sehr wenige Menschen die präsent waren und das mitbekommen haben. Dieses Wunder war wirklich ein öffentliches Auftreten des Herrn Jesus und die öffentliche Bekräftigung, dass er (Jesus) den Anspruch hatte, “Ich bin der Messias.“  

 

Das bildet den Hintergrund für die Ereignisse, die uns in Johannes 3 berichtet werden: Das Zusammentreffen von Nikodemus und dem Herrn Jesus. Unter den vielen, die während dem Passah mitbekommen haben, dass dieser Jesus auftritt und öffentlich in Anspruch nimmt, er sei der Messias, war auch ein Mann, der uns jetzt hier im Kapitel 3 begegnet, ein Pharisäer namens Nikodemus. Wenn Johannes diesen Nikodemus hier als Pharisäer bezeichnet, dann sagt uns Johannes von vornherein, was dieser Nikodemus tatsächlich glaubte. Damals, wie heute war es üblich, dass man Menschen mit einem theologischen Titel versah, um deutlich zu machen, was sie tatsächlich glauben. Das war damals so und das machen wir heute noch. Schaut, wenn wir heute jemanden einen Baptisten nennen, was bedeutet das? Unter den grundlegenden Glaubensüberzeugungen der Baptisten findet sich unter anderem, dass nur das Taufen durch Untertauchen eine legitime Taufe darstellt. Und das ist auch eine fundamentale Glaubensüberzeugung von Baptisten: Es sind nur diejenigen fähig, sich taufen zu lassen, die alt genug sind, um tatsächlich diesen Glauben zu bezeugen. Wenn du aber jemanden einen Lutheraner nennst, dann sagst du damit was ganz anderes. Wenn du jemanden einen Lutheraner nennst, dann sagst du mit anderen Worten, dass dieser glaubt, dass es auch erlaubt sei, Säuglinge zu taufen. Und für einen Lutheraner sind auch wenige Tropfen Wasser ausreichend, um eine Taufe durchzuführen. Ihr versteht, noch bis zum heutigen Tag ist es so, dass gewisse Glaubensüberzeugungen uns zu einem Baptisten, Lutheraner, Methodisten oder Anglikaner machen. genau das Gleiche gilt auch damals für diesen Ausdruck Pharisäer. Wenn du damals jemanden einen Pharisäer genannt hast, dann war klar welche Glaubensüberzeugungen er hatte und er unterschied sich damit von einem Sadduzäer oder von einem Zeloten. 

 

Einer der grundlegenden Glaubensüberzeugungen des Pharisäischen Judentums war die folgende: Das gesamte Israel wird seinen Teil an den zukünftigen Reich haben. Was sie damit meinten, ist das folgende: Sie glaubten, dass jeder, der als Jude geboren wurde, automatisch Teil an diesem Reich haben würden. Das galt aber nicht für die Nichtjuden. Die Pharisäer glaubten, dass wenn ein Nichtjude Teil am Reich haben wollte, er sich auf eine von 2 Arten dafür qualifizieren müsste. Eine Möglichkeit für einen Nichtjuden war, in dem er sich unter die 7 Gesetze des Bundes mit Noah stellte oder ordnete. Was aber ihm viel mehr Ehre einbrachte, war die zweite Möglichkeit, nämlich, wenn er sich tatsächlich zum Judentum bekehrte. Also ein Nichtjude konnte sich auf eine dieser beiden Arten für das Reich qualifizieren. Aber nach Glauben der Pharisäer war es für die Juden völlig ausreichend, Teil dieser ethnischen Gruppe zu sein, als Jude geboren zu sein. In den Schriften der Pharisäer findet ihr zum Beispiel folgende Aussage: Abraham sitzt da am Tor der Gehenna um jeden Juden abzufangen, der irrtümlicherweise seinen Weg dorthin eingeschlagen hat. Also sollte tatsächlich durch einen himmlischen Bürokratiefehler ein Jude in die Hölle geschickt werden, braucht ihr euch keine Sorgen machen. Nach Ansicht der Pharisäer, da ist dafür gesorgt. Nach ihrer Überzeugung sitzt Vater Abraham an der Pforte der Hölle und sollte ein Juden tatsächlich vorbeikommen, packt er ihn am Kragen und lässt es nicht zu. Warum? Weil nach ihrer Überzeugung jeder, der zu diesem ethnischen Volk, zu dieser Gruppe der Juden gehört, automatisch Anteil am Himmelreich hat. Das heißt, nach ihrer Überzeugung: Alleine als Jude geboren zu sein, hat dich schon für das Königreich qualifiziert. Aber deswegen wurde in den pharisäischen Schriften dieses „als Jude geboren zu sein“, weil das ja so wichtig war, wurde diesem Tatbestand ein besonderer Ausdruck verliehen. Und in den Schriften war es so, dass man dies mit „aus Wasser geboren“ bezeichnet. Weil das ebenso wichtig war nach ihrer Theologie, bedeutete „aus dem Wasser geboren zu sein“, als Jude geboren zu sein, physisch geboren zu sein. Wenn du als physischer, ja physisch als Jude geboren worden wärst, dann wäre das schon eine völlig ausreichende, hinreichende Qualifikation für das Himmelreich. 

