Die drei johauneiskhcu Brief-s. Mit einem vollständigen theologifchen Commentare VIM Dr. Jtikdn Mühen-stät, Skudiendiiu am KönigL PkedigewSeminar zu Hannoveh der histor.-theolog. Gefellschaft zu Leipzig ord. MitgL Erster Band, die Einleitung zu dem ersten Briefe und den Conuueiitar zu 1 Ich. l, 1 — It, 28 enthalte-nd. — doo —« Göttingen 1852. Verlag der Dietetichschen Buchhandlung. Leipzig, F. Chr. W. Vogel. EX LIFRIS 74 «« «« ACADEMIA LIBERA EvANGEtJcA THEOLOSLCA C8Asn.sENsIs» « « U I sz »»- Z ------------ w Die Auslegung des Wortes Gottes ist eine erhebende, aber auch eine Verantwortuugspolle Sache. Jch habe bei der Ausarbeitung des vorliegenden Versuches das Eine erfahren und das Andere mit Willen nie außer Acht ge- laßen. Der Herr aber, ohne den ich nichts thun kann und will, möge das Werk, welches er bis hieher geför- dert hat, auch fernerhin mit seinem Segen begleiten! Über die wißenschaftlichen Gesichtspuncte, welche mich bei meiner Arbeit geleitet haben, denke ich in den Göttin- gischen gelehrten Anzeigen, in welchen die Mitarbeiter selbst ihre Schriften ankündigen dürfen, die nöthige Re- chenschaft zu geben. Hier darf ich mich wohl auf Fol- gendes beschränken. Nicht in dem Sinne habe ich mein-en Versuch einen vollständigen Cotntnentar genannt, als ob darin alle Ansichteu aller einzelnen Ausleger dargelegt und geprüft wären, und nicht deshalb habe ich den Com- mentar einen theologischen genannt, weil ich die philologische Genauigkeit hätte zurücksetzen wollen; viel- mehr, hoffe ich, werden die Leser die Vollständigkeit und die theologische Art meiner Arbeit darin erkennen, daß einerseits die· in der Geschichte der Exegese heraustretenden theologischen Richtungen Vollstiindig gezeichnet und auch 2a IV durch einzelne Beispiele hinreichend und im Zusammen- hange charakterisirt erscheinen, und daß anderseits nicht allein die Form der apostolischen Worte erläutert, sondern auch der Gedankengehalt soweit entwickelt ist, als dies in einem Commentar geschehen darf, welcher ein Commentar bleiben will, aber als solcher die Leser nicht bis unmit- telbar vor die apostolischen Gedanken, sondern in diesel- ben hineinführen möchte. Gerade in dieser Absieht habe ich mich der strengsten und klarsten exegetisehen Methode befleißigh Jch wollte, daß der Leser die richtige Ausle- gung aus dem Texte gleichsam hervorwachsen sehn und sich an dem reichen Leben der apostolisehen Gedanken weiden sollte. Die zweite Abtheilung, welche das Werk zum Schluße bringen wird, soll — will’s Gott — etwa in einem Jahre erscheinen. Ftx D. Der erste Brief des Johannes. Einleitung. §. I. Die briesliche Form. Jn der alten Kirche hat man unsern ersten johanneischen Brief allgemein für eine wirkliche kamst-Ah, ein Sendschreibem angesehn. Man stellte denselben unbedenklich mit dem ersten Briese des Petrus und dem Briefe des Judas zusammen, obgleich beide eine ausdrückliche Addresse und einen mehr brief- liehen Schluß vor dem Schreiben des Johannes voraushabety und fand den wesentlichen Unterschied aller katholischen, d. h. enkhklischen Briefe (vgl. Oecumenius, Hypotlk in Ep. Jena: Icaiäozueaci ääyowar ans-ca« vier-Ei Fyicüsczcor or; yaig dir-««- psoxcspwx Bär-s- ein-! see-ei näh» as; e; Jesus· Paul-o;- -——, oiäzoi sind-Säm- smsr »in-mig- «).. Expositio in sepiem Mag, quae caiholjcae die-»nur, episto1as. Francots 1610. 0pp. Paris. 1631. Tom. ll.) von den paulinischen in der verschiede- nen Bestimmung, während man die briefliche Form jener wie dieser gleicheriveise anerkannte. Deshalb schloß man auch den zweiten und dritten johanneischen Brief, als man dieselben in den Kanon aufnahm, naturgemäß an den ersten Brief an, obgleich jene beiden Schreiben nicht enkyklisch sind; sie galten als ächte Briefe des Johannes, wie man das erste Schreiben als einen wirklichen Brief desselben Apostels ansah. Die Meinung der alten Kirche blieb auch im Mittelalter die allgemein angenommene. Der Erste, welcher, weil er die briefliche Ausschrift und Grußsormel im Anfange und den brieflichen Segenswunsch am Ende der johanneischen Schrift Ema-km» copy nu Einleitung. vermißte, die Bermuthung aussprach, daß der sogenannte ; »Brief« eher fiir eine kleine Abhandlung gehalten werden dürfte, war J. H. Heideggerx Er sagt, offenbar in einer Weise, der man es anmerkt, daß eine neue Ansicht ausge- sprochen wird (Enchirj(iion biblicum Tig. 1681. n. 986): Aocedit quoci soriptusn hoc, licet Epislola insigniatur, can— seri kamen possjt brevjs quaedam Christian-Je doctrinae epi- iome et evangelii a Joanne scripti succincium quoddam enchiriclj0n, cui adhoriationes quaedam pro communi toljus eoolesiae condjtione adjeotae sum· Non enim, ut reliquae epistolae, insoriplione a(- salulatjone Inaba-nur, neque eijam salutatione et voto claudjtutn Seitdem haben, unabhängig von Heideggey wiederum J. A. Bengel (Gn0m0n N. T. Ed.2. Tub.1759. p.1184), Th. Chr. Lilienthal (Die gute Sache der göttl. Offenbarung. XV1.3. Königsh 1781. S. 1967 fl-), J. D. Michaelis (Einleit. in die göttl. Schriften des Neuen Bandes. Gött 1788. Il. S.1520), J. G. Eich- horn (Einl. in das N. T. Leipz. 1810. lI. S. 306 fl.), G. Chr. Storr (I·.·Iber den Zweck der evangel. Gesch. und der Briefe Johannis Tüb. 1786. S. 384. 401fl.), J. Bersger (Versuch einer moralischen Einl. in das N. T. Lemgo 1797. lI. S. 179 fl.), C. Th. Bretschneider (Pro1)abilia de, evan- gelii et epistolarnm Joannis apost indole et origina l-ips. 1820. p.176) u. a. unsern Brief für einen »Aufsatz«, eine »theologisch-moralische Abhandlung« erklärt. Die Frage nach dem brieflichen Charakter der Schrift ist keineswegs ganz unwesentlich und läuft nicht auf einen bloßen Wortstreit hinaus, wie K. A. Credner (Einl. in das N. T. Halle 1836. S. 679) und L. F. O. Baumgarten-Crusius (Theologische Auslegung der Johanneischen Schriften. Bd. Z. Herausg von Kimtnei. Jena 1845. S. 189) urtheilen; viel- mehr ist die Entscheidung jener Frage von F. Lücke (Com- mentar über die Schriften des Evangelisten Johannes. Thl.3. Die Briefe. 2. Aufl. Bonn 1836. S. 37) mit um so größerm Rechte als eine nothwendige Voraussetzung der Auslegung und Beurtheilung der Schrift bezeichnet, je mehr man in aus- Briefliche Form. r: driicklichetn Zusammenhange mit der Ansicht, daß diese kein wirklicher Brief sei, mancherlei andere Urtheile über dieselbe ausgesprochen hat. So will Bengel unsern Brief lieber einen libellus nennen, weil —- opjstola en! absentes mirs-Nur, ille Dominiks) arrtem apud e0s, quibus soribebatz eodem tempore kuisse vjdeiur (Vgl. zu l, I: Non videiur peregre misisse, sei! coram impertiisse audit0ribus). Storr und Berger schloßen von der abhandelnden Form auf eine gewiße äußer- liche Verbindung des Briefes mit dem johanneischen Evange- lium. Bretschneider fand in dem Mangel des Brieflichen ein Anzeichen der Unächtheit Der Grund, weshalb man die kleine Schrift fiir einen wirklichen Brief nicht gelten laßen wollte, ist schon von Hei- degger angedeutet: man vermißte die äußere, bestimmt aus- geprägte Briefform, den Namen des Schreibenden, die Be- zeichnung der Leser, die konkreten Beziehungen, die Segens- sprüche und Grüße. Das Fehlende, meinte man, werde keines: wegs ersetzt durch die Anrede, welche sich häufig in der Schrift findet, denn wenn die bloße Anrede eine Schrift zu einem Briefe machte, so würde auch das Evangelium Johannis wegen 19, 35. 20,31 für einen Brief gelten dürfen. Michaelis fragte sogar, ob man denn Wolfs mathematifche Anfangsgründe einen Brief an die Deutschen nennen wolle, weil die Leser überall angeredet würden. Allein mit Recht hat sich schon W. S. CZiegler in seiner gegen Michaelis und Storr gerichteten Abhandlung (Der erste Brief des Johannes, ein Sendschreiben an eine bestimmte Gemeine, und keine allge- meine Abhandlung oder Buch. Vgl. Magazin für Religions- philosophie u. s. w. herausgz von Henke Helmft 1769. Bd. W. 2. S. 254) darauf berufen, daß das Brieflicheeiner Schrift ebenso sehr auf der »innern Form« und dem »innern Charakter-«, als auf der äußern Form derselben beruhen Ziegler hat auch die wesentlichen Momente, in welchen der btkefliche Charakter einer Schrift liegt, treffend dargestellt, wenn er auch den Nachweis schuldig geblieben ist, daß jene brieflichen Eigenthiimlichkeiten sich wirklich in dem ersten Briese : Einleitung. des Johannes finden. Er sagt: »der innere Charakter (eines Briefes) besteht in einer Bergegenwärtigung bestimmter Per- sonen, die geradezu angeredet werden, wie in einem münd- lichen Gesprächa Daher entsteht auch alsobald die innere Form eines Briefes, daß man rhapsodisch von einem Gegen- stande zum andern übergeht, gerade wie es bei einem münd- lichen Gespräche der Fall ist.« In diesen Sätzen sind die beiden wesentlichen Kriterien ausgesprochen, an denen sich in der That die briefliche Natur des ersten johanneischen Schrei- bens erkennen läßt, die persönliche Beziehung zwischen Schrei- ber und Lesern und die dadurch bedingte vorwiegend par-amti- sche, pertinente, ungezwungen sich bewegende, Wiederholungen nicht scheuende Weise des Schreibens. Gleichwie der Schrift- steller sich selbst persönlich in scharfer Zeichnung hinstellt und ausdrücklich von vorn herein in eine persönliche Beziehung zu seinen Lesern setzt (l, 1 sll.), indem er seinen persönlichen Beruf zum Schreiben und sein unmittelbares seelsorgerisches Jnteresse an den Lesern geltend macht (vgl. V,13), so hat er auch bestimmte Leser vor Augen, deren Zustände, Bedürfnissq Gefahren er kennt und speciell berücksichtigt. Er kennt den Glauben seiner Leser und will denselben befestigen und mehren zu immer reinerer und vollerer Freudigkeit; er weiß Junge und Alte an ihren gemeinsamen und doch eigenthümlichen Schatz zu erinnern (lI,13 sll.). Ganz besondere Jrrthümer und Versuchungem welche das.heilige, seligc Leben der Leser bedrohn, weiß der Briefsteller warnend zu zeigen (Il,18fll. lV,1fll. V,16. U) — kurz, das ganze Schreiben ist so sehr von dem lebendigen, persönlichen Verhaltnisse zwischen Schreiber und Lesern getragen, die Spertinenz der schriftlichen Paraklese ist- eine so unmittelbare, persönliche, daß schon ans diesem Grunde das Schreiben als ein wirklicher Brief erscheinen muß. "Diese briesliche Natur drückt sich aber auch, wie schon ange- deutet wurde, in der ganzen Haltung und Bewegung der kleinen Schrift aus. Bei aller Ordnungsmäßigkeit herrscht jene leichte Natiirlichkeit und Ungezwungenheit in der Compo- sition und Darstellung, wie sie dem unmittelbar praktischen Inhalt des Briefes. 11 Jnteresse und der parakletifchen Tendenz eines Sendfchreibens entfpricht; dagegen tritt die strenge fortschreitende dialektifche Entwickelung, welche einer Abhandlung oder auch einer Ho- milie eigenthümlich ist, zurück. Diese allgemeine Bezeichnung der brieslichen Art des jo- hanneifchen Schriftchens mag hier genügen, weil wir erst nach- dem wir den Inhalt und Gedankengang des Briefes dargelegt haben, die Darftellungsweise des Berfaßers genauer schildern können. Wir weisen hier nur noch auf ein deutliches Zeichen der wirklich brieslichen Natur des apostolischen Schreibens hin, nämlich darauf, daß dem Eingange (l, 1——4) das gewöhnliche Schema einer ausdrücklichen Briefauffchrift zum Grunde liegt. Das hat schon A. Calovius (Bjblja Novi Tesh jl1uslrata. Tom. Il. Franck«· 1676 p.1582), nach Vorgang von Estius, gegen diejenigen, welchen unser Brief als gänzlich Kurz« er- fchien, mit feinem Takte hervorgehoben, und neuerlich hat auch Lücke angedeutet, daß die ersten Verse wohl für eine Erwei- terung der gewöhnlichen Briefauffchrift gelten könnten. Wenn aber dies, wie die Auslegung erweisen muß, wirklich der Fall ist, so erscheint hiedurch nicht nur das Bedenken derjenigen, welche die ausdrückliche Briefauffchrift vermißtem gehoben, son- dern auch die grundlose Ansicht, daß die Auffchrift verloren gegangen (vgl. Baroni us, Annai. eco1es. Arm. 99· Mogunt 1601. Tom. II. p.964) oder absichtlich weggelassen sei (H. Gro- tius, Annotallz in N. T. Tom. lIl. Paris. 1650. P. 63), be- seitigt. §. 2. Inhalt des Briefes. Also einen wirklichen Brief haben wir in dem ersten Schrei: ben des Johannes vor uns. Versuchen wir jetzt, einen klaren Überblick über den Inhalt und den Gedankengang desselben zu gewinnen. So leicht es aber auch ist, einzelne häufig wieder- kehrende Hauptgedanken zu erkennen, so schwierig scheint es, zu bestimmen, ob und wie die ganze Masse des Briefes sich umgewiße Haltpuncte gruppire. Loouturus est Inulta et prope omnia de oharjtatiz sagt Augustin (Exp0s. in Ep· Jo. 0pp. BasiL 1569. Tom. lX. P. 576), und Lusther urtheilt g»leicher- xn Einleitung. weise: »der Hauptinhalt dieses ersten Briefes geht auf die Liebe-«; jedoch hat Luther auch ein zweites Moment richtig erkannt, indem er in seiner ersten Auslegung der Epistel sagt: »Jn Summa, der Apostel will in dieser Epistel den Glauben wider die Ketzer und die wahre Liebe wider die Lasterhaften lehren« (vgl. die beiden Auslegungem bei Wald) lX. S. 909 und S. 1080). Andere Ausleger saßen neben der Predigt von der Liebe das eigenthümlich Johanneische dsozoyeiw be- sonders ins Auge. So, nach dem Vorgange von Oecume- nius, Theophylact (0pp. Tom. III. Venei. l758. Bd. B. Finetti.) und J. Calvin (In N. T. comment. Bd. Tholuelc Vol. VIL Epist N. T. P. lll). Der Letztere charakterisirt den Inhalt des Briefes so: Doetkinam exhortationibus mistam eontineh Disserit enjm de aeterna Christi deitate, simul de jncomparabjih quam mundo patekaotus seeum stinkt, gratia tum de omnibus in gener-e beneiieiis, ne praesertim inne-sti- mabilem divinae adoptionis gkatjam eommendat atqne exto1- lit· Inde sutnit exhortandi Materie-un. et nuno quidem in ge— nere pie et sanete vivendum admonet, nunc de earitate no- minatim praeejpit Richtig hat Calvin die parakletische Ten- denz, die auf die Heilsossenbarung, die Liebe Gottes gegrün- dete und in die Bruderliebe auslaufende Ethik des Briefes er- kannt; aber eine stetige Entwickelung und einheitliche Ordnung findet er nicht in demselben, denn er fährt fort:. Ver-um nihil «ho1·um eontinua sekie kaeit Nam sparsim d0eend0 et ex— hortando varius est. praesertim vero multus est in urgenda fratekna dileetione Alia quoque breviter attingik ut de cavendis impostoribus etc. Ähnliche Urtheile über die Ord- nungslosigkeit unsers Briefes finden sich in einer gewißen tra- ditionellen Festigkeit noch lange Zeit nach Calvin (vgl. Lücke, S. 45). S. Episcopius z. B. sagt (Lect. Sack. in By. eathoL Dann. 0pp. AmsteL 1665. Vol. Il. P. 173): modus traetandi arbitrarius est neque ad artis regulas adstrjetns — sine rhetorieo artitioio aut logiea aeourata methodo instit-u- ms. Er nieint, Johannes habe sich bei Abfaßung des Briefes ganz von der sirömenden Fülle seiner Gedanken treiben laßenz Jnhalt des Briefes. Im: jedoch sei es auch nicht unwahrscheinlich, daß hier und da in unserm Texte etwas entweder absichtlich oder aus Versehn zu: gesetzt oder weggelaßen sei (vgl. auch H. H. Cludius, Uran- sichten des Christenthums u. s. w. Altona l808. S. 57). Von der andern Seite versuchte man aber auch, einen ordnungsvollen Plan in dem Briefe nachzuweisem Hier ist außer Joach. Oporin (De constanter tenenda communione cum Pakt-e et Filjo ejus Jesu Christo i. e. Joannjs ep. pkima n0dis interpretum Iiberata etc. Gottingn 1741. Fragt) beson- ders Bengel zu nånnem Er unterscheidet drei Abschnitte: das Exokdium I, 1-4z die Tractatio l, 5—-—V, 123 und die Conclusio V,13—21. Diese Theile erscheinen aber nach Ben- gel in einem organischen Zusammenhange. In dem Eingange macht der Briefsteller zuerst seine volle apostolische Auetorität geltend (ab apparitjone verbj vjtae constitujt auotorjtatem pruedjcationi et scriptjoni Sake) und spricht dann den Zweck seines Schreibens aus, nämlich: ut beata et sancta cum Deo et Jesu Christo oommunjo lidelium coniirtnetuttz gnorjsmaiis Iautjssimi eorutn status. ostensis (I, Z. V, l3). Es kömmt also darauf an zu zeigen, wie die —'l’ractatio des Briefes diesem vom Apostel selbst bezeichneten Zwecke dient. Das versucht Ben- gel, indem er zwei Theile der Tkactatio unterscheidet, zuerst einen speciellen I, 5—IV, 213 dann einen allgerneiner abschlie- ßenden V, 1-—12. Der specielle Theil soll handeln erstlich de cotntnunione cum Deo, in Iuce I, 5—I0; zweitens de com— muni0ne cum Fili0, II, 1sl. (hier folgen entsprechende Appli- cationen und Ermahnungen, so die ad manendum in eo II, 28 sll.), endlich de corroboratjone et fructu mansionjs jIIjus, per spiritum IV,1——21. Der zweite Theil der Tractatio aber handelt, dem ersten Theile entsprechend, de testimonio Patris et Filjj et Spiritus etc. Schließlich entspricht die Conclusio dem Exordiumz denn der im Exordjum angegebene Zweck des Schreibens wird noch einmal, und zwar klarer, ausgesprochen (V, I3), und das dreifache oidaxcsp (V, 18. 19. 20) recapitu- litt die im Briese entwickelten Kennzeichen, gnorismatay jener seligen Gemeinschaft mit dem dreieinigen Gott. — Dieser Ver- xtv Einleitung. such Bengels, einen lebendigen Organismus in unserem Briese aufzuweisen, erscheint uns, so wenig wir denselben auch für gelungen halten, doch deshalb sehr lehrreich, weil Bengel von dem richtigen — nach Oporins Vorgange auch von Chr. A. Heumann sllebiiomas Mannes. vgl. Nova sylloge Dissens- tionum. P. ll. Rost· et Wjsm. 1754. p. 134) trefsend bezeich- neten — Gedanken ausgeht, daß der Brief dem von dem Apo- stel selbst klar ausgesprochenen Zwecke (I, 3. V, 13) entsprechen muß. Aber jenes von Bengel gezeichnete trinitarische Sche- ma liegt unserm Briefe ebenso wenig zum Grunde, als die conolusio dem Exordium in der angegebenen Weise entspricht. Wir meinen auch, daß das Stück V, 1——12 im Zusammen- hange des Briefes eine ganz andere Stellung habe, als Ben- gel demselben zuerkennt Von Bengel, welchem sich J. E. F. Sander (Com- mentar zu den Briefen Johannis. Elberf 1851) angeschloßen hat, wenden wir uns sogleich zu den beiden bedeutendsten Aus- legern der jüngsten Zeit, zu Lücke und de Wette. Liicke hebt, ehe er den Gedankengang des Briefes wiederzugeben un- ternimmt, die schon von Ältern so bezeichnete -aphoristische und doch auch wieder palillogische Darstellungsweisw desselben her- vor und erinnert, daß so »einfach und geordnet im Ganzen« der Brief erscheine, doch »im Einzelnen nicht selten die stren- gere Bestimmtheit und unzweideutige Berkniipfnng« vermißt werde. Er warnt deshalb vor dem Jrrthumy dem Briefe eine accuratere Disposition unterzuschieben, als demselben wirklich zu Grunde liege und so ein »incongruentes, unhistorifches Bild« zu entwerfen. Die Warnung hat überall, zumal bei unserm Briefe, ihr gutes Recht; jedoch scheint uns Liicke aus Furcht vor einem Zuviel nicht genug gethan zu haben. Lücke giebt nämlich nicht sowohl eine Disposition des Briefes, welche die harmonische Gliederung und das lebendige Verhältnis der ein- zelnen Theile zu dem von Lücke ähnlich wie von Bengel trefsend markirten Hauptgedanken «) nachweist, sondern er geht, «) Lücke spricht »das eigentliche Thema des Briefes, nselches der Ge- Inhalt des Briefes. « xv ohne besondere Einschnitte anzuerkennen, die einzelnen Eapitel durch, indem er den Gedankengehalt derselben fortlaufend re- producirt. Darum erscheint es auch mehr zufällig, daß Lücke in seinem Commentar den Brief in zehn kleine Abschnitte ein- theilt, welche lauter einzelne, an einander gereihte Gedanken: gruppen bilden, ohne daß man klar erkennt, wie ein Abschnitt mit dem andern zusammenhängt und wie jeder einzelne an seinem Theile dem Hauptgedanken des Briefes dient. — Eine wirkliche Gliederung will W. M. L. de Wette (Kurzgesaßtes exeget Handb. zum N. T. l. Z. Erkl.— des Ev. und der Brr. Joh. s. Aufl. Leipz. 1846. vgl. 4. Aufl. von B. B. Brück- ner. 1852) in unserm Briese nachweisen, obgleich auch er mit Recht ,-alle Künstlichkeit der Anordnung« leugnet. Er« unter- scheidet, indem er die »didaktisch-paränetische Weise« des Schrei- bens hervorhebt, außer einer Einleitung (l, 1—4), worin der Berfaßer sich selbst und seinen Zweck bezeichne, -drei Ermah- nungen«, in welchen nach einem ziemlich gleichen Schema der praktische, auf die sittliche Vollendung der Leser in der Liebe und dem Glauben gehende Hauptgedanke des Briefes behan- delt werde. Die erste Ermahnung (l,5—ll, 28) geht aus von einer »Erinnerung an das Wesen der christlichen Gemein- schaft, daß sie im Lichte in der Reinheit von Sünden in der Haltung der göttlichen Gebote in der Liebe bestehe« (I, 5-—Il, 11), woran sich warnende Ansprachen und schließlich eine Ber- heißung anlehnen. Die zweite Ermahnung (ll, 29-IV,6) er- innert gleichfalls zuerst an »die sittlichen Grundsätze des Chri- stenthums«z die Gotteskindschaft beruhe auf der Gerechtigkeit, besonders der Liebe (II, 29 -— l1l, 18). Auch hier schließen sich wieder verheißungsvolle und warnende Sparaklesen an. Bei der dritten Ermahnung (1V, 7—-V, 21) endlich geht der Apostel nur von dem Principe der Liebe aus, welche, da sie das We- genstand, Grund und Zusammenhang aller Belchrungen und ErmahnungeM sei, in folgendem Satze ans: »Wie der christlichen Gemeinschaft Grund nnd Wurzel die Gemeinschaft eines jeden mit dem Vater und dem Sohne im Glauben und in der Liebe ist, so hat diese hinwiederum in jener, in der Ge- meinschaft der Brüder, ihre nothwendige Folg: und DarstellungÆ XVI Einleitung. sen Gottes ausmacht und sich in der Sendung Jesu Christi geoffenbart hat, die Bedingung der Gottesgemeinschast und der Zuversicht zu Gott ist (lV, 7—-2l). ,,Aber auch der Glaube an Christum ist Bedingung der Gotteskindschaft.« So folgt die Hinweisung auf die Gewißheit dieses Glaubens. (V,1 13). Endlich schließt der Apostel mit der wiederholten Verheißung der Zuversicht zu Gott und der, hier jedoch eingeschränkten, Gebetserhörung, und mit einer Warnung vor dem Götzem dienste. So de Wette *). Wir glauben aber, daß dem Briefe besonders in der zweiten Hälfte, von ll, 29 an, eine ganz an- dere Ordnung zu Grunde liegt, als die von de Wette be- zeichnetr. Zuerst scheint uns in dem Abschnitte IV, 7—V, 21 kein neuer. Gedankenkreis vorzuliegen, welcher neben dem Ab- schnitt II, 29-——1V, 6 in sich selbst abgeschloßen wäre, sondern der in ll, 29 gleichsam als Thema hingestellte Hauptgedanke scheint uns auch noch in IV, 7 sit. vorzuherrschem Damit hängt zusammen, daß zunächst der Abschnitt V, 6 13, dann die Schlußverse (V, 14.-—21) sowohl zu dem ganzen Briese, als auch zu der letzten Hälfte desselben (I1, 29 fll.) anders zu stehen scheinen, als de Wette lehrt. Auch das möchten wir sogleich bemerken, daß das reiche, bliihende Leben der johanneischen Gedanken schwerlich mit den nüchternen Kategorien »Ermah- nung, Erinnerung an die sittlichen Grundsätze des Christen- thums« u. dgl. begriffen. und beschrieben werden kaum— Jn- dem wir jetzt selbst versuchen, den ebenso ordnungsvollen als einfachen Plan unseres Briefes, so wie er sich uns dargestellt hat, nachzuzeichnen, bemerken wir, daß wir keineswegs der An- sicht sind, der Apostel habe, ehe er den Brief schrieb, eine feste Disposition zu demselben entworfen; nein, aber das heilige Leben und die göttliche Weisheit in dem Apostel spricht sich ohne Zwang und ohne Künstelei in schöner Ordnung aus. Und das sittliche Gesetz dieser Ordnung liegt in der freien Persön- '«) Eine andere Dreitheilung (l, l-ll, it. il, 12—1V, s. N, 7—V, 2l), welche aber dem Organismus des Briefes schwerlich entspricht, hat H. Ewald, Jahrbücher der bibL Wissenschaft 1851. lll. S. 178. Jnhalt des Briefes. sz xvu lichkeit des Apostels, welcher die eine, ewige Wahrheit nach seiner Weise Verkündigt. Die harmonische Gliederung des Briefes scheint uns diese zu sein: In dem Eingange (I, 1—4), in welchem auch die Ausschrist des Briefes latitirt, geht Johannes aus von dem, was das absolute Objekt aller apostolischen Predigt ist, und zugleich die wirkliche, volle Apostolicität seiner selbst begründet, und stellt dann den bestimmten Zweck seines Schreibens hin. Der Inhalt und zugleich die zweifellose Gewißheit der aposto- lischen Verkündigung ist der lebendige Christus, welchen der Apostel mit eignen Augen gesehn, mit eignen Ohren gehört, mit eignen Händen betasiet hat; und der Zweck wie alles apostolischen Zeugnisses von diesem» Christo (V. 3), so auch des vorliegenden Briefes (V. 4) ist: daß in der Gemeinschaft mit Gott dem Vater und dem Herrn Jesu Christo die selige Freude der Leser vollendet werde. ,-Vollendet, ersüllt«, sagt der Apostel, denn seine Leser haben schon (vgl. V, 13. lI, 12fll.) in der Gemeinschast mit Gott und Christo jene Freude; daß dieselbe also immer reicher und gewißer sich entfalte und zur ungetrübten Vollendung auswachse, dazu soll der Brief dienen. Und zwar ist die Bedingung dieser Freude die Gemeinschast mit Gott dem Vater und Christm Es kömmt also darauf an, daß die Leser in dieser Gemeinschast befestigt werden. Das geschieht durch eine zwiefache Paraklese, welche in den beiden, nach Inhalt, Zweck und Gedankengang einander durchaus ähn- lichen Haupttheilen des Briefes enthalten ist.» Der erste Haupt- theil reicht von l, 5 bis lI, 283 der zweite Haupttheil von H, 29 bis V, 5. Beide Theile werden von einem ge- wißen, im Anfange klar ausgesprochenen und überall durch- klingenden Hauptgedankem denwir das Thema derselben nen- nen mögen, beherrscht. Diese Hauptgedanken werden sowohl durch positive Entwickelung als auch negativ, durch Polemik gegen gewisse Jrrlehrey den Lesern ans Herz gelegt; endlich wird jeder Haupttheil mit einer entsprechenden Verheißung ab- geschloßem Beide Theile aber verhalten sich zu dem Haupt- satze des ganzen Briefes »Gemeinfchaft mit Gott dem Vater xvm « Einleitung. und dem Herrn Jesu Christo-«, so, daß alle beide in eigen- thiimlicher und doch innig verwandter Weise jenen Hauptsatz ins Licht setzen. Das Thema des ersten Haupttheiles ist l, 5 ausgespro- chen: »Gott ist Licht und keine Finsternis in ihm-«. Ge- meinschast mit ihm haben (V. 6), woraus ja die selige Freude der Christen beruht (V. 3), kann also nur der, welcher im Lichte wandelt. Dieses Wandeln im Lichte, gleichwie Gott Licht ist (l, 6sll. II, 8 fll.), und das Fliehen der Finsternis, in welcher keine Gemeinschaft mit Gott sein kann (ll, 1l sll.), bildet darum den ersten Gegenstand der brieslichen Paraklesc Nachdem nämlich der Apostel, ausdrücklich sich zuriickbeziehend auf den im Eingange hingestellten Inhalt und Zweck seines apostolischen Schreibens (V. 5 verglichen mit V. Z. S. d. Ausl.), sein erstes Thema ausgesprochen (l, 5) und die innige Bezie- hung dieses Hauptgedankens »Gott ist Licht« zu uns, zu un- serer Gemeinschaft mit Gott und unter einander durch Jesum Christum unsern Heiland angegeben hat (V. 6. 7.), entwickelt er zunächst positiv, worin unser Wandel im Lichte bestehe (l, 8—l1, 11.). Hier umfaßt der Apostel sogleich nicht allein den ganzen Reichthum des christlichcn Lebens, welches von dem er- sten Momente seines sittlichen Anfanges an bis zu seiner vollen Bewährung durch die zarteste und heiligsie Bruderliebe in der Gemeinschaft mit dem Gotte, der Licht ist, beruht, sondern die klare, ruhige Rede geht auch ganz den einfachen Weg, in wel- chem das heilige und selige Leben der Christen selbst sich ent- wickelt und vollendet. Unser Wandel im Lichte, gleichwie Gott Licht ist, besteht nämlich, so lehrt der Aposteh zuvbrderst in der ausrichtigen Erkenntnis und dem demüthigen Be- kenntnis unserer eignen Siindhaftigkeit (I,8—II,2). Das Erkennen der eignen Finsternis ist der erste Strahl des Lichtes, in dem wir wandeln müßen, wenn wir mit Gott, der Licht ist, Gemeinschaft haben wollen durch Jesum Christum. Durch Jesum Christum, so sagen wir im Sinne des Apostels, denn wie die Gemeinschaft mit Gott dem Vater nothwendig zugleich die Gemeinschaft mit Christo ist (V. 3), ja diese vor- Ess- 00000000 py Inhalt des Briefes. xrx aussetzt, so erinnert der Apostel sogleich, indem V. 8 sit. sich enge an V. 7 einschließt, daß die Gewißheit der Sündenver- gebnng und der Reinigung von aller Sünde, bei dem aufrich- tigen und demiithigen Bekenntnis derselben, in Christo Jesu, unserm, ja der ganzen Welt Heilande beruht. Aber unser Wandel im Lichte, dessen erste Schritte also Erkenntnis, Ve- kenntnis, Vergebung und Vertilgung der Sünde heißen, ist ferner Halten der Gebote, Gottes, die alle beschloßen sind in dem großen Liebesgebote (1I, 3—11). Daran sehen wir, daß wir Gott erkannt haben (Il,3), daß wir ihn lieben (V.5), in ihm sind und bleiben (V. 6), kurz daß wir in der seligen Gemeinschast mit ihm stehn (vgl. l, Z. 5 sll.), wenn wir sein Wort, seine Gebote halten, wenn wir wandeln (1l,6 vgl. l, 6) gleichwie »jener», Christus, gewandelt ist; — so bricht hier wieder der tiefe sittliche Zusammenhang der Gemeinschaft mit Gott dem Vater und dem Herrn Jesu Christo (l, Z) durch. Das Vorbild des Herrn erscheint aber wesentlich als Vollen- dete Liebe (vgl. Ich. 13, 34). Liebe fordert das Gebot, welches von Anfang an als der Kern und Stern des heiligen Wandels der Christen im Lichte gepredigt ist, darum, wer in der Liebe bleibt, der bleibt im Lichte, der bleibt in der Gemein- schast mit Gott; aber Haß ist Finsternis, ist Scheidung von Gott, ist Gemeinschaft mit der Welt. So geht der Apostel zu der negativen, schon in dem Hauptfatze (I, s) ausdrücklich bezeichneten Kehrseite des Satzes »Gott ist Licht« nämlich zu dem »und keine Finsternis in ihm« über, um durch be- stimmte Polemik gegen die Finsternis der Welt und durch dringende Warnung vor gewißen gefährlichen Jrrlehren, welche die Gemeinschaft mit Gott dem Vater und dem Herrn Jesu Christo zerstören, seine Leser in jener seligen Gemeinschaft zu befestigen, und den nothwendigen Wandel der Christen im Lichte zu sichern. Und wie schon im Beginn des Briefes (l,4) vor- ausgesetzt wurde, daß die Leser in der Gottesgemeinschaft stän- den und es nur aus Vollendung ihrer Freude ankäme, so geht auch hier der Apostel von dem aus, was die Leser schon ha- ben (V. 12——14). Hierauf beruht die lebendige Macht dieser b di( xx Einleitung. apostolischen Paraklese, deren Pertinenz durch die einzelnen persönlichen Beziehungen noch bedeutend gehoben wird. "Des- halb schreibe ich Euch und warne Euch vor der Finsternis der Welt, sagt der Apostel, weil Ihr Vergebung der Sünden habt, weil Ihr den Vater und den Herrn Iesum Ehristum erkannt, die Welt und den Fürsten der Welt überwunden habt, kurz, weil Ihr alle, jung und alt, in der seligen Gemeinschaft mit dem Vater und dem Herrn steht. Fliehet also, was Euch von Ihm scheiden, was Euch das Leben, das Ihr in Ihm habt, rauben kann (V. 15 sll.), und haltet sest, was Ihr habt, bleibt in der erkannten Wahrheit, bleibt in Ihm selbst (V. 24 sll.). Liebt nicht die Welt und was in der Welt ist, denn die Welt vergeht mit ihrer Luft, wer aber Gottes Willen thut, wer also in seiner Liebe, in seiner Gemeinschast bleibt, der bleibt in Ewigkeit (V. 15—17). Liebt nicht die vergängliche Welt, das gilt zumal jetzt, da in der Erscheinung des Antichrists und seiner Gesellen das Ende der Welt schon angezeigt wird (V.18). So knüpft der Apostel seine warnende Zeichnung des antichristk schen Wesens (V. 19 sll.) an das, was er eben über die Ver- gänglichkeit der Welt gesagt hatte. Darin aber besteht das antichriftische Wesen, daß der Sohn und damit auch der Vater geleugnet (B. 22. 23.), also die selige und das ewige Leben gebende Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne (V. 24) aufgehoben wird. Bleibt Ihr also in dieser Gemein- schaft, in welcher Ihr das ewige Leben (V. 24) und fröhliche Zuversicht am Tage des Geriehtes habt (B. 28)! «— So schließt dieser erste Haupttheil des Briefes mit der Hinweisung auf die endliche, schon beginnende Entscheidung in der Parusie des Herrn. Es bedarf hier keiner weitern Andeutung, wie einfach diese Hinweisung sowohl an die letzte Warnung vor dem anti- christifchen Wesen sich anlehnt, als auch die ganze Paraklese von I, 5 an zum vollen Abschluß bringt. Auch das wird aus der Jnhaltsabgabe hervorgehn, wie der Hauptgedanke »Gott ist Licht und keine Finsternis in ihm« diesen ersten Theil des Briefes beherrscht und in seiner positiven wie negativen Durchführung und Anwendung dem bestimmten Zwecke des Briefes (I, Z. 4) dient. Inhalt des Briefes. xxt Der zweite Haupttheil des Briefes umfaßt den Abschnitt Il, 29-—V, 5. Das überall durchklingende Thema wird auch hier sogleich anfangs ausgesprochen: Gott ist gerecht (V.29), also — das ist die einfache parakletische Wendung — wer die Gerechtigkeit thut, der ist aus Gott geboren (lll,3fll. 9sll. IV, 6 sit. V, I sll.). Dem Hauptgedanken des ersten Theiles »Gott ist Licht" entspricht somit hier der Grundsatz: »Gott ist gerecht-«: und während es oben hieß, daß nur der mit dem Vater und dem Sohne Gemeinschaft habe, welcher gleichwie Gott Licht sei, im Lichte wandele, oder so wandele, wie »je- ner«, Christus, gewandelt sei (ll, 6), so wird auch hier die reiche Verheißung unserer Gotteskindschaft (ll, 29. Ill, 1—3), welche der volle Ausdruck unserer HGemeinschaft mit Gott dem Vater und dem Herrn Iesu Christo ist, davon abhängig gemacht, daß wir, wie Gott, gerecht, wie »jener«, Christus, heilig seien (III, Z. 7.). Und wie demnach im ersten Theile des Briefes gezeigt werden mußte, worin denn unser Wandel im Lichte bestehe, und wie die Finsternis der Welt zu fliehen sei, ebenso wird in dem zweiten Theile ausgeführt, was die Gerechtigkeit der Kinder Gottes, im Gegensatze zu der Un- gerechtigkeit der Kinder der Welt oder des Teufels sei. So entfaltet sich auch in diesem zweiten Theile die zwiefache, po- « sitive und negative, Sparaklese, deren beständiger Mittelpunkt jener Grundgedanke bleibt: »Gott ist gerecht, also müssen auch wir, feine Kinder, gerecht sein«; und so dient auch dieser zweite Theil jenem bestimmten Zwecke des apostolischen Schreibens (l, 3 fl.), die Leser in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne zu besestigen und so ihre Freude zu vollenden, denn diese selige Gemeinschaft ist Gotteskindschaft Aber diese Got- teskindschafh das aus Gott geboren Sein ist, wie darin einer- seits unsere selige Hoffnung und unser herrliches Erbtheil aus- gesprochen wird (IlI, Z. 3), so anderseits zugleich die sittliche Voraussetzung und Bedingung derjenigen Gerechtigkeit, aus welcher unsere Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne, unser Bleiben in Ihm, in Seiner Liebe beruht (Ill, 8. 9. 10sll. IV, 7 fll. u.s.w.). Beide Seiten des aus Gott geboren Seins, xxn Einleitung. die rückwärts und die vorwärts gerichtete, werden von dem Apostel ins Auge gefaßt. Weil wir aus Gott geboren sind, nicht aus der Welt, weil wir Gottes, nicht des Teufels Kin- der sind (weil wir Ihn erkannt haben, weil wir aus der Wahr- heit sind, weil Sein Geist in uns ist — lauter parallele Be- zeichnungen derselben sittlichen Sache), deshalb sündigen wir nicht, deshalb üben wir uns in der Gerechtigkeih deshalb hei- ligen wir uns, gleichwie Gott, unser Vater, gerecht und hei- lig istz und wenn wir uns heiligen, wenn wir die Gerechtig- keit thun, wenn wir in Ihm, in Seiner Liebe bleiben, als Seine Kinder, so getrösten wir uns unserer seligen Kindeshofk nung, zu der wir berufen sind, so überwinden wir die Welt— Versuchen wir nun genauer den ordnungsvollen Weg zu be- zeichnen, aus welchem sich die apostolische Paraklese in dem zweiten Haupttheile unsers Briefes bewegt. Nachdem der Apostel den Hauptsatz »Gott ist gerecht« ausgesprochen und sogleich, dem Zwecke seines Schreibens (I, 3 sl.) gemäß, ähnlich wie den Hauptgedanken des ersten Thei- les (I, 5. 6), nach seiner paränetischen Seite hingebogen hat, indem er sagt: ,,also wer die Gerechtigkeit thut, ist aus Gott, der gerecht ist, geboren-«: wird zuerst die vorwärts gerichtete, verheißungsvolle Seite dieser Gotteskindschaft im Auge behalten (lll, 1—2) und unter Vorhaltung der in die- ser Kindschaft (Gemeinschast mit Gott und Christo I, Z) lie- genden Hoffnung (V. Z) auf die Bedingung derselben, auf das sich Heiligen, wie ,,jener« (Christus) heilig ist, hingewie- sen. Dieses ,,sich Heiligen« aber, dieses ,,Thun der Gerech- tigkeit«, ohne welches niemand mit Gott dem Vater, der ,,ge- recht« ist (Il, 29) und mit dem Herrn Iesu Christo, der ,,hei- lig« (Ill, 3), der ,,gereeht« (Ill, 7) ist, Gemeinschaft haben oder die selige Freude (l, 4) und Hoffnung (III, Z) dieser Gemein- schaft und Kindschaft schmecken kann, dieses -sich Heiligen« oder »die Gerechtigkeit Thau« ist im Allgemeinen das Fliehen aller Sünde, die gegen Gottes heiliges Gebot ist (V. 4), setzt also voraus das Bleiben in dem, welcher unsere Sünden weg- genommen hat (V. 5. 6.). So blickt der Apostel auch hier, Jnhalt des Briefes. xxttt indem er Heiligung verlangt, sogleich auf die Voraussetzung derselben, die Rechtfertigung, zurück. Indem er aber (V. 7) die Erörterung H, 29 sit. abschließend den paränetischen Grund- gedanken positiv hinstellt: »wer die Gerechtigkeit thut, der ist gerecht, gleichwie jener (Chrisius) gerecht ist«, blickt er auch auf die Kehrseite der Sache (V. 8fl.), stellt warnend den Gottes- kindern die Kinder des Teufels entgegen und bezeichnet so auch schon hier im Allgemeinen die negative Tendenz seine Para- klese. Denn ganz wie im ersten Theile des Briefes wird auch in unserm zweiten Theile der im Anfange hingestellte und zu- erst (bis lll, 10) im Allgemeinen entwickelte Grundgedanke nach seiner positiven und der entsprechenden negativen Seite hin entfaltet. Der 10. Vers rundet zuerst (V. Wer) die vor- läufig» allgemeine Bewegung, in welche der Hauptgedanke H, 29 eingegangen war, ab, und bildet dann (V.10l)) den Über- gang zu der genau ern Schilderung der Gerechtigkeit, welche den Kindern Gottes eigeuthümlich ist. Hierin, sagt der Apo- stel, in dem Thun entweder der Gerechtigkeit, wie Gott gerecht ist, oder der Sünde, sind offenbar die Kinder Gottes und die Kinder des Teufels. Jeder, so fährt er fort, indem er das gewonnene allgemeine Resultat noch einmal ausspricht und dann sogleich specialisirh jeder der nicht Gerechtigkeit thut, ist nicht aus Gott »und wer nicht liebt feinen Bruder-«. Also die Gerechtigkeit der Gotteskinder ist Bruderliebe (V. 11—18), während der Bruderhaß das ebenso wesentliche Kenn- zeichen der Teufelskinder ist. Jene Liebe, welche also die Ge- rechtigkeit der Kinder Gottes ist, zeigt uns, daß wir wirklich aus Gott sind, daß wir »aus der Wahrheit« sind (V. 19), so daß wir getrosie Zuversicht (B. 20 sc. Vgl. V. 3. II, 28. I, 4) zu Gott unserm Vater haben und deshalb auch der Erhörung unsers Gebetes, das wir im Kindesglauben und Kindesliebe sprechen, gewiß sind (V.21sl.), wir, die wir seine Gebote hal- ten und also in Ihm bleiben und Er in uns (V.24), kurz die wir durch das Thun der Gerechtigkeit uns als seine Kinder darstellen und in seiner Gemeinschaft Cl, 3) bleiben. Indem » aber der Apostel als das gewiße Zeichen dieses Bleibens in xxxv Einleitung. Gott, dieser seligen Gemeinschaft der Kinder Gottes mitdem Vater, den Geist nennt, welchen Er unszzsgegeben hat (B.24), wird er (1V,1fll.) darauf geführt, wie eå"j;»,«-j15fll. die Finster- nie de: Wert dem Lichte, in werchem die Cizeisteu wendet« sol- ien, entgegenstellte, so hier dem heiligen Geiste, welcher die Kin- der Gottes ihrer seligen Gemeinschaft mit dem Vater und dem Herrn Jesu Christi versichert, den falschen Geist, welcher nicht aus Gott, sondern von der Welt ist, den Geist des Wider- christs, gegenüberzusetzen (IV, 1—6). Auch dieser kleine Ab- schnitt wird durch eine ganz ähnliche zusammenfaßende Formel, wie wir in der ersten Hälfte von IlI, 10 fanden, abgeschloßem ,,hieraus erkennen wir den Geist der Wahrheit und den Geist des JrrthunisC Nun folgt aber (V. 7 fll.) eine weitere posi- tive Schilderung des Wesens derer, welche aus Gott geboren sind (vgl. II, 29). Dasselbe ist Liebe; und zwar gründet sich erstlich unsere Liebe, sowohl zu Gott (V. 7 fll.) als unter ein- ander (V. IT) darauf, daß Gott, der die Liebe ist, uns zuerst geliebt und uns seinen Sohn gesandt hat (V. 7——21)z zwei- tens aber muß unsere Gotteskindschaft darum in der Liebe zu den Brüdern stch erweisen, weil auch sie gleich uns aus Gott geboren sind (V, 1—-5). Unsere Bruderliebe ist der Ausfluß der Liebe, welche wir als Kinder Gottes zu dem Vater haben, der uns zuerst geliebt hat, indem er den Sohn uns gegeben hat. So erscheint also der Glaube an diesen Sohn (,,die Gemeinschaft mit dem Herrn Jesu Christo« I, Z) als der tiefste Grund unserer Liebe zu Gott (IV, 7 fll.) und- unter einander (V,1fll.), als das wesentliche Kennzeichen derer, die aus Gott geboren sind, im Unterschiede von denen, die von der Welt sind (IV, 1-«-6), als die Bedingung des Lebens (IV, 9. Vgl. V, 13. I, Z. 4), der seligen Zuversicht (IV, 14fll.) des Sieges über die Welt (IV, 4. V, 4 sl.). So zieht sich die Paraklese des Apo- stels, welcher die Gemeinschaft mit Gott dem Vater und dem Herrn Iesu Christo und in derselben die Freude (I, Z. 4), das Leben (V, 13), die Zuversicht (II, 28. III, U· IV, 17), die Kindeshoffnung (IIl, 1 fll.) der Leser immer fester und reicher machen will, allmälig immer mehr gerade auf den einen Punct, Inhalt des Briefes. xxv gegen welchen die antichristliche Lüge anläuft, zusammen: den rechten Glauben an den Herrn Jesum Christum, der im Fleische erschienen ist (V, .«-:j:»Auf dem Glauben an diesen Herrn ruht die Gerechtigkeit derer, die aus Gott geboren sind, gleichwie umgekehrt das antichristische Wesen der Weltkinder in der Leug- nung des im Fleische erschienenen Sohnes Gottes bestehtz denn jener Glaube wirkt sich aus in Gerechtigkeit und Heiligung, wie Gott der Vater und der Herr Jesus Christus gerecht und heilig sind, weil wir, geboren aus und bleibend in der Liebe, mit der uns Gott in Christo zuerst geliebt hat, seine Gebote halten, nämlich Liebe üben gegen Gott und gegen die Brü- der. — So erkennen wir einerseits den einfachen, durch die Sache selbst gegebenen Parallelismus, in welchem der zweite Theil des Briefes zu dem ersten steht, anderseits aber auch, wie beide Theile gleicherweise dein Zwecke des ganzen Schrei- bens dienen. Die Gerechtigkeit derer, die aus Gott, der ge- recht ist, geboren sind, ist nichts Anderes als das Wandeln im Lichte, wie Gott Licht ist: Halten der göttlichen Gebote, die eigentlich alle in dem Liebesgebote zusammenlaufen (lII, 22 fl. Vgl. il, 7 fl.). Dieses heilige und selige Leben hat aber seinen Grund und seine Quelle in dem rechten Glauben an den im Fleische erschienenen Gottessohm Also beruht auf un- serer Gemeinschaft mit diesem, unserm Herrn, unsere Gemein- schaft mit dem Vater und unter einander (1, 3. 7. H, 23. lIl, 23. IV, 7fll.) und deshalb unsere Freude (I, 4), unsere Zuver- sicht (ll, 28), unsere Hossnung (lIl, 3), unser Leben (lll, 15. V, 13. Vgl. I, 2), unser Sieg über die Welt (ll, 15 fll. III, 7 fll. V, 5). Mit V, 6 beginnt der Schluß des Briefes, wel- eher in seinen beiden Gliedern, V. 6—12 und V. 13——21, den Gedankengang des Schreibens zum vollen Abschluß und so zu sagen zur Ruhe bringt. Wenn nämlich die apostolische Paraklese, deren Summe heißt: Jesus ist der Sohn Gottes (V, 5), darin ihre unzweifelhafte Gewißheit hat, daß sie, wie im Eingange des Briefes (I,1sll.) mit großem Nachdruck gel- tend gemacht war, aus der unmittelbaren Augen- und Ohren- zeugenschast des Schreibers beruht, so berust sich jetzt (V.6— xxvt Einleitung. 12) der Apostel auf ein anderes, nicht minder sicheres Zeug- nis, auf die unmittelbare Heils- und Lebenserfahrung der Le- ser selbst (V. 11). Zwischen den beiden« einander entsprechen: den Zeugnissen hängt gleichsam der Brief mit allen seinen Lehren, Mahnungen und Warnungen. Das letzte Zeugnis für die eine, das ganze christliche Heil und Leben tragende, gegen jede Lüge zu schirmende Wahrheit, daß Jesus der Christ, der Sohn Gottes ist, ein Zeugnis, welches vom Standpunkte der Leser aus nicht weniger gilt, als das erste (l, I fll.) vom Standpunkte des Apostels aus, ist ein dreifaches: Waßer, Blut und Geist, d. h. die Taufe, welche die Leser empfangen, die Versöhnung, welche sie erfahren haben, und der heilige Geist, der ihnen mitgetheilt ist (V. 6—8). Dies Zeugnis ist ein Zeugnis Gottes selbst für feinen Sohn (V. 9). Wir haben und empsinden aber nur im Glauben an den Sohn Gottes (V. 10) dies Zeugnis, dessen wesentlicher Gehalt das ewige Leben ist (B. l1), welches ja in Christo durch Waßer, Blut und Geist uns gegeben wird; also: »wer den Sohn hat, der hat das Leben« (B.12) — Jesus ist der Sohn Gottes. So- mit ist das im Anfange (I, 3 fl.) bezeichnete Ziel der apostoli- schen Paraklese erreicht (»ich habe geschrieben« B.13): auf der Gemeinschaft mit dem Herrn Jesu Christo, dem Sohne Gottes, beruht unsere Gemeinschaft mit dem Vater und unter einander, beruht unsere Freude, weil wir im Glauben an den Sohn Gottes das ewige Leben haben. —- Wie aber die beiden Haupttheile des Schreibens damit abgeschloßen wurden, daß der Apostel seine Leser auf die fröhliche Zuversicht am Tage des Gerichtes (ll, 28) und auf den Sieg über die Welt (V, 5), kurz auf das ewige Leben in der Gemeinschaft mit Gott und Christo hinwies, so legt er auch am Schluße des ganzen Brie- fes (V. 14 fll.), nachdem er V.13 die Summe desselben in ei- nem kräftigen Spruche zusammengefaßt hat, den Reichthum des ewigen Lebens, welches wir im Glauben an Christum haben, noch einmal genauer auseinander, und zwar hebt er, wie schon III, 21 sit. geschehn war, unsere Zuversicht der Gebetserhörung hervor (V. M. 15). Das giebt, wie es am Schluße eines Darsiellungsweise des Briefes. xxvtt wirklichen Briefes so natürlich ist, Veranlaßung, eine beson- dere Sache, die Fürbitte für die siindigenden Brüder unter das rechte sittliche Gesetz zu stellen(V. 16.17). Nur für solche Brüder kann und darf Fürbitte geschehn, welche nicht zum Tode ständigen, welche also nicht gänzlich aus der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Herrn Jesu und der Gemeinschaft der Brüder unter einander ausgeschieden sind (Vgl. H, 19); denn nur solange sie noch Glieder an dem einen Leibe sind, kann ihnen auch durch den lebendigen Dienst der übrigen Glieder neue, gesunde Lebenskraft von dem Haupte zuströmen Hat somit der Apostel, überall im Anklange an das vorher Ge- schriebene, den äußersten Gegensatz von Licht und Finsternis, von Gott und Welt, von Leben und Tod wiederum berührt, so beruhigt er (B. 18——20) auch wieder seine Leser, indem er sie hinweist aus ihre Geburt aus Gott; denn das wißen sie ja, wer aus Gott geboren ist, der sündigt nicht, den tastet der Arge, der in der Welt herrscht, nicht an. Sie erkennen ja, nämlich in Christo, den wahrhaftigen Gott, der auch für sie das ewige Leben ist. So drängt sich denn (V.21) das war- nende Schlußwort hervor: Kindlein, hütet Euch vor den Abgötternl §. Z. Darstellungsweise des Briefes. Soviel geht sogleich aus der eben gegebenen Skizze des Briefes hervor, daß derselbe nichts weniger als eine ordnungs- und zufammenhangslose Schrift ist. In dieser Hinsicht erscheint also die schon erwähnte Bermuthung des Episcopius, daß der Text durch fremde Zusätze und willkührliche Auslaßungen verderbt sei, ebenso grundlos als die Meinung derer, welche wie S. G. Lange (Die Schriften Johannis Z. Theil. Die drei Briefe Joh. Beim. 1797), Eichhorn (a. a. O. S.v308), Ziegler (a. a. O. S. 264 f1l.) u. a. aus der Ordnungslosig- keit des Briefes die Alterschwäche des Berfaßers, der bald ei- nen angeregten Gedanken planlos abbreche, bald in das »ewige Einerlei eines alten Mannes« versalle, erkennen wollten’«). «) Auch Baur (Tüb. Fahrt-» 1848. S. 310) bezeichnet diese Bemer- xxmt Einleitung. Jn diesen verkehrten Urtheilen liegt jedoch die von vielen äl- tern und neuern Auslegern ausgesprochene Wahrheit, daß die Darstellungsweise des Briefes ebenso oft aphoristifch als pa- lillogifch erscheine, daß der Verfaßer den Zusammenhang und Fortschritt der Gedanken» bald nur leise andeute, bald aber auch bei gewißen Sätzen Verweile und zu denselben gern zu- rückkehrr. Mit Recht findet Lücke in dieser Eigenthümlichkeit der Darftelltcngsweise die Sprache des Gefühls, den Ausdruck des johanneifchen Gemüthes Die johanneifche Art, sagt er, ift mehr die des contemplativen Gemüthes, welches gern von dem Besonders: ins Allgemeine, von dem Verfchiedenen auf die zum Grunde liegende Einheit, von dem Äußern ins Jn- nere zurückgehend in gewißen Grundanschauungen von dem christlichen Wesen sich befriedigt fühlt. Aus der gemüthlichen — oder, wie E. Reuß (die Johanneische Theologie. Vgl. die (Straßburger) Beiträge zu den theol. Wissensch. Bd. l. Im. 185l. S. 6 fll.) trefflich entwickelt, der ntystifchen — Ei- genthümlichkeit des Verfaßers begreift daher Lücke die tiefe Jnnigkeit und die lebendige Einfalt, womit gewiße Grund- gedanken bald fortfchreitend entwickelt und angewendet, bald wiederholt und eoncentrirt werden, die Klarheit leichtfaßlicher und ausgeführter Gedanken, und daneben jene inhaltsreiche Dunkelheit und schwierige Kürze, durch welches alles ebenso wohl der einfache, Erbauung suchende Leser als der gelehrte Schriftforscher befriedigt und gefesselt werde (a. a. O. S. 53). So treffend uns aber auch diese Bemerkungen Lückes über die johanneische Eigenthümlichkeit im Allgemeinen erschei- nen, glauben wir doch, daß es für das lebendige Versttindnis unsers Briefes nothwendig ist, noch bestimmter und concreter die charakteriftischen Kunstregeln, wenn wir so sagen dürfen, kung als eine nicht unrichtigez aber während die obengenannteuKritiker dem alten Johannes dasjenige zugute halten, was ihnen den Vergleich mit dem Evangelium nicht auszuhalten scheint, und deshalb die Authentie des Brie- fes immerhin behaupten, findet Baur in dem »weichlichen« ins Unbe- ftimmte zerfließenden, in steten Wiederholungen sich ergehenden, der logischen Energie ermangelnden Tone des Briefes die Spur« eines ungefchickten Fälfchers Darstellungsweise des Briefes. xxxx auf welchen die eigenthiimliche Bewegung der johanneischen Gedanken und die besondere Gestaltung dieses apostolischen Schreibens beruht, ins Auge saßen. Wir ftiitzen uns dabei auf die oben versuchte Darstellung des Inhaltes und der Dis- position des Briefes. Wir werden die eigcnthiimliche Entwickelungs- und Dar- stellungsweise unseres Briefes mit einem Worte kso bezeichnen können, daß hier die Gedanken nicht, wie in den paulinischen Briefen, in einer stetig fortschreitendem auf ein festes Ziel gleichsam gerades Weges hineilenden dialektischen Bewegung er- scheinen, sondern vielmehr um gewiße Hauptsätze wie um Halt- und Mittelpunkte sich bewegen, zusammenfchließen und abrun- den. Die lebendige Dialektik der johanneischen Gedanken geht, so zu sagen, mehr in eine kreisförmige Bewegung ein. Der- selbe Gedanke wird wiederholt von verschiedenen Seiten ange- schaut, in Verwandte Gedanken umgesetzt und auf diese Weise in neues Licht gestellt, in Salz und Gegensatz entwickelt, wo- bei der Gegensatz sich gern wieder zum Satze zusammenschließt (l, 6 fl. 8 fl. H, 9 fl. u. s. w.). So rundet die Rede sich ab (ll, 5. 26. Hi, 10. IV, 6), so entstehen kleine Gruppen von Gedanken, die alle um einen Mittelpunkt sich drehen, alle aus denselben Hauptgedanken hinsehen, ihm dienen und von der- selben Peripherie umschloßen erscheinen. Deshalb ist der Ber- faßer feinem Hauptsatze immer gleich nahe und dieser kann immer völlig ungezwungen durchklingen; die fortschreitende Rede biegt sieh gleichsam von selbst auf ihren Mittelpunkt zurück. Faßen wir den Brief nach der oben beschriebenen Gliede- rung desselben ins Auge! Da ist ein Hauptgedankh der den ganzen Brief zusammenhält, seinen Inhalt und Zweck bestimmt, nämlich die Gemeinschaft mitGott dem Vater und unserm Herrn Jesu Christo, worin unsere Freude vollendet wird, oder der rechte Glaube an den im Fleische erschienenen Sohn Got- tes, in dem wir die Welt überwinden, in dem wir Zuversicht, in dem wir das ewige Leben haben. Jener den ganzen Brief tragende Gedanke wird aber in zwei großen Gedankenkreisem den beiden Haupttheilen des Briefes, genauer ausgeführt. xxx Einleitung. Beide Haupttheile sind nach ihrer ganzen Organisation unter einander wiederum ebenso innig verwandt, als sie zusammen sich um einen und denselben Grundgedanken bewegen. Jst Gott Licht, so beruht unsere selige Gemeinschaft mit ihm dar- auf, daß wir im Lichte wandeln; ist Gott gerecht, so stellen wir uns dann als Kinder Gottes, die in seiner Liebe, in ihm selber bleiben, dar, wenn wir die Gerechtigkeit thun. Unser Wandel im Lichte aber wie unsere Gerechtigkeit heißt Liebe, gleichwie Gott Liebe ist, gleichwie Christus in der Liebe ge- wandelt ist, aus Liebe wahrhaftig im Fleische erschienen ist, aus Liebe sich für uns dahingegeben hat. Und wie die Fin- sternis der Welt, die keine Gemeinschaft mit Gott, der Licht ist, haben kann, den Sohn leugnet und die Liebe verleugnet, so stellt sich auch die Ungerechtigkeit der Kinder der Welt in dem Haße dar, welcher die Brüder tödtet, weil die Liebe zu den Brüdern nicht da sein kann, wo die Liebe Gottes in Christo nicht erkannt und das ewige Leben nicht geschmeckt wird. Jn dieser einfachen, nicht mit strenger Dialektik vorwärts- schreitenden, sondern gern verweilenden, auch eine Wiederho- lung nicht scheuenden, in kleinen Kreisen mit einfältiger Liebe sich beschränkenden Weise der Entwickelung und Darstelliing redet das Herz eines Kindes, oder vielmehr das tiefe Gemüth eines Mannes, welcher, in der ganzen reichen Bedeutung des Wortes, als ein Kind in das Reich Gottes eingetreten ist und, weil er selbst darin selig ist, nun auch seine Brüder immer weiter hineinsühren möchte, daß sie sich mit ihm freuten. Denn man kann nicht sagen, ob uns aus dem Briese mehr die kunst- lose Naivetät eines kindlichen Gemüthes, oder die ernste Hoheit eines tiefsinnigen Mannes entgegentritt, weil hier in der That beides in der innigsten Verbindung erscheint Jn dein Briese wird die christliche Wahrheit, die ja nicht bloß eine dialekti- sche, sondern wesentlich eine sittliche, durch und durch leben- dige ist, mit der ganzen Jnnigkeit und Sinnigkeit eines rei- chen, »contemplativen« Gemiithes und in der Unmittelbarkeit der seligen Erfahrung erfaßt. Die Wahrheit ist erlebt. Das was hier -Erkennen, Glauben» heißt, ist ein sittliches Sein Darsiellungsweise des Briefes. xxxt und Besitzen, ist in srch selbst Liebe, Friede, Freude, Zuver- sicht, ewiges Leben. Die Gemcinschaft mit Gott und Christo und die Gemeinschaft der Christen unter einander im Glauben und in der Liebe ist eine wahrhaft persönliche, durchaus reale, mit dem Theosophen Oetinger zu reden, eine leibhaftige. Dies ist der Grund, weshalb unser Brief einerseits dem einfachsten Leser, wenn nur sein Herz eine Erfahrung von der christlichen Heilswahrheit hat, unmittelbar verständlich, anderseits aber auch dem tiefsten christlichen Denker unergründlich, beiden aber gleich lieb und erquicklich erscheint. Gerade in der Weise, wie der Berfaßer unsers Briefes das christliche Leben, Glauben, Lieben in seinem tiefsten Grunde und in seinem unendlichen Reichthutn erfaßt, zeigt sich in ganz besonderer Klarheit, daß die Thorheit Gottes alle Weisheit der Welt zu Schanden macht; denn was in unserm Briefe mit sast spielender Leichtigkeit oder wenigstens mit der völlig kunstlosen Einfalt eines Herzens, das in der wirklichen Lebensgemeinschaft mit dem Herrn alle Schätze der göttlichen Weisheit besitzt und in der heiligen Sorge der Liebe inittheilt, und was hier mit der stegreichen Zuver- sicht und der freudigen Gewißheit der unwidersprechlichen Wahr- heit über den Quell und das Wesen des christlichen d. h. seli- gen, ewigen Lebens gesagt ist, das ist unendlich viel mehr, als alle Weisheit der Welt zuhauf jemals erreichen kann, und auch mehr, als selbst die christliche Weisheit je ausdenken und ergründen kann. Aber so reich und so erhaben der Inhalt des Briefes ist, ebenso milde und traulich fchtnicgt er sich auch an unser Herz. Das ist die Kraft der heiligen, demüthigen und sanftmüthigen Liebe, welche Johannes von dem gelernt hat, in welchem des Vaters Liebe wahrhaftig erschienen ist (lV, 9 sll.). Jung und alt ruft er als seine Kindlein zu sich, mit sich zum Herrn; seine Brüder, seine Geliebten ermahnt er immer wieder zu der Liebe, die aus Gott ist. Der Brief selbst ist nichts Anderes als eine That dieser heiligen Liebe. Daher der liebliche, lo- ckende Ton der Rede, die freundliche Gestalt, die herzgewim nende Bewegung des Ganzen; denn die Liebe, welche diesen xxxit Einleitung. Brief geschtkebetl hat, ist nur der aus eines Menschen, näm- lich eines Apostels Herzen wiederklingende Ruf der Liebe Got- tes, die uns in Christo erschienen ist, um uns zu dem ewi- gen Quelle der Liebe, der Freude und des Lebens selber zu führen’«). » §. 4. Zweck und Veranlaßung des Briefes. Angeb- liche äußere Verbindung mit dem johanneischen Evangelium. Der Briessteller selbst hat den Zweck seines Schreibens mit klaren Worten ausgesprochen. »Dies schreiben wir Euch, sagt er l, 4, damit Eure Freude vollkommen sei «; und am Schluße (V, 13) heißt es noch bestimmter, der Brief sei ge- schrieben, damit die Leser erkennen sollten, daß sie im Glau- ben an den Sohn Gottes das ewige Leben haben. Der Zweck unsers Briefes ist also im Wesentlichen derselbe, wie in allen apostolischen Schriften, namentlich ist der Zweck des johannei- schen Evangeliums mit fast denselben Worten bezeichnet (Joh. 20,3l). Unser Brief setzt Leser voraus, welche schon im Glau- ben an den Sohn Gottes stehn, welche also in der Gemein- schaft mit dem Vater und dem Sohne die Freude und das ewige Leben, welches in jener Gemeinschaft ist, schon haben, so daß es nur darauf ankömmt, den Glauben derselben zu befestigen und zu stärken, die Erkenntnis zu fördern, die Liebe anzufachen und so die Freude zu mehren und zu vollenden. Der Grund und Halt des ganzen chxristlirhen Wesens ist aber der wirkliche Christus, der im Fleische erschienene Gottessohnz dieser erscheint daher um so mehr als der concrete Zielpunkt «) Jn diesem Sinne siinunen wir ganz den schönen Worten Ewalds (a. a. O. S. 177) bei, welcher von der »ungetrübten, himmlischen Ruhe« die in dem Briefe liegt, sagt: «es scheint nicht sowohl alsob nur ein Vater zu seinen geliebien Kindern, sondern als ob ein Verklärter aus der höhern Welt zu Menschen rede. Die Lehre von der ruhig thätigem alles unermüdet ver-suchenden, nie sich erschöpfenden himmlischen Liebe hat nirgends in einer Schrift sich selbst so vollkoiiimen bewährt wie in diesen« Man kann sagen, daß die eigenihümlichh liebliche Schönheit des Briefes darauf beruht, daß uns aus demselben überall der wirkliche, lebendige Christus so recht deutlich und freundlich entgegentritt. Zweck und Beranlaßung des Briefes. xxxin des ganzen Briefes, als es gilt, vor der antichristischen, ge- rade gegen diesen Grundpseiler der christlichen Wahrheit ge- richteten Lüge den Glauben der Leser zu schirmen. Bei Christo, in ihm sollen die Gläubigen erhalten, immer völliger in seine Gemeinschaft durch den Glauben und die Liebe geführt wer- den; denn wer den Sohn hat, der hat auch den Vater und deshalb das Leben mit aller seiner Freude. Darum erinnert der Apostel so oft nnd herzlich an das, was seine Leser in dem reinen Glauben an den Sohn Gottes haben (ll, 1 fll. 12sll. 21. 27 sl. M, 14· 24. W, 4sll. 15. V, 5. 6 sll.), des- halb lauft alle Warnung darauf hinaus, sich vor der Welt, insbesondere vor der antichristischen Lüge zu hüten (II, 15 sll. Hi, 5sll. W, 1sll. V, I. 12. 20 fl.). Denn wie der Christen Glaube, Liebe, Erkenntnis, Lichtj Gerechtigkeit, Zuversicht, Freude und Leben in Christo wurzelt, so beruht auch der Welt Finsternis, Lüge, Haß, Ungerechtigkeit, Furcht und Tod darin, daß sie den wirklichen Jesus Christus, den im Fleische erschie- nenen Sohn Gottes nicht glaubt und nicht hat. So fühlt man es an der ganzen Haltung des Schreibens, welches von vorn herein auf die lcibhastige Offenbarung des Sohnes Got- tes, als des persönlichen Trägers des ewigen Lebens, sich grün- det, an dem überall um diesen wirklichen, im Fleische ersahie- nenen Jesus Christus gedrängten Lehrgehalte, an der immer wiederkehrenden, mit der Verheißung des ewigen Lebens ver- bundenen Mahnung zum treuen, liebevollen Glauben an die- sen Christus, und an der so häufig hervorbrechenden Warnung vor der Lüge derer, welche, indem sie den rvirklichen Christus leiignen, sich selbst vom Vater und dem Sohne scheiden und um das ewige Leben betrügen, man fühlt es dem allen an, daß der Apostel die besondere Beranlaßung zu seinem Schrei- ben eben in dem Auftreten jener den Glauben, die Freude, das Leben seiner Kindlein gefährdenden antichristischen Lüge gefunden hat. Mit welchem historischen Namen auch jene Irr- lehre zu bezeichnen sein mag, hier Sinügt es, darauf hinzu- weisen, wie gerade deshalb der ganze Brief sich um den wirkli- chen Christus dreht, rvelchen der Apostel gesehn und betastet hat, c Erst-m« csav xxxtv Einleitung. welcher für das Leben der Welt gestorben ist, und welcher das ewige Leben allen giebt, die im Glauben und in der Liebe mit ihm und dem Vater Gemeinschaft haben, weil dieser Chri- stus den Lesern geraubt werden sollte. Um den Zweck des Briefes zu verstehn brauchen wir also nicht über ihn selbst hinauszublicken und, wie einige Gelehrte gethan haben, irgendeine äußere Verbindung desselben mitdem Evangelium des Johannes zu statuiren. Abgesehn nämlich von der ganz wunderlichen Vermuthung M.Lilienthals (select. hist. et litt. c0nt. obs. IV. bei Lücke, S. 41), daß unser Brief urspriinglich ein Begleitschreiben aller vier Evangelien gewesen sei, habensowohl Heideggey Berger und Storr (vgl. Baumgarten-Erusius), welche den brieflichen Cha- rakter des Schreibens leugneten, als auch solche Gelehrte, welche die briesliche Art anerkannten, wie J. Chr. W. Augusti (die katholischen Briefe. Thl. 2. Lemgo 1808. S. 184 sll.) und J. L. Hug (Einl. in die Schriften des N. T. ThL Z. Tüb.1808. S. 172 sll. Vgl. auch J. H. A. Ebrard, Wissenschaftl Kritik der evangel. Gesch. Franks. 1842. S.1010, und gegen ihn F. Bleek, Beiträge zur Einl. und Ausleg d. heil. Schrift. Bd l. Beitr. zur Evangelien-Kritik. BerL 1846 S. 80), einen ge- wißen äußeren Zusammenhang zwischen unserm Briefe und dem johanneischen Evangelium angenommen. Jene nennen den Brief den »zweiten, theologisch-moralischen« Theil, welcher dem »er- sten, historischen Theile der ganzen Abhandlung« entspreche und denselben praetisch ergänzez diese haben ähnlich geurtheilt. So nennt Hug unsern Brief -eine Dedication, ein Zueignungs- und Begleitungsschreibew des Evangeliums. Er meint, was im Eingange (1, 1 sll.) als Inhalt der apostolischen Verkün- digung bezeichnet werde, sei nicht sowohl in unserm Briefe, als vielmehr in dem Evangelium enthalten; die so angedeutete Verbindung beider Schriften sei ferner dadurch indicirt, daß der Brief so oft von dem rede, was den Lesern schon geschrie- ben worden sei (.s«z-paix«x. II, 14. 21. 26). Wer fängt denn einen Brief zu schreiben an, meint Hug, und sagt nach den ersten Zeilen: »ich habe Euch geschrieben «? Der Briefsteller Ursprung des Briefes. xxxv rede aber wirklich von einem schon fertigen Aufsatz« von dem beifolgenden Evangelium. In demselben Sinne hat Augusti unsern Brief »ein Begleitungsschreibety eine Beilage des Evan- geliums, die nicht bloß ein Sprolegomenom sondern auch eine Anakephaleose desselben sei-«, genannt. Mit Unrecht, denn es fehlt in dem Briefe jede ausdrückliche Beziehung aus das Evan- gelium, welche auf das angebliche Verhältnis beider Schriften hiudeutetez das mehrmalige Zypern-a hat innerhalb des Briefes und in der Rücksicht auf die Leser, welche mit dem vollende- ten Briefe in Händen vorgestellt werden, seine volle Erklä- rung und der I, 1 fll. bezeichnete Grund und Inhalt aller apostolischen Predigt ist der Mittelpunctauclj unseres Briefes, welcher in jeder Hinsicht völlig selbständig und in sich abge- schloßen dasteht. Das richtige Moment in der Annahme einer äußern Verbindung zwischen unserm Briefe und dem Evange- lium des Johannes beruht auf der innern Berwandtfchast der beiden Schriften; denn man muß von denselben urtheilen, was Hieronymus in Beziehung auf den zweiten und dritten Brief des Johannes sagt, daß sie wie Kinder eines Vaters einan- der ähnlich sehn. §. 5. Der Ursprung des Briefes· Bislang haben wir unsern Brief in der Voraussetzung, daß derselbe von dem Apostel Johannes geschrieben worden sei, betrachtet, indem wir zugleich voraussetztem daß auch das vierte Evangelium von dem Apostel geschrieben sei, welchen die ge- sammte christliche Kirche als Verfaßer desselben nennt. Beide Schriften stehen und fallen mit einander; denn wenn wir auch jede äußere Verbindung des Briefes mit dem Evangelio leug- nen mußten, so betrachten wir doch die Anerkennung der eng- sten innern Zusammengehörigkeit der beiden Schriften als die Grundbedingung jeder weitern kritischen Untersuchung derselben. Man mag darüber streiten, ob der Brief oder das Evange- lium für das ältere Werk zu halten sei, und ob beide Schrif- ten von dem Apostel Johannes oder von einem andern Ver- faßer herrühren, aber daß unser Brief von einer andern Hand geschrieben worden sei, als das vierte Evangelium, hätte bil- xxxvt Einleitung. ligerweise nicht behauptet werden sollen. Man kann auch an diesem Punkte den Fortschritt der negativen Kritik wahrneh- men. Die ältern Kritiker, welche die johanneische Authentie unsers Briefes bestritten, setzten entweder ausdrücklich voraus, daß der Brief von dem Verfaßer des vierten Evangeliums ge- schrieben sei — so Bretschneider, der angesehenste Wort- führer der ältern Kritik, welcher z. B. argumentirtq das vierte Evangelium könne nicht von dem Apostel Johannes herstam- irren, weil ja der Verfaßer selbst in dem zweiten und dem dritten Briefe sich einen Presbyter nenne, und H. E. G.Pau- lus (Die drey Lehrbriefe von Johannes. Wortgetreu mit er- läuternden Zwischensätzen übersetzt und nach philologisrl)-notio- logischer Methode erklärt. Mit eregetischckirchenhistorischen Nach- weisungen über eine sittenverderbliche, magifch-parthische Gnosis, gegen welche die Briefe warum. Heidelb 1829) —- oder, wenn sie wirklich, wie S. G. Lange und Eludius, einen Zweifel hegten, ob beide Schriften von derselben Hand verfaßt seien, so blieb ihnen doch der entgegengesetzte Augen- schein so einleuchtend, daß sie die vermeintlichen Jncongruem zen lieber auf die Rechnung eines spätern Überarbeiters setzten (Eludius) oder aus der Altersschwäche des Johannes erklär- ten, also doch die johanneische Authentie des Evangeliums wie des Briefes festhielten (Lange). Der Einzige, rvelcher nicht allein das Evangelium dem Johannes absprach, und überhaupt die Unächtheit der meisten Schriften des neuen Testamentes verkündigte, sondern auch unsern Brief einem von dem Evan- gelisten verschiedenen Verfaßer zuschrieb, war G. K. Horst (Liißt sich die Echtheit des Johann. Evang. aus hinlängL Grün- den bezweifeln, und welches ist der wahrscheinL Ursprung dic- ser Schrift? Vgl. Museum für Religionswissenschaft von Henkr. Bd. I. I. Magdeb. l803. S. 66. 87); dieser hat aber seine nur beiläusige Bemerkung mit keinem Grunde gestützt. Auch die »neueste Kritik-«, d. h. die von F. Chr. Baur in Tiibin- gen und seinen Schülern geübte, hat sich anfangs zu der An- sicht bekannt, daß unser Brief von dem Versaßer des vierten Evangeliums geschrieben sei. K. R. Köstlin (Der Lehrbegriff Ursprung des Briefes. xxxvil des Evangeliums und der Brief: Johannis Berl.1843. S. 1 fll. 26 fll.) hat dies sorgfältig zu erweisen gesucht, ohne sich über die Authentie der johanneischen Schriften bestimmt auszuspre- chen. W. Geo rgii (Über die eschatologischen Vorstellungen der neutestainentl Schriftsteller. Theolog Jahrb. Tiib. 1845. S. 9) setzte, indem er die Unächtheit des Evangeliums und der Briefe des Johannes aussprach, die Abfaßung aller dieser Schriften von einem und demselben Schriftsteller voraus. Aber schon E. Zeller, welcher noch in seinen Beiträgen zur Einleitung in die Apokalypse (Theol. Jahrb. 1842. S. 656 fl. 706) we- nigstens der Apokalypfe gegenüber die »übrigen johanneisehen Schriften« zusammengefaßt hatte, deutete in seiner Necension des Köstlinschen Werkes (Theol. Jahrb· 1845. S. 78) und in einer Abhandlung, in welcher er die äußern Zeugnisse über das Dasein und den Ursprung des vierten Evangeliums (Eben- das. 1845. S. 588) uniersuchte, darauf hin, daß der erste jo- hanneische Brief einen andern Bersaßer haben könne, als das vierte Evangelium. Dieselbe Vermuthung finden wir bei K. Planck (Judenthum und Urchristenthum Theol. Jahrb.1847. S. 468 fl. 473). Je zuversichtlicher aber die Zweifel an der Authentie des johanneischen Evangeliums wurden, undsje mehr man ansing, unsern ersten Brief, auch mit Herbeiziehung des zweiten und dritten, einer besondern Kritik zu unterwerfen, nicht mehr nur gelegentlich bei der Bentilirung der »johannei- schen Frage« zu berühren — wie z. B. F. E. A. Schweglesr in seinen Werken über den Montanisinits (Tiib. 1841) und über das nachapofiolisciie Zeitalter (Tüb.1846) die Briefe, zu- mal den wichtigsten ersten Brief, kaum (a. a. O. II, 349) er- wähnt hatte — um so mehr entwickelte sich an der Streit- frage, ob der erste Brief oder das Evangelium Johannis frü- her geschrieben worden sei, jene Vermuthung, daß die beiden Schriften verschiedene Verfaßer haben möchten, zu einer ent- schiedenen Behauptung. Baur zuerst widmete den johannei- schen Briefen eine besondere Abhandlung (Tüb. Jahrb. 1848. S. 29-3), in welcher er seine schon früher angedeutete Mei- nung, daß unser ersier Brief nicht nur später als das vierte xxxviix Einleitung. Evangelium, sondern auch von einem andern Versaßer geschrie- ben worden sei, erweisen wollte. Dagegen suchte A.Hilgen- feld (das Evangelium und die Briefe Johannis nach ihrem Lehrbegriss dargestellt. Halle 1849. S.322 sll.) zu beweisen, daß umgekehrt von dem vierten Evangelium der erste Brief des Johannes vorausgesetzt werde, indem auch er sich zu dem für die neuere Kritik jetzt feststehenden zwiefachen Resultate be- kannte, daß beide Schriften unächt, und daß sie von verschie- denen Versaßern geschrieben seien. " Bevor wir aber genauer aus die Untersuchung über den Ursprung unsers Briefes und das innere Verhältnis desselben zu dem johanneischen Evangelium eingehn, müßen wir einige allgemeinere Bemerkungen über die wesentliche Verschiedenheit der älteren und neueren Angrisse auf die Authentie des Briefes machen. Man muß, sowohl was die »johanneische Frage« überhaupt, als auch was unsern Brief insbesondere betrifft, zwei Perioden der Kritik unterscheiden. Die erste Periode, in welche Horst, Cludius und S. G. Lange gehören, hat ih- ren Gipfelpunct und ihren Schluß in Bretschneider. Es ist die Periode der atomistischen, auf dem dürren Boden des Rationalismus erwachsenen Kritik, der Kritik, welche wohl »Staub aufwirbeln« konnte, dann aber wie Schweglcr (die neueste Johanneische Literatur. Theoi. Jahrb 1842. S. 141) sagt, «spurlos verschwand «, nicht sowohl, mit Schnitzer (Über den gegenwärtigen Stand der Eint ins N. T. Ebendas S. 452) zu reden, weil es den »Knappen der Apologetik« gelang, die Probabilia aus dem Felde zu schlagen, und Bretschneider selbst den Rückzug öffentlich antrat, sondern vielmehr weil der Standpunkt der Sprobabilia »durch den Fortschritt der Kritik antiquirt« ist. Die «neueste Kritik« nämlich, die ,,wahrhaft oder rein historische«, durch kein ,,apologetisches« Interesse ge- bundene, aber doch ,,positive Kritik, welche die jedesmalige Erscheinung an bestimmte Momente der Entwickelungsgefchichte des Urchristenthums anknüpf«, mit ihrem ,,kritisch-speculati- ven Standpuncte«, wie er der ,,neuern kritischen Theologie«, der »nenesten Speculation« entspricht — vgl. in den TheoL Ess- cccccccc py Ursprung des Briefes. xxxtx Jahrb die zum Theil als Programmen der Tiibinger Schule anznsehenden Abhandlungen von Schnitzer (1842. S.425 fl. 430), Zeller (Einige Fragen in Betreff der neutestamentl. Chkisto1pgie. 1842. S. 51. VgL das. S. 360. 362. über hi- storische Kritik und ihre Anwendung auf die christl Religions- Urkunden. 1846. S. 3I4. 321), Planck (1847. S. 258), Baur (l848. S. 293) u.s. w. —— diese Kritik riihmt sich mit Recht, über den Standpunct der rationalistischen Skeptik hin- aus zu sein, sowenig wir ihr auch in ihren Resultaten beistim- men oder ihr das Recht einräumen können, die ,,gläubige«, und von der Voraussetzung des christlichen Osfenbarungsglaip bens aus an der Authentie der apostolischen Schriften festhal- tende Kritik dieses Namens für unwürdig zu erklären und als ,,Apologetik« geringzuschätzen (vgl. Schnitzer a. a. O. 1842. S. 451. G. Volckmar das. 1846. S. 365 u. s. w.). Je- denfalls hat diese Art der Kritik, welche wir in die zweite, gegenwärtig noch nicht abgeschloßene Periode setzen, eine viel tiefer greifende Bedeutung für die theologifche Wißenfchaft und das kirchliche Leben, als man jetzt wenigstens jenen crsten ra- tionalistischen Versuchen beimeßen wird. Eine gewiße mittlere Stellung nimmt Paulus ein, welcher aber im Grunde nur als ein vereinzelter Nachzügler jener rationalistischen Kritiker erscheint. Paulus kam mit s ein er Kritik im vollsten Sinne des Wortes zu spät und ist deshalb alsbald vergeßen, so sehr, daß ein Gelehrter wie Schwegler (Recensioii von E. C. J. Liitzelbergey die kirchliche Tradition über den Apostel Io- hannes und seine Schriften in ihrer Grundlosigkeit nachgewie- sen. Leipz. 1840. TheoL Jahrb 1842. S. 293 fll. 300) nicht einmal zu beachten scheint, daß zLiitzelberg er ein gut Theil seiner wohlfeilen Weisheit von Paulus entlehnt hat. Der Unterschied zwifchen der ältern und der neuern Kritik spricht sich allerdings in der ganzen Art und Weise des kriti- schen Verfahrens und in den angewandten Beweisinitteln deut- lich genug aus, der wesentliche Grund des Unterschiedes liegt aber in der Verschiedenheit des Offenbarungsbegriffs, noch tie- fer, des Gottesbegriffs Dort ist die rationalistische Anschau- Esss cccccccc a«- xr . Einleitung. ungsweise, hier die der modernen, auf Hegel gegründeten Spekulation. Dort bringt man es, wenn die Sache mit der gegenwärtigen Kritik verglichen wird, eigentlich nicht weiter, als bis zu kritischen oder vielmehr skeptischen Hakeleienz hier erscheinen die kritischen Angriffe in einer geschloßenen Phalanx, in der Waffen aus allen Kammern der ächten und der salschen Wißenschaft glänzen. Dort gilt der Glaube an einen persön- lichen, überweltlichen Gott als unbedingte Voraussetzung jeder Beurtheilung der heiligen Schriftz in einem gewißen Sinne war man sogar zu der Annahme geneigt, daß dieser Gott seine Wahrheit nnd seinen Willen dem vernünftigen Menschen geof- fenbart habe, man wollte nur die Offenbarung als eine völlig vernunftgemäßh weil ja die Vernunft an srch eine gottgemäße sei, auffaßen und von dem Offenbarungsbegrisf die Vorstellung des unmittelbaren, Übernatürlichen, Wunderbarcn möglichst entfernen, weshalb es freilich ganz folgerichtig war, daß man die Vorstellung von der vernunftgeniäßen Offenbarung so ver- slüchtigte, daß in der That die ,,moralische« Wahrheit der Schrift nur als ein natürliches Product der heiligen Menschen- Vernunft, nicht aber als eine wirkliche und eigentliche, d. h. übernatürliche Offenbarung Gottes erschien; hier aber, in der neuen Kritik, kann von der Offenbarung eines lebendigen, persönlichen Gottes an den Menschen, als sein Geschöpf, nicht die Rede sein, weil die eigenthümliche Bedeutung des Christen: thums in der Anerkennung gefunden wird, daß »das wahrhaft Andere Gottes der Mensch« selbst sei (vgl. Baur, die christl Lehre von der Dreieinigkeit. ThL I. Tiib. 1841. S. 77 in Zeller-s Reccnsiom Theol Jahrb. 1842. S. 366.), oder, wie D. F. Strauß (Das Leben Jesu. Bd. L. Tüb.1836. S.730. 735) etwas platter sagt, daß »Gott«und Mensch an sich Eins« seien, daß »die Menschheit die Vereinigung der beiden Natu- ren, der menschgewordene Gott, der zur Endlichkeit entäußerte unendliche, und der seiner Unendlichkeit sich erinnernde end- liche Geist« sei. Der konsequente Rationalismus kömmt also in der ,,Auflösung der Lehre von der Inspiration der Schrift« (Strauß, die chrisil.»Glaubenslehre. Bd.l. Tüb.1840. S.156) Ess- cccccccc py Ursprung des Briefes. · » xu mit der ,,neuesten Spekulation« überein; aber jener muß fol- gerirhtig deshalb die Offenbarung der Schrift leugnen, weil er seinen Gott in eine so abstracte Ferne von dem Menschen stellt, daß die göttliche Offenbarung diesen nicht erreichet« kann; die neueste Spekulation dagegen, welche den christlichen Theismits in einen offenen Anthropotheismus umsetzt, kann von einer Offenbarung Gottes an den Menschen nicht wohl reden, weil in dem Menschen Gott srch selber denkt. Blicken wir so von der theologischen auch aus die anthropologische Seite des con- sequent rationalistischen und des neuspeculativen Offenbarungs- begriffen so zeigt sich die Ähnlichkeit, daß nach beide« A»- schauungsweisen der Mensch die göttliche Offenbarung gar nicht bedarf: der »vernünstige« Mensch nicht, weil er kraft seiner Vernunft doch schon weiß, was Gott ihm sagen könnte, der ,,spcrulative« Mensch nicht, weil er selbst Gott ist. Von dieser Voraussetzung aus ergeben sich für die neuestc Kritik folgende Grundsätze. Von einer Inspiration der bibli- schen Schriststeller kann ebenso wenig die Rede sein, als die ungeschichtliche und unkritische, nur einem theologischen Vor- urtheil dienstbare Meinung statthaft ist, daß man über die Leh- ren Christi und der Apostel nicht hinauskommen könne. Das Christenthum ist nicht »fertig vom Himmel gekommen« (Zel- let, a. a. O. 1842. S. 101. Vgl. Zeller, die Annahme einer Persektibilität des Christenthumes Ebendas S. 1 fll.); der Geist ist nicht das »Privilegium bestimmter Personen« (Schnitzer, a. a. O. 1842. S. 443); kein »Wunder« (Zel- let, a. a. O. 1846. S. 298) soll die Entstehung des Christem thums und seiner Urkunden erklären, sondern aus dem »nu- tiirlichen Bewußtsein des Menschen«, aus dem »innersten We- sen des Geistes«, d. h. acht »geschichtlich« soll nicht nur die Entwickelung, sondern auch die Entstehung des christlichen Glaubens begriffen werden (Zeller, die Theologie der Gegen- wart und die theol. Jahrbüchen Das. 1846. S. 4. Vgl. S. 298. 1842. S. 362). Somit gehört die Lehre des neuen Testaments wesentlich in die Dogmengeschichtez die Entstehung des Chri- stenthums ist »ein nach den allgemeinen Gesetzen geschichtlioher Ess- cccccccc py xut Einleitung. Entwickelung sich verlausender Proceß« (Zeller, a. a. O. 1842. S. 368. Vgl. Schnitzey a. a. O. 1842. S. 425 fll. 442). »Der heilige Geist aber, der wirklich die Evangelien eingegr- ben hat, ist die Phantasie des christlichen Geistes« (Volckmar, a. a. O. 1846. S. 383); das Evangelium ist also »die erste und eigentliche Legende, die Urlegende«, ähnlich der Legende von dem heiligen Rocke zu Trier (das. S· 378). Strauß hat dies bekanntlich anschaulich gemacht. Freilich, solange die neutestamentlichen Schriften, zumal die Evangeliem als Werke der Apostel oder auch nur als solche Schriften gelten konnten, welche historifche Zeugnisse aus der apostolischen Zeit enthiel- ten, ja so lange nur ein Evangelium für ächt anzusehn war, mußte der Boden unter den Füßen der speculativen Kritiker schwanken. Es war deshalb ganz natürlich, daß Strauß, da er meinte, die abgethanen Synoptiker würden keine Schwie- rigkeit mehr machen, ein Werk prophezeite, welches auch dem vierten Evangelium seine Stelle anweisen werde (Glaubens- lehre. Bd. l. S. 196), und daß auch wirklich von Baur selbst und feinen Schülern nicht ein Werk nur, sondern eine ganze Reihe von Schriften erschien, welche die geschichtliche Stellung des Evangeliums und der Briese des Johannes tief im zwei- ten Jahrhundert nachweisen follten. Man arbeitete jetzt ein- ander in die Hände, um ein solches Bild von der urchristlichen Zeit herstellen zu können, welches mit den speculativen Vor- aussetzungen des angenommenen Systems übereinstimmte Man suchte —- was nie hätte verkannt werden sollen —- ein wirk- lich geschichtliches Bild, man wollte den Zusammenhang und die treibenden Mächte der Entwickelung in der apostolischen und nachapostolischen Zeit verstehn — was nicht nur dem ato- mistischen Rationalismus, sondern auch demjenigen Suprana- turalismus, welcher auf einem magischen Offenbarungsbegriffe ruht, gegenüber sein gutes Recht hat — aber man gewann ein Phantasiegetnäldy weil es darauf ankam zu beweisen, daß die Geschichte den Verlauf wirklich genommen habe, welchen sie den speculativen Voraussetzungen zufolge hätte nehmen müßen. Weil der göttliche Factor in der Geschichte überhaupt, Ess- cccccccc py Ursprung des Briefes. xmt in der Entstehung und Entwickelung des christlichen Glaubens und in der Abfaßung der neutestamentlichen Schriften insbe- sondere untergeschlagen wurde, weil der menschliche Geist sich schlechthin selbstherrlich entwickelt haben sollte, und weil diese Entwickelung eben die des göttlichen Geistesselbst sein sollte und insofern immer vorwärts gehen mußte, deshalb konnten z. B. die johanneischen Schriften (Evangelium und Briefe) nicht schon in der apostolischen Zeit verfaßt sein, weil sie eine Lehrentwickelung vorauszusetzen schienen, die man erst in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts zu finden meinte. Nur als »verklärter Montanismus« ist z. V. die johanneische Trinitätslehre zu begreifen. Hat schon der Apostel Johannes die Anschauungsweise gehabt, welche in dem ihm zugeschriebe- nen Evangelium und den Briefen vorliegt, so zeigt das ganze zweite Jahrhundert einen völlig unbegreistichen Rückschritt. Wozu denn die Kämpfe, woher denn die Irrungen, wenn schon in den apostolischen Schriften alles fertig war? Vgl. Schwegler, Montanismus S. 1 sil. 183. NachapostoL Zeit- alter. Bd. l. Eint. Zeller a. a. O. 1846. S. 296. 298 fl. 320. Planck a. a. O. 1847. S. 258. u. a. m. Die »kri- tisch-speculativen Theologen« haben es den schriftgläubigen Theologen häusig zum Vorwurf gemacht (vgl. z. V. Schweg- ler, Montanismus S. I fl.), daß sie bei ihrer theologischen Kritik oder vielmehr Apologetik der neutestamentlichen Schrif- ten von der falschen, unhistorischen Voraussetzung ausgingen, als ob das christliche Dogma seinem wesentlichen Gehalte nach schon in den apostolischen Schriften gegeben sei und die wei- tere Entwickelung desselben in der Kirche den »Fortschritt einer geraden Linie bezeichne, zu deren beiden Seiten der dogmati- sche Jrrthum sich fortbewege«. Dies müßen die offenbarungs- gläubigen Theologen insofern nicht allein zugeben, sondern so- gar ausdrücklich behaupten, als sie erstlich das Chriftenthum an sich fiir imperfectibeh für die absolute Religion, und die Offenbarung desselben im N. T. für vollkommen hinreichend und für unbedingt normativ halten, alfo zweitens jeden Wi- derspruch gegen die Schriftlehre, welcher in der historischen Ess- aaaaaaaa py Xuv Einleitung. Entwickelung des Dogmas sich zeigt, nur als einen wirklichen Riickschritt und ein zu überwindendes Moment ansehn können; jenen vermeintlichen Vorwurf aber dürfen die Theologen den speculativen Kritikern mit Recht zurückgeben. Der wesentliche Unterschied zwisrhen den beiderseitigen Ansichten ist freilich die- see, daß nach der Meinung der offenbarungsgläubigen Theolo- gen das in den apostolischen Schriften auf schlechthin muster- hafte Weise wirklich niedergelegte Dogma in der gesammten folgenden Entwickelung verarbeitet, erläutert, gegen Mißbra- tungen geschützt, wißenschaftlich formulirt, kurz von der Kirche, der es gegeben ist, hingenommen und angeeignet wird, wäh- rend nach der Vorstellung der kritisch-speculativen Historiker das Dogma selbst im Laufe der Zeit producirt wird, so daß die neutestamentlichen Schriftsteller, selbst wenn der eine oder der andere gleich einem «Heros« mit ,,divinatorischem Geiste« (Schwegler a. a. O.) über seiner Zeit stehn solltc, doch we- sentlich jeder seine eigenthümliche Stelle in der Entwickelung der apostolisrhen und der nachaposiolischen Zeit, bis über die Mitte des zweiten Jahrhunderts herab, einnimmt; denn die Geschichte kann ja keine unbegreislichen Rückschritte machen, sondern —- wir werden die Worte gebrauchen dürfen — sie schreitet in einer geraden Linie fort, so daß die Speculatiom welche die geschichtlichen Potenzen ganz wohl begreift, nun auch beweisen kann, weshalb die geschichtliche Entwickelung so habe sein müssen, wie sie gewesen ist, wie z· B. Zeller (a. a. O. 1842. S. 372) den von Baur gegebenen Nachweis lobend anerkennt, daß die Niederlage des Arius in den Streitigkeiten über die Homousie des Sohnes deshalb eine geschichtliche Noth- wendigkeit gewesen sei, weil »die Frage, um die es sich eigent- lich handelte, nicht die Einheit dieses einzelnen Subjectes mit Gott, sondern die Einheit des Menschen mit Gott im Allge- meinen« war. Dies ist der Standpunkt der neuesten Kritik. Ob der- selbe, wie er ist, sein gutes Recht hat (Zeller a. a. O. 1846. S. 321), haben wir hier gar nicht zu untersuchen; anerkennen aber, wenigstens in gewißem Sinne, müßen wir, was Zeller Ursprung des Briefes. In» sagt: »daß die materiellen Ergebnisse der neuesten Kritik nur von solchen mit Grund bestritten werden können, welche sich selbst auf jenem Standpunkte befinden-«. Wir erkennen aber auch weiter an, daß von ihrem eignen Standpunkte aus kein siegreicher Angriss auf die wesentlichen Ergebnisse der neuesten Kritik möglich ist, wie z. B. Plancks Polemik gegen Schweg- ler (Theol. Iahrb. 