 

Schaut, das eben ist die Theologie des Mannes der jetzt in Kapitel 3 dem Herrn Jesus begegnet und der diese Ereignisse von Kapitel 2 mitbekommt. Und der Herr Jesus kommt sehr schnell zum Punkt. Lasst uns aus Johannes 3 die Verse 3 und 4 lesen: "Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen. Nikodemus spricht zu ihm: “Wie kann ein Mensch geboren werden, wenn er alt ist? Kann er etwa zum zweiten Mal in den Leib seiner Mutter hineingehen und geboren werden?“ den Punkt, den der Herr Jesus hier macht ist: Er sagt dem Nikodemus, solange du nicht von neuem geboren bist, wirst du das Reich des Himmels nicht sehen. Die Antwort des Nikodemus wird sehr, sehr häufig missverstanden. Sehr häufig sagen die Kommentatoren: Das ist ein ganz neuer Ausdruck „von neuem geboren zu werden“. Davon hätte Nikodemus keine Ahnung gehabt. Aber wenn ihr genau hinschaut, dann ist das gar nicht seine Frage. Die Frage, die Nikodemus stellt, ist doch gar nicht: Wie kann jemand von neuem geboren werden? Sondern Nikodemus fragt präzise: Wie kann bitteschön jemand von neuem geboren werden, wenn er alt ist? Wenn es nur um den Ausdruck Wiedergeburt ginge, was für einen Unterschied macht dann das Alter, was Nikodemus hier so betont? Es spielt doch keine Rolle, wann die Wiedergeburt stattfindet, ob als kleines Kind, als Teenager oder als Mann oder alter Mann. Wir wissen, dass Nikodemus sehr wohl etwas über diesen Ausdruck Wiedergeburt wusste. Warum? Weil dieser Ausdruck in den rabbinischen Schriften benutzt wird. Was Nikodemus aber nicht verstehen konnte ist: Wie kann jemand von neuem geboren werden, wenn er ein gewisses Alter und einen gewissen Status in der jüdischen Gesellschaft erreicht hat? Warum? Weil es tatsächlich im pharisäischem Judentum bereits 6 verschiedene Arten und Weisen gab, wie man von neuem geboren werden konnte. Dabei ist bezeichnend, dass alle 6 Arten der Wiedergeburt, die das pharisäische Judentum bis dahin kannte, sich im physischen, also „aus Wasser geboren“, das war ihr wichtiger Ausdruck für diese physische Geburt als Jude, abspielt. Von diesen 6 Möglichkeiten von neuem geboren zu werden, hat sich Nikodemus tatsächlich für 4 qualifiziert. 

 

Der erste Weg, wie man wiedergeboren werden konnte war, wenn man als Nichtjude zum Judentum konvertiert. 

Nikodemus war doch als Jude geboren, deswegen war es überflüssig für ihn als Proselyt überzutreten zum Judentum. Deswegen hat er sich für diese erste Art der bekannten Wiedergeburt nicht qualifiziert. Die zweite Möglichkeit, die ihm zur Verfügung stand, nach dem pharisäischen Judentum war, als König gekrönt zu werden. 

Nach dieser Krönung eines neuen Königs hat man tatsächlich im Judentum öffentlich erklärt: Nun ist er wiedergeboren. Von Johannes wissen wir nichts, kriegen wir keinen Hinweis, dass Nikodemus ein Nachfahre des Hauses David sei. Aber das war doch eine jüdische Voraussetzung um König werden. Aber selbst wenn Nikodemus ein Nachfahre Davids gewesen wäre, dürfen wir nicht vergessen, dass ja die Juden momentan kein souveränes Volk waren. Sie befanden sich ja unter der römischen Herrschaft. Deswegen gab es für Nikodemus sowieso überhaupt nicht die Gelegenheit zum König gekrönt zu werden. Aber es gab von den 6 Möglichkeiten 4 weitere, von neuem geboren zu werden und tatsächlich hat Nikodemus diese weiteren 4 Möglichkeiten erreicht. 

 

Der dritte Weg und damit der erste Weg für Nikodemus ist die Barmizwa zu durchlaufen. Dieser Ausdruck Barmizwa trat erst später in der jüdischen Geschichte auf. Was man in dem Judentum des ersten Jahrhunderts tat, war ein spezielles Zeremoniell für einen Jungen der 13 Jahre alt geworden war. Bevor er diese Barmizwa im Alter von 13 durchlief, musste sich dieser Jude, dieser Junge eine Ausbildung von 3 bis 4 Jahren unterziehen. 

Im Alter von 13 Jahren hat man dann innerhalb der Synagoge einen speziellen Gottesdienst veranstaltet und das war für den Jungen gleichzeitig der Übergang in das Erwachsenenalter. Und an diesem Tag hat dieser jüdische Junge dann die gesamten Pflichten des mosaischen Gesetzes auf sich genommen. Nach jüdischer Tradition waren bis dahin die Eltern verantwortlich für die Sünden dieses Jungen. Ab der Barmizwa war er dann selbst für seine eigenen Sünden verantwortlich. Und er wurde tatsächlich rechtstaatlich zum Erwachsenen erklärt. Nach der jüdischen Tradition konntest du keinen Gottesdienst in einer Synagoge veranstalten, es sei denn du hattest wenigstens 10 männliche Erwachsene. Es ist offensichtlich, dass Nikodemus älter als 13 Jahre war. Das bedeutet, er hat im Alter von 13 Jahren tatsächlich seine erste Wiedergeburt erlebt.  

 

Die vierte Möglichkeit von neuem geboren zu werden, war durch die Hochzeit. Wenn ihr mal eine solche jüdische Hochzeit beigewohnt hättet, dann werden wir sehen, dass dort auch sehr viele Rituale veranstaltet werden und nach Ablauf dieser gesamten Rituale wurde dann der Bräutigam auch als von neuem geboren erklärt. In dem Text selbst ist keine Rede von einer Ehefrau vom Nikodemus. Aber wir wissen sehr wohl, dass er verheiratet war, wenn wir uns den Vers 1 anschauen. Im Vers 1 wird Nikodemus von Jesus auf 2 Arten bezeichnet. Zunächst einmal ein Pharisäer. Und das gibt uns noch überhaupt keinen Hinweis auf seinen Familienstand. Du konntest als Lediger Pharisäer sein, genauso gleich wie als Verheirateter. Aber den zweiten Ausdruck, den er für den Nikodemus verwendet ist, er nennt ihn Oberster der Juden. Das war ein Titel, der speziell für die Mitglieder des jüdischen Sanhedrin, der aus 71 Mitgliedern bestand, reserviert war. Und wenn er hier Oberster der Juden genannt wird, dann ist das der Hinweis, dass Nikodemus zu den damaligen Sanhedrin gehört. Und da war einer der Voraussetzungen, die du erfüllen musstest, um zum Sanhedrin zu gehören, du musstest verheiratet sein. Ein lediger Mann, unabhängig von seinem Alter oder seiner Qualifikation, hätte niemals zum Sanhedrin gehört. Seit dem Zeitpunkt, wo er zum Sanhedrin gehörte, war er auf jeden Fall verheiratet. Die jüdischen Männer haben sich in der damaligen Zeiten zumeist im Alter zwischen 16 und 20 Jahren verheiratet. Das bedeutet, zu diesem Zeitpunkt wurde er zum zweiten Mal von neuem geboren. 