1847. S. 258 sll.) auf das augenschein- lichste beweist. So lange die neueste Kritik auf ihrem Stand- puncte bleibt, d. h. so lange sie an ihrem Gottesbegrifh an ihrem Offenbarungs- und Geschichtsbegrifs festhält, so lange wird keinerlei bloße Kritik sie aus dem Felde schlagen kön- nen. Einzelne Argumentationen können widerlegt, einzelne Resultate können umgeworsen werden, aber die wesentlichen Ergebnisse miißen seststehn. Wenn es z. B. grundsätzlich siir eine geschichtliche Unmöglichkeit gilt, daß Johannes etwas ge- wußt habe, was andere Leute erst 80 oder 100 später erkannt haben sollen, so müßte die neueste Kritik die Authentie des vierten Evangeliums leugnen, wenn auch die beglaubigte Hand- schrift des Apostels selbst producirt würde. Das Wunder der Inspiration, welches allein jene Erscheinung erklären könnte, dürfte um keinen Preis anerkannt werden. Deshalb zeigen diejenigen der neuesten Kritiker, welche die ihnen entgegenar- beitende Kritik als Apologetik bezeichnen, den richtigen Stand- Punkt, von wo aus sie angegriffen werden müßen: es ist der Standpunkt der Apologetik, welche das Christenthum als ab- solute Religion und zwar als geoffenbarte, nicht einfach natur- wüchsige Religion zu erweisen hat. Es kann nur zu einein unfruchtbaren Streiten und kann sehr leicht zu einem unge- rechten gegenseitigen Beschuldigen kommen, wenn man nicht von beiden Seiten sich völlig klar ist über die durchaus ver- schiedenen Standpunkte, von welchen aus man die neutesta- mentlichen Urkunden beurtheilt, auf welchen aber auch noth- wendig die beiderseitigen kritischen Argumente und Operationen eine durchaus verschiedene Bedeutung haben. Eine wirkliche Berständigung ist ja nur auf einer gewißen gemeinsamen Grundlage möglich. xm Einleitung. So ergiebt sich die Stellung, welche die vorliegende Ar- beit der neuesten Kritik gegenüber einnimmt. Niemand wird hier die eben angedeutete apologetische Subsiruction der Kritik erwarten. Es kann nur der Versuch gemacht werden, die ein- zelnen Argumente, welche die neuesten Kritiker gegen die Au- thentie des johanneischen Briefes vorgebracht haben, zu ent- kräftetn Durch diese von der Voraussetzung der Inspiration des Briefstellers getragene Erörterung werden die Gelehrten, welche auf dem Standpunkte der speculativen Kritik siehn, sich nicht geschlagen finden können; nur »gläubige« Theologen werden von Seiten der gläubigen Kritik bestätigt finden können, was sich ihnen durch das unzweideutige Zeug- nis des in dem johanneischen Briefe redenden heiligen Gei- stes lebendig bewährt hat —- dem apologetischen »Zirkel« (Strauß, Glaubenslehre I. S. 157) zufolge, vor welchem unser Brief selbst (V, 6——13) sich nicht scheut, und welcher auch etwas mehr ist, als einshandgreisticher Berstoß gegen die einfachste Logik, weil das »sogenannte Zeugnis des Gei- stes« in der That etwas Anderes ist, als »das Bewußtsein des Subjects über das, was es beim Gebrauch der biblischen Schristen empfunden, gedacht, gewollt, überhaupt innerlich er- fahren hat« (Zeller a. a· O. 1846. S. 297. Vgl. Strauß a. a. O. S. 134 sl. 156 fll·). Das Zeugnis des Geistes ist eine That Gottes, welche dem Menschen nichts Geringeres als ewiges Leben giebt (1Joh.V, 11.); und weil diese That Got- tes durch das Mittel des geschriebenen Wortes ausgeführt wird, deshalb schließen wir, daß dies Wort der apostolischen Schrift ein göttlichDs Wort sei. Jn dieser Überzeugung verweisen wir die speculativen Kritiker nicht sowohl auf die kritischen Unter- suchungen in der Einleitung des vorliegenden Werkes, als viel- mehr an die Auslegung des johanneischen Schreibens selbstz denn wenn unsere Auslegung die Macht der apostolischen Worte nicht hindert, sondern dazu dienen sollte, das Verständnis der- selben zu erleichtern und so ihnen Eingang zu verschaffen, so muß jede wirklich angenommene Wahrheit eine Stütze der kri- tisch-speculativen Voraussetzung umwerfen, zugleich aber in avo- Ursprung des Briefes. xmt logetischer Wirksamkeit für den Standpunkt der offenbarungs- gläubigen Theologie Raum machen. Ebenso bestimmt wie in der zum Grunde liegenden theo- logischen Anschauungsweise unterscheidet sich die ältere Kritik von der neuern in der Faßung der eigentlichen Aufgabe und in den kritischen Operationen. Im Wesentlichen begnügt sich die ältere Kritik mit der Negationz dagegen will die neuere durchaus -positiv« sein und den wahren Ursprung der den Aposteln abgesprochenen Bücher geschichtlich nachweisen. Über die wahrscheinliche Entstehung unsers johanneischen Briefes wa- gen S. G. Lange und Eludius umso weniger eine Ber- muthung auszusprechem als sie schließlich trotz aller Zweifels- gründe doch an der Authentie des Schreibens sesthalten. Jn- dessen liegt es in der Natur der Sache, daß je entschiedener die Negation lautete, um so nothwendiger die Aufgabe wurde, durch eine positive Vermuthung das negative Urtheil zu ergän- zen und zu bestätigen. Schon Horst (a. a. O. S. 95 sl.), der keckste Zweifler aus der ältern Zeit, sprach dies aus. Er meinte, daß das johanneische Evangelium um die Mitte des zweiten. Jahrhunderts in Alexandrien entstanden sei; über unsern Brief hat er nicht ausdrücklich geurtheilt Bretschneider (a. a. O. S. 115 sll.) wollte die Abfaßung des johanneischen Evangeliums und ohne Zweifel auch der Briefe, die ja nach seiner Voraus- setzung von dem Evangelisten herrühren, damit erklären, daß er sagte, die johanneischen Schriften seien apologetisch-polemi- sche Zeugnisse wider die Angriffe der Juden, etwa in der er- sten Hälfte des zweiten Jahrhunderts niedergeschrieben. Pau- lus verstand unsern Brief, wie das Evangelium, aus der Po- lemik gegen eine dualistische Gnosis, die in Parthien zu Hause gewesen sein sollte. -— Die positive Seite der ältern, rationa- listischen Kritik ist ebenso atomistisch, wie die negative. Man faßt einen einzelnen Punct ins Auge und sucht von hier aus die dem Apostel abgesprochene Schrift an irgendeiner Stelle in der Geschichte der nachapostolischen Zeit einzuschiebenz aber der Gesammtzusammenhang der christlichen Urgeschichte wird durchaus in der hergebrachten Weise angeschaut. Ganz anders xrvtct Einleitung. dagegen sieht die Sache für die neueste Kritik. Die ganze Entwickelung der christlichen Kirche bis gegen das Ende des zweiten Jahrhunderts hin erscheint in ein deutliches, zusam- menhängendes, einstimmiges Bild znsammengefaßt Die ganze Geschichtsmasse ist so zu sagen in eine neue Form unigegoßem Man meint, die einzelnen Factoren der christlichen Urgeschichte nachrechnen und das geschichtliche Facit demonstriren zu kön- nen. Da erscheint namentlich der Gegensatz des Judaismus und des Paulinismus als »der archimcdische Punkt für die alteste Kirchen- und Dogmengeschichtw (Zeller a. a. O. 1842. S. 377). »Der Gegensatz jener beiden Denkweisem ihr Kampf, ihre stufenwcise Vermittlung, ihre endliche Ausgleichung und Durchdringung in der katholischen Kirche und ihrem Dogma« (Zeller a. a. O. l846. S. 314. Vgl. Planck a. a. O. 1847. S. 258 u. v. a.), — das ist der Schliißel zu dem Verständ- nis der Geschichte der ältesten Kirche Jn dieser Entwickelung wird jeder neutestamentlichen Schrift, jenachdem sie diesem oder jenem Stadium anzugehören scheint, ihre Stelle angewiesen. So ergiebt sich ein weiterer durchgreifender Unterschied zwischen der ältern und der neuern Kritik. Alle oben genannten ältern Kritiker setzen bei ihren Untersuchungen über die johanneischen Schriften voraus, daß die Apokalypse nicht ein Werk des Io- hannes sei; Cludius z. B. meint (a. a. O. S. 318), daß der Apokalyptiker »schon das ganze jetzige N. T. gekannt und be- nutzt habe-A Dagegen wird von den Vertretern der neuesten Kritik mit der größten Entschiedenheit die Authentie der Apo- kalypse verfochten, weil dieselbe nicht nur die vollste Beglau- bigung durch die historischen Zeugen habe, sondern auch nach ihrem ganzlich jüdischen Standpunkte nothwendig in die friihste Zeit der Kirche gehöre. Ferner, wenn S. G. Lange bei sei- nen Zweifeln an der Authentie des ersten johanneisrhen Bric- fes davon ausging, daß das vierte Evangelium wirklich von dem Apostel geschrieben worden sei, so mußte Bretscljneider freilich die Zweifelsgründe Langes als nicht stichhaltig preis- geben; ihm selbst aber, der seinerseits gleichfalls an der Acht- heit der synoptischen Evangelien festhielt und aus diesen gegen Ursprung des Briefes. xux das johanneische Evangelium argumentirte, widerfuhr dasselbe Urtheil, welches er über Lange und Cludius gesprochen hatte, von Seiten der neuesten Kritikey welche allen vier Evangelien eine neue Stellung in der Geschichte anwiesen (Schnitzer a. a. O. 1842. S. 452). Was die ältern Kritiker gegen die johanneische Authentie unsers Briefes vorgebracht haben, ist von den neuern Kritikern entweder, wenn es stichhaltig schien, wiederaufgenommew oder schon durch diese beseitigt. Es wird daher eine einfache Dar- stellung der ältern kritischen Argumentationen genügen; eine ge- nauere Prüfung wird nur der neuesten Kritik gegenüber erfordert. S. G. Lange, gegen welchen C. F. Fritzsche seine Be- merkungen über die Briefe Johannis (in Henkes Museum. Bd. III. I. S. 104) schrieb und dessen Bedenken selbst von H. E. Ballenstedt (Philo und Johannes. Braunschw 1802. S. I51) abgewiesen wurden, meinte, daß die Authentie des er- sten johanneischen Briefes allerdings durch die Zeugnisse der Kirchenväter hinlänglich bestätigt sei, daß aber gewiße innere Zweiselsgrijnde vorhanden seien. ,,Alles Jndividuelle und Lo- cale ist vermieden«, sagt Lange. Es fehlt die sperielle Appli- cationz auch die letzte »hinterhergeholte Ermahnung« (V, TO) ist ein ganz vager Zuruf, der die unsichere Feder eines Inter- polators verräth. Der Berfaßer ,,ist ein Apostel (I, I —- 3)«z Sprache, Wendungen und Anspiclungen auf das Evangelium laßen insbesondere auf Johannes rathen, aber er nennt sich doch nie, bezeichnet sich nicht einmal unzweideutig Auch die Leser sind nicht recht bestimmtz man sieht nur, daß der Brief nach Borderasien gesandt ist. Ferner ist das Bestreben, die- selbe Sprachemit dem johanneischen Evangelium zu reden, so sichtbar, »daß beinahe der Verdacht entsteht, als habe der Ver- faßer zu ängstlich besorgt, man möchte ihn nicht für den Jo- hannes erkennen wollen. l, 1——4 ist fast eine Parodie von Joh. I, 1 sll.« Die Gleichartigkeii der Gedanken und Aus- drücke ist nicht wohl anders erklärlich »als durch die ängstliche Jmitatioivh durch »ein sklavisches Nachahmen«. Sich selbst aber iinitirt oder parodirt kein Schriftstelley zumal Johannes nicht- d Esss cccccccc a«- i« Einleitung. welcher bei dem Briefe »itn Affect sein mußte-«. Der bedenk- lichste Punkt ist dabei noch folgender: ,,Vor der Zerstörung Jerusalems konnte Johannes den Brief nicht wohl schreiben, denn da konnte er noch gar nicht so alt sein, daß man seiner Schreibart die Schwäche des Alters hätte abmerken follen«. Wenn der Brief aber nach der Zerstörung Jerusalems geschrie- ben ist, so mußte Johannes dies Ereignis erwähnen. Das ge- schieht jedoch nichtz vielmehr wird H, 18 der Sturz des Ju- denthums, die letzte Zeit, in der Chrisius sein Reich errichten sollte, erwähnt. Also hätte der Apostel doch sagen müßen, »Warum die Zerstörung Jerusalems erfolgt wäre, ohne daß zu- gleich der Sieg des Christenthums miterfolgte«. Jndessen er- ledigt Lange felbst die erhobcnen Bedenken insoweit, daß er doch in dem Briefe ein Werk des Johannes anerkennen mag. »Johannes schrieb den Brief, sagt er, als er schon vor Alter schwach war« Die Schrift mag etwa im Jahre 90 n. Chr. abgefaßt sein. Die Zerstörung Jerusalems erwähnte Johannes nicht, weil dies »ein kitzlirher Punkt« war. Die Apostel hat- ten sich ja geirrt, indem sie die Gläubigen darauf vertröstetem daß mit jenem Ereignis das Messiasreich anbrechen sollte. Es war daher sehr natürlich, sagt Lange, daß Johannes, als er H, 18 auf die Fazit-» die« zu reden kam, diesem Ausdrucke eine andere Bedeutung unterfchob, und denselben bloß aus Christi Zukunft, ohne· auf die Zerstörung Jerusalems zu sehn, bezog. Brctfchneider ließ mit Recht diese von Lange vorge- brachten Bedenken, welche sich in sich selbst auflösen, fallen und hob dagegen einerseits die Unzulänglichkeit der äußern Zeug- nisse für unsern Brief, anderseits auch gewiße innere Kriterien der Unächtheit hervor, welche zum Theil in die neueste Kritik übergegangen und hier weiter ausgebildet und tiefer begründet sind. Bretfchneider, gegen welchen, außer vielen andern vorzugsweise über das johanneifche Evangelium handelnden Schriften, das Hallische Psingstprogramm von M. Weber Huthentja epistolae Joannis prjmae ukgumentorum interne)- rum usu vjndjcaten 1823) gerichtet ist, darf deshalb um so Ursprung des Briefes. u mehr vorläusig übergangen werden, als er selbst sich später von der Grundlosigkeit seiner Zweifel an der Authentie der johan- neischen Schriften überzeugt erklärt hat (vgl. H. G. Tzschin net, Magazin für christl. Predigen Bd. II. 2. Hannover u. Leipz. 1824. S. 153). Eine Erwähnung verdient aber die Mißhandlung des johanneischen Briefes, deren sich Paulus V) behuf seiner kritischen Bestimniungen schuldig gemacht hat. »Der johanneische Verfaßer, sagt Paulus (a. a. O. S. 36), schreibt warnend und befestigend an gleichgesinnte Salbungs- genossen, Christianer (11, 20. 27), nicht die Gegensätze einer gewißen Gnosis polemisch widerlegend«- Der ,,johanneische Verfaßer« ist nämlich nicht der Apostel Johannes, sondern ein von diesem, als seinem »Gewährsmanne« (Joh. 19, 34—37) verschiedener Schriftsteller, welcher ,,alle vier Aufsätze«, das Evangelium und die drei Briefe, geschrieben hat —— der Pres- byter Johannes (a. a. O. S. 72. 265 sl.). Dieser Presbytey wie er sich selbst in den beiden kleinen Briefen nennt, schrieb für die Christen in Parthien, von deren Zuständen und Ge- fahren er in Ephesus ohne Schwierigkeit Nachricht erhalten konnte, weil ja die ,,Landfchiffe«, die Kameele das Reisen leicht machten (S. 83). Jn Parthien und Scythien, woselbst die ersten Leser der johanneischen Schriften zu suchen uns theils die alte Überschrift des ersten Briefes ad Parthos, theils auch der Umstand anweist, daß im Evangelio (11, l6. 14, 5. beson- ders 20, 24 sll.) dreimal Thomas, nach der Tradition (Eus e- bius, H. E. III, I) der Apostel der Parther, erwähnt und 20, 24 fll. ausdrücklich von der Körperlichkeit Jesu, die auch im ersten Briefe so nachdrücklich hervorgehoben ist, überzeugt wird — in jenen Gegenden war eine sittenverderbliche, auf dualistischem Grunde ruhende Gnosis aufgekommem vor deren Einfluß die Christen zu bewahren der Zweck der johanneisrhen «) Mit Unrecht wird J. G. Herd er Erläuterungen zum N. T. aus einer neueröfnetcn morgenländ Quelle. Werke. Zur Mel. und TheoL Bd. 8) mit Paulus zusammengestellt, weil Herd» an der Authentie der johan- neischen Schriften durchaus nicht zweifelte, und aus der Zend-Avesta nur die apostolische Sprachweise (a. a. O. S. 181) erläutern wollte. m Einleitung. Schriften, insbesondere unsers ersten Briefes ist. Der im Briefe häusig vorkommende Kunstausdruck kund-mer«, «tieferkennen«, der Gebrauch der Wörter pas; und onus-Ja, die Bersicherung, daß Jesus einen wirklichen Körper gehabt habe, die Erwäh- nung des Kain (lll, 12), das alles sind lauter Anfpielungen auf jene ,,magisch-parthische Gnosis«, welche in der finstern Materie den ewigen Gegensatz zu dem Lichtreiche der Geister und in dem Körper den eigentlichen Factor der Sünde erkannte, aus welcher sich deshalb auch im Laufe der Zeit neben dem strengern Marcionitismus jener leichtfettige Kainitismus (Jre- näus,- mirs. derer. l, 31), welcher den bösen Körper in Sin- nenlust verzehren wollte, entwickelte, dessen erste Spuren aber schon in unserm Briefe bekämpft werden. Iedoch alle diese Einzelheiten bedeuten an sich wenig oder nichts. Der Aus- druck ymaimssxw kann, falls er überhaupt eine derartige Be- ziehung hat, aus jede Art der falschen Gnosis absehn. Der Nachdruck, welcher auf die wirkliche Erscheinung Christi im Fleische gelegt wird, ist jeder doketischen Jrrlehre gegenüber nothwendig. Und die Erwähnung des Kain, des ersten Bru- dermörders, da wo das mörderische Wesen des Bruderhaßes aufgedeckt wird, oder der so nahe liegende und schon im A. T. gültige Gebrauch der Ausdrücke »Licht« und ,,Finsternis« zur Bezeichnung des Reinen, Heiligen, Wahren und seines Gegen- theils — wie könnte darin schon eine Anspielung auf eine ,,magisch-parthische Gnosts« liegen? Ofsenbar muß der ganze Inhalt und die eigenthümliche Haltung des Briefes die an- genommene Beziehung rechtfertigenz der ganze Brief muß selbst die Wörter Hast« und onus-«» so auslegen, muß selbst das Wort »was-me»- so anwenden, die Behauptung der Körperlichkeit Jesu so erläutern und die sittliche Bedeutung der Körperlichkeit überhaupt so entwickeln, daß man deutlich die Rücksicht Hauf jenen »sittenverderblichen Magismus« wahrnimmtz erst dann kann man auch der von Augustin erwähnten Überschrift ei- nige Bedeutung zuerkennen und, wenn man an lustigen Com- binationen Gefallen sindet, auch die evangelifche Gefchichte des Thomas mit der sonst so verachteten patrifiischen Tradition zu- Ursprung des Briefes. un sammenbringen. Hören wir also, wie Paulus einige Haupt- stellen in dem johanneischen Briese verstanden hat! In den oft angezogenen Eingangsversen soll der Apostel lehren, daß Jesus einen wirklichen Körper gehabt habe, »nämlich daß nicht, weil nach der parsisckygnostischen Meinung der Sitz des Sün- digens nur im Körper ist, bloß ein Scheinkörper um ihn, den Logos, her war« weg; r. Any. Vgl. d. Ausl.). Zu I, 5. ais-»in —— oäckezcfoe wird erläuternd hinzugesetztx »kein Ahri- rnans-Stoff«. I, 8 wird umschriebem »Wenn wir (wie die parsischen Gnostiker) sprächent Sünde haben wir nicht (weil unsere Leiber nur ihrer vom bösen, sinsiern Urwesen abhängi- gen Natur iiberlaßen, unsere Geister aber ohnehin, ihrem Ur- sprung aus dem guten Urwesen gemäß, rein bleiben), so täu- schen wir uns —«. V. I0: »Wenn wir sprachen — was wir Böses thaten, war nicht Sünde, war nur That der körperlichen bösen Substanz, nicht der aus dem guten Gott gekommenem immer guten, geistigen Substanz.« —- Il, Z: »Und daran er- kennen wir tief, daß wir ihn (Gott) tief erkannt haben (durch die Christuslehre ächte Gnostiker oder Männer der Tieferkennt- nis über das Göttliche geworden sind) wenn wir (nicht den Körper der Begierde iiberlaßen, sondern) seine (Gottes) Gebote halten«- II, 8 (vgl. III, 7): »Die Versinsterung zieht sich vor- über (was jene so gern von der sinstern Masse der Körperlich- Zeit, worin alles Böse bestehe, reden, ist höchst vergänglich) und das Licht, das wahrhafte, leuchtet bereits (ist nicht erst von jenen Gnostikern zu erwarten).« V. 13: »Den Bösen (das Arge in der Welt — und dessen Oberhaupt, — an des- sen Stelle jene einen nicht leicht besiegbaren Ahriman glau- ben).« IV, Z: ,,Hieran erkennt tief (nach der damaligen näch- sten Beziehung auf die salschgnostische Auslegung der Meinung von einem guten und bösen Urwesen) den Geist Gottes (die von Gott begeisterte Gesinnung): jeder Geist, welcher gleich- stimmig (mit uns) bekennt Jesus als den Messias, im Fleische gekommen (Mensch geworden in sinnlicher Körperlichkeih so daß also in dieser nicht der Sitz der Sünde ist und deswegen nicht das Siindigen bloß ein körperliches Treiben sein kann, viel- uv Einleitung. mehr der wollende Geist der Sündigende ist) ist aus der Gott- heit (nimmt dieses sein Lehren aus dem Göttlich-Wahren).« Endlich V, 20: ,,.Hütet Euch vor den Jdolen der zwei entge- gengesetzten Urwesen, Ahriman und Qromasdes!« Jnsofern geht Paulus über Bretschneider hinaus und nähert sich dem historischen Gesichtspunkte der neuesten Kritik, als er den allerdings gänzlich inißglückten Versuch gemacht hat, den historischen Hintergrund unsers Briefes aufzuhellen und so die natürliche Stellung desselben in der urchristlichen Zeit nach- zuweisen. Wir wenden uns nun zu einer Auseinandersetzung mit der neuesten Kritik. Es kommen hier vorzugsweise in Be- tracht: Zeller (a. a. O. 1845. S. 584 s1l.), gegen welchen W. Grimm schrieb (Über das Evang. u. den ersten Brief des Jo- hannes als Werke Eines und desselben Berfassers TheoL St. u, Krit. 1847. 1. S. 171 sll. Vgl. wiederum dagegen: Zel- ler a. a. O. 1847. S. 136 sll.), Baur (a. a. O. 1848. S. 293 sll. Vgl. dagegen Grimm, Über den ersten Brief des Jo- hannes und sein Berhältniß zum vierten Evangelium. Stud- u. Krit. 1849. S. 269 sll.) nnd Hilgenfeld (Das Evang. und die Briese Johannis S. 322 sll.). Kurz und trefsend hat Brückner in der neuen Ausgabe des de Wetteschen Hand- buchs (S. 316 sll.) die kritischen Erörterungen der genannten Gelehrten beurtheilt. — Der Sachlage gemäß hat unsere Untersuchung über den Ursprung des ersten johanneischen Briefes folgende Fragen zu erledigen: I. Jst der Brief von dem Bersaßer des vierten Evangeliums geschrieben? 2. Jst der Brief oder das Evan- gelium für die ältere Schrift zu halten? Z. Jst der Brief für ein Werk des Apostels Johannes anzusehn? Diese Fragen hängen augenscheinlich auf das innigste zusammen; die ver- schiedenen Argumente für und wider reichen deshalb häufig durch alle drei Fragen hindurch. Wenn schon in dieser Hin- sicht eine klare, von Wiederholungen freie Erörterung nicht leicht erscheint, so wird die Sache noch besonders schwierig da- durch, daß die von uns zu bestreitenden Kritiker selbst in we- sentlichen Punkten gegen einander stehn und nicht selten aus Ursprung des Briefes. w denselben Dingen völlig entgegengesetzte Resultate ableiten· Einig find sie alle darin, daß der Brief und das Evangelium weder von Johannes noch von demselben Schriftsteller verfaßt seien; aber welche der beiden Schriften, deren Verwandtschaft nicht geleugnet wird, von der andern abhänge, darüber findet unter den neuesten Kritikern der entschiedenste Widerspruch statt. Sehen wir vorläufig von den einzelnen Kriterien ab, welche dem Einen eben so deutlich die Priorität des Briefes, als dem Andern die Priorität des Evangeliums zu erweisen scheinen, wohin z· B. die Vorstellungen von dem Paraklet, von dem Sühnopfey von der Eschatologie, die gnostischen und die mon- tanistischen Spuren u·s. w. gehören, undhalten wir uns zuerst an allgeineinere Urtheile, die mehr auf dem kritischen Takte und Geschmacke des Einzelnen beruhn, so klagt Baur (a.a. O. S. 310sll.), daß »der Brief, wenn wir ihn als einen johan- neischen — d. h. im Sinne Banrs als von dem vierten Evangelisten verfaßten ——— betrachten sollten, sehr wenig Indi- viduelles, Eoncretes, auf gegebene Verhältnisse sich Beziehendes habe«, daß ,,es ihm an der frischen Farbe des unmittelbaren Lebens fehle-«, daß namentlich die Polemik ,,völlig nichtssa- gend« sei, »die Wirklichkeit völlig unberührt laße« und »in die Sache nicht eingehe«, sondern ,,skhlechthin negire«, kurz ,,auch nicht das Geringste enthalte, was nicht jeder von selbst sich sagen mußte-«. Der Brief, sagt er, ,,habe nur den Cha- rakter der johanneischen Darstellungsweise, deren Monotonie nur darum so auffalle, weil sie eine bloße Form ohne den ihr entsprechenden Inhalt sei«, und enthalte nichts als »die mat- ten Nachklänge eines weit über ihn stehenden Originals, das der Verfasser mit sichtbarem Streben nach Ähnlichkeit in Jn- halt und Form in sich nachzubilden suche«. Dagegen beschreibt Hilgenfeld (S.342 fll.), welcher iibereinstimmend mit Reuß (s. o. S. xxvny den mhstischen Charakter des Briefes her- vorhebt, diese Eigenthiimlichkeit so, daß er einen ,,überschweng- lichen, noch nicht theoretisch bewältigten und durchdrungenen Jnhalt«, für welchen der Berfaßer ,,überhaupt erst nach einem angemessenen objektiven Ausdrucke ringe«, anerkennt. Der w: Einleitung. Brief soll ,,eine intenscve, iiberschwengliche Jnnerlichkeit« ha- ben, welche ,,erst in dem Evangelium zum ausgebildeten, ob- jectiven Ausdrucke gekommen« sei, indem erst das Evangelium uns die ,,Speculation« zeige, welche »die noch nicht aufgeklärte Tiefe der Mystik, den unendlichen Inhalt des christlichen Be- wußtseins« —— wie es nämlich in dem Briefe sich auszuspre- chen suche — ,,denkend erfaßt-«. Auch die Polemik des Briefes, sagt Hilgenfeld mit Reuß, sei ,,ächt mystisch«, nämlich eine ,,einfache und bestimmte Assertion und Negation«. Der Brief- steller erscheine, wenn man bedenke, wie viele eigenthümliche Aus- driicke er habe, keineswegs als ein ,,unselbständiger Nachahmer« des Evangelisten; vielmehr kann Hilgenfeld nur urtheilen, daß der Evangelist unsern Brief benutzt habe. »Man vergiebt der großartigen Originalität des Evangelisten dadurch wahrlich nichts, daß man annimmt, er habe, wie die Grundgedanken des be- deutendsten gnostischen Systems selbständig verarbeitet, so auch die tiefsmnigen Anschauungen einer ältern Schrift sich angeeig- net.«— Man steht jedenfalls an diesen von demselben Stand- puncte aus gefällten, aber in jedem einzelnen Punkte einander widersprechenden urtheilen, wie schwer es der neuesten Kritik wird, zu ermitteln, ob der Briefsteller den Evangelisten oder umgekehrt der Evangelist den Briefsteller nachgeahmt habe. Wie nun, wenn überall von keiner Nachahmung die Rede sein könnte? Wenn beide Schriften, Brief und Evangelium, von Johannes verfaßt send, so ist es begreiflicherweise sehr schwie- rig, wo nicht unmöglich, klar nachzuweisen, welche der beiden Schriften zuerst abgefaßt sei; aber unter der Voraussetzung, daß beide Schriften unächt seien, muß es um so weniger Schwierigkeit machen, zu bestimmen, welche von beiden das Nachbild der andern sei, je höher das Original und je tiefer die Eopie gestellt wird. Es war deshalb innerlich nothwendig, daß Hilgenfeld, indem er die Priorität des Briefes behaup- tete, denselben so gut beurtheilte, daß er wiirdig erschien, von dem Evangelisten benutzt zu»werden, während Bank, indem er den Brief für eine Copie des Evangeliums ausgab, den- selben unbedenklich als ein geistlofes Machwerk hinstellen konnte. Ursprung des Briefes. Lvn Immerhin werden die Vertreter der neuesten Kritik es uns nicht verargen, wenn wir, indem wir uns zu der speciellern Argumentation wenden, von der so zwiefpältigen allgemeinen Beurtheilung des Briefes an sich und in seinem Verhältnisse zu dem Evangelio einiges Mißtrauen gegen die Voraussetzung, daß beide Schriften von verschiedenen Verfafsern untergescho- ben seien, mitnehmen. » — I. Jst der Brief von dem vierten Evangelisten geschrieben? J. G. Eichhorn (Einl. S. 281 fll.), de Wette (Einl. §. 177), Credner (Einl. §. 96), Köstlin (a. a. O. S.1sll.) u. a. haben aus der Gleichartigkeit der Sprache und der Vor- stellungen im Ganzen und im Einzelnen, namentlich aus dem gleichen » Zauber der Gemiithlichkeit«, und aus der eigenthümlichen Zweckbestimmung, daß die Leser im Glauben an den Sohn Gottes das ewige Leben haben sollen, erwiesen, daß unser Brief von keinem Andern als von dem Verfaßer des vierten Evangeliums geschrieben sein könne. Dieser Be- weis soll hier nicht vollständig wiederholt werden. Vielmehr, weil die neuesten Kritiker zugeben, daß »die beiden in Frage stehenden Schriften in einem so nahen Verwandtfchaftsverhälk nis zu einander stehen, als nur immer bei zwei einander näher berührenden Schriften der Fall fein kann« (Bau·r, a. a. O. 1848. S. 295), wird unsere Aufgabe sich auf den Beweis be- schränken dürfen, daß die anerkannte »Gleichartigkeit des Cha- rakters« wirklich aus die »Jdentität des Verfaßerstt schließen läßt (a. a. O. S. 296); wir werden also zunächst nur die Kriterien zu prüfen haben, welche nach der Ansicht der neue- sten Kritiker anzeigen, daß der Briefsteller mit dem Evange- listen nicht identisch sei. Baur hat zwei Stellen des Briefes erörtert, welche sich als offenbare Nachahniirngen des Evangeliums darstellen sollen. In der einen Stelle, dem Eingang des Briefes, findet er, ganz wie S. G. Lange, daß der Briefsteller durch die aus- drücklichen Anspielungen auf das Evangelium »das absichtliche, angelegentlichste Bemühen, für Eine Person mit dem Evan- gelisten gehalten zu werden«, verrathez die andere Stelle (V, S) um Einleitung. wird als eine, auch dogmatische Differenzen enthaltende Ber- wäßerung gewißer evangelischer Anschauungenbeurtheilt »Im concentrirtesten Bewußtsein nicht, wie Lücke sagt, seines apo- stolischen Verkündigungsamtes, sondern nur seiner Jdentitat mit dem Evangelistem mit welchem er sich so eng als möglich zusammenschließen will, beginnt der Berfaßer seinen Brief« (Vgl. Joh. l, 1——18. 20, 27.17, Z. I3. 21). »Wem sieht nun aber, muß man fragen, das hierin sich aussprechende Inter- esse mehr gleich, dem Verfasser des Evangeliums, welcher, wenn er auch der Verfasser des Briefs war , dieser Identität sich voraus schon bewußt war, und sie als eine sich von selbst verstehende Sache unbedenklich voraussehen konnte, oder einem Andern, welcher mit Hülfe von allem, woran er sich halten konnte, sich selbst erst in sie hineindenken mußte, um seine Leser von derselben versichern zu können? Und würde wohl der Verfasser des Evangeliums, wenn er als Verfasser des Briefs vor allem ein Zeugnis dieser Jdentität geben wollte, dies mit einer Reihe von Bestimmungen gethan haben, welche so sichtbar nur Reminiscenzen aus dem Evangelium sind ?« Diese Argumentation würde allerdings so schlagend sein, daß wir gar keine weiteren Beweise für die Baursche Ansicht be- dürften, wenn nur ein Punct in derselben erwiesen wäre, der Punkt, auf welchem die ganze Exposition ruht, welchen aber Baur einfach als unzweifelhaft angenommen hat, nämlich daß der Eingang des Briefes den Zweck habe, die Jdentitcit des Briefstellers mit dem vierten Evangelisten einleuchtend zu machen. Die angebliche Bestimmung der Eingangsverse ist aber denselben geradezu untergeschoben, so sehr sie selbst auch sich dagegen wehren. Der Briefsteller deutet in keiner Weise an, daß er jetzt wiederholt schreibe, was er schon früher einmal geschrieben haben will, sondern er bezeichnet ganz unzweideutig den Inhalt aller ächt apostolischen Verkündigung, den Inhalt auch des gegenwärtigen Briefes, welcher insofern sich für ächt apostolisch ausgiebt. Den Grund und Inhalt der apostolischen Verkündigung so zu bezeichnen, wie es geschieht, und mit den stärksten Ausdrücken zu versichert-n, daß von den Aposteln allen, Ursprung des Briefes. ux auch von ihm, dem Briefsteller, dasjenige verkündigt werde, was sie alle mit eignen Augen gesehn und mit eignen Ohren gehört haben, dazu war hinreichend Veranlaßung gegeben durch die Jrrlehrer, welche die wirkliche Offenbarung des »ewigen Lebens«, des Sohnes Gottes im Fleische leugneten. Weil nun das vierte Evangelium mit unserm Briefe wesentlich denselben Inhalt hat « nämlich den im Fleische erschienenen, von den Aposteln gesehenen Sohn Gottes — weil ferner beide Schrif- ten denselben Zweck haben — nämlich die Leser durch den Glauben an diesen Christus zum ewigen Leben zu führen — weil endlich die Verwandtschaft der beiden Schriften so nahe ist, ,,als sie nur immer bei zwei einander nahe berührenden Schriften sein kann« (a. a. O. S. 295), nämlich weil wirk- lich beide denselben Verfaßer haben, so ist es natürlich, daß die Eingangsverse des Briefes, in welchen der wesentliche Jn- halt und Zweck der gesammten apostolischen Predigt zusam- mengesaßt ist, an das anklingen, was derselbe Schriftsteller in seinem Evangelium geschrieben hat. Die Ähnlichkeit ist so groß, daß wir denselben Berfaßer erkennen; aber auf der an- dern Seite ist auch eine so signisicante Eigenthümlichkeit in dem Briefe wie in dem Evangelium zu bemerken, daß wir an eine sclavische Nachahmung und an ein absichtliches Bemühen des Briefstellers, seine Jdentität mit dem Evangelisten zu be- Urkunden, nicht denken können, sondern nur die freie Bewe- gung einer reichen Originalität anschauen. Ob der Versaßer schon sein Evangelium geschrieben hatte, als er die Eingange?- verse des Briefes schrieb, möchte sich aus diesen allein schwer- lich erweisen laßenz jedenfalls aber sprudeln die einander dran: genden Gedanken im Eingange des Briefes aus der reichen und eigenthümlichen Anschauung des Evangelisten hervor. Man fühlt es den Versen, deren Form nur mit Mühe den reichen Inhalt umspannt, an, daß der Verfaßer aus der überströmen- den Fülle einer seligen Erfahrung schöpft. Er hat noch viel mehr, als er in den engen Worten aussprechen kann. Was er meint, hat er voller, ruhiger, ebenmäßiger in seinem Evan- .gelium entfaltet; vielleicht war dieses schon geschrieben und D( Einleitung. den Lesern des Briefes bekannt, vielleicht war der Brief der frühere Erguß der erkannten und. erlebten Wahrheit, welche erst später eine lehrhaftere Darstellung im Evangelio erhielt. Härter noch als die Eingangsverse beurtheilt Baur die Stelle V, S, dieselbe Stelle, welche Köstlin mehrfach als Beweis dafür anführt, daß Brief und Evangelium ,,aus dem Geiste eines und desselben Verfassers hervorgegangen seien«, und welche Hilgenfeld als »entscheidend« für seine Ansichh daß der Eoangelist unsern Brief benutzt habe, anzieht. Bau r, mit welchem Zeller (a. a. O. S. 589) übereinstimmt, geht davon aus, daß in unserm Briefe ,,Waßer und Blut etwas Anderes bedeuten als im Evangelium II, 34.« Diese dogma- tische Differenz wollen wir sogleich, der Baurschen Erörterung nachsolgend, ins Auge saßen; hier fragt es sich nur, ob der Briefsteller die Vorstellung von dem Zeugnisse für Jesum als den Christ aus dem Evangelio entlehnt und dieselbe verdorben habe. Nach Baur bezeichnen die Ausdrücke »Waßer« und »Blut« in unserm Briefe die von Christo eingesetzten beiden christlichen Gebrauche, Taufe und Abendmahl, in welchen, als den Symbolen seiner reinigenden und versöhnenden Kraft, Chri- stus sich selbst als das bezeugt, was er als Sohn Gottes ist.« Weil nämlich das åzwsw cfH iXioseogs »auf die Einsetzung der Taufe durch Jesus« sich bezieht, »so muß doch, da dieses zwei» in dem stehenden Ritus der Taufe selbst etwas Blei- bendes geworden ist, das Gleiche der Analogie wegen von dem Ziff. d? atkxiaeog gelten, es muß auch dieses Eise» ein fort- dauerndes sein; wie läßt sich aber von dem Blute als dem Symbol des Todes, die Beziehung auf den stehenden Ritus des Abendmahls trennen?« Sehen wir vorläusig von der den dogmatischen Gehalt betreffenden Ausdeutung der evangelischen Borstellungen von dem Waßer und dem Blute selbst ab, so zeigt sich nach Baur schon in der Aufstellung der drei Zeugen an sich, besonders in der auf ,,eine leere Spielerei« hinaus- laufenden Unterscheidung des göttlichen und des menschlichen Zeugnisses die ungeschickte Hand des Briefstellers, welcher aus Joh. 5, 31 sit. und 8, 13 fll· den Gedanken, daß Gott selbst Ursprung des Briefes. Un von seinem Sohne zeuge, entnommen und der mosaischen Rechts- regel von den zwei oder drei Zeugen (Matth. 18, 16. Deut. 17, 6. 15), 15) entsprechend gemodelt haben soll. Erstlich hat der Briefsteller drei besondere Zeugen herausgebracht, in- dem er den Geist, rvelcher eigentlich nur in der Taufe (Ioh. Z, 5) und im Abendmahl zeugt, insofern also vorzugsweise als Zeuge gelten muß, neben der Taufe und neben dem Abend- mahl rechnetez zweitens aber hat er den Gegensatz des mensch- lichen und des göttlichen Zeugnisses eigentlich ganz sinnlos dargestellt. »Da die xxagwgfoe sc. Wen) auch wieder dasselbe zu ihrem Inhalte hat, wie die »aus. se. oZ--Jga57xw», und nur darum als göttliches Zeugnis pradicirt wird, weilder in Waßer und Blut zeugende Geist selbst göttlicher Natur ist, so unter- scheidet sich die »rein. e. »Es-By. von der ginge. c. A. einzig nur dadurch, daß die drei, Geist, Waßer und Blut als drei gezählt werden können. Zu welcher leeren Spielerei wird aber so die »a97. se. ais-By» wenn sie in nichts Anderem besteht, als in dem numerischen Verhältnis jener drei zu einander, und selbst dies sogleich wieder dadurch von selbst sich aufhebt, daß gesagt wird, der in jenen drei Zeugende sei Gott?« Kein selbständiger Schriftsteller, sagt also Baur, geschweige denn Johannes, könne so schreiben, sondern nur ein solcher, »der den Stoss seines Schreibens erst aus dem Evangelium zusam- mensuchte, und durch die nun schon zu ihrer sixirten Bedeu- tung gekommenen beiden christlichen Gebrauche an die jenen Stellen im Evangelium zu Grunde liegende Zweiheit oder Dreiheit von Zeugen erinnert wurde« Wenn die Stellung, welche wir oben bei der Darstellung des Briefinhaltes dem Ab- schnitte V, 6 fll. angewiesen haben, dem Organismus des Schreibens entspricht, so muß esum so deutlicher einleuchten, daß die Baursche Beurtheilung dieses Abschnittes in dem Texte keinen Grund hat. Vielleicht kann der Umstand, daß Baur gerade in den beiden Stellen des Briefes, l, 1fl. und V, 6 fll. die Spuren des ungeschickten Nachahmens finden will, für ein Anzeichen gelten, daß die oben erörterte Correlation des apostolifchen Augenzeugnisses (I, 1 fll.) und des in den Lesern um; Einleitung. Evangelisten als stehende christliche Gebräuche« wohl bekannt, aber ,,er betrachtet sie nur nach ihrer innerlikhen subjektiven Seite und schweigt deshalb lieber ganz von ihnen da, wo er von ihnen nur als von äußern, von Jesu eingesetzten Formen sprechen wüßte«; der Briefsteller dagegen »weiß diese sacra- mentlichen Symbole nur in der hergebrachten Bedeutung zu nehmen, wie es scheint, ohne auch nur zu ahnen, wie wenig dies der johanneischen Ljnschauungsweise gemäß ist.« —- Was gegen diese Argumentation gesagt werden muß, liegt so sehr auf der Hand, daß es für jeden Unbesangenen nicht gesagt zu werden braucht, während Baur, der es nun einmal nicht fühlt, wie sehr er dem Texte Gewalt anthut, nicht wohl durch Gegenbemerkungen überzeugt werden kann, deren Bedeutung er nicht anerkennen wird. Wer den Unterschied von Joh.7, 38 und 19, 34 nicht selbst versteht, dem ist derselbe schwerlich zu beweisen. Daß dort in einer bildlichen Redeweise von Strö- men des lebendigen Waßers, welche aus der uoczia des Gläubigen strömen sollen, d. h. von dem heiligen Geiste (V. 39), welchen der Gläubige empfangen (V. 37) und nach außen hin bethätigen wird, die Rede sei, während der Evan- gelist19,33sll. in der einfältigsten Geschichtserzählung von der Seite (7x,ieä9u) des Herrn spricht, welche ein Kriegsknecht mit seiner Lanze durchbohrt, so daß aus der Wunde Blut und Waßer hervorquilly daß also die beiden Stellen gar nichts mit einander zu thun haben, das ist ebenso wenig er- weislich, als man einem Blinden oder durch eine gefärbte Brille Sehenden den Unterschied der Farben anschaulich ma- chen kann. Freilich ist nach Johannes durch den Tod des Herrn der heilige Geist zur Mittheilung an die Welt gleichsam entbunden, aber folgt hieraus, daß das ,,lebendige Waßer« (7, 38) identisch ist mit dem Waßer, welches mit Blut vor dsen Augen des Evangelisten (19, 35) aus der durchstochencn Seite des Gekreuzigten gefloßen ists Der von Baur ange- führte Apollinaris hat offenbar die Erzählung des Evange- listen in ähnlicher Weise ausgedeutet, wie der von Grimm mit Recht verglichene Augustin, welcher (c. Maximirk III, 22) Ursprung des Briefes. rxv sagt, man könne, gleichwie 1Joh. V Geist, Waßer und Blut als drei Zeugen aufgeführt würden, so auch Joh. 19 in den drei von dem Leibe des Herrn ausgehenden Dingen eine An- deutung der Trinität finden, indem der von dem Herrn aus- gehauchte Geist (Joh. 19, 30) den Vater, nach Joh. 4, 24, das aus der Seite des Herrn sließende Blut den Sohn, wel- cher Fleisch geworden, und das Waßer den heiligen Geist, nach Joh. 7, 39, bezeichnr. Niemand wird meinen, daß Au- gustin mit« dieser Deutelei den Sinn des Evangelisten ge- troffen habe. Apollinaris aber hat seine im Wesentlichen ebenso textwidrige Auslegung nur nicht so weit ausgebildet, wie jener, obwohl auch dieser deutlich zeigt, nicht daß er ,,eine schon unabhängig vom Evangelium vorhandene Borstellung«, die auch der Evangelist sich angeeignet haben soll, aussprichh sondern daß er die einsachen Worte der evangelischen Erzäh- lung beliebter Weise mißverstanden hat. Andere dogmatische Differenzen, aus welchen die neuesten Kritiker aus die Priorität entweder des ersten Briefes oder des Evangeliums des Johannes schließen, sind folgende. Die escha- tologischen Vorstellungen des Briefes (ll, 18. 23. lll, T) faßt Zeller (a. a. O. 1845. S. 588) mit der Anschauung von dem Paraklet zusammen und urtheilt, indem er den Brief einer frühem dogmatischen Entwickelungssorm zuweist, daß der Brief noch von einer äußern Parusie rede, das Evangelium dagegen (14, 3.18sl. 23. 16,16. 22) diese Vorstellung ,,deut- lich genug in die Idee der innern Parusie auflöse.« Der Grund dieses Unterschiedes, sagt Zeller, liege darin, daß der Brief »die dem Evangelium eigenthiimliche Bestitnmung des Geistes als eines Sprincips fortgehender Entwicklung, die Idee des spakakceh nicht habe. De: »«g«i«z»»; ist ihm Chkistus (Il,1), den Geist kennt er noch nicht als den eiiziog nagst-siege« (Joh.14,16), sondern erst als das zpsoxxa(ll,20.27).« Baur dagegen faßt die eschatologischen Borstellungen des Briefes und des Evangeliums, ohne weiter auf den innern Zusammenhang derselben mit andern dogmatischen Ideen zu achten, ins Auge, indem er auch in den eschatologifchen Bestimmungen die ,,ma- Um Einleitung. teriellere und äußerlichere Anschauungsweise« des Briefes und die ,,ideellere und innerlichere« Anschauungsweise des Evan- geliums wiedersindet Das Evangelium kennt überhaupt keine ,,sichtbare materielle Parusie«, erwartet dieselbe noch weniger ganz in der Nähe, hat keine Spur von einem Antichrish be- trachtet vielmehr »den Sieg über das böse Princip als einen schon durch den Tod Jesu vollendeten. Wozu sollte also der schon in seine Herrlichkeit eingegangene Christus erst wieder kommen« Die Jdee von dem Paraklet aber combinirt Baue mit der Sühnvorstellung des Briefes (l, 7. H, 2. lV,10), von welcher schon de Wette (Einl. S. 332) bemerkt habe, daß sie im Evangelium (1, 29. 6, 51) nicht genug Bestätigung sinde. »Von einem Mag-ed; ist wenigstens im Evangelium nirgends die Rede. Diese Idee paßt weit mehr in den Ideenkreis des Hebräerbriefs, wohin auch der nagst-»Wie;- gehört. Jn dem Paraklet wird Christus als der für uns bittende Hohepriester wie im Hebräerbriefe dargestellt. — Wenn auch diese An- sicht vom Tode Jesu mit dem Evangelium sich vereinigen läßt, so werden doch durch sie in die johanneische Borstel- lung vom Verhältnis Jesu zu den an ihn Glaubenden ver- mittelnde Begriffe eingeschoben, aus deren Nichterwähnung im Evangelium zu schließen ist, daß sie dem Gesichtskreis des Evangelisten wenigstens ferne lagen. Mag der Verfaßer des Briefs den Geist als »den cjtzzog nagst-zwee- gekannt haben oder nicht, in jedem Falle wußte er sich diese Vorstellung nicht im Sinne des Evangeliums anzueignen, in welchem der sitz— zog· nagainzskscog damit zusammenhängh daß das Evangelium überhaupt zwischen dem verherrlichte« Christus und dem von ihm ausgehenden Geist, in welchem er selbst wieder kommt, im Grunde nur einen fließenden Unterschied anzunehmen scheint.« So Paar. Hilgenfeld aber erörtert (a. a. O. S. 334 sl.) die eschatologischen Vorstellungen der johanneischen Schriften wiederum im Sinne Zellersr »Theilt der Brief noch die urchristliche Erwartung eines allgemeinen Weltgerichts durch Christum, liegt ihm der Tag des Weltgerichts noch in der Zu- kunft, so ist diese Vorstellung in ihrer Äußerlichkeit in dem Ursprung des Briefes. um! Evangelium schon überwunden, das Weltgericht ist schon in die Vergangenheit zurückverlegh in dem Tode des Erlösers bereits geschehen (l2, 31).« Über die Idee des Paraklet aber äußert sich Hilgenfeld (S. 329 fl.) also: »Es giebt über- haupt kaum ein schlagenderes Zeugniß dafür, daß der Brief nicht in dem Verhältnis der Abhängigkeit zu dem Evangelium sieht, —— als dieses Fehlen der Idee des Paraklet, als einer von dem Erlbser verschiedenen Hypostasexs Gerade indem das Evangelium den heiligen Geist als einen andern Paraklet bezeichne, erweise es sich als die spätere Schrift, weil der Brief nur Jesum als den Paraklet kenne. — In Hinsicht auf die eschatologischen Vorstellungen des Briefes und des Evangeliums haben auch de Wette (a. a. O.), Köstlin (a.a. O. S. 277) und Reuß (Beitr. I. S· 80 sll.) eine gewiße Verschiedenheit der beiden Schriften anerkannt, jedoch ohne hieraus aus verschiedene Versaßer derselben zu schließen; viel- mehr haben Köstlin und besonders Reuß ausdrücklich die tiefere Einheit nachzuweisen gesucht. Dem Letztern ist dies freilich um so weniger gelungen, je mehr er mit den neusten Kritikern in der Anstcht übereinstimmh daß in dem johannei- schen Evangelium die gewöhnlichen eschatologischen Vorstellum gen, nämlich von einer wirklichen Todtenerweckung und von einer factischen Wiederkunft des Herrn zum allgemeinen Welt- gerichte, »entweder ganz fehlen oder nur in populären Redens- arten vorkommen und so vereinzelt stehn, daß sie den theolo- gischen Kern des Systems nicht berühren« Der Wortlaut der evangelischen Stelle 5, 28 fl. spricht vergeblich gegen diese Be- hauptung, indem Reuß urtheilt, daß hier »die geistige Todten- erweckung mit der physischen verglichen und gleichsam (!)durch letztere erklärt, zugleich aber für etwas Größeres erklärtwerde.« Reuß hat aus demselben Grunde die evangelischen Aussprüche des Johannes über die wirkliche Todtenerweckung und das wirk- liche Endgericht mißverstanden, aus welchem er, in ähnlicher Weise wie die neuesten Kritiker, die innere Zusammengehörig- keit des äußerlichen Endgerichtes durch den wiedererscheinenden Herrn und des innerlichen, fortlaufenden Gerichtcs über die es« xxvnt Einleitung. Welt durch den Geist, durch den Paraklet, mißverstanden hat. Bei den neuesten Kritikern — ob auch bei Reuß, ist nicht zu ersehn — ruht die falsche Beurtheilung des johanneischen Brie- fes wie des Evangeliums in Ansehung der eschatologischen Vorstellungen auf der Grundvorausfetzung, daß es überhaupt kein wirkliches Endgericht und keine Wiederkunft des Herrn gebe; denn wenn wir auch nicht behaupten wollen, daß das Schlußwort der St rauß ifchen Dogmatih nach welchem das Jen- seitsüberhaupt der letzte Feind ist, welcher von der Spekula- tion zu bekämpfen und ,,wo möglich« zu überwinden ist, der Wahlfpruch der gesatnmten fpeculativen Kritik sei, so wird doch Schweglers Urtheil (Nachapostol. Zeitalt I, 110) als Urtheil der ganzen Schule gelten können: die Erwartung der Parusie, sagt Schwegler, ist nur eine andere Wendung und Einkleidung des gewöhnlichen jüdischen Mefsiasglaubens, hat ihren Ursprung eigentlich einzig in dem jüdischen Ärgernis vom Kreuzestode, ruht also ganz auf den Grundanschauungen des Judenthums, ist eine fortdauernde Vermischung von Jüdischem und Christlichem Aus dieser theologischen Anschauung ergiebt es sich, daß die Kritik, welche die Apokalypse als eine Schrift des Apostels Johannes ansieht, weil dieselbe auch in ihren efchatologifchen Vorstellungen noch völlig in den jiidischen Irr- thümernbefangen sei, das Evangelium dem Apostel abspricht, weil dieses die materielle, sinnliche, jüdische Anfchauungsweise überwunden und denideellem geistigen, freien Standpunkt gewonnen habe. Was aber das Verhältnis des ersten Briefes zu dem Evangelium des Johannes betrifft, so ist es gewiß konsequente« daß Zeller und Hilgenfeld den Brief auch wegen seiner materiellen judaisirenden Eschatologie vor die Zeit des Evangeliums stellen, als wenn Baur denselben als eine die evangelischen Ideen verderbende und ins Sinnliche herab- ziehende Schrift ansieht Unsere Aufgabe kann hier nur sein, nachzuweifety daß die angeblichen dogmatifchen Vorstellungen des Briefes und des Evangeliums nicht vorhanden sind. Die Ethik der johanneifchen Vorstellungen über das Endgericht bei der Parusie des Herrn im Zusammenhange mit den Vorstel- Ursprung des Briefes. um: lungen von dem Paraklet oder dem ,,Princip fortgehender Ent- wickelung« ist im Briefe ganz dieselbe, wie im Evangelium, und sowenig als im Briefe die Idee des Geistes als des kri- tischen und die endliche Krisis anbahnenden Sprincipes fehlt, ebenso wenig fehlt im Evangelium die Vorstellung der wirkli- chen Parusie. Dem Briese zufolge sind die Gläubigen schon wirklich aus dem Tode zum Leben hiniibergegangen (Ill, 14), sind schon Gottes Kinder (lll, 2), haben das ewige Leben, weil sie den Sohn und den Vater (ll, 23 fll. V, 11 sll.) und den heiligen Geist haben (lll, 24). Jnsofern erwartet sie also kein Gericht mehr, oder vielmehr das Gericht, welches der Herr bei seiner Wiederkunft über alle Welt halten wird, ist für sie kein Gericht, das sie schrecken kann, bei welchem sie beschämt und verworfen werden können, sondern ein Gericht, bei welchem sie die frohe Zuversicht lcingst begnadigter Kinder haben werden (Il, 28), ein Tag, an welchem das volle Erbe, welches die Kinder schon in der Zeit gehabt haben, ihnen ge- geben wird (IlI, 2), an welchem gerade darin sirh das Voll- endetsein ihrer Kindesliebe herrlich erproben wird, daß sie als- dann Zuversicht haben können und werden (IV,17). Der künf- tige Gerichtstag in seiner sactischen Wirklichkeit vollendet also abschließend das Leben, welches die Gliiubigen schon auf Er- den in der Gemeinschaft mit Christo, im Besitze des heiligen Geistes gehabt und bewährt (II, 12 fll. Hi, 9· V, 1 u.s.w.) haben. Wie sich kraft des in der Welt wirksamen Geistes schon in der Zeit an den Ungläubigen das Gericht vorberei- tend vollzieht (Il, 8.19), so haben auch die Gltiubigcn in dem irdischen Leben an dem Geiste das Princip ihrer heiligen und seligen Entwickelung, einer Entwickelung, welche für sie in dem Endgerichte durch den Herrn, von welchem sie den Geist be- kommen und bewahrt haben, ebenso beseligend vollendet wird, als für die Ungläubigem welche dem Herrn und seinem Geiste widerstanden haben, derselbe Herr als verdammenderRichter erscheint, durch dessen Geist sie sich in ihrer Finsternis nicht haben erleuchtet: laßen wollen. Dieselbe originelle Anschauung tritt uns auch in dem Evangelium entgegen. Unmittelbar ne- Un( Einleitung. ben dem Satze, daß die Gliiubigen schon in dem irdischen Leben das ewige Leben haben und aus dem Tode zum Leben durch- gedrungen sind (Ioh. Z, 24. Vgl. 6, 39 sl.), steht die nach dem derben Ausdrucke unzweideutige Vorstellung von der letz- ten Stunde, von dem Tage des Gerichtes, in welchem nicht allein die Unglciubigen, sondern auch die Gläubigem »die da Gutes gethan haben «, gerichtet werden sollen. Für jene ist die Auferstehung eine Auserstehung des Gerichts —- es vollen- detsich das Gericht, unter dem sie schon im irdischen Leben ge- standen haben ——, für diese eine Auserstehung des Lebens. Für jene ist das Gericht wirklich ein Gericht, für diese ist es kein Gericht, sondern eine Beseligung, die Vollendung des Ge- richtes, welches fre schon damals erlebt haben, als sie aus dem Tode ins Leben hinübergingen, als sie mit Christo starben um mit ihm aufzuerstehm Nach diesem Zusammenhange der jo- hanneischen Anschauung ist besonders auf Baurs Frage, wozu der schon in seine Herrlichkeit eingegangene Christus erst wie- derkommen, inwiefern der schon durch den Tod des Herrn voll- endete Sieg über das böse Princip erst durch die Parusie des Herrn vollendet werden könne, zu antworten, daß nicht ob- gleich, sondern gerade weil Christus in die Herrlichkeit einge- gangen ist, er als der Verherrlichte wiederkommen und sich aller Welt offenbaren wird, daß nicht obgleich, sondern weil das böse Princip von Ehristo— und sogar auch von den Gläu- bigen (l1, 14) — schon besiegt ist, dieser Sieg im Endgerichte auch für die Ewigkeit vollzogen und faktisch vollendet werden wird, nachdem bis dahin der wegen des Sieges Ehristi sieg- reiche Kampf des Lichtes gegen die Finsternis, der Gltiubigen gegen die Welt, gedauert hat und zum ewigen Abschluß ge- diehen ist. Gerade weil Johannes die Entwickelung der Welt nach einem lebendigen Principe kennt, deshalb kennt er auch den Abschluß dieser Entwickelung. Die That des Herrn, der für das Leben der Welt sich dahingegeben hat, hat die Ent- wickelung begonnen, den Sieg gewonnen, das Gericht wie ein Feuer in die Welt geworfen; eine That desselben Herrn wird diese Entwickelung ewig abschließem Das ist der Sinn, den Ursprung des Briefes. rxxt wir wenigstens in der gesarnnrten Eschatologie des johannei- schen Evangeliums wie des Briefes finden. Der wesentliche Gehalt der eschatologischen Vorstellungeiy besonders das eigen- thümliche ethische Temperament derselben, ist in beiden Schrif- ten durchaus gleich. Deshalb würde wenig darauf ankommen, wenn auch wirklich in der Faßung und Bezeichnung einzelner Momente die von den neuesten Kritikern geltend gemachtcn Differenzen stattfändem Es ist aber keine andere vorhanden, als daß im Evangelium der Name ciwixgrocog fehlt. Das gegenwärtige Dasein der »letzten Stunde« setzt das Evange- lium (5,25. 12, 31) in derselben Weise voraus wie der Brief (Il, 18); keine der beiden Schriften redet von der unmittelba- ren Nähe der Parusie, als des endlichen Abschlußes der Krisis (vgl. die Erklärung von II, 18), obwohl beide den dereinstigen Eintritt des Tages, an welchem der Herr die Todten aufer- wecken und alle Welt richten wird, erwarten; diese gleiche An- schauung ist aber auch im Evangelium der Grund, auf wel- chem die Vorstellung von dem Antichrist sich erheben würde, wenn der Evangelist, gleich dem Briefsteller, Veranlaßung ge- habt hätte, auch nach dieser Seite hin den lebendigen Zusam- menhang zwischen dem gegenwärtigen, fortgehenden und dem endlichen Gerichte aufzudecken —- Noch leichter erledigt sich das von Baur wegen der Sühnvorstellung, welche dem ersten johanneischen Briefe und dem Hebräerbriefe eigenthümlich sein soll, erhobene Bedenken. Der Brief spricht nur das allen Apo- steln gemeinsame Bewußtsein aus, daß wir durch Christi Tod mit Gott versöhnt sind, und zwar in derselben Weise wie das Evangelium Johannis (vgl. Köstliw S. 179 fll.). Sollten wirklich Stellen wie Joh.1,29. 3,14 sit. S, 56. 10, 1l. nicht genügen, um aus dem Evangelium die Vorstellung von un- serer Versöhnung durch Christum zu bestätigen, wenn es über- haupt auf einzelne Stellen ankömmt? Was ist denn die Mei- nung des Johannes, wenn er von der Liebe Christi, »der die Seinen bis ans Ende geliebt hat, redet (Joh. 13, l. 15,13), wenn er das hohepriesterliche Gebet des Herrn auszeichnet, wenn er Fleischwerdung Leiden und Sterben des Herrn erzählt? Lxxn Einleitung. Auch wenn der Evangelist nicht das »Für Euch« dabei ge- schrieben hätte (20, 31), würde jedes gläubige Herz es leicht merken. Im Zusammenhange mit der Sühnvorstellung aber hat der heilige Geist in den beiden johanncischen Schristen ebenso wenig eine verschiedene Stellung, wie im Zusammen- hange mit den efchatologischen Vorstellungen. Baur leugnet nicht einmal, daß der Briefsteller den Geist als den »andern Paraklet« gekannt habe; er kann das auch nicht leugnen, weil der Briefsteller das Evangelium benutzt haben soll. Anders steht die Sache bei Zeller und Hilgenfeld. Nach ihnen soll der Brieffteller den Geist erst als zpsoxca kennen, nicht schon als wahrt-Away. Warum sagt man nicht auch: »erst als answer)- (lll, 9)«? Aber die Bezeichnungen des Geistes als Zgsaxsa oder als aus«-o- haben mit der Bezeichnung als cis-Ums; napoisczszsoe durchaus nichts zu thun und dürfen des- halb gar nicht in den Gegensatz von »erst« und »schon« ge- stellt werden; man würde fonst auch sagen- können, daß der Evangelist 7, 38 den Geist erst als Waßer, dagegen 14, 16 schon als Paraklet kenne. Johannes denkt im Evangelium wie im Briese den heiligen Geist, mit welchem Namen er auch das reiche Wesen desselben beschreibt, als die von Christo ge- gebene, durch den Tod des Herrn zur Mittheilung an die Welt gebrachte göttliche Lebenskraft. Durch diese ist das neue Leben der Gläubigem als der gewordenen Kinder Gottes erzeugt (I1l, 9. Joh. 3, 5. 1- 12);. dukch dieselbe habe» sie die lebe«- dig machende und erhaltende Wahrheit empfangen (ll, 20. 27. Joh. 14, 16 il. 16, 13). Der Geist, welchen die Glciubigen haben, ist das Wahrzeichem das Unterpfand, ja der eigentliche Faktor ihrer Kindschafh und deshalb der Quell ihrer Freude, ihrer Zuversicht, ihres Trostes (lll, 21 fll. W, 13. V, S. II. Joh. 16, 7 fll.). So leuchtet ein, daß der heilige Geist, der ja auch ein »anderer Paraklet« heißt, in einer andern Be- ziehung, als der Herr selbst, Paraklet genanntwird, so gewiß auch im Wesentlichen der Geist, von dem Herrn gesandt, aus der Fiille des Herrn nehmend, das Wort des Herrn treibend und vollendend, den Herrn selbst verklärend (Joh.16,14), in Ursprung des Briefes. um» solcher Zugehörigkeit zu dem Herrn angeschaut werden muß, daß beide mit dem einen Namen »Paraklet« bezeichnet wer- den können. Das Heilswerk in den Gläubigen erfcheint bei Johannes als ein dem Herrn und dem Geiste gemeinsames. Es geschieht von dem Herrn durch den Geist. Die Erzeugung, die Bewahrung und Bollendung des ewigen Lebens in dem Menschen ist das Objekt der gesammten parakletischen Wirk- samkeit Christi und seines Geistesz werden aber die einzelnen Momente im Leben der Gläubigen angeschaut, so erscheinen sie theils als Wirkungen der parakletisehen Funktion Christi, theils als Erweisungen des andern Paraklets, des von dem Herrn gegebenen Geistes Christus ist der Paraklet für die sich ver- fehlenden Gläubigen (Il, 1), weil er, als der Stifter ihrer Ber- söhnung, als ihr ewiger Hoherpriester für sie bittetz der heilige Geist aber heißt deshalb der Parakleh weil. er die Gläubigen fortwährend in alle Wahrheit leitet (Joh. 14, 16 fl.), ihnen dieselbe bewahrt, bezeugt, bekräftigh die Ungläubigen aber rich- tet (Joh. 16, 7 fll.). Und doch ist mit demselben Rechte zu sagen, daß der Geist uns vertritt (Röm.8, 26), und daß Chri- stus uns erleuchtet (Epl). 5, 14). - Die Differenz, welche man in der Vorstellung vom Paraklet zwischen dem ersten Briefe des Johannes und seinem Evangelium zu finden gemeint hat, besteht nur darin, daß in dem Briese allein von Christo eine Bezeichnung gebraucht ist, welche nach der einstimmigen An- fchauungsweise des Briefes und des Evangeliums von Christo und von dem heiligen Geiste gebraucht werden kann und im Evangelium wirklich von beiden gebraucht ist. Eine dogmati- sche Differenz ist also gar nicht vorhanden; und daß der Aus- druck Auges-sähen; zur Bezeichnung des Geistes im Briefe fehlt, erscheint so irrelevant, daß auch Baur hierauf wenig oder gar kein Gewicht legt. Außer den bisher erörterten dogmatifchen Differenzen, welche auf verschiedene Berfaßer des johanneischen Evangeliums nnd des ersten Briefes führen sollten, sind von Hilgenseld (a. a. O. S. 325 fll.) noch zwei Punkte bezeichnet, in denen er dogniatifche Differenzen anzuerkennen geneigt ist. ,,Zunc’ichst kxxtv Einleitung. möchte es als eine Differenz der Vorstellung angesehn werden können, daß in dem Briefe Gott selbst was; genannt wird, während dieses im Evangelium nur Prädikat des Logos ist«« Dazu sindet Hilgenfeld auch die Vorstellung des Briefes (l, 7), daß Gott »im Lichte« sei, so »materiell und riiumlich«, daß der Evangelist sich dieselbe nicht habe aneignen können. Allein erstlich zeigt schon die ungezwungene Vertauschung der Vorstellungen »Gott ist Licht« und »Gott ist im Lichte-«, wie wenig materiell und rciumlich, vielmehr wie sehr lebendig und geistig der Briefsteller das Wesen Gottes auffaßt, um daraus die ethische Norm für den Wandel derjenigen, welche mit die- sem Gott Gemeinschaft haben wollen, zu entwickeln. Zweitens aber kann man unmöglich darin eine dogmatische Differenz sinden, wenn das Evangelium den Logos ,,das Licht der Men- schen, der Welt, das Licht, welches in der Finsternis scheint, welches die Welt erleuchtet« u. s. w. nennt (Joh. l, 4. 5. 7. 9. 8, 12. 9, 5. 12, 35), während der Briefsteller Gottes heiliges Wesen als ,,Lirht« anschaut, gleichwie er es als »Liebe« be- schreibt (1V, 8. 16), weil von verschiedenen Subjecten verschie- dene Dinge ausgesagt werden. Der Ausdruck pas; ist aber schon nach dem alttestamentlichen Sprachgebrauche so inhalts- schwer und beziehungsreich, daß man schwerlich darin ein Be- denken sinden wird, wenn Johannes mancherlei Momente sei- ner lebensvollen Anfchauung in jenes tiefsinnige Wort klei- det— Die andere dogmatische Differenz ruht auf der »große- sten Wahrscheinlichkeih daß dem Briefe die Jdee des persön- lichen Logos noch fremd war-«. Hilgenfeld meint ncimlich, daß der Brief von einer Jmmanenz des göttlichen zäyog in den Gläubigen ganz in derselben Weise rede, wie von der Im- manenz der Wahrheit (I, 8), der Liebe des Vaters (ll,15. Hi, 17), des zgsoxsex (ll, 27), des wish-«;- (lll, 9) und des ewi- gen Lebens (llI, 15), welches alles IV, l2—-17 in dem Sein Gottes selbst in uns zusammengefaßt werde (S. 329). Aller- dings kömmt der Ausdruck eI zdyoc zur Bezeichnung der gött- lichen Natur Ehristi in unserm Briefe ebenso wenig vor, als in dem Evangelium außerhalb des Prologsz aber daß der Ursprung des Briefes. tm Brief in durchaus derselben Weise wie das Evangelium die Jdee des Logos und zwar des persönlichen, vorweltlichen, im Flei- sche erschienenen Logos hat, zeigt sast jeder Satz des Briefes. Wir gestehn wenigstens, daß wir, um nur irgendeine Stelle zu nennen, in dem, was l, 2 s; Ins-J s,- aiam irr-i. genannt wird, nichts Anderes als den persönlichen Logos, von welchem der Evangelist im Prologe schreibt, erkennen können, und daß wir weder die Polemik des Briesstellers gegen solche Jrrlehrerz welche die Erscheinung Christi im Fleische leugneten, noch die den ganzen Brief tragende Anschauung, daß Christus als der tnenschgewordene Sohn Gottes das ewige Leben giebt, begrei- fen können, wenn der Briefsieller nicht die von Hilgenfeld vermißte Vorstellung wirklich hatte. Die Ansicht, daß der erste johanneische Brief von einem andern Verfaßer geschrieben sei, als von dem vierten Evange- listen, hat also unsern Beifall nicht finden können. Wenden wir uns jetzt zu der Frage: Z. Jst der Brief oder das Evangelium für die frühere Schrift zu halten? Wir haben schon oben darauf hingewiesen, wie ausfallend es sein würde, wenn man nicht, falls wirklich die eine der beiden Schriften von dem Verfaßer der andern benutzt oder gar geist- los benutzt wäre, das Vorbild von dem Nachbilde unzweifel- haft unterscheiden könnte, wie natürlich aber auf der andern Seite unter der, wie wir gesehn haben, wohlbegründeten Vor- aussetzung, daß beide Schriften von einer Hand verfaßt find, die Schwierigkeit erscheint, die Priorität der einen oder der andern Schrift zu bestimmen, da sie sich nicht ausdrücklich nnd absichtlich auf einander beziehen. Die Frage verschlägt aber auch fiir das Verständnis und die Beurtheilung des Briefes wenig oder nichts. Abgesehn von den neuesten Kritikern, de- ren Interesse an der Beantwortung der angeregten Frage wir theils schon kennen gelernt haben, theils noch weiter bei der Untersuchung der johanneifchen Authentie unsers Briefes ken- nen lernen werden, hat man entweder, indem man eine gewiße äußere Zufammengehörigkeit des Briefes und des Evangeliums Esss «««««««« ps- Lxxvc Einleitung. Johannis annahm (vgl. S. xxx1v), in dem Briefe das Evan- gelium ausdrücklich vorausgesetzt gefunden, oder man hat, um überhaupt die Abfaßungszeit des Briefes» zu bestimmen, das Evangelium verglichen, wobei dieses meistens als die frühere Schrift angesehn wurde. Hierüber wird unten noch ein Wort zu sagen sein. s « Wenn man aus der Vergleichung der literarischen Eigen- thiimlichkeit der beiden Schriften, ohne irgendein anderes kri- tifches Jnteresse, nur die Priorität der einen oder der andern bestimmen will, so wird man mit Lücke, welchem auch Brück- ner nachfolgt, sagen dürfen, daß höchst wahrscheinlich das Evangelium die ältere Schrift sei. Absichtlich bezieht sich der Brief allerdings nirgends auf das Evangelium, aber mit Recht hat Lücke geurtheilt, daß die Haltung des Briefes in seinen lehrhaften und in seinen polemischen Sätzen der Art sei, daß die im Evangelio gegebene Entwickelung als den Lesern be- kannt vorausgesetzt erscheine. Entscheidend ist dieser Eindruck, welchen der Brief macht, freilich nicht; man könnte immerhin annehmen, daß der Apostel die mündlich von ihm ertheilten Unterweisungen voraussetzte Aber man muß die feine Be- merkung Lückes hinzunehmen, daß »in der Regel der kürzere, contrahirte Ausdruck eines und desselbigen Schriststellers, be- sonders bei eigenthümlichen Ideen, immer der spätere, der aus- fiihrlichere aber, die Idee gleichsam erst entfaltende und ge- staltende, der sriihere« sei (a. a. O. S. 22). In diesem Sinne vergleicht Lücke nicht nur den ganzen Eingang des Briefes mit der evangelischen Lehrentwickelung, sondern erklärt auch mehrere einzelne ,,abbrevirte Formeln« des Briefes (l, 1. Z. W, 2) aus den ,,ausführlicheren und verständlicheren« Formeln des vorangegangenen Evangeliums (I, 1fll. 14.). Das deut- lichste Anzeichen davon, daß unser Brief nach dem Evangelium geschrieben sei, sinden wir in den Eingangsversem nicht nur weil die kiirzern Formeln auf eine vorangegangene Ausfüh- rung hindeuten, sondern auch weil iiberhaupt die psychologische Wahrheit der relativischen Anlage und die innere Berechtigung der schwierigen, bei aller Ebenmäßigkeit im Ganzen doch im Ursprung des Briefes. most! Einzelnen abgerißenen, mit Andeutungen sich begnügenden, die nothwendigen Mittelglieder parenthetisch nachbringenden Eonreption und Gestaltung des ganzen Satzes darauf zu be- ruhen scheint, daß der Briessteller dieselben Gedanken schon friiber einmal in vollerem Zusammenhange nicht nur mündlich gepredigt, sondern schriftlich entwickelt hatte. Vielleicht darf man auch in der smnreichen Darstellung des Liebesgebotes (ll, 7), welches einmal ,,nicht neu, alt«, und doch wiederum ,,neu« genannt wird, eine Erinnerung an das geschriebene Evange- lium (13, 34) erkennen. Baur (a. a. O. 1848. S. 311) will auch an dieser Stelle den Briefsteller über einer Nachah- mung des Evangeliums ertappen. Der Berfaßer des Briefes, sagt Baur, will nach dem Evangelium das Liebesgebot ein neues nennen, »und doch kommt ihm die Reflexiom es könne nicht in demselben Sinne, in welchem es Jesus im Evangelium so nannte, auch jetzt noch so genannt werden. Daher macht er die Unterscheidung, es sei sowohl ein altes als ein neues, ein altes, weil sie es schon »Ja« klgzøsg (auch dieser Ausdruck ist ganz in demselben Sinne aus dem Ev. 15, 27 genommen) gehabt ha- ben, ein neues, weil das, was das Wesen der Bruderliebe ausmacht, daß man dem Lichte angehört, auf derselben noch immer vor sich gehenden Scheidung des Lichtes und der Fin- sternis, die mit der Erscheinung des wahren Lichtes ihren An: fang genommen hat, beruht« Umgekehrt sindet Hilgenseld (a. a. O. S. 332 fl.), daß der Briefsteller das alte Gebot der Liebe ,,noch gar nicht in der Weise wie Ev. 13, 34 als ein absolut neues dargesiellt« habe, wenngleich dadurch, daß dem »durch Christum wiederholten Gebote ein hohes Alterthum bei- gelegt« werde, der Briefsteller sich als ein lange nach der Zeit der ersten Verbreitung des Christenthums Schreibender verrathe (vgl. dagegen Briickner zu II, 7). Baurs Bemerkung trifft schon deshalb nicht zu, weil der Briefsteller nicht von der Be- nennung »neu« ausgeht und dabei aus die angebliche Reslexion kömmt, vielmehr umgekehrt zuerst in paränetischem Interesse die Leser daran erinnert, daß das eingesrhärfte Gebot der Bru- derliebe nach Christi Vorbilde ,,nicht neu-«, sondern so »alt« Evas cccccccc a«- mtvnt Einleitung. sei, als ihr Ehristenthum überhaupt (das eisfaipzsjsc bezieht stch auf den Anfang der Leser im Ehristenthum, hat also mit Ich. 15, 27 nichts zu thun) und dann erst im Sinne von Joh. IS, 34 die Kehrfeite (7roZÄ«- Furt-Ähn- mrpæsw V. 8) heraus- hebt, die Neuheit jenes Gebotes, welche aber für die Christen eben darin besteht, daß die Liebe naclfEhristi Vorbild, in der Lebensgemeinschaft mit dem Herrn, in seiner Kraft geübt wird. Bon einer mißlungenen Nachahmung des Evangeliums ist also keine Spur vorhanden; möglich aber ist, daß Johannes, in- dem er die Vorstellung auf-am? von vorn herein durch m? sen-»F ausdrückt« weil er den witzigen Gegensatz von ou« sen-w; Hals-»F) und aus«; im Sinne hatte, an den Aus- spruch des Herrn über die Neuheit des Liebesgebotes, welchen er selbst in seinem Evangelium schon niedergeschrieben hatte, dachte. Die smnreiche Rede mit ihrem originellen Gegensatze von ,,alt« und ,,neu« erscheint von vorn herein noch frappan- ter, wenn man annehmen kann, daß die Leser die Erzählung Joh. 13 in Händen hatten; nothwendig folgt aber diese An- nahme aus der Haltung unseres Briefes nicht. 3. Jst der Brief von dem Apostel Johannes geschrieben? Wenn das vierte Evangelium ein Werk des Apostels Johan- nes ist, so kann für uns, da wir den ersten Brief dem Ber- saßer des Evangeliums vindicirt haben, die johanneifche Au- thentie des Briefes nicht mehr zweifelhaft sein. Jndessen kömmt es um so mehr darauf an, die Authentie unseres Briefes ins- besondere zu erweisen, weil die äußeren Zeugnisfe für denselben unmittelbarer und bestimmter sind, als die für das Evangelium, und insofern die Authenticität des Evangeliums beßer durch den ersten Brief, als umgekehrt, gesichert erscheint. An der johanneischen Authentie des ersten Briefes, für welchen zwei unmittelbare Schüler des Apostels, Polycarp (Ep. ad Phj1. c. 7) und Papias (bei Eusebius, H. E. Ill, 39) Zeugnis ablegen, hat die christliche Kirche nie den gering- sten Zweifel gehegt. Schon am Ende des zweiten Jahrhun- derts, als die beiden anderen johanneischen Briefe noch kei- neswegs allgemein anerkannt waren, hatte die römische Kirche Eva! cccccccc a«- Ursprung des Briefes. tm: den ersten Brief in ihrem Kanon (vgl. K. Wieseler, der Ka- non des neuen Testaments von Vluratori. Stud. u. Kr. 1847. 4. S. 815 fll.), las die syrische Kirche denselben in ihrer Pe- schito (vgl. de Wette, Einl. in das N. T. §. Ha) und ge- brauchte der Schüler des Polhcarp, Jrenäus, welcher als Bischof von Lyon wohl als Repräsentant der gallischen Kirche gelten kann, unsern Brief als eine Schrift des Apostels Io- hannes (a(lv. hast: lll, 18). In derselben Weise zeugen Cle- mens (0pp. ed. F. sylbukg. Juxta Parjsinam a. 1641. Galan. 1688. Strom. M. p. 439. 443 sqq. 264. W. P. 514), Qrige- nes (bei Eusebius, H. E. W, 25), welcher über den zweiten und dritten johanneischen Brief ausdrücklich ann1erkt, daß nicht alle dieselben für ächt hielten, Dionysius (bei Eusebius, l-I. E. VII, 25), welcher aus inneren Gründen die Apokalypse dem Apostel Johannes, als dem unzweifelhaften Verfaßer des Evangeliums und des ersten Briefes, abspricht, Tertullian (de Idol· c. Z. de kug- (-. 9. o. Gunst. scorp· c. 12. sie praeson hast. o. Z) und Cyprian (0pp. Braut. l690. De mal. dem. p. 145· 149· Testim. Ill. P. 6l) für die Ansrcht der alexandri- nifchen und der afriranischen Kirche. Eusebius (H.E.1ll,25) zählte daher unsern Brief zu den Homologumenem Seitdem ist das kanonische Ansehn des Briefes in der Kirche in dem Maße gewachsen, als die kirchliche Wißenschaft sich gewöhnte, die äußere Bezeugung desselben als eine vorzugsweise sichere und gewichtige anzusehn. Es war deshalb natürlich, daß die ersten Zweifel an der johanneischen Authentie des Briefes auf innere Gründe gestiitzt wurden. Horst (a. a. O. S. 66. 87) erkannte das Zeugnis des Papias für den Brief an, wollte denselben aber doch nicht für ächt gelten laßen. S. G. Lange dagegen fühlte sich, wie wir gesehn haben, durch die äußeren Zeugnisse für die Authentie des Briefes bewogen, seine Be- denken niederzuschlagen Bretschneider (Pkob. p. 171 sqq.) zuerst versuchte, seinen inneren Zweifelsgründen durch Beseiti- gung der äußeren Zerrgnisse Raum zu verschaffen. Die neueste Kritik hat diese nothwendige Taktik vollendet. Die Zeugnisse des Eusebius und der Kirchenväter bis zu Jrenäus hin- xxxx Einleitung. auf gelten deshalb nichts, weil diese Männer durch ihre unkri- tische und unhistorische Leiehtgläubigkeitz nach welcher sie nicht selten unrichtige Sachen, sogar ganz abgeschmackte Legenden berichten, sich selbst als höchst— unzuverläßig darstellen (vgl. Bretschneider, l. c. p.174. Schwegler, nachapost. Zeitalt. l. S. 46 fll. Zeller a. a. O. 1845. S. 641sll. 1846. S. 303); die noch ältern Zeugnisse aber, welche ganz abgesehn von der kritischen Umsicht und der historischen Glaubwtirdigkeit der Ge- währsmänney durch ihr bloßes Vorhandensein wichtig sind und um so schwerer in die Wagschale fallen, je näher sie der apo- stolischen Zeit liegen, diese Zeugnisse werden bald dadurch be- seitigt, daß man eine behauptete Citation oder Anspielung gar nicht anerkennt, bald dadurch entkrästeh daß man die Achtheit der Zeugnis gebenden Schrift leugnet, bald geradezu in Ge- genzeugnisse verwandelt, indem man die Zeugnis gebende Schrist als die frühere ansieht (vgl. Bretschneider, i. o. p.171. Zeller, a. a· O. I847. S. 143 sl. 1845. S. 584 sll.). Was die letztere Art von Zeugnissen betrifft, so kann nur durch sorgfältige Untersuchungen im Einzelnen ausgemacht werden, welchen Werth eine Zeugenschrift überhaupt habe und in wel- chem Verhältnisse dieselbe zu diesem oder jenem biblischen Buche stehe; iiber jene erste Art von Zeugen aber, über die Reprä- sentanten der historischen Tradition in der Kirche, werden wir im Allgemeinen urtheilen dürfen, daß dieselben unterschätzt werden, wenn man »der Kritik der Kirchenväter, mit äußerst seltenen Ausnahmen, geradezu gar nichts, ihrer Leichtgläubig- keit und kritischen Sorglosigkeit alles zutrauen« will (vgl. Zel- ler a. a. O. 1845. S. 641). Es ist wahr, Jrenäus und viele angesehene Kirchenväter nach ihm haben Mährchen erzählt. Aber sollten sie, weil sie in dieser Hinsicht leichtgläubig oder auch abergläubifch waren, deshalb schon unglaubwürdig sein, wenn sie dem allgemeinen Bewußtsein der Kirche Worte lei- hend den einen oder den andern Apostel als Verfaßer eines biblischen Buches nennen? Jene Mährchen können wir als solche erweisen; dagegen behauptet wenigstens die kirchliche Wißen- schast, daß die Zeugnisse der Kirchenväter über die apostoli- Ursprung des Briefes. xxxxt schen Schristen sich an diesen selbst bewähren. Wie man von der einen Seite sagen müßte, daß, salls nicht der eine und der andere Kirchenvater, sondern salls eine constante, einstimmige Tradition eins jener Mährcheu bezeugte und dazu das Müh» chen selbst sich bewahrheitete d. h. sich als Geschichte, nicht als Piährchem auswiese, man auch das Mährchen nicht mehr als solches, sondern als Geschichte anzusehn hätte: so wird man von der andern Seite sagen müßen, daß die patristische Tra- dition über den Ursprung eines aposiolischen Buches um so zu- verläßiger erscheint, je älter und einstimmiger die Tradition ist, je mehr der kritische Werth derselben dadurch wächst, daß gegen gewiße andere Schriften ein traditioneller Widerspruch nicht verschwiegen wird, und je mehr endlich das wohl bezeugte apo- stolische Buch sich selbst als ächt ausweist. Wenn irgendwo, so kommen bei dem ersten johanneischen Briefe alle diese Kri- terien zusammen. Gegen dieselben bildet auch die Apoka- lypse mit ihren alten Zeugnissen keine gültige Jnstanz, weil die vorsichtige Kritik nur urtheilen darf, daß die inneren Kri- terien mindestens ebenso stark gegen die johanneische Authentie der Apokalypse sprechen, als die äußeren Zeugnisse dafür spre- then, daß aber die größere Wahrscheinlichkeit aus der Seite der inneren Kriterien auch deshalb liegt, weil jene äußeren Zeug- nisse selbst durch höchst gewichtige Gegenzeugnisse geschwächt werden. Die johanneische Authentie des ersten Briefes ist durch Polycarp und durch Papias, von denen jedenfalls jener ein unmittelbarer Schüler des Apostels Johannes war (vgl. Jrenäus, adwc haern V, 33. Eusebius, H. E. IV, 14. V, 20. Ill, 39), bezeugt. In dem Briefe des Polycarp an die Philipper (o. 7) stehen die Worte: Eos;- yoip sc· cis- mj Izu)- Äoyjs Tut-odi- Xgrosröv »Es! ougni åXøyÄ1Ji9äs-orr, ckricfxprosrefg åomk Jn diesen Worten hat man einen deutlichen Nachkiang von 1Joh.IV, 2.3- gefunden. Daß der Brief des Fpolycarp ächt sei, hat Bretschneider (l. o. p.172) nicht geleugnetz er macht nur darauf aufmerksam, daß die Worte spolycarps weder sich selbst für ein Citat ausgeben, noch buchstäblich mit f rxxxtt Einleitung. 1 Joh. IV, 2. 3 übereinstimmem leugnet daher, daß Polycarp den johanneischen Brief im Sinne gehabt habe, und meint, daß beide Briefsteller sich einer im 2. Jahrhundert gebräuch- lichen theologischen oder logologischen Formel, unabhängig von einander, bedient hätten, wenn nicht anzunehmen sei, daß Pseudojohannes den Brief des Polycarp benutzt habe. Zel- ler aber (a. a. O. 1845. S. 586. Vgl. 1848. S. 532. 573) begnügt sich nicht mit dem Bretschneiderschen Einwurfe, sondern nimmt auch die Authentie des Polycarpischen Brie- fes in Anspruch. Diesen letzten Punkt zu erörtern kann hier unsere Aufgabe nicht sein. Es genügt uns, daß Jrenäiis den Brief seines Lehrers anerkannt hat. Immerhin mag der Brief des Polycarp mit den Jgnatianischen Briefen stehen und fallen, —- es hat noch niemand bewiesen, daß in der Masse dessen, was unter dem Namen von Jgnatianischen Briefen be- kannt ist, nicht ein ächter Bestandtheil erhalten sei; vielmehr macht sirh die entgegengesetzte Ansicht auch in den neuesten, auf Grund eines wesentlich vervollständigten Materials geführ- ten Untersuchungen immer mehr geltend. Wir fragen hier also nur, ob der Brief des Polhcarp den ersten johanneischen Brief wirklich voraussetzt oder nicht. Ein ungünstiges Vor- urtheil könnte daraus sich zu ergeben scheinen, daß Eusebius (H. E. IV, 14) anmerkt, Polycarp habe in seinem Briese mehrmals den ersten Brief des Petrus citirt, dagegen von ei- ner Benutzung des ersten johanneischen Briefes nichts sagt. Es mag sein, daß Eusebius, welcher mehrere Stellen des petrinischen Briefes wörtlich bei Polycarp wiederfand, die nicht ebenso buchstäbliche Anspielung auf 1Joh. IV entweder gar nicht merkte, oder doch nicht neben jenen wörtlich· genauen Anführungen nennen wolltez jedenfalls darf uns das Still- schweigen des Eusebius nicht irre machen, wenn es auch ein Zeichen von der Vorsicht und Genauigkeit des Geschichtschrek bers sein mag. Jn der That erscheint die angeführte Stelle des Polycarpischen Briefes, welcher auch sonst Anklcinge an Johanneisches enthält, als eine ungezwungene Benutzung von 1Joh. IV, 2. 3. Polycarp begründet mit den fraglichen Ursprung des Briefes. pxxxttt Worten seine Warnung vor den falschen Brüdern — ice-i wir- åy rinnt-Fias- ipspcfwsxaiy srei III-or«- sxenJ sit-Sind, user-sc ais-o- nzerøiasos »Es-orig- oivsBguivrougn Weil also xusockäcksäqpoc be- stimmt genannt werden und von diesen Personen ausgesagt wird: »Hu-s; oånonzaiiasae sitz, so ist erstlich die Umsetzung der im Contexte des johanneifkhen Briefes begründeten Formel mir» »was-Zur)- EZ ist«-May. UT. in die personale Redeweise artig« yoåg Ze- smh nothwendig; ferner ist es natürlich, daß Poly- carp sich mit der negativen Seite der Sache begnügt — Z; di» ,«»j Fried. ais-J» — weil in seinem Contexte gar keine Ver: anlaßung liegt, auch die Position, das treue, wahre Bekennt- nis herauszusetzem während Johannes seiner eigenthümlichen Weise gemäß die ganze Stelle IV, 1fll. so angelegt hat, und nach dem Zusammenhange (lll,24 z« c. »wes-«. sich) so an- legen mußte, daß er gerade durch den ausdrücklichen Gegensatz zwischen dem Geiste aus Gott, der bekennt, und dem Geiste nicht aus Gott, dem Geiste des Antichrists, der nicht bekennt, jenen wie diesen charakterisirt Jener ist der Geist der Kinder Gottes, dieser der Geist aus der Welt, aus dem Teufel. Po- lycarp hebt nur das zweite Moment hervor, aber in ächt jo- hanneischer Weise, so daß seine ganze Ausführung von den Anschauungen im ersten johanneifchen Briese getragen erscheint Nicht allein die beiden Formeln ’Jw,o. Xgx s» ewig-i szszidäx und oEi-cizg»m5g, welche gerade in dieser Zusammenstellung u1n so gewißer auf das johanneische Original hindeuten, als der Ausdruck ciwfxgcacozz wie Lücke trefsend hervorhebt, sich bei keinem Schriststeller des Z. Jahrhunderts außer dem Irr- näus wiederfmdet und deshalb der johanneischen Schule eigen zu sein scheint, sondern auch die nachfolgenden Worte, in wel- chen Polycarp das Wesen der antichristischen Lüge beurtheilt (nai Z; ei» xni öxccdoypj scö zeugst-Just«- renJ asravgoö Z« was; Fiafkäzoo sen-I, zeigen deutlich ihren johanneischen Ursprung an (vgl. 1Joh. IV, 4. Joh. 8, 44). Jst dies aber der Fall, so erscheinen auch noch andere Vorstellungen und Ausdrücke des Polyrarpischen Briefes in einer johanneischen Färbung. Polhcarp redet häusig von einem nogsäeawxtz nzmv Einleitung. gen-nasses:- sp Taf; 8’1--0Äcri"g, XII-»g- snsg Zweck-Je, nasses IF» Cis-Kum- ToeJ zeugten- ((-. Z. Z. 4. 5), verbindet mit dieser allgemeinen Forderung der Gerechtigkeit die besondere der Liebe (c. 2), schärft häufig die Bruder-liebe ein, als die Spitze der Gerechtigkeit (c. Z. 4. 10), ermahnt, die falschen Lehren bei- seite zu laßen und sich an »das von Anfang überlieferte Wort« («-. IF aigxsjc Aus» nagacioåäwce Ach-os- 0. 7. Vgl. IJvh. H, 7. 19 fll.) zu halten, gebietet, sich zu scheiden »Im; was» Zwist-Finst- sca3s- s» wes? stät-»g- (c. 5. Vgl. IJvkx II, IS) Und verheißt in Christo das Leben (Z'i-a Tosen-«»- åw ils-Jus« c. 8). Alles dies beweist freilich, wenn man die einzelnen Momente ansieht, wenig oder nichts; aber nimmt man alle diese eigen- thiimlichen Anzeichen zusammen, so stellt stch der Brief des Polhcarp als ein von johanneischen Elementen durchzogenes Werk dar; und gerade je freier der Schüler die Gedanken seines Lehrers benutzt, um so mehr verschwindet der Verdacht, daß der Brief untergeschoben sei. · Daß Papias den ersten Brief des Johannes benutzt habe bezeugt Eusebius (II. E. III, 39): siäzgsyroei J« e; nies- Eög xiapscejpfacg dies-Z WJF Tun-Erwor- nporäpocg Zmosrolssgy im? »Je- Eäcgiov ist«-irae. Bretschneidet bemerkt, daß in diesen Worten weiter nichts liege, als daß Eusebius in ir- gendeiner Äußerung des Papias ein Citat aus dem johan- neischen Briefe zu finden gemeint habe. Tiefer darf man auch das Zeugnis des Eusebius nicht wohl herabsetzem Wenn Zeller außerdem noch urtheilt, es sei denkbar, daß »die Stel- len, von welchen Euseb die eine aus der andern ableiten zu müssen glaubte, nur zufällig zusammentrafen«, daß beide aus einer gemeinschastlichen mündlichen Überlieferung oder aus einer dritten schriftlichen Quelle geschöpft, ja daß Pseudojohannes den Papias benutzt habe, so können alle diese Vermuthungen füglich auf sich beruhn — »Wie es sich hiemit verhielt, wür- den wir kaum dann mit einiger Sicherheit beurtheilen können, wenn uns die eigne Äußerung des Papias erhalten wäre« (Zeller). Wenn Eusebius, der richtig angab, daß der erste Brief des Petrus von Polycarp mehrmals citirt sei, die Ursprung des Briefes. hxxxv Anführung des ersten johanneischen Briefes bei Spolycarp nicht einmal fand oder wenigstens nicht anmerkte, so werden wir ihm um so leichter Glauben schenken, da er bei Papias den johanneischen wie den petrinischen Brief gefunden haben will. Wir brauchen darum keineswegs dem Eusebius »eine Unsehlbarkeit des kritischen Urtheils« beizumessen (Zeller), se- hen aber auch keinen Grund, an die Unfehlbarkeit von allerlei zweifellustigen Vermuthungen zu glauben. Die Briefe des Jgnatius, in welchen sich ohnehin keine wörtliche Benutzung unseres Briefes nachweisen läßt, so sehr dieselben auch von dem Vorhandensein» einer johanneischen Denkweise Zeugnis geben, laßen wir auch wegen des zweifel- haften Wetthes der vorliegenden Textrecensionen beiseite. Eine nicht unbedeutende Bestätigung des von Polycarp und Pa- pias abgelegten Zeugnisses bietet aber der Brief an den Diognet, welcher, wenn auch nicht von Juslinus Martyr selbst doch in dessen Zeit abgefaßt ist. Die von Zeller (a. a. O. 1845. S. 587) kaum anerkannten und geringgeschcitztcn An- klänge an den ersten Brief des Johannes, welche sich in dem Briefe an den Diognet finden, sind freilich keine wörtlichen Anführungem haben aber darum Bedeutung, weil sie auch in der Form soweit mit der johanneischen Redeweise übereinkom- wen, daß sie als charakteristische Wahrzeichen der johanneisehen Gedanken, welche sich sonst durch den ganzen Brief hinziehn, erscheinen. In den ältesten apologetischen Schristeiy deren schönste vielleicht der Brief an den Diognet ist, haben über- haupt johanneische Sprüche deshalb keinen rechten Platz, weil die ganze johanneische Art etwas Esoterisches hat. Paulus, der Heidenaposteh vor allen und die einsachere Geschichtserzäh- lung und die mehr nüchternen Gnomen bei den Synoptikcrn werden von den Apologeten gebraucht Freilich reicht gerade Johannes mit seiner pneumatischen Anschauungsweise in die Tiefe der chrisilichen Apologetik, das Wort des Johannes, »der Geist bezeugt, daß der GeistiWahrheitiiM Of, 6), kann man als das Motto der ganzen christlichen Apologetik betrach- ten; aber ist nicht gerade dies Wort denen, die draußen stehn, xxxxvx Einleitung. am meisten verfchloßen, ja cirgerlich oder lächerlich? Der Masse der Heiden gegenüber konnten die Apologeten mit johannei- schen Waffen schwerlich viel ausrichten. Diognet aber war nicht nur ein gebildeter, sondern auch ein williger Leser (Ep. c. 1. 2). Er konnte, nachdem ihm die Nichtigkeit des Götzen- dienstes und die äbiocckatzresowfoe und OTTO-Forese- des gesetzge- rechten Judenthums nachgewiesen war, tiefer als die gemeinen Heiden in das gdistige Heiligthum der christlichen Wahrheit ge- leitet werden. Und gerade indem der Verfaßer des Briefes das pneumatische, ethische Wesen des Christenthums aufdeckt, zeigt er sich als einen mit der johanneischen Denkweise ver- trauten Mann. Wenn gezeigt wird, daß die Gläubigen in ihrer Erkenntnis zugleich das wahre Leben haben (o»«()«is »Er) gross Ewig» ysaiacwgy cis-Mk ywcoocc oiorpoeMg ais-r» gering« »Es-py- 2901Jg. o. 12), wenn die Christen dargestellt werden als die Seele der Welt, obwohl sie nicht von der Welt G» Im) »d- cxeou c. Z) sind, wenn sie geschildert werden als solche, welche nicht allein stch unter einander lieben, sondern auch die Welt lieben, von der sie gehaßt sind (c. 5. 