 

Der fünfte Weg, wie man als Jude nach dem pharisäischen Judentum von neuem geboren werden konnte war, indem man als Rabbiner eingesetzt wurde. Die Ausbildung als Rabbiner dauerte meistens viele Jahre und nach erfolgreicher Ausbildung wurde man dann als Rabbiner offiziell eingesetzt. Nikodemus war ja beides, er war Pharisäer und er war auch Oberster der Juden, sprich war Mitglied des Sanhedrin und damit wissen wir, dass er auch Rabbiner war. Rabbiner konnte man ab dem Alter von 30 werden. Also wurde offensichtlich Nikodemus nach dieser Tradition des pharisäischen Judentums im Alter von 30 zum dritten Mal von neuem geboren. 

 

Nun gab es im pharisäischen Judentum nur noch eine Möglichkeit, noch einmal von neuem geboren zu werden. 

Und das war, in dem jemand ein Rosch-Jeschiwa wurde. Das war der Titel, der für die Leiter einer Rabbinerschule verliehen wurde, der dann die Qualifikation hatte, andere Rabbiner auszubilden. Wir wissen, dass Nikodemus auch diesen Status in der jüdischen Gesellschaft erlangte. Denn im Vers 10 nennt der Herr Jesus den Nikodemus: Du bist der Lehrer Israels. Beachtet: Der Herr Jesus gebraucht hier deutlich einen bestimmten Artikel - der Lehrer, nicht ein Lehrer. Leider gibt es einige englische Übersetzung, vielleicht auch manche Deutsche, die sagen: ein Lehrer, aber zumindest die revidierte Elberfelder übersetzt das griechische richtig - der Lehrer. 

 

Lasst uns nochmal zurückgehen zu diesem fünften Punkt. Denn ein Rabbiner hatte den Titel Rav und das bedeutete: ein Lehrer. Aber diejenigen die RoschJeschiwa waren, die haben einen besonderen Titel Rabban bekommen und das bedeutete, wie hier im Griechischen richtig angezeigt: der Lehrer. Gamaliel war eben auch ein solcher Leiter einer Rabbinerschule. Deswegen wird auch er immer als der Lehrer bezeichnet. Und einer seiner Studenten war ja der Apostel Paulus. Auch Gamaliel wird Rabban genannt, der Lehrer. Und ihr seht, die Tatsache, dass der Herr Jesus ihn in Johannes 3 Vers 10 den Lehrer Israels nennt, zeigt, dass er ein Rosch-Jeschiwa war. Und das erlangte man im Alter von 50 Jahren. Das bedeutete, nach der pharisäischen Tradition wurde Nikodemus im Alter von 50 Jahren zum vierten und zum letzten Mal von neuem geboren. 

 

Versetzt euch in die Lage von Nikodemus. Im pharisäischen Judentum hatte er alle 4 Möglichkeiten, die ihm zur Verfügung standen, wiedergeboren zu werden, bereits völlig ausgeschöpft. Das ist genau der Grund, warum er die Frage so stellt, wie er sie gestellt hat. Er fragt nicht, wie kann jemand von neuem geboren werden, er fragt wie kann jemand von neuem geboren werden, wenn er alt ist. Mit anderen Worten sagt er: Hey ich hab alle meine Optionen ausgenutzt. Innerhalb des pharisäischen Judentums gibt es keine Möglichkeit mehr, für mich von neuem geboren zu werden. Außer die einzige Möglichkeit, an die er jetzt noch denken konnte und die stellt er in Vers 4 vor: Indem ich zurückkehre in den Mutterleib als Fötus. Noch mal: "Aus Wasser geboren zu werden", das bedeutet ja physisch, als Jude geboren zu werden. Und dann den Prozess noch mal von Neuem zu beginnen und mit 13, 20, 30 oder 50 Jahren nochmals jeweils von neuem geboren zu werden. Was der Messias jetzt mit diesen Nikodemus anstellt ist, er gebraucht eine sehr gebräuchliche jüdische Lehrmethode. Denn er führt ihn von dem bekannten hin  zu dem Unbekannten. Das, was Nikodemus ja schon sehr wohl kannte, war dieser Ausdruck „von Neuem geboren werden“. Was aber für Nikodemus noch völlig neu und unbekannt war, dass man auch geistlich neu geboren werden kann. und so bewegt sich der Herr Jesus hier ganz bewusst als Lehrmethode vom Bekannten zum für Nikodemus Unbekannten. 

 

Lasst uns dazu Johannes 3 die Verse 5 bis 7 lesen: "Jesus antwortete: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes hineingehen. Was aus dem Fleisch geboren ist, ist Fleisch und was aus dem Geist geboren ist, ist Geist. Wundere dich nicht, dass ich dir sagte, ihr müsst von neuem geboren werden.“ Den Schwerpunkt, den der Herr Jesus hier legt, ist, er sagt dem Nikodemus: Nikodemus, solange du nicht von neuem geboren wirst, wirst du das Reich Gottes garantiert nicht sehen können. Und so sagt er ihm: Selbst wenn du aus Wasser geboren wirst, mit anderen Worten, selbst wenn du als Jude geboren wirst, hilft dir Pharisäer das nicht, das Reich Gottes zu sehen. So unterweist er ihn und sagt ihm: Du musst beides sein, ja du musst körperlich geboren sein, physisch geboren, aber du brauchst auch was ganz Neues: Du musst geistlich wiedergeboren werden. Und so identifiziert oder betont der Herr Jesus den Unterschied zwischen diesen 2 Arten von Geburten. Aus Wasser geboren zu sein bedeutete ja, aus dem Fleisch geboren zu sein, also körperlich geboren zu sein. Und körperlich geboren zu sein, bedeutet einfach nur Körper zu sein und leiblich zu sein. Also Fleisch zu haben allein, reicht nicht aus, um das Reich Gottes zu erben. Aber um geistlich geboren zu sein, musste man tatsächlich eine geistliche Wiedergeburt erlangen und das war die Qualifikation um tatsächlich Anteil am Reich zu bekommen. Das ist diese Art von Wiedergeburt, die wirklich notwendig ist, um Anteil am Reich Gottes zu bekommen. Ihr könnt euch vorstellen, welche Frage Nikodemus dann durch den Kopf schießen musste: Wie kann jemand geistlich von Neuem geboren werden? Und der Herr Jesus gibt ihm die Antwort und sagt eben: Nikodemus, dazu bedarf es zweierlei Schritte. 

 

Gott muss den ersten Schritt tun und der Mensch muss den zweiten Schritt tun. Lasst uns dazu die Verse 14 und 15 lesen:  "Und wie Mose in der Wüste die Schlange erhöhte, so muss der Sohn des Menschen erhöht werden, damit jeder, der an ihn glaubt, ewiges Leben habe.“ Der erste Schritt ist der Schritt, den Gott selbst tun musste, nämlich seinen Sohn hingeben, um das endgültige Sühneopfer zu erwirken. Als der Herr Jesus gestorben ist, ist er für diese Schuld der gesamten Welt gestorben. Aber das allein rettet niemand. Dann kommt der zweite Schritt, nämlich die menschliche Verantwortung. Nämlich zu glauben, was Gott durch seinen Sohn getan hat, mit was er uns versorgt hat. Wir wissen, dass einer der bekanntesten und beliebtesten Verse aus dem Johannes Evangelium Johannes 3 Vers 16 ist. Ees gibt fast kein Evangeliumstraktat, wo dieser Vers nicht zitiert wird. Und es wiederholt genau die gleichen 2 Schritte. Der erste Schritt: "Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab,“ und dieser erste Schritt ist eine abgeschlossene Handlung. Gott hat alles getan, was notwendig war, um Erlösung ein für alle Mal zu erwirken. Nochmals, das alleine rettet noch niemand. Dann muss es auch den zweiten Schritt geben: “damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern ewiges Leben hat.“ 

Der Herr Jesus gibt dem Nikodemus hier die glasklare Antwort. Er sagt eben: Solange du nicht selbst diesen zweiten Schritt tust und glaubst, dass ich der verheißene Messias bin, kannst du das Reich Gottes nicht erben. 

Versteht oder versetzt euch mal in die Rolle von Nikodemus. Das war für ihn so ein völlig neues Verständnis von Wiedergeburt, weil es ja hier um eine geistliche Wiedergeburt geht. Nikodemus war nicht in der Lage, das hier und an dem Tag oder in der Nacht anzunehmen.  