6), und zwar deshalb lieben, weil sie Nachahmer der Liebe Gottes sind, welcher sei- nen eingebornen Sohn in die Welt gesandt hat Einst-Irr« II» »Es» des-Frost«- AZIJ xrowoysvh c. I0. Vgl. IJVh. IV, 9fll.), wenn darauf hingewiesen wird, daß auch der Vater nicht die Welt richtend, sondern sie liebend den Sohn gesandt habe Mk— ers-Ism- Znsxuxisøg is§ ask-ergab, or; regt-Jan« c. 7), daß freilich aber auch eine neue Sendung zum Gerichte zukünftig sei wes«- Itxer Wie) aus-Zi- srpipopscop nat ei; verbot? VI» nkrgovafew iksxoosrssossraq c. 7), wenn ferner der Sohn in seiner über- weltlichen Herrlichkeit c? zleiyogz c; ein« oipxsfk (c. 11. Vgl. 1Joh. l, 1. Joh. I, 1) genannt, wenn der im Fleische erfun- dene und allezeit in den Herzen der Heiligen neu gebotene Heiland als der eigenthiimliche Reichthum der Kirche (c. 11), als Ernährer, Vater, Lehrer, Rathey Arzt, Verstand, Licht, Ehre, Ruhm, Kraft und Leben der Gläubigen gepriesen wird (c. 9), wenn gelehrt wird, daß Gott vom Himmel herab die Wahr- heit und das heilige, unbegreifliche Wort in den Herzen der Ursprung des Briefes. Lxxxvtt Menscher! gepflanzt habe ((I Zweck« — oivf drinne-asi- Isjw XVI— Wie« ueri ed» Jläyow stör- Xycow uai nisten-»zwei- — sy- uarsosssspzgs rosig «a9ö’-"k«g), indem er nicht einen Engel, son- dern aussa- NZA Dazu-XI»- imi cksjxesovxøyöp »Ja« XII-»«- gesandt habe ((-. 7) — sollte man nicht in allen diesen Borstellungen und Wendungen zusammen die Spuren des johanneischen Bor- bildes, insbesondere des ersten johanneischen Briefes erkennen dürfen? Wir haben wenigstens den Eindruck, daß der Brief- steller selbst; obwohl er seinen Leser nur mit der Milch der evangelischen Verkündigung tränkt, die feste Speise der johan- neischen Lehre genoßen haben Muße. Die äußeren Zeugnisse für die Authentie des ersten jo- hanneischen Briefes haben sich also als vollgültig ausgewiesenz es fragt sich jetzt weiter, ob dieselben durch die angeblich aus dem Briefe selbst sich ergebenden Zweifelsgründe enkräftet wer- den können. Dies ist die einzige Jnstanz, welche von den Gegnern geltend gemacht werden kann und geltend gemacht wird. Denn daß von den Alogern wahrscheinlich und daß von Marcion gewiß der erste Brief des Johannes, sammt allen übrigen Schriften, welche in der· Kirche diesem Apostel zuge- schrieben wurden, verworfen ist (Vgl. Lücke, a· a. O. S. 8fl.), haben die, welche die Authentie des Briefes bestritten, unseres Wißens nicht einmal als ein Gegenzeugnis hervorgehoben Selbst in Betreff des weniger gut bezeugten Evangeliums sagt Srhwegler (a.a.O. 1842. S. 151), über äußere Zeugnisse und Gegenzeugnisse xxließe sich Unzähliges hin- und herredenz die letzte Entscheidung sei offenbar nur von der geschichtlichcn Anschauung des Entwickelungsganges der ältesten christlichen Kirche abhängig« Es fragt stch also auch wegen unseres Brie- fes, ob derselbe sich als ein Product aus der apostolischen oder aus der nachapostolischen Zeit darstellt. Die aus dem Briefe selbst entnommenen Kriterien, welche denselben als ein Product nicht des Apostels Johannes, son- dern eines um die Mitte des 2. Jahrhunderts oder noch spä- ter lebenden Schriftstellers bezeichnen sollen, sind von der ne- gativen Kritik selbst so gesichtet, daß kein einziges übrig ge- xxxxmt Einleitung. blieben ist, welches auf dieselbe Weise und in demselben Sinne von allen die Authentie des Briefes bestreitenden Kritikern gel- tend gemacht würde. Die von Bretschneider hervorgehe- benen Zweifelsgründe sind, wie schon oben bemerkt wurde, nicht allein von ihm selbst, sondern auch von den neuesten Kritikern preisgegeben. Das einzige Kriterium, welches, schon von Bretschneider angedeutet (Pr0b. p. 205) und von den neuesten Kritikern weiter entwickelt und begründet, am häusig- sien gegen die Authentie des Briefes angeführt worden ist, nämlich die Spur des Montanismus, mag man dieselbe nun in einzelnen montanistischen Ausdrücken und Vorstellungen des Briefes oder in der angeblich erst durch die Montanisten aus- gebildeten Christologie des Briefes gefunden haben, gerade die- fes scheinbar bedeutendste Argument wird von den neuesten Kritikern in mehr als einer Beziehung so angewandt, daß das zuversichtliche Urtheil des Einen von dem ebenso entschiedenen Urtheile des Andern umgeworfen wird. Schwegley Planck und Baur können eine ganze Reihe von Vorstellungen in dem johanneischen Briefe nur aus dem Montanismus erklären, während Hilgenfeld dieselben Vorstellungen nicht anders als aus vormontanistischen Beziehungen verstehen kann. Schw eg- ler meint, wie Bretschneidey daß die Chrisiologie des Brie- fes, d. h. die Combination der Logosidee mit der Messiasidey nur durch die montanistische Anfchauungsweise vermittelt fein könne, Hilgenfeld aber hält dafür, daß der Brief, welcher ganz wohl aus vormontanistisehen Beziehungen erklärt werden könne«-die Jdee eines persönlichen Logos« noch gar nichthabe Wir müßen untersuchen, ob nicht alle diese Urtheile auf einem mangelhaften Berständnisse des Briefes selbst beruhn. Bret- schneiders Argumente gegen die johanneische Auth'entie un- seres Briefes sind folgende: erstlich zeigt die Logologie, welche der Brief mit dem Evangelium theilt, daß dieses wie jener Uicht Vvt dem 2. Jahrhundert abgefaßt sei, weil die Lehre von dem göttlichen Logos erst in dieser Zeit von Philosophem die zum Christenthum übertraten, mit der Lehre der Apostel ver- bunden worden ist. Dasselbe Resultat ergiebt sich aus der Po- Ursprung des Briefes. Lxxxix lemik des Briefes gegen doketische Jrrthümer, welche gleich- falls erst im 2. Jahrhundert bekannt wurden. Daß insbeson- dere nicht der Apostel Johannes unsern Brief geschrieben habe, folgt theils daraus, daß der Brief, gleich dem Evangelium, ausschließlich für heidenchristliche Leser bestimmt ist, während Johannes, wenn er in Ephesus und an kleinasiatische Leser geschrieben hätte, gewiß auch die dort besindlichen Judenchristen berücksichtigt haben würde, theils und vorzüglich daraus, daß der Briefsteller selbst in dem 2. und Z. Briefe sichjei eigen-Fä- ugoe nennt, also sich nicht einmal für den Apostel Johannes ausgiebt (Vgl. Paulus, a. a. O. S. 72. 265). Alle diese Bedenken erledigen sich vollkommen durch das, was Lücke (a. a. O. S.17fll.) dagegen bemerkt hat; nur das aus der heidenchristlichen Tendenz des Briefes entlehnte Argument hat Lücke übergangen. Dasselbe ist aber auch durchaus nichtig. Die kleinasiatischen Gemeinen waren wirklich vorwiegend hei- denchristliche. Schon der paulinische Epheserbries zeigt dies. Der Inhalt und die Tendenz unsers johanneischen Briefes ist aber keineswegs ausfchließlich heidenchristlich, sondern, man könnte sagen, universalchristlich. Die Predigt von Jesu dem Christ, von dem Glauben an den im Fleische erschienenen Sohn Gottes, in welchem wir das ewige Leben und die volle Freude haben, also der eigentliche Mittelpunkt des Briefes, gilt für Judenchristen so gut wie für Heidenchristen Manches im Briefe erinnert sogar wenigstens in dem Maße an die alt- testamentliche Okonomie, wie es dem johanneischen Stand- puncte überhaupt, zumal einem vorzugsweise heidenchristlichen Leserkreise gegenüber, entspricht. Mit dem Beispiele des Kain (IlI, 12) wird der Haß der Welt erläutert, die Sünde wird als eine Verletzung des göttlichen Gesetzes gestraft (lll,«4), und der Ernst des ausdrücklichen Wortes Gottes, welches je- den Menschen der Sünde zeiht, wird entschieden geltend ge- macht (l, 10). So zeigt der Brief ebenso deutlich die aus dem Evangelio bekannte Eigenthümlichkeit des Johannes, als er dem Bilde, welches wir uns von dem Leserkreise desselben machen müßen, entspricht. — Auch der aus den Überschriften Ess- cccccccc a«- xc Einleitung. der beiden kleinen johanneischen Briefe entwickelte Einwand gegen die Autorschaft des Apostels Johannes ist nicht stichhal- tig. Dort nennt sich der Briefsteller c; e«()koz5«iJ-«k9og. Aber in unserm ersten Briese bezeichnet er sich unzweideutig als ei- nen wirklichen Apostel (l,1fll.1V,14). Sind also, wie Bret- schneider ausdrücklich voraussetzt, alle drei Briefe von dem- selben Berfaßer geschrieben, so muß der Briessteller, indem er sich »der Presbyterts nannte, entweder gemeint haben, daß er, der Apostel, auch diesen Namen unbedenklich tragen könne, oder er muß in einer unbegreislichen Einfalt aus der Rolle gefallen sein und sich selbst als Nichtapostel, als »den Pres- byterF verrathen haben. Gewiß würde niemand in der Selbst- bezeichnung e; ngsosifsssgoc ein Anzeichen, daß der Briefstel- ler nicht der Apostel sei, gefunden haben, wenn nicht »das Unglück wäre« (Lücke), daß in der ältesten Kirchengeschichte ein Presbyter Johannes, welcher noch dazu in dem Gemeine- kreise des Apostels Johannes gelebt haben soll, erwähnt würde. Aber wenn dieser unter dem Namen des Apostels Schriften in Umlauf setzen wollte, weshalb hätte er denn, nachdem er im Evangelium und in dem ersten Briefe seine Rolle so klug gespielt hatte, in den beiden letzten Briefen sich selbst so un- verkennbar bezeichnen sollen? Wenn er steh noch einfach Jo- hannes genannt hätte! Aber woher weiß man überhaupt, daß unter dem Namen c; unsers-Ziege; gerade jener Presbyter verstanden worden sei? Weit mehr empfiehlt sich die Annahme, daß der Apostel Johannes sich selbst ö ngeazfiisespoc nannte — in welchem Sinne, wird die Einleitung zu den beiden kleinen Briefen zu untersuchen haben — und so in persönlicher Be- stimmtheit den Empfängern der Briefe srch darstellte, ohne doch, gegen seine Neigung, seinen Namen zu schreiben. Die beiden andern von Bretschneider erhobenen Be- denken gegen die johanneische Authentie unseres Briefes sinden wir auch bei den neuesten Kritikern wieder. Die antidoketi- schen Sätze des Briefes sind auch für Hilgenfeld (a. a. O. S. 344) ein Zeichen, daß derselbe in der nachapostolischen Zeit entstanden sei; aber neben dieser antidoketischen Tendenz findet Ess- cccccccc py Ursprung des Briefes. xct Hilgenfeld auch noch andere Beziehungen aufdie gnostischen Lehren des 2. Jahrhunderts. Dagegen hat Schwegler (Mon- tanismus S. 156 sll. I85 fll.) in der Christologie des Briefes ein Kriterium seiner Unächtheit gesehn, indem er dieselbe nur als nachmontanistisch verstehen konnte. Freilich ist nach Schweg- ler die Lehre von dem Paraklet der eigenthümliche Berührungs- punct zwischen Johannes — besonders dem Evangelium, mit welchem I Ich. H, 1 nicht einmal recht stimmen soll — und dem Montanismus, indessen kömmt doch auch bei der Logo- logie und Christologie der johanneischen Schriften der Monta- nismus in Frage, weil gerade durch den Montanismus die Unterscheidung von Logos und Pneuma vollzogen worden ist, weil somit »die Logoslehre erst zu den höhern Entwicklungs- stufen montanistischer Denkweise gehört« (S. 167), weil in- sofern auch die Christologie unsers Briefes auf montanistischen Voraussetzungen ruht, als der Montanisuius die Ursache war, daß man »zwei ursprünglich disparate Anschauungen, nämlich die Logosidee, welche kurz vor der Mitte des Z. Jahrhunderts hin und wieder, besonders in Kleinasien, aufzutauchen beginnt, und die Messiasidee coincidiren ließ« (S.156). — Der Sinn dieser kritischen Erörterungen sowohl bei Bretschneidey wel- cher sich damit begniigt, zu leugnen, daß vor dem Z. Jahr- hundert die Vorstellung von dem persönlichen Logos in der Kirche vorhanden gewesen sei, als auch bei Schwegley wel- cher hinzufügt, daß die Montanisten jene Lehre erfunden hät- ten, der Sinn dieser Behauptungen ist im letzten Grunde die von keiner Kritik und von keiner Historie zu itberwindende An- sicht, daß die johanneische Logologie und Christologie nicht zu den Grundlehren des Chrisienthums gehöre. Paulus hat, was wohl keines Beweises bedarf, auch in seinen nie angesochtenen Briefen die Lehre von dem im Fleische erschienenen Sohne Got- tes ganz in dem Sinne des Johannes als das Fundament der christlichen Wahrheit vorgetragen. Die Vorstellung von dem »Logos« hat bekanntlich schon Philo so entwickelt, daß Jo- hannes die vorhandene Kunstform zur Faßung des vollen evan- gelischen Gedankens benutzen konnte. Und die von den Apo- xcn Einleitung. steln ijberlieferte Lehre ist nicht allein von den Kirchenvätern des Z. Jahrhunderts verarbeitet, sondern auch von Gnostikern und Montanisten rorrumpirh wie ja schon die Apostel felbst gezwungen waren, allerlei Jrrthümer abzuwehren. Die apo- stolische Christologitz durch die alttestamentliche Weissagung vor- bereitet und durch die Thatsache der Erscheinung Christi faktisch begründet, war ein Problem, welches in der kirchlichen Lehrent- wickelung immer voller und richtiger gelöst wurde, in der außer- kirchlichen Lehrbildung aber mehr oder weniger falsche Lösungs- verfuche erfuhr. Ein folcher Löfungsversuch war der Doketis- mus, welcher die Realität der LeiblichkeitChristi leugnet; eine andere Lösung oder vielmehr eine Beseitigung des christologi- schen Problems versuchte jsEbionitismusz aber dieser wie jener beweisen gerade durch IX« Dasein, daß von vorn herein die Jdee des Logos mit der des Mefsias coincidirte, daß von Hause aus die Christologie als Theanthropologie gefaßt wer- den sollte. Wenn der Doketismus das durch die kirchliche Tradition von den Aposteln her aufgestellte Problem durch Un- terfchlagung des einen Faktors in der Christologie, der Reali- tät der Leiblichkeihszlösen wollte, so ließ der Ebionitismus es eigentlich gar nicht zu einer Christologie kommen, mußte aber ebendeshalb auch von der Kirche ausfcheiden, welche nur auf der apostolischen Christologie sich entwickelte. -Daß aber schon Johannes gegen doketische Jrrthümer insbesondere und gegen gnostifche Jrrlehren überhaupt zu kämpfen hatte, ist von vorn herein wahrfcheinlich, wenn auch nicht Cerinth ausdrücklich in der johanneifchen Zeit genannt würde und wenn auch nicht schon in einzelnen paulinifchen Briefen antignostische Sätze vorkämem Ganz abgesehn von dem überall sich bewährenden Gesetze, daß die göttliche Wahrheit von denen, welche sie nicht einfältig annehmen, entstellt wird, lagen zu der Zeit, als die Apostel schrieben, die Keime einer falschen Gnosis längst vor, nämlich in den jüdischen und heidnischen Theosophemen Der spätere Gnosticismus zeigt die Versetzung derselben mit den apostolifchen, zumal mit johanneifchen Anschauungen. He- rakleon versiel ganz naturgemäß auf das Evangelium des Ursprung des Briefes. xcm Johannes. Auch die Montanisten entlehnten aus dem pneu- matischen Evangelium des Johannes ihre pneumatisirenden Vorstellungem insbesondere mißbrauchten sie die johanneische Jdee des Paraklet Die betreffenden johanneischen Stellen »gehörten unter die dicke: probantia der Montanistenss (S chw eg- ler, S. I9) — wie kann denn die johanneische Lehre sich auf die montanistische Vorarbeit gründenZ Die ganze mon- tanistische Perfectibilitätstheorie ist vielmehr nur eine Mißdeu- tung der johanneischen Sprüche von dem Geiste, welcher in alle Wahrheit leiten soll. Aber man hat auch einzelne Ausdrücke und Borstellungen in unserm Briefe zu finden gemeint, welche bestimmte Spuren einer nachapostolischen Zeit enthalzzm sollen. ,,Beila'usig« hat Planck (a. a. O. I847. S. 497Fbemerkt, daß 1 Joh. lV,18 in der Entgegensetzung der Furcht und der Liebe »eine mit der marcionitischen verwandte Anschauungsweisess erkennbar sei. Dann wird freilich Paulus wegen Röm. 8 und ähnlicher Ent- wickelungem die aus der eigentlichen Mitte der paulinischen Anschauung von dem furchtloseiy freien, liebevollen Kindes- rechte der Gläubigen handeln, als ein Erzmarcionit dastehn müßem Die beiläusige Bemerkung Plancks erledigt sich aber so leicht aus der Sache selbst überhaupt und aus dem Zusam- menhange von I Joh. N, 16 fll. insbesondere, daß wir hier- über kein Wort weiter verlieren-mögen. Der Rede wcrth er- scheinen nur einerseits Hilgenselds Untersuchungen, welcher in unserm Briefe Beziehungen auf eine nachapostolische Form des Gnosticismus gesunden hat (a. a. O. S. 337 fll.), anderseits Baurs Erörterungen, welcher nach dem Vorgange von Plan ck (a. a. O. 1847. S. 468 fll. Bgl..seller, a. a. Q.1845. S. 636 und Schwegler) bestimmte montanistische Spuren in unserm Briese entdeckt haben will. Mit Unrecht hat man geleugnet, daß in den johannei- schen und in anderen neutestamentlichen Schriften schon auf eine falsche Gnosis Bezug genommen werde (C.C.Tittmann, de vestigiis Gnosticorum in N. T. ikustra quaesitis Lips.17'73. P. 179. J. F. Chr. Löffler, Essen. hist. exegeh Johannis xcrv Einleitung. epistoial Gnoslicos inprimis impugnarj negans Jn den Comctienlaiiones theolog. edit. a ist-Musen, Kuinoel et Ru- perti. Vol. I. Lips. 1794. p.138. Vgl dagegen C. ChnFlath küssen. hist. exegeh qua variae de anticiirisiis et Pseudo- propiietis in prima Joannis ep. nointis sententiae moiiesio examini subjiciantuin Tubing.1809). Allerdings aber glauben wir mit Recht zu leugnen, daß in unserm johanneischen Briefe eine erweislich nachapostolische Form der falschen Gnofis be- rücksiehtigt sei. Johannes läßt nirgends das Bild eines irgend- wie ausgebildeten Gnosticismus durchblickem und gerade des- halb setzt er eine Zeit voraus, welche noch vor der Entwicke- lung der gnostischen Systeme im Anfange des Z. Jahrhunderts liegt. Seine Polemik gehtzngp gegen eine doketische Christo- logie, und selbst diese scheinkmoch ganz roh gewesen zu sein, weil der Apostel sich damit begnügt, einfach die Wirklichkeit der Erscheinung Christi im Fleische zu behaupten und darauf hinzuweisen, wie durch jene antiehristliche Lüge die selige, le- beicsvolle Gemeinschaft mit dem Vater abgeschnitten werde, weil diese nur im ächten Glauben an den Sohn stattsindet Alles Andere, was Hilgenfeld als Spuren einer schon wei- ter entwickelten Gnosis angeführt hat, beruht auf einem Miß- verständnis der johanneischen Worte, welche so wenig auf ein dualistisches oder antitaktifches, oder überhaupt aUf »ein ganz bestimmtes gnostisches Shstem«, etwa das des Basilides, hin- deuten, daß dieselben sich nicht einmal in dem angeblichen Sinne umdeuten laßen. Der johanneische Gebrauch des Wor- tes yismäonsiy ist so originell, Johannes legt eine solche Fülle ächt christlichen Gehaltes in das Wort, daß hierin wohl die Überwindung einer beginnenden Afterweisheit erkannt werden mag, daß es auch ganz wahrscheinlich ist, daß die falsche Gno- sts je länger je mehr aus dem johanneischen Vorrathe schöpfte; aber auf das Vorhandensein eines sysiematisirten Gnosticismus läßt das Johanneische Yes-eins»- in keiner Weise schließem Und wenn die Kirchenväter mit johanneischen Sprüchen die späteren Gnostiker schlagen, folgt daraus, daß schon Johannes selbst gegen dieselben Gnosliker gestritten habe? Vielmehr urtheilen Ursprung des Briefes. xcv die Kirchenväter ganz richtig, daß Valentin und die übrigen Gnostiker von den Jrrlehrern der johanneischen Zeit abstam- men (Vgl. Oecumenius zu l Joh. il, 18 fll.), und mit Recht halten sre dem entwickelten Jrrthum die apostolische Wahrheit entgegen, welche schon gegen die Keime des Irr- thums siegreich gewesen ist und gegen jeden Jrrthum siegreich bleibt. Keine Spur aber von der spätern Entwickelung des Jrrthums ist bei Johannes selbst. Nicht gegen ein gnostisches Vorgehen gehen Stellen wie 1Joh. I, s. 10. II, 3. 9, und nicht »ein treues Bild von antinomistischem antitaktifchen Gno- stikern« erhalten wir durch jene Stellen, sondern dieselben be- wegen sich, wie die Auslegung zeigt, durchaus in der rein- christlichen Ethik. Hilgenfeldzzzrißversteht jene Stellen anch nur deshalb, weil er in dem HIYH (Vgl. M, 6. V, 18) den Gläubigen zugeschriebenen anägzra und dem hierauf gegründe- ten Nichtsiindigen ein Zeichen von dualistischem Gnosticismus findet. Er meint, Johannes bezeichne die von den Gnostikern so genannten ,,pneumatifchen Naturen«, welche, ,,sosehr sie zeit- lich in Jrrthum und Sünde versunken sein mögen, doch zu- letzt nothwendig erlöst werden müssen« Das ist aber ein gänz- liches Verkennen der johanneischen Ethik, welche sich wesent- lich dadurch von jedem gnostischen Dualismus unterscheideh daß nach Johannes das aus«-o« nicht ein von vornherein, von Natur in einer Anzahl von Menschen vorhandenes Element, sondern ein fiir die ganze Welt von Gott bestimmtes und den an Jesum Christum gläubig Werdenden gefchenktes Gnadengut ist, nämlich der heilige Geist, welcher den von Natur im Tode besangenen, fleifchlichen Menschen in das Leben hinübersiihrt, geistlich macht, zu einem Kinde Gottes macht (lll, 14. l fll. Vgl. Ioh. 1, 12. Z, 3 fll. 36).i Sofern der Gläubige dieses aus«-a, aus welchem sein göttliches Leben erzeugt worden ist und von welchem dasselbe fortwährend getragen werden muß, wirklich bewahrt und bethätigy insofern kann er wirklich nicht sündigem Unter der idealen Voraussetzung, daß jene Bedin- gung erfüllt wird, gilt also was Johannes von dem Nicht- siindigenkönnen der Gläubigen sagt; aber Johannes weiß recht xcvt Einleitung. gut, daß das wirkliche Leben der Kinder Gottes keineswegs immer jener idealen Voraussetzung entspricht (l,8fl. .II,1). Andere Spuren von Gnosticismus hat Hilgenfeld in den Stellen V, 6—8 und H, 20. 27 erkannt. Dort, meint er, lege der Briefsteller, indem er die an Christo vollzogene Taufe als Erweisung der Messiaswürde desselben hervorhebe, darum zugleich auf den Tod des Herrn einen besondern Nach- druck, »weil der Verfasser solche Ansichten vor Augen hatte, welche den Tod des Erlösers entweder gar nicht als ein we- fentliches Moment seiner mesfianischen Wirksamkeit ansahen, oder welche allen Antheil an dem Leiden von dem höhern Christus fern hielten-«. Allein diese Beziehung der johannei- schen Worte ist schon deshalb unmöglich, weil der Beweis da- für, daß Jesus der Christ sei, gar nicht aus Ehristi Taufe, nicht einmal aus Christi Tode, als aus einem historischen, und zwar den ungetheilten Christum angehenden Factum geführt wird, sondern aus der eigenen Lebenserfahrung der Gläubi- gen, welche deshalb das Zeugnis Gottes unzweifelhaft anneh- men, weil sie durch ihre eigene Taufe und kraft des Blutes Christi den Geist wirklich empfangen haben, welcher ihnen, die an Jesum Ehristuin glauben, das ewige Leben wirklich und wahrhaftig gebracht hat. Die ganze Stelle wird durch Hil- genfelds Erklärung verschoben. — Ebenso wenig aber wie V, 6 gegen Gnostiker polemisirt wird, kann die Vorstellung von dem Mir-»o- der Gläubigen (ll, 20 fll.) aus einem »gno- stifchen Einfluß« erläutert werden. Es mag sein, daß die Sitte, die Täuslinge zu salben, gnostischen Ursprunges sei, keine Spur aber deutet in unserer Stelle auf das Vorhanden- sein jenes Nitus hin, sondern der Ausdruck und die Vorstel- lung von dem zwei-«» ist schon durch alttestamentliche Ge- bräuche begründet. Der von Hilgenfeld angeführte Ter- tullian selbst stellt die alttestamentliche Salbung als Vorbild der bei der christlichen Taufe gebräuchlichen Salbung hin: Egressi de lavacro perunguimur beneclicta unctione sie pri- srirm risse-Wären, qua ungui oleo de cornu in saoerdotium solebaui. Ex quo Aar-on a Moyse unotus est ((le hakt. o.7). Ursprung des Briefes. xcvtt Bon einem nachapostolischen Gnosticismus ist also in un- serm Briefe keine Spur. zu entdecken. Aber von Montanis- mus, sagen Planck und Baur, denen freilich Hilgenfeld ausdrücklich widerspricht Und Merkwürdigerweise find es fast durchweg dieselben Vorstellungen des Briefes, in welchen bald gnostische oder antignostische Beziehungen, bald montanistische Elemente sich darstellen follen. Auch Baur hält die Ethik des Briefes für wesentlich »dualistisch«. Die »harte, unevan- gelische« Unterscheidung von Todsünden und erlaßlichen Sün- den, worin Baur ein deutliches Zeichen der montanistischen Natur unsers Briefes erblickt, wird von Hilgenfeld aller- dings nur als vormontanistisch beurtheilt, nicht für gnostisch erklärt: allein jene Unterscheidung ist nur ein Moment des Dualismus, welcher dem Briefe eigen sein soll, und welcher von dem Einen aus dem Gnosticismus, von dem Andern aus dem Montanismus erläutert wird. Montanistisch ist nach Baur die dem Briese eigenthümliche Unterscheidung von Pneumati- kern und Psychikernz jene sind die Kinder Gottes, diese die Kinder des Teufels; jene sind schlechthin heilig, können nicht sündigen, d. h. sie können keine Todsünden begehn, sondern, da in ihnen »die Sünde an sich schon aufgehoben ist«, nur erlaßliche Sünden, welche nicht nur durch die Fürbitte Christi, das wage-Skyros, das exokalor part-is bei dem Montanisten Tertullian, sondern auch durch die Für-bitte der pneumati- schen Brüder getilgt werden; jene Pneumatiker haben endlich in ihrem zwei-m, dem Geiste, welcher bei den Montanisten auch als das Princip ihrer prophetischen Begeisterung galt, neben der besondern Heiligkeit auch »ein entsprechendes höheres WißeM (Il, 20 sll.), wogegen die Psychiker nichts wißen, in der Sünde und im Tode bleiben. Dies sind die Grundzüge in der ver- meintlich montanistischen Färbung unseres Briefes. Es zeigt sich aber bei Baur ein ganz ähnlicher Irrthum, wie bei Hil- genseldz auch Baur hat, weil er die Wahrheit der aposto- lischen Gedanken rnißverstand, das montanisiische Zerrbild der- selben als das Vorbild derselben angesehn. Von Gnostikern wie von Montanisten ist die Lehre aller Apostel, daß die Gläu- xcnn Einleitung. bigen Christi heilig sind, daß nichts Berdammliches an ihnen ist (Röm. 8, 1), zum Dualistnus verdreht. Die Unterscheidung von Gotteskindern und Teufelskinderw welche bei den Mon- tanisten, wie bei den Gnostikern, eine physische ist, ist bei Jo- hannes eine ethische d. h. sie gründet sich nicht auf eine dua- listisch vorgestellte Naturanlagtz sondern auf eine sittliche That- sache, welche die Gläubigen eben als sie gläubig wurden er- lebt haben. Ihre Geburt aus Gott, ihr Empfangen des xpickzcV welches allerdings das Princip ihrer göttlichen Er- kenntnis und ihres heiligen Lebens ist, ist geschehn, als sie wiedergeboren, in die Gemeinschaft des Vaters und des Soh- nes gepslanzt, mit dem heiligen Geiste gesalbt und aus dem Tode in das Leben versetzt wurden. Jede Sünde, welche diese Gemeinschaft zerreißt, den Geist in ihnen betrübt, das ewige Leben, welches sie in dem Sohne haben, vernichtet, muß also eine Todsünde sein, weil die Sünde der verderbliche Rückschritt aus dem Leben in den Tod ist» Wenn irgendwo, so zeigt sich hier die einfache Originalität des Johannes im Gegensatze zu der montanisiischen Corruption der johanneischen Anschauungen Johannes behauptet die principielle und ideelle Heiligkeit der- jenigen, welche im Glauben Christum selber, den Geist, das ewige Leben mit allen seinen Kräften, mit seiner Erkenntnis, Liebe und Seligkeit haben; er erkennt dabei vollkommen an, daß Sünden bei den Gläubigen vorkommen, aber er weiß, daß es eine sittliche Verfaßung giebt, in welcher der Gläubigy weil für ihn die Sünde selbst wirklich gebrochen und der Tod überwunden ist, die Kraft hat, im Leben zu beharren, aus dem Tode, in welchen er zurückzufallen versucht wird, wieder aufzuerstehm und nirgends hat Johannes eine »Classisication« der Sünden gemacht, nirgends einzelne Sünden für Todsün- den und andere für erlaßliche Sünden ausgegeben; dagegen konnten die Montanisten allerdings »ihren Anspruch auf eine sie von den übrigen Christen auszeichnende Heiligkeit nur da- VUVch behaupten, daß sie gewiße Sünden für schlechthin uner- laßlich erklärten, um so nachsichtiger aber gegen die nicht in die Classe der Todsünden gehörenden Vergehungen waren Ursprung des Briefes. xctx (Baur, S. 321). Johannes hat schlechthin jede Liebe zur Welt für unvereinbar mit der Liebe des Vaters, für eine Tod- sünde, erklärt; die Montanisten haben in voller Verleugnung der evangelischen Ethik einzelne Thatsiinden genannt, die sie »für Todsünden ausgaben. Freilich hat Baur auch in unserm Briefe drei angeblich von den Montanisten ausgezeichnete Tod- sünden sinden wollen, nämlich die Abgötterei V, 21 und lI1,4, den Mord M, 12 sll. und die Hurerei —- in der von Au- gustin erwähnten Überschrift ad Partbos, welche eigentlich and; Jmgsäwng gelautet haben soll. Dies Letztere laßen wir billig auf sich beruhn, zumal da Baur selbst sagt: »die dritte der montanistischen Todsünden, die non-»ein, finden wir in dem Briefe nicht« (S. 325). Die Schlußworte des Briefes aber enthalten eine für heidenchristliche Leser berechnete Warnung, welche an der Stelle den einfachen Gegensatz gegen das bildet, was der Apostel unmittelbar vorher über den wahren Gott, in welchem die Gläubigen das» Leben haben, gesagt hatte. In dem Sprache III, 4 ist von Götzendienst, als einer Todsündy durchaus keine Rede; nicht »Siinde und Heidenthum« wird zusammengefaßt und so dem »Mit dem Judenthume identischen Christenthume«, gegenübergestellt, als wenn dieses kraft des Gesetzes »auf der Stufe des sittlichen Bewußtseins« stände, unterhalb welcher sich das gesetzlose Heidenthum nach der An- sicht des Briefstellers besinden soll (S.324), sondern die sinng- -«'n, die Verfehlung gegen die Forderung der christlichen Hei: ligkeit, auf welcher die Gemeinschaft mit dem heiligen Gotte beruht (Il, 29 fll.), wird als eine Verletzung des ausdrückli- chen, von dem heiligen Gotte selbst gegebenen Gesetzes gerichtet. Und was die Stelle III, 12 sll.ganlangt, so wird kein Unbe- fangener verkennen, wie sehr Johannes, welcher schon die Ge- sinnung des Bruderhaßes als Brudermord bezeichnet, von den Montanisten sich unterscheidet, welche die That des Mordes zu den Todsünden zählen. Man kann kaum den Punkt erkennen, in welchem die apostolische Anschauungsweise mit der movin- nistischen zusammentreffen soll. Nirgends nennt also Johan- nes drei oder, wenn wir die Hurerei abrechnen, zwei Todsüm c Einleitung. den. Die Montanisten aber zählen nicht zwei oder drei, son- dern sagen: sinkt. entom, —- quae veniam non Osmia-It, ho- micidjutttz fault-Latein, kraus, negatjo, blasphemia, utique et moeohia et toraicatio et sj qua alia violatio templi Dei — so sagt, Tertullian Ue partic. c. 19), welcher an vielen Stellen johanneische Sprüche, auch unseres Briefes, in mon- tanisiischem Sinne interpretirt Dies ist namentlich auch bei U, 1 der Fall. Jndem Tertullian von Christo als dem exokatok part-is redet, stützt er sich ausdrücklich auf die johan- neische Vorstellung von Christo, als dem neiget-Miso; der Gläu- bigen. Planck aber sindet stch bei dem johanneischen Worte so sehr an »die parallelen Stellen Tertullians« erinnert, daß er urtheilt, »bei so deutlichen Belegen werde die histori- sche Beziehung des Briefes zu einer ganz zweifelloseM (a. a. O. S. 471).—— Die noch nicht weiter berührte Frage: wie es sich mit der johanneischen Bestiknmung über die christliche Für- bitte verhalte, gehört streng genommen gar nicht in diese kri- tifche Erörterung, sondern in den Commentay nachdem hier erwiesen ist, daß Johannes die montanistische Unterscheidung zwischen Todsünden und erlaßlichen Sünden nicht kennt; Es mag daher genügen, den Jrrthum in der Baurschen Auffas- sung der apoftolischen Gedanken kurz darzustellem Baur meint, daß nach der Ansicht des Briefstellers die christliche d.h. die montanistische Heiligkeit, das Nirhtfündigen der Christen einerseits daraus beruhe, daß Christi Blut die Versöhnung für unsere und für der ganzen Welt Sünde sei (1,7. Il,2. Hi, 5), anderseits aber »darin begründet sei, daß wir einander lieben« All, 10) und in dieser Liebe für einander bitten. Weil nun der Briefsteller bei gewißen Sünden, den Todfündew die heil- dringende Für-bitte geradezu verbiete, mache er sich der un- evangelischen Härte der Montanisten schuldig, indem er die in eine Todfünde Fallenden jeder Hoffnung auf Buße und Erlö- sung beraube, und weder das Opfer und die Fürbitte Christi, noch die Fürbitte der Brüder für kräftig genug halte, den Bann einer Todfünde zu brechen. Aber mit diesem Urtheil hat Baur dem Briessteller entschieden Unrecht gethan. Jo- Esss aaaaaaaa py Ursprung des Briefes. c: hannes hat weder M, l0 noch sonstwo gesagt, daß die Liebe der Brüder einen Christen von der Sünde erlöse, sondern er hat Hi, 10 gesagt, daß die Bruderliebe ein specisisches Merk- zeichen davon sei, daß wir aus Gott geboren seien. Die lie- bevolle Fürbitte der Brüder kann also nur insofern dem sün- digenden Bruder helfen, als kraft der Gemeinschaft aller mit Christo, dem alleinigen Bersöhner aller, die Fürbitte von Christo neues Leben für den kranken, sterbenden Bruder herabholt Jst der Bruder wirklich gestorben, ist erdurch eine »Todsünde-! völlig aus der Gemeinschaft der Gläubigen mit Christo ausge- schieden, ·so ist er auch nicht mehr von der brüderlichen Für- bitte zu erreichen. Was aber eine Todsiindesei und was nicht, das bestimmt Johannes nicht in montanistischem Jrrthum nach der äußernGestalt dieser oder jener That, sondern nach der fcttlichen Berfaßung des sündigenden Bruders, wie er denn auch zuerst in personaler Form schreibt: v. rief-Apis«- rufe. oTsecu97oE-oI-ra est-agains- ie-«««.., wie· Exzesse-trennt, unbdatm erst den Begriff der oixsaegciu ins Auge faßt W, 16. 17). An und für sich ist nachtJohannes jede Sünde eine Todsiindy so gewiß jede Sünde Finsternis ist, die schlechthin nicht in Gott ist, und Unheiligkeih Gesetzwidrigkeit ist, während Gott, in dem allein wir das Leben haben, heilig ist und verlangt, daß auch wir heilig seien; aber wer nach der apostolischen Regel I, 7 sit. wandelt, dem dringt Johannes selbst den Trost der Vergebung und der fortwährenden Reinigung von aller Sünde entgegen. . Wir dürfen also getrost absrhließent »Das Wort sie sollen laßen stahnst « §. ·6. Fortsetzung. Zeit und Ort der Abfaßung des Briefes. »Daß unser Brief höchst wahrscheinlich später als sdasiEvan- gelium von dem Apostel Johannes geschrieben worden sei, ha- ben wir schen oben gesehn, ohne daß wir jedoch denen beistim- men konnten, welche in dem Briefe Spuren von Altersschwiiche des Versaßers zu sinden meinten. Genauere chronologifche Be- stimmungen aber giebt der Brief, von der viel -bestrittenen Stelle cn Einleitung. il, 18 abgesehn, nicht an die Hand. Man hat freilich eine chronologische Andeutung darin finden wollen (Bens o n), daß II,13. 14 vorausgesetzt werde, es lebten noch Christen, welche den Herrn im Fleische gesehn hätten; aber dies liegt keines- wegs in den Worten des Johannes. Andere, z. B. Mill (N0v. Test ed. L. Kosten Amsh et l«ips. 1710. Frei. F. I7), haben vergebens versucht, aus der in dem Briefe bekämpften Art gnostischer Jrrlehren einen chronologischen Fingerzeig zu gewinnen, weil die polemischen Sätze des Briefes nur im All- gemeinen die Verhältnisse des apostolischen Zeitalters voraus- setzen. Noch andere haben in der Lehre des Briefes von der christlichen Liebe in ihrem Verhältnisse zum Glauben ein An- zeichen gesehn, daß der Brief -nicht eher geschrieben worden sei, als bis die durch den Eintritt des Apostels Paulus entstande- nen Unruhen die Ermahnungsschriften eines Vermittlers nöthig machten« So hat Augusti (a. a. O. S. 191) geurtheilt und in diesem Sinne sogar vermuthet (Vgl. auch Köhler, Ver- such über die Abfassungszeit der epistol Schriften im N. T. S. 215. bei Lücke, S. 24), die Apostel Johannes, Petrus und Judas möchten sich zu einer gemeinschaftlichen Eintrachts- maaßregel verabredet und ihre Briefe zugleich in die durch die Frage über die Rechtfertigung allein aus dem Glauben be- wegten Gemeinen ausgesandt haben. Im Munde der neuesten Kritiker, welche bekanntlich das Verhältnis von Judaismus und Paulinismus als den »archimedischen Punct« ansehn (Vgl. S.xu-1n), von welchem aus sie die Entwickelung der ältesten Kirchengeschichte klar durchschauen und die apostolischen Schrif- ten aus den ihnen fälschlich angewiesenen Stellen heben und richtig versetzen zu können sich einbilden, in dem Munde die- ser Kritiker lautet das von Augusti geltend gemachte Krite- rium so etwa wie Hilgenfeld (a. a. O. S. 340) sagt: »Ganz wie in den ignatianischen Briefen durch Zusammenstellung von Atem; und oiyoimy die alte Streitfrage über die Rechtferti- gung durch den Glauben oder die Werke vermittelt wird, wird auch hier die Liebe dem Glauben als gleichberechtigt beigevrd- net« Aber schon Augusti, geschweige denn Hilgenselty Ess- cccccccc py Zeit und Ort der Abfaßung on! hat den Johannes falsch beurtheilt. Kein Wort bei Johannes deutet darauf hin, daß er durch die Hervorhebung der Liebe, als eines Rechtfertigungsmittels, die paulinische Lehre habe abschwächen und so einen falschen Frieden mit einem unevan- gelischen Judaismus habe machen wollen. Soll etwa noch besonders bewiesen werden, was auf jedem Blatte der johan- neischen Schriften steht, daß die Bruderliebe dassWahrzeichen von unserer Gemeinschaft mit Gott in Christo, von dem ewi- gen Leben in uns ist, daß aber dieses Leben nur im Glauben an Jesum Ehristum unser ists — Wenn der Brief selbst ein chronologisches Merkmal enthält, so liegt es in der Stelle II 18, indem hier auf die Zerstörung Jerusalems, als auf den nahe bevorstehenden Anfang des mit der Parusie abzuschließen- den Gerichtes über die Welt, hingewiesen wird. Viele nam- hafte Ausleger leugnen freilich (s. d. Comment.), daß die pro- phetische Rede des Apostels im Zusammenhange mit jenem Ereignis zu deuten sei; für sie bietet mithin auch diese Stelle keinen chronologischen Anhaltspunct, wenn sie nicht etwa, wie Ziegler (a.a.O. S. 267fll.), Fritzsche (a.a.O. S.113fll.), H. C. A. Haenlein (Handbuch d. EinL in d. Schriften des N. T. Bd. ll. Z. Erl. 1800. S. 458 fl.) u. a., gerade dar- aus, daß die Zerstörung Jerusalems, dieses für die Christen so wichtige Ereignis, nicht erwähnt worden sei, folgern, daß der Brief noch vor jener Epoche geschrieben sein werde. Nach unserer Ansicht von der johanneischen Vorstellung der Herz-in; d» können wir freilich nicht mit Grotius, Hammond, Whitby, Benson u. a. urtheilen, daß Johannes von nichts Weiterem als von dem nahen Ende des jüdischen Staates rede, aber wir finden insofern eine chronologische Weisung in den johanneischen Worten, als» wir dieselben nur erklären können, wenn wir in ihnen einen prophetischen Hinblick auf das bevorstehende Gericht über Jerusalem anerkennen. Un- ser Brief, dessen Abfaßungszeit man innerhalb der Jahre 62 bis 98 n. Chr. zu suchen pflegt (Vgl. Will, Haenlein, Lücke u. a.), muß also in den siebenziger Jahren geschrie- ben sein. ctv Einleitung. An welchem Orte, aber derselbe von Johannes verfaßt sein mag, ist nicht zu bestimmen. Von den ältesten Zeiten an hat man in Kleinasien nicht nur die ersten Leser des Brie- fes, sondern auch den Ort, wo Johannes denselben geschrie- ben habe, gesucht. Eine alte Vermuthung, welche vielleicht nicht einmal den Namen einer Tradition verdient, spricht sich in den von Mill, Wetsteim Griesbach und Matthäi an- gemerkten zUnterschriften aus, indem Ephesus als der Ort, von welchem aus Johannes seinen ersten Brief geschrieben habe, bezeichnet wird. Manche haben auf Patmos, den an- geblichen Verbannungsort des Apostels gerathen (Grotius, Hug)z jedoch ohne einen haltbaren Grund beizubringen. §. 7. Die ersten Leser des Briefes. Wenn der Brief wirklich in Ephesus geschrieben sein sollte, so können die ersten Leser desselben nur außerhalb dieser Stadt gesucht werden; denn die Meinung Bengels (Vgl. S. 1x), daß der Briefsteller an dem Wohnorte der ersten Leser gegen- wärtig gewesen sei, ist unbegriindet und hängt mit der irr- thiimlichen Ansicht, daß unser Brief kein eigentliches Send- schreiben, sondern eine Art Abhandlung, Homilie oder der- gleichen sei, zusammen. Manche haben auf Grund einer zuerst bei Augustin er- wähnten Überschrift unseres Briefes, »Sei Parthosts die ersten Leser des Briefes zu bestimmen gesucht, indem sie entweder jene Angabe Augustins für richtig hielten, oder das in der- selben irgendwie versteckte richtige Moment hervorheben woll- ten. Augustin sagt nämlich (0naest. Ave-arg. It, 39)", nach- dem er aus einem paulinifchen Sprache die Glaubensherrlielp keit der Christen geschildert hat: secundum senieniiam hanc eijam jlluii est, quod dictum est a Joanne in epjstola ad Pers-time —- es folgt wörtlich die Stelle 1Joh. III, Z. Augu- stin hat sonst, so oft er auch unsern johanneischen Brief an- führt, nirgends jenes räthselhafte ad Parihos wiederholt; nicht einmal in feinen Tractaten über den Brief erwähnt er eines parthischen Leserkreises Aber schon spossidius führt in sei- nem Indiculus opp. s· Aug. diese Tractate mit der Formel an: Ess- cccccccc py Die ersten Leser. ev de epistoia Joannis ad Parthos sermones denen-«. So wird die Überschrift in die Benedictiner Ausgabe von Augustin gekommen fein, welche nach Lückes Angabe (a. a. O. S. 28. 81) das ad Pakthos haben muß. In der Baseler Ausgabe stehcn die Worte ad Parthos nichtz in der Pariser Ausgabe von 1586 (Tom. IX. p. 235) ist sogar ausdrücklich bemerkt: Possidius in Indieulo pauio aliter inseribitz nämlich ad Pak- thos. Auch andere lateinische Väter haben dem johanneisrhen Briefe dieselbe Bestimmung ad Paktiios zuerkannh eine Ansicht, von welcher, wie Wetstein anmerkt, auch einige lateinische eCodices Zeugnis geben. So ist jene augustinifche Angabe wiederholt in der Schrift adv. Vakjmadum Akianum Magna bibliotix vett part-um. Paris 1644. Tom. IV P. 266), welche richtiger dem Vigilius Tapsensis (am Ende des 5. Jahrh.), »als dem Jdacius Clarus, einem Zeitgenossen Augustins, beigelegt wird (vgl. G. Gasse, seript erwies. histor- iiteratn Ed. nov. Gehn. Allein: 1705. p.179. 296), ferner von Auf. Cassiodorus (de institut dir-in. seript c.14. 0pp. AukeL Allein: 1622. F. 88«5) und von Bed a, welcher ineinem bei Cave (p. 403) abgedruckten Pkoiogus super septem epistoles oanonicas sagt: Muiti seriptorum ecclesiasticoknttk in qaibus est s. Athanasiuxsp Alexandrinae eeelesiae praesuh primam ejus [sc. J0annis] epistolam sekiptam ad Pakthos esse testan- tue. Alle diese Lateiner schreiben das ad Pan-ihm, als wenn dies eine allgemein bekannte llberfchrift des johanneischen Brie- fes wäre. In der Schrift adv. Varjmadum wird sogar mit der Formel et ad Parthos ein Citat ans 1Joh. V zu andern biblischen Sprüchen hinzugefügt, ohne daß nur einmal der Name des Johannes beigesetzt ist. Besonders merkwürdig ist Cafsiodor, welcher —- was auch Lücke überfehn hat — nicht den ersten johanneischen Brief, sondern alle drei Briefe mit dem Ausdrucke Joannis ad Parthos in der Reihe der ka- tholischen Briefe auffiihrt Casfiodor scheint in dem genann- ten Capitel, welches Divisio scripturae divinae secundum septuaginta iiberfchrieben und im Anfange offenbar defect ist, den Schriftkanon irgendeines Kirchenlehrers zu geben. Wo er cvt Einleitung. die biblischen Bücher nach Augustin herzählt (o.13), sagt er: Jonnnis wes; und wo er selbst von den apostolischen Briefen handelt (e. 8), spricht er, wie überall sonst in seinen Schriften von der epistola Joannis pritna, second-I, tertien Auch die Notiz bei Beda macht das Räthsel eher schwierig, als daß sie es löst. Woher weiß Beda, daß viele Schriftsteller eine An- gabe über den johanneischen Brief haben, welche sich bei kei- nem Griechen findet, die er aber mit dem Zeugnisse des Atha- nasius belegt? Sonst hält sich Beda immer an Augustin. Sollte vielleicht jener Prato-Jus, welchen C ave aus einer Hand- schrist der Bibliothek zu Catnbridge genommen hat, gar nicht von Beda herrühren? Jndessen die Jnschrift ad Pakthos ist einmal vorhanden; es fragt sich also, was davon zu halten sei. Paulus, Baur u. a. haben, wie wir oben sahen, in dieser Überschrift wenigstens soviel historisrhe Wahrheit gefun- den, daß sie dieselbe, der Eine so, der Andere anders, gebrauch- ten, nm den nachapostolischen Ursprung des Briefes zu erwei- sen. Grotius dagegen hat auf Grund jener lateinischen An- gabe, welche Hammond siir nicht unwahrscheinlich erklärt (vgl. auch Michaelis a. a. O. S. 1519. BaumgartemCrusius a. a. O. S. 192), geurtheiltx Vocata olim fuit epistola ad Par- thos —- i. e. ad Judaeos Christum protess0s, qui non sub Romena-sum, seci sub Parthokurn vivebant jmperio in locis lkans Banns-Atem, ubi ingens erat Juciaeorstm mnltitudoY ut Netz-träge, Nisibi et aliis in weis. —- Et hanc- causam put0, out· haeo epistola neque in kkonte nennen titulnmque Apo- sto1i, neque in iine salutaiiones apostolioi moris eontineaix qnia nitnirum in ten-as hostiles Romanis haee episiola per mercatores Ephesios Mitteln-nur, mnltumque nocere Christia- nis Peter-at, si deprebensnm kuisset hoc, qnanquam inno- cens, litterar-um oocnmeroiunn Aber diese ganze Künsielei ist schon deshalb nichtig, weil der Brief nicht sowohl für Juden- christen, als vielmehr für Heidenchristen bestimmt erscheint. Und nicht einmal eine Legende spricht von irgendeiner Beziehung des Johannes zu den Christen in Parthiem wo vielmehr Tho- mas das Evangelium Verkündigt haben soll. Ohne Zweifel Esss cccccccc py Die ersten Leser. on! steckt in der Angabe ,,ad Pan-Ums« ein Versehm Aber wel- ches? Die Bermuthung des Serrarius (bei Haenlein a. a. O. S. 464), daß in der augustinischen Qriginalstelle ,,ad Parhmiosii zu lesen sei, hat ebenso wenig Grund wie die Conjertur Semlers, welcher »adapertins« schreiben wollte, weil er meinte, Augustin füge das johanneisrhe Wort gerade als das deutlichere dem paulinischen hinzu (vgl. S. J. Baum- gartens Untersuchung theolog. Streitigkeiten. Bd. I. Herausg von J. S. Semler. Halle 1762. S. 78). Am wahrschein- lichsten ist die Vermuthung, daß das ad Paribos der Lateiner aus einer griechischen Über: oder Unterschrift, in welcher das Wort einig-Jenes, corrumpirt: kratz-Fug, stand, erwachsen sei. Diese Anstcht ist auch von den meisten Kritikern vertreten, welche nur darüber uneinig sind, ob die ursprüngliche Bemer- kung gelautet haben möge: Anat-wo» nagäävow oder wes; »a929k«i-o»g. Whiston Ootnmentary on the 3 oatholjck episiles of s. dann. Land. 1719. p. 6) meinte, die ursprüng- liche Überschrift wars; napssöwvg habe den noch unverdorbe- nen, jungfräulich reinen Zustaiid der johanneischen Gemeinen (Y0ung Cbrisijans yet uncorrupted both as to tleshly and spjrjtual formt-elfen) beloben sollen; Hug dagegen (a. a. O. S. 170) erklärte das Wes; sing-Käsern» unter dem ersten Briefe durch die Bermuthung, daß die korrupte Unterschrift des zwei- ten Briefes, Apis§ nein-Bari: d. h. and: Hasses-»aus, die sich in einigen Handschriften auch als Aufschrift des zweiten Brie- fes ’·«) sindet, als Unterschrift zu dein ersten Briefe gezogen worden sei, weil man dieselbe bei dem zweiten Briefe als un- passend erkannt habe. Der von Whiston statuirte bildliche Sinn des ngdg mkgssäaowg wird schwerlich von dem beabsich- tigt sein, welcher die Worte zu unserm Briefe schrieb, da ja der Brief selbst so entschieden das Vorhandensein von verderb- lichen Jrrthiimern innerhalb des Leserkreises voraussetzt Will «) Schon Clemens Alex. (F’ragm. adnmbkalh 0pp. ed. Polter- 01on. 1715. T. H. p. 1011) sagt, das; der zweite Brief des Johannes ad vikgines geschrieben sei. cvm Einleitung. man aber Hugs Erklärung nicht gut heißen, so bleibt nur die von Gieseler (Lehrbuch der Kirchengesch. Bd. l. Abth 1. 4. Aufl. .1844. S. 139) vorgetragene Meinung übrig, daß die Unterschrift des ersten und des zweiten Briefes, den Johannes selbst als mtqässsioks habe bezeichnen sollen, eine Vermuthung, welche Lücke dadurch unterstützt hat, daß ein Codex in der Überschrift der Apokalypse dem Johannes neben anderen Eh- rentiteln auch das »Ja-Jena«; wirklich beilegt. Eine sichere Entscheidung zwischen den Ansichten von Hug und Gieseler ist nicht wohl möglich. Sicher scheint nur (vgl. auch Cred- ner a. a. O.), daß der lateinischen Überschrift ad Pakthos das Griechische weih-Isaria zu Grunde liegt, daß aber durch- aus kein historischer Fingerzeig aus derselben zu entnehmen ist. Findet sich doch sogar die Überschrift sei spartos (vgl. Griesbach), die sichtbar aus acgdg nassen; erwachsen ist. Die Vermuthung Wegscheid ers (Bers. einer vollst. Eint. in das Evang des Johannes. Gött.1806. S.37), daß die Über: schrift ad Pakthos ursprünglich ad sparsos gelautet haben möge, hat also» um so weniger Schein,-weil die angebliche griechifche Inschrift ergös- srenig Eraorrapaoexeäyovc in der That nirgends bezeugt ist. « Ebenso wenig als in Parthien sind die ersten Leser un- seres Briefes in Judiia und Galiläa oder in Corinth zu fin- den. Dort hat Benson dieselben gesucht) weil II, 7. 13 fl. gesagt werde, daß sie das Evangelium von Anfang an gehabt und den Herrn selbst im Fleische gesehn hätten; auf Corinth hat Lightfoot (Hor. Hebt. zu 1 Cor. l, "14. 0pp. Tom. lI. Roten-ad. 1686. P. 885) gerathen, weil er den Cajus im drit- ten johanneischen Briefe mit dem 1Cor. 1, 14 genannten fiir identisch hielt. Ohne Borwitz wirdman nur sagen können, daß der Brief nicht an eine bestimmte einzelne Gemeine gerichtet erscheint, denn in diesem Falle würden concrete Beziehungen und per- sönliche Verhältnisse mehr hervortreten, sondern daß er für ei- nen größernGemeinekreis bestimmt gewesen sein wird. Und zwar führt uns der Brief auf wesentlich heidenchristliche Leser. Erklärungsschrifteim cxx Nichts ist verkehrter, als die Meinung Löfflers (f. u. S. 118), daß DE! Brief an schwachglaubige Judenchristem ja an noch ganz ungläubige Juden geschkitben worden sei. Durch die ganze Lehrweise, welche alttestamenkkichk Vpkstpgukkgexx m« ge- Icgciitlich UUd Ieise dllkchblickcll läßt tmd dukch die ausdküch liche Warnung vor Götzendienst wird »in wesknkkich Heiden- christlicher Leserkreis angedeutet. Dieser absx wixd i» Vorder- asien, in der Umgegend von Ephesus zu skchm sein» Die apostolische Warnung vor dem Götzendienste q fkkjkjch wphk zu bestimmt von Haeulein (a. a. O. S. 457) azf de« pkäkkp tigen und verfiihrerischen Dienst der Artemis un« des Aeskxp lap bezogen; immerhin aber waren gerade in den G«kg«»k,kn« in welchen der alten Tradition gemäß Johannes w-kke» H« heidenchristlichen Gemeinen von den Gefahren bedränxsp v» welchen der Brief warnt, indem er einem blendenden gkjdeksp thum und einer widerchristlichen Gnosis die das ewigexhkn einschließende Erkenntnis des wahren Gottes in Jesu Chrfkp entgegenstellt. §. s. Erklärungsschriften H. Von den Erklärungsschristen der griechischen Kirchendätciz —- über welche Cassiodor scje just. dirs. scrjpr. Prass- p.850) sagt: For-unt itaque scriptukas divinas vetekis novjque Te— stamenti ab ipso principio usque ad iinem Grase-o sertnone deolarasse Clemens-km Alexandkjnum cognomonto Strom-i- teum et Cgrillum ejustiem cjvjtalis Episcopum et Joannem clergsosromuny Gregorius» et Brief«-«« net: non et aljos stu- djosissjmos viros, quos Graeca facundja conxelebrat —- sind einige gänzlich verloren gegangen. Besonders zu beklagen ist gewiß der Verlust der Coinmentarien des Dszodor von Tar- sns (vgl. Suidas unter Ursein-pag nasse-Lin« Les-cis. ed. L. Kosten-us. Caniabr.1705. Tom! P. 594) unldes Chrysostik inus (vgl. Suidas unter Isaria-eng szzwnzeijzu Lexicx II. 130: Hieraus« -——’I01«Fui'mJs- ygacpsjw irui Kruge-giesse»- das— ( I «) Vgl. bei Linie, a. a. O. S. 75 sit. die -,,Ha«tmomente aus dek Geschichte der Auslegung des ersten Joh. Brief-M. I cx Einleitung. zcwyxkäscosw to; oEUog wide-Es) Bot! den Adumbrakioneu des Clemens von Alexandrien —- woräber Cafsiodor (l. o. c. 8. Vgl. anch Eusebius, H. E. VI, 14) insbesondere be- merkt; mujxz qujckgm sghnlitettz sed aliqua inoaute locutus estz qgze Ho; jkg kkzqsprri feoimus in Latinum, ut exolusis qgjhkzsdzm oiksnkjicgjjs pukiiicata dootrina ejus securius pos- set hankirj —- fmts unbedeutende Fragmente erhalten (vgl. 0pp· ed· koste-s, U, 1009). Die wichtigern Fragmente des Didpmug vpnAlexandrien (vgl. Cassiodor a. a. O.) sind zuketzk hekauszxxgeben von Lücke Ouaestiones ac vindioiae DjdYmjzmHz Zwei Progn Gott. 1829). Erhalten sind noch di« Cwnmdes Oecumeniuö (s. o. S. m) und des Theo- phy1«kk«()pp. ed. B. Finetti. Tom. III. Venet 1758), und zwejekkeiScholien (bei Chr. Fr. Ntatthäh ss. Apostolo- kum skxtem END. cathoi. Rig. 1782. P. 108. 212). Fugustin (s. o. S. x1). Bedae Veneraix Expositt z» keines epxk b. Joannjs zip. (0pp. Tom. V. Solon. Agkipkx 168 P. 727). Des. Ekasmi Rot. in Nov. Test. annotationes Bas 1542 dgl. critioorum sacroram Tom. V. Franoofl ad Moen 1695, woselbst exegetische Bemerkungen von ErastnuQ Balle« Vatablus, Marias, Zegerus, Drusius, Jar. Capel- Ins, Castalio, Casaubonus, Cameron und Grotius zusammengestellt sind). M. Luther, Auslegungl und II (s. o. S. Im) und scholia ed. Etuis- Imb. 1797. Calvin (s. o. S. x11). Tit. Bezae Nov. Testament. 1589. Ekasm Sohmidii opus sa- orum posthumuttz in quo eontinentur versio Novi ’I’estam. nova et notae et. Norimb.1658. II. Gkotius (s. o. S. xt). A. calovius E. o. S. xI). Notatio ligurarum s. com— mentatn in N. Fodus —- studio Joaoix Camerakiis contain: 1642. Jo. Piseatoris comment. in omnes libros N. Test Hekborn.Nasso«1658. Jon. slichtingii de Bukowiec Commentakia ptthuma in plekosque N. Test 1ibkos. Irenop. 1656. Tom.1l. ; 369. Novum Test. cum parapbrasi et ad— nottut. II. llam ontii ex Anglioa lingua in Latinam trank-tu—- Erkliirungsschriften . ex: lit suisque anicnaciversionibus illustraviy oastigaviy auxit Je. cxlesriekus T. II. AmsteL 1699. G. Benfons paraphrash ErkL und Anmerkungen über einige Bücher des N. T. Bd.3. Aus d. Engl. von J. P. Bamberger. Leipz. 1761. A Pa- raphrase and Commentars on the New Testament. Vol. II. By Den. Whitby Edinix 1761. Jo- cim Wolfii cui-sie pbiiologieae et eriticae llamlx 1735. Bengel (S. vm). J. G. Rosenmiiiieri scholia in N. Test. T. V. Bd. Z. Nokimix 1790. De Wette = Brückner (S. xv). J. J. Grynnei expiie epzx catboL Bas. 1543. B. Aretii c0mm. in epp. oatix Morg. 1589 (Genev. I618). J. A. Al- sted, Plejas apostoiica i. e. septem epp.·can. note-it. iiluslta Herd. 1640. C. Horneji in septem epp. catir. eignes. litt. Brunsv.1652. 54. Epistoiakum cathoL septenarius - Opera Jo.Ben.Cakpzov.H«-1l.1790. J.Cl)r. W. Augusti (S.xxx1v). K. R. Fachmann, Commentar üb. die kath. Bier. Lpz. 1838. H. Buliingek, in epp. Joannis can. brevis et oathoi. exposit Tigur. I532. W. Whiston (S. cv1I). Joach- Lan— gius, Urim a(- Thummim s. Exegesis epp. Petri a(- Joannis Hat. 1734. M. Weber, übers. der Briefe des Ich. nebst einigen Anmerkungen. Halle1778. Schirmey die drey Brit. des Art. Jolx übers. u. erkl. BresL 1780. Deckel, Johan- nis drei) Brr. hebraismenfrey übersetzt u. philosophisch er« klärt. Franks. u. Leipz. 1795. N. Mai-us, prae1ectt. exegeh in tkes Dann. epp. l«ips. 1796. S. G. Lange, die Schrif- ten Johannik ThL Z. Die drey Ort. Joh. Wenn. 1797. H. C. G. Paulus (S. xxxv1). F. socini comment· in ep. Joann apost primam Ra- oov. 1614 (Bibiioth. statt-um Polonorum, quos Unitarios vo- cant. Tom. l. Irenop. 1656. p.157). sjm. Episcopii Leotiones saerae in I ep. eathoi Most. Joannis (0pp. theoL P. II. Amt. 1665. P. 173). Aeg· Hunnii Ep. can. Joka- nis —- iilusitn 1586. s. schmidh comment. in pkim. Jo- ep. (1687). Franc-of. et Uns. 1707. J. S. sem1et-, Para- phrasis in prim. Je. ep. cum pr01egg. et animadvers Fig. 1792. H. Chr. Ballenstedt, Philo und Johannes oder on! Einleitung. neue philofophischkkritische Untersuchung des Logos bepm Jo- hannes nach dem Philo, nebst einer Erst. u. Übers. des erstett Briefes Ich. aus der geweiheten Sprache der Hierophantem Braunschm ,1802. —- Lücke (S. v111). Baumgartem Crusiuö (S. v111). Sande: (S. x1v). Plx J. Spener, Johannis erste Epistel nach ihrem Wort- verstand, von Versicul zu Versicul sammt ausgezogenen Leh- ren und Lebensregelm auch einer völligen Paraphrase erklärt. Halle 1699. F. Chr. Steinhofer, der erste Brief Joh. er- baulich erklärt (l762) Hamb. 1848. K. Ricklh Joh· erster Br. erklärt u. angewendet in Predi«gten, mit histor. Vorbe- richt und exeget. Anhange Luzern I828. Johanns e n, Pre- digten über den ersten Br. des Joh. in seinem innern Zusam- menhange. Altona l838. A. Neand er, der erste Br. Joh. praktisch erläutert. Bett. 1851. K. A.Wolf, pract. Comment zum ersten Bd Joh. in kirchL Catechisationem 2 AbthL Leipz. 1851. - Die einzelnen exegetischen und kritischen Abhandlungen von Oporiiy Heumaniy Knapp, Schott, Fritzsche u.a. sind bei den betressenden Stellen angegeben· « Der Eingang des Briefes. 1,«1—-4. - Die ersten Verse des Briefes enthalten zwar nicht, wie man bei einem wirklichen Briefe erwartet, eine ausdrückliche Zufchriftz doch aber läßt der ganze Bau und der Gehalt dieser Eingangsverse gewiße Grundzüge einer apostolischen Brief- ausschrist durchblicken Wir erkennen sogleich, noch ehe wir den Organismus des schwierigen Satzes V. 1—3 klar über- fchauen, die Bewegung des Schreibers zu den Lesern hin. Der Verfaßer geht aus von sich selber, von dem, was er ge- hört und gesehn hat, und wendet sich mit einer bestimmten Verkündigung, zu einem bestimmten persönlichen Zwecke (B.3) an seine Leser. Aber wenn es in den ersten drei Versen noch zweifelhaft erscheint, ob der Briefsteller allein sich selbst und seine persönliche Erfahrung oder die gemeinsame apostolische Zeugenschaft meint, so tritt wenigstens in V. 4 die individuelle Beziehung des Briefstellers zu seinen Lesern aus jenem allge- meinen Verhältnis hervor (im2 rasen: ypofcpoxeew Ihrs-O, »und während im dritten Verse auch die Zweckbestimmung all- gemeiner lautete, so klingt gerade hier, in B. 4, bei dem Im)- DJ xcrgck Tiger-Is- mmäøykk der ächt briefliche Gruß, das volle apostolische zahm-» an. Wir sinden dieses briefliche zip-Ihm« im neuen «Testamente, wenn wir von dem nichtapo- stolifchen Briefe AG. 23, 26 sll. absehen, nur bei Jakobus (Iak.1,1.) und in dem Sendschreiben des Apostelconcils (AG. 15, 23). Jn allen übrigen apostolischen Briefaufschristen liegt l. 1 2 lJoh.l, l—4. freilich das gewöhnliche Schema zum Grunde, aber das bloße zafgscu erscheint als eine zu ärmliche Form, um den reichen Inhalt eines apostolischen Grußes saßen zu können. Die apostolischen Briessteller haben viel mehr und etwas weit Be- stimmteres zu wünschen, als das nackte xalgkns (2 Seh. Z. Jud. Z. 1 Petr. I, 2. 2 Petr. l, Z. spaulim Brr.), es ist die Gnade, der Friede, die Barmherzigkeit Gottes in Christo; und sie slechten sogleich in die Aufschrift gewiße lebendige Be- ziehungen zwischen sich selber und den Lesern ein, sei es daß sie an ihr eigenes apostolisches Amt oder an den heiligen Beruf der Leser zu erinnern haben, sei es daß die Hoffnung, Freude, Lehre, Warnung, welche in dem Briefe sich ergießt, schon in der Ausschrift hervorbricht Dem christlichen Herzen ist die griechische Form zu enge; und es ist deshalb auch nicht bloß eine äußerliche Nachahmung der apostolischen Briefform, wenn auch die Briese der aposto- lischen Väter in das alte griechisehe Muster der Briesaufschrist die frischen Farben des christlichen Lebens hineinzeichnem So schreibt Polycarp an die Philippen Sieg; thun» aus zip-ji«; Hugo? Deo-E nawsxonyiisropog nat sie-give; That-II Xgcossoss Im? owsxsspoc efxiaJw 7r27sJ1Js-«9s«"-;· Ähnlich Clemens Von Rom (Bp. I. o. l) und die Gemeine von Smyrna War-IF. Polycz c. 1). Eigenthiimlich ist allen diesen Briesen, von den ge- dehnten Aufschristen der Ignatianischen Briefe zu schweigen, das nzeziwyäsiw welches gewiß aus den Petrinischen Briefen stammt nnd unserm Johanneischen z; essnzsyziaixxäigpy entspricht Das lebendige Verständiiis der Eingangsverse unseres Briefes (vgl. O. F. Fritzs ch e, de epistolarum Johanns-drum lot-is ditlicilioribus comment, l. Fkitzsobjorum opusoula aca- demioix Lips. 1838. p.276) hängt zunächst von der richtigen Auffaßung des Satzbaues ab. Der Satz V. 1—3, welchen Calvin sogar eine abrupta et oonkusa otsario nennt, ist einigermaßen verwickelt, ein Umstand, welchen die Griechen nicht allein aus der anregenden Kürze der Rede, sondern auch aus der Absicht des Apostels erklären wollen, die heilsame Wahrheit, die nicht in schönen Worten beruhe, den griechischen I Ich. l, l—4. 3 Redekünsten entgegenzustellen und die göttlichen Geheimnisse in dunkeln Worten zu verhüllein Oecumenius sagt näm- lich nach Theophylach ans-Zwi- xckv cfcoi »Ja« sen-J aw- uszsszcräpov Ich-o» Zahn-», Fasse» ckss etc-i »Ja« syst-Häfne- WJI SÄÄVZMZOJI uircxeeixmø siaei Festes-II;- aIc »Tie- åss Ich-org sJ ans-»spie- sszeusih XII-« F» Zweck« Deo-i Frei seoücocc Essen-»Es«- nwssägotic sjxeesc 59yaYe5z4ss-oc, ist-w ruf ais-»Es« npoxsigwc ktkpionopssc N; Iwane-Hierm- i-·7s«set«Jx-ex9oe- iIEUmc s» nat Esel-Umsi- Hckovisfäsn Sanges-»)- npüzixac scoi sei-Je- Yes-jin»- cimäckga cis-ais«- ieai zur) o?- oZarpcrMg ais-ewig Zug-ego- »mein- -m1. (Matth. 7, 6). » Schon Erasmus (vgl. auch S. Schmid) nennt drei Weisen, den Satz zu construirem Zuerst, sagt er, kann man den Nachsatz zu b« »Je- eT»’ ei«- smh mit den Worten ice-i »' zeig. of» Zins-zack- beginnen lassen. Diese Auffassungsweife ist aber offenbar so ungeschickt, daß außer H. E. G.Paulus, bei welchem dieselbe mit noch andern Jrrthümern verbunden erscheint, niemand wirklich darauf versallen ist. Zweitens, fährt Erasmus fort, kann man die Worte Ei« Zweige-giess- ». eins-». B.3 als Recapitulation des Vorderfatzes V.1 ansehen, wobei V. 2 als Parenthese erscheinen muß, und den Nachfatz mit oiaayyääzoxssw ji«-s«- V.3 beginnen. So haben die mei- sten Editoren und Ausleger geurtheilt (vgl. sytn (?) Art-nd. Theophylach Oecumenius, Augustin, Beda, Luther, Socin, Beza, Episcopius, Calov, Wolf, Semleiz S. G. Lange, J.Lange, Bengel, Lücke, Fachmann, Fritzschy Baumgarten-Crufius, de Wette, Sander, Neanderz Will, Wetstein, Griesbach, Lachmann u.a.). Endlich drittens, und dies ist offenbar die Meinung des Erasmus, kann man den eigentlichen Nachsatz zu V.1 mit see-i zip-praxi. «. eine-». V.2 beginnen (ut princjpale comma sit post vicltmuss Jn den Worten Z zeig-i«- «. ils-spie. V.3 repetirt dann Johannes den ganzen vorhergehenden Satz und rundet denselben mit cinayyäzh II» »Es. ab. Zu beachten ist hiebei, daß Erasmus, wie vor und nach ihm manche Ausleger gethan haben, die Worte scsgi sc. Mk. c. ges-Je un- 1 I 4 I Ich. l, .1-—-4. mittelbar mit Sphinx-J. verbindet, so daß nur die ersten Worte von V.2, sei-i »· Zähne« «. eng-is» als eigentliche Paten- thefe verstanden werden. Erasmus umschreibt demnach den ganzen Satz so: Ouoä erst ab initio verharrt, sicut unabsi- mus uukibus, vjdimus ocu1is, neo simpliciter vidimus, sei! multo tempore cum illo veksati speotatores fast-ins, quin et manibus eoutrectavimus vekbum vjtaet vjta enim nostra, quae prjus latebat, exposita kuit seusibus corpokis jtaque licuit Miete. Ouoä igitur tot modis eompertum habe-ums, id etiam testiticamur et annunciamus vobis Dejnde de more suo repetjt quod djxeran quod vidimus et auciivimus, an— nunciamus tret-bis. Mit Erasmus stimmen C alvin und Carpzov in. der Hauptsachy in dem Beginne des Nach- satzes mit nat zeugst-Fuhr» V.2 überein. Es ist klar, daß nur diese oder die zweite von Erasmus bezeichnete und von den meisten Gelehrten vertretene Ansicht von der Organisation des Satzes möglich ist. Denn zu einer wirklichen Ergänzung von Meister-ki- u. dgl. vor oder hinter weg-i e. zeig-« s. g. ist durchaus kein Raum; im Grunde laufen vielmehr auch solche Ergänzungen, wie sie vielleicht der Shrer Ovungelizamus vobis illum, qui erat a principio, quem audivimus — eum, qui est verbum vitae —- et quod vidimus et audivimus vobis quoque pateiacimuy gedacht und S. Schmid (vgl. auch Carpzov) statuirt hat, auf die Ansicht hinaus, daß der eigentliche Nachfatz zu B. l mit dem ciaayyätzoxceu V.3 beginne, weil nur aus diesem Verbum die angeblichen Ergän- zungen zu V.1 herausgenommen werden können. Sehen wir vorläusig von der falschen Verbindung der Worte met e. By. r. g. mit »Hu-»Aus» ab, so bemerken wir, daß in einem Punkte beide Ansichten zusammentreffen; beide Male erfcheint nämlich der Anfang von V. 3 als der Punkt, an welchem die Bewe- gung der Rede zur Ruhe kömmt. Die Worte Z« äwgoiiioezisp ssai oissøyisöaxseik das hat niemand verkannt, sehen auf V.1 zurück, recapituliren das Vorher-gehende, biegen die Rede in den unterbrochenen Lauf zurück, so daß dieselbe nun mit oinayyäzzoxksw dies» seit. ebenmäßig abgeschlossen werden IJolx l, l—-4. 5 kann: »was wir gesehen und gehört haben, das verkiindigen wir Euch« In diesem Sinne sagen Theophylact und QecumeniuM b« rufe-r»- HOYOZJetrzsSIH see-Irr) uui eins-z«- yöläoxcsp ist-It» sure-Erfo- rofeww Hosia- OJ oimsckooczu So auch Erasmus und Fritzsche quoci thing-U, etc» Beza und Calovius: Wort, innerem, vidimus etc. Blicken wir von hier aus auf das vorhergehende Satzgefügq so erscheint es doch außerordentlich hart und unbehiilflich, das scai mag— sog-Ihr»- ML V. 2 Von den! Heut ämpckuaxcui zu trennen und hinter diesen Worten die Parenthese, welche, wie niemand geleugnet hat, mit im; v; Tor) seyn-«. beginnt, zu schließen. Ofsenbar stützt sich auf dieses zu V.1 parenthetisch nachge- brachte im; s; Laie) Hex-w. gleicherweise das ice-i Sinnes-s. wie das siai ging-nip- wie endlich das diesem parallele sie-i ein«-V. sitz. Schon der innere Zusammenhang dieser Momente scheint das zu fordern; denn auf der historischen Thatsache, ej Topp) Ema-»» beruht vermittelst der apostolischen Augenzeugenschasg m; zeig-sie» das apostolische Zeugnis, die apostolische Verkün- digung simi rings. «. risse-H. -e-)..). Man beachte ferner, wie ungesügig die Worte iml ein«-z« gez. als Fortsetzung des mit ice-i »ein-eng. begonnenen Nachsatzes, dastehen. Ossenbar weist doch das »« Zwar-passe; Hin» auf den Anfang von V. 2 zurück; denken wir uns nun diesparenthese hinter Fug-is« geschlossen, so würde die kaum in den ebenmäßigen Lauf zu- rückgekehrte Rede wieder in die Parenthese zurückgreifen Wir hätten eine neue Ausweichung von dem geraden Fortschritt des Nachsatzesz dieser Narhsatz selbst würde durch das den Vorder- satz V. l aufnehmende Z Hain-i»- «. cis-w. V.3 wiederum un- terbrochen, und erst der wiederholte Anlauf zum Nachsatzh Even»- iixn V.3, brächte endlich die verwirrte Rede — C al- vin urtheilt so von seinem Standpunkt aus ganzrecht — zum Abschluß. Die Worte des Apostels selbst leiten uns aber ganz bestimmt zu dem richtigen Verständnis der Satzfügung an. Die Schlußworte von V.1 srspi sc. Mk. erst; gewiss, mag man dieselben construiren, wie man will, veranlassen eine parenthetische Bemerkung über diese gen-J. Begonnen 6 1Joh. l, l-—4. wird daher die Parenthese mit ice-i o; Hm; Hexe-geh. Von hier ab isi nun aber weder in dem Gedankengehalt noch in der entsprechenden Redeform irgend ein Einschnitt zu bemerken vor den Schlußworten von V. 2. Denn die Prädicatbestimmung des sc. g. sc. ist«-». welche, mit Fug, nicht bloß mit h) ange- frhlossen wird, setzt das innigste Verhältnis zwischen dem Jn- halte des apoftolischen ci7sayyk"«i., nämlich der Tau; ais-in. Fu; OF» —- — nat Zwar-sinds» sJ,«. und dem Factum im! sJ g. Zepter-Spuk» Voraus; das sexiaøwpcsöäsy VI» am Schlusse sieht auf das åcpcxsixgaisøy znAnfang von V. 2 zurück, der Vers wird durch diese Zurückbeziehung als ein in sich abge- rundetes Ganzes bezeichnet, und so die Rede auf den Punkt, in welchem das parenthetische ssai øj Ich-J« Speisen. see-i. ein- gesetzt wurde, zurückgebogenz deshalb kann mit B.Z der B! begonnene, durch V.2 unterbrochene Faden wieder aufgenom- men, der Bordersatz kurz und im ausdrücklichen Anklang an B.1 repetirt und so der regelmäßige Nachsatz, ein«-». II» gez» angefchlossen werden. In dem so verstandenen Orga- nismus des ganzen Satzes B.1——3 erhalten aber auch die Worte weg! sc. By. T. Zwist V.I ihre tichtige Stellung. Man hat dieselben nach zwei Seiten hin bezogen. Erstlich hat man sie von dem Verbum V.1 abhängig gedacht und namentlich enge mit gis-»ich« verbunden; zweitens hat man sie so construirt, daß sie vorwärts weisen, auf das B.3 nach- folgende oiaayyäzzoxcksi. Jenes ist die Meinung sämmtlicher Kirchenväter, des Theophylach Oecumenius, der Scholiasten l und il. (bei Matthäi, S. 109 unter dem Texte, und S. 210 im Anhange), des Augustin, Bei-a, ferner des Erasmus, Calvin, der aber nicht ganz deutlich ist, des Beza, Grotius, S. Schmid, Calovius, Ben- gel, S. G. Lange, Fritzfchh Baumgarten-Crusius, Paulus, und mancher älteren Theologety deren Ansichten bei Calovius und in den critjcis saoris mitgetheilt find. Die andere Ansicht ist vertreten durch Cornelius a Lap., Ly- ranus (bei Calov), Luther, Socin, Winer (Gram- matik 1836. S. 495), Lücke, Jachmanm de Wette, Wissens« es» 1Joh. l, 1-—4. 7 Neänder u. a.—— Es ist unverkennbar, daß bei manchen der ältern Exegeten die Frage nach der Verbindung der Worte »Hei r. Les-«. se. c. mit der wichtigen Frage, ob der Läg-o; r. g. von dem persönlichen Logos oder von der evangelischen Pre- digt zu verstehen sei, unmittelbar zusammenfiel. Wie nämlich von der einen Seite, schon nach dem Vorgange der Kirchen- väter, häufig Gewicht» darauf gelegt wurde, daß man nur Leibliches sehen, hören und betasten könne, daß also der ewige Logos des Lebens als Fleisch gewordener gedacht werden Wisse, wenn Johannes sage, daß er ihn betastet habe (vgl. z. B. Bedm Ouod gutem ait ,,et manus nostrae contrectaverunt de vekbo virus-« Manichaeorum vincit insaniam, qui Domi- num veran- ussumsisse eaknem neganu Ebenso noch Ben- gel: asgh de. Pereeperunt veritatem earnis etc-· Vgl. Paulus: —— »haben auch (als gewiß körperlich) unsere Hände betastet um den Sprechergeist des Lebens her, — den Ihn, als herabgekommenen Logos, hier umgebenden Menschenleib-O, so suchte man von der andern Seite dieser Schlußfolge auch dadurch zu entgehn, daß man-die.Worte nepi sc. To» c. g. gar nicht mit den vorangehenden Verben verband. Besonders klar ist dieses dogmatische Interesse einerseits bei Calovius, andrerseits bei Soein. C alov, welcher die ganze Stelle von dem persönlichen Christus deutet, fühlt doch die sprach- liche Schwierigkeit, welche die Präposition mgi der unmittel- baren Verbindung von negi e. Ach« T. F. mit sei-»zum ent- gegenstellt Die Auskunft einiger älteren Auslegey daß ask-i, gleich dem oZnö se. yrpeeixsoesrög »or- AG.2,17, die par- tielle Erkenntnis des Fleisch gewordenen Logos bezeiehne, weist Calov sreilich ab, aber nicht wegen eines sprachlichen Grundes, sondern weil non agituk hie de notitia iutelleeiualy sed de experientia sensuali. Besser gefällt ihm die Bemer- kung des Ich. Beza, welcher sagt: distinete eonsidekans in Christo aliud atque aliud (näml»ich die göttliche und die mensch- liche Natur), maluit sokibeke yrspi se. z. sc. F. quam ed» Mk. sc. F» ne scilieet sentire videretuk idem esse id,- quod videkat et paipaverah atque id quod erat a sprincipicx Ca- 8 lJoh. l, 1——4. lov bleibt offenbar rathlosz aber, sagt er: mocius expliesncii est dir-emsig, sed sensus eotiem read. Dem Calovius kömmt es vor allen Dingen daraus an, gegen Socin und Grotius die Persönlichkeit des Logos in den apostolischen Worten ausgesprochen zu sindenz dies— dogmatische Resultat glaubt er nur halten zu können, wenn er die hergebrachte un- mittelbare Verbindung der Worte weg; »s- z. r. ;- mit zip-»Tai» festhält, denn alsdann wird die Menschwerdung des Logos schon hier vorausgesetzi. Genauer dargelegt wird dann, dies Letzte im B.2, wozu Calov anmerkt: Expljeatur Jena, qau kiuione de Läg-z» praeciieakit et scä »Je- oisf Hex-Je rutioae exisientiae quoad clivinam natur-im et sccz aucijrjz vieler-i» Spec-taki, eontreetari rutione eonversutionis temporaisiacz quo- aci dumm-am, et rö esse Myos- sssjg Zins; katione nikiusque naturae. — Gerade das entgegengesetzte Interesse bestimmte den Unitarier Socin. Er geht ausdrücklich darauf aus, zu beweisen, daß die Verse gar nicht von einem präexistirenden persönlichen Logos, welcher Mensch geworden sei, handeln, und in dieser Absicht sagt- er: sie okcijnaitcla sunt eontextus verba — ut voces illae sie verlu- vitere eetiseuniur tunquam ab iniiio diente, hoc: nimikum par-to (sumencio intekim ver— bum pkincipale hujus per-Loch, quod exsiat ciemum v. 3): annunciømus vobis sie sermcme vitaa So hat Socin in verkehrtem dogmatisrhen Interesse die, wie uns scheint, einzig richtige Beziehung der Worte eng; r. J» c. F. getroffen. Freilich aber irrt Socin nicht minder als sein späterer Gegner Calov, wenn sie meinen, daß durch die Verbindung der streitigen Worte über den Sinn derselben etwas Wesentliches entschieden werde, wie wir denn auch z.B. schon bei Luther die von Socin geltend gemachte Ansicht von der Satzsiigung und zu- gleich die alte kirchliche Auslegung des GedankengehalteT umgekehrt aber bei Grotius neben der alten Construction die socinische Auslegung sinden. Die Entscheidung der Streit- frage kann für den richtigen exegetischen Takt keinen Augen- blick zweifelhaft sein. Es ist schlechthin unmöglich, die Prä- position ask-i unmittelbar von åkxiizlayk abhängig zu denken; lJoh.I,I—4. 9 dieselbe kann nur, wie Socin sagt, als at) indes» dir-la be- trachtet werden, d. h. so, daß darin ein neuer, dem ursprüng- lich angelegten Bordersatze Z eJp —— Hex-»Arie«. paralleler Salz angefangen wird, welcher, durch die Parenthese V.2 unter- brochen, nicht der Form, sondern dem Sinne nach in dem Nachsatze B. 3 abgeschloßen wird. «So dienen die allerdings ohne ausdrückliche Folge in die Mitte zwischen V.1 und B. 3 gestellten Worte arg; c. My- -. g. dazu, das Gefüge des ganzen Satzes zu markirew Da am Schlusse von V. 1 der durch das vierfache b« indicirte Nachsatz nicht sogleich folgen kann, weil Johannes erst einen nothwendigen Zwischengedanken beizubringen hat, den von der geschichtlichen Offenbarung des Lebens, so wird der Leser durch den neuen Satzansang ask-i sc. he. g: um so mehr in Spannung gehalten und um so sicherer auf den erst nach einer gewissen Abschweifung folgen- den Nachsatz, V. Z, hingewiesen. Der« harmonische Zusam- menschluß der Rede in B. 3 kann aber um so leichter durch eine Recapitulation der Hauptmomente von V.1 angebahnt werden, als die parenthetische Unterbrechung (i«xi s; gen-J Ema-«) sich ausdrücklich an den neuen Satzanfang gez-i se. Mk» ers; can-Je anlehnte. Der Organismus des ganzen Satzes V. 1——3 ist demnach folgender: der Sah wird entfchieden — man be- achte das viermalige Pronomen —- relativifch angelegt; dann wird, um für eine nothwendige Zwischenbernerkung (B. Z) Raum zu gewinnen, die ursprünglich relativisch begonnene Bewegung der Rede durch einen neuen auf jenen Zwischenge- danken abzielenden Satzanfang, weg; sc. z. sc. g» hindurchge- leitet und so gleichsam sixirtz endlich V.3 wird der relativische Vordersatz ausdrücklich wieder aufgenommen G« äwgqim u. ais-hin) und deinonstrativisch, aber ohne ein ausdrückliches Pronomen, abgeschlossen (oinayys'zzpij,si. »O, wodurch also zugleich auch jenes Hex-i r. i. se. g. sein Ziel findet. Mit dieser Einsicht in den logischen und formellen Orga- nismus des Satzes V.1—3 haben-wir nun aber auch den sesten Grund und Boden gewonnen, »auf welchem sich nach richtiger exegetischer Methode die Hauptfrage, welche schon 10 lJoh. l, 1—4. mehrfach berührt werden mußte, entscheiden laßen wird, die berühmte Streitsrage: welches Objekt der Apostel im Sinne gehabt habe. Sehen wir von allen den mannichsaltigen Nüan- cirungen der einzelnen Ansichten über unsere Stelle ab und saßen nur das durrhschlagende Moment ins Auge, so werden wir mit Calvin und feinem Gegner Socin sagen dürfen: das Objekt der johanneisrhen Rede kann zwiefach gedacht wer- den: entweder als der persönliche Christus (der Iris-or: Zeug-sog und Zwang-sog) oder unpersönlirh als das Evan- gelium, als die Geschichte und Lehre Christi (,,rioetrina even— gehen« Sorin, res, quae ad historiarn et rjoetrinam Jesu Christi unjoe pertinent Semler. lies u Deo riestinrrtae Grotius). Der Hauptpuncy an welchem die Verschiedenheit dieser Ansichten am klarsten hervorbricht, ist in den Worten nspi sc. Zieh« sc. wiss. Deshalb merkt Calvin auch nur bei diesen Worten an: ipsum quoque kenne-cis non-en bikariatn potest exponh vel de Christo, vel de erringen? riet-strömt. Calvin entscheidet sich aber für die erstere Deutung, theils wegen des Anklanges an das Evangelium (Joh.1,1), theils (vgl. Episcopius) weil doch die eigentliche Substanz auch des Evangelii wiederum Christus selber sei. Methodischer verfährt Socin, indem er nicht erst bei den Worten aepi se. Dir. g. auf die Streitsrage kömmt, sondern den Satz V. 1—3 in seiner organischen Gesammtheit im Auge hat und sogleich zu den ersten Worten von V.1 die Frage nach dem Objekte der ganzen Rede erörtert. Er sagt: Duplici enim ratione jnvenio hoc ab aliis explieatum, atque arieo explicari id posse omnino videtutc sunt enim qui omnino sta- tuant verbis istis ipsum Jesus» Christen» signifiearh atque bujus seulentiae, ni fall0r, plerique esse inveuiuntun At alii sum, qui per haee verba non ipsum Jesum Christum, sei! Evangelium ejus rienotari oontendunt Wenn nun die Streitsrage so gestellt wird, wie von Calvin und namentlich von Socin geschieht, daß nämlich, von allen einzelnen Mo- menten abgesehn, nur der eine Punkt ins Auge gefaßt wird, ob der Apostel von dem persönlichen Christus oder von der 1Joh.1, 1—4. l! evangelischen Lehre und Geschichte rede, so stehen auf Seiten Socins nur sehruwenige Auslegey wie Grotius, Semler, Rosenmülley jene erste Ansicht dagegen erscheint durch die bedeutendsten Kirchenlehrer alter und neuer Zeit, durch Ausleger von den mannichfaltigsten theologischen Richtungen vertreten; die alten Übersetzer (sYk. Arakx Vulg.), Augustin, Beda, Didhmus, Theophylacy Oecumenius, die Scholiasten, Erasmus, Calvin, Beza, Luther, S. Schmid, Calov, J. Lange, Wolf, Carpzov, S. G. Lange, Bengel, Lücke, Paulus, Jachmanty Neander, Sande« Fritzsche, Baumgarten-C-rusius, de Wette u. a. stehen alle dem Socin gegenüber. Allein die unbe- dingte Wahl zwischen den beiden Ansichten von unserer Stelle ist bis aus diesen Tag den Auslegern schwer gesallen. Von beiden Seiten wurde sowohl zuviel behauptet, als auch zuviel geleugnet. So bildete sich eine dritte Meinung, »welche ge- wissermaßen die Mitte zwischen jenen beiden Auslegungsweisen hält, indem man überhaupt kein starres Entweder s— Oder hin- stellte, sondern, weil man eine lebendige Biegsamkeit und Be- wegung in der Rede des Apostels immer mehr erkannte, dem- gemäß auch einsah, daß ein gewißes Jneinanderspielen der Vorstellungen von der Person und von der Geschichte und Lehre Christi möglich sei, und daß jedensalls die einzelnen Ausdrücke des Apostels ebenso sehr in ihrer besondern Bezie- hung, als in ihrem organischen Zusammenhange verstanden werden müßten. Diese mittlere Auslegung sinden wir zuerst von Episcopius deutlich vorgetragen und beurtheilt, obgleich schon bei viel älteren Exegeten, namentlich bei den Griechen, die Ansiitze zu einer solchen Erklärung vorhanden sind, indem dieselbe aus dem unsichern Schwanken zwischen jenen beiden zuerst genannten Auslegungsweisen gewissermaßen von selber hervorwächstx Episcopitis sagt, nachdem er die beiden schon von Calvin und Socin bezeichneten Ansichten vorgelegt und erwogen hat, aber zu keiner Entscheidung gelangt ist: Tertia itaque sententia aädi potesk quae arm-»aus simul inielligi staunt, i. e. Evangelium, quatenus partim at) ipso Christo 12 1 Ich. i, 1——4. Jesu revelatum est, partim de ipso Chr. J. agit et eam ob causam solam sermo kecke est et appellatukq juxta quam senteniiam iribui possunt vekba auno Linie, csuno Ali, cui oompeieke possunt Freilich fühlt sich der gewissenhafte Episcopius auch auf diesem Mittelwege nicht über alle ein- zelnen Schwierigkeiten des Textes hinweggehoben. Er gesteht offen, daß ihm die ganze Stelle dunkel bleibe. Leugnen will er nicht, daß die apostolischen Worte von dem persönlichen Christus handeln und» die Präexistenz, Gottheit und Mensch- werdung des Logos aussagen können, doch warnt er davor, durch zweifelhafte Beweisstellen die Lehre selbst, die ihm über- haupt von den scholastischen Dogmatikern durch-die Behaup- tung der Substanzialität des Logos undenkbar gemacht zu sein scheint, bloßzustellem Abgesehn jetzt von der theologischen Schwäche, welche bei der Erklärung des Episeopius zu Tage tritt, besteht die Cigenthümlichkeit derselben darin, daß überhaupt kein schlechthin einfacher Objectbegriff, weder allein die Person Christi, noch allein die Geschichte und Lehre Christi, sondern beides in solcher Verbindung verstanden wird, daß bald dieses bald jenes Moment in den einzelnen Worten des Apostels durchblickt Wir finden diese Ansicht zuniichst in un- entwickelter Gestalt bei Morus wieder, welcher urtheilt, daß das is« B.1 zugleich auf. die Person, die Geschichte und Lehre Jesu Christi zu beziehen sei. Klarer sagt Bengel, indem er zugleich den innern Fortschritt der johanneischen Gedanken andeutet: Primo oommute — er meint die ersten Worte Z OF» oisf oigx —— denoiat Abg-bei, ver-im»- jpsumz deinäe ea quae cle isto auciiveruny den My- ss. gen-Je aber deutet er ,,simpljciter«, d. h. nicht hypostatisch, sondern von der Ver- kündigung des Lebenss Auch de Wette ist hier zu nennen, sofern auch er eine gewisse elastische Entwickelung einer compli- cirten Objectsvorstellung statnirt, indem er durch das vierfache s B.1 »das in Christo Erschienene, welches von Ewigkeit gewesen.ist, das ewige göttliche Leben-«, wenn gleich nicht als bestimmte Person, bezeichnet glaubt, dabei aber die parallele Formel negl e. Ach-»k- gt von dem »von Christo verkündigtew in Essxusckop w» l Joh. l, I—4. ls ihm, seiner Person» und ganzen Erscheinung geoffenbarten Worte des Lebens« versteht. Mit dem größten Scharfsinne ist aber die zuerst von Episcopius vorgetragene mittlere Ansicht -von Lücke entwickelt, welcher die innere Wahrheit derselbendurch eine genetische Erklärung der ersten Verse nachzuweisen ver- sucht hat. Lücke will dadurch die richtige Auslegung gewin- nen, daß er die Genesis des Satzes zunächst pshchologisch zu begreifen sucht. Er denkt sich in die Seele des Apostels hinein; er beobachtet gleichsam, wie die Gedanken aus dem Geiste des Schreibers hervorwachsen und wie sie sich in die Redeweise gestalten, die nun nicht mehr dunkel erscheint. »Jo- hannes, so sagt Lücke, beginnt den Brief im concentrirtesten Bewußtsein seines Verkündigungsamtes.« Den Grund und Inhalt der apostolischen Verkündigung, nämlich den uransäng- lichen, aber im Fleische wirklich erschienenen Logos, den histo- rischen Ehristus, und den Zweck dieser Verkündigung, die Ge- meinschast, V. IX, das alles faßt Johannes in lebhafter An- schauung zusammen und drückt nun in dem Neutrum is« V. l. mit prägnanter Kürze -zunächst allerdings die Idee des Evangeliums selbst, was er aus eigner unmittelbarer Er- fahrung derkündigtxs aus, aber »combinirt in dieser Idee die Person Christi, als des Menschgewordenen Logos, mit seiner ganzen Geschichte und Wirkung« Jst nun so die Person Ehristi mit der »Jdee des Evangeliums« von vorn herein zusammengedachh so erscheint es ohne Schwierigkeih daß in der Rede bald dieses bald jenes Objekt bestimmter her- vortritt, daß die Rede von dem einen zu dem andern Begriffe ,,hinüberschwankt." So treten uns aus der Geschichte der Auslegung dreier- lei Ansichten über das Object der apostolischen Rede entgegen. Man hat einmal den persönlichen Ehristus, den leis-o; öfaapxog und Beinah-soc, dann die evangelische Geschichte und Lehre, endlich beides zusammen verstanden. Damit ist der Kreis aller möglichen Auslegungsweisen geschlossem Die sichere Wahl unter denselben kann aber erst auf Grund der richtig verstan- denen einzelnen Theile des ganzen Abschnitts geschehen. Aus 14 1 Ich. i, 1—-4. dem sichern, harmonischen Verständnis der Einzelheiten muß der Sinn des Apostels im Ganzen hervorwachsen Wir wol- len aber imvoraus die entscheidenden Momente dadurch mar- kiren, daß wir die Gründe für und wider die alte und, man kann sagen, orthodoxe Ansicht, nach welcher der Apostel nur von der Person Christi reden soll, zusammenstellen und, soweit dies ohne vorhergegangene Erklärung des·Einzelnen möglich ist, abwägem Dabei werden wir von selbst zur Prüfung auch der dritten, mittlern Ansicht geführt werden, für welche na- türlich alles dasjenige spricht, was durch die erste oder zweite Ansicht eine reine Erledigung nicht findet. Weil aber die Ver- treter dieser mittleren Ansicht wesentlich nur darin einig sind, daß weder die Person Ehristi noch die kes oder cioctriaa evan- gelica ausschließlich zu verstehen sei, dagegen in der Combina- tion der beiden Momente und in der Auslegung des Einzel- nen vielfach von einander abweichen, so kann unsere Aus- gabe hier nur die sein, uns durch Abweisung solcher Com- binationen, die uns verkehrt scheinen, für die eigene Ausle- gung reine Bahn zu machen. Wir werden überhaupt nicht mit Episcopius nnd Lücke eine eigentliche Combination der unpersönlichen und der persönlichen Objectsvorstellung und dem- nach ein Schwanken zwischen den beiden anerkennen, sondern vielmehr ans Grund der oben gewonnenen Einsicht in den Organismus des Satzes nachweisen, daß in allen einzelnen Redetheilen nicht dasselbe »combinirte« Objekt vorgestellt, sondern ein gewißer, durch die lebendige Gedankenentwicklung innerlich vermittelter Wechsel der Objectsvorstellung vorhan- den ist. Als ersten Repräsentanten der alten Ansicht, welche als Object der ganzen Rede ausschließlich die Person Christi be- trachtet, wollen wir den Calovius hören. Ihm gegenüber stellen wir die beiden Männer, welche Calovius ausdrücklich bestreitet, den Socin und den Grotius. Beide herbeizu- ziehen ist deßhalb nöthig, weil Grotins die Ansicht des So- cjin wesentlich umgestaltet und anders begründet hat. Ca- lovius stellt für die von ihm vertretene Meinung eine statt- l Jvh.