 

Und das Gleiche können wir für die Evangelisation unter den Juden noch bis zum heutigen Tag sagen: Es ist sehr, sehr selten, dass ein Jude im Moment, wo er zum ersten Mal das Evangelium hört, das Jesus Christus der Messias ist, sofort sich bekehrt und zum Glauben kommt. Sondern, sobald ein Jude mit dem Evangelium des Messias Jesus Christus konfrontiert wird, kommt er in einen inneren Konflikt. Und dieser Konflikt ist ein ethnischer Konflikt, ein nationaler Konflikt, ein geistlicher Kampf. Letztendlich muss ein Jude sein gesamtes Denken, zumindest ein orthodox geprägter Jude, sein gesamtes Denken neu ordnen/ programmieren, bevor er überhaupt zu dem Schluss kommen kann: Dieser Jesus Christus ist tatsächlich unser Messias. Jeder gläubige Jude, den du triffst, wird dir bestätigen, dass er entweder über kurz oder lang einen solchen Kampf durchgemacht hat. Für Nikodemus begann dieser Kampf just an diesem Tag und der sollte für 3 Jahre andauern. 

 

Nikodemus tritt noch zweimal im Johannesevangelium auf. Das nächste Mal später in Johannes Kapitel 7. Er war zu dem Zeitpunkt noch nicht wiedergeboren, noch nicht gläubig und trotzdem hat er dem Herrn Jesus hier das Recht eingeräumt, sich zu verteidigen, bevor er verurteilt wird. Und das dritte Mal tritt Nikodemus dann in Johannes 19 auf. Hier können wir sehen, dass Nikodemus als ein Gläubiger auftritt, wie er an der Grablegung des Herrn Jesus teilnimmt. Wir können ja sagen oder wir wissen ja, bei Nikodemus handelt es sich ja nicht um irgendeinen Juden. Er war ja der Lehrer Israels und deswegen konnte man ihn in den rabbinischen Schriften nicht einfach ignorieren. Er wurde auch nicht in den rabbinischen Schriften ignoriert. Wenn ihr sie studiert, dann werdet ihr einiges über Nikodemus lernen können außerhalb vom Johannesevangelium. Rabbiner haben in solchen Tagen ja nicht von ihrem Rabbinat gelebt. Heute ist das anders. Heute empfangen Rabbiner ein Gehalt von ihren Synagogen, ähnlich wie Pastoren heute von ihren Gemeinden bezahlt werden. Aber das war im Judentum jener Tage noch nicht üblich. Jeder Rabbiner musste entweder selbst einem Handwerk nachgehen oder irgendein Geschäft nebenbei betreiben, damit er sein Rabbinat ausführen konnte. Das war notwendig, damit er dieses pharisäische Judentum kostenlos lehren konnte und nicht auf ein Gehalt angewiesen zu sein. Und nach den rabbinischen Schriften wissen wir, dass es sich bei Nikodemus um einen Brunnengräber handelte. Und das war ein sehr wohlhabender Brunnengräber. Und unter den reichsten Männern Jerusalems gehörte Nikodemus offensichtlich zu den 3 wohlhabendsten Männern Jerusalems. Doch als Nikodemus zum lebendigen Glauben an Jesus Christus als den Messias kam, hat ihn das völlig verarmt und er ist in Armut gestorben. Nach den rabbinischen Schriften musste seine Tochter um Brot betteln, um überhaupt überleben zu können. Wir wissen natürlich nicht, ob diese Rabbinergeschichten, diese Tradition wahr ist. Denn die Motivation, warum die Rabbiner diese Wahrheit oder diesen Mythos über Nikodemus verbreitet haben war, um andere Juden vor einem Weg Nikodemus zu warnen: Wenn du anfängst, an den Herrn Jesus als den Messias zu glauben, dann können dir auch alle diese furchtbaren Dinge geschehen. Das mag wohl sein, dass Nikodemus physisch arm gestorben ist. Aber er ist sehr wohl geistlich reich gestorben . Und er wird seinen Teil an dem messianischen Reich haben. 

 

Bei dieser Begegnung zwischen Nikodemus und dem Herrn Jesus handelt es sich um die erste Begegnung, den ersten Konflikt zwischen dem Herrn Jesus und einem Leiter der jüdischen Klasse. Und das zeigt von Anfang an, dass der Herr Jesus sehr fundamentale Glaubenswahrheiten, an denen die Pharisäer festhielten, herausfordern würde. Zum Beispiel diese Überzeugung, die die Pharisäer ja hatten: Alle Juden seien automatisch Teil des Reiches aufgrund ihrer ethnischen Herkunft. 

 

 Lasst uns an dieser Stelle unsere Pause machen.