·l, l -—4. 15 liche Reihe von elf Gründen auf. Einzeln werden wir die- selben nicht auszahlen, sondern, wie sie denn auch innerlich zusammenhängem in einige Hauptsätze zusammenfassem Wenn wir nämlich den letzten Grund des Calovius, welcher sich auf die Auctorität fast aller Ausleger stützh übergehen dürfen, so bleiben folgende gewichtige Zeugnisfefür die Meinung des Calovius, oder mindestens gegen die vonSocinund Gro- tius vorgetragene Ansicht, in voller Kraft. Unbestritten und unverkennbar hat unsere Stelle die größte Ähnlichkeit mit dem Anfange des johanneischen Evangeliums. Schon die gleiche Redeweise, so urtheilt Calov, deutet eine Verwandtschaft des Sinnes an. Die Ausdrücke unseres Briefes »Ja« eisf oipzsJc V. 1. und das F» ngög se. »so-»Da V. 2., der ausdrückliche Name des Zesyog V. I., die Begriffe gar-J, åOoiI-s9c-Z«Jsy. das alles weist uns deutlich an, hier dasselbe Objekt der johannei- fchen Rede zu verstehen, welches unzweifelhaft im Anfange des von demselben Apostel verfaßten Evangeliums gemeint ist, den persönlichen, ewigen, im Fleische erschienenen Logos. Denn man beachte, mit welchem unzweideutigen Nachdrucke Johan- nes hier wie dort (Joh. I, 14. VrgL Z, 16 sl.) hervorhebt, daß sie, die Apostel, den wirklich im Fleische erschienenen Lo- gos mit eigenen Augen gesehen, mit eigenen Ohren gehört und mit ihren Händen betastet haben, Worte, welche unmög- lich eine andere als die einfachste sinnliche Bedeutung« haben können, und welche ausdrücklich darauf abzielen, gerade solche Ketzer zu Schanden zu machen, welche die wirkliche Mensch- werdung des persönlichen Logos leugneten (Vgl.l1,22. lV,2.). Solchen Jrrlehrern gegenüber konnte es den Aposteln gar nicht darauf ankommen, zu betheuern, daß fte die Lehre Christi selbst gehört, oder seine Wunderthaten und sein ganzes Leben selbst gesehen, sondern auf die konkrete Person Christi kam alles an, diese mußte als der im Fleische erschienene Logos, der das Leben ist, hingestellt werden. So etwa argnmentirt Calov ius ; und gewiß, den Socin hat er geschlagen. Ber- gebens beruft sich dieser auf den Unterschied unseres Ausdrucks »Ja« sipzssc von dem s» cipxyj im Evangelio, um so mehr, da IS l Joh. l, !——4. er gleicherweife an beiden Orten leugnet, daß ein höherer »Anfang,« als der der chrisilichen Lehre zu verstehen sei, so daß auf die spräpositionen ais-ei und s» eigentlich nichts an- kömmt, wenn es sich um die Vorstellung der oigzj selbst han- delt. Mit Unrecht stellen nämlich Calov und Lücke die Meinung des Socin dar, als ob dieser nur wegen der Ver- schiedenheit im Ausdrucke unser ein· JU- von dem Anfange der Verkündigung des Evangeliums deute. Socins Irr- thum liegt aber viel tiefer, in dem Begriffe selbst. Den Un- terfchied zwischen eine« und s» erklärt er in seinem Sinne ganz richtig: Voces in initio et sie fnisse in initio cleclarani qui— dem ipsam existentiam in ipso principio, set! non klar-stie- nem m! tempus illu(!, qu istud prefer-sur. Ounre Johannes, cum in evangelii sui exor io it! tantum diceke voller, Jesum Christum esse evnngelii auotokem et sie in ins» eoerngelii passive« initio non mocio exstitissez se(! hoc munere illucl unnunciandi pkaeiiilusii Wisse, eique singulariler a Deo Prate- positum, satis habuit die-esse, eum in initio wisse. ——- At Veto hoc: in looo (1. Juli. l, I) cum ostendere voller, it! quer! ipse intelligehatz non tantum in initio Wisse, set! in!- huo clurare —— propter-en non in initio it! kuisse (!ixit, sei! ei) initio, eum seilieet signilicare velletz Jesu Christi evan- gelium adhuo out-are et sie doeirinam evangelioum, quae in ipso initio renovationis a(- rekormationis eujusclam muncli n Deo kaoiae exsiitissetz nulla prorsus ex parte ilekuisse. Schon Grotius aber hat nicht nur die wesentliche Gleichheit des realen Gedanken in der formellen Verfchiedenheit der Vorstel- lungen tief cigzk und Z» »in» sondern auch eine tiefere Be- ziehung des »Anfanges« selbst richtig erkannt (s. unt.)- Völ- lig willkührlich will ferner Socin die sinnlichen Berba V. 1. metaphotisch deuten, so daß sie nur die Gewißheit der aposto- lischen Kenntniß abbilden sollcn. Nur zwei Punkte bleiben zurück, über welche Calov dem Socin und besonders dem Grotius eine ausreichende Antwort schuldig bleibt, nämlich zuerst dasNeutrum Z V. 1., dann der Ausdrucks; zciyog »Es gross« welcher sowohl durch seine Composition als durch den Esss cccccccc py lJoh l, l—4. 17 Zusammenhang viel natürlicher eine unpersönliche Beziehung zu fordern, als unmittelbar den persönlichen Logos, wie er im Prolog des Evangeliums geschildert ist, zu bezeichnen scheint. Jenes neutrale e? hält Socin mit solcher Zuversicht der or- thodoxen Erklärung entgegen, daß er meint, schon an diesem Punkte müßte dieselbe fcheitern. Die Bemerkung Bezas (vgl. Beda, S. Schtnid, u. a.), daß der Apostel das Neutrum statt des Masrulini und nachher Hex-i sc. Ich« statt des ein- fachen Accufativs geschrieben habe, um die beiden Naturen Christi, in ihrer Vereinigung aber ohne Vermischung, anzu- deuten, gesteht Socin nicht zu begreifen; und doch weiß Ca- lovius nichts weiter zu antworten, als daß er die Erklärung des Beza wiederholt, der er aber ungeschickt die Spitze ab- bricht, indem er zugleich die Ausflucht einiger älteren und neue- ren Exegeten (z. B. J. Lange, Carpzov) nicht verschmä- hend behauptet, das Neutrum stehe geradezuanstatt des Mas- culini. Und doch, so wenig uns auch bei Caloviusdie Er- klärung des neutralen Ei befriedigen kann, werden wir der Ansicht Socins nicht beitreten dürfen. Daran hindert uns unbedingt, von allen andern Gründen abgefehn, schou die un- mittelbar neben dem Z« stehende Bestimmung »Ja« rief üppig. Beide Glieder dieses Ausdruckes erläutern sich gegenseitig. Das F» vier« IX. V. 1. ist völlig gleichbedeutend mit dem F» arg. se. »w- V. 2., in welchem unverkennbar ein Sein dar- gestellt wird, welches schon war (impf.), ehe das historische Erscheinen Spur-speise» not-·) eintrat. Somit kann auch das vier« vix-Pfg nicht den Anfang des Evangelii (initium publicati evangeljh wie Socin, oder inilium ministerii Christi, wie Schöttgen in den bot. ta1m. zu unserer Stelle sagt) bezeich- nen. Nein, in dem Ausdruck sJI rief oigxsfg liegt das Sein von Uraufang, das ewige Sein bei dem Vater ausgesprochen, ganz in dem Sinne, in welchem Johannes auch im Prolog feines Evangeliums ein ewiges, uranfängliches Sein, ein Sein beim Vater dem persönlichen Logos zuschreibt. Und wie der Apostel an jener Stelle von dem vorzeitlichen Sein zu der geschichtlichen Erscheinung, zu der Offenbarung im Fleische l. 2 18 1 Ich. I, 1——4. fortschreitet, so auch im Anfange unsers Briefes. Damit ist aber auch die Ansicht des Grotius widerlegt, nach welcher Johannes in den Worten Z F» eirf okgxsfc sagen soll: eas wes, quas Apostolj sensibus suis part-Spore, fuisse a Deo des-instit« jam as) jpso Munde· priesen-who, et ab eo tompoke multis umbris praeiiguratas multis vaticiniis pkaedicias con- tra aus, qui evaagelii ckooikjnam novitatis aocusabaniz Mit dieser Erklärung des Grotius ist auch die Ansicht der grie- chischen Ausleger zu vergleichen. Zunächst finden They-hy- lact, Oecumenius und die beiden Scholiastem wie Grotius, in dem ais-« ospzøsc den schon von den alten Apo- logeten auf die Johanneische Vorstellung von dem uranfäng- lichen Logos gegründeten Gedanken, daß das Christenthum die älteste, die primitive Religion sei (vgl. Eusebius, H.E. I.4). Aber die genannten Griechen faßen auch das Objekt der jo- hanneischen Rede ähnlich wie Grotius, indem sie dasselbe als das göttliche Mysterium, welches von Anfang an dage- wesen, von den Propheten geweissagt (E3 oZi»»-(5a»k-. V. l. Vgl. schon Didhmus), endlich erschienen sei, bezeichnen. So heißt es bei dem ersten Scholiastem wiss» cksJ ein«-Vä- äoxcsw ——Z ngoanäneico eine? Trös- asasaumh «« ckå todte) Er; w« von? ssxcckc »Im-»Wie« Es« äsög spat-spröde; Z» naß-««- sroisro ssai Jst-ges apum-Wab- osseotsoaxøsøy sxosssxo wi way-rosig ais-rot nasse-Textes, Tod«-o nat »Hu-Je;- scnJg »Ist; åäsoioohusäa (Vgl. V. I). Deutlicher istdet apologetiskhe Gedanke über das Alter der christlichen Oecono- mie bei Theophylach welchem Qecumenius und, wie es scheint, auch die Scholiasten nachfolgen, ausgesprochen. Jener sagt zu V. I: Dass-o ice-i npöc Tovckoeiovg zwei Und; «E·M77- work, o? wes pedes-got- ckzaczfäzäovos us trog-N øJzøoZg »Ur-»j- 9eos-. Äste-amon- 0157 as; imi wetzen-»Is- ssotfskm cis-«« qspxssg Hain, Tod«-Hast«- Fxm IYJ Hosen-sein» XVI, s? m? »dem-» vors wes-ca» oTMoE nat wär-Je »Es» Spur-J;- (oZI-a3«se9oI-) »i- aeoig (vgl. auch Credner, EinL S. 680 sl. und gegen ihn Fritzsche, a. a. O.). Die Scholiasten kennen aber auch die Auslegung unserer Stelle von dem persönlichen Logosz 1 Ich. c, 1—4. » 19 diese stellt der erste Scholiast einfach neben die sachliche Deu- tung von dem Mysterium Er sagt, ohne ausdrücklich zu ent- scheident all-Ame« e; asuuakcfcoc In? ans-pl Myoc »Z- Unklarer vermischt Theophhlact (und Oecumenius) beide Vorstel- langen; denn während er in seiner Auslegung von B. I sit. mehr eine sachliche Objectsvorstellung hat, beginnt er seine Hy- pothesis des Briefes mit der Bemerkung: sie-l esquisses- »ko- åjxyxxp Z» sag? onus-»Nu- osræ ital s» Indus; sxzoj åneoroäyJ Jsozoysi Its-pl Eos-J Loh-ou, cksroekrizwäg end-»Za- oTsi EIN« s«- cgi Arg? Max. Es ist ein wunderliches Schwanken in die- sen griechischen Catenen bemerkbar, sowohl bei der Bestimmung des Objekts, als auch in der Beziehung« der Verba V.1, und in der Auslegung des Ausdruckes zöyoe »F; gen-IF. Wenn nun SoeinDen Objectsbegriss falsch auffaßte, weil er die Bedeutung sowohl des is» als auch des cis-« oipxøjc verkannte, so irrt Grotius in Betreff des Qbjectes deshalb, weil er den vollen, realen Sinn des is» verkennt, während er das »E»’ okgzyjg richtig auf den Anbeginn der Welt, im Sinne von Joh. 1,1 bezieht. Wenn aber das OF» ein» vix-X» parallel dem F» As. c. nur. V. Z, mit dem F» Jvh.I, I.2. und wenn überhaupt alles, was Johannes im lebendigen Zu- sammenhange des ganzen innerlich fortschreitenden Satzes B. 1—3 über das mit dem neutralen 8 bezeichnete Objekt aussagt, we- sentlich mit dem übereinstimmt, was derselbe Johannes« im Prolog seines Evangelii über den ewigen und im Fleische er- schienenen Logos aussagtz so ergiebt sich von selbst, daß auch hier dasselbe Object vom Apostel gedacht sein müße, wel- ches er dort meint, daß also weder die doctkjna evangelica (Socin), noch die res a Deo destinatae (Grotiusz n; zcuwjgcou bei den Griechen) noch »das, was sich mit unserm Herrn, dem Worte des Lebens, von Anfang seines Lehramtes an zugetragen hat«, wie G. S. Lange erklärt, noch endlich »die Idee des Evangeliums selbst mit der Person Christi, mit seiner ganzen Geschichteund Wirkung combinirt«, wie Lücke will, sondern nur der persönliche, uranfänglich seiende, aber im Fleische sichtbar, tastbar erschienene Logos selbst als das 20 20 1Jvh. l, 1——4. durch das neutrale Z» bezeichnete Object der johanneischen Rede verstanden werden darf. Jn welchem Sinne und mit welchem Rechte, das wird die Erklärung des Einzelnen nachweisen müßenz aber schon aus dem Gesagten wird einleuchten, daß sowenig die Erklärung des Grotius, geschweige die des So- ein, den vollen, bestimmten Sinn der johanneischen Worte ausdrückt, auch S. G. Lange und Lücke demselben nicht genugthum Die Mängel der angedeuteten Erklärung S. G. Langes liegen zu Tage. In Betress des esse« oigzssg theilt er den schon von Grotius verbeßerten Jrrthum Soeinsz das is« wunderlicherweise mit siegt se. Mk« se. g. construirt, deutet er nicht allein den johanneischen Sinn, sondern über- haupt die griechische Sprachweise rzerletzend, gleich Rosen- rnüller u. A» ohne weiteres als åyäweo *«). Und was die Lückesche Erklärung betrifft, erscheint doch die »Jdee des Evangeliums-C auch wenn sie »Mit der Person Christi in ihrer ganzen Geschichte und Wirkung combinirt« vorgestellt wird, als ein viel zu vager, unlebendiger Gegenstand, als daß von die- sem verstanden werden könnte, was der Apostel mit so con- treten, wir möchten sagen, mit so derben Worten von dem einen Gegenstande, der ihm bei dem viersachen b« vorschwebh aussagt. Lücke selbst statuirt ein Hinüberschwanken von dem einen der beiden combinirten Begriffe zu dem andern, welches, so scheint uns, der apostolischen Sicherheit ebenso wenig ent- spricht, als die ganze kunstreiche Combination der Objectsvov stellung bei Lücke der johanneischen Einfalt angemessen ist. «) Es könnte scheinen, als ob selbst der zweite Scholiast diese völlig ungriechische Erklärung verteilte, da er im Anschluß an Oecumenius sagt: okkz i; »J- .4«--9-tc, eilks »Hei-«. Allein der Sinn dieser Bemer- kung ist der gerade entgegengesetztr. Je entschiedener der Scholiast das » k«’»’ sie-z. aus das vorweltliche Sein des »unsichtbaren, uniastbarenss Logos bezieht, um so mehr findet er nicht in jenem II, sondern in den sinnliehen Verben die in der Zeit ges chehene Menschwerdirng (i-’ »He-se) , das wirk- liche Leben des Loges im Fleische, vorausgesetzt Wenn die Griechen aber in dem oben angegebenen Sinne die Aussagen des Apostel-z auf »das Mysteriuim die Fieischwerdungsl direct beziehen, so ergiebt sich ohnehin eine andere Deutung des se. l Ich. l, l—4. 21 Und sehen wir auf die Durchführung der Lückeschen Ansichh so stoßen wir auf bedenkliche Schwierigkeiten. In dem Z es» an« ein» sollmehr die Jdee des Evangelii, in dem Z eins;- -«5a,«s- gis-z. mehr die Person Christi in seiner Geschichte und Wirkung hervortreten. Aber eine solche Niiancirung der Vor- stellung ist durch nichts indicirtz die verschiedenen is« sind ein- ander völlig parallel, und, was die Hauptsache ist, die Worte »Ja- oisf oipzsje deuten im Zusammenhange mit V. 2 und an- gesichts des Prologs im Evangelium auf das ewige Sein des persönlichen Logos, nicht aber auf ein uransängliches Sein der »Jdee des Evangelih combinirt mit der Geschichte Christi« hin. Wenden wir uns nun zu dem zweiten oben bezeichneten Cardinalpuncte, von welchem die Bestimmung des Objekts in V.1—3 abhängt, zu den Worten keep! se. zeig« se. Fasse, und gehen wir auch hier zunächst auf Calovius zurück. Fiir Calovius ist dieser Ausdruck, dem So tin und namentlich dem Grotius gegenüber, noch schwieriger, als jenes is »Ja- -»2.. Nirgends nennt Johannes den persönlichen Logos ö zöyoc »Es— Fasse. Gerade die Composition der Formel scheint die persönliche Deutung des zöyoc zu verhindern. Muß es nicht ungleich natürlicher erscheinen, den zäyoc esJg Zwei; so zu verstehen, wie den zöyog Cis-ej; PhiL 2, 16 oder die Hi;- xcocsm gen-Je usw«-Joc- Jvh. B, 68, wie Grvtius will? Jo- hannes selbst gebraucht den Ausdruck o« zöyoe in diesem sach- lichen Sinne l,10. It, 7. Wie nahe liegt es also, den zeig-o; in unserer Formel so zu deuten, wie derselbe Begriff bei Pau- lus in den Ausdrücken ö ääyoc esse« aasroeäzayøsz 2Cor.5,19. im? neue-ges« 1Cor. I, 18 u. dgl. zu verstehen ist. So ein- fach und treffend der Zusatz »Es— cui-J;- erscheint, wenn man den zöyog von dem evangelischen Worte versteht — wie es auch z. B. bei Eusebius (H. E. I, 13) heißt: sing-eisu- sceip Ach-os- srocs Deo-s nai owner? sc- oecJsroig stör- zeig-os- wkg Tau-je —- ebenso unbequetn ist derselbe, wenn er als Bestimmung des persönlichen Logos gedacht wird. Diese Be- merkungen erhalten noch größeres Gewicht, wenn wir der oben aufgewiesenen Organisation des Satzes B. 1——3 gemäß, 22 1Jvh. l, l—4. die Worte nagt e. zeig« e. g. nicht unmittelbar an die vor- hergehenden Berba anlehnen, sondern als den neuen Anfang eines Bordersatzes betrachten. Denn freilich, wenn wir den Apostel sagen ließen: »wir haben gehört, gesehen, betastet in Betreff des Wortes des Lebens-«, aber doch die metaphorische Bedeutung der sinnlichen Verba leugnend nicht mit Socin und Grotius erklären könnten: tot modis cognovimus ve- kam esse evangelii dootrinam hör« Myos- -e. U, so bliebe nichts weiter übrig, als mit Calov und vielen Alten uns über das sey; hinwegzusetzen und den zöyog e. g. schlechtweg als den persönlichen, Mensch gewordenen, und so gesehenen und betasteten Logos zu verstehen. Die Worte weg; e.-1.-e.;·. haben aber, wie wir oben gesehen haben, eine andere Stel- lung in dem Satzgesüge Von den Verben V. I sind diesel- ben so gänzlich unabhängig, daß die Argumentation, die wir schon bei Beda gefunden haben, durchaus keine Statt hat. Und wenn das Wort c; zäyoe wegen der Verwandtschaft un- seres Briefanfanges mit dem Prologe des Evangeliums den persönlichen Logos zu bezeichnen fcheint, so sieht dem doch wiederum gegenüber: erstlich, daß die Composition des ganzen Ausdrucks ei zeiyoe es; xwøJc die Vorstellung der Person in dem c; zeiyog verwischt, zumal da zweitens, wie de Wette mit Recht hervorhebt, der parenthetische Satz V. Z, worin Johannes ausdrücklich die historische Offenbarung, die Mensch- werdung des Logos nachträgt, nicht an den Begriff se. Ich-ais, sondern an se. Zeiss— angefchloßen wird. Hier liegt gewiß der entscheidende Punkt. Wenn in der componirten Formel e. ich» se. g. der erste Begriff der eigentlich herrschende wäre, und das würde der Fall sein, wenn ei zeig-o; geradezu den persönlichen Logos bezeichnete, dessen Wesen durch den Beisatz se. cui-J;- nur genauer bestimmt würde, so könnte die Sparenthese auch nur an jenen herrschenden Begriff angelehnt werden, und Jo- hannes hätte entweder fchreiben müßem nat »Hei-g- («5 zöyog se. g) syasiegaisw wie de Wette sagt, oder der Apostel mußte einfach, ohne ausdrückliche Wiederholung des sich von selbst versiehenden Subjectes, fortfahren: see-i Feenweg-näh, 1Joh. I, l—4. 23 sc. ei zeig-en,- «-. C. Weil er aber geschrieben hat see-i ej cui-J Hex-w» so hat er das uranfiingliche Göttliche, welches er selbst im Fleische gesehn und betastet hat (V. 1), d. h. den Logos (Joh. I, I fl.) selber als sJ cui-J, i; Hm; used-»or- gedacht, ganz wie im Evangelio 1, 43 und deshalb kann der zeig-us in der Composition c. Ach« sc. Fmkes nicht wiederum der persönliche Logos sein, sondern nur das evangelische Wort von der Teich, welche der Logos ist. Dies gilt auch gegen Lücke, wel- cher S. 108 sagt: -,steht unsere Stelle mit dem Anfang des Ev. in Verbindung —, so kann ei Mk« sc. g. nichts anderes sein als der persönliche Jedes, der das Leben der Menschen ist.« Lücke ist mit sich selbst nicht recht einstimmigz denn S. 117 hat er gesagt: in dem Ausdrucke siegt c. Mk« c. g. »schwanke der Apostel von der Person Christi zum Be- griffe des Evangeliums wieder hinüber« Faßen wir nun das Resultat der bisherigen allgemeinen Erörterung zusammen, um dann zur Auslegung unserer Stelle im Einzelnen fortzuschreiten, so ist dieses zu sagen: gemäß dem richtig verstandeuen formalen und logischen Organismus des ganzen Satzes V. 1——3, kraft der innern Verbindung der einzelnen Momente und angesichts der völlig parallelen Aus- sprüche im Prolog des johanneischen Evangelii ist 1. das mit dem viermaligen 8 bezeichnete Objekt von V. I (vgl. V. 3) nur der persönliche, uransängliche, aber zugleich als im Fleisch erschienen gedachte Logos. Z. Diesen persönlichen Logos hat der Apostel auch in dem Ausdrucke ask-l sc. My- -. Zeiss; und in der daran geschlosse- nen Parenthese V. 2 vor Augen; er bezeichnet denselben aber tiicht in dem ersten Gliede jenes Ausdrucks Sieg-i sc. 2e5;-.) mit dem bestimmten Namen ei Löwe, sondern nennt ihn r) gross, ej T. pJ wide-sog. V. l. ««0 II» ein· nie-VI« e? Juni-ödester, b« äwgoinas »ei- sxosg JOHN-»als Feind, Z åÆsoeooixisisæ nat ai zssgsg JZriaJIJ åilirjäeiepsjceiww nsgi Im? Myov sxssc COEC- Weshalb Johannes die neutrale Form des Pronomen geschrieben habe, um das Object seiner Rede, den persönlichen 24 l Joh.1, l-—-4. Logos, zu bezeichnen, das werden wir erst dann sicher erkennen können, wenn wir die einzelnen Aussagen über jenes Objekt erklärt und dadurch weiter bestätigt haben, was sich aus dem bisher Erörterten über das Objekt selbst herausgestellt hat. Das F» oiyf vix-z. bezeichnet, völlig parallel dem »Ja- nxk sc. was. V. 2 das uranfängliche, hypostatifche Sein des Logos, welches im Prolog des johanneischen Eoangelii voller, lehr- hafter als in unserm Briefe auseinandergesetzh und welches Seh. 8, 58 (vgl. 1, 18. Z, IS) in der absoluten Form der ewigen Gegenwart ausgedrückt wird. Dies Sein, ein Sein im Anfange, von Anfang her, fand schon statt, als die Welt und die Zeit ihren Anfang, und zwar durch den Logos, nahm. Denn das ewige Sein des Logos .ist der Grund und die Quelle alles andern Seins: der Logos ist das Leben (V. Z. Joh. I, 4. 5, 26). Vortrefflich ist dieses Sein von Theo- phylact und Qecumenius beschrieben, welche sagen: scei d? OF» Todte) oiJ Maus-»Is- mxqiacøzcms Ins-exists» ZU« Zwei— Haus«-Essai- sxgoiyzioesxoc out-law, sie-ei Naiv-tu»- snxsw scö EIN« Aaxösmasw oipxsjp «« sitz-I Bein«- srai schaut« ital of; zeigen§ ins» ekl- cksjasairo cause« Ewig-runden. So sagt auch der erste Scholiash scö d? F» oikcktocs Stocke-f«- ITUYJIU zsskcksziiocss XVIII-inhi- Znecfsxöxiepop Irr-ein«. » Der Ausdruck okyf oipxsjc erhält wie überall durch seine Umgebung, so hier zunächst durch das Fa» dann durch den ganzen Zusammenhang unserer Stelle und durch den Paral- lelismus mit Ioh. l, I. seine nähere Bestimmung Die For- mel an sich kann den Anfang der Lehrthätigkeit des Herrn (Joh. IS, 27. Lur. l, Z) und den Anfang des neuen christ- lichen Lebens (II, 7. 24) bezeichnen. An unserer Stelle aber, wie H, 13. 14, ist der absolute Anfang aller Dinge gemeint (Joh.1, I. Gen. 1, 1), von welchem an (oi »’ oZ9x.), in wel- chem G» oigz.)", vor welchem (Joh. 17, 5) das ewige Sein des göttlichen Logos war, so wie es Sir. 24, 9 von der Weisheit heißt: see-CI we? use-Jung ais-c« oipzøsg Zeiss-us«- zu. In diesem Sinne benutzten, wie wir schon oben sahen, die Griechen unserer Stelle, um den Juden und Heiden gegen- 1 Ich. i, I. 25 über das uranfängliche Alter des Ehristenthums zu erweisen. Fast alle Ausleger alter und neuer Zeit sind auch in der Auf- faßung unsres rief oipxsjc einig, nur solche, welche, wie na- mentlich Socin, Semler, S. G. Lange, Schöttgen, Benson, Rosenmüller, Paulus, durch rationalistische Vorurtheile besiochen waren, haben die johanneische Vorstellung gänzlich verkannt, während Grotius, von ähnliche-m Inter- esse geleitet, derselben den eigentlich theologischen Halt entzog, indem er die persönliche Objectsvorstellung des Apostels in eine rein sachliche und das von Johannes ausgesprochene reale Sein (iJ-) in ein ideelles oder providenzielles Bestimmtfein umsetzte Von dem ewigen, uranfänglichen Sein des Logos schrei- tet Johannes, wie im Prolog des Evangeliums, zu der histo- rischen Offenbarung desselben im Fleische fort. Ganz ähnlich und schwerlich ohne bestimmte Erinnerung an unsern Brief finden wir in dem Briefe an den Diognet das vorweltliche Sein und die menschliche Erscheinung des Logos» neben einan- der gestellt: erstes« äu· cis-XII; c? um«-sc pas-sie sceii G» nagt-i) sag-disk — cis-sog «; »Es; (c. xI). Johannes schildert die hi- storische Erscheinung des ewigen Logos in ihrer unzweifelhasten, so zu sagen, handgreislichen Wirklichkeit durch eine kräftige Reihe von Verbem eines-Zuge«- — seopoismsccsp c. FOR. -cJ,«.—— åäsococixøsäa sc. oii zeig. »Ja. MADE-Eisingen. Gehört, gesehn, betastet ist der (Menfch gewordene) Logos, der von Anfang an war, Von den Aposteln »Er häufet die Worte, sagt Luther (Ausleg. l), und machet damit die Sache groß und wichtig. Wir haben es, spricht er, mit allem Fleiß und genau beschauet und betrachtet; wir sind nicht betrogen wor- den, sondern sind gewiß, daß es kein Blendwerk gewesen ist. Dieses sagt er darum, daß er seine Zuhörer der Sache gewiß machen will.« Je einfacher die Worte an sich lauten und je kräftiger sie in ihrer Häufung die auf der unmittelba- ren Augen- und Ohrenzeugenschaft beruhende apostolische Ge- wißheit ausdrücken, um so verkehrter muß jede bildliche Deu- tung der sinnlich derben Ausdrücke erscheinen. Schon das ist gegen den Sinn der ganzen Stelle, wenn Theophylach 26 I Ich. l, l« 4. Oecumenius und Scholiast I. (vgl. Didymus) das b« i)Z-i»sie5o-,«e-, in Übereinstimmung freilich damit, »daß sie das Objekt des Satzes mehr sachlich (-co’ »vor-Jena«) deuten, von dem verstehen, was die Apostel durch die weissagenden Pro- pheten von der künftigen Fleischwerdung des Logos gehört hätten H. Die folgenden Aussprüchy Senior-in» B Thema. be- ziehen die Griechen dann aus den der Weissagung gemäß im Fleische erschienenen und so von den Aposteln wirklich gesehe- nen Christus, während sie in der Erklärung des Hex-»zum. wie-» derum zwischen der nächsten sinnlichen Beziehung und einer bildlichen Deutung schwanken. Schon Beza widerlegt diese schiefe und schwankende Aufsaßung der apostolischen Worte, die eins durch das andere gehalten und bestimmt werden. Gleich: wie der Briefsteller sich auf seine eignen Augen beruft, sich zu den arise-wack- (Luk. I, Z) rechnet, so beruft er sich auch auf seine eignen Ohren. Er gehört zu denen, welche in einem un- unterbrochenen persönlichen Verkehr mit dem Herrn gestan- den haben (Joh. 15, 27. AG. I, 22), und denen eben des- halb das volle apostolische zeugst-Yes« oinayysääerp (B.2. Z) zukömmt Diesen persönlichen Verkehr mit dem Herrn, in welchem auch Luther das eigenthümliche Vorrecht der Apo- stel erkennt (Walch. XI, 1361 sl.), bezeichnet Johannes weiter durch zwei Wörter, welche die unmittelbare Augenzeugenschast «) OccUMeUlUS sagt: H« cineznöaxekss Wie« roZJ sagen» muri-·» um! ers« ngowzrcssq »F;- Huiclxrrm was-tos- 0177 Fääöwa »Es-is aussen-soc Typus-is«- ei!- ckoxckv per-Ä. UND Schvltclst L: esse-Zu. Um; tin·- Jrgpowyrsnos errichte-Tor, c? VI» yiscfsmv Tije Tor·- Iciyov uneins-Jena«; Tote» »Yoro-Frass any-Izu«- Scho- liast H. kennt diese Auslegung gleichfalls, scheint sie aber nicht zu billigen. Wenn es noch eines besondern Zeichens bedarf, daß die Griechen irren, indem sie einen wesentlichen Unterschied, einen innern Fortschritt von dem 3 ils-». (der prophetischen Weissagung) zu dem Z« Fasse-». sitz. (dem Ersülltsein je- ner Weissaguiizy ausdrücken, so liegt dies in V. Z. Hier, wo der Faden der Rede von V. 1 wieder aufgenommen wird, sieht das Z« Zog-«. voran, sie-». folgt nach. Jenes mußte voranstehn, weil es sich zunächst innerlich anlehnt an das Fsyuoxzxqjsh V. 2, das sichtbar Gewordensein Sehen und hören bezeichnet hier aber V. Z ganz wie die gehänften Worte V. 1 den unmittelbaren, persönlichen Lebensverkehp 1 Ich. i, 1. 27 ausdrücken: Z äaipoiseoexreøi — Z· åäsrenoixceäcin Jenes Speis, das einfach sinnliche Wahrnehmen mit dem Auge, wird noch besonders nachdrücklich markirt durch den Zusatz, rot; Spec-Z— gross— ejziaiii (Hiob19, 27), in dem Sinne wie auch die Latei- ner sagen: hisce oculis vjdi (Grotius, Episcopius). Das zweite Verbum sei-Eos«- (Joh. l, I4. 32) ist gleichfalls sinnlich zu deuten, nicht mit Beda von dem «geistigen An- schauen und Berstehn Der Unterschied aber des Jacke-Ja« von dem cigoiw liegt nicht darin, daß, wie Oecumenius und Thevphylakt sagen, Jesus» ein speis- xrsscek sJortIxrassog »Es-l Arixisovg sei, sondern strecke-»Ja« bezeichnet das diu mal— tucnque oontempIari(Grotius, Episcopius, Lücke, Fritz- sche, deWette). Treffend umschreibt schon Beza den Sinn der beiden Buben: Ouod ego bis oculjs vidi, jdque non se— me! neque ehster, set! qnoä ego vere et penjlus sum con- lemp1alus. sie-i oei zsipsg vix-us«- åtxieyzoipsyoorw Tertium sen— sum adjjcitz tat-Drum, bemerkt Grotius Und mit Recht, denn der Zusatz at zeige-g »Das» macht die einfache smnliche Bedeu- tung des xmyzayickss ebenso unzweifelhaft, als das vorhergegan- gene speis- durch die Hinzusügung des r. sie-»Oui«. -r,««,«. als wirkliches Sehen mit den eignen, leiblichen Augen unzweifel- haft bestimmt wird. Schon iBeda (vgl. Didymus) und nach ihm die meisten Ausleger haben hier an Luc.24, 39 (vgl. Ich. 20, 27) erinnert, wo der Herr selbst seine Jiinger auf- fordert: ehsyzcrwsoorrä »F irai IRS-«. Mit feinem Takte erin- nert auch Beda daran, welche Kraft das Wort »wir haben ihn betastetss grade im Munde des Jüngers— habe, der an der Brust des Meisters lag. Denn nicht an eine einzelne.Be- « gebenheit denkt Johannes, sondern an das ganze, persönliche Zusammensein mit dem Herrn- Jeder Händedruck war ein Betasten dessen, der wirklich Fleisch geworden war. Dies hat der Apostel im Sinne (Augustin, Beda, Luther, Calov, Beza, Lücke u. A.). Die wirkliche, unzweiselhafte Leidlich- keit des Herrn, in bestimmter Verneinung alles Doketischen, will »der Apostel hervorheben. Ganz verkehrt ist daher die 28 I Joh. l, 1——4. Meinung des Socin, daß alle die sinnlichen Berba unsers Verses nur bildlich die größte Gewißheit ausdrücken sollen. Socin fühlt wohl die Steigerung von dem Hören und Se- hen zu dem Betasten, meint aber, jenes wie dieses sei bildlich von der zweifellosen ceriiiudo der doetrjna evangelica zu deu- ten. Die· »eigenen Augen und Hände« übersieht er dabei ebenso wie die Griechen, welche gemäß ihrem unklaren Schwanken zwischen der Vorstellung eines persönlichen und eines unper- sönlichen Objectes und; entsprechend ihrer Deutung des »Tai;- m5a,«e«-, in ofsenbarer Verwirrung der einfachen sinnlichen und der bildlichen Beziehung der Buben, erklären: einsam« »Es« Bisses-m)- xrsscoi aussen-sog siege-Wais- eickoxrsp ice-i Eis-Hakusan- ««-e». ytjxruor yoip Zeiss« emJcksig åaiyascs ers-Innre. at? yoig akk- Zrvze ovyseasssääxreäa sey? öpisäasrk aZUak gis-ro! noMhw xtsøyäaiepsyorak Tons-so» aus«-Jena«- sraiw Moskau-ais- «« sie-i »Sage-Freudi- Jregi vors-ro» zeugst-pfui» Dies sind Worte des Theophhlaet und des »Oecumenius. Der erste Scholiast hat dieselben ausgeschriebem Beide laßen aber auch in Beziehung aus die Geschichte des Thomas die sinnliche Deutung des sit-»Aus» frei, welche der Scholiast 1I. allein vorträgt Oøjäoik Z« ca? genug-Gase« ssoii »He-ej»- äpaøørøyiräyoes Gewiss« iroii DJJOZAOØOZTIZF yswåoäm ALTE-hast«)- Jn dem Satze V.—1——3 stehn wir jetzt an einem Wende- puncte. Wir haben oben gesehn, daß der relativische Vorder: satz b« is» — Eis-»Er» zunächst unterbrochen durch den neuen Ansatz, mpi sc. Abs« sc. g. und die daran gelehnte sparenthese B. Z, in dem «? Fugu-i. ». cis-». V. 3 wieder aufgenommen und dann in dem ein«-V. demonstrativisch abgeschlossen werde. Hier ist also der Ort, aus Grund sowohl der obigen allgemei- nen Erörterung von V. 1—3, als der Auslegung der einzel- nen Momente von V. I die neutrale Form, mit welcher Johannes hier sein Objekt, den Logos, bezeichnet, zu erklären, und so die bisherige Auslegung zu vollenden. Denn daß Jo- hannes wirklich nur den persönlichen Logos meint, nicht die Geschichte und Lehre Christi, auch nicht die Person Christi mit seiner Geschichte combinirt, das sieht, nachdem wir auch die Ess- cccccccc py I Ich. I, 1. 29 einzelnen Aussagen des Apostels über das eine und selbe Ob- ject seiner Rede genauer betrachtet haben, ganz fest. Dasselbe Objekt, welchem der Apostel zuerst ein uranfängliches, ewiges und zwar persönliches Sein (V.·2, vgl. Joh 1, ·1ss.) zu- schreibt, hat er mit eignen Ohren gehört, mit eignen Augen gesehn, mit eignen Händen betastet. Dies kann wiederum nur von einer wirklich menschlichen Onenschgewordenen B. Z) Per- son, mit welcher der Apostel im unmittelbarsten Verkehre st«and, gesagt sein. Das viermal völlig coordinirt gesetzte e? bildet gleichsam eine Kette, deren einzelne Glieder die verschiedenen Bestimmungen G» ckyf ei«- ckxsysn sum-its. u.s. w.) mit un- widerstehlicher Gewalt auf dasselbe eine Objekt zusammenziehm Warum aber versteckt Johannes, der in einem ganz ähnlich, wie der unsrige, angelegten Satze schreibt: Z» Hypothek« Mino— oøJg —- stfgrjieoexrerg 7700177 (Joh. I, 46, Vgl. Z, 26), Und der im Prolog seines Evangeliums denselben persönlichen, ewi- gen, menschgewordenen Logos mit dem unzweideutigen Namen bezeichnet, warum versteckt er hier, so zu sagen, dieselbe Vor- stellung des Logoshinterder unbestimmten Form des Neu- trumss Die Erklärung kann nicht durch eine nette gramma- tische Formel gegeben werden, sondern es ist nachzuweisen, mit welchem Rechte das innere Leben des Gedankens sich der grie- chischen Sprachweise gemäß in die vorliegende Form gestaltet. Ein richtiges Moment haben Beza und andere alte Ausleger (vgl. Bed a, S. Schmid u. a.) mit feinem Takte angedeu- tet, wenn sie sagten, das Neutrum sei geschrieben, weil zugleich die göttliche und die menschliche Natur des einen Chrisius be- zeichnet werden sollez allein die grammatische Raison, das klare exegetische Verständnis der Sache liegt doch in jener mehr dogmatisirenden Bemerkung nicht vor. Die neutrale Form dient dazu, einen Begriff auszudrücken, der zunächst ohne geschlechtliche Bestimmtheit, dann überhaupt in allgemeiner, principieller Weise vorgesiellt wird. So wird es im Briefe an die Hebräer (7, 7) als ein unzweiselhaster, schlechthin in allen Verhältnissen gültige: Grundsatz ausgespro- chen, daß »das Geringere von dem Höheren gesegnet wird-«. 30 I Ich. l, l———4. Der Versaßer will hier ebenso wenig die bestimmt persönliche Beziehung jenes Grundsatzes sormell ausdrücken, als Johan- nes, wenn er in unserm Briese (V, 4) schreibt: »was aus Gott geboren ist, besiegt die Welt-«, ein Grundsatz, der aber sogleich in dem folgenden Verse zu persönlicher Vestimmtheit gewandt wird. In gleicher Weise heißt es Joh. Z, 6 sxä »— yspsøyziöwoai F« any-»Es ooips äu« Mel» weil der Satz ganz im Allgemeinem ohne Rücksicht auf irgendwelche geschlechtliche, persönliche Bestimmtheit, gilt· Noch allgemeiner wird die Form, wenn) wie wir z. B. I Con I, 27 sl. lesen, der Plural des Neutrums geschrieben ist. Mehr Beispiele hat Winer, Gram. 1836. S. 165. Vgl. auch O. F. Fritzschy a. a. O. Aber das Neutrum kann auch — und damit treten wir unmittelbar an unsere Stelle heran — eine bestimmte Person bezeichnen, wenn dieselbe nur nicht in ihrer Einzelbestimmtheit vorgestellt wird. So schteibt Paulus 2 Thess Z, S: Te; noeräxov dicker-re, weil er sich selbst und seine Leser noch nicht zu der konkreten, persönlichen Vorstellung e; icacäzwy (V. 7) erhoben hat· Noch tehkhaftex ist die Stelle Lin. 1, as: M »; »; ,-·»-»«3».s«2» IF« and] Fig-««- nxøjäejoesxoii old; Brot? (vgl. Matth I, 20). Der Engel Verkündigt der Maria die Geburt des Herrn. Sie soll einen Sohn gebären, und weiß doch von keinem Manne; aber der heilige Geist wird über sie kommen —- es ist ein tie- fes, im Einzelnen unfaßbares Geheimnis. Was ist das für ein Kind, das geboren werden soll? Was ist seine Natur, sein eigenthümlich persönliches Wesen? Man kann das nicht klar aussagen, ehe es nicht selbst da ist und in die persönliche Be- stimmtheit eingegangen ist. Nur dies steht fest: es wird ge- boren werden, es wird ein Heiliges sein, weil es durch die Kraft des Höchsten gezeugt ist, und wird darum Sohn Gottes heißen. So entspricht die neutrale Form der Unbestimmtheit, dem Geheimnis des noch nicht gebotenen Kindes. Ein ganz ähnliches Verhältnis erkennen wir in unserer Stelle. Der Apostel wählt deshalb die allgemeinere, unbestimmtere Form des Neutrums zur Bezeichnung seines Qbjectes, des persön- lichen Logosj, weil nur diese Form weit und biegsam genug l Joh. I, l. Z! ist, um zu gleicher Zeit die beiden wesentlich verschiedenen Bor- stellungen von dem einen, auch formell sich gleich bleibenden Objekte zu ertragen: die Vorstellung des vorweltlichen Seins und die der histoxischen Erscheinung Da der ganze Satz ein- mal relativisch concipirt war, so konnte nicht geschrieben wer- den Zc Fu, weil dann die folgenden Bestimmungen hätten lau- ten müssen: Z» eiserne-Baubo, Z» — s1x-»Äo2;o»oa»,- aber wenn die persönliche Vorstellung in so markirter Form ausgeprägt wäre, so hätte das sc »Je- wohl den persönlichen Logos vor der Fleifchwetdung, nicht aber dieselbe masculinische Form (i)"s- ais-w. »O) zugleich den menschgewordenen Logos bezeichnen können, und umgekehrt, wenn die scharfe Form des Viasculinums den persönlichen Logos in der Concres tion seiner historischen Erscheinung markirt hätte, so würde die andere Vorstellung des Logos, die des Lang-sog, nicht mit je- ner einen Form haben umspannt werden können. Darum schreibt der Apostel das Neutrum B, eine Form, in welcher die Vorstellung des persönlichen Logos weder nach der Seite sei- nes vorweltlichen Seins, noch nach der Seite seines historischen Lebens in ausschließlicher Weise ausgeprägt ist, und in welcher deshalb beide Vorstellungen zugleich umschloßcn werden können. Denn die innere Bewegung der Rede ist ein lebendiger Fort- schritt von dem einen Momente zu dem andern, ganz ähnlich wie im Prolog des Evangeliums, nur daß wir im Prolog das markirte Gepräge, wenn wir so sagen dürfen, das mehr histo- rische Colorit, wie es dort, wo die evangelische,Geschichtserzäh- lung eingeleitet wird, natürlich ist, wahrnehmen, während wir hier eine briefliche Erinnerung an schon Gesagtes und Bekann- tes erkennen. Selbst der Umstand, daß Johannes den ersten, inhaltsschweren und beziehungsvollen Satz. seines Briefes re- lativisch concipirt, und überhaupt die ganze Haltung des Satzes, dessen gewichtige einzelne Momente nicht sowohl in einer abgerundeten Entwickelung, als vielmehr aphoristisch, parenthetisch, gleich gelegentlichen Hindeutungen gegeben wer- den, das alles hat seinen innern genetifchen Grund doch wohl nur darin, daß der Verfasser von vornherein sich auf das was 32 1 Ich. i, 1-4. er schon früher, nämlich im Evangelium, ausgeführt hat, zu- rückbezieht, und seine Leser an das schon Bekannte andeu- tend erinnert. - Damit stimmt denn auch die weniger prä- cise Bezeichnung des Logos durch das neutrale Z wohl über- ein, eine Form, welche bei dem geschichtlichen Gesichtspunkte des Prologs innerlich unmöglich war. Dort, im Prolog, legt uns Johannes Schritt vor Schritt das persönliche Leben des Logos dar. Zuerst zeichnet er uns denselben in seinem ewi- gen, aber persönlich realen Sein. Und da sein Eingehn in die zeitliche Gefchichte berichtet werden soll, wird erst das vor- bereitende Zeugnis des Täufers eingelegt, dann folgt das neue Stadium in dem Leben des Logos, die große historische That- fache: er, der persönliche, ewige, vom Täufer bezeugte, Logos ward Fleisch und wohnte unter uns. Hier trägtalles den markirten Stempel der geschichtlichen Darstellung unzweifel- haft klar ist die Person des Logos bezeichnet (ci Löwe, am«- -«3;-); zwei Perioden seines Lebens, eine ewige und eine zeit- liche, sind durch eine hervorragende Epoche (cZ ichs. neigt; »Arie«-o) unterschieden, von denen die zweite von Grund aus mit der Geschichte eines Menschen, des Täufers, verwachsen und den Augen der Jünger Qsäeaoekxiesa B."14.) offenbar gewesen ist *). Diesem Gange des Prologs ist der Anfang «) Ganz ähnlich ist die berühmte Stelle PhiL 2, 6 fll. angelegt. Das Z: V. s, welches äußerlich formell freilich nur zu ssysjemro gehört, dessen innere Kraft aber durch die ganze Nedemasse bis zum Schluße von V. 8 reicht, setzt für alle die Bestimmungen: i» proz-»F; Gras? dank-«»- oxkz eign- sysemro dirs-» Zorn-e. Inst-»me- nTI-., ozhraan enge-seit; esse; ANY. Irr-rekl- wmer Hinweis, ykeöxexsscr Ists-Juckt( irr-l. dasselbe eine, gtlnz bkstimnlic Sub- ject XVI-o«- Yiyaoüe (V. 5). Die Frage aber, welche den Jnterpreten so unendliche Mühe macht, ob der zöyog sang-»; oder der töyoe THE-aussc- als Subjekt zu denken sei, ist so gar nicht zu beantworten. Subjeet ift «Chrisius Jesus-« d. h. der zum läg-«,- Zzaazixoe gewordene liiyoc klang-»e- Paulus verfolgt das Leben des einen und selbigen Logos ganz wie Johan- nes im Prolog von seinem ewigen Sein an durch den Punkt der Mensch: werdung Ozeans-e) hindurch bis in das historische Hiersein und bis zum Tode am Kreuze hinab (und von V. 9 an wieder aufwärts) Das Sub- jcct ist also eines, ganz wie Joh. l, 1 sit. und 1Joh. l, tfll. (vgl. Hebt. l »Joh. l, l. 33 unseres Briefes einerseits so ähnlich, daß es in’s Auge springt, wie beide Stellen nur von einem Verfaßer herrühren können und an einander erklärt werden miißenz andrerfeits aber hat unsere Stelle auch so feine eigenthürnliche Schattirungem daß wiederum aus der besondern Haltung der gleichen Gedanken ein besonderer Gesichtspunkt desselben Schriftstellers hervor- blickt. Auch hier geht Johannes von dem uransänglichem ewi- gen Sein des persönlichen Logos aus, aber während im Spro- log sowohl dieses vorweltliche Sein des Logos nach verschie- denen Seiten hin dargelegt (Joh. I, 1—5) als auch das Ein- gehen desselben in die historische Erscheinung durch die Mensch: werdung in planer Ordnung entwickelt wird, so spricht der Apostel hier beide Momente gleichsam in einem Athem aus (V. 1). Seinen Lesern ist die Sache an sich schon bekannt; der Apostel fchreibt so, daß er den ungeheuren Sprung, wel- cher zwischen den beiden Gliedern is« »Ja« u’«’ iipxøfg und Z ein«-dass»- »-,i. liegt, gar nicht markirt; erst im zweiten Verse bringt er den vermittelnden Gedanken, daß der ewige Logos im Fleische erschienen sei, parenthetisch nach, wie gelegentlich denselben an den neuen Satzanfang weg; we? Mk« njsgspxwig anknüpfend Aber mag immerhin der Fortschritt von szder Vorstellung des Zieh-o; plans-soc zu der des zeig-o; zwar-preve- nicht so ordnungsmäßig, direct und markirt sein, wie in dem eine historisrhe Schrift unterbauenden Prolog» vorhanden ist derselbe auch hier. Und wie fein spricht sich dieser Fortschritt auch in den Temporibus aus! Wir meinen den Übergang des pl. Einige. und Salz-»Ein) in den grause-na- åcxisylahsh Allerdings bemerkt Win er (S. 241 fl.), nachdem er den Jrrthurm als ob ein Tempus ohne weiteres anstatt eines andern stehen könne, abgewiesen hat, mit Recht, daß, wo derartige Verwechslungen statt zu finden scheinen, dies l, 3), der persönliche Logos, dessen Leben aber in seinen beiden Stadien, zuerst als des AS»- åos«9«oe, dann als des iöyoc Tau-reso- geschildert wird. Seinen Ausgang nimmt Paulus (V. Z) von dem historischen Chri- stus, an dessen Namen das Folgende mit s: (V. s) angeknüpft wird, weil eben in Christo der Iris-».- Xakzgxoc zum Frauen« geworden ist. l. 3 34 1 Seh. I, 1—4. häusig »auf Rechnung einer gewißen, der populären Sprache eigenen Ungeuauigkeih welche das Zeitverhältnis nicht mit aller Schärfe dachte und ausdrücktq zu setzen sei. Letzteres, sagt er, findet hauptsächlich bei der Verwechslung (oder Ver- bindung) solcher,Tempora, die ein Hauptzeitverhältnis bezeich- nen, wie der Präterita, statt« Auch in unserer Stelle könnte man den Wechsel des pl! und des nor. für eine bloße Unge- nauigkeit ansehn, wie denn auch die Jnterpreten diesen Punkt gar nicht berühren. Allein uns scheint der Übergang aus dem Pf. zum nor. vielmehr durch den innern Fortschritt der Ge- danken bedingt. Je näher Johannes dem bestimmten histori- schen Momente Spur-speise; V. 2 kömmt, um so mehr gestal- tet sich auch seine Rede historisch (.k'«9ew. zip-ZU, bis Zsie zu jener Spitze Oft-Jan) sich erhebt. Johannes beginnt mit dem imptl »Ja» welches wie das es» V. 2 die ewige Zeitlinie be- zeichnet, welche schon (von Uranfang an) war, ehe das histo- rische ZØUAEYUZIIOJ V. Z, das auch it! dem ais-ej»- Erweise. Essen-o. Stuhl» vorausgesetzt ist, eintrat. Dann folgen zwei sperfecta, ein«-»inner- und domain-»New. Damit bezeichnet der Apostel den persönlichen Verkehr mit dem (Fleisch geworde- neu) Logos, welchen er genoßen hat und der, obwohl ver- gangen, abgeschloßen, doch in seinen Wirkungen fortdauertz die Wirkung fst das xragsxugoäxisiy cTyxayyäMoxusiy welches deshalb V. Z. Z. an das wiederholte Perfectum swpoinaziek oiuazscöaxseei angeschloßen wird. Aber durch das Perfectum wird das einstige Hören und Sehen nicht sowohl nach seinem objeetiven historischen Zeitverhältnis, als vielmehr nach seiner subjektiven Thatsächlichkeit für den Verfaßer bezeichnet. Die be- stimmte historische Zeitform tritt erst ein mit dem nor. Zwei— onst-»Ja Und in dem åtxiøyloirpøkoara So wird die Kluft zwi- schen dem Z OF» ern« ckgzsjg Und dem Z« åäsoraä,«säcx, wel- ches uns auf ein ganz bestimmtes historisches Factum hinweist, gleichsam überbaut durch die zwischentretenden Perfectas »in-». Z Zeugnis-«; aber zugleich ist nun auch durch die bestimmte hi- storische Beziehung des a0k. gewiss. und set-»zum. die innere Nothwendigkeit gegeben, das bisher nur vorausgesetzte Mo- 1 Ich. i, i. 35 ment åspo«-e(m5-Je,s, »der Logos ist Fleisch geworden-«, nachzu- bringen, was dann V. 2 geschieht. Auf diesem hisiorischen Factum Zwar-ander; second) beruht nämlich das Sehen und Hören der Apostelz darum lehnt sich V. 2 und V. 3·, wo die Rede wieder in den geraden Lauf einbiegt, an den nor. Sepa- wspassssk das Pf. ieozi åaigoiicoixcku Und Z« set-Hain. u. sit-Zudem»- mit den Präsentibus xctrpreJ9oIJxis1-, oisrayxäzozskspz denn nun kehrt der Apostel wieder zu feiner subjektiven Erfahrung von dem objektiv historisch erschienenen Logos, worauf seine apo- stolische Gewißheit und sein apostolifches Zeugnis für die Leser (V. 3 fl.) beruht, zurück. . Inn! Tot? Zöyov snJc Zanskn Wir haben schon oben, bei der allgemeinen Erörterung des Satzes V. 1—3 gesehen, daß erstlich, was die Con- struction der Worte siegt es. z. sc. g. anlangt, dieselben in keiner Weise von sixiøyioicpysqay und den übrigen Verben V.1 abhängig gedacht werden dürfen, sondern als ein neuer, dem relativischen Borderfatze V. 1 in der Sache paralleler Satzan- fang gefaßt werden müßenz zweitens aber hat sich uns schon oben herausgestellt, daß, gleichwie der Apostel bei den ersten Worten Z »Ja- — Eil-Weis» den persönlichen Logos vor Augen habe, so auch in dem parallelen Satzgliede weg; sc. Ins-J. g. und der dazu gehörigen Parenthese V. 2 dieselbe· Vorstel- lung des (ewigen, im Fleische erschienenen) Logos enthalten, aber nicht mit dem bestimmten Terminus Our-i im; zeig-asi- -r. H) ausgesprochen, sondern als »das Leben, das ewige Le- den« bezeichnet sei. Wir stimmen daher ganz mit Bengel überein, welcher anmerkk vorhin» dicjiuk simplicitek d. h. das ei Zeiss» ist nicht unmittelbar von dem persönlichen Logos, sondern appellativisch von dem apostolischen Worte, der evan- gelifchen Predigt zu verstehn. Jn dem Sinne umschreibt auch Luther unsern Ausdruck: »wir reden vom Leben, aber von demjenigen Leben, welches nicht mehr vor der Welt verbor- gen, sondern das offenbar ist«! So erklärt Luther zugleich den Begriff o; Zwei. Diesen deutet er auf Christum. »Cbri- stus, sagt er mit Hinweisung auf Joh. I, 4., ist das Wort . 3 »« 36 l Ioh. l, l—4. des Lebens, und das Leben selbst, der uns das Leben gegeben hat» Mit Recht, denn kraft des V. 2 (-;« Fuss) zwar« — »Ja-g »Ja) W. c. arm) und kraft der parallelen Aussagen im Prolog darf die gen-J— nicht gleich dem äöyog ,,simpliciter« (Bengel), sondern muß von Christo selbst, der schlechthin das Leben ist, das Leben hat und giebt, verstanden werden, wie der Scho liast zu us; Fuss— treffend hinzusügh us; answ- Cmsfg »F; nøyyoegotloxg scö Hi« Das Volle, sichere Verständ- nis des Ausdrucks. wxpi sc. My- -. g: hängt aber zunächst ab von der richtigen Auffaßung der Genitivform, in welcher der Begriff s; xmj mit »so-«; zeiyocs verbunden ist. Die Ausleger, sowohl die, welche den Ausdruck rot? zöyou von dem per- sönlichen Logos als auch die, welche denselben von dem apo- stolischen Worte verstehen, sinden in dem Genitiv das Ver- hältnis der Qualität ausgedrückt. Dies ist die von Lücke angegebene grammatische Raisonz und darauf läuft im Grunde alles hinaus, was, nur mit geringerer grammatischer Präsi- ston ältere und neuere Ausleger ähnliches gesagt haben, z. B. C alvin: genitivus loco epjtheti capitur pro vivitica Lücke vergleicht mit unserem Ausdrucke als völlig entsprechende Pa- rallelen die Formeln ö eins» »Es; gwøjg und ad pas;- »Ja— gar-Je aus dem johanneischen Evangelium (6, 35. 8,12). Un- zweiselhaft kann der Genitiv das Verhältnis der Qualität bezeichnen (Winer, S. 173), und gewiß sind die von Lücke angezogenen Stellen aus dem Evangelio des Johannes (vgl. 6, 68) nach jenem Canon zu erklären. Allein an unserer Stelle scheint uns diese Ausfaßung des Genitivs unmöglich. Denn erstlich versteht man unter r.!2.e3y. unmittelbar den per- sönlichen Logos, so erscheint die Qualitätsbestimmung sey«- gwrjc theils an sich, neben jenem Personalbegriffe hart, ihrer Form nach ungefügig und wenigstens im johanneischen Sprach- gebrauche beispiellos, wenn auch der von Lücke beschriebene Sinn (,,der persönliche Zeig-»F, der das Leben der Menschen ist, die schaffende, erhaltende, vollendende Offenbarung Gottes in der MenschheitO der Anschauungsweise des Apostels ent- spricht, theils aber und hauptsächlich wird die Lückesche An- 1 Jorx i, I. 37 sicht dutch das unmittelbar Folgende ieai sJ Las-J årpcriscpasärz zerz- ausgeschloßetn Denn hier wird der Begriff ej xmj so concret, so persönlich (als der Logos selbst) gefaßt, daß der- selbe unmöglich zu einer Beschreibung der Qualität des M— yoc dienen kann. Noch mehr aber als gegen Lücke gilt diese Bemerkung gegen diejenigen, welche, wie Socin und Gro- tius, den ganzen Ausdruck sc. Ach« c. Fuss; allein von der lebendigen und belebenden Lehre des Evangelii deuten. Es ist mit aller Entschiedenheit festzuhaltem daß die parenthetische Entwickelung, wie das Leben, welches bei dem Vater war, erschienen sei (B. 2) d. h. wie der uranfcingliche Logos im Fleische erschienen sei, unmittelbar angeknüpft wird an unser nepi r. Loh« »Je- gwsjrn Beide Male, in dieser Formel und in der Sparenthese ist der Begriff s; can; völlig derselbe, beide Male bezeichnet er, eben kraft des B. 2 den Logos, der selbst das Leben ist. Also ist es unmöglich, den Genitiv als eine Qualitätsbestimmung zu c. zöyou aufzufaßem Der Genitiv ist vielmehr ein objectivischer, der die gen-J selbst als den Jn- halt des Ach-up, der apostolischen Verkündigung, bezeichnet (Vgc. 1Cok. I, 18 s; ad« «; W; »Im-»so, das Wort, dessen Inhalt (nach Z, Z) das Kreuz ist. 2Cor. 5, 19. Winer S. 171). Zu dieser Auffaßung des Genitivs leitet uns, wenn wir den Organismus des 2. Berses recht verstehcn, der Apo- stel selbst an, indem er dort ausdrücklich sagt: das Leben, wel- ches uranfänglich bei dem Bater war, aber im Fleische erschie- nen, und so von den Aposteltr gesehn sei, dies ewige Leben selbst sei der Inhalt ihres Zengnisses und ihrer Verkündigung Ohio-«« »Es. was» gross» r. »Im-- XII-J. Hat der Apostel doch auch von vornherein den Satz so angelegt, und schließt er denselben (B. Z) doch auch so ab, daß als Inhalt des apo- stolischen oZncryyäUox-s» überall nichts Anderes, als Christus selbst, der persönliche, ewige, im Fleisch offenbar gewordene Logos erscheint. Jst also in dem Ausdruck vssgz spzeix OF. ein neuer, den ersten Worten paralleler Satzansang, welcher, nach der parenthetischen Erläuterung, gleichfalls in B. 3 ab- geschloßen wird, enthalten, so müßen wir schon nach dem or- 38 1 Ist» I, 1-—4. ganischen Schematismus des Satzgefüges erwarten, daß mit den Worten srsgå se. Achse-g. ein Gedanke angezeigt sei, wel- cher mit dem eigentlich herrschenden Gedanken des ganzen Satzes harmonire Diese Harmonie ist aber nur dann voll- kommen rein, wenn wir das se. Mk« »Je- cwsJsu gemäß dem ein-»,- 2J«». »Ja« Hans» »Ja, von dem apostolischen Worte, dessen Objekt, Inhalt die Zeus; selbst ist, verstehn. Dem zöyog mit seinem objectivifchen Genitiv »Es· Fasse, entspricht das iiaayyäzzojssu mit seinem Accusatiu Das Objekt ist ganz dasselbe, und muß es sein, wenn nicht die Parenthefe in der Luft schweben und den ganzen Satzbau zerstören soll. V. Z. naå »« Heu-J åØa1-s9a3«97, sen-i Butsu-taxes» nat xtergssstjpostfsrcerq via-i ckrrayyåäloxrkv Wes» »Is- YOJJII »Ja- aiusiscosk EIN; Ha« Neid§ Its» was-spe- seasi spare-SEND» syst-II« Mit einem einfachen «; fügt der Apostel das zwischen: eintretende Moment bei. Das see-i steht in keiner Weise in dem Sinne von »Es, wie nach Bezas Vorgange, Socin, Grotius, Semler, Rosenmüller und neuerlich sogar noch Jachmann behaupten. Allerdings ist der parenthetische Gedanke V. 2 nach seinem logischen Verhältnis zu V. I und V. 3 eine Erläuterung, Begründung; allein dies innere Ver- hältnis ist formell gar nicht angezeigt. Hat Johannes eben Grsqi sc. z. sc. You-Je) »das Leben« genannt, so fährt er nun in einfachstem Anschluß an jenen Begriff fort: »und das Le- ben ward offenbar.« Je einfacher aber und je unmittel- barer einerseits diese Verbindung ist, und je inniger und com- pacter anderseits die einzelnen Momente der Parenthese selbst wieder untereinander verbunden sind, um so schwieriger muß es erscheinen, wenn de Wette den Begriff »das Leben« in einer zweifachen Nüancirung faßt. Einmal, sofern der Apostel sagt: »wir verkündigen Euch das ewige Leben«, sollen wir an das ewige Leben denken, welches uns die mit Glauben aufgenommene Kunde von Ehristo giebt; das andere Mal, so- fern es heißt: »das Leben, welches bei dem Vater war, ist offenbar geworden«, follen wir uns das Leben in Christo selbst vorstellen. Denn, sagt de Wette, der Begriff Ess- cccccccc py t Ich. l, Z. 39 sc. Hans» se. »Tai»- schwebt zwischen jenen beiden Vorstellungeti mitten inne. Allein das alles thut doch dem einfachen Texte offenbar Gewalt an. Das unmittelbare Objekt von eine-». ist derselbe Begriff (sx. g. c. ais-Zu) von welchem erstlich, »in der innigsten Verknüpfung des Priidicats (7·y"««g), ausgesagt wird: »Ja« sag. se. was. und Spuke-g. Hi» welcher aber zwei: tens, kraft dieses Einem. »Ja» wodurch im Rückblick auf den Ausgangspunct der parenthetischen Erläuterung («. s; g. Ecke-») diese in sich abgerundet wird, wiederum mit dem ersten Be- griff s; can; völlig identisch gesetzt ist —— wo ist da nur die geringste Fuge, welche die Möglichkeit gäbe, den einen und selben Begriff, das Leben, das ewige Leben, nach zwei Seiten hin zu ziehen? Nein, entweder müßen wir das ewige Leben, von dem Johannes redet, ausschließlich als das von den Gläu- bigen sich anzueignende, durch die Predigt von Christo«vermit- telte Leben verstehn, wie Socin, Grotius u. A. gethan ha- ben, oder, weil das unmöglich ist und jetzt wohl niemand mehr das johanneische sie-i oJ Im; zwcwsgaisssy mit Grotius er- klären wird: nam ei vjta aetema Christi exemplo facta nobis est oonspicua, wir müßen mit den besten Auslegern alter und neuer Zeit das ,,Leben« von Christo selber verstehn, wie fo- gar Rosenmiiller behauptet. Und das paßt auch recht wohl zu dem oiaayyälzoxseiiz denn was von den Aposteln gepre- digt und was von den Gläubigen empfangen wird und in ihnen das Leben ist, das ist Christus selbst (V.3. V, 11sl. 20. Gal. 2, 20. S. u.) Das Leben, sagt Johannes, «— Zcpaospuiwy d. h., wie III, 5. 1 Pers. I, 20. 1Tim. s, 16. (vergc. z».-k,«i-» Tit. 2, 11), es ist durch einen gefehichtlichen Art, die Menschwerdung (Joh. l, 14), offenbar, also, im Zusammenhange mit V. 1 und mit dem auch hier sogleich nachfolgenden sml Satans-»Hei- -«2.., sichtbar, hörbar, tastbar geworden. Zunächst und un- mittelbar liegt in dem syst-irg- das Qffenbarwerden für das Auge Joh. 21, I. 143 deshalb schließt der Apostel nicht nur in unserm 2. Verse an den Begriff spat-Spule» sogleich das ssai Zweck-«, sondern er stellt auch im Z. Verse, nachdem Eva-usw» copy 40 lJolx l, l—4. die Parenthefe mit dem wiederholten Schar-ers. of» abgeschloßen ist, das ,-Sehen« voran; denn so wirkt der Haupt- und Schluß- begriff der organisch eingefchobenen Parenthese auf die in ih- ren ursprünglichen Gang zurückkehrende Rede hinüber. Zu beachten ist ferner, was für die Frage von Wichtigkeit ist, ob die drei Verba sag-äu» fragend. und oTnnyyäzL in völlig gleichem Verhältnis zu dem Accusativ sc. F. r. usw» als ih- rem gemeinsamen, direkten Objekte stehen (Oecumenius, So- cin, Jakhmanm Lücke), oder ob diese Objectsbestimmung unmittelbar nur zu oircayyäzh gehört, die beiden vorangehen- den Verba aber vielmehr fiir sich stehn und die bei ihnen zu denkende Qbjectsvorstellung durch Ergänzung aus dem Vor- aufgehenden empfangen (de Wette nach dem Vorgange von Fritzsche) —— zu beachten ist, daß zu dem letzten Spur-sp- die persönliche Beziehung des Apostels als eines Augenzeugen in dem hinzugefügten Hur» ausgedrückt ist, während das erste Mal zwar-www; allein steht. Dem Sinne nach sinden »wir jenes ssxisp in dem an das erste syokwspassssk angeschloßenen nat Harz-ein««- wieder. Das EZ nämlich, welches sich freilich im Cod. B vor Zweck-s. findet, ist ohne Frage mit Mill, Wetstein, Griesbach, Lachmann und allen kritischen Auslegern als eine aus V. I und V. 3 stammende’«), die Construction erleichternde Correctur zu verwerfen. Das innere Verhältnis der einzelnen Momente V. 2 ist demnach dieses: zuerst stellt der Apostel objektiv die historische Thatsache fest: das Leben ward offenbar; dann folgt in einfacher Anknüpfung Hat) die Versicherung, daß er, wie die übrigen Apostel, Au- genzeugen dieses im Fleische erschienenen Lebens gewesen sei. Hierauf beruht aber ferner seine eigene und aller Apostel voll- gültige zraprvgtw von dem, was sie gesehn haben; so schließt sich wiederum an das Hawaii-arise, das weitere, neue Moment was) des xcagrvgorixcswz endlich folgt gleichfalls in der Form der Anfiigung Gras) die bestimmte Bethätigung der aus dem Gesehenhaben beruhenden Zeugenschaft: irai circoryyääx Dies «) Ein Minustelrodex bei Wetslein hat sogar die ganze Formel o« Z»- grhrsxzrsrs sit-c Fuhr-anzus- ulls V. 3 hkkÜbktgkUOMMrU. 1Joh. i, z. . « Verkündigen giebt aber sogleich die bestimmte Beziehung auf die Hörer, welche nicht selber gesehn und gehört haben, an die Hand; daher: risse-H« »Ur«- (vgl. Bengel) im Gegensatze zu dem sparen. essen« oder dem ersten Spur. »F sei-gos- «a-,««e-. Indem aber Johannes schreibt: oimxyytzzoxcek ist er gezwungen, das bestimmte Objekt der apostolischen Verkün- digung namhaft zu machen; er fügt also hinzu: eh» g. e. ais-«« Jm lebendigen Zusammenhange der Rede konnte der Inhalt der apostolischen Verkündigung gar nicht anders bezeichnet werden. Was Johannes schon in dem relativischen Vordersatze V. 1 als Inhalt der apostolischen Verkündigung dachte (vgl. V. 3), ja, was er in dem neuenAnsatze weg. r. Do» sxjgmjs schon als es Fee-J bezeichnete, das hat er V. 2 wiederum ausdrücklich sJ Hans« genannt, das nennt er nun noch einmal o; gross, setzt aber hinzu n« Asche-sog mit der Erklärung ist-c es» up. sc. was. ». Zwei« -,J««. Dieser ganze letzte Zusatz und das Prä- dicat s; michs-sog selbst, dient wesentlich dazu, die organische Verbindung der Parenthese mit dem Hauptsatze herzustellen, und enthält so auch ein bestiitigendes Moment für die Richtig- keit unserer Vestimmung des in dem viermaligen is V. l be- zeichneten Objectes Hat Johannes zu Anfang geschrieben h« DE» oisf sigxsjgz so nennt er nun denselben Gegenstand seiner Rede, den er hier als s; can; bezeichnet, ersah-zog, und in- dem er diesen Begriff erläutert: Fing« »Ja- ngx sc. mer» spricht er ausdrücklich aus, was oben in dem OF» rief cipzøjc weniger markirt angedeutet war, die Ewigkeit des Logos, der das Le- ben ist. Endlich indem neben das F» »p- -c. wars« das weitere Moment nat Schar. Herz» gestellt wird, schließt sich hierin nicht nur der Kreislauf der Parenthese in sich ab, son- dern wird nun auch das volle Ebenmaß der, an sieh betrach- tet, auseinandersallenden Momente von V. I hergestellt, weil es nun ganz klar hervortritt, daß es ein und dasselbe Le- ben ist, welches einerseits «ewkg- bei dem BUT« (V. Z) »von Anfang an« (V. l) war, anderseits aber »erschienen« (V. 2), ,,sichtbar, hörbar, tastbar« (V. I) geworden ist. Habeniwir nun auf diese Weise den Organismus der Parenthese richtig 42 1 Ich. I, 1——4. beschrieben, so ergiebt sieh von innen heraus, was aus der äu- ßerlichen Structur nicht wohl zu erkennen ist, daß die Vetba are-i einiges-wiss- smi xsugrogoöxiep inniger zusammengehören und sich mehr auf das vorhergehende Momente; Cmj sepa- wyaiäøy zurücklehnew als in unmittelbarer Coordination neben dem folgenden må oinayyäzzoxssw stehen. Nach unserer An- sicht ist ein dikectes Object zu n.se«apguen. «· Frager-g. gar nicht bestimmt ausgesprochen; die zu den beiden Verben hinzuzudem kende Objectsvorstellung ist aus dem vorangehenden s) cui-J Zwar-HGB» zu entlehnen, etwa: OF» Hans» ers» warens-»Bei- oom Dagegen hat das gleicherweise auf dem zwiefachen im; Empor-«. ssai zeugst-g» der »Augenzeugenschaft", ruhende «. oknayyåzzozrep sein bestimmtes Object, welches so formulirt ist, daß es als Zusammensaßung der ganzen bisherigen Expo- sition erscheint. Unser ges-keusche«- steht hier -(vgl. IV, 14), im innigsten Anschluß an das åw9äisa««.ss-, ganz« wie Joh. I5, 27. I9, 35. vgl. l, 34. Z, 32. In der ersten Stelle sagt der Herr zu den Jüngern, nachdem er auf das künftige Zeug- nis des heiligen Geistes über ihn hinein-o; Frager-»Jur- Arg; åzumD hingewiesen hat: nai THE-Fig II grüßte-Fritz, Und be- gründet dies Zeugen der Jüngen Ei« »Ja« sigxsfc gis-s· Heim? For-H. So wenig hier ein bestimmtes Objekt neben dem »«- wziesscs genannt ist, indem nämlich das vorhergehende nsoi Essen? dem Sinne nach sich von selbst versteht, ebenso wenig bezeichnet Johannes in unserem Briefe ausdrücklich die zu »unp- wgoisxrsu gehörige, aus dem vorangehenden s; Im; seyn» sich von selbst ergebende, Objectsvorstellung Und ferner wie sich in der angezogenen Stelle des Evangelii das »Zeugen« der Jünger auf ihren persönlichen Verkehr mit dem Herrn grün- det, oder wie 19, 35 der Evangelist sich, um die Gewißheit seines Zeugnifses darzuthun, ausdrücklich auf fein Gesehnhaben Oeui ei Empor-vix »s««u9-tig)s;»sI-) berust, oder wie der Täufer sagt nahst-Z Felix-um: nui xrsxrapsriipøjnoe sitz. (Joh. I, 34), und wiederum noch voller über Christum selber: b« Kasse-m- «; stromun- rotJTo »ein-weiss (Vgl. V. II), ebenso stellt Johannes auch an« unserer Stelle (und IV, 14) das apostolische Zeugnis 1 Seh. l, 2. 43 hin und gründet es darauf, daß die Apostel den im Fleische offenbar gewordenen Herrn selbst gesehn (V. Z) und gehört (V. Z) haben. Die Erweisung und Bethätigung des auch ihm zukommenden xxagcvgsiwr spricht aber der Apostel aus, indem er sowohl die ausdrückliche Beziehung auf die, welche die apostolische Verkündigung vernehmen, als auch« den Inhalt dieser Verkündigung anzeigt: seai oinayyäzzozesii eins» wes» Fels-J» r. »san«. sitz. Bengel bemerkt, um das Verhältnis des Eures-z« V. Z. 3 und des yposepoxisw V. 4 zu dem »an- seogoiixcsp zu bezeichnen: Testimonium, genas; species danke: annuaciatio et soripiioz nnnunoialio ponit kunäamenturrtz scriplio supekaediiicat Zweierlei hat Bengel richtig gesehn: erstlich, daß die apostolische nagscsigfa sich thatsächlich darstellt sowohl in dem oinqyyäzäsew (V. Z. 3), welches gleich dem rings-laws»- (Röm. 10, 14 slx Matth 28, 8—11. vgl. AG. 26, 20. sey-way» 17, 23) zunächst und vorzugsweise die mündliche und grundlegende Verkündigung der Apostel bezeichnet, als auch in dem, wie überall so auch in unserm Briefe nur zum Auf- und Ausbau des in den Lesern schon vorhandenen christ- lichen Lebens dienenden, ygoirpsw 4. vgl. Joh. 21, 24. 19, 35), so daß also unser Brief ausdrücklich als ein vollgül- tiges apostolifches Zeugnis hingestellt wird. Zweitens aber hat Bengel darin Recht, daß jenes ei»ay;-«s7.-lo,«ks- (V. L. s) nicht, diesem ygkirpoxikw (V. 4) völlig parallel, sich auf den vorliegenden Brief beziehen kann. Der Unterschied liegt zu- nächst in der eben angedeuteten Verschiedenheit der Begriffe, aber auch in der verschiedenen Beziehung, weil der Apostel in V. 2. und Z. sich noch nicht in das unmittelbare persön- liche Verhältnis zu den Lesern setzt, welches in V. 4 heraus- tritt. Es fragt sich nämlich, ob man das in den Verben (V. 1—3), zumal in dem oinayyslzoxssw (V.-Z. Z) liegende ,,Wir«, gleich dem »wir schreiben« (V. 4) für eine bloße Form, einen reinen Schriststellerplurah halten soll (S. G. Lange, Fritzsche), oder ob die ganze Redeweise in V.1.—3 insofern wirklich communicativ erscheint, als der Briessteller von dem Bewußtsein des ihm mit allen Aposteln wesentlich 44 l Joh. l, l-—4. Gemeinsame« getragen wird H. Dies Letztere kann genauer so verstanden werden, daß »der Schriststeller entweder ausdrück- lich sich mit den übrigen Augenzeugen zusammen denkt (G ro- tius, Bengel), oder daß er in den Pluralformen (V.1——3), wie in dem Plural wie's-are«- (V. 4) vorzugsweise sich selbst meint, aber doch von sich die allen Aposteln gemeinsame Sache aussagt (Liicke), oder endlich so, daß eine gewiße Combina- tion der beiden Vorstellungem ein Fortschritt Von dem gemein- samen Bewußtsein zu dem individuellen stattfindet (de Wette) Uns scheint die letztere Ansieht dem Texte am besten zu ent- sprechen. Wie Johannes, wo es sich um das allen, die in Christo sind, wesentlich gemeinsame Bewußtsein handelt, sich gern mit seinen Lesern zusammenstellt und dadurch seine Pa- raklese lebendig und beziehungsvoll macht (vgl. V. 6 il. B. 8. U, I. 28. 1ll, I u. s. w.), so hebt und kräftigt er auch wie- derum sein eigenes, volles apostolisches Zeugnis dadurch, daß er sich ausdrücklich auf die unmittelbare Erfahrung, die ihm mit allen Aposteln gemeinsam zu Theil geworden ist, beruft. In dem Sinne ist ohne Zweifel das Eisenach-sw- Joh. l, 14 zu verstehin Und in unserm Briefe (lV, 14) bricht dies spe- cifisch apostolische Bewußtsein hervor mitten in einer Rede, in welcher der Briefsteller das ihm und den Lesern gemeinsame ehristliche Wesen, wie es nämlich auf jenes eigenthiitnliche upo- *) Die ältern Ausleger neigen sich, ohne die Sache genauer zu erwä- gen, jenachdem sie von ihrem exegetischen Tacte geleitet werden, bald zu dieser, bald zu jener Ansicht, meistens aber ist, weil die Frage selbst ihnen nicht bestimmt vorgeschwebt hat, ihre Meinung nicht deutlich zu erkennen. So scheinen Oecuinenius, Beza und Socin das »Wir« überall für eine bloße Formel zu halten, während Grotius eine wirklich communica- tive Vorstelliing zu statuiren scheint. Bengel, welcher, so viel wir wissen, zuerst die Pluralsorm bestimmt in’s Auge faßte, dehnt den Kreis, welchen Johannes mit seiner eommunicaiiven Redeweise umschreibm soll, noch über die Apostel hin aus: Loquiluk plurali aumero nomine suo el aliokum Fest-sum. Vieietuk eo lempoke sckipsissiz qui) cnulli remain-baut preis« in eile. Aber dadurch Verdeckt Bengel die Vorstelliciig der eigenihiimlich apostolischen Augenzeiigeiischaft und des eigenthümlich apostolischen Verkün- digens und bricht dem Gedanken die Spitze ad. l Ich. I, 2. 45 stolische ,,Gesehnh·aben und Zeugen« gegründet ist, entfaltet. Jn unserer Stelle nun haben wir ein, wie uns scheint, sehr deutliches, obschon von den Auslegern zu wenig beachtetes, Zeichen, daß der Briesstelley wie er einerseits die ihm mit allen Aposteln gemeinschaftliche, wesentliche Grundbedingung des Apostelamtes, das Gesehen- und Gehörthabem und an- derseits das eine und selbige Ziel aller apostolischen Verkündi- . gung (V. Z) beschreibt, so auch das apostolische Zeugen und Berkündigen selbst in seinem ununterbrochenen Fortgange dar- sielli. Dies Zeichen liegt in dem ssai vor vix-eig- V. 3, wel- chem völlig parallel steht «) 1I,«I», falls die Lesart richtig ist. Indem nämlich der Apostel schreibt: ,,damit auch Ihr mit uns Gemeinschast habet«, setzt er die Leser nicht sich sel- ber gegenüber (wie mit wunderlicher Verdrehung der Worte und des Gedankens Socin meinte — s. u. zu V.3), sondern er vergleicht die Leser mit andern Gemeinen, welche »die Gemeinschast mit uns« haben. So drängt sich von selbst ein Gedanke hervor, welcher in unserm Briese so oft und stark durchklingt, der Gedanke, daß die gesammte christliche Gemein- schast ein lebendiges Ganzes ist und deshalb auch auf orga- nische Weise wächst. Wie Paulus (Ephes.2,20 fl. 1 Cor.3,16. vgl. 1Petr. Z, 5.) die gesammte Christenheit mit einem Bau- werke vergleicht, dessen ganze Wucht freilich auf dem einen Ecksteine, Christo, ruht, dessen Fundamente aber die Apostel (und Propheten) sind, so daß alle neu hinzukommenden Steine, womit der Tempel ausgebaut wird, nur auf jenen Grundse- sten sich erheben und im harmonischen Zusammenhange mit denselben Halt haben können, so betrachtet auch Johannes die Apostel als den von Christo selbst gegründeten Stamm der christlichen Liebesgemeinschast, an welchen sich von allen Sei- ten her die durch der Apostel Wort gläubig Gewordenen (Ioh. 17, 20) anschließen. Dieser Gedanke ist es, welcher an un- serer Stelle durchbricht Indem nämlich der Apostel sirh seine Leser vergegenwärtigh die er auch durch fein Schreiben (B.4), wie durch seine Predigt (V. 3), in den Kreis der christlichen Gemeinschaft immer tiefer und inniger hereinziehn will, spricht 46 I Joh. l, I-—4. er in dem Bewußtsein dessen, was er, wie die übrigen Apostel, hat, was auch anderen Gemeinen durch der Apostel gemein- sames Zeugnis gebracht ist und fortwährend gebracht wird: auch Jhr sollt das haben, nämlich in der Gemeinschaft mit uns, sollt auch Ihr die Gemeinschaft mit dem Vater und Jesu Christo haben. Denn diese felige Gemeinschafh das ist der Sinn des Apostels, ist das stete Ziel aller apostolischen Ver- kündigung, wclche durch mich auch an Euch fortwährend er- geht, das Ziel auch dieses Briefes. —- So kömmt auch das sisxayyääzoxiso V. 2. Z. sowohl nach seinem Begriffe, im Un- terschiede von dem yxioicpoxisai V. 4, als seiner Zeitform (Pkaes.) nach zu seinem vollen Rechte. Das Wort ,,befchreibt, wie Lücke treffend urtheilt, das apostolische Predigtamt überhaupt in seiner fortwährenden Thätigkeit.« Wir haben gesehn, sagt der Apostel im energischen Bewußtsein des ihm mit allen Apo- steln gemeinsamen Vorzugs und des dadurch bedingten Amtes, wir sind Zeugen, wir verkündigen Euch (V. 2), auch Euch (V. 3), wie Anderen, fortwährend, nach unserm Zeugenamtq das uns offenbar gewordene Leben, damit auch Ihr mit uns Gemeinfchaft habt. Aber indem der Apostel schreibt »auch Ihr-«, macht sich schon das persönliche Verhältnis des Brief- stellers zu den gegenwärtigen Lesern geltend. Aus der Schaar derer, welche in der christlichen Liebesgenieinschaft stehen, tritt der bestimmte Gemeinekreis vor die Seele des Apostels, in welchem grade er mit seinem apostolifchen Zeugnisse arbeitet; so erhebt sich denn die Rede des Apostels in V. 4 zu dem vollsten Ausdrucke der persönlichen Beziehung zwischen dem Briefsteller und feinen Lesern, und von dem tiefsten Grunde des apostolischen Amtes ausgehend laufen die Gedanken des ganzen Abschnittes, als einer lebendigen Briefaufschrifh in die Spitze des konkreten persönlichen Verhältnisses aus. Das apostolische Zeugenamt (»agswg.), wie es sich zu- nächst in dem mündlichen Verkündigen«(si7sayyä).z.= »Was-i- o.s«-, silayykzigscah bethätigt, ruht mit seiner die christliche Gemeinschast bildenden, kirchenbildenden, Macht (V. 3)» auf der Grundvoraussetzung der unmittelbaren Erfahrung (V. 1), I Joh. I, Z. 47 und hat deshalb auch keinen andern Inhalt, als das ewige Leben selbst, dessen Offenbarung im Fleische die Apostel gesehn und gehört haben. Christus, der das Leben ist, wird gepre- digt, wie er selbst zuerst denen erschienen ist, die seine Zeugen werden sollten (1 Cur. I, 23. L, 2). In diesem Sinne be- zeichnet Johannes auch in V. 2 das Objekt der apostolischen Predigt: »Ja« gar-J» — schauest-is» »Es-Zu. Blicken wir aber sogleich von diesem lebendigen Inhalt zu der Wirkung der apostolischen Predigt (V. Z. 4) hinüber, so erscheint auch auf der Seite die heilige Mystik der apostolischen Anschauung, eine Mystik, die aber zugleich die reinste und tiefste Ethik ist: was die Gläubigen in der Gemeinschaft mit dem Herrn empfangen ist ,,Freude« (V. 4), weil sie ,,Leben, ewiges Leben« (Joh.17,3), weil sie Christi Leben, Friede, Freude (J’oh. 14, 27. 15, U) empfangen, weil Christus selbst, den sie haben (V, 11), in ih- nen lebt (vgl. Gal. D, 20) oder sie in Christo leben (1Joh. W, 13. V, 20). Indem der Apostel dasjenige, was auch er gesehen und gehört hat und was er als Zeuge verkündigh »Ja« Heu-J«- eh» wide-»«- nennt, fügt er erklärend hinzu: »F«- 777 ask-cis »Sa- naräpos w) søausgasäpy aJxeIu Das innerliche Verhältnis, it! Welchem die Prädicatbestimmung Fa- ng. T. works. se. Ema-». of» zu dem Subjekt s; Heu-J »« ais-Z»- steht, wird durch das Pronomen ein; markirt. Den Begriff des sang, im Unter- fchiede von dem einfachen Relativum IF, entwickelt Hermann (bei Lücke) aus der classischen Gräcität folgendermaßen: Zemg est qui soilicet aliquisz i. e. aliquis qui. Hino primo Sigm— iioat quiounqua Deinde quum redäendae kationi adhibetuxy non ut sc» restkingih sei! dilatat kemz — id Plane skepti- mitur iatino ut qui. Vgl. Kiihner, ausführL Gramm. der griech. Sprache il, S. 497 und O. F. Fritzsche a. a. O. Bei den neutestamentliehen Sehriftstellerm namentlich bei Jo- hannes und Paulus, finden wir das griechifche Gefühl von der eigenthümliehen Bedeutung des See« noch in großer Fein- heit vorhanden. Erst in der patristischen Gracität geht je län- ger «je mehr der feine Takt im Gebrauche von Sau; verloren. 48 l Joh. I, 1—4. Eusebius z. B. schreibt fast regelmäßig Sang, wo man das einfache Relativum erwartet. Der neutestamentlirhen Stellen aber, in welchen Eis-»; gradezu im Sinne des einfachen Rela- tivi steht, sind, so viele auch die Lexicographem z. B. Bret- schneidet, aufführen, in Wahrheit doch sehr wenige. Am meisten verdunkelt erscheint das Bewußtsein von der eigenthiitm lichen Beziiglichkeit des Spur· bei dem Verfaßer der Apokalypse (Apor. I, 12. il, 8. 12, IS) und Merkwürdigerweise bei Lu- cas (Luc. Z, 4. AG. IS, 12. 28, 18). In allen übrigen Schriften des Neuen Testaments ist überall, wo Zeug sieht, eine gewiße innere Relation mehr oder weniger deutlich durch- zufühlery vorzugsweise bei Johannes und Paulus, aber auch in der Apokalypse und bei Lukas finden sich viele Stellen, in denen der Gebrauch von Herr; völlig gerechtfertigt erscheint. Bald dient sie-«; dazu die Art und Beschaffenheit zu marki- ren (1Cor. 5, 1. — hier entspricht es ausdrücklich dem re«- mjsrøy Röm. II, 4. sphib 2, 20. Joh. 21, 25. AG. I0, 41. Matth. Z, S. 7, 15. 20, I. 25, 1. Z. Mark. 4,20. Luc. 7,37. Apor. 17, 12. 19, L) bald führt es ein erläuterndes und be- gründendes Moment ein (Joh. 8, 58. Röm. 1, 25. 32. 2, 15. 6, Z. Gal. 4, 24. Eph. 3,I3. 2Cor. 9, 11. Hebr.8,6. 12, 5. Z, Z. Mark. 15, 7. Luc. 8, Z. AG. 1"0, 47. 24,1)s. Auch in unserer Stelle hat das Fing· sein gutes Recht Schon oben wurden wir, als wir die organische Stellung der Parenthese innerhalb des ganzen Satzes V.1——3 beschrieben, durch unser Hier; geleitet, dessen wesentliche Bedeutung somit auch schon oben entfaltet ist. Durch das Hier; wird die zweigliedrige Prä- dicatbestimmung OF» »p- «r. wo«- ». Zwar« Her. nicht bloß in einfacher relativischer Weise an das Subjekt s; Zeus; s; nie-in. angeschloßen, sondern so, daß die Prädicatbestimmung zugleich eine erläuternde und begründende Beziehung erhält. Die ganze Parenthese dient ja, wie wir oben sahen, dazu, das Moment, auf welchem die lebendige Harmonie der äußerlich unvermit- telten Aussprüche des ersten Verses beruht, nachzubringen, den Gedanken, daß der ewige Logos im Fleische erschienen ist. Deshalb sagt der Apostel: und das Leben selbst ist erschienen lJoh. I, Z. 49 und wir haben es gesehn und zeugen von demselben, und ver- kiindigen Euch das ewige Leben, welches nämlich bei dem Vater war und uns erschienen ist. Soszsiehtz kraft des sing, unser »Ja« up. sc. gar. zurück auf das 8 »Ja« o?7r’ vix-z, und unser ssai zwar-es. Wiss» welches das åøoswsgaiåøz im Anfang der Sparenthefe wiederaufnimmt und so dieselbe abrundet, er- scheintnun gerade in seiner innigen Verbindung mit if» up. c. was-spo- als das Zwischenglied, welches mit jenem b« OF» »Ja« »Er-X. die in V. 1 danebengestellten Momente b« ais-»sein- ,«.k4- setz. vermittelt; und so kann sich denn V. 3 das wie- derholte 8 swgciscazcsp XII. auf die Parenthese mit ihrem ausdrücklichen åpcxsisgasäøz gründen Recht gut hat der Scholiast il. im Anschluß an Oecumenius, die ganze Pa- renthese umschriebem Saus-w, ers-Mk, »F» 013oo«- Z» sitz? Harz-i Heu-so, czicrwrgwåsloacw Hase» Zinses-sorgte«- —. Tau-r» »; Tcojj sxpj Hoawkpuiäsfox xcocgøsxsipoäwsc oiyrayyszzoxrw est-»Za- Z« Tau-I akaswog es» Ema-EVEN; ist«-I«- rroei Frone-i ysyövoczrzak Wir finden in diesen kurzen treffenden Worten die Hauptmo- mente unserer Auslegung angedeutet; namentlich tritt hier bei dem Scholiasien ganz klar die Ansicht hervor, daß Christus selbst persönlich als das Leben verstanden wird. Jn welchem Sinne aber nennt der Apostel das, was in Christo erschienen ist, ,,das Leben, das ewige Leben«? Weshalb dies Leben ,,ewig« heißt, erklärt uns zunächst der einfache Zu- sammenhang unserer Stelle selbst: es ,,w ar« schon, ehe es (im Fleische) erschien, es war »bei dem Vater« (V. 2), »von Anbeginn« (V. 1). Dies Leben war im Anfang, als Welt und Zeit ihren Anfang nahmen; denn in und mit der Zeit ist eben durch dieses »Leben« die Welt geschaffen (Joh. I, 3). Denn was der Apostel im Anfange unseres Briefes »das (ewige) Leben, das bei dem Vater war-«, nennt, das bezeichnet er im Prolog seines Evangelii als den »Logos, der bei Gott war, und in welchem Leben, das Leben war. Es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, die ganze Logoslehre des Jo- hannes zu entwickeln; wir setzen vielmehr den wesentlichen Lehrgehalt des Evangelii in der Weise und indem Maße vor- l. 4 Esss ssssssss a«- 50 I Seh. I, l——4. aus, in welchem unser Brief selbst das Evangelium voraus- setzt, und entlehnen aus der Metaphysik und Ethik des johan- rieischen Logosbegriffs, wie derselbe im Evangelio entfaltet« ist, nur soviel, als uns nothwendig erscheint, um die Spitzen die- ses Begriffs, welche in unserm Briese überall durchblicken, zu verstehen. Indem der Apostel den Logos das -Leben, das ewige Leben« nennt, kehrt er die ethische Seite des Logosbegriffs her- aus. Freilirh wird dadurch« in keiner Weise die wesentliche Persönlichkeit des Logos verdunkelt; vielmehr ruht die ethische Auffassung des Logos selbst mit »der durch dieselbe bedingten praktischen d. h. ethischen Anschauung von dem christlichen Ge- nieinschaftsleben — in der Gemeinschaft (V. Z) mit Christo haben die Gläubigen ewiges Leben, Freude (V. 4), weil Christus, welcher das ewige Leben ist, in ihnen lebt und sie in ihm —- die ganze Ethik der johanneischen Logoslehre, sagen wir, ruht auf der Metaphysik, geht mit derselben in die vollste harmonische Einheit zusammen. Die volle Idee der Persön- lichkeit ist ja der Nerv aller wahren Ethik. Gerade weil Johan- nes den Logos ewig persönlich denkt, deshalb ist seine Logos- lehre ethisch, lebendig. Auch in unserer Stelle schlägt die An- schauung des Logos als einer ewigen Persönlichkeit überall durch. Der Logos war, war von Uransang an, ehe er im Fleische, als historische Person, offenbar wurde. Der Logos war bei dem Vater, sagt Johannes, und spricht gerade indem er die Zugehörigkeit des Logos zum Vater (»9öc), die » Verbindung mit ihm, darstellt, auf das bestimmteste das per- sönliche Unterschiedensein von dem Vater, bei welchem der Logos, als der Sohn, ewig war, aus. Vermischt wird diese Bedeutung des send; se. ans. durch die oben citirte Um- schreibung des Srholiasten It, welcher statt des johanneischen gxgög ein Z» setzte. Lücke führt in seinem Cotnmentar zu dem Evangelio I, I sl. (S. 2971 Aufl. Z) eine Stelle des Vasilius an, in welcher ausdrücklich vor dieser Umsetzung der johanneischen Vorstellung gewarnt wird ’«). Basilius «) Die Worte lauten: Ist« ro· Zckxcisosi is; Ifrroerrkiakwc angekirrt-XIV,- Ym Fug« »so-paart« äu? TZJ any-zur«- TJJH narratur-Mc. I Joh. I, Z. 51 hat wohl gefühlt, daß in dem johanneischen srgcie das per- s önliche Verhältnis des Logos zu Gott, als des Sohnes zum Vater, ausgeprägt liege. Denn am Schluß des Prologs heißt es ausdrücklich: c; zrorsoyemsc old: s; es» Fig Tör- siözsrw com; aus-pries, und in demselben Sinne redet der Herr selbst (17, 5) von einer »Herrlichkeit, die er ehe die Welt war bei feinem Vater Hugo? aufs hatte« Je bestimm- ter also der Apostel den Logos, welchen er V. 1—3 im Sinne hat, in seinem persönlichen Wesen denkt, um so mehr wer- den wir auch den Begriff ,-Leben, ewiges Leben-«, mit welchem Johannes den Logos bezeichnet, so zu verstehen haben, daß uns die persönliche Gestaltung desselben nicht verloren geht. Denn in unserm Briese wird das Leben selbst persönlich angeschaut. Im Prolog des Evangelii ist, bei völliger Gleich: heit der Sache, die Vorstellungsweise eine etwas andere. Dort tritt uns der Logos selbst entgegen, der im Anfang war, bei Gott war, und in welchem Leben war, nämlich das Leben, das zugleich das Licht der Menschen ist (1, 4). Jn unserm Briese aber, wo der Logos selbst in seiner bestimmten Persön- lichkeit nicht ausdriicklich genannt wird, erscheint er selbst als das Leben, welches von Anfang an bei dem Vater war. Und wie es demgemäß im Evangelio heißt: »der Logos ist Fleisch geworden-«, so sagt hier der Aposteh »das Leben ist (im Fleische) erschienen« Beide Anschauungsweisen sind gleich berechtigt in dem wahrhaft lebendigen Wesen der Sache selbst, und stehen deshalb auch im Evangelio und in unserm Briese neben einander. Jm Evangelio wird Christus selbst das Le- ben genannt (14, 6), in unserm Briese heißt es: in ihm ist das Leben (V,11) so daß wer, im Glauben und der Liebe, Christum hat, in ihm das Leben selber hat (V, 12. Joh. II, 25 sl. 20, 31). Jn diesem letzten Gedanken liegt eben die unermeßliche ethische Bedeutung der johanneisrhen Logoslehre, wie der ganzen neutestamentlichen Christologie, also des ge- sammten Christenthums, denn das gesammte Christenthum dreht sich darum, daß wir Christum selber haben. Dieser Ge- danke ist auch in unserm Briese der überall durchklingende 4 1ls 52 I Seh. I, 1—4. Grundton Was auch immer der Apostel in feinen Lesern zu schützen, zu begründen, zu wahren, zu vollenden hat, mag es Glaube, Erkenntnis, Liebe, Hoffnung, Freude, Friede, Ge- betserhörung heißen, es ist alles »Leben, ewiges Leben-«, und das ist immer nur in Christo, dem wirklich im Fleische er- schienenen Sohne Gottes, weil er selbst das Leben ist. Wie ist das im Sinne des Apostels zu verstehns Inwiefern ist der ewige Logos, der in Ehristo Fleisch geworden ist, das Le- ben, das ewige Leben? Inwiefern und auf welche Weise i er das namentlich für uns? « Vor allen Dingen ist hier festzuhalten, daß der johan- neische Begriff des »Lebens«, oder wie es genauer und tiefer heißt, des »ewigen Lebens-«, welches im Logos ist, welches der Logos selbst ist, nicht allein das geistige Leben, sondern auch das natürliche Leben einschließt’«). Denn durch den Logos ist die Welt geschaffen, gleichwie sie durch denselben die selig machende Erkenntnis des Vaters, das ewige Leben in Gott, erhält. Auch das physische Leben ist eine ethische Potenz, und die wesentliche Verwandtschaft, die in dem innersten Wesen liegende Einheit, nicht Einerleiheit, des physischen und des geistigen Lebens ist eine ethische. Auf dieser Anschauung be- ruht der dem Ehristenthum eigenthümliche heilige Realismus, im unbedingten Gegensatze gegen die durch den Pantheismus vollzogene Negation aller wahren Ethik. Wie könnte der Tod, nämlich auch der leibliche Tod, der Sünde Sold sein, wenn nicht eine reale Einheit das natürliche und geistige Leben ver- bände, wenn nicht dasselbe sittliche Gefetz beide beherrschteZ Und sehen wir auf die Vollendung alles Lebens, so geht die christliche Hoffnung gleicherweise auf eine Verklärung des natürlichen wie des geistigen Seins, auf eine Auferstehung des Leibes, aus einen neuen Himmel und eine neue Erde, wie auf das Schauen Gottes. Jn sittlicher realer Einheit wird das natürliche und T) Treffend umschreibt Lücke (zn Joh- 1, 4. S. 307) die Worte F» ask-es Zins; if« »alles Leben in der Welt hat feinen Grund und Quell in dem welifchaffenden göttlichen Logos-«, und bemerkt dazu: »He-III fchlschkhin begreift das physische und ethische Leben zugleich in sich.« 1 Ich. l, Z. 53 geistige Leben vollendet, wie in der zeitlichen Entwickelung beides in und mit einander war, wie es auch seinen einheit- lichen Ursprung durch den Logos, der das Leben ewig ist, ge- nommen hat-. Denn der Logos ist der ewige, persönliche Ver- mittler, durch welchen das Leben, das phhsische wie das gei- stige, von dem absoluten Urquell, dem Vater, schöpferisch ge- geben wird. Der Vater hat Leben in sich, aber so wie er selbst es hat, hat er es auch dem Sohne in sich zu haben gegeben (Joh.5,26)z darin liegt eben sowohl der (trinitarisch- hypostatische) Unterschied des Sohnes vom Vater, als auch die wesentliche Einheit des Vaters und des Sohnes. Der Logos, in welchem das Leben ist, welcher das Leben selbst ist, ist bei Gott, und ist Gott (Joh.1, l fl.)z der Vater ist in dem Sohne und der Sohn im Vater (l4,10 fl.), wer den Sohn steht, sieht den Vater, denn das Leben des Vaters ist durch den Willett (die Liebe) des Vaters im Sohne. Und nur durch den Sohn, den Logos, strömt es schöpferisch aus. Es isi aber eine drei- fache Mittheilung des Lebens durch den Logos zu unterschei- den. Erstlich ist durch den Logos die Welt erschaffen, das physische und geistige Leben der Creatur ansänglich gesetzt (Joh. l, Ist. Vgl. Col. 1, 16); ferner wird insbesondere das -ewige Leben-C die Erkenntnis des Vaters, die selige Gemeinschaft der Ereatur mit dem Vater nur durch den Logos, den Sohn, vermittelt (V. 4. U, 22 sll. V, 12. Joh. 14, 6 jll. 17, 2 fl.); drittens geschieht auch die endliche Vollendung des Lebens, des physischen wie des geistigen, nur durch den Sohn (Joh. 6, 40 sll. II, 25 fll. 5, 21). Man beachte besonders, wie Johannes diese drei Osfenbarungen des Lebens durch den Logos in ihrer innern Einheit und ihrem ethischen Organismus dar- stellt Wenn im Anfange des Fprologs die Weltschöpfung des- halb als durch den Logos geschehen hingestellt wird, weil »in ihm Leben war«, so erscheint sogleich auf der andern Seite dasselbe Leben auch als das Licht der Welt, als die heilige Macht, die das Leben der Gotteskindschast (1, 12), wieder- gebärend, in sittlicher Neuschöpfung erzeugt; denn der Logos ist wie das Sprincip der Schöpfung, so auch zugleich der per- 54 1Jph.1, 1—4. sönliche Vermittler der Wahrheit und der Gnade des Vaters (1, 14. 16). Es ist dasselbe ewige, göttliche Leben, welches der Creatur ihr Dasein giebt und welches die Ereatur selig macht. Jn dem Leben Gottes, wie es durch densLogos that- sächlich geoffenbart wird, fällt, wenn wir so sagen dürfen, die physische und die ethische Seite zusammen, das Sein Gottes ist identisch mit seinem Seligsein, weil Gottes Leben das ewige, absolute Leben selbst ist. Darum ist es auch derselbe persön- liche Logos, der ewige Sohn, dem der Vater das Leben in sich selbst zu haben gegeben hat, welcher, wie sich das ewige Leben Gottes nur durch ihn weltschöpferisch offenbart, so auch das göttliche, ewige Leben in seiner ethischen Wirkung, nach seiner wiedergebärendem selig machenden Kraft der sittlichen Ereatur allein vermittelt: der Logos ist Fleisch geworden, das Leben ist im Fleische erschienen, Gott hat seinen eingebornen Sohn gesandt, damit er das ewige Leben brächte (lV,9. Joh. 3, 16). Je tiefer und reicher wir im Sinne des Johannes das ethische Wesen dessen, was er ewiges Leben nennt, auf- faßen, um so klarer wird uns nach der einen Seite« die Ethik in der Lehre vom Logos, als dem persönlichen Vermittler je- nes Lebens, und zugleich nach der andern Seite die Ethik des Glaubens, durch welchen, in welchem wir jenes Lebens theil- hastig werden, entgegentreten. Denn wenn das ewige Leben die Erkenntnis Gottes ist (17, 3), sc; kann es nur durch den vermittelt werden, welcher, weil er selbst ewig im Vater ist, auch allein den Vater erkennt (1, 18. S, 46. 14, 6. Vgl. Matth II, 27), oder die Erkenntnis des Vaters muß zugleich die Erkenntnis des Sohnes sein (17, 3). Und wenn « das ewige Leben, das der Ereatur geschenktwird, diereale Gern einsch aft mit Gott ist (17, 20 sll.), unser Sein und Bleiben in Gott oder umgekehrt das Sein und Bleiben Got- tes in uns (14, 20), so kann wiederum nur der im Fleische erschienene persönliche Sohn, in welchem das Leben des Va- ters ist und sich offenbart, der Vermittler jener Gemeinschaft sein, und nur wer den Sohn hat, kann den Vater haben, der im Sohne ist und sich giebt (V. Z. II, 23). Wir haben 1 Ich. l, Z. 55 aber den Sohn, und mit und in ihm den Vater, allein durch den Glauben (V,13. Ich. 3,16.« 5, 24 sll. 6, 40 sll. 11, 25. 20, 31)z denn das ist die volle Bedeutung und das tiefe sitt- liche Wesen des Glaubens, daß wir im Glauben das ewige Leben haben, weil wir Christum selber haben, in welchem das « ewige Leben ist (V, 12. 13). An Christum glauben heißt ihn selbst ausnehmen (Joh. 5, 43. I, 12), in realer Gemeinschaft mit ihm stehn, er in uns und wir in ihm (lll, 24 sl. Joh. 6,56. 15,1. 14, 23). So ist der Glaube zugleich die Liebe, denn die Lebensgemeinschaft der Glciubigen mit Christo und dem Vater ist eine Gemeinschaft der Liebe. Liebe aber ist Le- ben, im Haße ist der Tod (lll, 14 fl.). Des Vaters Liebe, die in Christo erschienen ist, hat uns das Leben gegeben (lV, 9 sl.), indem sie selbst sich uns mitgetheilt hat. Wie wir auch immer das ewige Leben nach seinen einzelnen Gestaltungen und Wirkungen betrachten, als Freude (V. 4. Seh. 15, 11. 1'7, 13), Frieden (14, 27), Hoffnung (1Il, 3), Wahrheit und Freiheit (Joh. 8, 32. 36. 16, 13), oder Herrlichkeit (17, 22), immer ist es nur Christus, in welchem dies Leben ist und durch welchen allein es vermittelt wird. Christus giebt das Leben (10, 28. 17, 2sl. 21 sl.), weil er sich selbst uns giebt; er selbst ist das Brod des Lebens (6, 35. 48), das lebendige Brod, welches uns das Leben giebt (6, 33. 51). Und weil er sich uns giebt durch seine Worte, welche den Glauben er- wecken, so sind auch seine Worte ewiges Leben (12,51. 6,65. 68), sie sind die realen Träger desselben. Aber die Worte Christi sind, gleichwie sie Leben sind, auch Geist (6, 63), denn das Princip des Lebens, welches durch Christum den Gläu- bigen gegeben wird, ist Geist (3, 6 fll.), der heilige Geist (1Br. M, 24· IV, 13), der vom Vater ausgeht, den Christus vom Vater sendet (Joh. 16,13fl.), der in Christo selbst blei- bend ist (1, 32)z denn was der Geist den Gläubigen giebt, Erkenntnis, Wahrheit, Freiheit, ist ewiges Leben, ist alles das, was in Christo ist. Der Geist nimmt es von dem, was Christo gehört, denn alles, was des Vaters ishhatder Sohn (16, 14fll.), welchem ja der Vater das Leben in ihm selbst zu haben gege- 56 lJoh. l, l—4. ben hat. Darum ist auch das ewige Leben, das Leben Christh welches in den Gläubigem kraft ihrer realen Gemeinschast mit Christo (15, I sit. Vgl. Gut. Z, 20), in heiligen Worten steh darstellt, von ihnen fruchtbringend ausgeht, als ein lebendiges Waßer ausströmt s4, 14), es ist der heilige Geist (7, 38), der in den Gläubigen Früchte des ewigen Lebens schafst(Vgl. Gals 5, 22 s·l.), und welcher in seiner lebendigen Wirksamkeit das stets gegenwärtige Zeugnis ist, daß die Gläubigen in Christw des ewigen Lebens theilhastig sind (1 Br. IlI,24. IV, 13. Vgl. Röm. 8, 2. s. 16). Der heilige Geist, welcher durch Christum, durch sein lebendiges Wort gegeben wird, ist also das Princip des ewi- gen Lebens in den Gläubigem Aber dies Leben muß erst noch vollendet, die Freude im Geiste muß immer mehr erfüllt wer- den (V."4), insofern erscheint das Maß des heiligen Geistes G» im) »oui«. W, 13), welches den Gläubigen im irdischen Leben gegeben wird, erst als das Unterpfand (vgl. 2 Cor. 1, 22. 5,5) des vollendeten Lebens, welches wir hoffen (1 Ich. lll,2 sl. Vgl. Hebt. 1I,1). Denn die Entwickelung des ewigen Lebens in den Gläubigen bis zur Volleudung, bis zu dem vollen Schauen Gottes, betrachtet Johannes als eine continuirliche, organische, das heißt wahrhaft ethisch. Damit berühren wir die dritte und letzte Offenbarung des ewigen Lebens in Christo, als dem Logos, dem Sohne Gottes. Er ist, in ihm ist das ewige Leben des Vaters, weil er, der Schöpfer und der Neu- schöpfer, auch der Vollender der Welt ist. Er ist auch die Auferstehung (Joh.11,25), er erweckt, wie der Vater, die Todten (5, 2I. 6, 40. 57), wer an ihn glaubt, wird leben obgleich er stirbt, denn über das Leben Christi, welches auch in den Gläubigen vorhanden ist, hat der Tod keine Macht (14, 30). Weil Christus Welt, Tod und Teufel überwunden hat, so hat auch der Gläubigtz der ja in realer Lebensgemein- schaft mit Christo selbst steht, alles überwunden, was dem ewigen Leben entgegensteht, wie die Sünde (1 Br.lll, 9), die Welt und den Fürsten der Welt (Il, 13. IV, 4 fl. V, 4 sl.), so den Tod (Joh. 5,24 fl. 8,51. 14,19). Das wirkliche Leben 1 Seh. i, 2. s. 57 Christi ist in dem Gliiubigen vorhanden, Christus selbst in ihm und er in Christo, deshalb kann der Gläubige nicht sterben, sondern schon vor dem leiblichen Tode ist er über den Tod hinaus, aus dem Tode zum Leben durchgedrungen (5, 24). Der Gläubige muß, weil er Christum hat, leben wie Christus lebt, muß seins wo Ehristus selbst ist (14, 1 sll. 17, 24 sll.). Die Glaubigen bleiben in Christo, in welchem sie auch in ih- rem irdischen Leben sind. Das Wesen des ewigen Lebens ist vor und nach dem leiblichen Tode dassclbe. Es ist hier und dort wesentlich dieselbe Herrlichkeit, die Ehristus, der Fürst des Lebens (Vgl. AG.3,15), den Gläubigen schon auf Erden gegeben hat und die sie einst sehen sollen (Ioh. I7, 22. 24). Auch der Glaube, die Erkenntnis Gottes und Jesxi Christi ist das ewige Leben (17, 3), gleichwie die vollendete Erkenntnis, das unmittelbare Anschauen Gottes, aus welches die Hoffnung der Kinder Gottes geht (1 Vr.IlI, 2 sl.). Es ist wesentlich auch dieselbe Liebe, welche hier und dort die Gläubiger: mit Christo verbindet und das ewige Leben in srch hat (1 Cor.13,8. 13). V. Z. d« åwgosnorzrsn neri Hishi-Harren, sisroeyyäMorissi Am» II«- smi ihres; non-»wir«- åjzeyre Fels« esse-das« sie-i sI note-um«» ei? eJ esxisråpee »Er-L Tor? nor-speis- noci gis-ro? rot? vier? ais-rot? Texas-II Ich-grad. Das Leben ist erschienen, so hatte der Apostel V. 2 ge- schrieben; und wie er schon in jenem Verse auch seine vollgiil- tige apostolische Zeugenschast und den auch von ihm fortwäh- rend geübten Dienst der Verkündigung an die. Gemeinen auf jene Offenbarung des Lebens, d.h. des Logos oder des Soh- nes Gottes im Fleische, gegründet hatte, so sagt er nun, in- dem er in den V. I. begonnenen Gang der Rede wiederein- lenkt, sich enge an die V.2 dargelegten Momente anschließend: »was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir Euch« Es tritt aber eine Zweckbestimmung"(E»4-u) hinzu, welche, indem sie die Leser des gegenwärtigen Briefes aus der ganzen Masse derer, an welche die gemeinsame, auch dem Johannes obliegende Verkündigung der Apostel fortwährend ergeht, her- aushebt (-:al ikzikse —»Z«J’ sJx«cö-), schon das unmittelbare· 58 1 Ich. i, l 4. persönliche Verhältnis zwischen dem Briessteller und seinen Le- sern, welches in V. 4. bestimmt hervortritt, vorbereitet. Dies leuchtet freilich nur dann ein, wenn man das sie-i eines; rich- tig versteht, nicht wie Socin, Episcopius und Bengel. Diese Ausleger erklären nämlich nat ekzcesg in Verbindung mit »O« est-ass- so, als ob die Leser mit den Aposteln verglichen würden Und die nor-unwie- nicht dutch das »e-9««ej«uuJI- be- stimmt würde, sondern als starr-mer«(- xcesrci I. non-g. wol» zu faßen wäre. Socin umschreibt sie-d« »Er-ais- durch sicut ei nos habe-mirs; Bengel sagt: communionem Sande-m, quam aos. Die Meinung ist also diese: damit auch Jhr mit uns, d. h. gleich uns, Gemeinschast (nämlich mit dem Vater und Christo) habet. Es bedarf keines Beweises, wie sehr diese Auslegung sowohl dem einfachen Wortlaute als dem klaren Zusammenhange mit dem unmittelbar Folgenden zuwider ist. Denn die note-»wic- «»e-J’ esse-Se- wird ja sogleich unzweideu- tig ej »aus. »« ssxeesedgos genannt und ihrem Wesen nach als eine nun« »Es-et se. merk. setz. beschrieben. Der Apostel sagt, wie wir schon oben auszuführen Gelegenheit hatten: auch Ihr, wie andere die durch unsere apostolische Verkündigung in die Gemeinschast mit uns gezogen sind, sollt mit uns Gemeinschaft haben. Denn das ist (Joh.17, 20 sll.) das Ge- setz, nach welchem das. Reich Gottes sich ausbreitet, daß sich zunächst um die Apostel, als den von dem Herrn selbst ge- pslanzten lebendigen Stamm der Kirche immer mehr Gläubige schaaren *). Freilich aber handelt es sich dabei nicht in der V) Luther (2. AUIIJ erläutert detl Begriff Jenes-merk« so: »in-«. be: deutet eigentlich eine gemeinschastliche Nießung, deren ihrer viele gleiche Theile haben, keiner mehr, denn der andere. Es ist demnach die Frucht und Nutzen dieser Verkündigung die Gemeinschast, die auf Grund der Hprophetctrund Apostel erbaut ist (Ephes. A, 19 fl.). — Die Apostel bedienen sich öfter dieses Wortes Erbauung. Und es liegt auch darinnen cin schönes Gleichnis Jn einem Gebäude sind alle Theile, sie bestehen aus Holz oder Steinen, ordentlich in einander gefügt. Bei dieser geistlichen Erbauung sind nun die Baumeister Lehrer und Predigerz diese bearbeiten die Steine, daß sie glatt und eben werden. Sie reinigen die Herzen mit dem Wort; sie wohnen »unter einem Gezelt, sich vor Hitz und Frost zuverbergem Keine Versuchung 1Joh. I, Z. 59 Weise um die Gemeinschaft mit den Aposteln, als ob diese an sich das eigentliche Wesen der Sache und der letzte Zweck wäre; vielmehr ist diese menschliche Gemeinschaft nur die organische Vermittelung der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne. In diesem Sinne fährt der Apostel fort: Und unsere Ge- meinschaft aber ist die Gemeinschaft mit dem Vater und feinem Sohne. Das ist der Grund, weshalb auch an Euch unsere Predigt ergeht, damit auch Ihr mit uns Gemeinschaft habet. Es giebt nirgends anders eine Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne, als in der Gemeinschaft mit uns· Diesem Zusammenhange zwischen dem non-Opfe- xtesf Hans» und dem sJ new. ej Heer. »Es-ei T. nor-sp- WL entspricht auf eine äußerst feine Weise die ächt classische (Kühner il, 433) Verbindungsformel imå —— W, in welcher zugleich eine ein- fache Ansügung und eine Gegensetzung ausgeprägt erscheint. Es ist deshalb ebenso ungeschickt, wenn man, wie zu unserer Stelle Socin, Grotius und Episcopius thun, das uns für überflüssig erklärt, als es willkührlich ist, wenn man ent- weder das Es oder auch das nat geradezu ausgelaßen hat (vgl. Lachmann zu V. 3 und zu Ioh. S, 51. 8, 17. 15, 27). Schon Erasmus hat das sIohanneische see-l — d? treffend durch et——vero wiedergegeben, und die neuern Exegeten ha- ben, besonders seit Lückes Vorgange, den usnverkürzten Sinn der beiden Partikeln in ihrer Zusammensetzung zu erläutern gefucht. Lücke sieht in jener Formel »eine näher bestimmendtz verstärkende Bedeutung (et ver-o, et vero cui-Im, aber auch, auch andrerseits)«, und umschreibt unsere Stelle also: »damit Ihr Gemeinschaft haben möget mit uns: aber (nicht mit uns nur, sondern ——- Ihr wisset) unsere Gemeinschaft mit einander ist zugleich auch die mit dem Vater und dem Sohne« Al- isi ihnen so groß, daß sie dieselbe nicht überstehn solltem Und wie ein Eck- stein dazu dient, daß die Lasiwagen und anderes Fuhrwerk dem Hause keinen Schaden thun kann, so wird das Übel, das Satan und die Welt diesem geistlichen Bau drohet, durch Christum abgewendet und unsere Wohnung bei dem Vater in Sicherheit gesetzt« Den »Ecksteiu« werden wir anders, so wie es oben (S. 45) geschehen ist, zu deuten haben. 60 1 Ich. I, 1—4. lein das voranstehende see-ei gehört nicht sowohl innerlich (»auch«) zum Prädikat» als ob geschrieben wäre-J zwei« ei? s) »Ist-keep« see-ei »Es-ei Er. einen» sondern dient vielmehr dazu, den Sub- jectbegriff (sj see-». »« »Im-«) selbst, welcher durch ·jenes Prä- dikat weiter bestimmt werden soll, an das Vorhergehende an- zukniipfen Johannes hatte eben von eine: »Gemeinschaft mit uns« geredet; jetzt will er diesen Begriff weiter erläutern, des- halb fährt er fort: »und unsere Gemeinschaft ——«; der neue, erklärende Gedanke selbst aber bildet zugleich einen gewißen Gegensatz gegen das vorher Gesagte: unsere Gemeinschaft aber ist *) nicht sowohl die Gemeinschaft mit uns, als viel- mehr diemit dem Vater und dem Sohne. Daher, neben dem sie-ei, das elli- Unserer Stelle völlig parallel sind die Worte des Herrn Joh. 6,51: see-i ei dienen; efz Js- åyoi einige« s; ewig; ,e«)e- Sack» see-l. Es war von einem Brode geredet, welches das ewige Leben geben sollte. Christus hatte sich selbst als jenes Brod bezeichnetz aber noch weiter, genauer, in ge- wißer Weise beschränkend soll das Wesen dieses Brodes be- schrieben werden. Darum dient zunächst das see-i dazu den geraden Faden des Gedankens ankniipfend weiter zu führen, den Hauptbegriff »Brod« festzuhulten (s«xi e; eiigeoc —); weil aber zugleich die nun folgende Erläuterung, was jenes Brod sei (øJ aeigg »or- åoei--), einen gewißen Gegensatz. zu dem vorher Gesagten Gyas ei» e; ais-sog e? Hör-e; Z« rmJ ersparen) nasse-Any) enthält, so tritt neben das see-ei ein efxs Ähnlich ist auch die Stelle Jvh. S, IS, wo in dem ern-Z Bei» sein«-«» Je? åyai wenigstens der vorhergehende, nun weiter zu erklärende Begriff syai or? reife-e» erkläre: festgehalten wird, aber doch das sen; nicht sowohl als das einsache »und« zu dem nachfol- genden ei? gehört, sondern vielmehr, mit sei» verbunden, das *) »Jst« sagen wir, weil durch das «: — ckk der ganze Satz «; H »so-is. — xgsseieexsi als eine für sich stehende Erläuterung eingeführt und der Nachwirkung des vorangehenden I« entzogen wird. Falsch erklären da- her, nach dem Vorgange der Bulgatcy Augustin, Beim, Erasmus, Luther, Grotins u. a.: et socielas (veko) nostra sit. Das Richtige haben schon Episcopius und Bengel. « 1 Ich. I, s. 4. 61 d? allein als die Partikel erscheinen läßt, welche das logische, Uämkkch M« gegensätzliche, Verhältnis des Satzes zu dem Vor- hergehenden bestimmt: »ich richte niemand, aber wenn ich auch richte, so —.« Ganz mit Unrecht wird aber von Lücke und de Wette die Stelle Joh. 15, 27 als Beispiel der ei- genthümlichen Zusammensetzung von smi —- ckss angeführt. Hier ist nat das reine »auch«, welches auf das innigste mit dem Leier; zusammengehört, während durch das II, »aber-«, der reine Gegensatz zwischen dem heiligen Geiste, welcher von Christo zeugen wird, und den Jüngern, welche auch zeugen sollen, markirt wird (»aber auch Ihr seid Zeugen-O. Woll- ten wir unsern V. 3 nach dieser Stelle im Evangelio erläu- tern, so würde sich der ganz verkehrte Sinn ergeben: aber auch unsere Gemeinschaft (wie gewiße andere) ist die Ge- meinschaft mit dem Vater und dem Sohne. Ähnlich wie mit Joh. 15, 27 verhält es sich aber auch mit 8, 17, wo ein ganz neu hinzukommender Begriff («ai s» ca? »e5,««·«) eben als solcher durch das nat »auch« markirt wird, während ei- gentlich das cis, welches wiederum nicht unmittelbar zu dem isai gehört, den ganzen Satz trägt: »aber auch in Eurem Gesetze ist geschrieben« B. 4. Kaki scoetJsm Weis-Justiz» 1J,c«’1-, Ia«- oJ zapoi Wes-II- JJ srsnäøygapxräpsp So lautet die Rest-Pia, welche, auf gute Zeugnisse ge- gründet und dem Zusammenhange am besten entsprechend, von Wetstein, Griesbach, Matthäi und Tischendorf ge- billigt, und von den meisten Auslegerm neuerlich von Lücke und de Wette, vertheidigt ist. Anstatt-»Ja»- hatLachmann, nach B, in in seiner kleinen Ausgabe des N. T. Wiss; ge- schrieben, und das Freud« hinter xokpos beibehalten; in der großen Ausgabe aber hat er: ygoigp Qui» ——- zagck ehre-In, wie schon Mill in seinen Text setzte. Sowohl das Wiss? als das wies-J«- des Cod. B scheint durch die Nachwirkung des ,««s-J-’ øjxcaisi und ofzssräga V. 3 entstanden zu sein; allein gerade der innere Parallelismus, in welchem V. 4 mit V. 3 steht, schützt die gewöhnliche Lesart Wir verkündigen Euch, da- 62 1 Joh. I, 1—4. mit Ihr mit uns Gemeinschaft habet -—; wir schreiben Euch, damit Ihr vollendete Freude habet. Wie der gegenwärtige Brief Praxis» ypoiqw II»- —— denn das was» kann natürlich nicht auf V. 1—3 beschränkt, sondern muß von dem ganzen Schreiben verstanden werden) eine Bethätigung des vollapo- stolischen Zeugenthums, gleich der mündlichen Verkündigung ist, so ist auch der Zweck wesentlich derselbe. Denn die Freude, welche durch das apostolische Schreiben vollendet werden soll, ist, nichts Anderes, als eine eigenthümliche Erweisung der Le- bensgemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne, in welcher die Gläubigen durch das Wort, welches Christum, das ewige Leben, predigt, immer vollcr und tiefer begründet und befestigt, wie anfänglich in dieselbe eingepflanzt werden. Das Moment der Freude, zeig-ei, hebt der Apostel aber deshalb hervor, weil ihm das briesliche zatgmi im Sinne liegt. Der innige Zu- sammenhang unsers V. 4 mit den vorigen, besonders die we- sentliche Verwandtschaft der christlichen Freude mit der V. 3 genannten Gemeinschaft, welche auf der Verkündigung des Le- bens (V. Z) beruht, ist keinem Ausleger entgangen, selbst de- nen nicht, welche, wie besonders Socin, und nach ihm Gro- tius und Episcopius den Tiefsinn des Johannes nicht verstanden und den ethischen Realismus seiner Anschauung mehr oder weniger verslüchtigt haben. Die drei genannten Ausleger treiben sich in diesem Gedankenkreise umher: es giebt keine Freude im Leben, so lange die Furcht vor dem gewißen Tode nicht überwunden istz diese wird aber nur überwunden durch die Hoffnung der Unsterblichkeit und eines künftigen seli- gen Lebens, eine Hoffnung, welche durch ein heiliges Leben, wie es in der Gemeinschaft mit Gott geführt wird, bedingt ist. Weil nun die apostolische Predigt den Glauben, mithin den Eintritt in jene Gemeinschaft vermittelt, ein heiliges Leben fordert und die Hoffnung an Unsterblichkeit enthält, so kann diese Predigt, wie sie ein Wort des Lebens heißt, auch als Ursache der chrisilichen Freude angesehn werden. Jn diesem Sinne umschreibt Socin unsern V. 4 also: Propterea liaec ad vos scribimus, i. e. vos ad vor-am sanctitatem horlamutz I Seh. I, 4. 63 ut bestem iknmokialitaiem consequaminh et sie nunc quieiem ob spem tin-sum, postea vero ob certam possessionem hu— jus summi dem, gaudium vestrum sit plenum atque absolu- tutn. Richtig ist in dieser ganzen Erklärung «) nur der exe- getische Takt, welcher auch dem Socin die innerliche Ver- bindung des Begriffs »Freude« mit dem, was V.3 und V.2 über die christliche Gemeinschaft und das Leben, als den Jn- halt und das Ziel der apostolischen Verkündigung gesagt war, fühlbar gemacht hat. Die Sache selbst aber hat Socin nicht verstanden. Treffend hat schon Augustin die Mei- nung des Apostels in den kurzen Worten angedeutet: gauciiucn plenum in ipsa sooft-rate, in ipsa citat-inne, in ipsa unitatex Das Gemeinschasthaben selbst (V. Z) enthält die Freude der Gläubigenz denn jene Gemeinschaft schließt den wirklichen Besitz des ewigen Lebens in Christo ein. Darum ist die Freude des Gläubigen geradezu die Freude Christi selbst (Joh. 15, 11. 17, 3), an welcher der Gläubige, so gewiß er Christum selbst hat, theilnimmt oder, wie Paulus sagt, eine Freude im Herrn (Phil. 3,1. 4, 4). Der volle Grund und der wesentliche Jn- halt dieser Freude ist deshalb das ewige Leben nach seinem ganzen Reichthum, soweit es wirklich unser eigen geworden ist. Der Frieden der Versöhnung, das selige Bewußtsein der Kind- schaft, das fröhliche Wachsen in der Heiligung, die heitere Aus- sicht in die künftige Vollendung und Herrlichkeit —— das alles sind nur einzelne Momente dessen, was nach seinem ganzen Umfange mit einem Worte das ewige Leben heißt, dessen rea- ler Besitz unmittelbar unsere Freude erzeugt. Wir haben Freude, «) Diejenigen Auslese» welche derLesart Zug-J siws und der Vul- gata Gaudium nostra-n, mit der Variante ut sauste-Iris« et zaud- nostr- VgL Lachmann) gefolgt sind, wie O ecumenius und Theophylart mit dem Scholiasten 1l, und Beda, verstehen die Freude oder die Mit: freude der Lehrer an den Hörerm So sagt Beda, mit Berufung auf PhiL T, 2E: Gaudium tioctorum sit pleuum, cum multos pkaedicando at! sauctae ecclesiae societatem -—· perducunt Und Theophylarh pfui-·« yssp Ort» zsosssausorissrms »Ach-re» Zhzoxrkp risi- zuycsp sur-II, F» Tote« sey-citat; Z zuckt» array-Je Z» TZJ Tor? use-Bat? ist«-sahst»- BFAESIICZH zur— gönn» neu« Ton-«« Z» ist-«»- nösssw arise-J» cknoäariovuk 64 1 Ist» I, 1—4. Christi Freude, weil wir selig sind, weil wir in Christo das Leben selbst haben *). Wenn nun aber, wie wir oben sahen, der Glaube es ist, durch welchen das Leben Christi, also auch die Freude Christi, unser wird, so verstehen wir auch, warum Paulus von einer "Glaubensfreude (Phil. l, 25) redet. Und ferner, wenn das Princip des durch Christum in uns gepflanz- ten ewigen Lebens, der uns mitgetheilte heilige Geist ist, so daß wir an dem Maße dieses Geistes merken, daß wir Leben, daß wir Christum selbst in uns haben (III, 24. W, 13), so ist unsere Freude eine Freude im heiligen Geiste (Röm. 14, 17), der ja selbst ein Tröster, ein Freude- und Friedebringer ist (Joh. Ist, 25 sit. l Br. It, 28. M, 19 sll.), und unter dessen Früchten daher auch die Freude genannt werden muß (Gal. 5, 22). Hieraus ergiebt sirh auch, weshalb der Apostel von der Erfüllung, der Vollendung der christliehen Freude redet. Weil das ewige Leben im Gläubigen nicht auf magische Weise wie mit einem Schlage fertig ist, sondern in heiliger, ethischer Entwickelung, unter beständigen Hemmungem harten Kämpfen und bittern Schmerzen stch entfaltet und vollendet, so hat auch die christliche Freude ihre Trübungem ihr Wachsthum und ihre immer reichere Erfüllung (Vgl. 1Petr. I, 2. 2 Pein l, 2). Vortrefflich hat Luther (Sch01ia. ed. Bruns. Lob. 179»1) die lebendige Entwickelung dieser Freude beschrieben: pkinojpium hujus gaudji est, quutn incjpimus creclerez Posten, quum titles quotidie augescit means-inne, der-euch, studenci0, tum iit plenum gaudium « Soweit der Eingang des Briefes. Wir haben versucht, die apostolischen Gedanken, deren sprudelnde Fülle zu Anfang wenigstens nur mit Mühe einen ebenmäßigen Gang innehält, auszulegen; aber das volle Licht eines anschaulichen Verständ- nisses sällt erst dann aus jene ersten Verse, wenn wir auch die lebendige Beziehung derselben erkennen. Wie kömmt Johan- "«) Schön sagt in diesen: Sinne Augustin sconsess X. 22) Es! enim gandinnh quer! non dnluk impiish set! eis tantum qui te gkntis colnnt, quorutn gktudium tu ipse es. Bt ipsn est beata vita gaudere ad te, de te, propter te, ipsa est et non altem. 1 Ich. I, 4. 65 nes dazu, einen so außerordentlichen Nachdruck darauf zu le- gen, daß er selbst, mit den übrigen Aposteliy die Offenbarung des ewigen Lebens erlebt, den im Fleische erschienenen Sohn Gottes gesehn, gehört, betastet hat? Zweimal versichert er (V. 2), daß das Leben erschienen sei, und, als ob das nicht stark genug betont werden könne, hebt er immer wieder seine unmittelbare Erfahrung von dem im Fleische geoffenbar- ten ewigen Leben, seinen persönlichen Verkehr mit Christo, dem im Fleische erschienenen Sohne Gottes hervor. Und wenn als der Zweck der nur auf diesem Grunde ruhenden apostolischen Verkündigung gesetzt wird: »damit auch Ihr mit uns G emein- schast habet-«, weshalb wird noch ausdrücklich erklärt, daß diese Gemeinschast die mit dem Vater und seinem Sohne, Jesu Christo sei? Der Apostel hat bei dem allen solche Menschen vor Augen, welche sich selbst aus der ächten christ- lichen Gemeinschaft ausgeschieden hatten (II, 19), weil sie die wirkliche Offenbarung des Sohnes Gottes im Fleische leugne- ten (IV, 2 sll.), welche mit dem Sohne auch den Vater (Il,22 fll.) und deshalb das Leben selber verloren hatten (ll, 25. V, 12). Es sind, wie besonders die Alten angelegentlich hervorheben (vgl. Tertulliam arise Prax- 15., Veda, die Griechen, Luther), wesentlich gnostische Jrrthümey denen gegenüber der Apostel den unerschütterlichen Grund der christlichen Wahrheit und des sreudenreichen Lebens in der christlichen Gemeinschaft, als einer Gemeinschaft mit dem Vater und dem, im Fleische erschienenen, Sohne, dem persönlichen Quell des Lebens, seinen Lesern vorhält. Der erste Haupttheil des Briefes. i, 5—I1, 28. Die Gemeinschaft »Mit uns-«, welche eine Gemeinschaft mit dem Vater und dem Herrn Jesu Christo ist, war als der Zweck der gesammten apostolischen Verkündigung, auch des gegenwärtigen Briefes, bezeichnet; denn in jener Gemeinschast I. 5 66 1Joh. i, 5—1t, 28. ist das ewige Leben, ist die Vollendung der Freude. So er- giebt sich vor allen Dingen die Frage: wie gelangt man zu jener freudercichen, lebensvollen Gemeinschaft? oder vielmehr für die Leser, die ja schon in der Gemeinschaft stehen und Freude haben: wie bleibe ich, wie wachse ich in jener Gemein- schaft, daß meine Freude vollendet werde? Dieser Zusammen- hang der Gedanken ist an und für sich so einfach und auch in den Worten des Apostels so klar ausgeprägt (man beachte den einfachen, durch das bloße «; angedeuteten Fortschritt, die Zurückbeziehung des Begriffs you-wofe- V.6 und 7. auf V.3, das innere Verhältnis zwischen ej ist«-kä- smL V. 5 und dem, was V. 1 sll. über das apostolifche, auf das Gehörthaben ge- gründete Verkündigen gesagt war), daß es keinem Auslegey welcher überhaupt einen- lebendigen Zusammenhang und eine organische Entwickelung im Gedankengange zu erkennen gesucht hat, entgangen ist, wie der Begriff der Gemeinschaft mit Gott es ist, durch welchen die Bewegung der Gedanken hindurch- geht. »Was er vorhin eine Gemeinschaft genannt, sagt Luther, das stellet er nun als ein Licht vor.« Deutlicher und schärfer urtheilt Calvin, daß Johannes nun die nothwendige Bedin- gung darstelle, unter welcher wir mit dem Vater und dem Sohne Gemeinschast haben, die nämlich, daß wir Gott, der Licht, der rein und heilig ist, ähnlich seien fjustjtia et seinen— iaie conkormes — illam ergo sooieiatem aliter non constan- quani si n0s quoque pur-i et Zwei-te· simus). Ähnlich reden Augustin, Oecumenius, Episropius, Calov, Wolf, Baumgarten-Crufins, u. a. Und man darf, so scheint uns, ohne die Einfachheit und Lauterkeit der Entwickelung zu trüben, weder mit Lücke den Zusammenhang durch den an sich ganz richtigen Gedanken motiviren, daß ,,jeder Mangel an « Eifer in der sittlichen Heiligung genau zusammenhcingt mit einer theilweifen Verdunkelung und Abgesiorbenheit der Jdee der Heiligkeit Gottes-«, noch mit de Wette» in der Verwir- rung der Zeit die Veranlaßung suchen, weshalb der Apostel nöthig gefunden habe, an das Wesen jener Gemeinschaft zu erinnern. Durch Lückes wie durch de Wettes Bemer- 1Ioh. l, Z. 67 kung kömmt ein fremdartiger Ton in die einfache Harmonie der johanneischen Gedanken, deren inneres Leben selbst, ohne irgendeine erkennbare Veranlaßung von außen her, in den vorliegenden Gang der Entwickelung treibt. Jst in der Ge- meinschaft mit dem Vater und dem Sohne das Leben und die volle Freude, und will der Aposteh daß seine Leser diese Ge- meinschast mit den Schätzen, die darin sind, haben, so muß das Wesen und die daraus sich ergebende Bedingung dieser Gemeinschaft dargestellt werden. Darum heißt es im ersten Theile des Briefes: »Gott ist Licht-«; also nur dann haben wir mit Gott Gemeinschaft, wenn wir im Lichte wandeln wie Gott Licht ist, wenn wir alle Finsternis in uns verleugnen und vertilgen, wie in Gott keine Finsternis ist. Deshalb heißt es weiter im zweiten Haupttheile: »Gott isi gerecht«z also nur wer die Gerechtigkeit thut ist in seiner Genreinschafh ist aus ihm geboren, sein Kind. »Gott ist Licht« und »Gott ist ge- recht-«, das sind die beiden Hauptsiitzh um welche sich die Pa- raklese des Briefes durchaus dreht, zwei Sätze, die einander ebenso wesentlich verwandt sind, als sie gleicherweise darstellen, woraus die Gemeinschaft der Christen, die zugleich die Ge- meinschast untereinander und die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne ist, beruht. Daher der palillogische Charakter des Briefes und der innere Parallelismus der beiden Haupt- theile. Der Hauptsatz, das Thema, des ersten Hauptiheiles (l, 5——1I,·28) wird B. 5 an die Spitze gestellt: V. 5. Icai usw; Eos-is- JJ oiyysäia F» ein-Insowei- »Ja' teuren) noei oiwoeyyääloxrsp Ist-IV, Z» c; Gen; rpusg Eos-is- noei also-sto- åp emsig? ins« sit-«» MADE-»Ja. Was zunächst den Text anlangt, so sindet sich in guten Handschriften und bei Kirchenvätern eine Umstellung der Wör- ter ais-»; sei-cis- in Herz» wäre» die aber, für den Sinn irre- levant, der johanneischen Schreibweise nicht zu entsprechen scheint (lll, 11. II, 25. lll, 23. IV, Z. V, 11. 14. Vgl. Ioh. 17,3.). Wichtiger ist die Frage, ob das recipirte ZJIayYsZJoH das auch Erasmus und Beza haben, mit Mill und Wet- stein im Textezu halten, oder mit Griesbach, Matthäh ZU- 68 1 Ich. i, 5 —n, 28. Lachmann, Tischendorf statt dessen oiyyszfa aufzunehmen sei, oder endlich ob wir uns mit Socin, H. Stephanus und Episcopius zu der Correctur Haus«-site, welcher auch Lücke geneigt ist, entschließen sollen. Das Letzte weisen wir zuerst ab, denn so leicht auch an sich eine Verwechslung von Este-». und ein-»F« erscheint, deutet doch nicht die leisestc Spur darauf hin, daß ursprünglich im Texte ein Wort gestan- den habe, welchesweder bei Johannes noch sonst im ganzen N. T. sich sindet. Alle äußern und innern Kriterien sprechen für die Lesart oZyYSAJoH ein Wort, welches sich auch til, 11 als richtige Lesart, wiederum mit der Variante åsrayyxzlm sindet. Dort wie an unserer Stelle ist das falsche sang-g« aus il, 25 zu erklären, wo es in der Bedeutung steht, welche es im N. T. überall hat: »Zusage, Berheißung.« Nirgends aber im N. T. bedeutet åsinyyezfn ,-Ankündigung«, weder 2Tim. I, l, eine Stelle, in welcher Lücke diese Bedeutung zu statuiren geneigt ist (vergleiche aber Huther zu d. St.), noch AG.23,21 (vgl. Meyer und de Wette zu d. St.), noch gar in den angeführten Stellen unseres Briefes III, II (Va- riante; s. o.) und II, 25, wie de Wette (vgl. S. G.Lange, Carpzov, Paulus), auf den classischen Sprachgebrauch ge- stützt, vermuthen möchte, indem er urtheilt, daß an unserer Stelle die Lesart ckyysiin eine erleichternde Correctur des au- thentischen, gerade hier und vielleicht in den andern Stellen des Briefes als »Ankündigung« zu erklärenden ånocyyszfoe fein könne. Schon Er»asmus, welchem das ånnyyezia im Texte sehr unbequem ist, und Socin, der sich über Beza wundert, daß er sue-»die« im Texte behalten und doch nun— cium übersehe, haben den konstanten Sprachgebrauch des N. T· richtig gewürdigt. Wenn åsrnyyszfa als richtige Lesart, da- gegen oiyysziu als erleichternde Correctur in de Wettes Sinne erschiene, was aber schon nach der überwiegenden Auctorität der Zeugen nicht der Fall ist, so müßten wir mit Ealvin, S. Schmidt, Calov, Wolf, Augusth u. a. das Wort auch als »Verheißung« erklären und etwa mit Calovius sagen: non jubemuk tanium in luce ambulare a(- muniiari l Ioh. l, 5. 69 sanguine Christi, set! utriusque etiam gkatia nobis promit— illa-«, illius pdk spikitus sancti illuminatiouetttz hujus per« ex— piationis Christi applioationemz quia utkaquo fruimuk per heatam cum Deo et Christo oommuui0netn. Aber abgesehen von der vollen Beglaubigung der Lesart oiyyezc«a, abgesehen von der Schwierigkeit das Wort Seraph-site» in seiner unzwei- felhasten Bedeutung ungezwungen zu erklären, liegt im Texte selbst ein feines, aber deutliches Zeichen für die Richtigkeitdes ciyys2i"oi. Dem oiyysäicr Es» sinnt-dokter- ist nämlich cor- relat des oiwayyäixoxsks thun, dessen Sinn Erasmus treffend umschrieben hat: quod tilius rannnucjavit a parte, hoc: apostolus aoceptum a iilio renunoiat nobis. Das ais-- ayyäzzszp bezeichnet nämlich im Unterschiede von oknayyåzs ier« dem bloßen «weg-, hinverkündigem aussagenth kraft des cis-ei, welches eine gewiße Gegenbewegung und innere Be- ziehung andeutet, das »hinwiederverkündigewsdessen, was man selbst durch die Verkündigung Why-eitler, xivrayyezfod eines Andern gehört hat ais-Anders» disk-« aus-J. It! diesem Sinne sindet sich das away» bei Johannes im Evang 16, 13—15., wo gesagt wird: der heilige Geist wird Euch ver- kündigen, seinerseits wiedersagen, kenunciahit, was er hört, was er von dem Meinen nimmt. Johannes scheint überall den feinen Unterschied zwischen ais-up« und ein«-H. wohl zu beachten; denn auch in Stellen wie Joh 4, 25. 16, 25, wo die Lesart schwankt, ist, wenn die Lesart «’-o»-;-. den Vorzug verdienen und, das einfachere eine-w. von den Abschreibern vielleicht deshalb gesetzt sein sollte, weil sie die eigenthümliche Bedeutung des away-«, welche dort allerdings nicht so klar wie an unserer Stelle vorliegt, nicht verstanden, doch die signisccante Beziehung des »Er-ex»- wohl zu erkennen. Das eine Mal (4, 25) liegt sie darin, daß der Messias, also der Bote, der Ofsenbarer Gottes es ist, welcher kömmt, gesandt wird und wiederverkündigt, was er selbst, der Prophet Gottes, von Gott vernommen hat. Auch in der zweiten Stelle erscheint Christus, welcher über den Vater aussagt, als der, welcher was er vom Vater gehört, gesehn, erfahren hat, wiederum Eos-»Hm» copy 70 l Ich. l, 5—ll, 28. kund macht; er ist ja als der Logos Gottes die persönliche Offenbarung dessen, was im Vater ist, der Abglanz seiner Herrlichkeit. —- So sagt nun der Aposteh indem er mit dem einfachen m« an das Vorhergehende anknüpst: »Und dies ist die Botschaft, welche wir von ihm gehört haben, und wiederum Euch verkiindigen.« Keil bedeutet weder gib» wie Beza meinte, noch O, wie Episcopius, der den Beza tadelt, lieber wolltez sondern ebenso einfach wie Johannes V. 4 an V.1——3 angeknüpft hat, indem er den vorliegenden Brief als eine Bethätigung seines apostolischen Zeugens, gleich der fort- laufenden miindlichen Predigt, bezeichnete, fährt er auch jetzt, indem die V. l 4 angekündigte schriftliche (V. 4), aber volle apostolische Verkündigung (V. 1—3) beginnt, fort: «; ais-«; sent» s; ksyyszfa sitz. Hatte der Apostel oben gesagt, daß er das erschienene Leben selbst, welches auch er gesehn und ge- hört habe, verkündige, und hatte er also die Person des Herrn als den absoluten Grund aller seiner Predigt, die Kunde von jener persönlichen Ossenbarung des Lebens als den Jn- halt, als die gemeinschaftbildeirdh freudereiche Kraft alles avo- stolischen Zeugnisses bezeichnet, so faßt er jetzt, da die eigent- liche briesliche Verkündigung an die Leser, welche den Herrn schon kennen, beginnt, das ins Auge, was er, als Apostel, von dem Herrn selbst gehört, die Botschaft, die er vom Herrn erhalten hat und seinerseits wieder mittheilen soll. So gründet sich Unser ais-AK. II» eines-sein«»- oirf ausser? auf das obige r; oZ-»7-io«a««s-; und unser oiworyyäjkäoxrkw ist«-«, mit seinem als Botschaft, oZ«-.s-l«’a, gedachten Objekte, entspricht dem obigen oinayyözzozceia als dessen Objekt das im Fleische erschienene Leben selbst, das was von Anfang an war, aber persönlich geofsenbart, sichtbar, hörbar, tastbar erschienen ist, bezeichnet wurde. So schließt stch V. 5. ebenso einfach als innig an V. 1—4 an und wächst» gleichsam daraus hervor. Dieser organische Zusammenhang giebt uns aber auch die sicherste Anleitung zu dem richtigen Verständnis des hier Gesagten. Zunächst ergiebt sich, was kaum einer weitern Bemerkung bedarf, aus dem innigen Verhältnisse, in welchem V. 5 zu Eva-»Hm» copy I Ich. l, Z. 71 V. I sit. steht, wie aus dem einfachen Wortlaut die Noth- wendigkeit, das ein« arise-J allein auf Christum zu beziehen. Es ist ganz wunderlich, wenn Socin dieses sisf ais-or? a Deo et Christo (V. Z) d. h. a Deo per— Christum deutet, um nur Christum möglichst klar als den bloßen Vermittler, nicht als den eigentlichen Urheber der Votschaft erscheinen zu laßen. Von Socin ist dies Verhältnis Gottes und Christi ebenso obersliichlich und verkehrt gefaßt, als dasselbe richtig gedacht im Sinne des Johannes frch von selbst versteht. Von ihm, Christo, dem im Fleische erschienenen Sohne Gottes (V. 3), welchen der Apostel selbst gehört hat (V. I sll.), hat er die Botschaft iiber den Vater vernommen. Wir haben die Vot- schaft von ihm gehört, und wir verkiindigen sie Euch, sagt der Aposteh indem er sich, was schon Calovius bemerkthat, wie in V. I sl. die ihm mit allen Aposteln gemeinsame Er- fahrung und Aufgabe vorstellt. Der lebendige Wechsel in der Beziehung der communicativen Formen entspricht ganz der Leichtigkeit des Briefstils Jn dem Plural yxioiaioxcew V. 4 erkannten wir die bloße schriftstellerische Form, nachdem das individuelle Verhältnis des Briefstellers zu seinen Lesern im- mer deutlicher hervorgetreten war. Hier, in V. 5 hören wir den Apostel, ganz wie V. I fll. und im deutlichen Anklang an das dort Gesagte, aus dem gemeinsamen apostolifchen Be- wußtsein herausredenz und sogleich V. 6 sehen wir, wie er sich mit seinen Lesern zusammen denkt und ein allgemeines christliches Princip in dem Gefühle brüderlicher Gemeinschaft ausspricht. · Den Hauptinhalt der Botschaft, welche der Herr dcn Aposteln allen zur Verkündigung gegeben hat, faßt nun aber Johannes in die Worte zusammen: e; »Hei; pas; Hostie» ein Gedanke, der nach johanneischer Weise auch noch in ne- gativer Faßung nachdrücklich wiederholt wird: ssai onus-i» s» onirzö ori- äbsrrw est-Verein. Gott ist Licht, Und Finsternis ist gar nicht in ihm. Je klarer und tiefer wir den Sinn dieses johanneifchen Satzes an stch verstehn, um so deutlicher wird es einleuchtet« was den Auslegern Schwierigkeit gemacht hat, 72 l Joh. l, 5—ll, 28. einerseits mit welchem Rechte der Apostel jenen Satz als die Summe der ganzen Botschaft (sj oI;-;-.), die er von dem Herrn empfangen hat, darstelle, anderseits inwiefern gerade Christus, der im Fleische geoffenbarte Sohn Gottes, als der erscheine, welcher jene Botschaft den Aposteln gegeben hat. — Indem Johannes sagt »Gott ist Licht« — nicht »ein Licht«, wie Luther übersetzt ——, drängt er in einem tiefsinnigen Worte die ganze Fülle alles dessen zusammen, was er von dem ei- gentlichsten Wesen Gottes zu sagen hat. Diesem Satze »Gott ist Licht« völlig parallel, in Ausdruck und Gedankengehalh heißt es unten (lV, 8. 16): Gott ist Liebe. Freilich tritt dort, wo Gottes Wesen Liebe genannt wird, der reine Gedanke her- vor, während an unserer Stelle, wo Gottes Wesen Licht heißt, eine gewiße bildliche Färbung zu erkennen ist; aber der eigent- liche Kern des Gedankens ist beide Male derselbe. Licht und Liebe sind die reichsten Namen, mit denen Johannes das wahr- hafte Leben Gottes bezeichnen kann, weil sie am treffendsten die Ethik des Gottesbegriffs ausdrücken. Dieses wesentlich ethische Temperament des johanneischen Gottesbegriffs beurkun- det sich augenfällig in der Art und Weise der Paraklese, welche sich von jenen Sätzen aus »Gott ist Licht, Gott ist Liebe-«, entfaltet. Wenn das Leben der Gläubigen die Gemeinschaft mit Gott, die wirkliche Theilnahme am Leben Gottes, die thatsächliche Darstellung des ewigen Lebens ist, das im Vater ist und im Sohne uns geschenkt wird, so ist das Leben der Gläubigen ein Leben in der Liebe, weil Gott Liebe ist, so bleibt der in«Gott, welcher in der Liebe bleibt (IV, 16 fll.), und so beruht unsere Gemeinschaft mit Gott, der Licht ist, darauf, daß wir im Lichte wandeln, sind, bleiben (I, 6. II, 5. 6. 9. I1). Wir sehen, wie practisch die johanneische Speku- lation, oder, wenn man so will, die johanneische Mystik, ist, weil sie ethisch ist. Aber eben diese praktische Auswirkung des Satzes »Gott ist Licht« eröffnet uns auch das lebendige Ver- ständnis desselbenz denn gerade weil das Leben, der Wandel der Gläubigen die reale Gemeinschaft mit Gott selber ist, so müßen wir den Lichtwandel der Gläubigen (V. 6 fll.) als den t Ich. i, 5. 73 Abglanz des göttlichen Lichtes erkennen, und von dem Licht: leben derer, welche in der Gemeinschaft mit Gott stehn und ewiges Leben in sich haben, können wir rückwärtsblickend das ewige Licht Gottes selbst anschauen. Der Gläubigen Lichtle- ben, ihr Wandeln, Sein und Bleiben im Lichte hat sreilich als bleibende Grundvorausseizung jene demüthig« lautete Wahrhaftigkeit, in welcher der Gläubige die eigne Sündhaf- tigkeit erkennt und bekennt, aber auch fortwährend die reini- gende Kraft des Blutes Christi erfährt und sich versöhnt und gerechtfertigt vor Gott weiß (I, 6——ll, 2); aber diese Wahr- haftigkeit, in welcher der Christ seine eigne Sünde bekennt, ist nur die eine Seite, der bleibende Ausgangspunkt des Lebens, welches in ihm ist. Sich selbst erkennt der Christ als einen Sünder weil er Gott, in dem er bleiben will, als heilig erkennt, weil er täglich fühlt, daß die Liebe, in welcher sich sein Leben und Bleiben in Gott, sein Wandeln im Lichte, er- weisen muß (Vgl. II, Z mit l, 8), nicht die vollkommene ist. Denn die heilige Liebe zu Gott und zu den Brüdern, oder das Halten der göttlichen Gebote, deren Spitze das große Lie- besgebot ist, das ist der Wandel der Gläubigen im Lichte, oder ihr Bleiben in Gott, der Licht ist (II, 3 sll.)z während der Haß, wie alle Lüste des Fleisches, kurz alles, was nur aus der Welt stammt, zur Finsternis gehört (ll, 11 sll·). So erscheint auf Seiten der Gläubigen das Licht aus Gott, in dem sie wandeln, und wodurch sie von der Finsternis, die aus der Welt stammt (ll, 16), geschieden sind und die Welt mit ihrer Finsternis überwunden haben, als die, freilich·fortwäh- rend durch das Blut Christi zu reinigende, Heiligkeit des gesammten Lebens, dessen Wahrheit in dem Halten der gött- lichen Gebote sich bethätigt, oder bestimmter als die Liebe, welche, weil sie ein realer Ausfluß der göttlichen Liebe ist, sich auch so im Wandel der Gläubigen darstellen muß, wie sich die göttliche Liebe selbsts in ihrer persönlichen Offenbarung durch Christum dargestellt hat (II, 6). Weil nun aber das Licht, welches im Wandel der Gläubigen leuchtet, der unmittelbare Wiederschein des göttlichen Lichtes selber ist, weil kraft der Evas-»Hm» copy 74 lJvlx l, 5—-ll, 28. realen Gemeinscl)aft der Gläubigen mit Gott das ewige, gött- liche Leben selbst in ihnen vorhanden ist, der Vater und der Sohn in ihnen Wohnung gemacht haben, Christus in ihnen lebt: so erkennen wir aus diesem Lichtleben der Gläubigen das absolute Lichtleben Gottes. »Gott is: Licht« (V—5), »Gott ist im Lichte« (V. S) heißt also: Gott ist schlechthin heilig. Io- hannes folgt, indem er das heilige Wesen Gottes, im Ge- gensatze zu der Finsternis der Sünde und der Welt, Licht nennt, dem allgemeinen, schon im alten Testamente begründe- ten Sprachgebrauche der heiligen Schrift. Licht ist das Kleid, mit welchem Gott sich umhüllt w. 104, 2)z als ein Feuer, hell nnd rein wie Blitzesleuchten erscheint dem Ezechiel (Cap.1), und ähnlich dem Habakuk (3, 3fl.), die Majestiit des Herrn. Und wenn auch in solchen Schilderungen nicht bloß die Hei- ligkeit Gottes dargestellt werden soll, wie z. B. bei Daniel (2, 22) das Licht ausdriicklich als ein Abbild der göttlichen Allwißenheit erscheint, so ift jenes doch gewiß der vorwiegende Gedanke, wie ja auch überall im alten Testamente die Bor- stellungen der lichten, fleckenlofen Reinigkeit und der Heilig- keit —— man denke nur an die Grundbedeutung von Ging, Härte; nnd ähnlichen Wörtern — zusammengehm An einer merkwürdigen Stelle im Buche der Weisheit (7, 26) wird Gott selbst geradezu als zocsg »Stil««- bezeichnet, indem die Sophia eine-warm« come-sc oizrffoo genannt wird (vgl. Grimm z. d. St.). Die neutestamentlichem und vor allen die johannei- schen Schriften reden aber an unzähligen Stellen von Licht und Finsternis, wenn das heilige Wesen Gottes und seiner Kinder im Utiterfchiede von der Welt, die Gott nicht kennt und nicht liebt, beschrieben werden soll. Und weil das gläu- bige Erkennen Gottes, die Liebe zu ihm und den Brüdern, der ganze heilige Wandel der Christen und das ewige Leben, das sie haben und hoffen, wesentlich ebenso eins ist wie an- derseits Unglaube, Sünde und Tod, so kann beides in seiner Gesammtheit, wie in seinen einzelnen Momenten und Stu- fen, entweder Licht oder Finsternis heißen (Joh. Z, 19. Röm. 13, 12. Ephef 5, 8 sl. lThess 5, 5 sc. 2Cor. S, 14. 1Petr. E«- aaaaaaaa py l Joh. l, Z. 75 2, 9). Das Licht aber, in welchem die Christen wandeln, ist Gottes Licht (1Petr. 2, 9); denn Gottes Wahrheit, Liebe, Heiligkeit, Leben ist ihr Eigenthum geworden. Deshalb nennt Jakobus (1, 17) den Gott, von welchem alle gute Gabe, aber nichts Siiudliches und zum Tode Fiihrendes kömmt, den Va- ter des Lichtes, und Paulus sagt, indem er die Herrlichkeit Gottes fchildert (1Tim. S, 16), daß er allein Unsterblichkeit habe und in einem Lichte wohne, zu dem niemand kommen könne. »Gott ist Licht« heißt also dem allgemeinen Sprach- gebrauche der heil. Schrift gemäß und besonders der von B.6 an folgenden prartischen Ausarbeitung des Satzes zufolge so- viel als Gott ist heilig. Dieser Sinn ist auch keinem Aus- leger entgangen, obgleich manche, weil sie in die lebendige Anschauungsweife des Johannes nicht eingedrungen sind, fremd- artige, unvermittelte Momente zusammengeworfen haben; so Calovius, welcher das »Licht« zugleich von der Heiligkeit und der Allwißenheit Gottes verstehen will. Aber Johannes kann, wie wir gesehn haben, weder wenn er das Wesen der Gläubigen, noch wenn er das Wesen Gottes als Licht, oder im Lichte denkt, die bloße abstracte Heiligkeit sich vorstellen. Zumal an unserer Stelle, wo die innnigste Beziehung zwischen V. 5 und V. 1 til. stattfindet, und iiberall (Vgl.Joh.1,4fl.), gehört Licht und Leben zusammen, wie auf der andern Seite Finsternis und Tod. Man verkennt die lebendige Energie der johanneischen Anschauung, wenn man sich nur an eine, oder auch an mehrere einzelne, abstracte Vorstellungen hält, die man äußerlich neben einander stellt, ohne die organische Ein- heit derselben zu verstehn. Gott ist Licht, weil er der Heilige, weil er Liebe ist, aber die Heiligkeit, die Liebe selbst ist sein Leben; deshalb ist das Leben selber das Licht der Welt, und in Christo ist das Licht, das Leben und die Liebe erschienen (IV, 4. Joh. I, 4 sll.), wie denn auch der Gläubige, welcher Christum aufgenommen hat, deshalb im Lichte ist, weil er Heiligkeit, Liebe, und ebendarin Leben hat. Diese reiche, aber in der Tiefe völlig einheitliche, Bedeutung des Ausspruchs »Gott ist Licht« wird in dem zweiten negativen Satzgliede Evas-»Hm» copy 76 lJoh. l, 5-—ll, 28. sogar durch den Wortlautnicht undeutlich angezeigt. Indem nämlich Johannes« schteibtt see-i ones-Io- åp ais-pas ad» For» oöckexoia sagt er, daß schlechthin gar keine Finsternis, wel- cherart man sie auch immer denken möge, in Gott sei (über das oöcksxrfw nach der Partikel m) vgl. Winter, Gr. S. 466), und deutet somit auf die mannichfaltige Darstellung dessen hin, dessen einheitliches, sittliches Wesen Finsternis heißt. Vortreff- lich ist daher die präcise, auf Didymus (vgl. Oecumenius und Theophylarh gegründete, Anmerkung des Scholia- sten l, welcher zu den Worten «. onus-fo- —— oijxisxiia hinzu- setztt Ost« yoig ehe-our, tief» »Tai-»F, aus» »He-»gut«, as» Kaina-sog. Gut sagt auch S. Schmid: omnis diesseits, omnis pries-Mo, omne malum, quoä cum Summa perfeotione et bonitate pugnat Wenn wir aber die Vorstellungen Licht und Finsternis im Sinne des Johannes ausgelegt haben, so können wir nun auch die beiden oben angedeuteten, wesent- lich zusammengehörenden Fragen, wiesern diese Botschaft »Gott ist Licht« als Mittelpunkt und Summe der apostolischen Ver- kündigung und wiefern dieselbe gerade von Christo gegeben (sJ siyykzfa F» ais-w. ein« aus«-seid) erscheine, beantworten. Aber auch bei diesem Punkte werden wir die reine Anschauung des Apostels nur dann gewinnen, wenn wir sowohl unsern Satz V. 5 in seiner organischen Verbindung mit dem V. 1 sll. Gesagten, als auch die praktische Entwickelung und die ethi- sche Auswirkung desselben (V. 6 fll.), der ja selbst durchaus ethisch ist, im Auge behalten. Es reicht offenbar nicht in die Tiefe des johanneischen Gedankens, wenn Grotius u. a., um das oirf wissen? zu erklären, bemerken, daß im neuen Te- stamente, durch Christum die Heiligkeit Gottes weit deutlicher und voller geoffenbart sei, als im alten Testamente Und es ist im Grunde gar keine Erklärung, wenn die griechischen Aus- leger als Belege zu unserem Verse ohne weiteres jene Stellen des Evangeliums anziehn, in welchen Christus sich das Licht der Welt nennt (Joh. 8, 12. 12, 35. 46), obgleich damit schon aus das zum Grunde liegende richtige Moment, nämlich auf das wesentliche Verhältnis Gottes, des Vaters, zum Sohne, Ess- aaaaaaaa py I Joh. l, s. 77 dem Logos, der im Fleische erschienen ist (V. l sll·), hinge- wiesen wird. Bestimmter, aber mehr in der Gestalt einer dogtnatischen Formel als in der lebendigen Unmittelbarkeit der johanneischen Anschauung tritt dies Moment bei Calovius hervor, welcher gleichfalls mit Beziehung aus Ich. I, 4. 9- Z, 19. und ähnliche Stellen sagt: Deus Sonn, qui lux est, non pater soiutn est, sei! eiiam Fi1ius. Die Sache -ist nach unserer Ansicht im Sinne des Johannes also zu saßen: der Apostel hat (V. 1 sit) das ewige Leben selbst in seiner per- sönlichen Offenbarung gehört, weil er Christum gehört hat, den Fleisch gewordenen Logos, in welchem das ewige Leben Gottes, des Vaters, erschienen ist. Dies Leben ist aber Licht; das heilige Wesen des Vaters, die neidlose, selige Liebe, in welcher des Vaters Leben ausgeht, stellt sich nur im Sohne schöpserisch, erlösend, heiligend, richtend, beseligend dar. Des- halb ist der Logos ewig wie das Leben so auch dassLicht der Welt (Joh. I, 4 sll. 8, 12) und in seiner Menschwerdung ist das ewige, heilige, lebendige Licht in der Welt persönlich ge- genwärtig (Joh. l, 9. Z, 19. 9, 5. 12, 36), als das Licht des Lebens, wie seine Worte, in denen er sein und des Va- ters Leben giebt, Worte des Lebens sind (6, 63. 68). Gleich- wie nun der Apostel sagen kann, indem er die Person des im Fleische geossenbarten Sohnes Gottes, in welchem das Le- ben, die Liebe, das Licht des Vaters ist, in’s Auge faßt (V. 1 sll.): er habe das Leben selber gehört, gesehn und ver- kündige dasselbe, so kann er auch, da er (V. Z) sich die Worte des Lebens, die Botschaft, welche er von Christo, dem im Fleische erschienenen Logos, gehört hat, vorstellt, sagen: diese Botschaft sei die, daß Gott Licht, daß er heilig sei. Denn der Inhalt und das Wesen dieser Botschaft, welche der Apostel von Christo gehört hat und wieder Verkündigt, ist nichts Ande- res als das, was auch durch die persönliche Erscheinung des Sohnes im Fleische geosfenbart und von den Aposteln gesehn und gehört ist. In diesem Sinne kann einerseits nur von Christo selbst, dem im Fleische erschieneneniLvgvs, die Bot- schaft, daß Gott Licht sei, ausgehn, denn Christus selbst ist die 78 1Jph. 1,5—ti,28. persönliche Offenbarung des Vaters, welcher Licht ist, und in diesem Sinne muß anderseits jene Botschaft »Gott ist Licht« als der Kern und Stern des gesammten Christenthums, als die absolute Botschaft der Apostel, die also keine andere ist, als die V.1 fll. angekündigte, erscheinen. Jst nun aber Gott, wie er in Christo sich geoffenbart hat, Licht und gar keine Finsternis in ihm, ist er der schlechthin Heilige, der eben als der Heilige das ewige Leben und die Fülle aller Freude in sich hat, die er nur im Sohne mittheilt, so hängt unsere Gemeinschaft mit ihm und seinem Sohne, und unser Theilhaben an seinem Leben und an seiner Freude (V.3. 4) nothwendig davon ab, daß auch wir nicht in der Finsternis, sondern im Lichte wandeln, seien und bleiben (B. 6 sl. il, 9sl.)z denn nur unter dieser Bedingung sind und bleiben wir in ihm selbst (Il, 6). So tritt die ethische und eben deshalb kritische Bedeutung des Satzes »Gott ist Licht«« hervor. Denn wie die Erscheinung des Herrn selbst ein Ge- richt war, weil an ihm und durch ihn, der das Licht und das Leben der Welt war, Licht und Finsternis, Leben und Tod in ihrem vollen Gegensatze offenbar werden mußten (Joh. «3, 18 sll.), so setzt sich in seinem lebendigen Worte, in der von ihm gegebenen von den Aposteln verkitndeten Botschast jenes Gericht fort (12, 47 -sl.). Es handelt sich also, im Hin- blick aus die uns vorgesteckte leben- und freudenvolle Gemein- schaft mit Gott, der Licht ist und in dem keine Finsternis ist, um eine gründliche Entscheidung zwischen Finsternis und Licht; und zwar führt Johannes, seiner palillogischen Weise gemäß, hier um so natiirlicher die beiden möglichen Fälle (V. 6 und V. 7) auf, als schon der zu Grunde liegende Hauptsatz (V. 5) zweigliederig war« Hatte der Apostel zuletzt seine Leser erin- nert, daß durchaus keine Finsternis in Gott sei, so stellt er zuerst, daran ankniipfend, die Lüge derer hin (V.6), welche mit Gott Gemeinschaft zu haben vorgeben, während sie doch in der Finsterniß wandeln. Im Gegentheil fährt der Apvstel V. 7 fort, indem er das erste positive Glied des Hauptsatzes (-Gptt ist Licht-) in seiner ethischen spekiiueuz Hain-cis» copy l Ich. l, s. . 79 darstellt, wenn wir im Lichte wandeln, dann haben wir jene (V. Z) selige Gemeinschaft unter einander und mit Gott, welche zu befestigen und zu mehren aller apostolischen Verkündigung, auch dieses Briefes Ziel ist. « V. S. ’Eo2-«- ein«-»Er« Eis« non-um««- XZoYEO »So« optici-is, see-i ös- 293 andre« Argenti-Törin» cxistxcköxrsiJor nor! m; Jst-ruht»- WJI XVI-Jason» V. 7. Hob« d? S» sag? pas-ei ask-»arm««- uJg »He-Z; Eos-«- åy ca? kanns, now-Orfo»- Izozccsii »Es« oiääsjiwn nai srä »Hier« Thema? we? »Im? Cäsar? naäapfgsr Esset-Is- cknö wärt-sc eigner-lag. « Dieser Text ist der Lachmannschtz mit welchem auch Tischendorfs Edition übereinstimmt Laßen wir die unbe- deutendern Abweichungen bei Seite, wie das Jnterpretament yoip hinter dem sei» V. 6, und den Schreibfehler non-Mei- bei A, so bleiben als bemerkenswerthe Lesarten übrig in V. 7: »Es« wissen? statt xrsøsz JU- und der Zusatz Xexes-soc? neben This» welcher scch, unter Auctorität von A, in dem recipirten Texte sindet und von Miit, Wetstein, Matthäh Gries- bach und den Auslegern gehalten ist. Die innere Wahrschein- lichkeit ist aber fiir die einfachere und durch B und C vertre- tene Lesart. Wie nahe lag es, natuentlich wegen der Zurück- beziehung von V. 7 auf V. Z, von dorther das Xgcassois zu ergänzen, um an unserer Stelle dieselbe volle Benennung des Herrn zu haben, welche auch M, 23. V, 20 (vgl. il, 1. IV, Z) im Texte steht. Dagegen ist es nicht wohl erklärlich, wie das xgsasxoiL wenn es ursprünglich wäre, ausgefallen sein sollte. Hat man doch auch IV, 3 das einfache einst-z. ed» That-i»- durch einen aus dem Texte entlehnten Zusatz erweitert. — Die Variante »O« wären? findet sich bei einigen Kirchenvätern und hat wahrscheinlich im Cod.A gestanden, erscheint aber auf den ersten Blick als« eine erleichternde und noch dazu, wie wir sehen werden, unrichtige Änderung. Zuerst, V. 6, erörtert der Apostel den Fall, daß man sagt, man habe Gemeinschaft mit Gott, der Licht ist, aber in der Finsternis, wie sie doch gar nicht in Gott ist, wandelt. 80 1Joh. l, 5—-l1, 28. Das ist eine Lüge, eine innere Unwahrheit, pkotestatio facto Vorrat-ja; denn es giebt keine Gemeinschaft zwischen Licht und Finsternis (vgl. 2 Col; 6, 14. 1Thess. s, 4). Jn dem Falle wird also unser Wort durch unsern Wandel Lügen gestraftz dem liignerischen Worte steht die That, wodurch wir die Wahrheit verleugnen, entgegen. Durch sei» mit dem Conj. wird ein in seiner objektiven Möglichkeit vorgestellter Fall bezeichnet (vgl. Winer, Gtn S. 269. Kühner, lI S. 545. Schon S. Schmid hat die eigenthiimliche Bedeutung von Eis» beschrieben: oasum format, non tamen ex re oontingente et for-mild, sei! ex re debita et neoessaria moraliters Der Schriftsteller sagt mit sei» nicht, daß der Fall wirklich sei, aber er stellt sich denselben, der möglich ist, als wirklich vor. Darum gebraucht Johannes, dem allgemeinen griechischen Sprachgebrauche gemäß, die For- mel überall, wo er an einem als wirklich vorgestellten Falle ein Prinzip, ein sittliches Gesetz darstellen will (vgl. V. 7. 8. 9.10. il, 15. 29. Joh. 11, 9sll. 12, 24 u.s.w.), so daß der Formel sei» sind-w» — und dgl. dem Sinne nach völlig parallel sind die Redeweisent c; Läg-m» — (vgl. It, 4.6.9 mit l,6.8), Ha» sicg mit dem Conj. (vgl. II, 15. IV,20 mit 11, 10), sie-Z; e? Ezam note-J» — (vgl. M, Z. 4.6 mit 1V, 12), Z; as» —- (vgl. M, 17. lV,15 mit ll,23). Die gemeingültige Bedeu- tung dessen, was der Apostel V.6 ausspricht, wird aber noch dadurch gehoben und belebt, daß er in der communicativen Redeweise sich selbst mit seinen Lesern unter jene durchgreifende Norm siellt. Auch dies ist keine bloß zufällige Form, sondern gründet sikh darauf, daß eine wirkliche Lebensgemeinschaft der Leser und des Schreibers, die große Gemeinschaft aller Chri- sten unter einander, welche dann eine Gemeinschast mit dem Vater und dem Sohne ist, vorhanden ist (V.3. 7). Wenn wir, sagt also der Apostel, in dieser Gemeinschaft mit ihm, mit Gott, der Licht ist, zu stehn behaupten, d. h. nicht bloß, wie Grotius den so zu sagen massiven Gedanken verslüchtigh nos Deo amjcos esse, sondern nach B. Z, daß wir wirklich Theil haben an ihm, persönlich mit ihm, durch Christum, l Joh l, S. 81 verbunden find, wir in ihm und» er in uns, sein Leben unser Leben — wenn wir das sagen und in der Finsternis wan- deln, so lügen wir und thuen nicht die Wahrheit. Was dieses Wandeln in der Finsternis sei, legt der Apostel erst von V. 8 an im Einzelnen auseinander, indem er theils den entgegengesetzten Wandel im Lichte nach seinen wesentlichen Momenten beschreibt, theils auch die Finsternis der gottent- fremdeten, Christum leugnenden, mit aller Unheiligkeitz zumal mit Bruderhaß und Tod, erfüllten Welt selbst warnend schil- dert. An unserer Stelle, wo die ethische Bewegung des Hauptsatzes »Gott ist Licht und keine Finsternis in ihm« erst anfängt stch zu entfalten, genügt es dem Apostel, den frap- panten Widerspruch, die handgreifliche Lüge zu bezeichnen, welche darin liegt, wenn wir mit Gott, der Licht ist, Ge- meinschaft zu haben vorgeben und dabei selbst in der Fin- steriiis, die gar nicht in Gott ist, wandeln. Dies Wan- deln, nsgmasxkrk bezeichnet nach einer in der Schrift sehr gewöhnlichen Vorstellung (Joh. 12, 35. Röm.6,4-. 8,4. 1Joh. L, 6. 2 Joh. 6), die gesammte, innere und äußere Bethätigung unsers sittlichen Lebens (aoti0ne interne« et extent-z, quoqao nos verlimus, wie Bengel sagt), unser ganzes ethisches noMceuxsa (Pl)il· Z, 20), unsere oiuocosxgows (1 Prüf. Z, 12. vgl. V. 9. Ephes.4,l7 sl. 2,2fl. Col. Z, 7) im vollsten, inner- lichsten Sinne des Wortes. Wir können aber entweder in der Finsternis oder im Lichte wandeln, je nachdem unser ganzes sittliches Wesen in der einen oder der andern Bahn sich bewegt und übt, darin seine Kraft, seine Ruhe und sein Ziel findet. Jst Gott Licht, im Lichte (V. 7), weil er heilige Liebe und ewiges Leben ist, so ist unser Wandel im Lichte nichts Anderes, als unser Sein und Bleiben in Gott (ll, 5. " 6)z aber ist unser Wandel in der Finsternis, die gar nicht in Gott ist, so sind wir dadurch von der Gemeinschaft mit Gott durchaus geschieden. Welche Lüge ist es also zu sagen, daß man mit Gott Gemeinschaft habe, wenn man dabei in der Finsternis wandelt! Johannes bekämpft sehr oft dies liignerische, selbsttäiischungsvolle (V. 8), ja Gott und .scin l. 6 Essxnxckoa copy 82 I Joh. I, 5——ll, 28. wahrhaftiges Wort der Lüge zeihende (V. 10) Schein: und Wortkhristenthum, welches nicht durch entsprechende, heilige Früchte srch bethätigt (V. 8.10. It, 4. 9. W, 20)z denn wo wirkliches göttliehes Leben in einem wahrhaft Gläubigen ist, da stellt es sich nicht bloß in dem Worte, sondern auch in der That dar (1ll, 18). Wenn die Wahrheit, die ewige, göttliche, in uns wirklich ist, so muß sie sich mit sittlicher Nothwendig- keit nicht allein im Worte, sondern in der lebendigen That, in dem heiligen Wandel, in der Liebe erweisen. Wo deshalb diese thatsächliche Erweisung der Wahrheit, die wir in uns zu haben mit dem Munde behaupten, fehlt, da lügen wir, ums— Wes-»Ja. Dies nie-Verräter, welches dem lässest! ebenso ent- spricht, wie im zweiten Satzgliede das or? nor-»Ur«- se. OZÄOJÆ dem Z«- «c. owns. erkennest-Irren, bezeichnet nach dem sparallelismus von V. 8. It, 4. IV, 20. ——— und der Paralle- lismus kann bei Johannes nicht scharf genug ins Auge ge- faßt werden —— freilich nicht die nackte, absichtliche Heuchelei, wie gegen Morus mit Recht Lücke und de Wette bemerkt haben, aber doch auch nicht bloß »den objektiven Widerspruch zwischen dem Wesen und der Erscheinung, dem religiösen Prin- cip und dem sittlichen Leben-«, wie Lücke auslegtz sondern dieser objektive Widerspruch wird eben in seiner subjektiven Dar- stellung und deshalb, wie de Wette sagt, als »etwas Ver- schuldetes und Zurechenbares« aufgefaßt. Die bloß objektive Vorstellung des prinkipiellen Widerspruchs zwischen Wesen und Erscheinung, zwischen Wort und Wandel, scheint uns etwas Abstrartes, Unlebendiges zu haben, was dem die sittliche Per- sönlichkeit der Leser unmittelbar anfaßenden Charakter des Briefes nicht entspricht. Vielmehr indem Johannes sagt: »wir lügen und thun nicht die Wahrheit« oder: »wir be- trügen uns selbst und die Wahrheit ist nicht in uns« « (V. 8), oder: »wir machen Gott zum Lügner und sein Wort ist nicht in uns« (V. 10), oder geradezu: »der ist ein Lüg- ner, und die Wahrheit ist nicht in ihm« (ll,4. IV,20), spricht er gleicherweise die objektive und die subjektive Seite der Sache, nämlich das subjective Befangensein in dem objektiven Wider- l Ich. l, S. 83 - spruche, aus. Es kann eine Selbsttöiuschung (V. 8) sein, je- denfalls erscheint die Lüge, der innere, principielle Widerspruch, als unsere Lüge, als unser Widerspruch gegen Gottes Licht, Wahrheit und Wort, wir erscheinen —- und darauf beruht das unmittelbare parakletische Moment — als Lügner. see-i or; note-ehre» steh! XVI-Jesus« Die volle Be- deutung dieser Worte liegt nicht so auf der Hand, wie es nach vielen Auslegern scheinen könnte. Am leichtfertigsten ge- hen Episcopius und Jachmann zu Werke, indem jener umschreibh hoc: djcenies non faoitnus good rot-tunc est, und so zu der Behauptung gelangt, facere veritatekn heiße nur dicere ver-klarem, dieser aber sich damit begnügt zu sagen: »wes-i »F«- kizøjä entspreche (nach Lücke; 1.Ausl.) dem pau- linischen til-»Jeder« Ephes 4, 15 und unser m) m«- e. «. sei dem uis»(1«o«»s-9usynonhcn. Die alten Ausleger erklären das Johanneische works» »Je- ckzssheiav meistens unter Beru- fung auf den hebräischen Sprachgebrauch hinan« Zins; Ezech IS, 9), im Sinne von ageke recte (Socin), sinoere (Beza, Grotius, Carpzov), ver-reitet· (Calvin), und denken da- bei vorzugsweise an die guten Werke, wodurch sich die im Herzen lebendige Wahrheit, die rechte Lehre, die mit dem Munde bekannt wird, bethätigen soll (Beda, Calvin, Luther, Bengel; auch Episcopius will sich diese Erklärung gefal- len laßen). Aber aus diese Weise wird die eigenthümliche je- hanneische Vorstellung, wie sie schon durch den Artikel, seh-«- äz7,"««-«., markirt ist, nicht wiedergegeben. Und wenn man die parallelen Ausdrücke: OJ XVI-Jene Kasse» s» Wein! 8), of— Ja» wes» Elias-sein«, F« IOJF HAVE« Hin« (II, U) Und ähn- liche vergleicht, so macht sich der Unterschied zwischen der jo- hanneischcn Vorstellung und dem, was im A. IX) Wahrheit, «) Die alttestamexitlirheii Stellen, in denen der Ausdruck YOU» Nil-III, must» sit-Jenas, sich findet, sind auch von Lücke (zu Seh. Z, 21) nicht sorgfältig genug gesichtet. Nicht zu vergleichen ist die Redcnsart »an jun. Gnade und Treu» Gznezzi Ihn) thun« Gen-s. 47, 29. ges. L, 14. Vge Mich· 7, TO. II! dkk Stellt Its. As, 10 sieht muss» CZIJMHUI dlltkch die falsche Übersetzung der LXX. Reh. S, 33 wird der Sünde, der bundbrüchk 6 si- Esss cccccccc w 84 1 Ich. i, 5 — n, 28. nicht die Wahrheit schlechthin, heißt, alsbald fühlbar. Auch die Erklärung d e Wettes, welcher an unserer Stelle die Wahr- heit von dem versteht, »was dem Wesen der christlichen Ge- meinschaft entspricht-«, während Seh. 3, 21 in demselben Aus- drucke das, ,,was den wahren sittlichen Gesetzen entspricht« bezeichnet sein soll, scheint uns weit hinter der concreten Leben- digkeit der johanneischen Anschauung zurückzubleiben Treffend hat aber Lücke (zu Ich. 3,2I. Vgl. Neander zu uns. St) den Sinn des Johannes bezeichnet, indem er die objective Wahrheit, die Wahrheit schlechthin, die göttliche versteht, welche durch Wort und That ausgedrückt wird, welche der Grund und Inhalt der ganzen Denk- und Handlungsweise ist. Licht und Wahrheit sind dem Johannes wesentlich Verwandte Be- griffe. Der Wandel im Lichte, in der realen Gemeinfchaft mit Gott, welcher Licht ist, ist zugleich der Wandel in der Wahr- heit, das volle Thun der Wahrheit. Auf dieser Eorrelation der Begriffe Licht und Wahrheit beruht sowohl V. S. der Pa- rallelismus zwischen äc- 797 andre« negcnersoüxrep und 013 ern-oder»- snjci ciäøsäecash als auch von V. 8 an die eigen- thümliche Verwebung des Momentes der Wahrheit, oder um- gekehrt der Lüge, in die das Einzelne darlegende Schilderung des Wandelns im Lichte, oder der Finsternis (V. 8. 10. II, 4. 8. 21. 27). Von dorther fällt deshalb auch das rechte Licht auf unser neues» ers» sites-seines. Es umfaßt gleicherweise das lautere Sündenbekenntnis, indem wir Gott und seinem Worte die Ehre geben, als den Wandel in der Heiligung, zumal die Übung des Liebesgebots, So wenig als das nah-»arm- äs- 297 ander« V. G, oder Z» seh? spat-ei, nur die äußeren Werke bezeichnet, ebensowenig schließt das works» »Is- qszsjssscasi die gen Treitlosigkeit des Volkes gegenüber die Gerechtigkeit Gottes, der Treue und Wahrheit gehalten und gethan hat, geschildert. Von dem menf chit- chen Wahrheitthum d. h. dem treuen lautern Wandel in den göttlichen Geboten, redet — außer Tod. 13, 6 —- nur die schon von den alten Jn- tcrpreten angezogene Stelle Ezech 18, 9., in welcher aber die LXX das hcbräische DHIVZH nngenau wiedergeben: sen? sie-»Im« ask-»« (so. »? Jenaer-Innres« man) 1 Ich. i, 7. 85 innere Bethcitigung der einen, göttlichen Wahrheit, die lautete Vollziehung derselben im eignen Herzen aus. Denn es ist eine und dieselbe Wahrheit, welche im Glauben ergriffen und mit dem Munde bekannt wird, welche als heilige, göttliche Macht das Leben des neuen Menschen wiedergebarend schafft und in der innern und äußern That sich darstellt. So ist der Gehalt und das Wesen der Wahrheit das ewige Leben selber, und deshalb ist Christus, der im Fleische erschienene Sohn Gottes gleicherweise die Wahrheit wie das Leben (Joh.14, 6. 1, 14. 17), und die Freiheit der Kinder Gottes muß gleicher- weise als eine Wirkung der Wahrheit und als eine Gabe des Sohnes, welcher die Wahrheit, die Freiheit, kurz das ewige Leben in seinem ganzen Reichthum giebt, aufgefaßt werden (Joh. 8, 32. 36). Wenn also nur in der Genieinschaft mit Gott durch Christum (V.3) wie der Wandel im Lichte so das Thun der Wahrheit möglich ist, so lügen wir und thun nicht die Wahrheit, wenn wir jene Gerneinschaft zu haben behaup- ten und dabei in der Finsternis wandeln. Den entgegenge- setzten Fall Mk) stellt der Apostel aber V. 7 dar; und zwar so, daß ein specielles, den Übergang zu der Einzelschilderung des Wandels im Lichte oder in der Finsternis (V. 8 sll.) bah- nendes Moment am Schluße herausgehoben wird· Wenn wir aber, sagt Johannes, im Lichte wandeln, entsprechend dem, daß Er, Gott, im Lichte ist, so haben wir Gemeinschaft unter einander, —- die Gemeinschaft ,,mit aus«, welche aber zugleich die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne ist, war ja V. 3 als das Ziel aller apostolischen Verkündigung, auch die- fes Briefes, genannt —— und fortwährend erfahren wir die reinigende, alle Sünde abwaschende Kraft des Blutes Iesu Christi, des Sohnes Gottes. Was der Apostel meint, indem er schreibt sei» cis s» eh? was« Erkennst-Irre« erfahren wir hier im Einzelnen ebenso wenig als V. 6 der Wandel in der Finsternis genauer beschrieben war. Im Allgemeinen ergiebt sich freilich der Sinn des Ausdrucks s» sc. s» nehm» aus dem klaren Zusammen- hange, sowohl aus dem Gegensatze zu dem »Sei-nasses» F» sc. 86 l Joh. l, 5—ll, 28. muss. als aus der normativen Bestimmung aig weis-eig- sue»- k'- seh? epmi (vgl. V. 5), als auch daraus, wie der Erfolg des Wandelns im Lichte, sein«-i« IV sich, im Rückblick auf V. 3 beschrieben wird; denn man muß diese drei Momente in ihrer Einheit zusammenfaßen, wenn man die ganze lebendige Kraft des Gedankenganges fühlen will. Unser Wandel im Lichte, welcher dem entspricht, daß Gott Licht ist (V.5), oder, wie hier dieselbe Vorstellung vom Apostel gefaßt wird, daß Gott im Lichte ist, begreift die ganze» Heiligkeit unsers in- nern und äußern Lebens, eine Heiligkeit, welche— wie ja auch das Lichtsein, das heilige Leben Gottes in seinem realen We- sen die Liebe ist — hier um so deutlicher nach ihrem eigent- lichsten Gehalte und ihrer wesentlichsten Kraft als Liebe gedacht wird, weil als Frucht unsers Lichtwandels die Gemeinschaft welche zugleich die Gemeinschaft der Kinder Gottes unter ein- ander und mit dem Vater und dein Herrn Jesu Christo ist, genannt wird. Denn die sittliche Kraft, welche eine Gemein- schast bildet und trägt, ist allein die Liebe, die heilige Liebe Gottes, der Licht, im Lichte ist, theilt stch selber, das ewige Leben in der persönlichen Offenbarung des Sohnes, mit; und unser reales Theilhaben an Gott, an dem Lichte, welches Gott ist, oder in welchem Gott ist, also unser Wandeln, Bleiben, Sein im Lichte, bedingt zugleich unsere Gemeinschaft unter einander (,«se« oZM.), wie das unsere Gemeinschaft mit Gott ist. Es ist nach beiden Seiten hin die Darstellung der einen und selbigen heiligen— Liebe; denn diese ist der eigentliche Nerv des ewigen Lebens, welches als eines durch die gesammte christ- liche Brudergemeinschaft strömt, das Leben Gottes durch Chri- stum in uns, oder umgekehrt, unser Leben in ihm, unser Le- ben, Wandeln im Lichte, wie er im Lichte ist -— as; wurde« Eos«- åw «; »Ja-»si- Es bedarf kaum der Bemerkung, daß der Ausdruck Fort» S» -»»«3 exmi V. 7 dem Sinne nach durch- aus parallel ist dem obigen pas; Fast» V. 53 nur die Form der Vorstellung ist eine andere, indem hier, V. 7 das Licht, das reine, heilige, selige, ewig lebensvolle, als das Element angeschaut wird, in welchem Gott lebt und wohnt (l Tim.6, E«- cccccccc py 1 Ich. I, 7. 87 16)· Daß aber der Ausdruck im Geringsten nicht nach Gno- sticismus schmeckt, wie auch Jachmann meint, sondern durch- aus ethischer Natur und Bedeutung ist, geht einerseits gerade aus dem Wechsel (V. 5 und V. 7) hervor, welchen nur eine lebendige, ethische Anschauung, nicht aber die starre Termino- logie des wesentlich physischen Gnosticismus erträgt, anderseits daraus, daß von uns ein Wandeln im Lichte, wie Gott im Lichte ist, gefordert wird. Durch das ei; wird nämlich das im Lichte Sein Gottes nicht sowohl in einer bloß exemplari- schen (Epis copiu s) Bedeutung für unsern Wandel, als einen Wandel im Lichte, bezeichnet, sondernrieltnehr die reale Ein- heit und Gleichheit des ethischen Grundes, in welchem unser Leben sich bewegen soll, mit dem, was das heilige Leben Got- tes selber ist, angezeigt. Bengel deutet vielleicht diesen rea- len Zusammenhang an, indem er sagt: jmjtatio Dei criterjum commnnionis cum site. Dagegen scheint uns die Erklärung Lückes, welcher mehr in der Weise des Episcopius den Wandel im Lichte, wie Gott selber im Lichte ist, als das »Streben nach Gottähnlichkeit« auffaßt, die eigenthümliche Färbung des johanneischen Gedankens zu verwischen. Die neu- testaineritlichen Schriftsteller, namentlich Johannes, stellen über- haupt nirgends Gott selber als bloß iiußerliches Exempel fiir die Nachahmung der Gläubigen hin, sondern als unmittelbar exemplarisch gilt das Leben und Leiden Christi (IlI, 3. It, S. Iv, 17. Vgl. 1 Pers. Z, 22. user. II, 1. sphic.2,5fc. Ephes. 5,2). Aber auch Christus wird nie als ein fremdes, bloß sor- males Muster äußerlich vor uns hingestellt, sondern die Nach- ahmung des Herrn wird aus den ethischen Grund unserer Zu- gehörigkeit zu ihm, unserer Verwandtschaft, Einheit mit ihm gebaut, so daß die Nachahmung und Nachfolge des Herrn als die sittlich nothwendige Entfaltung des von ihm in uns ent- zündeten heiligen Glaubens- und Liebeslebens, als die Dar- stellung des Lebens Christi in uns, als unser Heranwachsen zu der vollkommenen Gestalt Christi (Ephes. 4, 13) erscheint. Und wenn die Apostel von unserm Streben nach Gottähnlich- keit, von unserer Nachahmung Gottes reden (Ephes. 5, I. 88 l Ich. l, 5——-ll, 28. lspetn l, 15 fl. Matth Z, 48. Lur. S, 36 fl.), so stellen sie nicht die Liebe, die Heiligkeit, die Barmherzigkeit Gottes als ein fremdes, fernes Ziel oder als eine abstracte Norm uns gegenüber, sondern die ganze fittliche Kraft und praetifche Wahrheit ihrer Paraklefe beruht darauf, daß wir als Kinder Gottes, die aus Gott wirklich geboren find, in einer lebendi- gen Verbindung mit Gott stehn, an seinem Leben wahrhaft Theil haben, also in uns das ewige Leben, die Liebe, die Hei: ligkeit immer mehr vollziehn, auswirken müßen, welche eben zum gottverwandten Wesen der Kinder Gottes, gehört. Jn diesem Sinne schreibt Paulus an die Epheser (5, l) yfsisoåe as» Freien-cui rot? Brot? III; wäret-o« Extra-»Tai. Weil die Epheser Kinder Gottes find, welche feine Liebe erfahren, deshalb follen sie dieselbe Liebe wiederum darstellenz die Nach- ahmung Gottes in der Liebe ist also der Wiederschein der gött- lichen Liebe selber, welche aus den Kindern Gottes, nun aber als ihr eigenthümliches sittliches Lebenselemenh in freier, hei- liger Erweisung zurückstrahli. Dieselbe Anschauung liegt auch der einfachen Rede des Herrn (Matth. und Lur. a. a. O) zum Grunde, denn was der Vater thut, das ist auch dem Kinde zu thun in fittlicher Weise natiirlich, nothwendig H. Die Nach- ahmung Gottes, das Streben nach Gottähnlichkeit, unser Wan- del im Lichte wie er, Gott, im Lichte ist, ist also die wahr- hafte Bethätigung unserer Gotteskindfchafh unserer Gemein- schaft mit Gott (vgl. Neander). Dies gMoment hebt der Apostel freilich hier (B. 7) nicht ausdrücklich hervor, aber es trägt wesentlich und (nach B. Z. 6) selbstverständlich die beiden ausgesprochenen Sätze: »oui«-»so»- s"x. ««kr’ vix-l. und «»3 ais-«« »z- Was für eine Gemeinfchaft der Apostel im Sinne habe, indem er schreibt sie-«« H. ««e-s’ Eli-Etwa» darüber «) Nach einer andern Seite hin entwickelt Johannes aus dieser sittli- chen Verwandtschaft des Lebens der Gläubiger» als der Kinder Gottes, mit dem Leben Gottes die briiderliche Liebe derer, welche gleicherweise aus Gott geboren sind. V, l. Vgl. 1Petr. 1, 22 fl., wo unverkennbar die Pflicht der y--J.ackxzpia, das s« sahest-«,- Xzäijäany ciyunjjaark knien-J; Auf das folgende cirayxyrpsshxcsipox sitz. gegründet ist- I Seh. l, 7. 89 kann man nach dem klaren Zusammenhange unserer ganzen Stelle und nach dem allgemeinen biblischen Sprachgebrauche kaum in Zweifel sein. Sinnlos ist offenbar die Auslegung des Theophhlach welcher nach Oecumenius die nor-««- sifa ,««.«-’ cizzsjzow von unserer Gemeinschaft mit dem Lichte VIII-c«- Ne Z« — Free-J» T« Deo-Z Tor? gnmröO versteht. Neben der richtigen, von Beda, Luther, Est, S. Schmid, Gro- tius, Wolf, Bengel, Semler, J. Lange, Lücke, Baumgarten-Crusius, Fachmann, Neander, San- der u. a. vertretenen Ansicht, nach welcher Johannes von der brüderliohen Gemeinschaft der Christen unter einander redet, kann nur die in der Variante ,«s7« wissen? ausgesprochene Mei- nung zur Sprache kommen, daß die ein«-· ««.s-’ eizzøjzaiw die Gemeinschaft der Gläubigen mit Gott sei (Socin, Calvin, S. G. Lan ge), eine Auslegung, welche von Beza, und noch deutlicher von Episcopius, Paulus und de Wette so modisicirt ist, daß in dem Ausdruck »Es »Wähle-«- nicht unmittelbar und ausdrücklich »Gott« als zweites Glied neben dem »wir« erscheint, sondern nur unsere Gemeinschaft un- ter einander als die Gemeinschaft mit Gott verstanden wird. Beza erklärt cum illo mutuam communionetkk Episcopius umschreibt, indem er die genaue Bedeutung des »Es Exil-vix» die Borstellung des Verbundenseins in einer Gemeinschafh vermischt: par-flet- et eadetn ralione cum i1lo com-i. Am feinsten erläutert de Wette: ,,Gemeinschaft unter einander, nämlich mit Gott; denn die christliche Gemeinschaft ist nur die wahre, wenn sie Gemeinschaft mit Gott ist.« De Wette kömmt der Auslegung, welche wir sowohl wegen des Anklan- ges unseres »Es· OZÄZJJÄOII an das xreiTrsxknIv V. Z, als auch wegen der Ausdtucksweise an sich (vgl. M, II. IV, 7. II. 12. Joh. 13, 35.) slir die richtigere halten, am nächsten; der Un- terschied ist dieser, daß nach de Wettes Auffassung die Ge- meinschast, die wir unter einander haben, wesentlich in ihrer · Beziehung auf Gott, als unsere Gemeinschaft mit Gott er- scheint, wobei dieses Hauptmoment mit scheinbarer Leichtigkeit aus V. 6 ergänzt wird, die Bestimmung rief eilt-Taste» aber 90 tJoy i, 5—1t, 28. eine untergeordnete Bedeutung erhält, während wir das Haupt: moment in dem ausdrücklich hervorgehobenen »He« xszzsjzasy erkennen und unsere Gemeinschaft unter einander, eben als solche, als eine Frucht der vorausgesctztem oder vielmehr in dem Satze sei» cis s» srcs Hin-irrt Erkennt. indicitten, Ge- meinschaft mit Gott bezeichnet finden. Diese Ansicht von der Stelle wird dnrch den wirklichen Zusammenhang ebenso sehr getragen, als die de Wettesche Auslegungsweise, so schein- bar auch die Beziehung auf V. 6 (»0«-. »Es« ais-ou) ist, demselben in der That zuwider ist. Nachdem nämlich Johan- nes V. 6 den Fall erörtert hat, daß wir die aus dem Haupt- satze V. 5 sich ergebende Bedingung unserer Gemeinschaft mit Gott (wovon auch unsere Gemeinschaft unter einander abhängt) nicht erfiillen, setzt er V. 7 den Fall, daß jene Bedingung erfüllt wird, daß wir also, was V. 6 nur als ein lügneri- sches Vorgehen erschien, wirklich Gemeinschaft mit Gott ha- den, und entwickelt dann die Wirkung dieser Gemeinschaft mit Gott, welche wir in unserm Lichtwandel wirklich haben, näm- lich zuerst (gemäß dem V. 3 Gesagten) die Gemeinschaft der Gläubigem der Gotteskindey der in der Gottesgemeinschaft le- bendig Wurzelndem unter einander, denn die unaufhörliche Erfah- rung von dem alle Sünde abwaschenden Blute Christit nat scö ocfxcot «I-,«i1o17 Xprorod scoeJ Mai? Orden-J seoedagigkr øJxcoZg ein-Z writing« Circen-sing. Dies ist eine berühmte, aber oft mißhandeln, Stelle, eine sedes dadrinne, deren reichen, aus dem eigentlichen Mittelpunkte der christlichen Wahr- heit horvorquellenden Gehalt man ebenso oft in ungläubiger Seichtigkeit verdorben und verloren, als dadurch getrübt hat, daß man in dogmatisirendem Interesse die kräftige Einfachheit und die lebendige Unmittelbarkeit des apostolischen Gedankens verkennend, denselben in das Maß der Schulformel preßen wollte. Socin bewies aus den Worten des Apostels, daß unsere Rechtfertigung durch unsere guten Werke wesentlich mit- bedingt sei; denn weil er das Wandeln im Lichte, welches al- - lerdings die Bedingung unserer Theilnahme an dem reinigen- den Blute Christi ist, nur von den äußerlichen guten Werken, 1 For» i, 7. 91 in welchen sich unser Gehorsam gegen Gott erweise, verstand, so kam er zu der Behauptung: ex hat: — rioctrina —- satis sonsten, quantopere failaniur ji, qui bona Opera nostra nci nos justiticanrios niiiii pertinere arbitkantur et jnstilicaiionem quandatn somnianh quae jam existat anteqnam quiriquatn boni ab eo Hat, qui ea sit praeditus Gegen diese, auch von dem Socinianer Schlichting ausgesprochene Consequenz, wie gegen die katholische Vermischung der Rechtfertigung und Heiligung wird unsere Stelle von S. Schmid und Calov verwahrt und im Sinne der streng lutherischen Lehre von der Rechtfertigung, wonach das unsern-Hei» nur den actum Dei jmiicicrlesrtz das non link-niedre, und oonrionare per-entom, bezeichnen soll, ausgelegt. Nach einer andern Seite hin wird hervorgehobem daß von dem Blute des Sohnes Gottes die Rede sei. Den ebionitischen, gnostischen, manichäischem nostorianischen Jrrthiiniern in Betreff der Person Christi wird dieses Wortvon Beda, Oecumenius, Theophylact u.a. entgegengestellt Calovius (vgl· auch Sand er) folgert dar- aus, im Sinne der Concordiensormel (I«ibki Symbol. ed. Hase. Eil. Z. Lips. 1837. P. 776), den Papisten und Calvinisten gegenüber, die Lehre von der communicaiio iciiomaturrn Eine reiche dogmatische Literatur über unsere Stelle hat Wolf verzeichnet Das richtige Verständnis des Satzes hängt, im Zusam- menhange der ganzen Stelle, wesentlich von folgenden einzel- nen Punkten ab: erstlich von der Verbindung, in welcher der Satz sö aIztrw — Except-Leg kraft des isai Mit dem Unmit- telbar vorhergehenden Gedanken sie-»san« XX. ,»«-.«-’(x«zzojz.steht, dann von der Bedeutung des Präsens sen-reinigen Jenes nat und diese Präsensform sind die beiden vom Texte selbst gegebenen Normen, welche die exegetische Kunst bei der Aus- legung des apostolischen Gedankens nicht aus den Augen laßen darf; denn von der richtigen Würdigung der durch jene beiden Momente bestimmten Form und Beziehung des Satzes hängt auch, wie die Geschichte der Auslegung zeigt, das Berständ- nis des eigentlichen Sachgehalts unmittelbar ab. Die Erklärer 92 l Ich. l, 5 -— ll, 28. unserer Stelle kann man, abgefehn von denjenigen, welche, wie namentlich Socin und Grotius, die apostolischen Be- griffe, besonders des acsua ’I. Xa, völlig abschwächen, in zwei Hauptclassen eintheilen. Die Einen, wie Oecumeniu s, Theophhlarh Beza, Wolf, Semler, S. G. Lange, Steinhofer, Sander, betrachten den Satz im; ») ask-a ers» als nachträgliche Begründung des vorhergehenden Ge- dankens, daß wir, wenn wir im Lichte wandeln, Gemeinschaft unter einander haben; die Andern (Luther, Calvin, Ca- lov, der aber schwankt, Bengel, Lücke, Fachmann, Baumgarten-Crrisius, de Wette, Neander) verstehn die letzten Worte des Verses, parallel dem soc-«. Z» »wes-« Eil» als eine Berheißung, als eine Folge, Frucht unsers Wandels im Lichte. Für beide Auslegungsweisen sind gewiße Eigenthümlichkeitem die auf beiden Seiten ebensosehr die lo- gisehe Form als den begrifflichen Inhalt betreffen, charakte- ristiskh Jene erste Auslegung ruht darauf, daß das siai im Sinne von »in und das Präsens umfing-Te« entweder, wie bei den ältern Auslegern, gradezu im Sinne eines Sperfecti gedeutet und die Reinigung felbst aus die erste, einmalige Ber- gebung der Sünden, welche beim Eintritte in die christliche Brudergenieinschaft den Gläubiggewordenen geschenkt ist, bezo- gen oder, wenn das Präsens beachtet wird, doch vorzugsweise die Vorstellung der Rechtfertigung, als der beständigen Grundlage des heiligen Lichtwandels und der Gemeinschaft mit Gott und den Brüdern, geltend gemacht wird; während bei der zweiten Ansicht erstlich, was die Form anlangt, das ssai nnd das Präsens ungezwungen erklärt, dann aber das sie-»Ja— Fig-«- selbst von der reinigenden und heiligenden Wirkung des Blutes Christi, welche die kraft ihres Lichtwandels als leben- dige Glieder in der christlichen Gemeinschaft Stehenden eben als solche fortwährend erfahren, verstanden wird. Diese letzte Auslegungsweise tritt uns allerdings in verschiedenen Niianci- rungen entgegen, indem von den Auslegern, welche die Rei- nigung durch das Blut Christi erstlich als eine fortwährende, tägliche und zugleich zweitens als eine durch unsern Lichtwan- l Ich. l, 7. 93 del bedingte betrachten, einige, wie Calvin und namentlich Calov (vgl. auch Steinhoser und Baumgarten-Cr1i- sius), das andern-Te«- felbst von der Sündenvergebung d. h. von der rechtfertigenden Aufhebung der Sündenschuld, oder dem Erlaß der Strafe (Episcopius), andere dagegen von der heiligenden Wegfchaffung der Sünde selbst (Liicke, Neander), noch andere endlich beides zugleich (J. Lange, de Wette) verstehn. Aber dies sind keine verschiedene Arten der Auslegung, sondern nur Modisicationen der zweiten Weise. Eine dritte, von den beiden Hauptansichten über unsere Stelle wesentlich verschiedene Erklärung ist ebenso wenig möglich, als eine Combination jener beiden Auslegungsweisem wie sie Hie- ronymus und Beda versucht haben. Hieronymus sagt nämlich (a(iv. Peiag. l. Il. 0pp. ed. Franets at! M. et Lips· 1684. P. Il P. 191): Ouoci scriptum est ,,et sanguis Jesu iiiii ejus munciat nos ab 0mni per-Cato« tam in conkessione baptismatis quam in elementia poenitudinis aceipiendum est. Ganz ähnlich erklärt Beda: sacramentnm nainque nomini- cae passionis et praeterita nobis omnia in baptismo pariter ypeceata taxes-it, et quitiquid quoiidiann fragiiitate post ba- ptisma commisimus ejusdem nostri Redemtoris nostri gkatia dimittit Es ist bcdeutungsvolL daß Bed a in der ersten Hälfte feiner Erklärung sowohl ein namque (für sie-i) als auch ein Per- feetum (laxavjt, für suec-WITH) hat"«), während in der zweiten Hälfte, da er die zweite der oben beschriebenen Auslegungsweisen befolgt, sogleich das textgemäße Präsens (iiimittit) eintritt. B ed a selbst scheint die Schwierigkeit seiner Combination zu fühlen und deshalb doch vorzugsweise an die tägliche, fortwährende Rei- nigung durch das Blut Christi zu denken, denn er fährt fort: «) Dasselbe gilt auch von Col-w, welcher, um die oben erwähnte socinianische Confcqiieiiz abzuschneiden, im Widerspruch mit sich selbst sagt: Pakticula sie-l poteslsensu cause-Hi aceipi. Connnunioaem iilos habet-e cum Deo, qui in luee ambulanh sanguis entm Dei Munde-vix ipsos ab omni per-cela. Calov hat vorher selbst das Priiseiis richtig betont: non pkaetek eausam priiesenti ulitur apostolus, set! continuitatem tiesignak non enim ail purijieervit 94 I Seh. l, 5—1t, 28. maximeeum inter Opera tue-is, qnae kacimus, bumiliter quo- lidie nostros illi errores contitemutz cum iiimittentes debita- ribus nosikis nostra nobis debita tiimitti presse-mais, cum me— more-s passiouis jllius libenter adversa quaeque toter-was, und stellt also mit Recht unsern Lichtwandel als die Bedingung unserer beständigen Reinigung, nicht umgekehrt die einmal, in der Taufe, geschehene Rechtfertigung als den Anfangs- und Ausgangspunct unseres Lichtwandels und unserer Gemeinschaft, dar. Diese letztere Ansicht, nach welcher die Schlußworte un- sers V. 7 das vinculum (Beza), das fundamentum (Wolf) unserer Gemeinschaft mit Gott und unter einander beschreiben sollen (vgl. S. G. Lange, Sander U. a.), hat nur auf den ersten Anblick eine gewiße Wahrscheinlichkeih welche darin liegt, daß die christliche Brudergemeinschaft in der That aus dem Tode des Herrn beruht —— denn, mit Paulus und Petrus zu reden, durch sein Blut hat der Herr die Kirche sich erkaust, gestiftet (Cph. Z, 11fll. 5, 25 fll. AG. 20, 28. 1 Petr.1,19.), oder, wie Johannes sagt, der Tod des Herrn ist die Versöhnung und Versühnuug der Welt und grade als seine höchste Liebes- that der Grund und Halt für die Liebesgemeinschaft der Gläu- bigen (ll, L. 1ll,16. IV, 9 fll. Ioh Z, 16. l, 29. 13, 1. 34· 15, 12.) -— allein an unserer Stelle ist dieser Gedanke mit dem klaren Wortlaute durchaus unverträglictx Jn dem einfach hinzufügenden nat darf man nicht eintnalinit Beza und Wolf eine cansale Bedeutung latitirend denken, geschweige denn, daß nian jene Partikel mit Oecumenius und Semler ge- radezu durch »in, namque umschreiben kann; und das Prä- sens »aus-Hitze: in ein Perfectuiii umzusetzen, ist nicht das min- deste Recht vorhanden. Aber der Gedanke der Rechtfertigung an sich, nicht allein der ersten, unsere Gemeinschaft begrün- denden Rechtsertigung bei dem Eintritte in dieselbe, sondern der Gedanke der Rechtfertigung überhaupt, d. h. der etc-kais»- axc im paulinischen Sinne, des actus judicia1is, wodurch die pecoata gratuito nobis remitluntuy non imputantur, contin- naniuy also der Rechtfertigung im Unterschiede von der Hei- ligung (Calvin, S. Schmid, Calov), entspricht nicht der Evas-»Hm» csav 1 Ich. I, 7. 95 Bedeutung des Wortes »wenn-Fern, selbst wenn man, in richtiger Würdigung der Präsensforny die täglich wiederholte Lossprechung von der Sündenschuld (Sand er) , die uns» als Frucht unserer Gemeinschaft mit Gott und den Brüdern, um des Todes Christi willen (Baumgarten-Crusius) ducch den Glauben zu Theil wird, versteht. Den richtigen Begriff des Wortes nassen-Te»- werden wir also nicht allein gegen die erste der beiden oben beschriebenen Hauptarten der Ausle- gung unserer Stelle, sondern auch gegen die eine, von Cal- vin und Calov, in gewißem Sinne auch von Episcopius, vertretene Modification der zweiten Hauptart geltend zu machen haben. Calov, welcher als Repräsentant dieser Ansicht gelten kann, unterscheidet mit dogmatischer Schärfe die puriticatio, welche in den articulus justjiicalionis gehöre d. h. die apprehem sio expiationis Christi ineritoriae per Einem, oder die remis— sio peccatorurm von der puriticatio in articulo sanctiticatim nis, quae iit cum a Spiritu sancto renovante vetus homo exuitur et mortiticatuty novusque induitur et creatur in no— bis, nosque nova creatura in Christo sumus et in novitate vjtae amhulamus Jene geht voran, diese folgt nach. Illa per remissionetn peceatorum descrihitur, quam coram tri- hunali Dei virtute sanguinis et meriti Christi consequimutz adeoque ita sanguis Christi munciat nos a peccatis, cum propter Christi expiationem fide apprehensam a peccatis ab— solvitnur et in gratiam recipitnur. Peccata enim expiantur non ut non insint, seci ut non imputentun Haec autem est, cum vires nobis eae donantuh ut reIictis peccatis vitae sanctitati studearnus Diesen Gedanken der Rechtfertigung d. h. der Siindenvergebung sindet Lücke nicht im Zusam- menhange, weil, wie er sagt, «»hier die Rede ist nicht von dem, was erfolgt, wenn der Mensch gesündigt hat, sondern, wenn er sich von der Sünde fern hält« Aber dieser Einwand ist unbegründetz »denn auch an den Heiligen findet sich noch Unreinigkeitss (Luth er). Stellt doch auch Johannes svgleich V. 8 fl., wo er den Lichtwandel der Gläubigen im Einzelnen beschrcibt, als erstes Stück das aufrichtige, demüthige Sün- 96 1Ioh. I, 5———ll, 28. denbekenntnis voran und knüpft eben hieran die unzweideutig bezeichnete Vergebung der Sünden Gan; »F» se. eins-m. B. 9). Entscheidend ist aber gegen die von Calov gegebene Deutung des Ausdrucks ssaäupfckc der zweite von Lücke gemachte Ein- wand, daß nämlich, wie die Vergleichung von V. 9 ergiebt, Johannes zwischen der Sündenvergebung oder dem usw«-a« r. tin-»Hm, d. h. der rechtsertigenden Aufhebung der Sünden- schuld, und der Reinigung von Sünden d. h. dem heiligenden Abwaschen des Sündenschmutzes selbst, dem Tilgen der Sünde als solcher, Welches Letztete nassen-Je«- oImZ wuchs« Wenn— sing, »Für-fak- heißt, unterscheidet; denn nichts berechtigt uns, entweder mit Calvin und Calov zu behaupten, «— sag-Te«- habe in B. 9 eine andere Bedeutung, als in B. 7, wo es im Sinne des Calovius nichts Anderes sein soll als das ein-sw- -. ihr-uns. B. 9., oder, wenn das sen-Ja- pigsm B. 7 und B. 9 gleichbedeutend genommen wird, mit S. Schmid zu behaupten, nasses-gis. sei beide Male soviel als eins-sue« T. o?,«. Die Erklärung des »wenn-IS»- V. 7 von der Rechtfertigung sensu judjcjalh im ausdrücklichen Ge- gensatze gegen die Heiligung, ist wenigstens bei Calovius unverkennbar durch die Besorgnis veranlaßt, daß, wenn »a- iragfcsiu B. 7 so wie B. 9, wo es ausdrücklich dem »He-»H- iss« c. ei«- nachsolgt, aufgefaßt würde, das nothwendige Mo- ment der Rechtfertigung, als der Voraussetzung der Heiligung untergeschlagen und unsere Heiligung von uns selbst, von un- serm Lichtwandeh d.h. wie die Socinianer sagten, von unsern guten Werken, anstatt von dem Blute Christi abhängig ge- uiacht würde. Die Besorgnis ist aber gänzlich unbegründet. Der objektive Grund oder, wie Calov sagt, die causa meritokia unserer Heiligung, wie unserer Rechtfertigung, ist nur das Blut Christiz aber die subjektive Aneignung der in diesem Blute liegenden reinigenden, (rechtfertigenden und) heiligenden Kraft ist nach Johannes unser Wand el im Lichte, welchen der Apostel eben nicht als »gute Werke« denkt, son- dern wesentlich und vor allen Dingen als Buße und Glau- ben. Auch das versteht sich für den Apostel von selbst, daß Eva! cccccccc py IJoh. l, 7. 97 unsere fortwährende Reinigung, unser stetes Loskommen von der Sünde selbst die tägliche Rechtfertigung, das beständige Suchen und Empfangen der Vergebung unserer Sünden als nothwendige Bedingung voraussetzh aber in V. 7 wird dies Moment des dick-swa- -. Esaus-c. nur nicht ausdrücklich her- vorgehoben. Dies geschieht erst V. 8 fll., wo der B. 7 aus- gesprochene Gedanke genauer; auseinander gelegt, weiter be- gründet und specieller angewandt wird. Je bestimmter aber Johannes V. 9 das umso-nigres- von dem cis-sie's« so. ei« un- terscheidet, um so weniger können wir einerseits die Ansicht billigen, nach welcher das nasses-Te«- V.7 geradezu mit dem ist«-Essa- -r. »Es-agi- V. 9 identisicirt wird, oder anderseits die Meinung de Wettes gutheißery welcher das nasses-Te»- V. 7 so erklärt, daß es beides, das »Er-»Es« I. Gange. und das »wenn-K«- V. 9 umschließt De Wette will nämlich eine doppelte Weise, die reinigende Wirkung des Todes Christi uns anzueignen, unterscheiden, eine »gläubige« und eine »sittliche.« Die erste beruht im Sinne des Apostels Paulus, auf der »in-»F, »welche die rechtfertigende Gnade Gottes im Blute Jesu ergreift, und das neue von Sündenschuld gereinigte Leben in Christo beginnt. Aber dieser »so-»F, so fährt de Wette fort, steht eine andere Aneignungsweise zur Seite: das der Sünde Absterben in und mit Christi Tode (Röm. 6), und die aus dem Glauben entspringende fruchtbare Liebe« Die »gläu- bige« Aneignungsweise geht somit auf die versöhnende, recht- sertigende Kraft des Todes Jesu, die -sittliche« Weise entspricht der heiligenden Wirkung desselben. An unserer Stelle findet de Wette keine der beiden Seiten ausschließlich hervorgehoben, sondern, weilt, 8—lI, 2 nur eine Analhse unsers. Satzes sei, —- weshalb denn auch deWette ähnlich wie S. Schmid und Paulus, die Schlußworte von V. 7 in seiner Textabs theilung von der ersten Hälfte des '7. Verses abschneidet und mit V.8-—- il, 2 zusammenfaßt - der Salz nai se. ais-s. irr-i. schließt nach de Wettes Ansicht »sowohl die versöhnende als die heiligende Kraft des Todes Jesu«, also die »gläubige und die sittliche Aneignung desselben« in sich, so daß folgender Ge- l. 7 Erst-»aus» copy 98 1 Ich. I, 5 —I1, 28. danke sich ergiebt: »Wer in der christlichen Lichtgemeinschaft steht, der wird, im gläubig-liebenden« Hinblicke auf den Tod Jesu, so oft ihn eine Sünde überrascht, darin Versöhnung aber zugleich die Kraft sinden, der Sünde immer mehr zu wi- derstreben.« Allein wenn wir auch mit deWette eine -gläu- bige« und eine »sittliche« Aneignungsioeise der Kraft des To- des Christi unterscheiden wollen, obgleich jedensalls neben dem Unterschiede die Einheit sestzuhalten ist, weil der Glaube eine sittliche That ist und in dem sittlichen Streben und Leben mit und in dem Herrn der Glaube sich vollzieht, im Glauben und in der Heiligung dasselbe ethische Leben ist, so werden wir doch kraft des 9. Verses, behaupten müßen, daß das sie-ira- gixrr B. 7 nur die »sittliche« Aneignungsweise der heiligenden Kraft des Todes Christi ausspricht, nicht aber zugleich die gläubige Aneignung der rechtsertigendety versöhnenden Wir- kung (das ais-»F»- s. oder. B. 9), welche vielmehr stillschweigend vorausgesetzt wird, einschließt. Nachdem wir also zuerst die Auslegunglsweise abgewiesen haben, nach welcher das ansagt- g» die rechtsertigende, unsere Sündenschuld aufhebende Wir- kung des Blutes Christi bezeichnen soll, sei es daß man dabei an die einmalige Rechtfertigung bei dem Eintritte in die christ- liche Gemeinschaft denkt, sei es daß man die täglich in Buße und Glauben zu erlangende Rechtfertigung, jedensalls die Rechtfertigung im Unterschiede von der Heiligung versteht; nachdem wir ferner auch die Combination jener Ansichten als textwidrig gemißbilligt haben, bleibt nur die tieuerlich von Lück e vorgetragene Erklärung übrig, welche aber das, was auch uns das Richtige zu sein scheint, mehr andeutet, als im Zusammenhange der johanneischen Anschauung entwickelt und begründet. Lücke denkt die durch das Blut, d. h. durch den »blutigen Tod Christi, als die Spitze seiner erlösenden Thätig- keit auf Erden-«, fortwährend in den Gläubigen gewirkte Rei- nigung von aller Sünde als »die durch den Eifer in der christ- lichen Heiligung bedingte, immer ungehemmtere Wirksamkeit der göttlichen Gnade in dem Erlösungstode Christi« Wenn nämlich Johannes diese Wirkung des Todes Christi als durch 1 Ich. l, 7. 99 unsern Lichtwandeh durch unsern »Eiser in der Heiligungts bedingt vorstelle, so habe das seinen Grund darin, daß der Apostel denke: »nicht je mehr der Christ siindigt, sondern je mehr er sich heiligt und der Sünde abstirbt, desto herrlicher offenbart sich die erlösende und versöhnende Gnade Gottes in Christo« Das den ganzen Gedanken erklärende Hauptmoment sindet Lücke darin, »daß das als-«: ’l. Xg. als die volle Of- fenbarung der göttlichen Liebe in dem Gläubigen das heilige Lebensprincip der Liebe begründet, erhält und vollendet« —- Jm Einklange mit diesen Bemerkungen Lückes versuchen wir abschließend eine einheitliche Entfaltung des johanneischen Ge- dankens, indem wir die Momente, welche wir bisher entweder im Widerspruch mit fremden Ansichten entwickelt und begrün- det oder auch als zweifellos angenommen haben, zufammenfaßem Die durch im; indicirte Stellung unseres Satzes zu der ersten Hälfte von V. 7 ist ganz ähnlich dem Verhältnis, in welchem M, 10 die gleichfalls mit dem einfachen me! angefüg- ten Worte nat e; xlss cis-anrich- sx. oickelyx wär. zu dem Vot- hergehenden stehen. Der ist nicht aus Gott, sagt abschließend der Aposteh welcher nicht Gerechtigkeit thut, und, so fährt er, ein besonderes, zu der folgenden speciellen Entwickelung hin- iiberleitendes Moment aus dem allgemeinen »Gerechtigkeit« thun« heraushebend, fort— und wer nicht feinen Bruder liebt. Gleichwie dort der specielle Gedanke der Bruderliebe aus der allgemeinen Idee der Gerechtigkeit hervorwächst und zugleich zu einer neuen, speciellen Erörterung vorwärtstreibtz so erhebt sich auch an unserer Stelle der Satz, sml scö user» Hi. einer- seitssauf dem Grunde des vorher Gesagten, erscheint aber zu- gleich anderseits als eine Gedankenspitzy welche vorwärts weist und eine weitere, das angeregte besondere Moment verfolgende Einzelentwickelung vorbereitet. Gott ist Licht, so lautete der alles tragende Grundsatz V. 5. Indem nun der Apostel die ethischen Kräfte dieses Satzes im Hinblick auf das Ziel feines Briefes (V. 3) in Bewegung setzt, spricht er zuerst die ein- fache Folge aus: wer mit Gott Gemeinschaft zu haben vor- giebt und dabei in der Finsternis wandelt, der lügt (V. 6); 100 l Tod. l, 5—ll, 28. umgekehrt aber, fahrt der Apostel fort, wenn wir im Lichte wandeln, wie Gott Licht ist, so haben wir Gemeinschaft unter einander, Gemeinschaft mit denen, welche in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Herrn Christo stehn (V. 3), und das Blut Jesu Christi reinigt uns fortwährend. Freilich klebt uns, auch wenn wir im Lichte wandeln, noch immer die Fin- sternis, der Schmutz der Sünde an, aber wer da hat, d. h. wirklich, lebendig, nutzbar hat, dem wird gegeben, daß er die Fülle habe, wenn wir wirklich in der Gemeinschaft Gottes stehn, Theil haben andem ewigen, heiligen, seligen Lichtleben Gottes, und diese Gemeinschaft mit Gott, der im Lichte ist, durch unsern Wandel im Lichte lebendig, wirksam bethätigen, so haben wir eben in unserer Gemeinschaft mit dem ewigen Lichte nicht allein das Band, welches Uns mit allen Gläubi- gen, in derselben Gottesgeikieinschaft Stehenden verknüpft, son- dern auch die Bedingung der bestcindigen Theilnahme an dem alle Finsternis tilgenden, allen Schmutz der noch vorhandenen Sünde abwaschenden Blute Christi. Die reinigende Kraft selbst liegt also nicht in uns, nicht in unserm Lichtwandeh sondern in dem Blute Christi; aber diese Kraft wird für— uns wirksam, uns fühlbar durch unsern Lichtwandel Daß das Licht, in dem wir wandeln, die Finsternis, welche immer noch in uns ist, überwindet, daß ein lebendiger Fortschritt in der Heiligung möglich und wirklich ist, davon liegt der Grund in dem Blute Christi. Die Bedeutung des Ausdrucks ed ais-«:- «Jø7a. X« kann nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des N. T. nicht zweifelhaft sein. Nur solche Auslegey denen die bib- lische Vorstellung von dem Tode des Herrn und seiner Wirkung mißsiel, haben entweder durch eine heutzutage fast unbegreif- liche Mißhandlung des Textes den aposlolischen Gedanken gänz: lich verdreht oder wenigstens demselben die Spitze abzubrechen versucht. Socin, Grotius und Episcopius sind darin einig, daß der Ausdruck azur- metonymisch zu erklären sei. Socin versieht darunter: ipsum novutn foedus nobiscum a Deo san— drum, quia viäelicet ici Christi sanguine coniirmatum mit, 1 Joh I, 7. 101 und deutet den apostolischen Gedanken von der Reinigung durch das Blut Christi so um: sanguis Christi testatur a(- confir- mat oodis esse remissa omnia peeouta nostra. Grotius umschreibt unsern Sah: ostemiit qui talis est, se vere re— purgatum Christi sanguine, ici est iiiie en, qui-m in nohis operutur Christi passiv. Episcopius erklärt: per sang-ai- nem Christi Jesu Jesum Christum intelligi mit, quatenus iiie per sanguinem sama, iii est oheiiientinm sunguine, sive mortis aeerbissimae et ignoininiosissimae perpessioniz con- iirmatam ex promisso Patris promeruerit reciemtionem et remittencii p0testntem, i. e. potentia instructus est post re— suseitationem et positionein ad dexiram Dei in altissimis vi- tam aeteraam aliis eommunioandi. Die späteren Rationalisten wißen andern Rath, um dem Apostel ihre Meinungen unter- zuschiebem Semler hebt unter langen Declamationen gegen die beschränkte Qrthodoxie hervor, daß die »Reinigung durch das Blut Jesu Christi« in demselben Sinne bildlich zu ver- stehen sei, in welchem die wegzuschafsende Siinde unter dem Bilde des Schiuutzes dargestellt werde. Es sei, sagt er, sticht an eine -physische«, sondern an eine »Iogische« oder »morali- sche« Reinigung zu denken. Wie diese aber geschehg und was die Hinrichtung Jesu Christi durch die Juden damit zu schafseii habe, ist nicht zu ersehn. Semler umschreibt: nos tamen has nova cognitione aucti sumus, qnoti sanguis Jesn Christi, quem Jud-sei supplicio alkecerung sacriiieiorum omnium loco omnes istas pecoati sorcies a nohis unserer. Oertel und Paulus berufen sich aus die heilsame Betrachtung des Todes Christi. Jener meint: »der vernünftige Glaube an den mo- ralischen Zweck des Todes, der Hinrichtung Jesu werde uns vollends reinigen — von aller noch rückständigem aus dem Judenthume uns anklebenden moralischen Berdorbenheih Wahn: glauben und Laster, —- fiir deren Beendigung sich unser Herr selbst ausgeopsert hat, um nämlich den jüdischen Wahnglauben an Gesetz und Messias zu vernichten, und dagegen seine Lehre vom Allvatey Tugend und Menschenliebe zu bestätigen« Pau- lus erinnert außerdem daran, daß die »Betrachtung« des 102 lJvh. l, 5—Il, 28. blutigen Todes Christi für die Urchristen, zumal für die Au- genzeugen, ,,eine Aufregung, die nicht leicht stärker und ge- miitherschütternder gedacht werden kann-«, enthalten habe; um so mehr, meint Paulus, sei diese ,,Betrachtung« eine »große Aufforderung geworden, nicht zu sündigen, d. h. nicht fortzu- leben in einer Gesinnung, welche den Heiligen Gottes ans Kreuz gebracht hatte, vielmehr aber rein nach eben der Über- zeugung leben zu wollen, für welche Jesus stch aufgeopfert hat.« Dagegen hat schon S. G. Lange anerkannt, daß Jo- hannes die-von Sünden reinigende Kraft des Blutes Christi nicht bloß in die Lehre und das Beispiel setze, sondern das Blut Christi als Opserblut (vgl. It, I) ansehez zugleich aber hat sich Lange als ächter Rationalist gezeigt, indem er jene aposiolische Anschauung als einen ,,jiidischen Begriff« abwies. Am leichtesten hat sich Ballenstedt die Sache gemacht, wel- cher meint, es liege nur an unsern von Kindheit an eingeso- genen Begriffen und Bildern, wenn wir, wo im Neuen Te- stamente von dem Blute Jesu Christi die Rede sei, an einen Qpfertod dachten. Ein solcher Gedanke würde ja die Ermah- nungen zu einem ganz reinen Wandel entkrästew Wenn das Blut Jesu Christi uns rein macht —- ,,wer wird sich nun noch die Mühe geben, rein zu werden? Man läßt es darauf an- kommen« Das Wort des Apostels sei vielmehr »ein Speci- ficum, kein unsicheres Universale gegen besondere persönliche und Zeitenvergehungen und Irrungen« —- Johannes rede ,,vielleicht auch wider solche, die Jesus einen wirktichen Kör- per absprechen« Der Apostel versteht, wie alle Schriftsteller des Neuen Testaments, welche den Ausdruck gebrauchen, unter »; »Ist-» ’J. X. das am Kreuze vergoßene Blut des Herrn; demgemäß ist ihm das Wort der reale, unmittelbare, nicht symbolische Ausdruck für den blutigen Kreuzestod des Herrn (V,6flt. Joh. 6, 53 sit. Vgl. Hebt. 9, 13 sit. 10, 19 sit. I Petr. I, 2. 19. Röm. Z, 25. Z, 9. Ephes.1, 7. 1 Cor.1l,25. 10,16. Matth. 26, 28). Juden: nun hier der Apostel von dem sitze» ’I»e1. Xzx redet und die fortwährende Wirkung desselben beschreibt 1 Ich. i, 7. 103 Use-seinige- --«1.), ist es gewiß nicht ohne Bedeutung, daß er, in Anklang an B. Z, hinzusiigtt rot? vier? aus«-is. Wir haben schon oben angedeutet, daß Calovius auf Grund die- ses Zusatzes von einem ,,Blute Gottes« redet, eine Borstek lung, welche «er auch AG. 20, 28 in den Worten r. Hin-z»- m«a» we? Druck, II» reagieren-»Kann) Im? rot? »Mir-zog Im? Mo» aus das bestimmteste ausgesprochen findet. Diese letzte Stelle beweist aber nichts, weil statt ein) Jene? ohne Frage Im? neigte» zu lesen ist. Aber wenn auch die Lesart Im) Wof- die richtige wäre, so würde man doch nach der Ana- logie der Schrift, zumal der paulinischem den Ausdruck sc. »Es-»Aha. Im? Deo-J als eine constant"e, in sich völlig abge- schloßene Formel (vgl. Gal. l, 13. lCor. l, 2. 2Cor. l, l) betrachten müßen, so daß die Bestimmung we? Was? nur zu dem Begriff ssmzøyaia gehörte, mit diesem gänzlich zusammen- gewachsen erschiene, und deshalb aus jenem Zusatz nicht das logische Subjekt (c3 »Es-Je) zu nsgrzvrorøjoasro entnommen wer- den könnte; vielmehr müßte als dies Subject ö rosig-o; ge- dacht werden. Denn wie der Ausdruck, so ist auch die Bor- stellung von einem ,,Blute Gottes« der Schrift fremd, und es gehört deshalb schon zur Reinlichkeit und Keuschheit der christ- lichen Sprachweise, das spitzige Wort zu vermeiden. Die Schrist kennt nur, das aber auch als Fundament der christ- lichen Heilswahrheit (I Tim. s, l6), das Blut des Mensch, Fleisch gewordenen Sohnes Gottes, das Blut des Men- schen Jesus Christus (1 Tim. 2, 5), in welchem Gott war (2 Cor.5, l9), weil er der Mensch gewordene Logos war, der wirklich im Fleische erschienen ist (IV, Z. 14 fl. Joh. l, 1sll.). So gewiß wir also im Sinne der Schrist von dem Blute und dem Tode des Gottmenschen reden, ebenso gewiß haben wir nicht allein die ebionitische Einseitigkeit, welche den göttlichen Faktor in der Person des Gottmenschen unterschliigtz sondern auch die doketisrrende Extravaganz, welche das, was von der ganzen Person des Gottmenschen in seiner realen Einheit gilt, von dem Logos allein aussagen möchte, zu vermeidend. Jo- auch in dieser Beziehung nmsierhast Jn seinen: Glau- 104 l Ich. l, 5——ll, 28. hannes sagt, daß der, welcher sein Blut für uns vergoßen hat, dessen Blut fortwährend uns, wenn wir in der Gemein- schaft mit Gott bleiben, reinigt, der Sohn Gottes (V.3) ist, welchen der Vater in die Welt gesandt und dahin gegeben hat (IV, 9. Joh. 3, 16). Derselbe Christus Jesus, in welchem das ewige Leben persönlich erschienen ist, welchen die Apostel als wirklich Mensch gewordenen, im Fleische menschlich gegen- wärtigen gehört, gesehn und getastet haben (V. 1sll.), der ist bensbetenntnis (bei Guericke, Shmboliik Leu-z. 1846. S. 666) sagt er: »Zum andern glaube ich, — daß Gott der Sohn — eine ganz völlige Menschheit angenommen, und rechter Samen oder Kind, Abraham und David verheißen, und natürliche: Sohn Mariä geboren sei, in aller Weise -und Gestalt ein rechter Mensch, wie ich selbst und alle andere; ohne daß er ohne Sünde, allein von der Jungfrauen, durch den heil. Geist kommen ist. Und daß solcher Mensch sei wahrhaftig Gott, als eine einige unzer- trennliche Person aus Gott und Mensch worden, also daß Maria — sei eine rechte, wahrhaftige Mutter nicht allein des Menschen Christi, — sondern des Sohnes Gottes. — Auch glaube ich, daß solcher Gottes und Marien Sohn, unser Herr Jesus Christus, hat für uns arme Sünder gelitten, sei gekreuzigt, gestorben u. s. w.« An einer andern Stelle (die drei Symbole. Walch X, 1358) sagt Luther über die »weitläusige, unnütze Frage« ob die Seele des Herrn allein in die Hdlle gefahren oder ob die Gottheit bei ihr gewesen sei: »Wir sollen — schlecht einfciltiglich unser Herz und Gedanken an die Worte des Glaubens hesten und binden —: die ganze Person, Gott und Mensch, mit Leib und Seel, ungetheilet, von der Jungfrauen geboren, gelitten, gestorben und begraben ist; also soll ich’s hie auch nicht theilen, sondern glauben und sagen, daß derselbige Christus, Gott und Mensch, zur Hölle ge- fahren-« Vgl. ebeudas S. 1209 fl. Wenn aber Luther von einem »Btute Gottes« redet, wie Xll, 858 auf Grund der Stelle AG. 20, 28, so will er durch dies Oxymoron die wirkliche, unzertrennliche Einheit der gott- menschlichen Person des Herrn in’s Licht sehen: »denn so dieses Blut, das ist ja eines natiirlichen Menschen leiblich, greiflikh, rothfarbeii vergoßen Blut, soll wahrhaftig heißen Gottes Blut, so muß dieser Mensch wahrer Gott sein.« Der eine unzertresinliche Gottmeiisch hat für uns ge- litten. An dem Satze hält Luther mit aller Entschiedenheit denen gegen- über, welche das Leiden Christi nur auf seine menschliche Natur beziehn, fest. S. Luthers Worte aus dem großen Bekeuntnis vom Abendmahl, in der Form. contra-d. P. II. art.8. (Libb. symb. ed. Hase, p·770sq.) Vgl. Aktien visit. a. 1592. H, s. (Ebendas. P. 863). I. Ist» i, 7. 105 am. Kreuze gestorbem Die Bedeutung des blutigen Todes Christi wird aber von Johannes, in Übereinstimmung mit al- len Aposteln, nach zwei Seiten hin dargestellt. Einmal und zuriächst erscheint der Tod des Herrn als ein Sühnopfer, als Versöhnung der Welt (ll, 2. M, 5. IV, 9. Joh. 1, 29. Eli-Im. s, 25. Z, 9. Hebt. 9, 23 fl. l0, 19 sl.), sein Blut als das Lösegeld für die durch ihre Sünde dem Tode versallene Welt (18Petr. l, 18. 2, 24. 1Cor. B, 20. Ephes 1, 7). In dieser Hinsicht werden wir durch den Tod des Herrn gerechtfertigt, unsere Schuld wird uns, weil er dieselbe für uns genugthuend getilgt hat, erlassen. Nach einer andern Seite hin erscheint aber der Tod des Herrn als der Sieg« über die Sünde selbst, das Blut Christi als das Reinigungsmitteh durch welches fortwährend die auch dem Gererhtsertigten noch anhaftende Sünde selbst abgewaschen wird. Das ist die Meinung des Apostels an unserer Stelle, indem er sagt: das Blut Christi — uoeäuxzfgsr esse-L;- oind weich; ehren-princ- Wie in Gott, der Licht ist, keinerlei Finsternis (B. 5) ist, so darf auch in denen, welche mit ihm Gemeinschaft haben wollen, keinerlei Finsternis, keinerlei Sünde sein; jede Art, jede Ge- stalt der Sünde muß getilgt werden. Das geschieht, wenn wir im Lichte wandeln, durch das Blut Christiz deshalb sagt Johannes: oimi ansah§ »Hu-»Hm, ein Ausdruck, bei welchem der Apostel fchwerlich an den Gegensatz der Erbsiinde und der wirklichen Sünde (Luther, Caloo, Bengel u. a.) gedacht hat. Es fragt sich nun aber, wie der Apostel diesen ethischen Proceß der Wegsehafsung der Sünde durch das Blut Christi, unter Voraussetzung unsers Wandelns im Lichte, sich vorstellt. Zunächst werden wir daran denken, daß die lebendige Übung der Kräfte, welche wir schon in der Gemeinschaft mit Gott haben, und in unserm Lichtwandel bethätigen und auswirkety eine solche ethische Rückwirkung veranlaßt, daß die Lichtkräste selbst in der Übung erstarken, sich läutern und je weiter und kräftiger sie sich ausdehnen, um so mehr die uns noch ankle- bende Finsternis verdrängem Denn das ewige Leben in uns ist ein wahrhaft ethisches, also bildsames, einheitliches Jede 106 1 July. l, 5-—ll, 28. einzelne Erweisung desselben in irgendeinem Stücke dessen, was Johannes unsern Lichtwandel nennt, wirkt, wie unser ganzer Lebensschatz in seiner organischen Einheit dabei thätig ist, so auch auf unser gesammtes ethisrhes Leben im Lichte zurück, das Wahre, Heilige, Lichte und Lebendige ebenso sehr fördernd, mehrend, kräftigend, als das Unlautere, Finstere richtend und vernichtend. Allein wenn wir nur dieses Wirken und Rück- wirken des in uns vorhandenen Lichtlebens ins Auge faßten, so würden wir einseitig die vom Apostel gesetzte subjektive Be- dingung, jenes sei» öd; F» ca? was-i gegenseits-»so- betonen, ohne den objektiven Grund dieses Wachsthums in der Heili- gung, dieses Reinwerdens von der Sünde, welchen der Apostel im blutigen Tode des Herrn erkennt, gehörig herauszuhe- ben. Daß die Kräfte des ewigen Lebens überhaupt entbunden sind und nun, wenn wir im Lichte wandeln, je mehr sie geübt werden desto mehr wachsen, desto kräftiger alle Sünde verzeh- ren, kurz das ethische Gesetz jenes Wirkens und Rückwirkens selbst ruht aus dem Tode des Herrn. Wir werden also noch um einen wesentlichen Schritt tiefer in die johanneische Vor- stellung hineingehn und fragen müßen: inwiefern ist der Kreu- zestod des Herrn der reale, objektive Grund und Halt, der eigentlich wirksame Factor (i-a«9ag«';«, »das Blut macht uns rein-«, nicht wir, unser Lichtwandeh unsere Arbeit in der Hei- ligung) in der Wcgschasfung unserer Sünden? Zum Verständ- nis der eigentlich johanneischen Anschauungsweise wird es lehr- reich sein, vorher die paulinische Vorstellung von der Sache anzudeuten. Nach Paulus beruht unsere reale Freiheit von der Sündenknechtschast deshalb auf dem Tode des Herrn, weil wir, die wir kraft des Glaubens in Christo sind, wie er in uns lebt, mit Christo gekreuzigt, begraben, also der Welt und der Sünde wirklich abgestorben send. Was wir fortan leben, das leben wir mit und in dem Christus, welcher um unserer Sünde willen gestorben und um unserer Gerechtigkeit willen auferstanden ist. Christus lebt in uns, weil wir im Glauben Christum wirklich haben und zwar den Christus, welcher uns geliebt und — worin seine Liebe sich vollendet hat — sich l Ich. I, 7. 107 für uns dargegeben hat (Gal. L, 20 sl. Röm. 5, I fll. Col. Z, 3 fll. 2 Cur. Z, 14 fl. Nöm 6, 3 fll.). Hieraus geht auch die wesentliche Einheit, nicht Einerleiheit, der Rechtfertigung und der Heiligung hervor, eine Einheit, welche eben auf dem sittlichen Wesen beider Seiten beruht. Der Mensch, welcher im Glauben Christum selber ergreift, als lebendiges Glied sei- nes Leibes an seinem Leben wirklich Antheil hat, der ist eine neue Creatur geworden (2 Tor. 5, 17. Gal.6,15. Vgl. Ephes Z, 15. 4, 24). Das alte Leben nach dem Fleische ist wirklich ertödtet, die alte Schuld begraben, vergeben d. h. der Mensch, der mit Christo gestorben ist, ist gerechtfertigt (Röm. 7, I fll. Col. 2, 12sll.). Aber der Tod des alten Menschen ist zugleich die Geburt des neuen; der Glaube, welcher, weil er Christum ergreift, die Rechtfertigung bedingt, ist auch unmittelbar der reale Anfang und der beständige Grund der Heiligung. Die Rechtfertigung schreitet ebenso gewiß zu dem Leben in der Hei- ligung fort, als umgekehrt die beständige Übung in der Hei- ligungfortwährend von der täglichen Buße und der täglich im Glauben neu einpfangenen Rechtfertigung ausgeht. Diese reale Einheit der Rechtfertigung und der Heiligung, die in der ob- jektiven Identität des ewigen Lebens begründet liegt, ist im Sinne des·Apostels Paulus so gewiß festzuhalten, als weder Rechtfertigung noch Heiligung in magischer, physischer Weise gedacht, vielmehr beide in ihrem ethischen Wesen verstanden werden sollen. Der Unterschied unserer subjektiven Erfahrung von dem im Glauben empfangenen ewigen Leben, einmal in seiner rechtfertigenden Bedeutung, dann in seiner heiligenden Kraft und Wirkung, besteht dabei nothwendig (Vgl. Nitzsch, Shstem der christl. Lehre 5. Aufl. S. 294 sll. 305 sl.). Unsere johanneische Stelle ist deshalb fiir den Lehrbegriff des Apostels höchst wichtig, weil hier (B.9) so bestimmt, wie sonst nirgends bei Johannes zwischen Rechtfertigung und Heiligung unterschie- den wird. Denn gerade weil der Apostel V. 7, ohne aus: drücklich das erste Moment der Rechtfertigung, welches fort- während der beständigen Heiligung correlat ist, zu nennen, sogleich die Heiligung selbst als die fortgehende, durch unsern 108 1Joh. i, 5-—11, 28. Lichtwandel bedingte, Wirkung des Todes Christi für uns hin- stellt, treibt ihn die innere Bewegung des V. 7 zusammen- gepreßten Gedankens zu der weitern Entfaltung der einzelnen Momente des Sündenbekenntnisses der Sündenvergebung der Siindenwegschaffung (V.8sll.). Gewöhnlich spricht Johannes so, daß er das christliche Heil in seiner wesentlichen Einheit unmittelbar ansehaut, ohne reslectirende Unterscheidung der ein- zelnen Momente, in welchen es sich in unserer Erfahrung dar- stellt. Jn Christo, und zwar dem für uns gestorbenen (und auferstandenen), haben wir durch den Glauben das ewige Leben (V, 12 ff. Joh. 20, 3l); deshalb ist Christus ei ow- sxzkq km«- xsjaxcov (lV, 14. Joh. 4, 42). Das Hauptmoment ruht auch bei Johannes auf dem Tode des Herrn. Gott hat seinen Sohn dahingegeb en, Christus ist im Fleische erschie- nen und hat sein Leben gegeben, sein Fleisch uns zu eßen, sein Blut zu trinken gegeben, damit wir in ihm das Leben hätten (Joh. 3, 16. 6, 51 fl.). Und auch wenn Johannes sagt, daß der Herr uns geliebt, bis an das Ende geliebt habe, und daß dadurch uns das Leben bereitet sei, so ist, wie in dem Spaulinischen »ei- hat uns geliebt« der Grundton immer der Gedanke an den Tod des Herrn All, 16. W, s. Joh. I3, 1sll.). Das allgemeine sittliche Gesetz, welches bei dieser An- schauung zum Grunde liegt, ist das von Chrisio selbst so klar ausgesprochene, daß nur aus dem sterbenden Weizenkorn die reiche Frucht hervorwächst (Joh. I2, 24), ein Gesetz, welches schon der Prophet des alten Bandes erkannte, welcher dem sterbenden Knechte Gottes unzähligen Samen verheißt (Jes. 53), undwelches in jeder, auch der allergeringsien Erweisung des aus Christi Tod gegründeten Lebens srch darstellt, indem die heilige Liebe, welche aus der Liebe des Herrn geboren ist, ge- rade dadurch alles hat, daß sie alles in voller Selbstoerleug- nung hingiebt, dadurch herrscht, daß sie dient (Luc. 9,48. Mart. 9, 35), darin lebt, daß sie stirbt (Joh. I5, 12 fl.). Weil nun Johannes die Liebe als die heilige Thatkraft des ewigen Le- bens, welches wir in der Gemeinschaft mit Christo haben, denkt, so daß das Ziel unserer Heiligung nichts Anderes als Evas-»Hm» cssv I Jokx I, 7. 109 die Vollendung der Liebe ist, und die völlige Auswirkung des ewigen Lebens in uns kraft der Liebe den Haß und den Tod, der in ihm ist, überwindet (Il, Z. III, 10 sil.), weil aber ferner Johannes diese heilige Liebe der Gläubigen allein aus der Liebe Gottes, wie sie im Kreuzestode des Herrn sich vollendet hat, ableitet (III,16. IV,19), so könnten wir uns begnügen, unsern Satz» »das Blut Christi reinigt uns von aller Sünde« mit Lücke in dem Sinne zu erklären, daß der Tod des Herrn »als die volle Offenbarung der göttlichen Liebe in dem Gläubigen das heilige Lebensprincip der Liebe be- gründet, erhält und vollendet«. Allein um den johanneischen Gedanken in seinem vollen Reichthum zu verstehen, um na- mentlich den göttlichen, objektiven Grund der Liebe, als des in uns lebendigen Princips der Heiligung zu erkennen, wer- den wir doch noch weiter fragen müssen, in welcher Weise der Apostel die heilige und heiligende Lebenskraft der Liebe als durch den Tod des Herrn entbunden und in uns gesetzt denke. Jm Zusammenhange der johanneischen Anschauungsweife wird folgendes zu sagen sein. Von Sünden rein werden, uns heiligen, wie der Herr heilig. ist (l1I,3sll.), können wir nur wenn wir in ihm bleiben, in der lebendigen Gemeinschaft mit ihm und durch ihn mit dem Vater stehn, oder wenn wir im Lichte wandeln; denn nur die Rede, welche am Weinstock bleibt und aus der lebendigen Wurzel Saft und Kraft erhält, kann Frucht bringen (Joh.15,4. vgl. Ephes.4, 15 sl.). Wir erken- nen aber, daß wir in ihm bleiben und er in uns, an dem Geiste, den er uns gegeben hat (llI, 24. W, IS. V, 6fll.). Der Geist, den der Sohn vom Vater sendet, ist das objektive, reale Princip des ganzen christlichen Lebens, der Inbegriff des ewigen Lebens mit seiner Liebe und aller seiner heiligenden, die Sünde wegschaffenden Kraft, welches in den Gläubigen vorhanden ist. Dieser Geist war aber nicht eher, als der Herr in den Tod gegangen war (Joh. 7,39), d.h. der Geist war nicht für uns, als ein mittheilbarcr, er konnte nicht kommen ohne den Tod des Herrn «) (Joh.16,7. vgl. AG. Hildyieser Gedanke wird gewiß nicht in seiner vollen Bedeutung aus- Erst-»Hm» copy no 1 Ich. t, 5-n, 28. Z, 33). Also durch den Tod, durch das Blut Christi haben wir den Geist, welcher in alle Wahrheit leitet, alle Finsternis des Jrrthums und der Lüge vertreibt und richtet, allen Sehmutz der Sünde vertilgt, als das Zeugnis der Wahrheit, als das Prinrip des ewigen Lebens in uns wirkt (Joh. 16, 9 fll.). Des- halb ist das Zeugnis des Geistes und des Blutes, durch welches Christus zu uns kömmt, eins (V, 6s·ll.). Im Sinne des Apostels werden wir daher unsern inhaltsschweren Satz V. 7 in folgender Weise entfalten können: Wenn wir im Lichte wandeln, wenn wir also die Lebensgemeinschaft, in welcher wir durch den uns gegebenen heiligen Geist als Kin- der Gottes mit dem Vater und dem Sohne stehn, wirklich bethätigery in ihm bleiben und er in uns, so haben wir einer- seits die volle, lebendige Gemeinschaft unter einander, und anderseits wird auch die uns nooh immer anhastende Sünde, welcherart sie auch sei, durch das kraft des Todes Christi in gefaßt, wenn man, wie Lücke (zu Joh. '7, 39), nur daran denkt, daß durch den Tod des Herrn »die natürliche Beschränkung seiner vollen Wirk- samkeit, die irdische Verhüllung seines göttlichen Wesens, die Hetnmnng seiner Anerkenntnißth durch die osigä des Herrn, die freilich die nothwendige Bedingung seiner Erscheinung und seines Erlösungswertes auf Erden ge- wesen, aufgehoben worden sei. Noch ungeniigender erklärt de Wette, daß dnrch den Tod des Herrn die fleischlichen messianisehen Vorstellungen der Jiinger vernichtet, ihr Glaube zur geistigen Reinheit entwickelt, durch die Entfernung des Meisters die Selbstthätigkeit der Jünger gefordert und so alle in sie gelegten Geisteskeime entfaltet seien. Johannes will vielmehr sagen: v ehe nicht das Erlösungswerk des Herrn ganz vollbracht war, konnte auch die volle Frucht desselben kiicht da sein. Jst es der uns gegebene hei- lige Geist, welcher uns zu Kindern Gottes macht, durch welchen wir die reale Lebensgemeikischaft mit dem Sohne und dem Vater haben, durch wel- chen die Kräfte des ewigen Lebens, Wahrheit, Liebe, Frieden, Freudigkeit, in uns erzeugt, genährt nnd vollendet werden, und ist dieses ewige Leben in seinem einheitlichen unendlichen Reichthntn nur durch den Tod des Herrn uns gegeben im heiligen Geiste, so leuchtet ein, daß nur der durch Tod Gluserstehung nnd Himmelsahry »verkl·cirte« Christus den heiligen Geist sen- den kann· In der göttlichen Oeronomie erscheint objectiv die Ausgießung der Psingstgabe ebenso durch die That des Erlösungstodes nnd der Auferstehung bedingt, als subjektiv im Gläubigen das heilige, selige Leben im Geiste erst ersteht, wenn der Mensch mit Christo gestorben und auferstanden ist. 1 Ich. r, 7. 111 uns erzeugte göttliche Leben überwunden und hinweggeschafft Weil wir den heiligen Geist, und in ihm das Licht, die Ge- meinschast mit Gott, das ewige Leben mit allen seinen Kräften haben, und zwar durch den Tod Christi haben, so vollendet steh kraft des Todes Christi und seiner fortwährenden Wirkung, unser heiliges, seliges, freudevolles (V.4) Leben, wenn wir im Lichte, wie der Geist uns lehrt (1l, 27), wandeln. Der Tod Christi, durch welchen wir den Geist haben, hat ein für alle Male die heiligen, seligen, lichten Lebenskräfte entbunden, durch deren heilsam, immer-aus dem Blute Christi stammende, Macht, wenn sie nur geübt werden (wenn wir »im Lichte wandeln-«) fortwährend alle Finsternis, Lüge, Sünde und Tod in uns überwunden und aufgehoben wird. Und wie das Wesen Gottes selbst, mit dem wir im Glauben Gemeinschaft haben, die Liebe ist, wie der Tod des Herrn feine und des Vaters Liebe am herrlichsten offenbart, so ist auch der Puls- schlag des ewigen Lebens in uns die Liebe. Die Liebe ist die wesentliche Kraft der Heiligung, welche alle Sünde, deren eigentliche Natur der Haß ist (lll, 11fll.), vertilgt, die Liebe wird um so lichter und stärker, je mehr sie geübt wird; unser Wandel in der heiligen Liebe ——— denn das ist wesentlich unser Wandel im Lichte —, ist also die Bedingung für unser Wach- sen darin, für unser Reinwerden von allem selbstsüchtiger» haßenden Siindenwesem So gewiß aber jene Liebe nur aus derLiebe Christi, der für uns gestorben ist, hervorgeht, so gewiß ist die wirksame Ursache unserer sortgehenden Reinigung, unter der Bedingung unsers Bleibens im Herrn, unsers Licht- wandels, nur das Blut Christi. Von diesem Standpunkte aus fällt aber auch noch ein besonders helles Licht auf das zurück, was der Apostel über die briiderliche Gemeinschaft der Gläubigen unter einander sagt, indem er dieselbe, wie unsere fortwährende Reinigung von aller Sünde, als durch unsern Wandel im Lichte bedingt darstellt. Schon Cicero hat er- kannt, daß die Tugend das Fundament jeder Liebesgemein- schast sei; denn er sagt (De arme. o. 5): hoc primum set-via, nisi in bonis amicjtiam esse non passe. Dies sittliche Grund- Esss cccccccc a«- 112 lJoh. l, 5-—1l, 28. gesetz, lautet im Munde der Apostel: nur die Gemeinschaft der Heiligen, der Kinder desselben Vaters, die in derselben heili- gen Liebe als Glieder an dem einen Haupte (Ephes. 4, 15 fl.), als Reben an dem einen Weinstock (Joh.15, 4sll.) hangen, ist die wahre, bleibende Gemeinfchaft. Alle Sünde, deren Wesen Finsternis, Haß, Tod ist, hemmt und vernichtet die Brudergemeinschafh deren Wesen das Licht, deren Band die Liebe, deren Element das Leben ist, weil die Brudergemeim schaft zugleich und zuerst die Gemeinschaft mit Gott ist, wel- cher das Licht, die Liebe, das Leben selbst ist. Gleichwie wir uns deshalb durch den Wandel in der Finsternis, wie er sich auch gestalte, von der heiligen Brudergetneinschaft scheiden, so daß z. B. die Kräfte, welche durch Gebet das eine Glied des Leibes, dessen Haupt Christus ist, für das andere Glied vom Haupte erlangen kann, uns nicht mehr erreichen können (V, 16), so wird auch umgekehrt unsere Gemeinschaft mit den Brüdern um so reiner und kräftiger, je mehr wir im Lichte wandeln, je mehr wir die heilige Macht der Liebe in uns auswirkew Es sind also zwei wesentlich verbundene, in der innigsten Wechselwirkung stehende Dinge, die Johannes als doppelte Frucht unseres Lichtwandels, unserer lebendigen Ge- meinschaft mit Gott, der Licht ist, bezeichnet: einerseits die Gemeinschaft unter einander, anderseits die fortwährende Er- fahrung von der alle Sünde tilgenden, heiligenden Kraft des Blutes Jesu Christi. » V. 8. HEXE» Este-Wai- Zre esixroepscfexp en;- Zxoseeksy Sau— Tode; »Aus-»Ur»- seai eiäsjisseor F» vierte« ou«- seine« V. 9. «Ee)21- eizeohiyeeszesep sei; eixeoegsctoec Treus-», neu-»Ic- åemu sen-i Jeden-tax, Z» oiepjj ihm« weis» eixeoepsxiaec seexi nor— sauer» stecke: eines neige« oiefeieioezx V. W. «Ee·T-1- since-»se- Zsrr osz efxecrqrejnaxeesg Verlang» note-thesi- erisröp m? e; zefyog ausser? ad» Zeit»- e5’» Weis« Der Text bietet gar keine Schwierigkeiten dar. « Es sin- den sich nur wenige, unbedeutende Schwankungen der Lesart. Am Ende des V.8 hat B eine ähnliche Wortstellung wie am Schlusse von V.5, nämlich: en?- Eocus Zi- sJxeIu Wir billi- I Seh. l, 8 —10. 113 gen, abweichend von der Recepta, Veza, Wetstein, Miit, Griesbach, Matthäi, den wohl bezeugten Text Lach- manns. Bei dem zweiten c. okxrapsr. V.9 fügt c die ge- nauere Bestimmung Zwei» hinzu — offenbar eine Wieder- holung des Ausdrucks im Anfang des Verses — Die Va- riante nasse-gis« bei A statt des textgemäßen sen-Passe» beruht auf einem Jrrthum des Ohrs. Die Verse 8——10, auf das engste an den Schlußgedanken von V. 7 angeknüpft, eröffnen die specielle Darstellung unsers Wandels im Lichte, aus welchem unsere Gemeinschaft mit Gott, der Licht ist (V. 5), unsere Gemeinschaft mit dem Vater und dem Herrn Iesu Christo (V."3), wie unter ein- ander (V.7) und die fortwährende Theilnahme an der reini- genden, allen Schmutz, alle Finsternis der Sünde tilgenden Kraft des Blutes Christi (V. 7) beruht. Es sind drei Ge- danken, in welchen der Apostel den Lichtwandel der Christen entfaltet. Er beginnt l,8—ll,2 mit dem aufrichtigen Be- kenntnis der auch dem Gläubigen noch immer anklebenden Sünde. Denn wie der erste Eintritt in das Licht, so ist auch das Vleiben im Lichte, in Gott, in der Wahrheit, und der Fortschritt in der Heiligung beständig gegründet auf die Er- kenntnis und das Bekenntnis dessen, was noch unrein und finster in uns ist. Das Licht selbst, in dem wir wandeln, zeigt und straft die noch vorhandene Finsternis und drängt zum Vekenntnis, so daß wir, die wir freilich nicht sündigen sollen und nicht wollen (ll, 1), kraft des Blutes (l, 7), der Versöhnung Ehristi (II, Z) immerdar Vergebung der Sünden und neue Kraft der Heiligung gewinnen. Treffend hat Au- gustin den wichtigen, aber von den meisten Auslegern nicht recht beachteten Gedanken, daß das Sündenbekenntnis selbst ein wesentliches Moment des Lichtwandels ist, angedeutet: nam ipsa verjtas (nämlich die im Sündenbekenntnis) im; est. Das zweite Moment des Lichtwandels der Gläubigen, worin weiter ihre Gemeinschaft mit Gott (V.5) sich bewährt, oder worin sie selbst merken, daß sie Gott erkennen (denn Gott erkennt nur der, welcher ihn liebt oder in ihm ist und bleibt), l. 8 114 1 Ich. I, 5——11, 28. ist das thatsächliche Halten der göttlichen Gebote (II, 3-—-6), das Wandeln wic Christus selbst, welchen wir ja im Glauben haben, gewandelt hat; dies aber hat, wie Christi ganzes Leben als Liebe gedacht werden muß, seine eigentliche Spitze in dem Halten des Liebesgebotes (ll, 7——11).— Soweit geht die positive Entfaltung des in dem Thema (l, 5) liegenden parakletischen Gedankens. Von II, 12 an wird die negative Kehrseite herausgefetzt, die Warnung vor der Finsternis der von Christo und somit auch von dem Vater geschiedenen Welt. Das lebendige Verständnis des ganzen ersten Haupttheiles unsers Briefes, zunäkhst des Abschnitts l, 8—II, 11, hängt davon ab, daß man erkennt, wie Johannes, im Hinblick auf das feste Ziel seines Schreibens (I, 3), den Gedanken, daß unseresGemeinschast mit Gott, der Licht ist, durch unsern Wandel im Lichte bedingt sei, im Einzelnen parakletisrh ent- faltet. Die reichen ethischen Begriffe: wiss, Ei- s. ihm-ei »spi- mnkisq note-tout» »Es« arti-DIE, XVI-Am, welche in der ersten, noch allgemeinen, principiellen Darlegung des aposio- lischen Gedankens (V. S. 7) die tragenden und bewegenden Mächte waren, kehren immer wieder, blicken gleichsam als die festen Grundfarben überall durch und gewähren der in’s Ein- zelne gehenden Ausführung einen sichern Halt. Wenn wir im voraus ein einzelnes Beispiel hervorheben sollen, so verweisen wir aus 11, 3sll. Dort ist es derselbe Grundgedanke der Ge- meinschaft mit Gott (l, 5), welcher in lebendiger Concretion erfaßt, einmal als Erkennen Gottes (V.3), dann als vollen- dete Liebe zu Gott (V. 5), dann wieder als Sein und Blei- ben in Gott (V. Z. G) erscheint. Indem der Apostel V.7 den im Lichte Wandelnden fort- währende Reinigung von aller Sünde verhieß, setzte er den Gedanken, welcher V. 8—10 den Lesern ausdrücklich zu Ge- müthe geführt wird, voraus, daß nämlich auch an den Heili- gen noch Unreinigkeit, auch an den im Lichte Wandelnden noch Finsterniß, Sünde fortwährend sich findet. Je wich- tiger diese ernste Wahrheit, auf deren Anerkennung das be- ständige Wachsthum des heiligen Lebens der Gläubigen beruht, I Joh. I, 8—1o. 115 dem Apostel ist, um so angelegentlicher und überzeugender fchärft er dieselbe seinen Lesern ein. Zweimal (V.8.10) zeigt er, wohin die Leugnung unserer fortwährenden Sündhaftigkeit führe. Es liegt darin nicht allein ein Selbstbetrug, sondern eine Verleugnung und Verletzung der göttlichen Wahrheit selbst (V.8), ja Gott selbst, den heiligen, wahrhaftigen, der Licht ist, und in dem durchaus keine Finsternis und kein Jrrthum ist, zeihen wir der Lüge, indem wir, seinem Worte zuwider, unsere Siindhaftigkeit lügnerisch ableugnen (B.10). Dagegen geben wir durch das aufrichtige Bekenntnis unserer Sünden der Wahrheit, die uns als im Lichte Wandelnden, als in der Gemeinschast mit Gott Stehenden geziemt, die Ehre, und so erhalten wir von dem treuen und gerechten Gotte fortwährend Vergebung unserer Sünden und Reinigung von aller Untugend (V. 9). Schon die communicative Redeweise des Apostels, welcher sich selbst V. 8 sll. ebenso ernstlich einschließt als in dem rjxrokc V. 7, zeigt, daß es sich hier um eine für das gesammte sittliche Leben aller Christen gültige Grundwahrheit handelt. Der Apostel hat nicht vorzugsweise die sonst im Briese be- kämpften häretischen Verirrungen im Auge, obgleich es gewiß ist, wie auch lll, 4 ausdrücklich angedeutet wird, daß die Leugnung des wahren Wesens und des eigenthümlichen Werkes des sleischgewordenen Sohnes Gottes nothwendig mit einer wesentlichen Verkennung des eignen sittlichen Bedürfnisses Hand in Hand ging. Wir dürfen auch bei dem V. 8 sll. Gesagten nicht eine besondere Schwäche und Läßigkeit des sittlichen Ur- theils und Strebens in den johanneischen Gemeinen voraus- setzen, sondern was der Apostel sagt, gilt unter allen Um- ständen für jede Gemeine, und gerade je kräftiger und reiner wir uns nach unserm ganzen Briefe das christliche Leben in dem johanneischen Getneinekreise, im Gegensatz; zu den häreti- schen Verirrungem denken müssen, um so mehr erscheint die eindringliche Mahnung an ihrer Stelle, daß die erste, wesent- liche Bedingung und Bewährung des Lichtwandels der Gläu- bigen die lebendige Erkenntnis und das aufrichtige Bekenntnis der auch in ihnen noch fortwährend vorhandenen Finsternis ssk 116 I Joh. l, 5—-ll, 28. sei. Denn das, was das eigentlichste sittliche Wesen des christlichen Lebens ausmacht, ist zugleich das beständige Ziel, die fortwährende Aufgabe desselben. Der Gläubige wandelt im Lichte, steht in der Gemeinschaft mit Gott, hat den heili- gen Geist, hat das ewige Leben und darin Erkenntnis der Wahrheit» Heiligkeit, Sieg über die Welt, Frieden, Freude, aber das alles als ein wahrhaft Sittliches, Lebendiges, das nie müßig ruht, sondern immer mehr den ganzen Menschen verklärend, alles Feindliche richtend und vernichtend, wächst bis zur ungetrübten Vollendung, das aber freilich auch ver- loren werden kann. Diejenigen Ausleger, welchen das ethische Verständnis dieser johanneischen Gedanken abgeht, haben dem ganzen Ab- schnitte B. 8——l0 eine Stellung geben müßen, wodurch nicht allein der organische Zusammenhang zwischen V. 7 und V.8 aufgehoben, sondern auch der lebendige Fortschritt von V. 10 zu It, 1 sll. abgeschnitten und überdem die ganze Beziehung der Gedanken B. 8—10 wunderlich verschoben wird. Man hat nämlich einen unversöhnlichen Widerspruch darin gefunden, wenn Johannes, der doch seine Leser als im Lichte wandelnd, als Kinder Gottes und somit als solche, die nicht sündigen könnten (lll,9sl.), betrachte, an unserer Stelle von Sünden rede, welche noch fortwährend den Lcsern anklebten, und hat deshalb die V.8—10 erwähnten Sünden Ozeans-XX· V.8 I. vix-expr- øJ««. V. 9 esxcagsssjm V. I0) von den früherty vor dem Eintritte in die Lichtgemeinschaft an den Lesern haf- tenden Sünden verstehen wollen ’«). So haben, mit gewißen Modisicationen im Einzelnen, Oecumenius, welchem Theo- phylact und die Scholiasten folgen, Socin, Grotius, Episcopius, J. F. Chr. Löffler (Über die kirchliche Ge- nugthuungslehrr. Züllichau und Freistadt 1796. S. 33 sit. «) Ein ähnliches Interesse hat vielleicht die Ausleger geleitet, welche, wie schon Bed a, nach Augsustins Vorgange, nur an leichte Vergehen, Schwachheitssündcn der Wiedergebornen denken wollienz als ob dadurch der vetmeintliche Widerspruch gelinder würde. Augustin selbst sagt aber schon: malte lcvia species-la) faciunt uaum grancka Essmscxsa soc-v l Joh. l, 8——10. 117 154 fll.) u. a. geurtheilt. Ganz verkehrt und keiner Wider- legung werth ist die Meinung der Griechen, daß die ganze Stelle V. 8——10 auf die Juden ziele, welche behaupteten, sie hätten keine Sünde daran gethan, daß sie den Herrn gekreu- zigt hätten. Vielleicht hat die Erwähnung des Blutes Christi (V. 7) den Jrrthum veranlaßt; wenigstens tragen die Griechen diese Ansicht am Schluße ihrer Erklärung von V.7 vor, wäh- rend sie zu V. 8—10 von den Juden absehen und in ähnli- chem Sinne wie Socin u. a. von den Sünden der noch Ungläubigem die eben in der Taufe vergeben und abgewaschen (i'i«x ais-F; — »wes-Hinz; kurz. V. 9) würden, reden. Socin nämlich, dessen Auslegung den Ansrchten von Episcopius, Grotius und Löffler zum Grunde liegt, will, um den oben bezeichnetcn Widerspruch, daß die imiLichte wandelnden Gläubigen noch immer Sünden an sich haben sollen, zu ver- meiden, das vix-noch»- IHz. V.8 nicht von noch gegenwär- tiger Sünde, sondern, nach Joh. 15, 22. 9, 41. Zur. 4, 17, von der Schuld der vor dem Eintritt in die christliche Ge- meinschaft begangenen Sünde verstehn. Demgemäß erklärt Socin die rief-»Ja V. 9 im Sinne von For-no per-arm, wobei er sich auf den hebräischen Sprachgebrauch beruftz endlich das Perfectum osxragrøjisazrsp V. 10 soll noch ausdrücklicher als das vix-nor. IX. V. 8 bezeichnen, daß die Leser vor der Be- kehrung zu Christo in einem gänzlich sündhaften Zustande ge- wesen seien. Socin umschreibt daher den ganzen Satz also: Non solum gravia aliqua peccata [oZ,«-a9r. IV] antequam Christo iidem number-owns, oommisimus, ver-um etiatn Plane peccatores fuimus Marmor. V. 10]. Jn allen wesentlichen Punkten stimmen mit Socin überein Episcopius und Gro- tius. Der Letztere umschreibt den Anfang des V. 8 also: Si putamus nobis Christo et ejus oognitione opus non wisse, ut a peooatis purgaremurz womit die Umfchreibuug der An- tithefe V. 9 übereinstimmh sj Weimar, nos in gkavibus peocatis vixisse, ante notitiam evangelii a(- pkoptoren opus habuisso mociioina, et quod oonsequens est, evangelicatn ciootrinam, ut necessakiam retinoamus Am weitesten hat 118 l Jvh l, 5—ll, AS. sich Lössler von dem Sinne des Apostels entfernt. Er meint, der Apostel könne B. 8 sll. besonders deshalb nicht von einer noch fortwährenden Sündhaftigkeit seiner Leser reden, weil er ja »die ganze Absicht, zu welcher er schreibt, daß dieselben nicht ferner sündigen sollen (II,1), zerstören würde, wenn er — nämlich in Bezug aus ihren gegenwärtigen Zustand —- sogleich sagte: doch wenn jemand sündigt« u. s. w. Überhaupt lehre Johannes, wie alle Apostel, »daß die durch Jesum gestiftete Vergebung steh nur aus den vergangenen sündhaften Zustand der Juden und Heiden, nicht aus einen neuen unsittlichen Zu- stand der Christen beziehe, sonst sei Christus ein Sündendiener. Auch an unserer Stelle sindet Löffler dieselbe Beziehung, weil er meint, daß unser Brief »an eine zum Theil gläubige, zum Theil schwachgläubigh zum Theil noch ungläubige Spu- agoge« gerichtet sei. Dieser noch ungläubige Theil der Spu- agoge erscheint nun eigentlich allein beriicksichtigt ’·«), wenn Lössler paraphrasirtt »Wenn wir behaupten, daß wir Juden keine Sünde haben, daß wir uns nicht in einem unmorali- schen und straswürdigen Zustande besinden, so betrügen wir uns selbstz aber erkennen und gestehn wir unsere Sünde, so ist Gott gütig genug, uns die Sünde zu erlaßen.« Schon durch den Zusammenhang, den wir eben entwickelt haben, wird die von Socin und seinen Nachfolgern vorge- tragene Auslegung unserer Stelle widerlegt. Auch die einzelnen Punkte, auf welchen dieselbe beruht, sind unhaltbar. Der Ausdruck ckxiagscfa bezeichnet nirgend die Sündenschuld, im ausdrücklichen Unterschiede von der Sünde als solcher, sondern «) Wie denn Lösfler auch It, 1 so wiedergiebh «Dies schreibe ich Euch, damit Ihr nicht in dem sündhasten, strafivürdigen Zustande beharret—-3 sollte sich noch jemand darin befinden, so wende er sich nicht an den jüdi- schen Hohenpriester, sondern an Iefum.« Schon S. G. Lange ist unbe- fangen genug gewesen, auf Grund von H, 1 fl. gegen Löffler, den er aber nicht nennt, zu polemisirerr Lange sagt, If, 2 sei die einzige, aber doch eine klare Stelle gegen die »scharfsinnige Theorie-h daß Jesus nach dem N. T. als Opfer nur siir die frühern Sünden der Christen, welche sie »in ihrem ungebeßerten Zustande« begangen hätten, anzusehen sei. ist«-s« copy 1 Joh. l, 8———10. 119 kann nur in gewißen Verbindungen die Sünde nach dem Ver- hältnis ihrer Schuld markiren, wie Lücke mit vollem Rechte gegen Grotius bemerkt. Der einzige Grund, auf welchen sich die Socinische Ansicht mit einigem Scheine stützen kann, ist das Perfectum 7,3,«a(m,«;i. V. I0. Im Wesentlichen ist näm- lich der Gedanke in den Ansdrücken eiserne-e· B. 8 und eigenes-»F»- V. .10 allerdings derselbe, das haben Socin und Grotius ganz richtig gesehn; ihr Jrrthum besteht aber darin, daß sie erstlich das Persectum von der reinen, historischen Ver- gangenheit verstanden und demgemäß zweitens das vix-ans· .k"z0««. von der durch das vergangene, nämlich vor der Bekeh- rung geschehene Sündigen (sj,zskzgscsyssz'wai) erworbenen Sün- den schuld verstanden haben. Es war vielmehr umgekehrt, kraft des Zusammenhangs, aus dem präsentischen »Es-arge. Izu- «»-, unter richtigem Verständnis des Begriffs Exempel-Je, die Beziehung des Perfecti »Frage-junge«- V.10 zu finden. Auf diese Weise ergiebt sich zugleich die Verschiedenheit der Vor- stellung, welche bei aller Gleichheit der Sache, nämlich der fortwährenden Sündhaftigkeit der Leser, doch zwischen dem Circes-r. XX. V. 8 Und dem Free-graste. V. I0 statt findet. Lücke, welcher mit Recht auf die ringsum (V.8.9.10. ll,2) stehenden Präsentia hinweist, hält dem Grotius die sprach: liche Bedeutung des Perseus, daß es nämlich den Zustand be- zeichnet, der aus der Vergangenheit in die Gegenwart»herüber- reicht, entgegen und erklärt demnach das »Man-r. IX. V. 8 von dem »Zustande, worin die Sünde noch nicht verschwun- den ist«, während er das rsxeocgwsuaezrsp V. 10 von den »Sün- denacten versteht, woraus jener Zustand hervorgeht« Allein dadurch wird die Socinische Auslegung nicht gründlich wider- legt; denn im Sinne des Socin und auch des Grotius würde man das Herüberreichen des Krieg-»genau, auch wenn man dasselbe als vor der Bekehrung geschehn verstände, so den- ken, daß sowohl die Sünde selbst, als auch die Schuld der- selben noch immer vorhanden sei. Aus der Bedeutung des Persecti an sich ergiebt sich nicht, ob das Sündigen, welches als geschehn gedacht wird, vor dem Eintritt der Leser in die 120 I Ich. l, 5—Il, 28. christliche Lichtgemeinschaft, oder nach demselben gesetzt wird. Das Sperfectum bezeichnet das Sündigen der Leser erstlich als ein vergangenes, zweitens als ein noch in die Gegenwart herüberreichendes Beide Borstellungen sind aber im Sinne Socins zu halten; denn leugnen jetzt die Leser, daß sie vor ihrem Eintritt in die christliche Gemeinschaft gesündigt haben, so ist ihre Bekehrung nichtig, so bleibt ihr Sündenzustand (V. 8 nach Lücke), so bleibt ihre Sündenschuld. Dem Socin und Grotius gegenüber kann also die Berufung auf die sprachliche Bedeutung des Perfecti nichts entscheiden; Lücke selbst sagt auch mit Recht: -Johannes konnte sich kaum an- ders ausdrücken, denn in dem Moment, wo er den Menschen die Sünde bekennen oder leugnen läßt, ist diese als Art ein Bergangenes.« Wann aber der Apostel dies nun vergangene, aber in die Gegenwart reichende Sündigen der Leser denkt, ob vor oder nach ihrem Eintritt in die christliche Gemeinschast, das ist nicht aus der Bedeutung des Perferti, sondern nur aus der zusammenhängenden Entwicklung der Gedanken zu erkennen. Die entscheidenden Momente scheinen uns besonders in der parallelen Antithese B. 9 nnd in II, I zu liegen. In ll,1 setzt Johannes, im engsten Anschluß an B.10 (-J»»9»J«. -— Iw- zcøj Ewig-takes — sei» ich« oixroigdssDp die Möglichkeit, daß die Leser in ihrem gegenwärtigen Zustande ständigen, vor- aus; und B. 9 spricht er geradezu von den Sünden (man beachte den zweimaligen Plnral »Es rixrapsriag Ihn-Js- im Unterschiede von dem Singular sit-anstar- B. 8), welche unter Boraussetzung des offnen Bekenntnisses den Lesern vergeben werden sollen, also von gegenwärtigen Sünden. Diese gegenwärtigen Sünden (B. 9), welche von den Lesern began- gen werden wirken-räum- II, I), muß der Apostel auch B. 10 im Auge haben, weil B. 10, im völligen Parallelismus mit B. 9, die Kehrfeite des Gedankens B. 9 ausspricht. Das »Frage-sann« B.10 drückt also aus das fortwährende, für den Bekennenden oder Leugnenden sreilich immer als Akt ver- gangene, aber in die Gegenwart mit seiner Schuld herein- reichende Sündigen (I"I, I), oder die einzelnen Sünden (B. 9), kxssuscxokx sc» l Joh. I, 8-—10. 121 welche die Leser noch fortwährend begehn, und zwar deshalb begehn, weil (V. s) sie noch »Sünde haben« Use-aneina- s«z.), von welche: sie darum fortwährend gereinigt werden müssen (B. 7. 9 ermessen-IesV, gleich wie sie für die einzelnen Sünden fortwährend der Vergebung bedürfen Hitze) V. «9. Mai-»ein; II, I). So leitet uns der lebendige Zusammenhang der Stelle zu einer weitern, den eigentlichen Gedankengehalt betreffenden Abweichung von der Lückeschen Auslegung. In den eben angeführten Worten erklärt Lücke das office-gefas- zjp B. 8 von dem Zustande, welcher aus dem Frei-gewänn- V. I0 hervorgehen soll. Allein der Zusammenhang zwischen V.7 nnd V. 8, wie die Entwickelung V. 8 fix. siihet vielmehr nnf das umgekehrte Verhältnis, aus die Borstellung, daß aus dem fortwährenden sündlichen Zustande wissen-pries. Sing.) die ein- zelnen Sünden (V. 9), welche begangen werden where-kränken V. 10. It, 1), hervorgehm Diesist die Ansicht von Augustin, Beim, Luther, Calvin, Beza, Calov, Baumgartem Crusius, Neander, Sander u. a., welche deshalb zum Theil unsern Satz als Beweis für die Lehre von der Erb- sünde, die auch den Wiedergeborenen noch anhafte H, betrach- ten und allen pelagianisehen und schwärmerischen Jrrthiimern mit großem Ernst entgegenhalten So sagt Luther, indem « «) Auch in den lntherischen und resorcnirten Symbolen kehrt der Ge- danke, daß die Heiligen, Wiedergeborenen noch sündigen, weil der alte Adam noch nicht völlig ertödtet ist und der Kampf wider das Fleisch im ganzen irdischen Leben fortdauert, häufig wieder. Vgl. Anat. III, 207. Art. smsla III, Z, 43 Aq- Cat.·maj. II, 54. IV, 64 sq. Form. com. Ernst. VI, 4. soI. der-I. VI, 6 sq. (Libb. syrnln ed. Ferse. p.130. 328. 500. 548. 595 sq. 719 sq.). conf- Angl XVI. can. Bord. V, 1 gez. (C0lI. contes-s. in ern-l. uniform. paid· ed. Nie-siegen p- 604. 715 sq.). Jn demselben Sinne fprechen sich die puritanischen Bekenntnisfe ans. Vgl. Gent. fiel. VI, s. («lV2ke-»se»er, P. it. Ost. mnj. p.6l). Dagegen leugnen die römisch-Iatholi- schen Bekenntnisschristerh in pelagianisirender und rationalisirender Neigung, daß in den Getauften noch ein solcher Rest der Erbsünde vorhanden sei, welcher wirklich Sünde genannt werden dürfe. Vgl. coatutar. I. Z. file-se. P. rx1v). ciinones et cleoreta vorm. Tritt. sess. V. (Eä. I«ips. 1846. P. 19 sq.). Gutach. Rom. T. II. o. 2. qu. 42 sq. (E(I. Lipm 1847. F. 149 sq.). 122 iJoxx I, 5—1I, 28. er Röm. 7,18 vergleicht: »wir haben Sünde und das Gift ist noch in uns, und diese Sünde reizet uns zu den Früchten der Sünde« Diese Ausfaßung scheint uns die einzige zu sein, bei welcher sich der zusammenhängende Fortschritt der apostolischen Gedanken in voller Klarheit herausstellt — so daß man keineswegs mit Fachmann, der die Lückesche Aus- legung acceptirt, »eine Art von Widerspruch« zwischen V. 7 und V.8 zu finden und den Apostel wegen einer »ungenauen Begrisfsscheidung« zu tadeln braucht — und bei welcher auch alle einzelnen Ausdrücke, nach Bedeutung, Form und Bezie- hung auf einander, zu ihrem vollen Rechte kommen. Fassen wir, mit Lücke, den Ausdruck okxxagsciaii å«z. V.8 als Be- zeichnung des Zustandes, welcher aus dem noch fortwährend eintretenden Sündigen hervorgeht, so ergiebt sich der Begriff der vix-kehrt« wesentlich als der der Sündenschuld, wie auch Bengel und de Wette geradezu erklären, indem jener das »Frau-ge. Iz- de Frasse-ais, d. h. de manente reatu (im Unter- fchiede von dem Wiege-J»- V.10, dem praeterito, nämlich aotu oommisso), dieser von der »sactischen Sündenfchuld« (im Unterschiede von den »einzeln begangenen Sünden-«, Frage-ju- B.10) versteht. Aber der Begriff der Schuld ist in V. 8, kraft des Zusammenhanges mit V. 7 und kraft des umso-via» V.9, welches nicht identisch ist mit eins; wie sJ«»., d. h. der Vergebung der Sünden oder der Aufhebung der Sündenschuld, nicht textgemäß, sondern tritt erst da ein, wo von den einzel- nen Sünden, welche aus der noch anklebenden Sünde, der noch vorhandenen Sündhaftigkeit Ohno-ge. V. 8) hervor- gehn, die Rede ist, d. V. 9— Or« users-Es. NO, V. 10 (sJ,r-c»aqsksssr.) Und II, I (ui««a9«-.). Hier ist deshalb auch der Hinweis auf die Vergebung der Sünden (oZc«J c. visit. ej»- V. 9. Zzaaxrök H, 2), welche neben der Reinigung von der Sünde selbst genannt wird, am Platze. Auf Grund der bisherigen Erörterung ist die Auslegung der apostolischen Worte im Einzelnen weniger schwierig. Wir wollen dieselbe aber nicht versuchen, ohne vorher aus eine lehrreiche Erscheinung aufmerksam gemacht zu haben. Nämlich Ema-cis» copy lJoh. l, 8——l0. 123 grade die Ausleger (Socin, Grotius, Episcopius Löffler), welche den göttlichen Grund unserer Rechtfertigung und Heiligung am meisten verdecken, welche die objektive Kraft des blutigen Todes Christi leugnen oder abschwächem indem sie der durch den Tod des Herrn bestätigten Lehre, oder dem Beispiele des Herrn die Bedeutung zuschreiben, welche nach apostolischer Anschauung der Liebesthat als» solcher ge- bührt, welche demgemäß der eignen Geschästigkeit des Men- schen, welcher Vergebung der Sünden erlangen will, am eisrigsten das Wort reden, weil das bloße Bekenntnis, der bloße Glaube nicht genüge, sondern das vollständige Ablegen der Sünde, das Thun guter Werke hinzukommen müsse, grade solche Ausleger, welche am sichersten jeder magischen Satis- factionstheorie und jeder bequemen Heilslehre zu entgehn, die sittliche Arbeit des Menschen am strengsten zu fordern und die Gewißheit des Heils am festesten zu gründen meinen, indem sie dasselbe mehr oder weniger auf den Menschen selbst, aus die Güte seiner Natur, aus sein sittliches Streben und frommes Thun dann, grade diese verfehlen in jeder Hinsicht am weite- sten ihr Ziel. Kann man sich eine mehr magische Anschauung von der Bekehrung denken, als die, welche Socin und Löffler dem Johannes unterschieden, indem sie ihn sagen lassen, ein bekehrter Mensch sündige in der That gar nicht mehr? Denn daß dies nicht in Aussprüchen wie M, 9 liege, werden wir unten sehn. Das kann nach lI,1fl. unmöglich des Apostels Meinung sein. Und wenn Lössler bis zu dem desperaten Aussprache sortschreitet, daß bei Christo überhaupt keine Vergebung für die Sünden derer, die schon an ihn gläubig geworden seien, statt finde, wird damit nicht der innerste Nerv aller Ethik abgeschnitten, alles Streben nach Heiligung entwurzelt, alle Hoffnung der Seligkeit vernichtet? So kann und fo muß am Ende jene Weichlichkeih welche das Wesen der Sünde und zugleich die volle Bedeutung der Er- lösung verkennt, in den äußersten Rigorismus ausschlagen. — Wenden wir uns nun zu der Auslegung der einzelnen Mo- mente. Indem der Apostel seinen V.6 sl. im Allgemeinen kxzsususss copy 124 1 Ich. l, 5—1t, 28. dargelegten parakletischen Grundsatz, daß, wenn wir mit Gott, der Licht ist, Gemeinschaft haben wollen, im Lichte wandeln miißen, weiter entfaltet, beginnt er in derselben Redesorm, der wir auch B. 6 begegneten: sei» ein«-»si- B. s, ein Ausdruck, welchem das Eos-i eixrozoydxrsp B.9 entspricht und welcher V. 10, wo noch einmal die lügnerische Ableug- nung der Sünde als mit dem Lichtwandel der Gläubigen völlig unvereinbar geschildert wird, wiederkehrt. Es bedarf kaum der Bemerkung, daß das einfache Wort wie überall, so auch hier, wo die eigentliche Bedeutung desselben durch die Beziehung auf das sei» Hirt. V. 6, durch den Parallelismus des Eis» e5,»02.o;-. B.9 und durch die Correlation des Be- griffes der Lüge, welche nach B. 6—10 in jenem »Wer» liegt, noch ausdrücklich markirt wird, nichts Anderes bezeichnet als: »so wir sagen« Zuviel legt Episcopius in das Wort, wenn er das »sagen« erklärt: im nos here» (ac- si singularis gratia nobis kacta not! sit cum tam enormia per-data nobis sint remjssa)’«). Das richtige Moment in der Bemerkung des Episcopius ist nur dies, daß auch das Reden der Wahrheit, wie das Reden der Lüge, eine thatsächliche Offen- barung des innern sittlichen Lebens, ein Thun oder Nichtthun der göttlichen Wahrheit (vgl. V. 6) ist. Darum kann der Herr sagen, daß der Mensch aus seinen Worten werde gerichtet werde« (Matth. 12, 34»fn.). Wenn wir, sagt also sder Apostel, wenn wir, die wir nur durch Wandeln im Licht mit Gott Gemeinschaft haben können, sagen, daß wir« keine Sünde haben, Es» vix-ergrim- oisss s'«xo,«sa-, d. h. daß wir nicht noch fortwährend den Schmutz, die Finsternis der Sünde selbst an uns haben, wor- aus immer die einzelnen Fehltritte hervorgehen, und wovon wir darum fortwährend durch das Blut Christi gereinigt wer- den müßen (B.7 vgl. V.9), so täuschen, betrügen wir uns «) Die eingeklammerten Worte sind nach dem, was wir oben über die Ansicht des Episcopius u. A. von der Beziehung des sixrapk Cz. bemerkt haben, als Umfchrribung von V. 8 zu begreifen. Eos-ums» copy 1 Ich. I, s. o. 10. 125 selbst, saurer-Yes) »Amt«-Zeiss, Und die Wahrheit ist nicht in uns, nat øJ exkl-Fässe- k’r- ssxssp ou« Eos-«« Beide Ausdrücke sind ebenso in ihrer innern Verbindung zu verstehn, wie die parallelen Worte V. 6 und V. 10, wo aber die lüg- nerische (V. 6), selbsttäuschungsvolle (V. 8) Rede zugleich nach ihrer feindlichen Beziehung wider Gott selbst bezeichnet wird. Es ist eine gewiße fortschreitcnde Entwicklung sowohl in den Vorstellungent weriöhssssu —- åocvscotjg »Aus-»Mei- —— the-««- ocøys note-Use» aus«-Ia, als in entsprechenden Momenten: ou« »was-»se- -s. til-Ists. ———.sZ oZJisJsR s» DE«- oijie Zur»- — e; Zöyog wär. ou« Zorn» Zi- 7,3««I1-. Während Johannes in um» Köze-W- (V. S) den aus der Sache selbst einleuchtenden, zwi- schen unserer Rede und unserem Wandel bestehenden lügne- rischen Widerspruch hervorhebt und darauf hinweist, wie hierin die thatscichliche Verleugnung der göttlichen Wahrheit liege, hebt er V. 8 zuerst Gans. »in-«) die Seite einer lügnerischen Rede hervor, von welcher aus dieselbe als eine Selbstverblem dung, als eine Unlauterkeiy als ein Betrug gegen uns selbst erscheint, woraus denn zugleich zu ersehen ist, daß die Wahrheit, d. h. die schlechthinnige göttliche (V.6), in dem Worte Gottes (V.10) unzweideutig ausgesprochene, nicht in uns ist. Denn gleich wie diese unbedingt normative Wahrheit, wenn wir sie thaten, uns vor dem thatsächlichem lügneri- schen Widerspruch zwischen Rede und Wandel (V. S) bewahren würde, so würde sie auch, wenn sie in uns wäre, nämlich im Herzen, und nicht bloß auf den Lippen (vgl. Be zu, Ben- gel, Neander), vor der heillosen Selbstverblendung bewah- ren (V. 8), welche uns die Heiligung und somit die Gemein- schast mit Gott unmöglich macht. Denn darin liegt die schlimmste Gefahr der Sünde, daß sie, die in uns vorhanden ist, uns fortwährend zur Selbsttäuschung über uns selber ge- neigt rnacht, so daß wir immer tiefer in dies Gewirre von Sünde und Selbsttäuschung, aus der wieder neue Sünde sich erzeugt, verstrickt werden. Nur die göttliche Wahrheit «) Über das spronomen Hat-rosig in seiner Beziehung auf die erste Person hie-»Juki«) vgl. Winer S. 143. Kühn» II. S. 324. ist«-sue« copy 126 I Joh. l, 5—ll, 28. kann dies Netz zerreißen. So sehen wir schon aus der Sache selbst, was den Zusammenhang (V. 6. 10) und die johan- neische Vorstellungs- und Redeweise überhaupt hinreichend in’s Licht setzt, daß die Messer» V.8 weder das Studium ver-i (Grotkius, vgl.Episcopius), noch »das, was wahr ist über- haupt« (S. G.Lange, Paulus. Vgl. auch Beza, Baum: garten-Crusius), noch den »innern Wahrheitssinw (Lücke), noch die »Wahrhastigkeit der Selbstkenntniß und Selbstprüsung, die Lauterkeit« (de Wette), oder wie sonst die unbestimmten und unlebendigen Deutungen der Ausleger (vgl. selbst S. Schmid, J. Lange, Sander, Neander, u.a.) lauten, sondern nur die objektive, durch den Glauben in’s Herz aus- zunehmende, göttliche Wahrheit, welche in Christo ist, und welche, wenn wir im Lichte wandeln, das absolute Princip unsers Lebens ist, bezeichnen kann. Semler hat dies richtig erkannt, freilich aber in seiner Weise an die Stelle dessen, was Johannes »die Wahrheit« nennt, die ,,beßere moralische Ein- stcht« der Christen sista melior rerum moralium cognjlio con- sojcnliam nostram non ragst) gesetzt. Endlich aber B. 10 stellt der Apostel unsere lügnerische, uns selbst täuschende Rede von der Seite dar, in welcher sie, weil sie ein klarer Widerspruch gegen das von Gott in seinem Worte gesüllte Urtheil über uns ist, als solche erscheinen muß, wodurch wir Gott selbst, den wahrhaftigen, zum Lügner machen. Gott sagt, wie Ben- gel tresfend anmerkt: Du hast gesündigtz wenn wir also behaupten, daß wir nicht gesündigt haben, so zeihen wir ihn der Lüge. Freilich liegt die Lüge, deren iiußerste, aber noth- wendige Consequenz aus diese Weise zu Tage tritt, aus unserer Seite, die wir also lügen und uns selber täuschen. So schließt das wes-ask. nor. eile. V. 10 jene beiden ersten Momente wo— elöxkssa V.6 und sum. »zw- V. 8 ein und ab, wie der zöyoc »den-J, welchem widersprechend wir Gott selbst zum Lügner machen (V.10), schließlich als die volle, bestimmte Offenbarung der göttlichen oizøjäeca erscheint. Diesen Myos- aiieoih nämlich Gottes, nicht Christi (was sich aus der Be- stimmung des Subjectes in B. 9 ergeben wird) hat man, 1 Ich. i, 8. g. to. 127 abgesehen von den schon von Estius und Calov gemißbillig- ten Auslegerm welche an den substanziellen Logos dachten, entweder von dem alttestamentlichen oder von dem neutesta- mentlichen Worte oder endlich von der gesarnmten Heilsoffem barung Gottes, welche im N. wie im A. T. auf dem Urtheil Gottes ruht, daß wir Sünder sind, verstanden. Jenes Erste ist die Meinung von Oecumenius, Theophylakh Beda, Grotius (der aber an die mefsianischen Weissagungen von der Vergebung der Sünden denkt, Jes l, 18. Mich. 7, 19. u. s. w.), de Wette u. a. Die zweite Ansicht ist besonders von solchen Auslegern vertreten, welche, wie Jachmann und Rosenmiiller geneigt sind, die bestimmte Vorstellung des Wortes Gottes, als des concreten Triigers der göttlichen Wahrheit, in den allgemeinen Begriff des ,,Evangeliums, der christlichen Lehre« (Jachmann, vgl· auch Calvin und Beza) oder gar der religio (Rosenmüller) aufzulösen, eine Auslegung, die deshalb auch von Socin als möglich anerkannt wird. Doch billigt Socin, welchen Epifcopius ausgeschrie- ben hat, die neuerlich auch von Lücke, (vgl. Luther, Calov, welcher eine gleichlautende Erklärung des Socinianers Schlich- ting ansührt, Neander) vorgetragene dritte Ansichh nach welcher »die Offenbarung Gottes überhaupt, worin das Evan- gelium Jesu Christi mitbegriffen ist«, verstanden wird; nur darin, daß Socin vorwiegend an die Offenbarung durch Christum denkt Quidquid nobis Deus kniete-cis, praesertim veko per Christum), klingt wider die zweite Erklärungsweise an (Bgl. Baumgarten-Crusius, Sander). Wir wer- den nun unter den beiden letztern Auslegungsweisen zu wäh- len haben, denn die erste, nachwelcher ausschließlich das alt- testamentliche Gotteswort verstanden wird, ist weder durch den Zusammenhang unserer Stelle, noch durch den Sprachgebrauch unsers Briefes begünstigt. Allerdings heißt bei Johannes (Ev. 5, 38. vgl. was; ygaepeåg V. 39) gerade die alttestament- liche Schrift ei Ach-or- sxoö Weis; aber dort kömmt es darauf an, den nngläubigen Juden gegenüber nachzuweisen, wie in der Schrift des alten Testamentes selbst ein solches göttliches erst-»Hm» es» 128 lJoh. I, 5—ll, 28. Zeugnis für den Herrn liegt, daß, wenn sie dasselbe als ein lebendiges, bleibendes in sich hätten, sie ihm, dem nach der Schrift von Gott Gesandten, ihm, von welchem die Schrift zeugt, den Glauben nicht versagen könnten. Im Zusammen- hange unserer Stelle aber werden wir, wie It, 5. 14 (vgl. V; 24) das Wort Gottes in der neutestamentlichen Oconoiniy wenn nicht allein, doch wenigstens zugleich mit dem alttesta- mentlichen Worte verstehn müßen. Das Letzte scheint uns dem Sinne des Apostels am meisten zu entsprechen. Denn so gewiß auch nach Johannes das neutestamentliehe Wort Gottes, die apostolische Botschaft (V.5) von dem in Christo erschiene- nen Heil, die Anerkennung, daß wir Sünder sind, zu ihrer wesentlichen Voraussetzung hat —— dies ist ja das erste Mo- ment, mit welchem die Entwickelung V. 8 beginnt - , so liegt doch dem Apostel die reflectirende Unterscheidung zwischen alt- und neutestamentlichem Worte Gottes um so ferner, als das neutesiamentliche Gottesworh weil es noch nicht in fester, ab- geschlossener Schristgestalt vorlag, viel leichter in seiner leben- digen Einheit mit dem alttestamentlichen Worte, als in seiner concreten Unterschiedenheit von demselben, dem Apostel wie den Lesern entgegentrat. — « Jn seinem Worte bezeugt nun aber Gott, daß wir Sün- der sindz wenn wir also, sagt Johannes, seinem Zeugnis zum Trotz behaupten, daß wir nicht sündigen, so machen wir ihn selber zum Lügner, ixxsijosnyw Irr-reiste«- a»«·«3-«-, in der- selben Weise wie derjenige, welcher, da Gott selber für sei- nen Sohn Zeugnis gegeben hat, dies Zeugnis ungläubig ver- wirft, Gott der Lüge, des falschen Zeugnisses, bezüchtigt (V, 10). Wir machen ihn zum Lügner, ihn, der es nicht ist, so daß die Lüge doch in der Wirklichkeit auf unserer Seite ist. Auf diese Weise erhält der Ausdruck nackt» eine gewiße vor- wurfsvolle Bitterkeit, die auch in Stellen wie Joh.5,18. 8,53. 10, 33. 19, 7. 12. merkbar ist. Wenn nun so der Apostel zeigt, daß die lügnerische Ab- leugnung der noch fortwährend in uns vorhandenen Sünde 1 Ich. I, 8. g. to. 129 (V. s) und der immerdar hieraus hervorgehenden einzelnen Sünden (V. 10) nicht allein eine heillose Selbsttäuschung ist, sondern geradezu auf Gott die Anklage der Lüge wirft, so tritt V. 9 mitten in diese waruende Schilderung die trostreiche Versicherung, daß, wenn wir unsere immer wieder vorkom- menden Sünden (sc. vix-ans. is» s. o.) aufrichtig und reuig bekennen, Gott treu und gerecht sei, daß er uns die Sünden erlaße und von aller noch haftenden Ungerechtigkeituns rei- nige. Der objektive Grund dieser Sündenvergebung und Rei- nigung ist nach unserem Verse die Treue und Gerechtigkeit Gottes, die subjektive Bedingung aber unser Bekenntnis ’Eois- e5,«ozo7a3««·s», sagt Johannes, und kann damit, im Gegensatze zu dem lügnerischen eines» V. 8. 10 nichts Ande- res meinen, als das wahrhafte, reuige und gläubige Bekennt- nis des Mundes, wodurch, wie z. B. in 1z-51, das innere Le- ben mit seiner Bedürstigkeit und seinem Verlangen nach Heil vor Gott aufgeschlossen wird. Nur die obersliichliche Verkn- nung des ethischen Wesens des Bekenntnisses, welches noth- wendig ebenso sehr das Bewußtsein des eignen Elends als das Vertrauen aus Gott ooraussetzy kann ein Urtheil begründen wie das des Socin: confessjoni nimjs multum vicietur tri- buere. par-um enim verisjmjle viele-tut, ui pet- simplieem cons- kessionem sui peooati eonsequaiuk quis a Deo ipsjus peocati reinem; weshalb denn Socin meint, die eonkessio bezeirhne hier weit mehr, als jenes bloße Bekenntnis, nämlich Interm- rem jllam a(- profuniiam suorum peecatorum agnitjonem ——, ex qua necessario oonseqnaiur resipjseentia et ipsorum peo- catorum abjeetio et plena deposjtia Wenn Socin ganz aufrichtig schreiben wollte, so hätte er nur das letzte Moment nöthig gehabt; denn der Mittelpunkt seiner Vorstellung ist doch dieser, daß uns, wenn wir die Sünden unterlaßen, wenn wir heilig leben, die Schuld der vergangenen Sünden erlaßen wird. Auch bei Epifcopius ,zeigt sich dieselbe Seichtigkeit der ethischen Anschauung. Das Species-ein, sagt er, bezeichne nicht bloß das Bekenntnis vor Gott, denn oonkessio Pecca- lum non teilst, sine sekio ckolore de per-Cato esse Palast, l. 9 130 1 Ich. t, 5 -—t1, 28. man könne auch dabei weiter sündigenz Johannes meine viel- mehr ejusmodi wetzen-am, qui: peoeasse nos ei reatum contra— xisse — signikjeamus jdque eoniinuo etiam illo iempokcz quo jam in luce inoeclimus et a peccalis convorti justiiiae atque satjctimonjae Oper-am daraus. Wie kräftig erfaßt dagegen Luthers einfältiger Sinn das apostolische Wort! »Hier, sagt er, begegnet Johannes dem Einwurf: Was soll ich ihm thun, ich bin ein Sünder, mein Gewißen wirft mir vor, daß meine Sünden viel seien? Johannes sagt: Bekenne deine Sünden. Und damit machet er alle diese Einwürfe zu Schanden, wenn das Gewißen sagt: Was soll ich thun, daß ich selig werde, wie soll ich’s angreifeiy daß ich beßer werde? Nichts anderes, sagt er, als dieses: Bekenne ihm deine Sünden, bitte ihm deine fchweren Verschuldungen ab.« Und dann weist Luther auf die göttlichen Verheißungem wie z» 42, 12 hin und sagt: »Gott ist getreu, er hält sein Wort und theure Zusagen«- Denn freilich die Treue und Gerechtigkeit Gottes ist der ab- solute Grund der Vergebung unserer Sünden und unserer Reinigung, »und; Ho» sen-i est-taro; excl-·, nicht erwer- ben, nicht verdienen sollen wir uns dieselbe durch das Bekennt- nis oder durch den Glauben, von dem das Bekenntnis Zeug- nis giebt, so wenig als durch die »gänzliche Ablegung der Sünden« oder irgend eine »Handlungsweise.« Das Bekennt- nis spricht neben dem.Schmerze über die Sünde, neben der göttlichen Traurigkeit (2 Cur. »7, 10) zugleich wesentlich die Freudigkeit des Glaubens aus, welcher sich auf nichts Anderes, als auf die Treue und Gerechtigkeit Gottes verläßt und die Gnadengaben des treuen und gerechten Gottes hinnimmt. Bei den Worten »so-sei; Eos« nat Eine-sog fragt es sich aber zunächst, wen wir als Subjekt denken sollen, ob Gott oder Christum, eine Frage, mit welcher die weitere Erklärung der Aus- drücke selbst enge zusammenhängt Lücke und de Wette haben ausdrücklich die Beziehung des Satzes auf Christum widerlegt und die im Grunde von allen Auslegern mit richtigem Takte getroffene Erklärungsweise, nach welcher Gott als Subjekt zu denken ist, als allein zuläßig erwiesen. Scheinbar liegt nämlich die Be- 1Joh. s, 8. 9. 10. 131 ziehung auf Christum nahe. In V.7 war Christus zuletzt genannt, und zwar grade als Grund dessen, was V. 7 dem access; und alt'-sama zugeschrieben wird; auch ll,1 erscheint wieder Christus, noch dazu mit der ausdrücklichen Bezeichnung Eis-mag und wiederum im Zusammenhange mit der Vergebung unserer Sünden, als Subject Einige Ausleger haben des- halb auch V. 9 Christum als Subjekt denken wollen; aber der tiefere Zusammenhang hat doch auch diese gezwungen, wenigstens die Vorstellungen Christi und Gottes zu combiniren (J. Lange, Sander), was S. Schmid in dem Sinne thut, daß er sagt: allerdings sei »Gott««Subject, aber genauer Jesus Christus, welcher eben Gott sei. Allein abgesehn davon, daß, wie Lücke und de Wette bemerken, im N. T» beson- ders bei Paulus, in Beziehung auf das Erlösungswerk nicht sowohl Christi, als vielmehr Gottes Treuee(1 Cor. l, 9. 10,13. 2 Cor. l, 18. I Thess 5, 24) und Gerechtigkeit (Joh. 17, 25. Rom. 3,25. Apoc.16,5) hervorgehoben wird, erscheint jene Auslegungsweise entschieden durch den Zusammenhang unserer Stelle widerlegt. Gott, nicht Christus, ist das -herrschende Subjekt« Ganz übereinstimmend mit der allgemeinen aposto- lischen Anschauung, betrachtet Johannes auch hier Gott als den, welcher, nämlich um Christi willen, nach seiner Treue und Gerechtigkeit uns die Sünden vergiebt und uns von der Sünde reinigt. Grade dies Verhältnis, in welchem Gott als die letzte Ursach, Christi Blut als die Vermittelung erscheint, tritt an unserer Stelle klar heraus, indem V.7 das Blut Christi, s eines Sohnes genannt war, in ll,l aber noch deutlicher Christus unser Fürsprecher bei dem Vater genannt wird. Dies Verhältnis spricht sich auch darin aus, daß, wie wir sogleich sehn werden, der Begriff Kinn-o;- V.9, auf Gott bezogen, ein ganz anderer ist, als ll, I, wo Christus, unser Fürsprechey unser Bersöhner, Kinn-or: heißt. Indem nämlich der Apostel V. 9 dem reuig und gläubig Bekennenden die göttliche Vergebung der Sünden zusagt, gründet er seine Ver- heißung auf die Treue und zugleich auf die Gerechtigkeit Gottes. Der erste Begriff ist in diesem Zusammenhange leicht 9sk »Hm-non soc-s«- 132 1 Ich. i, 5—n, 28. zu fassen; weshalb auch fast alle Ausleger «) in diesem Punkte übereinstimmem Überall in der Schrift, im alten wie im neuen Testamenth gründet sich die feste Zuversichh mit wel- cher die Gläubigen auf die göttlichen Verheißungem weleherart sie auch find, bauen, auf die Treue Gottes, welcher die Ber- heißungen gegeben, beschworen hat und sich nicht lügen kann, mit Luther zu reden, »steif und fest hält« Die Gläubigen trauen auf den treuen Gott. Demgemäß sagt Johannes, daß Gott, welcher treu ist, auch die Verheißung, welche der ganzen Heilsverkündigung im alten wie im neuen Testamente (Ezech. IS, 31. i» 32, Bill. Luc.15, 11fll. u. s. w.) zum Grunde liegt, die Verheißung, daß dem reuig Bekennenden die Schuld er- lassen werden solle, erfüllen werde. Schwieriger erscheint aber in dem Zusammenhange unserer Stelle, wo man eher einen Hinweis aus Gottes Gnade und Barmherzigkeit erwartet, die Borstellung der Gerechtigkeit Gottes. Manche Ausleger haben deshalb den Ausdruck Eli-am;- in dem Sinne von bot-us, let-is (Grotius, Schöttgen, Rosenmüller), securus, benjgnus (Semler, S.G.Lange, Carpzov, Bretschneidey lex. man. s. v.) verstanden und sich dafür auf den alttestamentlichen Sprachgebrauch von P-«-x:z, Erz-»O; (z.B. 1Sam.12,7. -,»112,9. Tob.l2,9, wo Srna-cause; neben åieeyxcocnswøy genannt wird. Vgl. Matth. 6, I. var. leer) berufen. Was nun aber diesen vermeintlichen Sprachgebrauch des A. T» der übrigens für unsere Stelle gar nicht einmal entscheidend sein würde, an- langt, so hat schon Lücke deutlich nachgewiesen, daß überall, wo im A. T. die Ausdrücke Pssxzx und HHIZZ sich finden, der Grundbegrisf der Gerechtigkeit durchaus festzuhalten ist, weil nach alttestamentlicher Anschauung in dem Begriffe der Ge- rechtigkeit alle Tugenden, wie Gütigkeit, Milde und Barm- ’«) Ganz vereinzelt erscheint bei Oecumcnius und Theophylact neben der einfachen Erklärung noch die weitere Ausdeutungx »so-öc- w« »eines« ssxi Tot? rtenrarnyrinau (dem mcm trauen kann), XII-u« act-Z sni rot? nigra-rinnt? kikyrah Z; eine· Im«- Zatssroä Einst-J(- Igcisrav IX» nat. so? Tot;- skziosc roth-o» »Hast-Cäsar. Noch entfernte-r liegt die Verkehrung des— ais-«'- in misekicoks (S. Schmid). « 1Joh. I, 8. g. 10. 133 hetzigkeik.aufgehn, so daß »sich wohl sagen läßt, die hebräische dtmxcooiiwzssei zuweilen die gütige, barmherzige Gerechtigkeit oder Frömmigkeit, nie aber es sei die Gütigkeit, Barmherzig- keit und dergleichen schlechthin« — am wenigsten, wie Gro- tius u. a. meinen, im bestimmten Gegensatze zu der strengen Gerechtigkeit Auch in den von Grotius u. a. angezogenen Stellen tritt die Grundbedeutung bestimmt hervor. Tob. a. a.O. wird unter den verschiedenen Erweisungen der Gerechtigkeit, man beachte den Plural, besonders eine, das Almosengebem hervorgehoben. Jn der Stelle I Sam.12 wird in ähnlicher Weise wie Mich. 6, 1 fll., wo ein »förmlicher Rechtshandel zwischen Gott und seinem Undankbaren, treulosen Volke ein- geleitet wird, die Gerechtigkeit Gottes hervorgehoben, welcher in mancherlei Wohlthaten seine Bundestreue erwiesen hat «t). Die meisten und besten Ansleger haben deshalb bei dem Aus: drucke Eis-am; mit Recht den Begriff der Gerechtigkeit festge- halten, sind aber in der genauem Faßung desselben wesentlich nach zwei Seiten auseinander gegangen. Während nämlich viele Auslegey namentlich die neuern alle, aber auch schon Beda, Oecumenius und Beza, die Gerechtigkeit und die Treue Gottes, als Verwandte Begriffe, zusammendenken und etwa, wie Lücke und Neand er, die Treue aus die Gerech- tigkeit gründen, haben andere, besonders die ältern lutheri- schen Exegeten (S. Schmid, Calov, Wolf, welche noch andere anführen. Vgl. Sander), aber auch Episcopius die Gerechtigkeit Gottes in eine mehr unmittelbare Beziehung zu unserer Rechtfertigung gesetzt und mehr« nach paulinischey als nach johanneischer Lehrweise sowohl daran erinnert, wie die göttliche Gerechtigkeit Uuslitja vindicaijvay in unserer «) Jn der patristischcn Gräcität findet sich aber der mit Unrecht in den biblischen Schriften behauptete Sprachgebrauch der Wbrter usw-«; u. s. w. vielfach-anerkannt. So sagt Chrysostomus zu Matth.1,19: Raum; By, todt-Fett«- zgszasccfc unt Tieres-Je; Und Theophylacb or? ycig III-»Hier·- csakzssssc Fest« XII-« srxezasØpaxastfkro csas stell-Je zgszurssrszrosn JU dem: selben Sinnespbemerkt Theophylart zu 2Cor. 9, I: v; im. Tor-stark» sj ymäaxäpcossich esse« yckp gutes» naht, OF; ckxuaroåucep To«- Fuss-Juni«- BgL Qui-er, thesi-at. s. v. —- 134 l Seh. I, 5-—ll, 28. Rechtfertigung deshalb sich offenbare und offenbaren könne, weil Christus durch sein Versöhnungsopfer für unsere Sünden genug gethan, mithin die Vergebung unserer Schuld verdient habe, so daß Gottes Gerechtigkeit dem reuig und gläubig Bittenden, sich auf Christi Verdienst Berufenden die Vergebung schuldig sei (Justu est haee peocatokum remissio et ex justitia nebst-i, sed Christo, non nobIs. Calov), als auch, auf einen, wie man mit Unrecht meinte, paulinischen Sprachgebrauch (Röm. Z, 25 sl.) sich stützend, unser Bisse-me geradezu für das Pauli- nische Jst-acad« »der gerecht macht«, genommen. In diesem Sinne billigt Calov die Auslegung des Hunnius: Deus et potest et vult coniitentibus remittere Potest quideirtz cum justus sit, et omnis justitiae form, qui de plenitudine sua nobis communicare et impium justiiicare potest; vult entom, quia lidelis est, et suarum pkomissionum serv-ans. Noch leichter war diese Deutung für S. Schmid, welcher bestimmter Christum als Subjekt dachte und erklärte: Christus habe die justitia sauste-Worin, quam nobis imputere atque sie nos impios justiiieake et peecata nobis concionare potest Luther selbst hat mit richtigem Takte gefühlt, daß an unserer Stelle der Begriff der Gerechtigkeit Gottes nicht erklärt wer- den dürfe aus der paulinischen Entwickelung der göttlichen Gerechtigkeit, worauf unmittelbar unser Gerechtwerden (·»’x cis eh« mir. Mino-»»- nai Beweisend-««- scöp s« nie-c. 770 Röm.3,26) beruht, sondern daß vielmehr unser Bis-am; in seiner engen Verbindung mit »in-»He aufzufaßen sei, und hat deshalb, wie schon Beda sagt: vekae eonfessioni juste di— mittit, erklärt: »gerecht —— der einem jeden widerfahren läßt, was ihm gebührt und dem, der seine Sünden bekennt und glaubt, die durch Christi Tod erworbene Gerechtigkeit schenkt und dich also gerecht macht.« So sagt er in der ersten Aus- legung; in der zweiten ist er weniger genau, aber von der unmittelbaren Beziehung der Gerechtigkeit Gottes auf Christi Opfertod und unsere Rechtfertigung noch weiter entfernt: »der- jenige, der Recht lieb hat und kein Unrecht leiden kann; daher erfordert das Gottes Gerechtigkeit, daß man die Sün- 1 Sah. i, s. g. 10. 135 den vor ihm bekenne und um die Erlaßung der wohlverdien- ten Strafen bitte« Jn der Zusammenstellung der Treue und der Gerechtigkeit Gottes liegt ein ganz ähnlicher Gedanke, wie in 1,«143,1, wo das Gebet um Errettung, besonders um Vergebung der Sünden (V.2), an den Gott, der um seiner Treue und Gerechtigkeit willen hören wird, gerichtet ist. Die Gerechtigkeit Gottes, ein Begriff, mit welchem auch Johannes im zweiten Haupttheile seines Briefes (11, W) das heilige Wesen Gottes ebenso voll nnd tief ausspricht als im ersten Theile mit dem Satze »Gott ist Licht«, erscheint überall in der Schrift als der Grundzug der göttlichen Tugenden (1 Pein Z, 9), in deren heiliger Entfaltung sich die Liebe, die Gott ist, offenbart. Man darf nur, namentlich an unserer Stelle, die Gerechtigkeit Gottes schlechthin nicht verwechseln mit den ein- zelnen Funktionen derselben, nach welchen sie als gesetzgebenty richtend, vergeltend u. s. w. sich darstellt. Die alte lutherische Auslegung unsers cis-meng- beruht auf dieser Verwechslung. Johannes meint aber die allgemeine Gerechtigkeit Gottes, nach welcher er, wie die Alten sagen, jedem das Seine giebt, un- wandelbar die heiligen Ordnungen seines Reichs, in denen er sein eignes Leben mittheilt, hält, so daß also die Gerechtigkeit Gottes scch auch in der Treue -darstellt, welche die dem reuig Bekennenden gegebene Verheißung der Siindenvergebung er- -füllt (Liicke, Neandeu Vgl. überhaupt auch Nitzsch, Sy- stem. S. 169 sll.). I«- oipyj setz« So fährt der Apostel fort, indem er die unter Voraussetzung unseres Bekenntnisses un- zweifelhaft zu hoffendeVergebung und Reinigung unserer Sünde als eine Erweisung. der göttlichen Treue und Gerech- tigkeit hinstellt. Das Zw- ist weder an unserer Stelle noch sonst im N. T., namentlich bei Johannes, identisch mit Eines, sondern mehr oder weniger scharf markirt liegt immer die ur- sprüngliche Vorstellung der Absicht, des Zweckes, woraus sich leicht die des Zieles, der Aufgabe entwickelt, zum Grunde. Das hat schon Episcopius (vgl. auch Socin) richtig er- kannt, welcher zu unserer Stelle sagt: secundus« tideiitatem et iustitiam Dei a peooatis absolvemun sicuti in latina 136 1Ioh. l, 5—ll, 28. ljngua pruckentem aiiqaem et oircumspectum die-laws, »! pruevicieat ousus aljquos, i· e. pro pruäentia sua pkospioiah Jn ganz ähnlicher Weise erläutert Winer (Gramm. S. 431 fl.) den Sinn unsers Im: treu und gerecht, um zu erlaßen (»fitr den Zweck« — wie de Wette sagt: es liegt darin das Gesetz, der Wille), im Unterschiede von dem »so daß-«, wo- durch nur das äußere Factuny ohne die innere Beziehung vorzustellen, ausgedrückt— wird. Vgl. auch Lücke zu Joh 4-, 34. Um die verschiedene Nüancirung der Borstellungsweise, welche durch die Conjunetion Da, im Unterschiede von it« und dies« ausgedrückt wird, zu erkennen, sind solche Stellen am lehr- reichsten, in denen sich, bei sonst gleichem Wortlaut, einmal diese, dann jene Partikel findet. Oben B. 5. legte Johannes mit Z« den faktischen Gehalt der angekündigten wiss» Zeiss. »· Zwei-Ia) Botschaft objektiv dar; aber lll,11.23 wird der Inhalt der Botschaft nicht als ein objectiver, factischer vorge- stellt, sondern in dem Inhalte selbst wird eine Zweckbeziehung, eine zielsetzende Bedeutung, eine Aufgabe angeschaut, so daß derJnhalt der Botschaft selbst als ein noch zu realisirender hingestellt wird. Unter denselben Gesichtspunct fällt Joh. 17, Z. Wenn die Vorstellung wäre, daß die Gläubigen schon die »Er- kenntnis Gottes und seines Sohnes als eine factische abge- schloßen hätten, so würde Z« stehen miißenz es wird aber, indem das Wesen des» ewigen Lebens beschrieben wird, zugleich- angedeutet, daß dieses als ein noch zu erreichendes Ziel vor- schwebt. Vgl. 15,8. 1Joh.lV,17. Diese Vorstellung der Zweckbeziehung, der Absicht, der auf ein Ziel gehenden Be- wegung liegt tiberall vor, wo Im steht, um den Gehalt, das Wesen, die Bedeutung eines Begrisses zu entfalten. Am leichtesten ergiebt sich das, wenn Wo« geradezu das Objekt des Wollens, Bittens u. s. w. einführt, also wenn es zu den Berben Wär» Joh.17,24. Speise? 17,15. I9,31. oder zu den Substantiven äääøyxra 6,40. Eos-wär; 13,34. 11, 57 gefügt ist. Namentlich die letzte Stelle ist interessanh weil hier neben dem Zwei, welches die unmittelbar in dem Befehle liegende Zweck- und Zielbewegung markirt, indem es den Inhalt des l Ich. l, S. 9. 10. 137 Befehles einführt, noch ein Eins-ig- steht, wodurch die reine Absichy welche bei dem Befehle selbst vorschwebt, objektiv dargestelIt wird. Ganz ähnlich wie in der Verbindung mit den eben genannten Wörtern erklärt sich das I» hinter Ins-c»- Joh.6,29 Gunst» I6,37), Egid-«)- 4,34. Eipo- I2,23. IS, I. zgsia I6,30. lJoh. Il,27. armes-Jst» Joh. 18, 39. Leicht zu erkennen ist die Vorstellung der Absicht 13,2. Dunkler tritt dieselbe aus dem teleologischen Temperamente der Stelle 9, 2 hervor. Besonders lehrreichsmd die Stellen 8, 56 und 1-l,15, wo ein zukünftiges Objekt der Freude, auf welches der Wunsch, das Streben hinsieht und. hinzielt, geschildert ist. Ähnlich verhält es sich mit dem Ztm nach auf-möge« 16,7 und 11,50, mit welcher letztern Stelle zu vergleichen ist 18,14, weil hier anstatt des Z» der accus. c. ins. erscheint. Der Vorstellung -es ist gut, nützlich« ist die Bewegung des Wun- sches, der Absicht correlat. Wo daher Johannes die direkte Rede einführt, malt er zugleich die Absicht (osi«»cp. Da) dessen, der das Nützliche erstrebtz während er 18,14 mit reiner Ob« jectivität berichtet. Treu und gerecht, sagt der Apostel, ist Gott, um uns, wenn wir unsere Sünden bekennen, dieselben zu vergeben und von aller Untugend uns zu reinigen. Die beiden verschiedenen, aber wesentlich zusammengehörenden Begriffe »ich-Zwi- Hi; eigen-prinz- rmd unsern-Terr- ains näh. dies-»Jag- haben wir oben erörtert. Beides die Vergebung der Sünden, d. h. die Erlassung der Schuld N, und die Reinigung von aller Untugend, d.h.« die heiligende Überwindung und Vertilgung der immer wieder srch regenden Sündhaftigkeih ist auch für die Gläubi- gen, die im Lichte wandeln, die fortwährende Bedingung ih- rer Gemeinschaft mit Gott, in der sie bleiben, erstarken, zu innner höherer Freude (V. 4) vollendet werden müßem Wir haben hier nur noch den Unterschied von okxrapria und »Mir-is- ’«) ljber die genauere Bestimmung des Begriffes der Sündenvergebung vgl. die «auch wegen des historischen Materials interessante Adhandlnng von « J. F. K. Gu«rlitt. Worin besteht dic Vergebung der Sünden? The-II. Stud. u. Krit 1851. 2. S. 317 fll. 138 lJolx l, 5——-ll, 28. zu erörtern. Ein wesentlicher· Unterschied kann zwischen den beiden Begriffen nicht statt finden, wie schon daraus folgt, daß was V. 7 oiztapria hieß, an unserer Stelle oickcuia ge- nannt wird. Nur die-Vorstellung ist eine andere. Durch okzsagria wird die Sünde als Verfehlung des von Gott gesetz- ten Zieles bezeichnet Oixeagsciot Ha« eine-sozia- scec ice-i sie-«)- zicr Tor) anderem. Theodorus Abukara bei Sud-er, s. v.) das heißt also als Abweichung von dem im göttlichen Gesetze gewiesenen Wege (lll, 4); wie Theodoret (bei suicek a. a. O) sagt: ei«- wiztov emsig· Auen-Mauer- söeäcriosow Mär-I. Der Ausdruck »Es-alo- dagegen markirt den Widerspruch der Sünde gegen die göttliche Director-ej»- als solche. Weil aber diese in dem Gesetze sich offenbart, so ist jede rief-»Ja eine Ohno-pries, jede oixtarycioe eine vie-online. Vgl. In, 4 sit. Zu unserm V.9 haben wir nun noch einige merkwürdige Notizen aus der Geschichte der Auslegung und Benutzung des Textes beizubringen. Zuerst erwähnen wir die wunderliche Polemik gegen die kirchliche Lehre von der Grnugthuung, welche Socin auf unsere Stelle im Vergleich mit V. 7 gründet, Weil V.9 Gott als derjenige genannt wird, von welchem die Sünden vergeben werden, während V.7 das Blut Christi als die Ursache bezeichnet war; weil ferner Gott nicht durch Genugthuung, sondern durch Erlassung der Schuld uns von Sünden reinigt (von satiskacjendo pro Feuer-ais, sed illa re— mittendo et condonanitox so folgt nach Socins Argumenta- tion, daß —- man sollte erwarten, daß auch das Blut Christi nicht satisfaoienciey sei! ooncionando uns reinigt, Socin ur- theilt aber ausweichend: Christi sanguinem purgare peccata nostra katione arimodum ciiveksa ah ca, quae vulgo etc-Muts» Ersubstituirt nämlich dem konkreten Vegriffe »Blut Christi-«, den unbestimmtcn »Christus,« und bringt heraus: Deus ut primarja cause, Christus vero ut secundarja agit et dperatuiz ut quiriquid Christus eilicjt id Deus per ipsum Christum eili- oiat Die ganze Sophisterei ist schon deshalb völlig haltungs- los, weil V. 7 von der Vergebung der Sünden und der Ge- . nugthuung gar nicht die Rede war.— In der katholischen- l Joh. l, 8. 9. l0. 139 Kirche ist unser V. 9 als Veweisstelle einmal für die Ohren- beichte, zweitens für das Fegfeuer benutzt. Nach beiden Sei- ten hin wird unsere Stelle namentlich von Episcopius gegen Mißbrauch verwahrt. Daß in dem sei» sizroäoyaixsep nicht die Ohrenbeichte (vgl. can. et elect. com. Tritt. XIV. e. 5. p- 74, wo unsere Stelle neben Luc- 5, 14. 17, 14. und Jan— 5, 14 genannt wird. Bellarmin und andere Dogmatiker erwähnt Calov) gefordert werde, bemerkt schon Beza, indem er die Sache selbst mit dem bittern Worte aurienlarem car- njiioinaiitz quam eonkessionem vocant abfertigt. Milder ur- theilt Luther: »der Spruch kann nicht von der Ohrenbeichte verstanden werden, wiewohl ich auch diese nicht verwerfe, son- dern von der Beichte und Bekenntnis vor Gott,«— ein Ur- theil, das der katholischen Ansicht gegenüber völlig genügt, und welches nur dadurch entkräftet werden soll, daß behauptet wird: Dominus noster Jesus Christus, e terkis ascensukus ad o0e1os, seiner-toter snä ipsiics Dienste» reliquit tanquam praesides et Jurist-es, ad quos omnia mortalia crjmina defe- riintuk (canon. et elect. l. e.). Vgl. auch S. Schmid. Auf das Fegfeuer hat man das »wes-hie» bezogen, indem man die dort stattsindende Reinigung im Gegensatze zu der in diesem Leben geschenkten Vergebung der Sünden (c?c,)s) auffaßte Diese Beziehung auf das Fegfeuer hängt ohne Zweifel mit der eben erwähnten Erklärung des ö«uo2.oy- von der Ohrenbeichte enge zusammen, weil nur solche peocata mor- talia im Fegfeuer gebüßt werden können, welche noch vor dem Tode dem Priester einzeln gebeichtet sind, während die pecoata venia1ja, auch wenn sie nicht gebeichtet waren, die abgeschie- dene Seele nicht von der heilsamen Reinigung im Fegfeuer ausschließen sollen. Merkwürdig ist, daß schon beiBeda sich die Ansätze zu der spätern Erklärung vom Fegfeuer finden, insofern als auch Veda, nicht aber sein Vorgänger Augu- stin, das ekwäym r. syst-ge. auf das gegenwärtige, das m— Fug-Te«- aber auf das zukünftige, felige Leben, in welchem wir, von dem Fleische befreit, nicht mehr sündigen würden, bezieht. Er sagt nämlich: Benedikt« in hat: vjta electis peccata syst-ist«» m» 140 1.Joh. i, 5——u, 28. quotictjana et let-ja, sine quibus in terris vjveke nequeuntz emunciat post solutionem ceknis ab omni iniquitate, Introdu- eens jllos in eatn vitntn, in qua nec velint ultka peccnre nec visit-unt. Nach unserer obigen Entwickelung des Begriffs suec-enge«- ist jede Beziehung desselben auf das zukünftige Leben, geschweige denn auf das Purgatoriuiry gänzlich verkehrt. Cap. II. V. I. Tone-fo- rtan, rot-öco- ygoioow est-fis, Im» xtøJ Szene-seyn. nat set» «;- sixsokpsxV nennt-Moos- äszoxcw Eines« röt- mr2å9a, Thon-Js- Xocoscöw Eines-w. V. Z. stock wurde· Hostie« Fäuste-soc neoå sie-Js- Euere-»ab- OJYuIIH ou« »Sei stoss- ssxesscsgøoop its »He-w, oZUck nat net-i III-o» Tor? netzt-ou. Diese Verse, welche in der Lesart keine nennenswerthe Schwierigkeit haben, schließen sich dem Gedankengange nach enge an l, 8——10, mit welchem Abschnitte zusammen sie den ersten kleinen Gedankenkreis bilden, in welchem der Apostel den Lichtwandel der Gläubigem die Bedingung ihrer Gemein- schaft mit Gott, entfaltet. Schon Augustim mit welchem namentlich Beda, Calvin, Luther und Caloo überein- stimmen, hat den Gedankengang von V. I und 2 im Zu- sammenhange mit dem Schluße von Cap. 1 trefflich entwickelt, indem er sagt: Et ne forte impunitatem videretuk cledisse peocatjs quia dixit: tidelis est et justus qui mundet nos ab omni jniquitate, et tijcekent jam sibj frommes: peeoetnus, seouri faciamus quod volutnus, pur-get nos Christus —, tolljt tibi tnalam seoukitntetn et inserit utjlem titnoreuk Male vis esse securus, sollieitus esto; tidelis enim est et justus, ut djmittat nobis deliota nostra, si sen-per tibi displiceas et mutet-is donec perkiojaris ldeo quid sequiturct Fjlioli etc. seit for-te surrepit de vita humana peccatuktk Quid ergo net? Jan: desperatio erst? Audi. Si quis, jnquit, pecoavekit etc. Die- ser Zusammenhang erscheint in der That so einfach und klar, daß man die Ursach, weshalb so viele Ausleger denselben ver- fehlt haben, nur darin finden kann, daß man einmal den Sinn und die Beziehung der drei vorangehenden Verse ganz verkehrt verstand, wie z. B. Socin und Episcopius, dann Etat-»Hm» copy 1 Ich. u, I. Z. 141 aber auch übersah, wie der ganze Abschnitt von l, 8 an in feiner Einheit von dem aus dem Hauptthema (l, 5) entwickel- ten parakletischen Satze (l, S. 7) getragen wird, und deshalb, wie auch Lücke und de Wette thun, mehr einzelne Puncte der am Schluß von Cap. I. entwickelten Gedanken hervorhob, um daran It, I anzuknüpfen, als daß man den eigentlichen Faden festhielt. Luther hat die klare Anschauung von dem Zusammenhange zwischen Cap. I und II. für so schwierig ge- halten, daß er sagte, er wolle den einen Theologum nennen, der uns sagen könne, wie sich dieser Text zusammenreime So ganz Unrecht hat Luther hierin nicht; denn es kömmt allerdings auf ein solches ethisches Verständnis der l, 8—10 erörterten Verheißung an, bei welchem einleuchtet, daß grade in der Botschaft von der Vergebung der Sünden die Kraft und der Zweck (z*«x V. I) liegt, das fernere Sündigen zu hindern. » Die verschiedene Faßung des Zufammenhanges spricht sich am unmittelbarsten in der Beziehung des was-J«- ygp »Ja. V. I. aus. Wird can« nur von dem Nachfolgenden ver- standen (Bengel), so wird hierdurch jeder organische Zusam- menhang mit Cap. I. ebenso sehr abgeschnitten, als derselbe verwirrt erscheint, wenn man das cui-m mit Grotius und Rosenmüller auf das Vorhergehende und das« Nachfol- gende bezieht. Aber auch die Auslegey welche die nothwendige Zurückbeziehung des Spronomens erkannten, haben doch zum Theil wieder den einfachen Gang der johanneischen Rede ver- fehlt, indem z. B. Episcopiu s, der es nicht verstand, daß der Apostel die Vergebung und Tilgung der Sünden (V.8—— I0) predigen könne, damit wirnicht sündigen, mit übersprin- gung der drei Schlußverse von Cap. l, den Anfang von Cap. II. an l, 5—7 anknüpfen wollte. Fern liegt auch das Motiv, welches nach Lückes Ansicht die Anknüpfung von ll,I an alles von l, 5 an Gesagte vermittelt. Es sei möglich gewe- sen, sagt dieser Gelehrte, daß V. I0 in den Gemeinden so mißverstanden wurde, als sei die Sünde etwas unvermeidliches; es sei also zweckvoll, daß Johannes noch besonders eindringlich Ess- «««««««« py 142 l Joh. l, 5—ll, 28. hervorhebe, was freilich schon in V. 6 liege, daß alles, was er sage, das unbedingte Gebot nicht zu sündigen einschließe. Abgesehen von der Unwahrscheinlichkeit jenes Mißverständnisses an sich scheint uns Lücke ein ähnliches exegetifches Bersehn wie auch de Wette begangen, nämlich mehr ein einzelnes Moment aus der Gedankenbewegung am Schluß vom Cap. I, als diese in ihrer Gefammtheit und Einheit in’s Auge gefaßt zu haben. DeWette (vgl.Baumgarten-Crusius) schließt nämlich, während Lücke den Apostel in Il,1 einem möglichen Mißverständnis des letzten Verses von Cap. l. begegnen läßt, den Anfang von Cap. ll. an die »Ertnahnung zur Selbstkennk nis und Reue-«, indem er anmerkt: »denn je mehr man sich selbst betrügt u. s. w., desto mehr sündigt man; hinwiederum ist die rechte, lautere Gewissenhaftigkeit anch mit Sündenscheu verbunden-«; Allein, wie schon die Pluralform Texts-m, nicht see-soc, andeutet, was der Apostel ll,1 sagt, bezieht sich überall nicht auf ein einzelnes Moment aus der vorhergehenden Ent- « wickelung, sondern auf das Ganze in seiner lebendigen Har- monie. Und zwar ist namentlich dies im Auge zu behalten, daß wie die Verse I, 8——I0, woran zunächst sich II, l an- schließt, in organischer Unterordnung unter dem parakletischen Hauptgedanken daß Gott Licht ist, also wir nur im Lichtwan- del Gemeinschaft mit ihm haben, stehen, so auch die Rede ll,l von jenem Hauptgedanken mitgetragen erscheint. Jn neuerer Zeit ist dies namentlich von Neander trefflich aus- geführt, aber schon bei Calvin, S. Schmid und andern Alten sinden wir diese Einficht Der beständige, eine Zweck der johanneischen Paraklese ist dieser, daß die Leser in der Ge- meinschaft mit Gott erhalten, gestärkt, vollendet, und so zur vollen Freude gefiihrt werden. Die alleinige Bedingung die- ser Gemeinschaft ist aber das Wandeln im Lichte. Wenn nun diesesLichtwandels beständige Grundlage und steter Ausgangs- punkt die Erkenntnis und das Bekenntnis der eignen Sünde und der immer wieder vorkommenden Sünden ist, weil darauf fortwährend die Vergebung der Sünden und die Reinigung von der noch anhaftenden Sünde selbst beruht, so sagt der. l Ich. il, l. Z. 143 Aposteb ich schreibe Euch dies (l, 8—10), weit entfernt einer Läßigkeit in der Heiligung Vorschub zu leisten, vielmehr grade um Euch zum Wandel im Licht, zum gänzlichen Fliehen und Abthun aller Finsternis der Sünde anzureizem Denn wie das Bekenntnis der Sünde nur dann sittliche Wahrheit und Kraft hat, wenn es einerseits als wesentliches, erstes Moment des christlichen Lichtwandels, als beständiger Ausdruck und stete Voraussetzung des christlichen Strebens nach Heili- gung erscheint, anderseits aber zugleich den Glauben an die Treue und Gerechtigkeit Gottes, welcher dem reuig Bekennen- den vergiebt und die Sünde wegschassh einschließt, so muß auch die apostolische Paraklese, welche den Zweck hat, die Gläubigen zum Lichtwandel und dadurch zur Gemeinschaft mit Gott, der Licht ist, immer mehr zu führen, die beiden Momente enthalten, welche lI,1 ausdrücklich hervorgehoben werden: einmal die bestimmte, unbedingte- Absicht, »daß Jhr nicht sündiget« (vielmehr im Lichte wandelt I, 6), dann die trostreiche, ermuthigende Gewißheit, daß bei dennoch vorkom- menden Sünden ein gültiger Fiirsprecher (Vergebung und Reinigung l, 9) vorhanden ist. Darum sagt der Apostel zu- erst: »Kindlein, dies schreibe ich Euch, damit Ihr nicht sün- diget!« Er redet seine Leser bei feiner ernsten, aber durch die innigste Liebe getragenen Mahnung wie ein Vater seine Kin- der an: -s.s«««a, wie V. 12. 28. Hi, 7. IV, 4. V, 21 (Vgl. il, 18. unreife. Seh. 13, 33. Gal. 4, l9); noch inniger sagt er wie Ill,18 cis-spio- ,uo». Die Diminutivform ist noch zärtlicher, herzliche» als das reinem« (s«" z« weil-we, esse-w, sei» namens nasche-»O, womit nach der schönen Erzählung bei Eusebius (H. E. Hi, 23) der greife Johannes einen Jüng- ling von dem Wege des Verderbens zurückriesi IV» ruf vix-answer. Wie es die unbedingte Forde- rung an das heilige Leben der Gläubigen ist und sein muß, daß sie schlechthin gar nicht sündigen (vgl. Röm. 6,»1 sll.), so stellt der Apostel den Zweck seiner schriftlichen Paraklesejener wesentlichen Forderung gemäß dar. Jnsbesondere hat auch die Verkündigung, daß dem, welcher seine Sünden Eis-ruhelos: 144 l Ich. l, 5-—ll, 28. Mut. l, 9) bekennt, welcher es nichtableugneh daß er noch immer sündigt Osxcagrsiieazskw I, 10), seine Schuld erlassen und seine Sünde weggeschafft werden soll, den unbedingten Zweck, die Leser von dem Sündigen spizcapssüosw II, l) ab- zuhalten, ein Zweck, der in aller Entschiedenheit bleibt, ob- gleich jene trostreiche Gewißheit allezeit für den Gläubigen gilt, ja der nur dadurch erreicht werden kann, daß der fallende Gläubige sich immer wieder an jener Verheißung ausrichten kann. Darum stellt der Apostel auch sogleich wieder unmit- telbar neben die unbedingte Forderung, alle und jede Sünde zu fliehen, die Versicherungt ual sei» «; akxioigrzpz kurz. Es ist klar, daß das oixiagwiesw V. 1 beide Male ganz denselben Sinn und dieselbe Beziehung haben muß, wie das älteste-Eos«- (sJ««o-9»,k«.) l, 10, d.h. daß es die immer wieder vorkommenden einzelnen Sünden, welche I, 9 in der Plural- form rose- eizsagaiag bezeichnet waren, andeutet. In diesem Sinne haben auch alle Ausleger erklärt, nur solche ausge- nommen, welche wie Socin, Episcopius, Ballenstedtz Löffler und Semler den apostolischen Gedanken nicht ver- tragen konnten. Grotius, den wir zu I, 8—10 in wesent- licher Übereinstimmung mit Socin fanden, versucht es nicht, fich consequent zu bleiben und auch an unsrer Stelle das »die-grosse«- von dem Sündigen der noch Ungläubigen, d. h. dem Bleiben in der Sünde zu deuten. Nur Socin führt seine Ansicht von l, 8 e 10 auch an unsrer Stelle ganz rein und unter ausdrücklicher Verwersung der richtigen Interpre- tation durch, während Episcopius doch nicht ohne alle Jn- consequenz davon kömmt. Einig sind beide darin, daß das akzoagscoiosm nicht peocare, nicht das Vollbringen einzelner Sünden bedeute, sondern in peccaiis wartete, d. h. ungläubig, unbekehrt, nach Lösfler sogar ungetauft, bleiben. Socin hält das »auch bei der zweiten Hälfte des Verses, trotz des Exzesse-«, fest, während Cpiscopius, neben dieser consequen- ten Mißhandlung des Textes, wenigstens einmal den Gedanken andeutet, daß, wenn wir nur nicht in peccatis manemus sei! pecoatis keliotjs juslitiae operam damus, und dabei doch seen-h. n, 1. Z. 145 einzelne kleine Versehen und Vergehen —- keine eigentliche Sünden, die ja bei den Wiedergebornen nicht vorkommen kön- nen — steh einstellen, (vgl. auch Baumgarten-Crusius) wir einen Fürsprecher haben. Eine Widerlegung bedarf, nach dem zu l, 8——I0 Bemerkten, die Auslegung des Episeopius und des Socin nicht mehr. Wir begnügen uns deshalb da- mit, die sorinische Umschreibung unserer Stelle mitzutheilem woraus sich die Entstellung der einzelnen Momente von selbst ergiebtq Socin sagt, durch die Zweckbestimmung ne in pec- catis maneant habe Johannes seine Besorgnis angedeutet, daß entweder die meisten oder doch einige Leser wirklich noch in einem unbekehrtem unglsiubigen Zustande sich befanden und nur dem Namen nach Christen, äußerlich Getaufte seien. Si quis igitur, edit, per-out, i. e. post Christum agnitum et professionem nominis ipsius, quibus rebus praeeiiti erant omnes ji, ad quos sckipsih aciiiuc in peccatis meinst, nec- dum resipuitz is seist, se usihuo esse in rann-are, ut expiip tionem sum-um Peccator-uns possit aiiipisci. quocl explicat bis verbis: erste-»oui«»- lealøemns etc. Utituk verbo plurnlis numeri et print« person-i, iiieens trademark, qui) vicietur seipsum etiam cornpleoti. non quod kevekn ipse esset unus ex illis, qui atihue peccarenh sed ut cnelius inclieet ja, quoti eitles-nat, pertiuete ad armes, quibus evangelium an— . nunciaium est, intek quos et ipse eint, quamvis alioqui ad numekum istorum pedes-ratsam, i. e. in peccutis aeitiuc ina- nentium, nullo motlo pektinereh . Neben die auf der absoluten Forderung der christlichen Heiligung beruhende Zweckbestimmung »damit Ihr icicht sün- diget«, tritt nun aber, in einfacher Anfiigung heut, ohne Mar- kirung des logischen Gegensatzesx für den nach l, ·7-—10 frei- lich in der That nicht zweifelhaften Fall (.s'-a’-. act. vgl. zu I, 6), daß doch jemand siindigt, die ermuthigcnde Hinweisung auf Jesum Christum, unsern beständigen Fürsprecher bei dem Vater: nagen-Äneas- Zxozuzw see-i. Der Eintritt der communicativen Redeweise, Xzoxick hat den Grotius ver- leitet, an die Vermittelung der Kirche, deren Fürbitte fiir l. 10 146 1Joh. l, 5—1t, 28. den reuigen, ihr sich anvertrauenden Sünder Christus vor den Vater brächte, zu denken. Schon zu den Worten ice-ei sei» «; vix-»Sei» bemerkt Grotius, mit Beziehung auf V, 16. vgl. Gab 6, I. 2 Cor. 2, 6. u. a. St.: seine, et se eeolesiae regendum sanandumque tradideriy und das »eines-Ä. ähkoxikn erläutert er: Non dir-it habet ille Juli-warum, seri ecclesia he— her, qui-e pro lapso preoatun Preoes ankern eoolesiae Christus more advooati Deo patri commendat Joi1. I6, 26. Aber schon Calov entgegnet mit Recht: illurt adde non est a spiritu sent-to, sed a Grotiana enden-ja.- Non eoolesia hie loquiluy sed apostolus cie se aliisque lidelibusz neo tan- tum pro lidelibus in universum interoeriit Christus, set! pro singulis ipsum jnvooantibns immo pro toto genere iiumana Die communicative Redeform nämlich, welche hier mit dersel- ben innern Wahrheit eintritt, wie z. B. I,6, ist schon von Luther, in Übereinstimmung mit Augustin und Beda, als eine »angcnehme Verwechslung der Personen« bezeichnet: indem Johannes fich selbst mit darein rechne und sage, daß er auch eines solchen Fürsprechers bedürftig sei. Daß freilich Johannes, indem er hier aus Christum, als unsern Fürsprecher bei dem Vater hinweist, die brüderliche Fürbitte der Christcn für einander (V, 16.) nicht ausschließt *), versteht sich von selbst; . an unserer Stelle aber liegt dieser Gedanke durchaus nicht im Zusammenhange. Auch Augustins Bemerkung, die Beda wiederholt, invioem pro se ornnia membra want, oaput pro omnjbus interpellat,« entspricht deshalb nur in ihrer zweiten Hälfte unserm Tritte. ««) Ausgeschlossen ist allerdings anch durch unsere Stelle die von den Katholiken statiiirte Jntercession der Jungfrau Maria und der Heiligen. Vgl. Luther und Calvim Apolog. conll Aug. Hi, M. lX, Z! seit. Hase p. 90. 228 sq.). Es ist ein schönes Wort, welches Augustin sagt: Not: riixit habe-As, neo me habetis di1it, neo ipsum Christum habetis ciixih seci et Christum posuih non se, et habemus ckixitz non habetird Maluit se ponere in namero peooatorum, ut haberet aeivooatum chri- stntn, qnam ponere se pro Christo advocatum et inveniri inter tin— mnaneios superbos. 1Jph. u, 1. 2. 147 Der Aposteh der sich wohl bewußt ist, daß auch er fort: während die Vergebung der Sünden und der Reinigung von aller Untugend bedarf, spricht also aus seiner eigensten Heils: ersahrung: wir haben»einen Fürsprecher bei dem Vater, »a- 9a2-c2.s;cos-. Die Bedeutung und Beziehung dieses Ausdru- ckes ist aus dem gemeinen Sprachgebrauche und dem Zusam- menhange unsererStelle deutlich zu ersehen, und ist auch von keinem nennenswerthen Ausleger verfehlt. Einige Schwierig- keit entsteht nur, scheinbar wenigstens, wenn man die Stel- len des johanneischen Evangeliums (14, 16.26. 15,26. 16,7.), in denen nicht Christus, wie hier, sondern» der heilige Geist ycaxpkisszszsxog genannt wird, vergleicht, und es also daraus ankömmt, den Begriff des Wortes so zu saßen, daß ebenso sehr die wesentliche Einheit und Gleichheit des einen Aus- druckes, als auch die zwiefache Beziehung desselben einleuchtet. Dies ist von G. Chr. Knapp (De spirilu s. et Christo pa- kac1etis. Vgl. sorjpta varii argumenti. Eil. Z. Heil. 1823. l, 115) und nach ihm von Lücke (zu Joh. 14, is) geschehn. In dem Evangelio selbst ist die doppelte Beziehung des Aus- drucks nagst-Three aus den heiligen Geist und »aus Christum unzweideutig hervorgehobem indem der Herr, wie schon Au- gustin bemerkt hat, den heiligen Geist als einen andern Paraklet bezeichnet, welchen er seinen Jüngern nach seinem Weggange senden werde. Schon hiedurch wird ebenso wohl dem Urtheile, welches neuere Kritiker (Bauer, Schwegler, Hilgenseld) aus die vermeintliche Verschiedenheit der Bor- stellung des ssagrisizsjscog griinden, daß nämlich unser Brief nicht von dem Versaßer des vierten Evangeliums herrühren könne, die Spitze abgebrochen, als auch die grade entgegen- gesetzte Vermuthung Augustis, »daß zeiyog und are-sei»- ösyscu Synonyma seien-» widerlegt. An unserer Stelle, von der wir billig ausgehn, ist die Bedeutung des Ausdrucks »a- psisszsycog vollständig aus dem gemeinen Sprachgebrauche zu entnehmen. Haku-Theor- heißt bei den Griechen, namentlich bei den Rednern (vgl. die Lexica, Suicer, s.v. J. Elsney Obst-Wall. il, 420. bes. Knapp, a. a. O.), der aävocatus 10’ 148 I Seh. t, 5——n, 28. erster, oausae natkonns, der Rechtsbeistand, Anwalt eines Angeklagtem Sonach erscheint Christus an unserer Stelle als unser Sachwalter (-Advocat, Vormund« sagt Luther) bei dem Vater, welcher um unserer Sündgwillen uns richten will. Christus führt da unsere Sache, nämlich insofern als wir nicht bloß mit unsern Sünden, sondern auch mit dem reuigen Be- kenntnis vor dem richtenden Gotte stehn, der, wie Neander mit Recht hervorhebt, wie Christi, so durch ihn auch unser Vater Eines; ed» ers-»Im) ist (I, L. 4), mit dem wir also in einem durch die Fürsprache des Herrn immerdar zu erhal- tenden Kindesverhältnis stehn· Treffend hat in diesem Sinne Au gustin den Begriff »a9ck««,cog, schone-uns, entwickelt: lbi habes schwer-law, noli titnere, ne per-cla- eaumm contes- sionis tue-te. Si enicn aliquancio in hat: vita eotnmittit se hom0 ciiserine linguae et non nor-it, eommitiis ie vekbo ei neriinrus es? Diese wartete, lebendige Vorstellung von Christo als unserem Anwalt bei dem Vater darf nicht in die allgemei- nere Borstellung, daß er der »so-Seh; sei, umgesetzt werden. Johannes bezeichnet eine ganz eigenthiimlichg bestimmte Art seiner »so-esse. Das isi auch weder dem Oecumenius (vgl. auch Theophylacy noch dem Beza, welche beide an die Mittlerschaft Christi erinnern, entgangen; denn während jener die Free-»fo- Christh als unseres nunoiuxsjsroxy der. Sache nach ganz richtig beschreibt als ein äwoyxoiwsiy Hex-i spie-·«- (Hebr. 7, 26. Röm. 8, 34), will Beza den auch ihm fühlbaren Unterschied zwischen unserm Hagel-sitzen; und dem paulinischen zweitens· dadurch wahren, daß er sagt: nostra qniciem kesneeiu Fiasko-um«· nt qui nostram in se cansam reciniah qui et »Sei-w; kesnecin niiikis ciieitut·, tutn ex— niationis niedre, tnm qnod nersonatn qnotiammocio denke— aetoris snsiineah quuni nonnisi ejus nomine nett-ern preve- mun Unser waneiiezøzeog steht ganz in dem Sinne, wie es sich in mehreren Stellen des Philo (bei Elsner, C. F. Lösney Observat aci N. s. e Philone Uns. 1777. n. 496 und J. B. Carpzov, Sack. exekcir in en. ad Hebt. ex Philone He1mst.1'750. n. 155) findet. Denjenigen nennt 1 Joh.11, i. 2. 149 Philo den scagaisizøyscoe eines Andern, welcher im Jnteresse dieses Andern einen Dritten geneigt macht, versöhnlich, gnä- dig stimmt, Fgsuxrsptxsc ««). Die merkwiirdigste Parallele zu unserer Stelle ist aber eine schon von Elsner mitgetheilte Stelle des Philo (iie vita M0s. p. 673), in welcher gesagt wird, daß der Hohepriester bei seiner Fürbitte für die Sün- den des Volks den Logos, den Sohn Gottes als Fürspres cher Magus-Zwar) bedurst habe: cis-»Hast«- yoig F» stör- ispwxräwoss Erz? Im; Jena«-»n- mnpi Augurs-Miy- zgøsaiforx «— Äste-rekru- srsjss eine-»Ja- eyigi nat-«: «» girrt-Varian- Czapski-etwai- sruw irori zogekyiuw oiøäormoisraw »Hu-Ida« Auch das Mo«- ment, welches Johannes mit its-same bezeichnet, wird in dem Philonischen Aussprache deutlich und in gleichem-Sinne her- vorgehoben. Aus der patristischen Literatur· ist als Beispiel« für den Gebrauch des Wortes wage-Fuhren eine Stelle aus dem Briefe der Gemeinen von Lyon und Vienne an die in Asien und Phrygien (bei Eusebius H. E. V. I) bekannt. Unter den Märtyrer-n wird einer hervorgehobem welcher, weil er mit besonderer Freudigkeit, in der Kraft des heiligen Gei- stes, des Parakley für die Verantwortung der Brüder Was« »Ja easi- aickslcziasp eine-Mystik) sein Leben gelaßen habe, mit dem Beinamen Auges-Meer· Xxuossrawdrs geehrt worden sei. Beßer noch paßt eine Stelle aus dem sogenannten zweiten Briefe des Clemens von Rom (Cap. 6), wo es heißt: sei; øsxrusp Magus-Mias- .s"a-rar, Fair- ««IJ arise-Jahre» Egyae XVI»- srse So«- uai Dis-am; Vgl. auch den Brief des Barnabas (Cap. 20). — Wenn sich aber der bisher entwickelte eigent- liche Sprachgebrauch des Wortes ssragiigszsycog auf die passi- vische Vorstellung eines herbeigerufenen(adv0catus) Beistandes, «) Jn diesem Sinne erklärt Cyrillus von Alerandricn (bei Suicer s. w) Uszkcknhyroc im! Staat-inso- Z »Es( wiss-aussen« irr-Gönn»- yuVJ rote; Fuss-sc,- UJPZHJ seit« Terz«-syst. Allch die ekstk Erläuterung des Ok- rumenius, welcher im Hinblick ans V. 2 sagt: ask-as; yktp »; sei-ex; kcspi ssxnör Zorn-Xenien» THE-Ists« rrxgi T. rJz4crp-r. läuft darauf· hinaus. Dagegen ist die andere, von Suiter aufgenommeny Beinerkung: ice-pri- nhzroH To«- iinkg Orts« sei» »wer-Egi- krapnnulzcsissra Nicht zukkkffknd 150 l Ich. l, 5—Il, 28. Anwaltes gründete, so findet sich dagegen auch ein solcher Ge- brauch des Wortes, welcher mehr eine activische Bedeutung des Verbums (»zureden, trösten«) voraussetzt Jn diesem Sinne haben offenbar Aquilas und Theodotion das Dkxzy »Tröster« (Hiob IS, Z) durch nagst-Zweig gegeben; deutlicher noch drücken sich die Alexandtin er aus: nagte- uzøsscoxpsgy —- esn Wort, das Heshchius durch Wagners-As;- seai erklärt — während Shmmachus gradezu sagt: nah-y- yopoeJs--rsc. Ebenso ist es zu verstehn, wenn Gregor von Nyssa (bei Suicer) sagt, man könne nicht nur den Sohn und den Geist, sondern auch den Vater ways-Ame; nennen, weil nämlich auch dem Vater das wage-wiss«- zukommr. Aber nicht immer tritt in dem Sprachgebrauche des Wortes die eine oder die andere dieser beiden Borstellungen ausdrück- lich hervor, sondern das Wort wird auch in dem Sinne ge- braucht, in welchem beide Vorstellungsweisen zugleich ausgehn, so daß es nämlich nur den Beistand, Helfer überhaupt be- zeichnet 7). Deshalb kann gleicherweise Christus und der hei- lige Geist bei Johannes exoepunäeyskox heißen (I4, IS. vgl. M, 26. 15, 26. 16, 7). Wie nämlich einerseits der heilige Geist nicht minder als Ehristus die Gläubigen bei dem Vater ver- tritt Gmspkpwyxoiosk Röm. 8, W. vgl. das Eures-wiss«- iinzg gösse-Js- von Christo gesagt, Hebt V, 25), so redet auch anderseits der heilige Geist, durch die Verklärung des Herrn gleichsam entbunden, zu den Gläubigen, lehrend, mahnend, tröstend, nur das, was Ehristi ist, von dem Seinigen nimmt er es, von ihm zeugt»er, seine Wahrheit, sein Leben, ihn sel- ber vermittelt der Geist (Joh. a. a. O. besonders 16,-7—15). Wenn wir aber so von der Erörterung des Sprachgebrauchs in die Entwickelung der Sache selbst geführt werden, so «) Diesen allgemeinen Gebrauch des Wortes erkennen wir wieder in dem Chaldäischen VIHPIFU einen Ausdruck, welchen das Targum Jonathan zwkimcii (Hipk- 16,20 und as, 23) fiik das Hei-einsch- yjby hat. A» d« setzte» Spuk, wo ykby de» Verwirrte» Dein-user» wie In. 43, 27, bedeutet, ist die Übersetzung richtig; an der ersten Stelle, wo vielmehr von Spöttern die Rede ist, falsch. 1Joh.1l, 1. Z. 151 inüßen wir zuvörderst das Moment aufnehmen, tvelches wir oben auch in der Philonifrhen Parallele fanden, nämlich den in der Apposition ckiuaroc , nicht ohne einen gewißen Nach- druck hervorgehobenen Gedanken. Es sind wesentlich drei verschiedene Meinungen über dieses Mira-os- vorgetragen. Grotius behauptet, das Wort bedeute hier wie I, 9 soviel als b0nus, lenis, eine Meinung, welche auch Calovdies Mal für haltbar erklärt. Stephan Le Moyne (bei Wolf) vertritt eine andere falsche Auslegung, welche wir gleichfalls schon zu l,9 kennen lernten; cito-mag, sagt er, heiße Christus, weil er gerecht mache Oft-mag gleich ck««x««Js-). Die richtige, allein dem Worte, dem Zusammenhange unserer Stelle und der Schriftanalogie völlig entsprechende und von allen übrigen Interpretem wenn auch unter gewißen Modisicationen ’«), vertretene Auslegung ist die, nach welcher« Christus, unser Fürfprechesw deshalb »gececht« heißt, weil e: schiechthiu sünd- und srhuldlos, heilig ist. Alles was die Schrift von der er- lösenden Thätigkeit Christi sagt, ist von dem Gedanken seiner eignen Gerechtigkeit getragen. Wenn im Hebräerbriefe (7,25 fl.) von der Jntercessioii Christi für uns die Rede ist, so wird nachdrücklich hervorgehoben, daß er, unser Hoherpriester, »hei- lig, unschuldig, unbefleckt, von den Sündern abgesondert« sei. Die heilsame Frucht des Leidens des Herrn beruht nach lspetn 3,-18 darauf, daß« er, selbst gerecht, für uns, die Ungerech- ten, gelitten hat. Denn wie nur deshalb, weil er selbst ohne Sünde war, Christus uns Sünder mit Gott versöhnen, um unserer Sünde willen sich zerschlagen laßen konnte, so kann er auch fortwährend nur als der Gerechte uns, die Ungerech- ten, bei dem gerechten Vater vertreten. »Die Gerechtigkeit Jesu Christi, sagt Luther, stehet auf unserer Seite. Denn Gottes Gerechtigkeit ist in Iesu Christo unsers! «) Socin z. B. versieht die Gerechtigkeit, im Rückblick auf l, 9 als Grundlage der Treue und Wahrhaftigkeit, nach welcher Christus seine Ver- heißungen hält. Ja chmami meint, Christus heiße deshalb der Gerechte, weil er nur für die wahrhaft reuigen Sünder ein Fürsprechcr bei Gott sei und diese von den scheinbar Reuigen unterscheidr. Ess- cccccccc py 152 l Ich. l, 5—ll, 28. Es fragt sich nun aber, wie wir im Zusammenhange der johanneischen und der allgemeinen Skhristanschauung von der erlösenden Wirksamkeit Christi seine Fürsprachtz Anwaltschaft zu denken haben. Die Ausleger (eine Reihe dogmatischer Ab- - handlungen nennt Wolf) begnügen sich zum großen Theil mit der bloßen Worterklärung, ohne auf die nothwendige Erörte- rung der schwierigen Sache einzugehn. Manchem welche die Vorstellung felbst berühren, ist dieselbe mehr oder weniger un- bequem. Socin, Episcopius, Jachmanm selbstKnapp, Lücke und Ne and er entfernen mehr oder weniger die con- crete Vorstellung von einer realen Jntercessioii oder Fürbitte des Herrn bei dem Vater, indem ihnen der johanneische Aus- druck mehr oder weniger metaphorifch, etwa aus der alttesta- mentlichen Symbolik entlehnt, erscheint. Auf der andern Seite aber (vgl. Calov und mehrere von ihm angeführte Ausleger) ist die Einfalt und Lauterkeit der apostolischen Vorstellung da- durch verletzt, daß man dieselbe in einer gewißen sinnlichen Derbheit ausgebeutet hat. unbefangen haben unter andern Luther und Calvin, neuerlich auch de Wette die aus dem Worte unmittelbar sich ergebende Vorstellung anerkannt, ohne aber darauf auszugehry ein lebendiges Verständnis der Sache selbst zu vermitteln. Jndem wir nun diese Aufgabe angreifen, prüfen wir zuerst, was wir aus fremder Arbeit gewinnen können. Dem Socin macht es am wenigsten Mühe, die Vor- stellung von einer wirklichen Fürspraehe, Für-bitte des Herrn wegzudeutein Die Worte, sagt er, scheinen einen derarti- gen Sinn an die Hand zu geben; allein der ganze Ausdruck ist bildlich und bezeichnet nur einerseits die Macht und die Sorge Christi, uns von den Strafen der Sünde zu befreien, anderseits aber zugleich die Unterordnung desselben unter den Vater, bei welchem er fürsprechend, bittend dargestellt wird. Weil die An- sicht Socins durch die ganze pelagianifche und rationalistifche Exegese sich hindurchzieht, wollen wir seine Worte mittheilen: Eienim verba illa ,,apuii Falk-ern« videntur dabei-e vim quan- elam signiiicandi praeter mansionem Christi apud Patrem suum quodammodo eikeclum quendam a Christo procedetk 1 Seh. n, 1. 2. 153 tein, qui versetur eirca ipsius Fett-ein, quutenus videlicet Christus eilst-it, ne, ut dir-tun! est, Pater irum«suam, quam in peecutores eli·untiit, in nos eli·undnt. non quidetn quin ipsum reveru plaoet et ex severo mitem reinigt, seci tantum quio potestntein habet removentii oh hominihus, sin resi- puerint et in ipsuin ereclicierinh omnes nolens-s, quae aliu- quin ipsorum per-onus, in quihus manere solehantz innige- renturn Sunt enim modi isti loquencii, quoll Christus sit atlvocatus unstet, quosi sit saeercios noster -— quod oret seu interpellet pro nohis, non proprii revera, seit ligurath quihus Dei patris praerogativa et supra ipsum Christum auetoritas et eminentia, et interim suknma Christi potestas et cura liberandi uos a poenis peccatorum deelnratun Die ganze Expositioti ist ein Nest von fruchtbaren Jrrthümern Schon dadurch, daß Socin die fcheinbare Fürsprache Christi« auf die noch Ungläubigen beschränkt, feiner ganzen Ansicht von l, 8fll. gemäß, wird die apostolifkhe Vorstellung völlig ver- schoben. Der Hauptgedanke aber, welchen Socin aus dem Texte gewinnt, daß der, dem Vater untergeordneth Christns Willen und Macht habe, uns, wenn wir in Buße und Glau- ben zu ihm kommen, von den Strafen unserer Sünden zu befreien, ist etwas feiner von Epifcopius gewandt und in einer Weise begründet, welche in der That nicht ohne eine gewiße Wahrheit ist. Epifcopius sagt, wie es scheint, denen gegenüber, welche die Fürbitte des Herrn zu sinnlich auffaßten, daß man die Vorstellung der Schrift von der Jntercefsion des zur Rechten des Vaters erhöhten Christuö nicht von einem wirklichen, demiithigen Bitten, wie es nur dem erniedrigten Christo auf Erden zugekommenfeh verstehen dürfe (ae si in ooelis coram patre suo prostratus peteret et imploraret); man müsse also, wenn man nicht die Erhöhung Christi meta- phorifch deuten wolle, vielmehr die Ausdrücke, welche den wirklich erhöhten Christum als unsern Fürbitter bezeichnen, metaphorifch verstehn (aut enim potentia illa eximia et super- eminens illa regia p0testas, qua nd dextracn Dei seclens a Patre ckonatus est, improprie Christo oompetit et tribuitur in 154 l Joh. l, 5 ——1l, 28. seripturis, aut due(- jnterpellaticx medium non iiatur.), d. h. so daß die »Fürsprache« des Herrn nichts Anderes bedeute als: mediatorinm Christi Marias, quo kungj äicitur hie, quatenus interventu sue, i. e. auet0kitate, potentiu et euka a Patre aceepta, tanquam meiiius inter- Denm et homjnes eonstitutus — impedike potest et impeditz quaatum in se est, instar acivoeati hominum ticielissimh quominus im Dei, i. e. poena et mors ab irato Deo jmmittutur omnibus sine discrimine pecoatoribus Dieselbe .an sich völlig berechtigte und noth- wendiger Rücksicht, welche dem Episcopius bewog, die Vor: stellung einer wirklichen Fiirsprache oder Fürbitte von Seiten des erhöhten Christus gänzlich zu entfernen und in die that- sächliche Entfaltung seiner herrlichen Macht umzusetzen, spricht sich auch bei Lücke und Neander in ähnlicher Weise aus «) Lücke, welcher mit Recht von der alttestamentlichen Idee »der wirksamen Fürbitte der Frommen bei Gott« ausgeht, giebt doch im Grunde die reale Wirksamkeit schon dieser Fürbitte sogleich wieder preis, indem er als »die Wahrheit jener kind- lichen symbolischen Vorstellung« den Gedanken hervorhebt, die Fürbitte der Frommen sei »gleikhsam das in den Frommen concentrirte Bewußtsein der versöhnlichen Liebe Gottes in der Menschheit, woran die Andern sich halten und ausrichten, wenn sich ihnen im Bewußtsein ihrer Sünde die Liebe Gottes ver- birgt-«; und wenn er demnach die Fürbitte Christi auf Erden auffaßt »in Beziehung auf die Conservation im Guten-«, so erscheint ihm die Fürbitte des verherrlichten Christus »als Ausdruck seines fortwährenden Bersöhnungsamtes«, und zwar insofern, als die versöhnende Thätigkeit Christi, die zwar »ihren historischen Ansangspunct in seiner irdischen Erscheinung, insbesondere seinem Leiden und Sterben hat, doch nicht darauf beschränkt ist, sondern sich fortsetzt und immer mehr sich entfaltet durch die Wirsamkeit seines Geistes, worin seine ewige Person uns gegenwärtig ist.« In ganz ähnlicher Weise legt Neander aus. Wir sollen uns, sagt er, die «) Vgl. R. Noth« Theolog Ethik. Bd. II. Wittenb 1845. S. 312 1Joh. It, 1. Z. 155 Ftirbitte des erhöhten Christus nicht so denken, als wenn er die Vergebung der Sünden für die Gläubigen erst erbitten müsse; vielmehr, auf Grund der einmal gestifteten Versöhnung (V.2), bezeichne die Fiirbitte, die »fortwirkende Kraft des einmal vollbrachten Erlösungswerkes«, die »bleibende Fortdauer des einmal durch Christus gestifteten kindlichen Verhältnisses, welches, solange die Gläubigen in dieser Gemeinschaft mit Christus verharren, solange der Glaube ihnen bleibt, nicht wieder zerstört werden kanns« Der Jrrthum, vor welchem alle diese Ausleger die apostolische Borstellung von der Für: sprache des Herrn bewahren wollten, besteht darin, daß man, um« mit den lutherischen Dogmatikern zu reden, die intercessio als humiiis arissaßt Allein mit Recht entgegnet schon Hollaz (Exam.theoi. Rost. et Lips. 1708. P.lIi. senkt. eap.3. qu.85) den Socinianerm es sei ein großer Unterschied zwischen der interpellatjo humilitatis per submissionem, wie sie inden status exinanitionis et dies carnis gehöre, und der interpel- lutio auctoritatis per giorjosam postulati0ne1n. Jn dieser Weise aber die Jntercession selbst festzuhalten, ist offenbar durch die klarsten Schriftspriiche geboten. — Unsere alten Dogma- tiker sind deshalb vollkonnnen im Rechte, wenn sie ebenso be- stimmt als jene mit der Majestät des erhöhten Christus unver- trägliche Vorsiellungsweise auch die Wegdeutung der (priester- lichen) Fürbitte des Herrn überhaupt verwerfen, wie z. B. Joh. Gerhard (I«oo. Ideal. Bd. Gotte. T.lll. p.584. Loo.lV. eap I5. S.328) diese Meinung der Socinianer ’(negant, chri- stum pro nobis per-pries intereeriere, cum per interoessionem ipsius nihii aliud intelligendutn sit, quam quod potentiam sue-m, per quam agit, a. Patre habet-it) als photinianisch be- kämpft. Gekhard (t«oc. thesi. Tom. 1. p. 371. hoc. v. cap.8. 8.189. Tom. Hi. p. 578. Loc.1V. oap.15· S.323) und Hollaz (a. a. O. qu. 81—85) stellen deshalb die wirkliche Intercession Christi, unsers ewigen Hohenpriesters, als zweites Stück seines priesterlichen Amtes neben die Satisfaktion und gründen jene auf diese. Holla z beschreibt dieselbe also: la— teroessio Christi est alter ectus ofücij saceriiotaliy quo Erst-ist«« copy 156 l Joh l, 5«ll, 28. Christus Freie-Ahnung« vi universi mekiti sui pro oumibus bemi- nibus (generaiis), in pkimis ver-o electis suis (speeiaiis) re«- prapriequcz at sine ulla majestaiis suae imminutione Eurem-Miete, ad impetrancium fis, quaecunque eorpori atque animae pras- eipue saiutaria esse novit — oder, wie es nachher genauer heißt: ut saluiaris mottis suae kkueius iliis applicetukz und in Betresf der Wiedergebornen und Erwähltem ut in iide et— sanciitaie eonsekventur aique Orest-ani- Diese Jntercession ist nicht nude inietspketaiiva per« ostensa werde, und nicht bloß reaiis, sondern der Art und Weise nach voeaiis et oraiis, dem Wesen und der Wirkung nach Maria«-h, expiaioria und eiiicax as! impetraneium bona hominibus saiutarier. Jn ähn- licher Weise, obgleich weniger klar, legt Calov den Begriss nahe-Fahre; auseinander. Wie ein Anwalt, ein Fürsprecher,. sagt er, überhaupt dreierlei zu thun habe, nämlich erstlich bei dem Richter das geltend zu machen, wodurch, ohne doch die Verurtheilung des Beklagten zu bewirken, der Gerechtigkeit genug gethan werde,—zweitens die reuige Abbitte des Ver- klagten vorzubringen, und diese endlich mit seiner eigenen Für: bitte zu untersttitzem so vertrete uns auch Christus bei dem richtenden Vater, indem er sowohl sein eignes Blut, als das los-par. prelium reciemiionis aufweise, als auch unser Be- kenntnis und unsere Abbitte zugleich mit seiner Fiirbitte (in-» tereessio) vor den Vater bringe. Die beiden letzten Momente hebt auch S. Schmid hervor. Calov bestimmt nun diese Jntercessiom die somit nur als ein Theil der gesammten An- waltschaft Christi erscheint, ähnlich wie Hollaz, als proprisn nicht bloß jnierpreiaiivek ohne aber die Sache selbst weiter zu erörtern. Die Intercessiom Fiirsprache, Fürbitte des zur Rechten des Vaters erhöhten Christus, als unsers ewigen Mittlers und Hohenpriesters, haben wir nach der Schrist vor allen Dingen als eine wirkliche, eigentliche zu denken, freilich aber nicht als eine v0calis, 0ra1is, denn durch diese Bestimmungen wird jede klare Anschauung gründlich abgeschnitten und nichts gewisser aufgehoben, als das, was gerade festgehalten werden soll, Eos- cccccccc a«- l Seh. It, 1. Z. 157 namlich die Realität der eigentlichen Fiirsprache Dieselbe be- steht wefentlich darin, daß die Fürsprache nicht auf eine öco- nomische Wirksamkeit Gottes an unserm Heile beschränkt, nicht bloß die oontinua rnortis Christi applioutio in salutetn nostram (Calvin u. a.), die fortwährende Wirksamkeit der einmal voll- brachten Erlösung istz sondern sie muß vielmehr als ein transscendentaler Art, als ein apparere Christi einsam facto Dei· (Calvin. Vgl. Hebt 9, 24), dessen Folge und Frucht, weil die Fiirsprache Christi unfehlbar wirksam, seine Fiirbitte immer erhört ist, die Gläubiger! in der fortwährenden und fortschreitenden Rechtfertigung, Heiligung und Vewahrung empfinden, gedacht werden. Indem der erhöhte Christus für seine Gliiubigen bittet, geht etwas vor zwischen ihm, dem Sohne, dem verklärten Gottmenfchem als unserm ewigen Priestey und dem Vater. Kein Ausleger hat dieses wesent- liche Moment tiefsinniger angedeutet, als Beda: nnigeniio enirn iiiio pro nomine interpeiiare est, opuci ooaeternnm Patrem se ipsum hominem klomm-Streite. Eique pro humani- natura rogasse est: oamiem natur-am in ciivinitaiis snae cel- situiiine susoepissex lnterpeiiat ergo pro nobis Dominus non weg, sed miserationiz quia quoci tiinnnatse in electis noli-it, susoipiendo servavit Allerdings hat Beda die Sache keines- wegs erschöpft. Die Jntercefsion des Herrn erfcheint bei ihm, weil er die Vorstellung einer vocaiis inlerpellatio in ihrer Unmöglichkeit erkennt, als eine nur uneigentlich so genannte, als inierpretatiyaz aber Beda hat mit Recht den namentlich Hebt 7,25 fll. 4,14 fll. 8,1fll. so klar ausgesprochenem aber auch an unsere: Stelle und Röm. s, 34 zum Grunde liegen- den Gedanken hervorgehoben, daß es sich bei der Jntercessioii Christi für uns einmal um etwas handelt, was zwischen Christo und dem Vater vorgeht, nicht zwischen Gott und uns, dann, daß der intercedirende Christus eben der mit seiner Verklärten Menschheit bei dem Vater feiende Sohn, der gottmenschliche Hohepriester ist. So fetzt allerdings die Jntercession des .er- höhten Christus seine Erniedrigung voraus, sie ist bedingt durch fein ganzes im Fleifche vollbrachtes Werk, durch sein gest-»aus« copy 158 1Joh. l, 5———ll, 28. Leben, Sterben und Auserstehem Vgl. Röm. s, 34 sl. Hebr. 7, 25 sll. Auch Johannes schließt deshalb V.2 den das Ganze des Versöhnungswerkes umspannenden Gedanken an, und wenn auch V. 2 nicht ausdrücklich in ein Causalitätsverhältnis zu V.1 gesetzt ist, sondern mit ual der weitere Gedanke ange- fügt erscheint, so zeigt doch die Hinzusügung selbst die innere Verwandtschaft, das sachliche Verhältnis zwischen der »Für- sprache« und der »Versöhnung«. So lange überhaupt die Gläubigem denn von diesen allein ist an unserer Stelle die Rede, der Vertretung des Herrn bedürfen, das heißt also bis die Epoche in der Entwickelung des Reiches Gottes eintritt, von welcher Paulus 1Cor.15, 28 schreibt, so lange führt der Sohn bei dem- Vater das Mittleramt, auch die priesterliche, aus sein pricsterliches Werk, insbesondere sein versöhnendes Opfer, gegründete und allezeit die Früchte dieses Heilswerks gewährende Fürbitte Eben sofern er der Sohn, der Logos und zwar der sleischgewordene und in seiner Gottmensehheit zur Rechten des Vaters erhöhte Jesus Christus ist (man be- achte den bestimmten Namen The-mis- Xgxacöp II,1 wie l, Z. 7), kömmt ihm bei dem Vater, als solchen, die mittlerische Für- bitte zu. Hierin liegt so wenig eine Verletzung des Postula- tes der Erhöhung Christi, daß vielmehr gerade hierin seine eigenthümliche Herrlichkeit real ist. Es ist eben die immanent- trinitarische Funktion des Sohnes, daß er als der ewige, gottmenschliche Hohepriester durch seine mittlerische Fürbitte das ewige Leben, welches der Vater hat und» der Sohn im Vater, immerdar den Gläubigen durch den Geist, welchen er vom Vater bittet und sendet (AG. 2, 33. Joh. 14.16. 26. 15,26. 16,7.13 sl.), vermittelt. Weil der Sohn Mensch ge- worden» ist, deshalb hat gerade er ein wahrhaft brüder- liches Mitleid mit uns (Hebr.2,17. 4,14 fll.), wie es in dieser Weise der Vater als solcher nicht hat«; deshalb ist es aber eben das Amt des Sohnes, der als Gottmensch zur Rechten des Vaters erhöht ist, daß er, der Gerechte, mit seiner priesterlichen Fürbitte, uns die Ungerechten, aber in ihm An- genehmen, bei dem Vater vertritt. gest-»Hm» copy l Joh- ll, I. Z. 159 Von der Für-spräche des Herrn für die Gläubigen, welche trotz. der unbedingten Aufgabe, nicht zu sündigen, doch, immer wieder stch vergehn und fortwährend mit reuigem, gläubigem Vekenntnis, wie es ihrem Lichtwandel geziemt, Vergebung der Sünden und Reinigung von aller Untugend bedürfen, schreitet der Apostel V. 2 zu der weitern Vorstellung fort, daß er (oi»-«3e), Jesus Christus, die Versöhnung für unsere, ja für der ganzen Welt Sünde sei: nat weis-de Elle-emsig so« its-z. Wir haben schon oben gelegentlich bemerkt, daß dieser Satz nicht ausdrücklich in ein solches Verhältnis zu V.1 gesetzt sei, daß V.1 Magus-Away) durch V.2 Ging-esse) begründet erscheine; denn imt ist nicht mit Bez a, noch Vorgang des Syrers, gleich »Er) zu saßen, so richtig auch in der Sache Bezas Anmerkung ist: nititur enim irae(- eragoiiszøyarg unica sacrjijcii Christi esse-sein. Johannes hat aber diese innere Relation nicht ge- dacht, sonst würde ihm das einfache ykig oder nat yoip nicht gefehlt haben. Er fügt vielmehr (vgl. schon Calov, Lücke, de Wette, u. a.) der speciellern Vorstellung von der bestän- digen Fürsprache des Herrn den weiter greisendcn Gedanken feiner fortwährend Gast, Präs.) gültigen und wirksamen Ver- söhnung hinzu, und noch einen Schritt weiter gehend, blickt der Apostel nicht bloß aus »uns«, aus sich und seine Leser, sondern hebt die schlechthin universale Bedeutung dieser Ver- söhnung hervor. Der Begriff käme-Mk, welcher noch einmal lV,10 in ganz ähnlicher Verbindung vorkömmt, ist in sprachlicher Hinsicht - ebenso leicht verständlich, als derselbe seinem Gehalt, seiner Begründung und Beziehung nach im ganzen neuen Testamente klar vorliegt. Der Gedanke der« Versöhnung der sündigen Welt mit Gott durch Christum, vor allen Dingen durch das heilige Liebesopser im Tode des Herrn (Röm. 3,25), liegt der gesammten Heilsbotschaft im N. T. wesentlich zum Grunde und ist schon in seiner göttlichen Wahrheit durch die Vorbild- licheu Opfer in der Oconomie des alten Bundes wie durch die geisterfüllten Reden der alttestamentlichen Propheten in Typen und Weissagungen dargestellt Ja die Idee der Ver- Esssustson copy 160 1Ioh· I, 5—tI, 28. söhnung, und zwar durch ein heiliges, stellvertretendes Opfer, ist so tief in dem ethischen Wesen des Menschen begründet, daß auch die Heiden, welche dem unbekannten Gotte dienen wollten, in ihren Opfersiihnungen Schattenbilder der Wahrheit und ihre Zuchtmeister auf Christum hatten. Es ist deshalb wie eine offenbare Verletzung des allgemeinen griechischen und des gesammten biblischen Sprachgebrauchs, so eine Verdrehung der klarsten Schristanschauung und eine Verleugnung des tiefsten ethischen Bedürsnisses, wenn man sagt, die neutestamentliche Vorstellung des Ell-Seinem, Zion-»He habe mit dem Tode des Herrn nichts zu thun (Socin), und wenn Christus die Ver- söhnung unserer Sünden genannt werde, so sei damit entweder nur bezeichnet, daß Christus unsere Sünden selbst vernichte (Grotius, Rosenmiiller), oder daß er die Macht und den Willen habe, uns vor den verdienten Strafen zu bewahren (Sorin). Grotius (z. u. St) sagt Mag-»He sei soviel als licenses-g, nach hebräischer Sprachweise, und Eli-Zone«- bedeute faeere ut eessent peccataz der Sinn des Ausspruchs sei nämlich: vires praestatz ne peccemus in posterum Allein schon Calov entgegnet treffend, nicht kacere ut cessent pec- oata, sondern ut eesset ira propter peceata sei die Bedeu- tung von Ziele-um«. Die Polemik Calovs gegen Grotius ist um so schlagender, weil Grotius selbst in seiner Schrift Defensio iidej catholieae de satiskaotione Christi. Lugel Bat. 1617, die er, um dem Verdachte des Socinianismus zu ent- gehen, ausdrücklich adversus Fausts-m socinum herausgaly den richtigen Sinn des Ein-zueig- vortresslich entwickelt hatte (ogl. - besonders eap.VlI——X De plaeatione et reconciliatione, de redempiione —- de expiatione nostra per Christi mortem feiern. p.109 sqq.). Socin, dem auch Episcopius wider- spricht, behauptete nämlich, das tätig-is»- würde nicht dem leidenden Christus, sondern dem wieder lebendig gemachten und erhöhten Sohne Gottes in der Schrift beigelegt (Röm. 5, 9. 1Thess. I, 10), und urtheilte deshalb: apparet menikeste quidquid ilii eo in loco trihuiiutz non lieber-e rationem ipsius Christi mortis, secl tantum vitae, quae post ipsam est con- Esss cccccccc py 1Joh. u, 1. g. 161 sequuttin Die Bedeutung des Ausdrucks bestimmte er dem- gemäß so: plaoare heiße nicht ex Frau) mitem rechter-e, son- dern nur riechen-se, quocj pertinet aci poenas peocatorum, ejus einst-sum, oujus est eas sumere alque repetere, mitem atque pack-items; deutet-sure, for-e ut pecoata mekitas poenas non want. Johannes nenne also Christum Einen-OF, proof- tiatio pro peocatis vom-is, um zu bezeichnem ouka et ope Jesu Christi Hei-i, ut nos libeki simus a poenis peccatorurrn Gegen Socin entwickelte aber Grotius die wesentliche Be- deutung von Eine-»Ze- ·I-1oEa-ko-9nz, verwandt mit dem Hishi-errors«- und several-Junos»- der Schrift, bedeute placare d. h. ikam ever-Ieise. Christus aber habe, als unser Zzaexiög oder Zins-wissen, d. h. als Sühnopfey durch nichts Anderes, als durch seinen freiwilligen Opfertod uns mit Gott versöhnt, Gottes Zorn von uns gewandt (vgl. noch in derselben Schrift Cap. l. VI.). Gott ist, nach dem constanten Sprachgebrauch der heiligen Schrift, der mit dem gemeinen griechischen Ge- brauche völlig übereinstimmt (vgl. Albertis Roten zu He- shchius s. v. il.eioneoäcec, und viele Belege bei Grotius), insofern New; in Ansehung der inenschlieheti Sünden, als er anstatt seiner öpysj (Röm. 5, 9 sl.) sein zvlsog walten läßt. Vgl. die LXX in 2Chron. 6,25. 27 (eine Stelle, deren Zusammen- hang deshalb unserer johanneischen Stelle ähnlich ist, weil auch dort das reuige Bekenntnis und die Abbitte vorausgesetzt wird) Irr. 38 (31), 34. 43 (36), Z. Num.14, 18 sll. (wo gesagt wird, daß Gott, den sein Volk durch sein Murren und seine Sünden gereizt hat, Auges-Fast« aus die Fürbitte des Moses New; wird)z mehr Beispiele siehe bei J. Chr. Viel, nor-» tin-saur- pliil. Aug. Conv.1779. Ell. P. 64. s. w. izoionozuxk izacxuög u. s. w. Somit heißt Ficke-es»- jemanden zu einem Mem;- machen, wie Hesychius sagt: ssczsorfossao Hebt: 2,17. s, 123 und Einen-i;- wird dem Sinne nach gQnz richtig von Hesychius erklärt durch die Synonyrnen siJ,«.H--k«k, 0»;-xa3gy,ncg, esse-Napf, «a-cn2.2.a2-7J, Aparts-»Ic- Nur die Form des Ausdruckes und die Vorstellungsweise geht aus der Erklä- rung des Hesychius nicht deutlich hervor. Daß käm-»ei- i· 11 Eva-us: ooooo w 162 l Ioh. I, 5--lI, 28. soviel sei als Flora-»F; ist eine völlig grundlose Behauptung des Grotius (in seinen Noten). Mehr Schein hat die von ihm in seiner Dekensio (p.111sq.) vorgetragene und von den meisten Aus-Siegern, auch von Lücke und de Wette, aufge- nommene Meinung, daß unser Izu-Fuss, gleich dem Säcke-»j- gcw (Röm. Z, 25), ein Versöhnungs-, Sühnops er bedeute. Grotius erklärt demgemäß klar-»He durch placamen und versteht die expiaiio qui-e lit place-into. Allein so treffend diese Erklärung bei dem Paulinischen Hxaosrsjpcoy ist Odium-Eh. be- zeichnet irgendein Mittel der Sühnung, man versieht aber leicht aus dem Zusammenhange das Opfer; vgl. Meyer zu d. St.), so wenig scheint doch die Form izaqxieic diese Vor- stellung an die Hand zu geben. Die abstracten Verbalsubstatn tive mit der Endung xseig bezeichnen »die intransitive Bezie- hung des StammverbM (Kühner, l, §. 378. S. 418). Chri- stus wird also als die Versöhnung selbst vorgestellt, weil die- selbe in seiner Person wirklich vorhanden ist. Völlig parallel ist die Anschauungsweise 1Cor. I, 30., wo Christus unser okycuqxrcig genannt wird. Vgl. auch 2 Cor. 5,21. Wie Chri- stus selber der Weg, selbst die Wahrheit, selbst das Leben ist, weil er offenbart und mittheilt nicht sowohl, was er hat, als ein fremdes, von seinem eignen Wesen und seiner Person ver- schiedenes Besitzthum hat, sondern vielmehr was er selber we- sentlich und persönlich ist, so erscheint er selbst als unsere Ver- söhnung und Heiligung, weil dies einzelne Momente des ewi- gen Lebens sind, welches in ihm ewig mittheilbar da ist und zur thatsächlichen Mittheilung an die Welt in der Person des sleischgewordenen Sohnes »erschienen« (l,1fll.) ist. Der Ver- söhner und das Opfer der Versöhnung, beides ist er selbst, der von dem Vater gegeben ist und sich selbst gegeben hat für die Welt. Denn vollbracht ist die Versöhnung, oder wie Nitzsch (System. S. 270), um unsern Begriff Zins-Freie oder expiaiio von dem der imscazzcxyøh reconoiliatiV genauer zu unterscheiden, treffend sagt, die Versühnung durch das un- schuldige Leiden und Sterben des Herrn, kurzweg durch sein Blut (Col. l, 20 sc. Röm. Z, 25. Hebt. 9, 14). Durch sein Nin-w» cwv l Joh. il, I. Z· 163 Blut hat Christus Frieden gestiftet, das Kreuz ist das Zeichen der vollendeten Versöhnung. Indem Christus, als ewiger Ho- herpriestey sich selbst opferte, hat er den neuen Bund gestifteh in welchem Gott uns gnädig, sie-be, (Hebr. s, is) ist. Vgl· Hebt. 7, 27. 8, 3 fll. 9, 11 sit. Diese im Briefc an die He- bräer und in den Paulinen mit besonderm Nachdruck entwickelte Borstellung liegt auch bei Johannes durchweg zum Grunde (Joh. 3, 16. 6, 51. 10, 15 u. s. w.). Und zwar reden die Apostel von der Versöhnung durch den Tod, das Opfer Christi mit einer so kräftigen Einfachheit und mit einem solchen Nach- druck, daß man ihren Worten nicht wohl eine »synibolische«« Bedeutung (Liicke) abmekken kann. Wo von einer wirklichen öpysj des heiligen Gottes die Rede ist, da wird auch das Häuser-ergän- (.Hebr. 2, 17), wodurch Gott III-we wird, so daß er anstatt der äpysj sein diene— offenbart, wirklich und wbrtlich zu verstehn sein. Symbolisch, und deshalb typisch, ist das alttestamentliche Opfer; aber« wirklithe Idealität, unmittelbare und ewige Gültigkeit hat das Opfer Christi. Die Ausdrücke Izu-Hase, Eises-kaum u. s. w. wird man, in Beziehung auf das Opfer Christi, nicht sowohl symbolisch, als vielmehr in- adäquat nennen dürfen, deshalb weil die Wirkung des Opfers aus Gott nicht in anthropopathischer Oberflächlichkeit und Eng- herzigkeit als eine Umstitnmung Gottes gedacht werden kann, als wenn er, der vorher zornig gewesen wäre, nachdem das Opfer gebracht ist, gnädig geworden sei. Vielmehr ist nach der Anschauungsweise des ganzen N. T» die namentlich bei Johannes auf das entsohiedenste ausgeprägt ist (lV,10". lll,16. Joh. Z, 162 10, I5. 13, I. Vgl. Gab-T, 20. Röm. 5, 8), die» Sendung, die Dahingabe des Sohnes zu dem Opfer durch- aus als Erweifung derselben heiligen Liebe zu denken, in wel- cher der Sohn das Opfer für uns gebracht hat. Die weitere dogmatische Ausarbeitung der Sache ist in vortrefflicher Weise von Nitzfch gegeben. Aber freilich, so tiefsinnig auch Nitzfch die der zu erlösenden Menschheit zugewandte Seite der Ber- söhnung und Versühnung durch den Tod des Gerechten durch und für die Ungerechten anschaut und die Einheit des göttli- « 11 ·« kxssuscxoa copy 164 l Ioh. l, 5—Il, 28. chen Zornes und der göttlichen Gnade in jenem Opfer nach ihrer ethifchen Bedeutung für uns aufdeckt - »indetn der Welt Ungerechtigkeit, sagt Nitzs eh, sich an dem Heiligen und Gerechten vergeht, vollendet und erschöpft sie sichz er erduldete sie in der Herrlichkeit seiner Unschuld, um sie durch seinen Geist in uns zu strafen. So, in ihrem Gerichte wird die Sünde vergeben; so, in ihrer Strafe wird sie versöhnt«- die Gott zugewandte Seite der Sache, die seinem heiligen Wesen immanente selige Harmonie der Gerechtigkeit, die vom Sohne das Opfer verlangt, und der Gnade, die den Sohn in »das Opfer fiir die Feinde (Röm. 5,8) sendet, dieses Geheim- nis zu verstehn, ist den Gläubigen erst dann gegeben, wenn sie Gott selber anschauen. Christus ist die Versöhnung für unsere Sünden; an die- sem Troste sollen die fallenden Gläubigen sich immer wieder aufrichten. Aber jedem Einzelnen ist dieser Trost gerade des- halb gewiß, weil die Versöhnung Christo nicht bloß Einzelne, sondern schlechthin das ganze Gebiet des uöozroe umfaßt. Quam late patet peccatum, tam late propitjatio, sagt Ben- gel. So ist es zweckmäßig, daß Johannes, diese universale Bedeutung der Versöhnung Christi hervorhebt: oil weg-l »Ja« sfzissäpmw d? »Ja-up, oilspäoi nor! vskgl III-o» Tor? now-or?- Was die Redeform der letzten Worte anlangt, so liegt darin eine leicht verständliche, ächt griechische, auch sonst dem Johannes (Ev. 5, 36) geläusige Breviloquenz. Vollstäm dig Würde die Rede lauten: eZUoZ nor) weg) soc-Is- ssmJ »so»- sc. oixkagrnöu Vgl. Win er, S. 541 il. Der Gedanke selbst aber hätte keinen Anstoß geben sollen; denn nach der johan- neischen, wie nach der allgemeinen Anschauung des neuen Te- stamentes ist Christus ums-In Tor·- ndaxcov (IV, 14. Joh.4,42. Vgl. I, 29. Z, 16). Weil jedoch nicht alle, die zu dem gan- zen Hinz-or, zu der Gesaiumtheit der von Gott entsremdeten Welt gehören, der Versöhnung und des Heiles überhaupt theilhaftig werden, so hat man den textgemäßen Gedanken zu beschränken gesucht, was entweder dadurch gefchehen konnte, daß die beiden Vorstellungen des sfxrsig und des »He-im; in kann-cis» m» 1 Ich. it, I. 2. 165 ihrer Beziehung auf einander verkehrt aufgefaßt wurden, oder daß der Ausdruck »du-soc falsch gedeutet wurde. Jn der er- sten Weise hat schon Cyrill (bei Calov) geirrt, indem er das øjxzsig von den Juden, den »He-ico- von den Heiden ver- stand, eine Auslegungsweisz die auch Oecumenius gelten läßt, und die von manchen Resormirten (vgl. Calov und Wolf) angenommen ist. Meistens aber haben die Auslegey welche das Hier; richtig nach dem Zusammenhange (vgl. zjzoxrsp VI) auf die derzeitigen Gläubigen überhaupt, als deren unmittel- bare Repräsentanten der Apostel selbst und seine Leser erschei- neu, bezogen, weil sie die weitere Vorstellung von der unbe- dingten Univerfalität der Versöhnung Christi nicht verstanden, den Begriff des »He-zum, dessen unbefchränkte Weite durch das ausdrückliche Izu- doch so klar bezeichnetist, beschränkt. Au- gustin und Beda sind hierin vorangegangen, Calvin, Beza und die übrigen reformirten Exegeten find nachgefolgt Sie alle verstehn nur die eleoti, die eec1esia, welche in der ganzen Welt, zu allen Zeiten bestehe und also die ganze Welt umfaße So sagt Beda: Non pro illis solum propitiatio est D0mjnus, quibus tunc in earne viventibus scribebat Joannes, sed etiam pro omni ecolesiik quae per tote-in mundi Mita- ciinem diikusa est, [a] primo nimirum eleoto usque ad altj- mnm, qui in tine mundi nasoiturus est, Port-tecta. — Pro totius ergo mundi peeeatis interpellat Dominus, qui-i per totum mundum est eeelesia, quam suo sanguine eompara— vit7««). Ähnlicherweise urtheilte Calvin, Johannes begreife die reprobi nicht mit unter den »allen«, von· welchen er rede, sondern meine nur die, welche glauben würden. Dieser An- sicht gegenüber, welche von Socin mit Bitterkeit bekämpft wird, haben Episcopius und die lutherischen Exegeten (Ln- ther, Calov, S. Schmid, Wolf, Bengel, I. Lange, «) Jntcressant ist die Vergleichung Augustini-I, aus welchen Beda sich gründet. Augustin sagt auch: Bocc- habes eccicsiam per totum mundum; aber der letzte Satz des Bcda lautet bei Augustin: propi— tiatio pcccat0rum, non tantum noslrorum, seck et totius Inn-arti, quer« suo sanguine eomparavih 166 l Joh. l, 5-—ll, 28. Lücke u. s. w. Vgl. Form. Gans. P. ll· 1X. 28 Ort. llase n. 805) die wirklich universale Bedeutung der Versöhnung Christi hervor-gehoben, indem nur manche, um der von ihnen, wie von den Resormirten (vgl. Calvin) als Schwärmerei verworsenen Lehre von der Apokatastasis den scheinbaren Grund unserer Stelle zu entziehn, bemerkten, daß die Versöhnung der ganzen Welt allerdings sittlich-vier, aber nicht etiicaoiier ge- schehn sei. Schon Episcopius hat diese sehr inadäquate Ausdrucksweise getadelt. Beßer wird man mit Lücke sagen: »die Erlösung und Versöhnung Christi, obwohl sie in ihrer historischen Entwickelung der That nach immer nur die jedes- nialigen »in-ei begreift, erstreckt sich doch ihrer Idee nach Hase-E ein«-»aus) auf das ganze menschliche Geschlecht, auch das noch zu erlösende Gier« r. -»ia,«o«-).« Immer ist aber festzuhaltcm daß das Erlösungswerk Christi, kraft seiner tief- sten ethischen Bedeutung, die vollste ekkioaoia für die ganze Welt hat. Denn gerade weil in jenem Werke das Leben für die ganze Welt bereitet ist, deshalb muß jenes Wer! fiir die, welche es nicht zum Leben annehmen, zum Tode wirken. Die Versöhnung ist, weil sie ethisch ist, kritischer Natur. Nach dieser hat die Versöhnung der ganzen Welt ihre reale eiiicaoia für die ganze Welt; den Gläubigen bringt sie das Leben, den Ungliiubigen den Tod. Warum aber hebt Johannes diese universale Beziehung der Versöhnung in Chrisio ausdrücklich hervor? Lücke antworten nicht um dem Stolze des jiidisrhen Particularismus — wie z. B. Semler und ähnliche Aus: legcr geurtheilt haben— sondern um der Gefahr eines, in hei- denchristlichen Gemeinen leicht entstchendem christlichen Parti- cularismus, den auch Paulus (Tit. Z, 2—7. 1Cor.5, 9—13) ab-schneide, zu begegnen. Allein diese Absicht erscheint doch in keiner Weise indicirt. Der vorausgesetzte christliche Particula- rismus findet sich weder bei Johannes noch sonst wo im N.T· angedeutet. Am wenigsten ICor. a. a. Qz aber auch Tit.3. wird nicht nur nicht gegen einen falschen christlichen Partitu- larisinus polemifirt, sondern vielmehr umgekehrt wird aus der Jdee des christlichen Universalismus, als aus einem c0noesso, 1Joh. u, 3—6. 167 argumentirt. Uns scheint der Fortschritt von der Vorstcllung »unserer Sünden« zu der »der Sünden der ganzen Welt« in der Sache selbst zu liegen. Jeder Einzelne kann gerade des- halb, wie schon oben angedeutet wurde, sich der Versöhnung in Christo getrösten, weil dieselbe eben nicht bloß für einzelne, sondern schlechthin für alle geschehn ist. Die Erweiterung m) »He-os- efå setz. giebt also dem vorangegangenen Gedanken, weg-i I· things. syst« einen festen Rückhalt. Ttessend hat Luther dies ausgedrückt, indem er sagt: »Es ist eine aus- gemachte Sache, daß auch du ein Theil von der Welt bist; damit dich nicht etwan dein Herz betrügen möge, wenn es dachte: der Herr ist für Petrurn und Paulum gestorben —, nicht für mich-« » V. Z. Kai äs- roürtzx yet-Ganyme- Zsrr Zyuaiieocxisy m)- ICIIU stie- Ioig åpsroäoicwisissroü when-Zeiss« B. 4. «0 Les-an- Xynoiia würd-«, sie-i stetig» åpsxoäckg on)- smis goes Enge-J»- iyeiiocyc Basis« ncri H» roth-H» ex· Wiss-Jers- eniir Zwei« V. 5. Z; J« okt- TWYJ wissen? spär- Äöyok »Ein-Mög si- sroiJrzu sJ Ost-Frei; rot; Dem? read-Zions«- åp Todte» y«-1-u1«u1co- ziw Z« se« ais-tu? Sozien« V. 6. «0 Äsywu s» wiss-g? risse«- eigosfäsc Deo-Jus,- Fuss— ems- msgrsnoisreyosw nat ursszsöc siedend-»Zu- Kritische Schwierigkeiten bietet der Text dieser Verse nicht. Abgesehn von einigen gänzlich unbedeutenden Varianten findet sich in V. 4 vor zweie« bei guten Zeugen (AB) ein Z« re— eilt-main, und V. 6 hat die Recepta, aus Auctorität von c, vor Neptun-es» ein ais-Jesus, das auch Von Wetsteity Mill u. a. in den Text aufgenommen ist. Für den Sinn erscheinen beide Lesarten völlig irrelevant Ein recitativisches Eis« hat Johannes unten IV, 20 nach der Formel sei» «; sie-», in einem Satze, welcher überhaupt mit H, 4 eine ge- wiße Ähnlichkeit in Bau und Inhalt hat. Vielleicht ist das Z« an unserer Stelle von dorther entlehnt; wenigstens ist IV, 20, außer H, 4, die einzige Stelle des Briefes, in welcher aus die Formel e; zäyum oder sei» ««- einpz eine oraijo di— VII-Hm» copy 168 l Joh. l, 5 ——ll, 28. reoia folgt; dort ist dieselbe sicher mit dem recitativischen Z« eingeleitet. Sonst folgt bei Johannes auf die Formeln Häs- sömspxxsw oder c; Läg-w» die okatio indirectly und zwar ent- weder der Jnsinitiv (l, 6. II, 6. 9) oder ein ten-P. km. mit Ei« (l, 8. 10). —- Weshalb das eiserne, V. 6, wenn es ur- sprünglich im Texte stand, ausgesallen sei, ist nicht wohl ein- zusehn. Man könnte etwa denken, es sei unversehns wegge- blieben wegen der Ähnlichkeit mit dem vorhergehenden ais-cis; denn eine absrchtliche Auslaßung des Wortes, etwa in dem Sinne, daß wir ganz so wie Christus doch nicht wandeln könnten, liegt zu fern. umgekehrt aber erklärt sich die Hin: zufiigung des usw«-g, das dem nasses;- ausdriicklich entsprechen sollte, leichteic Ohne ein entsprechendes oijsrwg steht aus«-is.- auch It, 27. at, Z. 1v, 17. « Die Verbindung von V. 3 sll· mit dem Vorhergehenden pflegt von den Jnterpreten auf zweierlei Weise gedacht zu wer- den. Einige, sich an das haltend, was auch wegen des ein- fachen aai am nächsten zu liegen scheint, schließen die Ent- wickelung V. 3—6 unmittelbar an den Gedanken der Ver- söhnung (V. 2), indem sie, wie Episcopius, meinen, der Apostel lehre nun, welchen die eben verkiindigte Versöhnung in Christo zu gute komme, den Gläubigen nämlich (.-!;--a)».k«- wac ausdr- bezeichnet nach der Ansicht der meisten ältern, na- mentlikh der dogmatischen Auslegey nichts Anderes als den Glauben), welche durch Liebe und Gehorsam erweisen, daß ihr Glaube ein wirklich lebendiger sei. Auch Calovius und J. Lange bestimmen die Verbindung unserer und der vor- hergehenden Verse ähnlich, insofern als auch sie meinen, daß an die V. I. 2 objectiv hingestellte Verkündigung von dem Heile in Christo, dem Fürsprechey dem Versöhner, V.3fll. die sub- jective Bedingung der Aneignung jenes Heiles angeschloßen werde. So sagt J· Lange: Apostolus docirinam de okiicjo Christi paraoleiico et hilasiioo applicat ad salularem Christi agnitionein, hanc a cogniiione, seu fide imagjnaria disce1·— nens. Vollständigey aber noch mehr die lebendige Bewegung des einfachen Textes in den absichtlichen Gang der dogmati- E»st--cio» cis-v 1 Ich. it, 3—-6. 169 schen Schule umsetzend, beschreibt Calov den Zusammenhang: Quae apostolus tradidit de verho incurnato ejusque bene- iieiis in nos redundantihus, eoininunione cum Pult-e, pnriii— catione a peceatis et remissione peeoatorum vel justiiiesk tione, de advocatura Christi pro nohis apüd Patrem et de propitiatione pro peceatis nostris per Christum tecta ideo tradidih ut vers« fide suseiperent Christum et in ea iide per— severarenh utpote a quo et in quo tanta haheant heneiiciek Jan! natura« fielen« istius et Signa exponit, quibus tides vers cognoseitutu Diese Zeichen seien das Halten der göttlichen Gebote überhaupt und besonders die Bruderliebr. Colligimus enim ex observatione mandatorum l)oinini, quae non nisi ex fide oritur, antecedens ipsum, Adern, vel quod Domi- num cognoscamus Diese Beschreibung des Zusammenhanges, zumal bei Episcopius und IyLange (denn Calov greift wenigstens über V. I und 2 zurück und faßt das Heil in Christo nach seiner Gesammtheit wie es von Anfang des Brie- fes an geschildert ist, ins Auge) ist aber entschieden textwidrig Die Gedanken von der Fiirsprache und der Versöhnung Christi haben im Gesammtzusammenhange der johanneischen Entwicke- lung keine so hervorragende Stellung, daß an diese die wei- tere Rede sich anschließen könnte; namentlich enthält B. 2 of- fenbar einen Nebengedankem eine Erweiterung dessen, was B. l über die Fiirsprache Christi in einer ganz bestimmten Beziehung gesagt und deshalb in sich völlig abgeschloßen ist. Wie wichtig es aber für die richtige Erklärung auch der ein- zelnen Momente in V. 3 sit. ist, daß B. 2 in seinem wahren Verhältnis zu dem Ganzen aufgefaßt wird, werden wir unten sehn. ——- Wenn aber Episcopius und J. Lange den Ge- danken, an welchen V. 3 fll. sich einschließt, zu nahe gesucht und zu enge gefaßt haben, so ist, sreilich im Wesentlichen nach derselben Richtung hin, Calov zu weit, ins unbestimmte hin- eingegangen. Calov hat die mannichfaltigsten Gedanken, die an ihrer Stelle immer ihre besondere Beschränkung und Be- ziehung haben, gegen den bisher entdeckten Sinn des Apostels combinirt und die concrete Gestaltung und Wendung der Ge- 170 1 Ich. I, 5 ——u, 28. danken im Einzelnen und im Ganzen verdunkelt; denn, wie wir gesehn haben, ist es der l, 5. 6 vorangestellte Gedanke, welcher alles beherrscht und dessen Entfaltung die eigenthüm- liche Bewegung des ganzen Abschnitts deutlich und kräftig be- stimmt. Es kann darum kein Zweifel sein, daß der Gedanke V. 3 sit. im Wesentlichen auf jenen Hauptsatz l, 5 fl. zurück- bezogen werden muß, wie schon Oecumenius (vgl. auch Socin, Calvin, Lücke, de Wette u. a.) richtig gesehn hat. Die Vorstellung der Gemeinschast mit Gott wird auch in V.3 fll. entwickelt. Aber wie ist nun der Zusammen- hang genauer zu bestimmen? Sehr einfach urtheilt Oerum e- niusx right-ais· ais-wish« stetig» ei« stör- mjqcop non-urkund- smx stock-wirre- äszcrp ngög arti-usw, »so-wund snjg soc-«. ssssg ecgög ais-»Is- na9asri29srac. Allein so richtig Oecumenius auch erkannt hat, erstlich daß die oben an die Spitze gestellte Idee unserer Gottesgerneinschaft auch unsere Verse trägt, zwei- tens daß das in unsern Versen Gesagte als die »Bewährung« dessen, worauf jene Gemeinschaft beruht, erscheint, so ungenau ist es doch, nach dem bestimmten Zusammenhang unseres gan- zen Textes von l, 5 an, diese Bedingung ohne weiteres als »san«-Je»- zu saßen. Die Bedingung unserer Gemeinschaft mit Gott, der Licht ist, wird von Johannes vielmehr als Wandel im Lichte bezeichnet. Somit weist uns die bestimmte Bewegung der johanneischen Gedanken darauf hin, gleichwie wir I, 8 sit. in dem aufrichtigen, reuigen Siindenbekenntnis ein wesentliches, ja das immerdar erste Moment des Liehtwan- dels der Gläubigen erkannten, so auch einerseits in dem V.3fll. genannten »Halten der göttlichen Gebote« u. s. w., jenen Licht- wandel der Christen, anderseits in dem »Erkennen Gottes-«, noch deutlicher in dem »Bleiben in ihm« jene Gemeinschaft mit Gott, der Licht ist, wiederzufinden. So gestaltet sich der Gedankengang des Textes immer fester und lebendiger, sreilich auch schwieriger, weil wir genöthigt sind, in die Tiefe der jo- hanneischen Anschauung einzudringen, nach welcher in dem »Er-kennen« (V. Z. 4), gleichwie in dem »Lieben« Gottes (V. 5) und dem »Sein« oder »Bleiben in Gott» (V. 5. S) 1Jph. u, s. 171 dieselbe reale Gemeinschaft mit Gott- beschrieben wird, sowie anderseits in dem »Halten der Gebote-«, oder des »Wortes Gottes« (V. Z. 4. 5) und in dem -Wandeln gleichwie Chri- stus wandelte« (B. 6) der Lichtwandel der Gläubigen darge- stellt wird. Nach beiden Seiten hin haben, wie uns scheint« die Ausleger dem Contexte nicht genügt. Die Darlegung des Lichtwandels, als der Bedingung unserer Gemeinschaft mit Gott, der Licht ist, hat man V. 3 s1l. noch weniger erkannt, als I, 8 sll.z und die Idee der Gemeinschaft mit Gott, deren innige Verwandtschaft mit der »Liebe zu Gott» (B. s) man- chen Auslegern eingeleuchtet hat, indem es nahe lag, die Liebe als das »Band der Gemeinschaft« (Grotius) zu begreifen, hat man in dem »Erkennen Gottes« nicht mit der Bestimmt- heit und der Unmittelbarkeih welche der Text vorausfetzh wie- dergefunden. Zu welchen Jrrthümern aber dieser Mangel Ver- anlaßung giebt, wollen wir sogleich hier an zwei einzelnen Bei- spielen, abgesehn von der schiefen und unlebendigen Auffaßung des Ganzen, zeigen. Carpzov und S. G. Lange möchten, weil ihnen die Vorstellung des -Erkennens Gottes« neben der der Liebe und des Bleibens in Gott zu geringe scheint, das Sydeus-Lea« gradezu in das Gott Lieben umsetzen; nnd So- cin, welcher ausdrücklich bemerkt, daß V. 3—5, wo nur von einem Erkennen und einem Lieben Gottes oder Christi geredet werde, von einem Sein in ihm keine Rede gewesen sei, will deshalb die letzten, und offenbar ebenso sehr das Friihere zu- sammenfaßenden und abschließendem als auf das Folgende hinleitenden Worte von V. 5 s» aiJrczJ Hans» nur zu dem Folgenden ziehn und demgemäß die Bersabtheilung verändern. Nachdem der Apostel den in seinem Hauptsatze »Gott ist Licht« (l,5) liegenden parakletischen Gedanken, seinem Zwecke (l,3sl.) gemäß, zuerst im Allgemeinen als eine mit innerer Nothwen- digkeit stch ergebende Forderung ausgesprochen hatte, daß wir nämlich mit dem Gotte nur wenn wir im Lichte wandeln Gemeinschaft haben können (I, 6. 7), hatte er angefangen, diesen Lichtwandel der Gläubigem als die Bedingung unserer Gemeinschaft mit Gott, genauer zu entfalten. Hier trat als 172 1 Ist» i, 5.-1t, 28. erstes Moment das wahre, aufrichtige, reuige Erkennen und Bekennen der auch den Gläubigen noch immer anklebenden Finsternis der Sünde hervor; denn von diesem Puncte aus entwickelt und vollendet sich, kraft der versöhnenden, erlösen- den, heiligenden Wirksamkeit des für uns gestorbenen und im- merdar uns vertretenden Christus, das neue, reine Lichtleben der Gläubigen (I, 8—ll, 2). Nun fügt der Apostel Hat) ein neues, weiteres Moment jenes Lichtwandels der Gläubi- gen, in welchem sie die Gemeinschaft mit Gott Erkenntnis, Liebe Gottes, Sein, Bleiben in Gott) haben, hinzu, nämlich das Halten seiner Gebote, seines Wortes, das Wandeln wie Christus gewandelt ist; denn hierin offenbart sich, bethätigt sich das Wandeln im Licht (V. 3—6), so daß wir hieran (s«1- weis-«,- vgl. über dies S» Winer S. 369) jenes, unser Erkennen Gottes, unser Bleiben in ihm, kurz unsere reale Lebensge- meinschast mit ihm erkennen: F» rot-ist«» yzpujanoxssw ——— åoip »O» Für die richtige Erfaßung des ganzen Gedankens ist das genaue und klare Verständnis dieser Formel von größ- ter Wichtigkeit. Mit der feinsten griechischen Eleganz bezeich- net Johannes die ideale Vorstellung, daß wir wirklich die Gebote Gottes halten. Wir werden namentlich bei V. 5, wo von unserer vollendeten Liebe zu Gott die Rede ist, sehen, daß die accurate Redeform des Apostels nicht sorgfältig genug beobachtet werden kann. Johannes gebraucht die Formel s» Tor-Cra- ywaiorsoxrw ekstlich in der Weise, daß das De- monstrativum aus das Vorhergehende zurücksieht und dasselbe abschließt, wie sogleich B. 53 ganz ähnlich ist die Formel Ill, 10. Woran wir erkennen, daß wir in ihm sind (B. 5), ist eben gesagt: Z; ei« X» cygkj »wir. sc. Dei-«; ebenso ist in den Versen vor lll, 10 entwickelt, worin die Kinder Gottes im Unterschiede von denen des Teufels offenbar sind. Wenn aber zweitens das Demonstrativum in der Formel Z«- rmicp »— »das-«, oder ähnlichen, vorwärtsblickt und das Kennzeichen sel- ber, nebst dem erkannten Gegenstande G« åypaim ask-»So, V. Z. Z« s» einig? Zuges-« B. S) nachfolgt, so drückt Jo- hannes dies Kennzeichen, je nach der verschiedenen Niianci- Evas-»Hm» copy 1 Seh. n, s. 173 rung der Vorstellungsweise, in signisicairter Mannichsaltigkeit aus. Entweder nämlich wird das im Demonstrativum ange- kündigte Kennzeichen »in einem besondern Satze beschrieben, wie W, Z; oder es wird mit einer leichten Ausweichung der Con- sirurtion der mit s» Tini-z» begonnene Gang der Rede gar nicht ebenmäßig vollendet, sondern nach einer verwandten An- schauungswcise eine neue Form eingesetzt, etwa wie l1I, 24, wo das nach s» sprich) »«»c«««c. zu erwartende Kennzeichen mit sseeingesiihrt wird. Dieser Redeweise dem Sinne nach völlig parallel ist aber die Vollendung der mit s» cui-In,- begonne- nen Construction durch ein entsprechendes— Zu. So schreibt Johannes, indem er völlig den Sinn von lll, 24 ausdrückt, IV, 13»: E» wär. y«-. — Z« Z» sc. sum-Hitaro; sit-ist. DER-u- ns«- øJzcIM Ebenso III, IS. I9. vgl. auch IV, 9 G» Tod-s. x«(-«x»sg)aI-5ø; øJ oh« u. is. Z« oZr--s«o·roc2.«e») und IV, 10 (k’» works. Las-i «· oiyärrsy — Eis« wär. ihn-»Juki- JJ««.). Hier bezeichnet der Apostel die-volle objektive Realitiit des Kenn- zeichens. Das unzweiselhafte Factum, daß er uns von seinem Geiste mitgetheilt hat, daß er seinen Sohn gesandt hat, ist objeetiv ein sirheres Zeichen, woran wir erkennen, daß er in uns bleibend ist u. s. w. Aber endlich sindet sich auch, anstatt des Z« entweder ein Zur, wie W, 17 (vgl. unsere Bemerkun- gen zu dem Im I, 9), oder ein sei» (V. Z. vgl. das Z; il« OF» sxypyj V. 5. Jvlx II, 35.), welchem das Zur» (V, Z) pa- rallel ist. Dies sah, Erbe» bezeichnet das in s» vors-rh- an- gekiindigte Kennzeichen nicht als ein real vorhandenes, histo- risch gegebenes, objektiv gewißes, sondern als ein in seiner Möglichkeit, bedingungsweise vorgestelltes, d. h. als ein idea- les. Wem! wir, sagt Johannes, wenn wir seine Gebote hal- ten, so ist uns dies ein Zeichen, woran wir erkennen, daß wir ihn erkannt haben. Er denkt den möglichen, ja kraft des Gebotes H, I nothwendigen, Fall als wirklich (vgl. unsere Bemerkungen zudem sei» I, 6). Johannes spricht von der idealen Anschauung des christlichen Lichtwandels aus. Des- halb ist in V. 5, für dessen richtige Auslegung wir somit schon hier den sichern Grund gewinnen, das Ei; d« o? » enges, mit Evsiusrsos copy 174 l Ich. l, 5—ll, 28. dem hierauf zuriicksehcnden s» Tod-ex» jun-Zins. dem Sinne nach ganz gleich unserer Formel äs- scoiisrzo km —- sei» V. 3. Weil aber der Apostel das gesetzte Kennzeichen, wel- ches in der That wirklich sein sollte, nur in idealer Anschauung als wirklich sich vorstellt, so kann B. 6 ausdrücklich das ein- fache, bestimmte Hex-Zier eintreten. Das s» »die; »so-m« B. 6« ist nämlich ebenso parallel dem s» weich? sie-a« V. 5, dem ej cis-ein» sc. F. seid. V. 5. dem Hauche. aus. V.4. Z» und alle diese Begriffe sind im Wesentlichen nur verschiedene Entfaltungen des überallherrfchenden Grundgedankens der Gemeinschaft mit Gott, als das »Form«-EI- nmR sie. ne— pran- B. 6 dem erkor« aus. Erör- Myorg sroig Erste-Zeig V. 3—5, entspricht und diese Ausdrücke ihrerseits den als Bedingung der Gottcsgemeinschast geforderten Lichtwandel ge- nauer beschreiben. Somit können wir im Sinne des Apostels umfrhreibem wenn wir sagen, daß wir in Gott sind und blei- ben (V. 5.·6), daß wir ihn erkannt haben, so können wir daran erkennen, ob wir Lügner sind (B. 4), oder ob wirklich die Wahrheit in uns ist und wir in Wahrheit ihn erkannt haben, ihn vollkommen lieben, in seiner Gemeinfchaft stehen, daran daß wir seine Gebote halten, daß wir wandeln, wie Christus gewandelt istz denn dies müßen wir thun, so geziemt es uns als Gläubigen, im Lichte Wandelndem Die Gedanken V. 3—6 nehmen einen ähnlichen kreis- förmigen Verlauf, wie wir schon l, 6. 7 und l, 8—10 be- merkten und noch öfter in unserm Briese finden werden. Zuerst stellt Johannes den einfachen Satz positiv hin, B. Z; dann folgt im Gegensatze die Aufderkung der Lüge, B. 4, welcher V. 5 wiederum die Wahrheit, die schon V. 3 bezeichnet war, gegeniibertritt So entsteht eine zwar einfache, leicht zu ver- folgende, aber doch lebensvolle, auch in dem schönen Wechsel der Formen (man beachte Mannichfaltigkeit in den Formeln: s» wär. Hase-Jan. -— sei» V. Z. Z Les-a«- V. 4. Z;- Xosp Erz)- V. 5) ausgeprägte kräftige Bewegung der Gedanken, welche sich endlich V. 6 organiseh abschließt. Daran erkennen wir, sagt der Apostel zuerst, daß wir 1 Ich. It, Z. 175 ihn erkannt haben, wenn wir seine Gebote halten. Es fragt sich hier zunächst, wessen Erkenntnis, wessen Gebote ge- meint seien, ob Christi oder Gottes. Auf Christum sind die Pronomina aus-In, cui-»F, ask-»; B.3——6 von den mei- sten ältern Auslegern bezogen; so von Augustin, Episro- pius, Grotius«, Luther, S. Schmid, Calov, Wolf, S. G. Lange, Bengel, J. Lange, Sander, Neander. Socin schwankt, neigt sich aber doch mehr auf diese Seite; eine ähnliche Unbestimmtheit ist bei Calvin. Erasmus versieht in V. Z. 4. das ais-»Is- VVU Gott, V. 5. 6 das at)- seeie und exists-o« von Christm Die neuern Ansleger dagegen (Lücke, Fachmann, Baumgarten-Crusius, deWette, Brückn er, aber schon Beda und Oecumenius) beziehen meistens die Pronomina ais-»Sei, ais-m; u.s. w. auf Gott, dagegen das Eies-Wog- B. 6 auf Christum. Für die Beziehung jenes erdreis- auf Christum spricht allerdings der erste Augen- schein, da in dem unmittelbar vorhergehenden Verse Christus Subjekt und mit aiiröx bezeichnet war. Allein wir haben schon oben gesehn, daß der Gedanke B. I und 2 keineswegs ein eigentlich leitender ist, daß B. 3 sich keineswegs innerlich und unmittelbar an B. 1. 2 anschließt, woraus folgt, daß ais-ei;- in B. 3 gar nicht das B. 2 genannte Subjekt zu be- zeichnen braucht. Vielmehr giebt uns unser Text selbst, B. 6, die Unterscheidung des nächsten, eigentlich herrschenden (uu’— susg) und des entserntern, untergeordneten Subjects (s’nszi-0g. BgL III, Z) an die Hand; ja B. Z, wo, wie wir sehen wer- den, von unserer Liebe zu Gott, in wesentlichem Parallelis- mus mit unserer Erkenntnis Gottes (B. Z. 4) die Rede ist, tritt anstatt des Pronomens aiirög das ausdrückliche Nomen e; Mög— ein. Aber auch ohne diese bestimmten Fingerzeige des Textes selbst könnten wir nach der ganzen Stellung von B. 3——6 zu dem Hauptgedanken I, 5 sc. über die Beziehung des Pronomens nicht zweifelhaft sein. Es handelt sich eben um die freilich nur in Christo beruhende Gemeinschaft mit Gott. Diese wird zuerst von einer besondern Seite B. Z. bestimmt: »wir-arise- aiJ2e5s-. Der sicherste Weg, das ein«-two copy 176 1 Ich. i, 5—-It, 28. Verständnis dieses dem Johannes so geläufigen Ausdrucks zu verfehlen, ist der, von der eigentlichen Grundbedeutung des Wortes abzugehim Die Meinung derer, welche wie E arpzov und S. G. Lange, unter Berufung auf den vermeintlichen Sprachgebrauch des hebräischen Wortes III, Yes-alone»- gra- dezu »lieben- übersetzen, ist aber in der That auch als-anti- quirt zu betrachten. Wie könnte es zumal an unserer Stelle einem unbefangenen Ausleger in den Sinn kommen, dasselbe Verbum in den beiden unmittelbar neben einander stehenden Formen so ganz verschieden zu erklären? Daran erkennen wir, sagt der Apostel, daß wir ihn, Gott, erkannt haben; es fragt sich nur, wie Johannes sich dies Erkennen Gottes vor- stellt. Etwas Reales, Lebendiges, Wesenhaftes muß er wohl darunter verstehn, da er (Ev. 17, 3) gradezu das ewige Leben selbst in dies Erkennen setzt. Und wir haben ja auch schon aus dem Organismus unserer Stelle eingefehn, daß mit dem Erkennen Gottes, welches der vollendeten Liebe zu Gott (V. 5) und dem Bleiben in Gott (V. Z. 6) gleich steht, nichts Ge- ringeres, als die Lebensgemeinschaft mit Gott (I, 5 fl.) be- schrieben wird. . Schon hieraus ergiebt sich, daß dem johan- neischen Begriffe des Erkennens keineswegs genügt wird, wenn man etwa mit Ealvin und Episcopius das hier gemeinte Erkennen, als eine oognitio eitles-c, praxi-liest, im Unterschiede von der cognitio nach, speculativa, otiosa auffaßt, indem man neben der bloßen Erkenntnis noch die in heiligen Worten, in Gehorsam und Liebe sich erweisende Willensrichtung (I. Lange) hinzunimmh oder die praktische Kraft dieses Erken- nens darin beruhend denkt, daß nicht bloß die Gebote Gottes an und für sich, sondern auch die von Gott an deren Erfül- lung gebundenen Verheißungem die den guten Willen anlocken und die tugendhafte Thatkraft anspornen, verstanden werden (Socin). Alles dies trifft den Punkt, auf den es ankömmt, nämlich den eigentlichen Begriff des Gott erkannt Habens gar nicht; das richtige, nach unserm Texte freilich auch gar nicht zu verfehlende Moment in jenen Erklärungen ist nur dies, daß in der aktiver-ja, in dem Halten der göttlichen Gebote das Er- Esssnscm copy 1 Ich. n, s. 177 kennen Gottes, welches Johannes meint, sich bewahrt, so daß wir an jenem Gehorsam das sichere Merkmal haben, ob wir Gott erkannt haben; aber das Wesen dieses Erkennens selbst geht nicht in jenem Merkmal auf. Etwas tiefer als die eben genannten Ausleger hat schon Beda gebückt, welcher die Vorstellung des Erkennens durch die der Liebe erklärt, aber sich doch dadurch vor Earpzov und S. G. Lange auszeichnet, daß er nicht auf Grund eines vermeintlichen Sprachgebrauchs, sondern aus der Entwickelung der Sache selbst die Liebe in dem Erkennen findet. Beda sagt: Ho(- enim est Deum nasse, qnoct Amen-e. Nenn quisquis eutn non ans-it, prokeoto Osten— ctjt qui-a, quam sit amabitis, non nor-it. El quam sit suavis Domjnus et itnlcis, gnstare ac victere non diene-it, qui ejus conspectibus placere continua intentione non satagjt Allein aus unserem Texte (vgl· V. 5) geht ebenso deutlich die Ver- schiedenheit des Erkennens und des Liebens Gottes, als die Verwandtschaft und der Parallelismus der beiden Begriffe her- vor. Dies ist mehr oder weniger klar von den neueren Aus- legern erkannt. Lücke bemerkt gegen Oeeumenius, wel- cher dem Parallelismus des Gotterkennens (V. Z) und der Gemeinschaft mit Gott allein im Auge hatte, ohne die Ver- schiedenheit der beiden Anschauungen genügend zu beachten ««), daß »die Gerneinschast mit Gott in der Erkenntnis Gottes nur ihre wesentliche Wurzel habe und das Erkennen und Lie- ben Gottes zugleich in sich begreisessz aber indem Lücke den johanneischen Begriff dieses Erkennens entfalten will, scheint er wiederum die wesentliche Verwandtschaft desselben mit dem der Gemeinschaft zu wenig zu beachten und der Massivität der iohanneisehen Vorstellung nicht zu genügen. Johannes, sagt dieser Gelehrte, denke allerdings Erkenntnis und Liebe Gottes nothwendig verbunden (lV, 7 sll.) aber die Erkenntnis doch ")"Die Griechen alle unterscheiden, nach dem Vorgange des Didy- mirs, das yxwjaxxxk wie es in der Formel F» taki-g» kurzem. vorkomme und welches nur soviel bedeute als Eurer-usw«, Von dem tiefen, realen Er- kennen, welches Johannes in dem Ausspruch Zwei-« exkl-As. verstehe. Dieses erklärt Otcumenius geradezu: umsassngriäyznxs mais-H, now-»Has- Ist-»in. l. 12 178 l Seh. l, 5—ll, 28. »nicht als einerlei mit der Liebe, sondern sofern sie der christ- lichen Idee entsprechend, wahrhaft lebendig den Menschen zur Beobachtung der göttlichen Gebote antreibt, und sich so in der Liebe zu Gott kund giebt« Allein das eigentliche Wesen des Erkennens, woraus sich das lebendige Verhältnis dessel- ben zur Liebe und zur Gemeinschaft mit Gott ergeben und sich zeigen muß, inwiefern das Halten der göttlichen Gebote das sichere Merkmal dieses Gotterkennens ist, hat Lücke noch weniger entwickelt, als de Wette, welcher freilich mit Recht sagt: das äyoaim ais-s. sei die »Bezeichnung der Gemeinschaft mit Gott von einer besondern Seite, nämlich der Erkenntnis-«, und es sei nicht eine Erkenntnis des Verstandes, sondern des Herzens, eine durch die Liebe (lV, 7 sll.) bedingte Erkenntnis zu verstehn, aber auch die klare Vorstellung wieder verdunkelt, indem er hinzufügtt es sei »auch die Thatkraft dabei voraus- gesetzt, weil das Halten der Gebote zur Bedingung gemacht werde« Johannes macht aber nicht das Halten der Gebote zur Bedingung der Erkenntnis, sondern umgekehrt schließt er aus dem Halten der Gebote auf das dabei nothwendig vor- ausgesetzte Erkennen, in welchem deshalb allerdings eine »That- kraft« liegen muß. Aber inwiefern? Das hat auch de Wette nicht angedeutet. Am meisten scheint uns Neander den jo- hanneischen Sinn zu treffen, wenn er sagt: »der Inhalt und Gegenstand des Erkennens muß im innern Leben wirklich vor- handen fein, es setzt die innere Lebensgemeinfchaft mit dem Erkannten voraus, und diese muß sich in dem eigenthürnlichen Gepräge des ganzenLebens offenbaren« Der Hauptpunkt liegt nämlich darin, daß Johannes, ins wesentlicher Überein- stimmung mit Paulus, nur da von einem Erkennen, einem erkannt Haben Gottes Csyoaixsaxiw aus. das Perfectum be- zeichnet gleicherweise, daß die wirkliche Thatsache des erkannt Habens als eine vollendete vorliegt und daß das fortwährende, ja der Sache nach immer wachfende Erkennen nachwirkt und sich auswirkt) reden kann, wo eine wirkliche Lebensgemein- fchaft mit Gott vorhanden ist. Nur der erkennt Gott, wie nur der Gott liebt, welcher aus Gott ist (lV, 6 fll.). Die 1Joh. u. s. 179 innere Lebensverwandtschaft, die reale Zugehörigkeit ist die unbedingte Voraussetzung des wirklichen Erkennens, wie des Liebensz denn nur das Verwandte erkennt und liebt sich. Die Welt als solche, in ihrem Abfall von Gott, hat nur Haß und die Finsternis des Nichtkennens gegen Gott, gegen den, wel- chen er gesandt hat und gegen alle die aus Gott sind und das Wort Gottes bringen. Nur wer aus Gott ist, nur wer Gott kennt, hört deshalb den Herrn selbst— und seine Boten (lV, S. Joh. 8, 43 fll.). Wie aber nach Johannes einerseits jenes z« Im? Frei? cis-o« (IV, 6), jene gotthafte Disposition, jenes gottverwandte Temperament des Menschen als die ethi- sche Voraussetzung seines Gotterkennens und Liebens, also seines Eintrittes in die thatsächliche Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne (I, 3.) erscheint, so wird nachszder an- dern Seite hin das Sein und Bleiben in Gott (V.5. 6), die Bewahrung jener realen Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne ebenso sehr bedingt durch das wahrhafte Erkennen und Lieben Gottes als umgekehrt dies Erkennen und Liebendurch jene reale Lebensgemeinschaft getragen wird. Denn es han- delt sich hier nicht um abstracte Begriffe, sondern um die Wech- selbeziehungem in welchen das in seinen einzelnen Momenten angeschaute ewige Leben der Gläubigen zu sich selber steht. So haben die Gliiubigen ebensowohl in ihrer Erkenntnis und Liebe Gottes die reale Gemeinschaft mit Gott, das Bleiben in ihm, als sie umgekehrt nur weil sie in Gott sind und blei- ben, weil sie in der lebendigen Gemeinschast mit Gott stehn, Gott erkennen und lieben. Denn wir haben deshalb, und zwar im Glauben, das ewige Leben, weil der in uns ist und wir in dem (Joh. 14, 2(). 23. 17,»20 fll.), welcher das ewige Leben selber ist (vgl. Gal.2,20), weil wir mit Gott in Christo Gemeinschaft haben. Unsere Erkenntnis Gottes (V.3), un- sere Liebe zu Gott (V. 4), oder wie sonst die einzelnen Mo- mentedes realen in uns vorhandenen göttlichen Lebens ge- nannt werden mögen, erfcheint also. insofern wesentlich gleich- bedeutend mit unserm Sein und Bleiben in Gott (V. 5. s) oder unserer Gemeinschaft mit Gott (I, 6), Erkenntnis, Liebe 2t 180 lJoh. l, 5-—ll, 28. Gottes und Gemeinschaft mit Gott decken einander; gerade soweit als das Eine, reicht auch das Andere in dem ethischen Leben des Gläubigem Wir erkennen soviel von Gott, als wir ihn lieben oder als wir ihn selber haben; denn die Er- kenntnis Gottes ist die lebendige Erfahrung von ihm, die nur in der Lebensgemeinschaft wirklich vorhanden ist. Von hier- aus ist es klar, weshalb einerseits Ich. 17, 3 der Inhalt und das Wesen des ewigen Lebens selbst, nämlich des Lebens, welches schon jetzt die Gläubigen haben können und sollen (Z'«e Vgl. oben zu I, 9), als Erkenntnis Gottes und Iesu Christi angeschaut werden kann, und weshalb anderseits die zukünftige volle Offenbarung und Mittheilung des ewigen Le- bens, das Gott gleich Sein gegründet werden kann auf das Schauen, also das vollendete, unmittelbare Erkennen Gottes (Ill, Z. 2Eor. 3, 18. 1Eor. 13, I2). Wenn wir ihn sehen, ihn gänzlich erkennen werden, so werden wir ihn auch ganz haben, schmecken, genießen, mit den Dogmatikern zu reden. Die volle, durch nichts getrübte Gemeinschaft mit Gott, in welcher die volle Erkenntnis, das Schauen von Angesicht gegeben ist, worin auch die ewige, schlechthin vollendete Liebe, die nie aufhört, beschloßen liegt, ist dann eben unsere Seligkeit. Wenn also nach johanneifcher Anschauung unsere Erkennt- nis Gottes die Erfahrung von dem göttlichen Leben in uns voraussetzh so ist es klar, inwiefern der Apostel als Merkmal dafür, daß wir Gott erkannt haben, hinstellt: sei» roh; s»- ToÄoEc unsre-II Gekos-Frass. Wo wirkliches Leben ist, da tst auch Bewegung und Bethätigung Wo die Erkenntnis Gottes, die lebendige Erfahrung von ihm ist, da wirkt sie sich auch aus. Der Geist Gottes, der in dem Gläubigen lebt und die Gläubigen Gott erkennen lehrt, muß seine Früchte wirken (Gal. 5, 22)z das Waßer des ewigen Lebens, welches auch die helle. Erkenntnis Gottes einschließt, muß in der seiner Natur gemäßen Weise ausströmen (J’oh. 7, 38. Vgl. Mach. 5, 14—16. 7, 16 sll.). Das Halten der Gebote Gottes ist deshalb gleicherweise das sichere Zeichen dafür, daß wir Gott erkannt haben (V.3. 4), wie dafür, daß wir ihn lieben (V,3. Ess- cccccccc py 1 Jokx n, Z. 181 Joh. 14, 15. U) und endlich, jenachdem die lebendige Sache angeschaut wird, das Zeichen oder die Bedingung dafür, daß wir in Gott bleiben (Joh. I4, 23. 15, 10). Und weil die ei- genthümlichste Forderung der göttlichen Gebote in dem könig- lichen Gebote der Bruderliebh das auch sogleich V.7 fll. her- vorgehoben wird, enthalten ist, so kann Johannes noch be- stimmter sagen, daß gerade diese Bruderliebe das charakteristk sehe Merkmal unserer Gottesgemeinschafh unserer Geburt aus Gott, unserer Liebe zu Gott oder unserer Erkenntnis Gottes sei (V, 2. Joh. 13, 35). B. 3 und V. 4. redet der Apostel aber von der Gesammtheit der göttlichen swsrozai überhaupt, wie dieselben in dem Worte Gottes (V. 5) ausgesprochen sind; denn die ges-»Tai« verhalten sich an unserer Stelle zu dem sie alle offenbarenden zeiyog ganz ähnlich wie Joh. 14, 21. 23. 15, 10. 20. Sie culminiren in der Bruderliebe (B. 7 sll.); die Liebe ist der Grundzug, die Quelle des ganzen christlichen Gehorsams (IV, 19. V, 3). Jnsofern haben« Augustin und Beda Recht, wenn sie sagen, der Apostel fordere hier die Liebe, aber Johannes drückt hier diese Einheit des mannirh- faltigen Gehorsams nicht aus, sondern faßt die verschiedenen, den ganzen Lichtwandel der Christen norrnirenden Gebote Got- tes eben als einzelne, viele, ins Auge, um dieselben B. 5 in dem zsiyog wären) zusammenzufaßen und B. 7 fll. die leuch- teude Spitze derselben herauszusetzem — Das Wort siegst-i, welches die LXX (vgl. Viel, s. v.) für die hebräischen Aus- drücke ANY, Hex, IV, Ost-ihr, Dspkx seiner Grundbedeu- tung gemäß gebrauchen, bedeutet eigentlich: beobachten, genau Acht geben (Eccles. 11, 4· ihn. kJi-«s,«»-). Darum kann »;- pesp die Bewahrung und Bewachung z. B. eines Gefangenen (AG. 12, 5. 6. Matth 28, 4. Vgl. Jud. 6), wie die schir- mende Bewahrung eines Geliebten (Joh. 17,11. 12. 15. Apoa Z, 10) oder einer werthen Sache (C·phes. 4, Z. 1Thess. 5, 23J Jud. 6) bezeichnen, wie schon Luther treffend sagt: enges» bedeute ein solches Bewahren, dergleichen man an ei- nem kostbaren und werthen Schatz. beweiset. Aber auch sich selbst kann man beachten und bewahren, seht-s«- äaoeöw (V,18. Ess- cccccccc a«- 182 lJoh. l, 5—Il, 28. 2Cor.I1,9. Iac.I,27), wo irgend eine Gefahr und Ver: derbnis droht. Leicht verständlich entwickelt sich ferner aus der Grundbedeutung des Wortes auch der Sprachgebrauch, wonach dasselbe die Beobachtung einer Sitte (Jvh. 9,16), die Be- wahrung und Befolgung eines Gebotes (lll, 22.24. V, Z. 3. Joh. 14, 15. 21. 8, 51. 14,23. 15,20. Apor. I, 3. 22,7.9) bezeichnet. Endlich kann das sorgsame Beobachten und Be- wahren auch nach der Seite gewandt sein, daß es ein Auf- sparen, sei es sensu medio (Joh.2, 10. 12, 7), sei es im guten (Jud. I) oder schlimmen (Jud. 6) Sinne, bedeutet. Jst also in dem Halten der göttlichen Gebote das un- trügliche Kennzeichen gegeben, woran wir erproben können, daß wir Gott erkannt haben, weil diese Erkenntnis ihrem Wesen nach eine ethische ist, die ihr Leben thatsächlich in dem Lichtwandel, wodurch wir mit dem Gott, der Licht ist, Ge- meinschaft haben, erweisen muß: so kann der Apostel, indem er jenen Satz V.3 seiner Weise gemäß nun auch durch den Gegensatz in’s Licht stellt, denjenigen für einen Lügner und der göttlichen Wahrheit ledig erklären, V. 4, welcher ohne Gottes Gebote zu halten sagt, daß er Gott erkannt habe. Das e; Läg-a»- (V.4. vgl. V. 6) entspricht dem Sinne nach ebenso völlig der Formel sei» ein«-»ei- I, 6.8.10, als unser Maria-««- åasxf (vgl. IV, TO) dem Vier-Ohres» I, 6 (vgl. soc-UT. »An-». I, 8) und Unser s» steif-«;- sJ IUJJAHE OF« Eos-«- dem sriihern Ausdrucke I, 8 (vgl. I, I0 und auch I, 6) congruent ist, wie ja überhaupt die ganze Weise der Entwicke- lung und Argumentation mit der aus I, 6 sl. 8 sl. bekannten durchaus iibereinkömmt Bei V. 3 und 4, und in anderer Weise, jedoch wesentlich in derselben Bedeutung auch bei B. 5, tritt uns aber eine wichtige Frage entgegen, welche unter den neuern Exegeten nur Neander bestimmt aufgefaßt und zu beantworten versucht hat. Wenn nämlich unsere Gotteserkenntnis aus unserem Halten der göttlichen Gebote erkannt, danach bemeßen werden soll, wenn jede durch diesen heiligen Gehorsam nicht bewährte Erkenntnis als nichtig und liignerisch bezeichnet wird, so scheint Ess- cccccccc a«- l Joh. II, it. 183 ja im Grunde alle und jede wahrhafte Gotteserkenntnis ge- leugnet zu werden, weil niemand die göttlichen Gebote erfiilli. Neander löst die scheinbare Schwierigkeit der Sache nach ganz richtig, nur nicht textgemäß genug. Er sagt, wenn allerdings auch kein Gläubiger die göttlichen Gebote vollkom- men erfülle, so bleibe doch immer bei allen Mängeln, mit denen das christliche Leben noch behaftet ist, ein scharfer Ge- gensatz zwischen denen, welchen es wahrer Ernst ist, die Gebote zu beobachten, bei welchen die ganze Grundrichtung des Lebens dies erzielt, und denen, bei welchen es keineswegs die Seele ihres Lebens ist, jene Gebote ersüllen zu wollen. Es seien Stufenunterschiede wie in dem heiligen Gehorsam, so in der Erkenntnis Gottes, Unterschiede, welche Johannes hier, wo er die Gegensätze, wie sie ihrem Wesen nach sind, gegen einander aufstelIe, nicht beachte, welche aber auch durchaus nicht hin- derten, als Prüsstein für alle wahrhafte religiöse Erkenntnis die Ausübung im Leben zu betrachten. Jn der Wirklichkeit verhält sich die Sache so wie Neander sagt. Unvollkommem Stückwerk, ist wie der Gehorsam, so die Liebe, so auch die Erkenntnis der Gläubigen (Il, 2. 1Eor. 13,9 fl.); doch aber ist wiederum das alles wirklich in einem gewissen Maße vorhan- den, die Gläubigen haben das Leben, haben Christum, also Erkenntnis, Liebe Gottes und Friichte des Geistes, in denen sie, die Gebote Gottes haltend, ihren Lichtwandel führen. Sehen wir also aus die praktische Wirklichkeit, so treten uns allerdings jene Stusenunterschiede entgegen, indem wir an ei- nem relativen Halten der göttlichen Gebote das Merkmal einer entsprechenden stiickweisen Erkenntnis (V. 3. 4) und einer un- vollkommenen Liebe (V. 5) Gottes haben. Allein diese An- schauung der Sache ist nicht recht textgemäß. Wir haben schon oben in der Form der johanneischen Rede ihren idealen Cha- rakter erkannt, was uns bei V. 3 und«4 nicht weniger wichtig ist als bei V. 5. Johannes stellt hiernach seiner principiellem idealen Anschauungsweise das Halten der göttlichen Gebote, des göttlichen Wortes als wirklich Vor Eis» V. Z. Z; d« di» V. 5. s. o.), und so setzt er darin das Merkmal, daß wir 184 lJoh. l, 5-—ll, 28. wirklich Gott erkannt haben, oder, wie es im folgenden Verse heißt, daß wir in Wahrheit eine vollendete Liebe zu ihm haben. B. 5 wird zunächst dem negativen Gedanken V. 4 entge- gengesetzt Als) und nimmt insofern den positiven Satz V.3 wieder auf. So innig aber auch nach dem Organismus der ganzen Stelle der Begriff r; cLyoiney Tor; Frost) ers-Zielen»- mit dem obigen åypmxäiiar erdreis- verwandt ist und so sehr beide von dem Grundgedanken der Gemeinschast mit Gott (l, 6), welcher V. 5. 6 als Sein und Bleiben in Gott gefaßt wird, getragen sind, so dürfen sie doch nicht mit einander ver- wechselt, B.5 darf also nicht geradezu als das membkum posjijvum ejusdem argumenth welches Johannes dem membro negatjvo V. 4 subjungire, verstanden werden, wie I. Lange meinte, dessen Jrrthum denn darin beruht, daß er die Begriffe Syrinx-Da« wärst« Und eJ Ost-End; sc. dem? an floh, in ihren! Verhältnis zu einander und zu dem Hauptgedanken der Ge- meinschast mit Gott nicht sicher verstand. Vielmehr ist mit Grotius, dem auch Lücke beistimmt, zu sagen: Amor« praesupponil cognitionettk llaque opposilio hie: lit cum ac- cessioniz Der Apostel sagt nämlich von demjenigen, welcher, wie Johannes sich idealer Weise vorstellt, wirklich das Wort Gottes, die Offenbarung seiner gesammten Gebote, beobachtet: in Wahrheit ist in diesem die Liebe zu Gott vollendet. U« ex— das; steht hier in demselben naehdrücklichen Sinne voran, wie Joh.8,31. 6,55. Johannes gebraucht den Ausdruck gern, wenn er allem Schein gegenüber die reale Wahrheit und volle Wirklichkeit einer Sache markiren will (Joh. I, 48. 4, 42. 6,14. 7, 26.40. I7, 8). Nicht geringe Schwierigkeit hat aber der folgende Ausspruch des Apostels den Auslegern bereitet: Si« Tod-ex» JJ ciycirny Tor? Haar? srsre2siwscozc. Wenn wir von der ganz singulären Ansicht des Episcopius absehn, welcher die von Gott in seinem Worte gebotene Liebe, die also des Gesetzes Ersiillung ist, verstand und so den niichternen Sinn herausbrachte: wer Gottes Wort bewahrt und halt, der übt sirh in der Liebe, die Gott in seinem Worte geboten hat iJokx n, z. 185 (eum jam in extremo sive nltimo ohakitatis nein, tine et tekmino oconparh qui in voluntate Dei prnestanda oconpsk nn, neque enim alium ad hoc, ut ciiligere Denm dici possih aotum requiri), von dieser Auslegungsweife abgesehn gehen die Ansichten nach zwei Seiten auseinander. Manche Aus- leger (Flacius, S. Schmid, -Calov, J. Lange, Bengel, Sander) verstehen nämlich die ciyoinsy ein? dein? von der Liebe Gottes zu uns; die meisten dagegen, namentlich die neuern Exegeten, umgekehrt von unserer Liebe zu Gott (B ed a, Oecumenius, Luther, Beza, Sokin, Grotius, S. G. Lange, Lücke, Fachmann, Baumga"rten-Crusius, de Wette, Brücknetz Neander). Jene erste Auslegungsweise ist theils dadurch veranlaßt, daß es leichter schien, die Liebe Gottes zu uns, als unsere Liebe zu Gott als vollendete Geselle-Nimm Vgl. IV, 17) zu begreifen, theils aber ist dieselbe auch aus dogmatischem Interesse hervorgegangen, wie man deutlich bei Flacius und Calovius sieht, welche um die römischdiatholische Auslegung von der verdienstlichen pertcotio chakitatis nostrae aut operum nostrokum (Calov) völlig ab- zuschneiden *), die Liebe Gottes zu uns verstanden, welche nach IV,17 fl- alle Furcht austreibe, und überhaupt das ganze Heil vollkommen bereite (Röm. 5,5). Allein diese Auffaßung des Ausdrucks e; oiyoisxxsy Im; dem) ist dem klaren Zusammen- hange entschieden zuwider. An sich kann freilich der Genitiv Im; Wen) ebenso gut ein fubjectiver als ein objectiver sein; Johannes gebraucht auch den Ausdruck oiycinez we) Wen; in beiderlei Sinne mit gleicher Leichtigkeit, weshalb wir kaum, mit Lücke, daraus Gewicht legen möchten, daß der Ausdruck in einer Mehrzahl von Stellen unsers Briefes und des Evan- «) Man vergleiche, was den Sinn und die Bedeutung jener katholi- schen Auslegung anlangt, dasjenige, was in den Decreten des Tridentiniims und im— Gutach. kam. über die Möglichkeit die Gebote Gottes völlig, ja übersliißig zu erfüllen, von der. Vkrdienstlichkeit der guten Werke und dgl. gesagt ist, überhaupt die ganze Lehre von der Rechtfertigung und Heiligung. Vgl. can. et steck. Gang. Tritt. VI. il. p.30 gez. can. 18.9.l1.24. AS. p.36 sqq. Ost. kam. II. Z. 67. p.246. Evas-»Hm» copy 186 l Joh. I, 5—ll, 28. geliums (vergleiche lI,15. llI,17. V,3. Ich. 5,42 mit lV,9) die Liebe zu Gott bezeichnet. Dies scheint uns nicht sowohl einen regelmäßigen, festen Sprachgebrauch anzudeuten, als vielmehr zufällig zu fein. Jedesmal geht aber die bestimmte Bedeutung des Genitivs aus dem Zusammenhange hervor. Ebenso unzweifelhaft als IV, 9 »Es-ein» Im? dein; die Liebe Gottes zu uns bezeichnet, bedeutet derselbe Ausdruck z. B. V,3 unsere Liebe zu Gott. Dieselbe authentische Interpretation, welche aber in jenen beiden Stellen durch die ausdrückliche Entfaltung der Liebe gegeben wird, ergiebt sich an unserer Stelle aus dem organischen Zusammenhange, in welchem der streitige Begriff zu seiner Umgebung steht. Wir haben schon oben gesehn, daß die Vorstellung von der vollendeten Liebe im Wesentlichen ganz parallel ist der von der Erkenntnis Gottes; wie ja auch für beide dasselbe Kennzeichen, das Halten der göttlichen Gebote oder des göttlichen Wortes, angegeben ist. Unsere Liebe zu Gott soll, wie unsere wahrhafte, lebendige Erkenntnis Gottes, daran sich bewähren, daß wir fein Wort halten (V, 3). Thun wir das, so ist unsere Liebe in Wahr- heit vollendet, seseezsiwssak Die Schwierigkeit, welche diese Bezeichnung unserer Liebe zu Gott, die, wenn sie auch noch so brennend, rein und thatkrästig ist, doch nie »in Wahr- heit vollendet« sich darstellt, zu enthalten scheint, hat viele Ausleger, wenn fee nicht, wie Calov u. a., die Liebe Gottes zu uns verstanden, bewogen, die unzweifelhafte (IV,12.17.18. Joh. 4,34. 5,36. 17,4.23) Bedeutung des Wortes scseezefwseocs zu beeintrcichtigem Denn so ist offenbar BezasBemerkung zu beurtheilen, welcher in Übereinstimmung mit Osiander (bei Ealov) sagt, Johannes rede nicht von einer perkectey son- dern von einer adimpleta Caritas, d. h. einer solchen, welche allem Schein, aller Heuchelei fremd in der That und Wahr: heit sieh erweise, nämlich durch das Halten der Gebote. Teils-mis- fei also gerade soviel wie mein-e en exåcutiom Ähnlich, aber gehaltvoller und so, daß wir einigermaßen an das erinnert werden, was oben (zu V.3.4) Neander über die Stusenunterschiede in der christlichen Erkenntnis und die I Joh. il, S. 187 dadurch nicht caufgehobene Grundrichtung des christlichen Lebens sagte, löst Socin die practische Schwierigkeit. Er sagt: Esi aulem pekfectjo ista cutitatis in Denm et obetiientia praeeeptorum ejus ita inielligendetz ut non omnino require— tut, ne ej quicqnam deesse possiiz secl taniutn ut ejusmodi sit, qua Deus pro sue ingente erga nos bonitate oontentus esse voluit Treffender aber, als diese letzte Aushülfe, eine dem sentimentalen Rationalismus noch heute geläusige Vor- stellungsweise, ist die Bemerkung Socins, daß dem Gläu- bigen bei allen einzelnen Verfehlungen gegen die göttlichen Gebote doch eine vollendete Liebe zu Gott·zugeschrieben werden dürfe, wenn er nur durch seinen ganzen Wandel zeigt, daß er nicht nach dem Fleische, sondern nach dem Geiste lebe. Ver- mieden wird die scheinbare Schwierigkeit von denjenigen Inter- preten, welche die iiyoinsy sc. Arm? als Liebe Gottes zu uns fassen; alsdann kann die volle Bedeutung des Sprädicates esse-leimen« leicht gewahrt werden. So sagt C alov, Johannes meine die Liebe Gottes, welche er in vollem Maße durch den heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen habe (Röm. Z, 5), und welche wir so mit höchsten Freuden fühlten und schmeckten. Hiermit stimmen im Grunde auch J. Lange und Bengel überein, welche die Vollendung der Liebe Gottes zu uns darein setzen, daß dieselbe die volle Herrschaft in uns gewonnen, sich uns wirklich mitgetheilt habe, von uns aber wirklich aufge- nommen, erkannt und bethätigt sei. Es ist interessant zu sehn, wie bei dieser letzten Erklärung in die Vorstellung von der Liebe Gottes zu uns doch das Moment unserer Gegenliebtz wenigstens des Aufnehmens und Bethätigens der göttlichen Liebe von unserer Seite hineinspielt. So mächtig ist der Einfluß, welchen J. Lange und Bengel sogar unbewußt von dem Texte erfahren. Aber auch von der Liebe der Gläu- bigen zu Gott, welche wir, dem Contexte gemäß, ausschließlich im Sinne haben, ist das Prädikat excelsis-m« vollkommen zu verstehen. Johannes denkt sich, wie wir schon oben aus der Redesorm erkannten, den Fall, daß jemand wirklich das Wort Gottes bewahre, und sagt von diesem idealen.Stand- 188 I Ich. l, 5—1l, 28. Punkte aus mit vollstem Rechte, daß ein solches Halten der göttlichen Gebote in der That eine vollendete Liebe zu Gott erkennen laße (vgl. Lücke) Je deutlicher die ideale Haltung des Satzes in die Augen springt, um so mehr liegt darin eine parakletische Kraft, eine Anreizung, dies Ideal immer rnehr zu verwirklichen, eine Borhaltung der christlichen Pslicht Spitze« V. 6). Jnsofern können wir uns Ealvins Erklärung aneig- nen, welcher in ähnlichem Sinne wie Socin und Neander sagt: Si qnis 0bjiciat, neminem unquam fuisse regnet-law, qui Deum jta perfect-s- iiiligeretz responcieo, sukticere modo quisque pro graiiae sibi ciaiae mensuka at! hanc Perser-lia- nem adspireh lnlerim oonslat definitiv, quod perfeclus Dei amok sit legitima sermonis ejus observatia In en nos pkogredi sicut in notitia proiicere des-Oel. Die Liebe zu Gott ist ebenso wenig ein bloßes Gefühl, als die Erkenntnis Gottes (V. Z. 4) ein bloßes Wissen ist. Beide sind Momente eines wirklichen Lebens in Gott, die Früchte wie die Träger einer wahrhaften Gemeinschaft mit Gott. Darum schließt Johannes seine bisherige Entwickelung so ab, daß er die beiden einzelnen Momente des göttlichen Lebens der Gläubigen in dem einen, die ganze Tiefe dieses Lebens umspannenden Gedanken zusammenfaßk F» »den; sei-»F»- Hiermit ist die Entwickelung von B. 3 an wirklich vollendetz es kann nur noch darauf ankommen, auch neben diesem die Gemeinschaft mit Gott (l, 6) völlig umfassenden Gedanken die Bedingung des Lichtwandels zu stellen und zu sagen, daß wie die Erkenntnis und die Liebe Gottes an dem Halten der göttlichen Gebote ihr wesentliches Merkmal hat, so überhaupt unser ganzes Sein (Bleiben V. 6) in Gott in nichts Anderem sich erweiset. Hier ist es aber von großer praktischer Bedeutung, daß der Apostel, indem er V.6 die Borstellung des in Gott Seins, als deren Merkmal V. 5 das Halten der göttlichen Gebote überhaupt gesetzt war, wieder aufnimmt, zum Schluß in ganz concreter Weise, durch Hin- weisung auf das persönliche Vorbild des Herrn selbst, jenes « Halten der göttlichen Gebote darslellt und, seine ideale An- I Joh il, s. 189 schauungsweise verlaßend, die auch in dieser liegende paralle- tische Macht durch die ausdriickliche Pslichtforderung herausstellt. V. 6. Naturgemciß wird die Vorstellung des Seins in Gott, welche V. 6 bis zu dem Bleiben (.s’-s- weiss; »Hm-«. Vgl. Hi, 24. W, IS) in ihm gesteigert ist, an die der Liebe zu Gott angelehntz denn die Liebe ist das wesentliche Band der Gemeinschaft mit Gott, kraft der realen Liebesgemeinschaft bleibt Gott in uns und wir in ihm (Joh. M, 20 sll.). So stellt sich eine wirkliche Stufenfolge in der Entwickelung von B. 3—-6 heraus, indem durch die Erkenntnis Gottes die Liebe Gottes bedingt ist und auf beiden sich das Sein und Bleiben in ihm, die reale Lebensgemeinschaft mit ihm erhebt. Freilich aber smd die drei in ihrem Unterschiede angeschauten Momente auch wieder wesentlich eins, sie sallen in dem wirklichen Leben der Gläubigen so zusammen, sind so in und durcheinander, daß man auch sagen kann: nur soweit wir in Gott sind, und er in uns, geht auch unsere Liebe zu Gott und soviel wir Gott in der Liebe haben, erkennen wir ihn auch. Immer aber muß dasselbe eine Leben, welches in unserer Gemeinschaft mit Gott, in unserer Liebe und unserer Erkenntnis Gottes ist, sich erweisen durch Halten der göttlichen Gebote (lll, 24. V, Z. 3Joh. 6. Ich. 14, 20 sll.), oder concreter ausgedrückt: »Wer sagt, daß er in ihm, Gott, bleibe, muß wandeln, wie jener, Christus, gewandelt ist.« XIV-Izu, sagt der Apostel, um die gottgesetzte Verpflichtung, die ethische Verschuldung zu ei- nein solchen Wandel, dem wahrhaften Lichtwandel il, 6) zu markiren (Ill, 16. IV, 11. 3Joh. 8. Ich. 13, 14). Wenn aber Johannes den schuldigen Wandel der Gläubigen beschreibt als neuester-resi- irasfusx seiest-os- negroncisrjoq so denkt er nicht an einzelne Züge aus dem heiligen Bilde des Herrn, das als absolutes Vorbild vor seiner Seele steht, nicht etwa daran, daß Christus für seine Feinde gebetet (Augustin, vgl. Luther), daß er die Welt mit ihrer Lust verachtet und alles Leid geduldig ertragen habe (Beda), sondern der gefammte Wandel, das ganze heilige, von keiner Sünde befleckte (Joh. "8, 46) Leben des Herrn gilt dem Apostel eben deshalb als 190 tIokx l, 5—1t, 28. unbedingtes Muster (1Petr. Z, 21fll.), weil Christus die Ge- bote Gottes (V. 3 fll.) fchlechthin erfüllt hat (Joh. 4, 34. S, 38). Freilich aber hat dieser vorbildliche Wandel Christi, fein Halten der göttlichen Gebote für die Anschauung des Jo- hannes eine ganz concrete Gestalt und ein bestimmtes Wesen, das tritt uns auch hier im Zusammenhange sowohl mit V. 5 als mit V. 7 fll. deutlich entgegen. Wir sollen nicht, mit Luther zu reden, Christo in außerordentlichen Dingen folgen, nicht mit ihm gleichsam auf dem Meere wandeln. Vielmehr der Kern und Stern des ganzen vorbildlichen Lebens Christi ist seine Liebe (Ioh. 13, 34. 15, 12). In der Liebe hat er das Gebot Gottes erfülltz so auch wir (Röm.13, 8fll.). Ruft uns doch Paulus geradezu zur Nachfolge Gottes auf, näm- lich in der Liebe (Ephes. 5, I. 2). Indem deshalb Johannes V. 6 die Entwickelung V. 3 til. abschließt und unser Halten der göttlichen Gebote noch bestimmter als ein Wandeln nach Christi Vorbild bezeichnet, hat er eigentlich schon den Ton, welcher der Grundton seiner ganzen Ethik ist, angeschlagen, schon auf die Liebe zu den Brüdern hingedeutet, welche, wie sie der Mittelpunkt des musterhaften Lebens Christi war (lll,16. Joh. 13, 1), so auch für uns die Erfüllung des Gebotes (V. 7. 8), welches den heiligen Lichtwandel (l, 6. II, 9 sll.), den Wandel nach Christi Muster, von uns fordert, enthält. Der Fortfchritt von der allgemeineren Entfaltung unsers Licht- wandels, worauf unsere Gemeinschaft mit Gott, der Licht ist, beruht, zu dem besondern Momente der Bruderliebe (V. 7ill.) ist hier ganz ähnlich wie Ill, II, wo der Aposteh nachdem er, von den Kindern des Gottes, der gerecht ist, die Gerech- tigkeit überhaupt gefordert und als Bedingung der den Kin- dern Gottes gegebenen Verheißung hingestellt hat, wiederum die Bruderliebe, als die charakteristische Spitze der christlichen Gerechtigkeit, besonders markirt. Durch diese, wie uns scheint, völlig sachgemäße Darstellung des Zusammenhanges haben wir die Grundlage für die Auslegung der folgenden Verse nament- lich für das richtige Verständnis der åwozsj (V. 7. 8) gewonnen. V. 7. «L;-oc7rø;ror", ou« Heisa-M«- nocrwiy ygoicpm Exil-«, 1 Ich. it, 7—11. 191 EIN-« Zwei-M» »so-Tarni» J» eihkscs un« cixøxøsgu OJ åwcoäss sJ Jus-Zorns Fasse» c; Luxus· Z» sue-Jan»- V. 8. Näh» Zeno-H» sen-M» ypoicxøad drein» d« san» oiäøjääc s» träg? ice-i s» rJzii», Eis« eJ also-cla- wagt-Syst» smi AS muss» scä XIV-Ins» Hefe; weine« V. 9. "O Les-w» s» sog; par-i ebne« sioii III» oickelrpöp ausser? »ein-I» F» sey; ones-ih- zasxh Zeiss« XVI. V. I0. «0 XVI-nd» ed» rief-Zuges» meisten) s» oh? par« ,»-.s;«»s- scoii osui»cko«lo» ou«- äixsxns Z» auskä- sz V. II. «0 eså keines» ro» nobIs-»F» wären; s» ojj asso- ssihe Fuss» uoii Z» sxjj one-fix arg-nat« »so-i ou«- oI(F.-I» not? Hund-«, Z« s; onus-Ja åctJØÄwoe» Tod; öcpisoezxcouc use-isten?- Dieser Lachmannsche Text weicht nur unbedeutend, aber mit Recht von der Rec- ab. Die Anrede B. 7 lautet nach den besten Zeugen nicht ächzt-of, wie Qecumenius laß, und Mill und Wetstein edirten, sondern share-zwei, wie in ähnlichem Zusammenhange auch IV, 7. 11 (Vgl. IV, I) geschrieben ist. Am Schluße von V. 7 wiederholen— manche Ausgaben ohne kritischen Grund das rief XVI, welches an dieser Stelle nur als richtiges Interpretament gelten kann. Eine gewiße Verschiedenheit im Sinne giebt die Lesart »Im» V.8, anstatt des gut bezeugten (Bc gegen A) und schwieri- gern use-Ia» welches letztere auch Oecumenius gelesen hat, und das von Mill, Wetstein und andern Kritikern und Exegeten gebilligt ist. Hierüber, wie über die Variante out» anstatt associa- beiA, welche wahrscheinlich darin ihren Grund hat, daß man die alttestamentliche Oeconomie, deren Verge- hen (»a9ay.) man verstand, lieber vieles, als osioscia (vgl. Col. Z, 17. Hebt 8, Z. 10, l) nennen wollte, siehe die Aus- legung. Endlich finden wir in den Schlußworten von V. 10 eine gleiche Umstellung wisse-»F. F» aus-m;- åosx.) wie in den ähnlichen Worten l, 5.8, dort wie hier für den Sinn irrelevant . Tiber die Hauptfragh von deren Beantwortung die Aus- legung dieser Verse ’«), zumeist und unmittelbar die Auslegung «) Vgl. H. A. Schott, De Joanne Ap. doch-inne suae aovitatem 192 l Ich. l, 5 —II, 28. von V. 7 und 8, im Ganzen und ins Einzelne hinein ab- hängt, haben wir schon oben, als wir den lebendigen Fortschritt von V. 3—6 zu V. 7 fll. zu bezeichnen versuchten, unsere Ansicht angedeutet. Wir meinen nämlich, daß Johannes, in- dem er das ebensowohl alte als neue Gebot nennt, dabei an nichts Anderes denkt, als an das Gebot der Bruderliebq welche er V. 9—1l ausdrücklich als das wesentliche Merkmal des christlichen Lichtwandels bezeichnet. Dies ist auch, von den mannchfaltigen Modisicationen der weitern Auslegung ab- gesehn, die Meinung von Augustin, Beda, den.Griechen, Luther, Calvin, Grotius, Wolf, S. G. Lange, Ben- gel, Knapp, Baumgarten-Crusius, deWette, Nenn- der, Sander u. a. Eine andere Aufsaßung unserer Verse ist vertreten durch Beza, Socin, S. Schmid, Piscatotz Episcopius, Flacius, Calov, J. Lange, Steinhoser, Schott, Lücke, Fritzsrhe, Jachmann u. a., welche we- « sentlich sich darin von den zuerst genannten Auslegern unter- scheiden, daß sie den Inhalt der sure-is; V. 7 nicht sowohl in V. 9, sondern vielmehr in V.6 ausgesprochen finden, mit- hin die Fano-in« nicht aus die Bruderliebe, sondern aus das Wandeln nach Christi Exempel, oder den gesammten heiligen Wandel, in welchem die Bruderliebe als einzelnes, wenn auch wesentlichstes, Moment erscheint, beziehen, mögen sie nun den Ausdruck åwohj durch praeceptum oder durch docikina er- klären, mögen sie die Eurem; V. 8 in demselben Sinne und in derselben Beziehung wie V.7 verstehn oder nicht, oder wie sie sonst in der Erklärung des Einzelnen auseinander gehn. Für die meisten Auslegey wenigstens für alle diejenigen, welche mit Klarheit und Consequenz interpretirt haben, fällt die Frage nach dem Inhalte und der Beziehung der zweie; zusammen mit der Frage nach der Beziehung der Attribute -alt« und -neu.« Sehen wir nämlich ab einerseits von den- parilek ao vetustatem vindicantez (0puScuIa. T. U. Jen- 1818. P. 263). G. Chr. Kna pp, Erekcitalio in lot-um de novo pkaecepto Christi etc. (sckip"ta var. arg. l, 327). O. F. Fritzsche in den zu I, 1 citirtcn Opustz p- 303. I Ich. U, 7—.—I.k. 193 jenigen, welche, wie Flaum-s, S. Schm-id, Calov und J. Lan-ge: (vgl. auch- Steinhofer und Schsvty die Z»- eozsj nicht, wie es« doch· nach dem Sprachgebtaurhe unds tra- mentlich nach V. 3 (vgl. Hi, 23. V, Z) nothwendig ist, von einem Gebote, sondern von«- dsv ganzen, bisher entwickelte« docirina de chkistos ejusque beaeijoiiss,- Mit Einschlsuß umwitt- lich der Sündenvergebungi W. l. 22 U) verstanden-,-s— wobei es freilich— leicht, scheint, die Sprädikate alt: unsd neu msit Bezie- hung auf die alttestameutliche Weissagungx und« die« Erfülltmg derselben« in Christo und seiner- (neuen-)c Gnade: zu erklären; ab«- gesehn anderseits von denen, welche die »Attr-ibute »als« und »neu« nicht sowohl durch eine. Relation der Zeit, als: vielmehr in einer gewißen tropischen Weise mit Beziehung: auf die gei- stige Neuheit eines durch Christum« wieder-gebotnen, aus der Finsternis des alten jiidischen Wesens oder der nochi dichte-rn- Finsternis des alten heidnischen Wesens in das Licht Christi verfetzten Lebens (vgl. V. O« fl.): erklären wollten (A«u g-ustin,. Beda, Bezaz vgl. auch Luther 1l., S. Sch.-m-iid, Wolf? u. a.), eine Auslegungsweisty weiche« offenbar den- einfachen Worten Gewalt anthut, da- die Zeistbseziehung,« welche es auch: fein mag, durch die Formel ais-Z sing-J§ und durch die: Präte- rita efxees und sjzsoeieiascsBJ noch crusdrticklichsmarkirtish --i- abgesehn von allen( diesen verkehrten- Behaudlungsweiseir des— Textes, scheiden sich die- Anftchten der» Ausliegersp je waohdem sie die esse-«; B. 7. s· entweder auf; V- 6s oder aus) B. 9sfll—. beziehen, auch in der Erklärung dier Bestimmungeni »gut«-und »neus« in zwei Hauptolassew Diejenigen Aiusleger nätnliclz welche die ånskwisj VI. 8 von dem-s Liebesgebote verstehm er- klären das Alter und die Neuheit desselben meistens- aus dem Unterschiede der alt- und neutestamentlichen Offenbarung (die Griechen, Grotisu s, Wolf) und einige· verstehn demgemäß auch den Ausdruck ciik eikøxrjce von der anfänglichenz aber; weniger deutlichety weniger vollkommenen, nnmentlichdie Fein- desliebe nicht einfchließenden Forderung der Nächsienliebe im al- - ten TesiamenteLDidymus,«Oecumeniu»s, Sch.oliasten*·), f) Die Griechen, welche nicht bloß Judenchristen als« Lesu- des-Brie- 1. 13 194 1 Seh. i, 5—11, 28. Grotius)z anderseits aber erklären diejenigen Ausleger, welche den Inhalt der Herab; V. 7. 8 in V. 6 sinden, das Alter und die Neuheit derselben meistens durch eine verschie- dene Beziehung, nach welcher der Christi Exempel gemäße Wandel der Leser innerhalb der neutestamentlichen Zeit, nach- dem die Leser das Leben in Christo begonnen haben (oin’ akk- zøJx,-), angeschaut werden kann (Socin, Fachmann, Pis- cator, Episcopius, Lücke) Die zuletzt angedeutete Be- ziehung des Ausdrucks »Sei oipxrjc auf den Anfang, da die Leser ihr christlirhes Leben begannen, und die entsprechende Erklärung des Alters der Frisch; V. 7.8 ist in voller Rein- heit nur von de Wette und Neander (vgl. auch Calvin, Bengel, Luther 1., Knapp) mit ihrer Auffaßung der s»- rozsj selbst von dem Gebote der Bruderliebe verbunden. Wahrhaft charakteristisch für die Gruppirung der so vielfach abweichenden Ansichten, sowohl über den Inhalt der zwei-DE, als über die Beziehung der Attribute um«-ej und via-zum? und des Ausdrucks rief üppig, erscheint Socin. Socin, der fast durchgehends gegen Beza poleniisirh bezieht die åneozsf V. 7 entschieden auf den Wandel nach Christi Vorbild (V.6) und erklärt ein« oipxsjg von dem Anfange der evangelischen Predigt, wie wir schon zu I, I sahen, daß Sokin demgemäß auch das vier« oigzejg an jener Stelle deuten wollte. So er- « halten die Bezeichnungen dieses Gebotes »alt« und »neu«, von jenem Zeitpuncte aus, da die Leser anfingen Christen zu sein, ihre Beziehung: so alt ist jenes Gebot, als »das Christenthum überhaupt; und neu ist es immer, weil es doch nie so recht begriffen und ins Werk gesetzt ist. Ganz anders stellt sich aber die Sache in V. 8. Von was für einem Gebote ist fes voraussehen, erinnern, um auch in Betreff der Heidenchristen das Alter Cassius-i, ein« cis-»F, Jesajas-«) des Liebesgebotes zu erklären, an die Stimme des Gewissens, welche von ihnen dasselbe gefordert hätte, was die Judcnchristen durch das A. T. (Lev. 19, 17fl.) gehört hätten. So berufen s. sich die Scholiasten, in Übereinstimmung mit Oecumenius auf die stark) sei; given-ca«- Zwatrcc Oder-J· Weiser-sc. Wolf sllchc die Beziehung auf die Judenchristen in dem etwa, die auf die Heidenchristen dagegen in dem esse-Jus«- B. 7. - l Joh. il, 7. 8. 195 hier die Rede? Diejenigen will Socin entschuldigen (p. 56), welche, weil V. 8 nicht die befehlende Form eines Gebotes habe, sondern declaratorisch laute G« ej »in-cis- »ä.), ge- meint hätten, es sei hier dieselbe zweie; wie V. 7 zu ver- stehn; die aber erscheinen ihm keiner Entschuldigung würdig, welche V. 8 von dem Liebesgebote B. 9 auslegten. Socin sindet vielmehr das Gebot V. 8 in den declarativischen Wor- ten Z» e; ones-in sitz. Hier, wie V. 9, fehle freilich die Form des Gebotes, aber so gut, wie man V. 9 das Gebot der Bruderliebe anerkennen weiße, dürfe er, mit dem von Beza ohne Grund hart getadelten Easiell"io, auch V.8 das Gebot sindem ut quis tenebris prorsus posiliabitis solam ver-am lucem sectetur (p.61). Das Wandeln nach Christi Vorbild und das Wandeln im Licht ist nun im Grunde eins; deshalb paßt auch V. 8 die zu V. 7 gegebene Erklärung der Bezeichnungen »alt« und »neu-. Nun aber ist es interessant zu beobachten, wie Socin in das see-taki lucem immer mehr die Bruderliebe einmischt, bis am Ende die anfänglich als un- entschuldbar verworfene Auslegung herauskömmtz nach welcher die zwei-J V. 8 nichts mehr und nichts weniger als das Gebot der Bruderliebe ist (p. 62 sqq. P. 73 sqq.). Jetzt aber tritt auch sogleich die andere oben angegebene Erklärung von sen-«; und nazacai ein, und Socin erörtert nun weitläufig, wie im alten Testamente (Lev. 19, 17 fll.) freilich schon dies Gebot der Bruderliebe gegeben, und insofern dasselbe ein al- tes sei, wie aber doch die Neuheit desselben darinbestehq daß es im neutestamentlichen Sinne einmal eine majok intensio habe, indem der Ehrist selbst das Leben für seinen Bruder laßen müße, zweitens aber auch der Gesichtskreis dieses Gebotes im neuen Testamente ungleich weiter erscheine, indem das alte Testament nur gegen den Bundesgenossen Liebe fordere, das neutestamentliche Liebesgebot dagegen jeden Menschen als Bru- der zu lieben (p. 79) vorschreibe Die Frage, welche zuerst aus demZusammenhange unserer Stelle und aus der ganzen Anschauungsweise des Johannes entschieden werden muß, kann nur so gestellt werden: ob die Horaz-J V.7 und 8 -— denn 137 196 lJoh. l, 5-——ll, 28. daß in beiden Versen die zwei-le; eine und dieselbe fein muß, haben wir schon gesehn ——- als das Gebot der Bruderliebe (vgl. V.9sll.), oder als Gebot, nach Christi. Vorbild zu wan- deln (vgl. V. S) zu verstehen sei. Die letzte Meinung isi am geschicktesten von Lücke vertheidigh die erste von de Wette. Aber keiner der beiden Gelehrten hat die ihm entgegenstehen- den Gründe hinreichend erwogen z es bleibt für beide Ausle- gungen eine gewiße Jnrongruenz, welche, wie uns scheint, nur dadurch völlig gelöst wird, daß man aus der Eigenthüm- lichkeit der johanneischen Ethik eine mittlere Anschauungsweise gewinnt, welche wahrhaftig und lebendig jene beiden an sich einseitigen Ansichten vereinigt. Die Lösung des Rcithsels liegt darin, daß gleichwie Christi vorbildlicher Wandel wesentlich in nichts Llnderem besteht, als in seiner vollendeten Liebe, so auch für uns das heilige Gebot, zu wandeln wie Christus gewan- delt ist, völlig und wesentlich aufgeht in dem Gebote-der Bru- derliebez denn dies Letztere enthält, wenn es in seiner vollen Tiefe erfaßt wird, nicht ein bloß speeielles Moment aus dem gesammten heiligen Wandel der Christen, sondern umfaßt wirk- lich und wesentlich die ganze christliche Ethik. Als Gründe, aber nur scheinbare, für die von ihm ver- worfene Erklärung der Eises-As; V. 7. 8 von der Bruderliebe führt Lücke an: erstlirh daß V. 9 wirklich von der Bruder- liebe die Rede sei, nnd zweitens daß der schwierige Gegensatz des Alten und Neuen durch die nahe liegende Beziehung aus die alttestamentlicha Und die neutestamentliche Forderung der Bruderliebe leicht gelöst werde. Der erste Csmpfehlungsgrund sagt freilich, wenn er so nackt und unvermittelt hingesiellt wird, wenig. Die letzte Empfehlung dagegen laßen wir sogleich fal- len; diese Beziehung des nie-laws und um«; ist für die Er- klärung der weozøj von der Bruder-liebe durchaus— nicht noth- wendig. Damit fallen aber aiuch zwei. von den Gründen, mit welchen Liicke jene Erklärung bekämpft. Lücke sagt nämlich etstlickh daß Wie. überhaupt die bestimmende Kraft des Zu- sammenhanges in der Regel mehr. im Vorhergehendem als im Folgenden liege, so insbesondere an unserer Stelle durch die 1 Joh. H, 7. S. 197 Correspondenz der Begriffe cis-eile« V. 6 und Eurem; V. 7 deutlich angezeigt werde, daß man den Inhalt der Zwangs; nur in V. 6, nicht im Folgenden, V. s, zu suchen habe. Hierin liegt ohne Zweifel ein richtiges Moment, welches der gewöhn- lichen Auslegung gegenüber, auch in ihrer Fortbildung bei de Wette, vollkommen gültig bleibt. Der vrganifkhe Zu- sammenhang zwischen V. 6 und V. 7fll., welcher ohne Frage durch jene fchon von Episscopius hervorgehobene Correspom denz von Zwei-le« und zweie; getragen und ausdriicklich mar- kirt wird, darf nicht zerrißen werden. Das geschieht aber, wenn man das Gebot der Bruderliebe, das man fchon V. 7 findet, als ein ganz neues, wenn auch in dem gefammten Wandel nach Christi Vorbild der Sache nach enthaltenes Mo- ment ansieht und dieses ohne Vermittelung von innen heraus neben jenen Wandel stellt. Aber auf der andern Seite müßen wir auch sogleich hier bemerken, daß wenn durch die gewöhn- liche, von Lücke bestrittene, Auslegung der Horaz-J der Zu- sammenhang zwischen V. 6 und V. 7 verdunkelt wird, da- gegen durch die von Lücke vertretene Ansicht der Zusammen- hang zwischen V. 8 und V. 9 getrübt wird. Woher kömmt doch da auf einmal die Bruderlieby wenn der Apostel bis da- hin an diese gar nicht gedacht hatte? Gerade die Art und Weise, wie dort V. 9 die Bruderliebe als nothwendige Be- währung des Lichtwandels genannt wird, deutet vielmehr an, daß fchon vorher diese Bruderliebe als das wesentliche Erfor- dernis des christlichen Lichtwandels (V. 9. Vgl. l, 6), welchen man doch gar leicht, zumal nach V. 8 (»3 wie sc. »Ein-J- Joh. l, 9), mit dem Wandel nach Christi Vorbild identisicirh irgendwie erwähnt sein muß. Wenn deshalb irgendwo ein le- bendiger Übergang von dem Wandel nach Christi Exempel zu der Vruderliebe statt findet, so muß dieser nicht zwischen V.8 und V. 9, sondern zwischen V. 6 und V. '7 gesucht, das heißt: es muß die Bruderliebe, welche, wenn V. 9 im wirk- lichen Zusammenhange mit V. 8 stehen soll, schon hier, V. 8 und V. 7, im Sinne des Apostels gelegen haben muß, in einetn solchen innern Verhältnis zu dem Wandel nach Christi 198 l Joh. l, 5—ll, 28. Vorbild (V. 6) begriffen werden, daß die textmäßige Cor- respondenz der åwozsj V. 7 und des Hexe-As« V. 6 gewahrt bleibt. Soviel über den ersten, den Hauptgrund Lückes Wenn dieser Grund, bei aller Schwäche von der einen Seite doch anderseits sein gutes Recht hat, so erscheinen dagegen die beiden andern Einwendungen Lückes gegen die Erklärung der åwcoäøs von der Bruderliebe nicht stichhaltig Zweitens wirft Lücke ein, daß diese Erklärung, um die Beziehung des »so-Kasus auf die alte Zeit vor Christo zu halten, entweder vor- aussetzen müße, daß der Brief nur an Judenchristem welche das Liebesgebot schon im alten Testamente gehabt hätten, ge- schrieben sei, oder zu der unbiblischen Auskunft der griechischen Ausleger (vgl. auch Baumgarten-Crusius) nöthige, welche, weil sie auch heidenchristliche Leser anerkannten, meinten, daß die Heiden schon von Natur, in ihrem ethischen Wesen eine solche Disposition, die dem alttestamentlichen Liebesgebote ent- spreche, gehabt hätten (S. o. Vgl. Oecumenius: icai unz- scocx —- den Griechen —- yäygusrscoec o« Jcqöc rosig »Ja-kais«- ssöxroc e; nspi rTyoZ7r7g. nor? sie-i Mög; s» ca? wjk trag-Für; sei-Fig) pour-rosig san-viere åyysy9oezcxcä»oc. — Ioz4oy9atza0ü- myc rsJg grünen-g »Er-spann Eli-a« wenig re? auyyssyåc Haar« its-i r;--2.orU.-J2o»c, rede-M im; aeipoeyszaeostenöp Fröm- ö die-- dgwcogx Hiermit hängt der dritte Einwurf Lücles zu- sammen, daß man sich nämlich, um den Gegensatz des alt- und neutestamentlichen Liebesgebotes an unserer Stelle zu er- weisen, mit Unrecht auf Joh. 13, 34 berufe, wo die Bezie- hung auf die alttestamentliche Oeconomie durch alle Umstände indicirt sei. Diese beiden letzten Gründe erweisen allerdings, daß die Bestimmungen der Spiel-ej »alt« und »neu« nicht er- klärt werden dürfen aus dem Gegensatze zwischen altem und neuem Testamente, und sofern mit der hergebrachten Erklä- rung der åiiskozss vom Liebesgebote diese Deutung von »a- zmoi und sum-is zusammenfällt, hat Lücke. Recht. Anders steht aber die Sache schon bei deWette und Neand er, und auch für unsere Auslegung gilt jener doppelte Einwurf nicht. De Wette hat für die Erklärung der spie-TO; vom Liebes- 1 Ich. u, 7. 8. l 199 gebot, und zwar unter der Voraussetzung, daß die Bestim- mungen nor-law? und um«; von dem mit dem Ausdruck »Ja« cipxsjx bezeichneten Termine aus, nämlich dem anfänglichen Eintritte der Leser in die christliche Gemeinschaft, zu verstehn seien, angeführt: die sirh aufdringende Anspielung an Joh. 13, 34 und 2Joh. 5, die Gewohnheit des Apostels, von der Zweck-»« der Liebe insbesondere zu sprechen, und zwar von den allgemeinen sittlichen Geboten auf sie überzugehn (lll, 11. 23. N, 7. 2l. Joh. IS, 12. 17), den Parallelismus von Hi, 11 und den Umstand, daß V. 9 sll. wirklich von der Bruderliebe die Rede ist. So richtig nun auch diese Momente an und für sich sind, haben sie doch einmal in dieser lockern Aneinanderrek hung nicht die volle Bedeutung, welche ihnen, wenn sie der ganzen Anschauungsweise des Johannes gemäß, in ihrer le- bendigen Zusammengehörigkeit erfaßt werden, beiwohnt: dann aber, und dies hängt mit dem ersten Punkte innig zusammen, wird durch die de Wettesche Erklärung der åwozsj jener völlig textgemäßen Forderung Lückes, die swoloj V. 7. 8 in Correspondenz mit dem Zwei-i« V.6 auszulegen, nicht genügt. Was zunächst es wahrscheinlich macht, daß die Zwei-J V. 7. 8 von dem Liebesgebote zu verstehn sei, ist, wenn auch erst ganz äußerlich angesehn, der johanneische Sprachgebrauch Johannes stellt gern die Bruderliebe als die sei-wiss schlecht- hin dar (IV, 21. IIl, 23. Joh. 15, 12), und zwar als solche, die ebensowohl alt ist, von Anfang an den Christen verkün- digt All, 11. 2Joh. 5 fl.), als wiederum auch neu (Joh. 13, 34). Nehmen wir nun hinzu, daß V. 9 flls ausdrücklich die Bruderliebe als das wesentliche Merkmal des christlichen Licht- wandels gefordert oder vielmehr: in solcher Weise vorausgesetzt wird, als ob schon vorher diese Bruderliebe erwähnt sei, so erscheint es schon hieraus evident: einmal daß die Sassol-ej, die »als-no? und »oui«-J, ftch aus nichts Anderes als die Bruder- liebe bezieht, dann aber auch daß, wie dem gesammten Orga- nismus der bisherigen Entwickelung zufolge das ask-wars«- und ehe« Ha« w? getan« oder ös- srys one-sie;- 9 sll.) nicht' allein auf den Grundgedankenih 6 zurückblicktz syndern auch 200 l Ich. l, 5--Il, 28. das stieg-nasses«- srasfiiie eines-s. »Sei-meis- ll,6, worin gleiah- falls jener Grundgedanke durrhklingtz wieder aufnimmt, so xdie Brndetliebe selbst, welche ja das wesentliche Merkmal un- sers Lichtwandcels ist, in einer bestimmten, lebendigen Bezie- hung zu dem Waetdel nach Christi Vorbild stehn muß. Hier: auf allein kann sosmit der innere Zusammenhang zwifchen V. 6 rund B. 7 —skl. beruhen. Es tritt uns hiec weint-lich die ebenso einfache und einfältige, als tiefsinnige Anschauung, dmch welche die ganze Ethik des Johannes gsetnagen wird, entgegen, daß glelehwje das ganz-e vorbildliche Leben Christi, mit seiner un- enmeßliehen Mannichfaltigkeih in seine: Liebe zu uns ausgeht, so auch unser ganzer Lichtwandel -(V. 9 sit. I, 65 wesentlich « nichts Anderes ist, als· Nachfolge Christi (V.6) indieser vol- len Bxuderliebe (B. 7 sll.) Darum ist es keine znföllige E- genthümlichkeih daß Johannces von der allgemeinen Darstel- lung des christlichen Lichtwandels oder dser christlichen Gerech- tigkeit gern zu der, wie man sagt, speciellen Pflicht der Bru- derliebe übergeht (ll«l, 11J, sondern es liegt dabei eine innere Nothwendigleit zum Grunde, und es ist von der höchster« practi- fchen Bedeutung »— wie denn die Conteinplaticn des Johan- nes durchaus practisckh etbisch, weil wahrhaft lebensvoll ist— daß die Forderung des Lichtwandels oder der Gerechtigkeit und Heiligkeit All, 3) in ganz eoncreter Gestalt an die Christen ge- bracht wird, Diese, Gestalt, in welcher das Ganze wesentlich beschloßen ist, heißt aber Brnderliebez wie ja auch nach der bekannten Erzählung des Hieronymus der greife Johannes, als er nicht mehr predigen konnte, immer wieder ermahnt ha- ben soll: Kindlein, liebet einander! denn er sagte, daß dies Eine genug sei. Diese ethische Anskhauungsweisy nach wel- cher alle göttlichen Spec-Tat in der einen Sara-le; der Bruder- liebe aufgehn, nach welcher die Bruderliebe das wesentliche Zeichen unsers Lirhtwandels, unserer Gemeinfchaft mit Gott, unserer Gotteskindfchafy unserer christlichen Jüngers-haft ist, tritt überall bei Johannes heraus. Die deutlichste Parallele für unsere Stelle ist 2 Joh. 5 fl. Es scheint uns gewiß, nicht daß schon der Verfaßer des zweiten Briefes die suec-les un- 1 Seh. u, 7. S. 201 set-er Stelle mit Unrecht von der Bruder-liebe veustanden habe, wie Jarhmianm unter der Voraussetzung, daß der zweite Brief unsärhetseh urtheilth sondern daß wkir in jener Stelle eine volle authentische »Jascterpretation der unsrigen haben. Erst-lich ist es das Liebesgchotz xwelches dort wiie hier als das alte, von Anfang an any-fanget» bezeichnet wird; dann« aber ist Folgendes von der höchsten Wichtigkeit: das Wandeln in der Wahrheit (2 Ich. 4), oder das Wandeln nach den Gebo- ten Gottes (V.6) ist im Weseutlirhm nichts Anderes, als was Johannes in seinem ersten Briefe das-s Wandeln im Lichte G, S. Vgl. II, Z. 4) oder das Wandeln nach Christi Vorbild (II, B) nennt. Gleichwie aber dort i(2 Ich. 4——6) der ganze Wand-e! in der Wahrheit in die eine Zwei-J der Liebe gesaßtwird und alle. göttlichen Horai-ais« in die eine, alte Fried-J, das Gebot der gegenseitigen Liebe, gedrängt werden, ganz ähnlich faßt Johannes auch an unsere: Stelle den ganzen chtistlichen Wan- del im Lichte oder nach Christi Vorbild in das concreto Gebot der Bruderliebr. Man kann die-s von der einen Seite einen Übergang vom Allgemeinen zum Besondrrn nennen, wie etwa ll1, II; aber von der andern Seite erscheint die Bruderliebe selbst auch als die eigenthitmlsiche Spitze, als die eigenlliche Seele und somit wesentlich als das Ganze der rhristlichen Ge- rechtigkeit. Deshalb schließt sich so leicht die Vorstellung aller einzelnen göttlichen Eva-»Das in die der einen Spiel-J, der Bruderliebe, zusammen (IV, 21—-V, 3). Alle Ame-im« All, 22) werden in der einen spielt; zusammengesaßt (V.23) und dann wieder (V. 24) in ihrer Mannichfaltigkcit auseinander gelegt (Vgl. Seh. 15, 10 und 12); wie an unserer Stelle die such; geradezu als der Les-wag, welchen die Leser von An- fang an gehört haben (V. 7) und welcher ja alle Hase-las enthält (V. 5. vgl. V. 4), dargestellt wird. Deshalb ist es die Bruder-liebe, an welcher sich zeigt, ob wir im Lichte (V. 9sll.), ob wir Christi Jünger und zum Leben durchgedrungen sind, ob wir Christum haben und in Gott sind (Ill, M. W, 16. Joh. IS, 35). Denn Gott selber ist Liebe; also muß eben Liebe, sei es nun die Liebe zu dem Vater und Christo (Joh. 202 l Seh. l, 5——ll, 28. 14, 21. 23 fl.), sei es die mit dieser Liebe nothwendig gesetzte Bruderliebe Of, 1 sll.) das Zeichen fein, daß wir aus Gott geboren, in seiner realen Gemeinschaft sind, vonseinem Leben wirklich etwas haben. Gleichwie wir also im Sinne des Jo- hannes mit dem gerechten Gott (II, 29 sll.) in der Kindesge- meinschaft stehen durch die Gerechtigkeit, welche in der Bru- derliebe sich wesentlich darstellt (lll, 1l sll. IV, 7 sll. 16 sll. V, l sll.), wie insbesondere hierin unsere Heiligung nach dem Vorbilde der Heiligkeit Christi (1ll, Z) sich erweist, weil es Liebe ist, was Gott in Christo geoffenbart, was Christus an uns gethan hat und worin er uns wesentlich als Vorbild gel- ten muß (IV, 9 sit. Hi, 16. Joh. 13, 34. 15, 9. 12 fl.): so stellt sich auch unser Lichtwandel, woraus unsere Gemeinschast mit dem Gott, der Licht ist, beruht (l,6 fll.) oder unser Wan- del nach Christi Exempel (Il, 6), nothwendig und wesentlich in der Bruderliebe (V. 7 sll.) dar. Hatte der Apostel doch schon B. 5 unsere vollendete Liebe zu Gott darein gesetzt, daß wir seine Gebote hielten. Die Liebe zu Gott kann er aber gar nicht denken ohne die Liebe zu den Brüdern, so wenig als er Christi vorbildlichen Wandel anders als in seiner bis zum Tode getreuen Liebe denken kann. Der lebendige Fortschritt von dem Halten der göttlichen Gebote überhaupt, welches schon V. 6 in dem concreten Beispiele des Herrn, der uns geliebt hat, veranschaulicht ist, zu der bestimmten einen Sara-by« der Bruderliebe erscheint somit ebenso sehr der sonstigen Dar- stellungsweise des Apostels entsprechend, als durch die eigen- thümlichen Bezeichnungen dieser swozsj als einer via-Taro; und doch auch sum; (2 J«oh. 5. Joh. IS, 34) indicirt. Auch die liebevolle Anrede Lxlyawsysxof scheint sich hier, wie im ähn- lichen Zusammenhange IV, 7. 11 dem Apostel, da er das Lie- besgebot einschärsh von selbst aufzudrängem Geliebte, sagt der Apostel, nicht ein neues Gebot G»- «a«-7)i-) schreibe ich Euch — Ogoiepw »1J,«.), sondern ein altes Gebot (s'--r· »a- zo«o2«-), das Jhr von Anfang an hattet; das alte Gebot ist das Wort, welches Ihr gehört habt Gä- efzeskpqjieoijaacs — ein· iipzsjcx Der Apostel setzt das Präsens ygoiyw V.7und 1 Ich. u, 7. 8. 203 V.8; der Inhalt der sure-As; liegt also unmittelbar gegenwär- tig vor: es ist das V.6 geforderte Wandeln nach Ehristi Vor- bild, welches in dem angegebenen Sinne als Bruderliebe ge- faßt wird (B.6—11). Inwiefern akute, das ist jetzt die zweite Hauptfrage, nennt der Apostel diese åwozsj einmal (V. 7) eine »von Anfang an« gehörte, alte, dann wieder eine neue (B.8)? Von den mannichfaltigen Antworten, welche die Aus- leger auf diese Frage gegeben haben, können eigentlich nur zwei wesentlich unterschiedene in Betracht kommen. Entweder nämlich bezieht sich das cis-« eigzsjg aus die anfängliche Zeit des alten Testamentes, allenfalls auf den Uranfang des mensch- lichen Geschlechtes, wie BaumgartemErusius und Cred- ner (Einl. S. 680 fl.) urtheilen, welchem Letztern der Apostel dem Einwurfe zu begegnen scheint, daß das Evangelium sich von der Uroffenbarung Gottes entferne, und es heißt also das Gebot alt, weil es schon im alten Testamente gegeben, nach Crednerk weil es »nur eine Wiederherstellung der ursprüng- lich den ersten Menschen zu Theil gewordenen Offenbarung«, nach Baumgarten-Crusius: weil es »das Gebot der all- gemeinen Menschenvernunfw istz oder mit dem Ausdrucke ask-F ckpxsJg ist der Zeitpunkt bezeichnet, in welchem das Evangelium zuerst den Lesern verkiindigt wurde, so daß von jenem Termin an gerechnet das Gebot als ein altes, den Lesern längst be- kanntes erscheint. Bei der ersten Auslegungsweise ergiebt sich die Neuheit des Gebotes einfach aus dem Unterschiede der neutestamentlichen Faßung und Begründung desselben von der alttestamentlichem während bei der zweiten Ansicht entweder dieselbe Deutung des ist«-») gehalten wird, in der Voraus- setzung, daß auch von dem Anfange des Evangeliums aus gesehn das neutestamentliche Liebesgebot als ein neues im Vergleich zu der noch vor jener oigxsi liegenden jüdischen oder heidnischen Zeit der Leser gelten könne, oder eine andere Be- ziehung des naco-i; gesucht wird. Die erste Ansicht ist mit entschiedener Consequenz durchgeführt von Grotius, an des- sen Auslegung man deshalb am deutlichsten sieht, daß jene Ansicht falsch ist. Richtig hat Grotius erkannt, daß die 204 1 Jokx i, 5——11, 28. Präterita Hindernis« und skzemk das ais-«« ckgziJc und das nah-in« in einer innern Beziehung zu einander stehn. Ver: steht er nun das Alter des Liebesgebotes von der längst im alten Testament geschehsrem wenngleich unvollkommenen Of: senbarung desselben (Lev. 19, 17 sl.), so erklärt er demgemäß das sjwiiaace und Exil-re, indem er sagt: nor i. e. majores exists-i. Allein es bedarf kaum der Bemerkung, daß in der einfachen Anrede unseres Briefes, der noch dazu keineswegs nur an Iudenchristen gerichtet ist, eine solche Aussaßung des »Ihr-«, welche in dieser unbehiilflichem rohen Weise nicht ein- mal in den von Grotius citirten Stellen (Joh.6,32. 7,19. Matth. 23, 35) berechtigt erscheint, völlig unstatthaft ist. Schon das den gegenwärtigen Brief markirende Hei-»» macht « die direrte Beziehung des Frieden» und kihzsee auf die Leser selbst nothwendig, freilich ohne die Meinung Bengels zu empfehlen, welcher das Alter des Gebotes daraus erklären wollte, daß die Leser dasselbe schon längst durch die mündliche Predigt des Apostels gehört und gehabt hätten, während es, sofern es jetzt geschrieben werde, auch wieder ein neues heißen könne; denn aus dein klaren Verhältnis, in welchem das »si- Äw Hase. starr« Heim« esse. V. 8 zu dem ou« åam see-«« weiss« ein. V. 7 steht, geht deutlich hervor, daß das Alter und die Neuheit dem Gebote selbst inhärirt, welches ja der Apostel, indem er das Gegenwärtige schreibt, einmal als ein altes, längst bekanntes, und dann wieder als ein neues schreibt Nicht minder als diese Meinung Bengels müßen wir somit jene von Grotius u. a. vertretene Ansicht vermessen, und vielmehr den Interpreten folgen, welche den Ausdruck site« sigxejc an unserer Stelle so verstanden haben, wie derselbe auch V. 24 und III,11 durch seine Umgebung bestimmt wird’«), nämlich von dem Anfange der evangelischen Predigt an die «) Eine ganz andere Relation hat derselbe Ausdruck ils xägzsg kraft eines ganz verschiedenen Zusammenhangs in den Stellen l, 1. H, is. 14. III, S. Nur eine mechanische Auslegungsweise kann voraussetzem daß (vgl. Credner) derselbe Ausdruck in jedem Zusammenhange denselben Sinn haben müße 1Jvh. U, 7. S. 205 Leser. So lange Ihr überhaupt von dem Evangelio (e5 Loh-« äs- sjiioijaJ gehört habt, sagt der Apostel, so lange kennt Ihr auch das« Gebot, welches Euch somit ein. altes, längst bekann- tes ist, welches ich aber, indem ich» Euch-jetzt daran erinnere, auch wiederum als ein neues schreiba Alt ist somit das— Ge- bot, in der Brudetliebe Christi Wandel nachzuahmen, weil. es von Anfang, an, seitdem das Evangelium an die Leser gebracht und von ihnen angenommen ist, ihnen bekannt gewesen, weil es den eigentlichen, wesentlichen Inhalt des Wortes, welches sie gehört haben, ausmacht; denn der Apostel sagt geradezu, wie M, U: II Zins. »in-Tarni Fast» eZ Zöyag Ei» esse-»J- mxsa In diesem. Iris-as, dieser evangelischen. siyys2i"oe, sind alle Gebote Gottes, welche die im Lichte Wandelndew die nach göttlicher Gerechtigkeit Strebenden zu beobachten haben, enthalten (V. Z. 4)3 f« alle aber laufen in der einen Saum) zusammen, gehen alle darin auf, daß wir, wie Christus uns uns geliebt hat, so— uns unter einander lieben. Aber während in- sofern dies Gebot ein altes heißen muß, so kann der Apostel das- selbe doch auch wiederum in einer andern Beziehung neu, « a wes, (V. 8) nennen. Schon durch das logische weil-», in wel- chem, wie schon Erasmns sagte, non repatitionis secl contra- rietatjs declaratio enthalten ist, welches man auch— in demselben Sinne ein correctivisches, epanorthotisches genannt hat (Beza-, Episcopi—us, Grotius, Calov, Wolf, J.Lange, Sach- mann, Lücke, BaumgarternCrusius u. a.) ist ein ge- wißes sinnvolles Spiel mit den Benennungen ,,alt« und »neu« angedeutet. Dasselbe Gebot soll, jenachdem es von dieser oder einer andern Seite angeschaut wird, als alt und dann wieder als neu verstanden werden» In welche« Beziehung nun kann Johannes das Gebot der Bruderliebe nach Christi Muster neu nennen? Soll das witzige Wort des Apostels überhaupt einen reinen Sinn und eine wirkliche Spitze haben, so miißen wir nachs dem bisher Erörterten von vornherein erwarten, daß keine andere, als eine 8eitbeziehung, im Gegensatze zu dem Alter desselben Gebotes, gemeint ist» Man darf» wenn man den wirkliche klaren Gedanken nicht trüben will, die Neuheit 206 l Joh. l, 5—ll, 28. weder mit Augustin, Beda, S. Schmid u.a., in verwirr- ter Herbeiziehung des Nachsolgenden, von der neuen Geburt des Menschen, der nun im Lichte wandelt (novum, quia te— nehme ad veietem hominem, Iux ver-o at! novum hominem pektinet), erklären, noch darf man sagen, das Gebot sei ein neues, weil es immer von neuem einzuschärfen, alle Tage neu gültig sei (Ealvin, Socin, Episropius, Fachmann, Knapp), wobei es nur zu natürlich ist, daß das Gebot, wel- ches Johannes ganz bestimmt ein »neues« nennt, als ein »gleichsam neues« (Knapp: tanquam si nova essen) erscheinti Textgemäß und der johanneischen Weise entsprechend (Joh. 13, 34) kann nur die von Lücke, und weniger klar auch von de Wette und Neander gegebene Erklärung sein, nach welcher das Gebot V. 7. 8 neu erscheint im Vergleich mit dem vor jener cigzph vor dem Zeitpuncte, da die Leser an- fingen das Evangelium zu hören und anzunehmen, liegenden sittlichen Zustande der Leser. Aber auch diese Gelehrten sind nicht in vollem, klaren Einverständnis unter einander. Wir sahen schon, daß Lücke die Hure-As; nur aus V. 6 zurückbe- ziehtz er kann deshalb die Parallele Joh. 13, 34 zur Erläu- terung unseres ein«-ej nicht gebrauchen und läßt es als eine gewiße Jnconcinnität stehn, daß die um«-s) suec-lex« V. 8, welche das christliche Tugendleben als ein für die Welt neues in einer bis dahin nie gekannten Vollkommenheit darstelle, eine andere Beziehung habe, als V. 7 in dem Alter, welches rief oipzpsg d. h. von dem Anfange der Leser im Ehristenthum gerechnet werde, eine Jnroncinnitäh meint Lücke, vor der man sich nicht scheuen dürfe, wenn man nicht in die noch größern Schwierigkeiten anderer Auslegungsweisen verfallen wolle. Aber die ganze Pointe des johanneischen Oxymoron kann ja nur darauf beruhn, daß die Beziehung, in welcher man dieselbe zweie; von demselben Standpunkte oävf oigzsjg aus anschaut, wechselt. Schaue ich von diesem Standpunkte aus in die christliche Zeit der Leser hinein, so erscheint die Eis— gez-J als eine längst bekannte, die Leser haben sie von An- fang an als das wesentliche Gebot gehört, sie haben diese l Joh. ll, 8. 207 du«-oh,- solange gehabt, als sie überhaupt Christen gewesen sind; anderseits, schaue ich von jenem Standpuncte in die vor jenem Anfange liegende Zeit der Leser, mögen sie nun früher Juden oder Heiden gewesen sein, so erscheint nothwendig das- selbe Gebot als ein neues, wesentlich christliches, für die Leser erst mit jenem Anfange beginnendes; denn auch für die Ju- denchristen ist ja das christliche Gebot der Bruderliebe, weil diese als Nachahmung Christi (vgl. Joh. 13, 34) gefor- dert wird, ein neues. Die Unklarheit, welche sich auch bei Lücke sindet — obgleich kein Ausleger unserer Stelle ihm an Bestimmtheit und Keuschheit der Auslegung gleich kömmt — rührt einmal daher, daß Lücke die zweie; selbst nicht richtig bestimtntq dann daher, daß er, wie auch de Wette u. a., in dem Satze Z» »« associa- ted. den Grund dafür fand, wes- halb Johannes jene äwozsj eine »neue« nenne, indem Lücke, wie de Wette, das i; For. til-ZE- sirk nicht auf die äu— vol-»« selbst, auf ihren Inhalt, sondern auf das »aus-ej«- ypoixyiw bezog. Hierüber fogleich. De Wette aber, und noch« mehr Neander, begeht den Fehler, daß er in die Er- klärung des imrwj eine verwirrende Beziehung auf »die Er- neuung des christlichen Lebens« aufnimmt, so daß, wie er sagt, »das Beiwort im Wesentlichen denselben Sinn wie Joh. 13, 34 hat, aber nur gleichsam aufgefrischt und den Lesern näher gelegt ist.- Als ein neues sei das Gebot überhaupt in Christo geoffenbart, besonders auch sei es neu für die Leser, die an der Erneuung des Lebens Theil nehmen. Wir können de Wettes Auslegung nur in dem Sinne Neand ers verstehen, welcher (vgl. auch Calvin, Luther u. a.) sagt, daß das neue Gebot (der Bruderliebe) mit immer neuer Gewalt sich bewähren, wie ein neues den Lesern ins Bewußtsein treten und ihr neues Leben im Lichte regeln müßez denn nur so ist de Wettes Polemik gegen Lücke in Betreff des um«-ej zu begreifen. Die unmittelbare Entscheidung über den Sinn des »in-»F. nämlich eine ausdrückliche Erklärung des Briefstellers, warum er die sure-les in Wahrheit (3 Eos-»- oiløyäsgsswU eine seamj nennen könne, haben nun aber Lücke und deWette, 208 l Ich. I, 5 —— U, 28. wie-wir schon mdeuteteiz in den Worten Z« o; um«-fo- es »Hm-«. nd» gefunden. Bei der gleich streitigenksowsiiruetion und Auslegung der schtvierigen Worte »von. ö Heim« eilen-M« an handelt es» sich um zwei entscheideusde Fragen: erst-sichs, be- zieht. sich das Newinum d? auf den Begreiisf wie-hin der Weise, daß Johannes sagt: ich habe: Recht, jenes— Gebot. ein! neue-d zu nennen, die Wahrheit dieser Beziehung. liegt d» ask-n;- wi- e's- slwss CSocitr-,. Flaeius, C—al«ov, Marias, Mitte, de Weiten; oder ist das Neutruni ä- nach einer: aoustkuctio at! sensum aus den« Inhalt der Hawaii-i, aus die in des-seiden: ge- botene Sache, nämlich die Bruder-liebe, zu bezieht» so« daß, von ællen Modiflcationen dieser Aufsaßnng abgeschn- dek Sinn etwa dieser« istx was ich Euch schreibe, was» ich: durch dies in einen: gewissen. Weise neue Gebot von Euch fordere, die— Bru- derlixebe, diesist wahr, hat. seines Wahrheit in Ihm und in Euch (Caluin,. Luther, Grotius, Bengel, Wolf, J—- Latn ge, Fachmann, Kunst-P, Fritzsche,. B-aumgsairten-Crusius, Sandey Nseanderfis Die zweite Hauptfrage·, welche mit der» erster« enge zusammeuhäirgh ist« die: ob das Z« in dem; Satze Eis« »? any-esse:- mxkaya »so-i«- declarativisch zic saßen sei, so daß in diesem Satze der: Inhalt: der Team-leis sum-ej darge- legterscheintHs(Cast.ellia, Ssocin, Bengel: Famil; hoc: est« illuci preise-entom, Amor« Frau-is, ex Insel, oder ob das Z« caufale Bedeutung; habe, und somit: entweder die Wahr-i heit der Benennung non-»j- begriinde Eis-use, de.- Wette, Neand»er), oder die» Wahrheit: und Bewährtheit den in den Essai-Ei; geforderten Sache, das ckxsysnåse z» nie-««- Li- eJ,e«iii-, nachweise, wie wir» in wesentlicher: Übeveinstimmungmiii Oecunueniuöh Ca«lviin, L"wthe-r.,. Be:z.a, Marias, Ca- lov, J..L·a.n-g.e, Jaichmxannz Fritz-sehe u.a-. meinen« Wen- den wir» ims- sogleichk ohne uns durch die wirre- Mannichsaie tigkeit der Modisikationen und» Contbinationens im Einzelnen- «) Am nächsten lag diese Auslegungsweise offenbar denen, welche die Essai-J« nicht als eigentliches Gebot, sondern als doctrinsr faßt-en. Aber sic allk haben Z« eansal verstanden, weil. sie darin-s die «Wahrheiis« (»’237.9i;-) begründet fanden. s 1 Ich. n, 8. 209 aufhalten zu laßen, zur Entscheidung der beiden Hauptsragem Die Worte Z set-c«- eZze;-J. s» aris- emi Z» Wiss» die nur gewaltthätig so zerrißen werden können, wie von Erasmus, Episcopius und Grotius geschieht (qu0d ver-um est in Mo, so. Christo, in! retten» in vobis vekum est, oder esse dein-U, und welche somit ohne alle Noth eine parenthetische Stellung im Text» oder vielmehr außerhalb alles ordnungs- mtißigen Zusammenhangs bekommen, jene Worte haben kraft des Z ihre directe Beziehung in dem Vorhergehendem in dem etsten Salzgliede steil. åpsroässw nun-w)- ypcirpco ist-I»- Lücke, der auch bei dieser Frage als eigentlicherStimrnführer gelten muß, hat scharfsinnig und mit großem Scheine bemerkt, daß man, nachdem der Apostel V· 7 gesagt habe, in welchem Sinne er das Gebot »alt« nenne, ganz natürlich in B.8 zu sinden erwarte, in welchem Sinne dasselbe »nen« heiße. iAuf diesen Grund führt auch, sagt Lücke, der Satz, Z» J; associa- »z. Nachdem nämlich der Apostel gesagt hat, es sei wahr, wenn er die spie-is) neu nenne, wahr sowohl in ihm, Christo, als auch in den Leser-n, folgt die ausdrückliche Erklärung: weil die Finsternis vergeht und das wahre Licht schon scheint. Einerseits nämlich ist ja in ihm, in Christo selbst, das wahre Licht (Joh. l, 8), das heilige Lichtleben erschienen, anderseits aber hat sich dies Licht auch schon, die Finsternis vertreibend, in den Gemüthern der Leser G» eint« verbreitet und scheint darin. So ist es, will Johannes sagen, in dieser Beziehung wahr, in Ihm und in Euch, daß das Gebot von dem Wandel im Lichte nach dem Urbilde Christi wiederum ein neues ist. So Lücke. Allein so wenig wir in den Worten i) sixssss Ja« iipzssp eine ausdrücklicheErklärung des Beiwortes nah-rot (B.7) finden möchten, ebenso wenig dürfen wir V.8 eine absichtliche Erläuterung des sen-«; erwarten *). Mit ’«) Warum giebt Johannes überhaupt der israzij die beiden ausdrück- lichen Bezeichnungen natur-i, mit« dem Znsatze I» kijzkre seit» und unless? Die textgemäße Antwort liegt darin indicirt, daß der Apostel, dem seine Vorstellung von der Fisch; »in-»; schon vorschwebh zuerst die Esset-z« eine »? ist«-h« nennt, eine Bezeichnung, deren pariinctische Bedeutsamkeit noch l. 14 210 l Jvlx l, 5—ll, 28. einer so minutiösen Accuratesse schreibt Johannes nicht. Ihm ist die Vorstellung von dem neuen Gebote (s. o.) so geläusig und natürlich, daß er schwerlich einen besondern Nachweis für die Wahrheit derselben hat geben wollen. Die ganze Rede i; sen«- «-2.. ist überhaupt so volltönend, so gewichtig, daß man in der That etwas Bedeutenderes erwartet, als den Nachweis, daß es mit einem gewißen, den Lesern ohne Zweifel völlig verständlichen Aussprache seine Richtigkeit habe. Ie länger man die Stelle betrachtet, um so geneigter wird man deshalb der von den besten ältern Auslegern mit richtigem Takte getroffenen und von Knapp auch mit klarem gramma- tischen Verständnis ausgebildeten Ansicht werden, daß der Satz b« Eos-»- oizsysäg mit einer constructio ad sensum (Knapp umschreibt tressend, ähnlich wie Schott: näh» Mk) Essai-F«- isomn «)- 1J««.i· wäre) Z »so-c»- oZL sich) den realen Inhalt der åksozsj als wahr, und zwar in ihm, Christo, und in den Lesern, bezeichnet, und daß dann die Schlußworte Eis« s; man. Herz. eben diesen Salz begründen, die Wahrheit des Liebes- wandels in Ehristo und den Lesern, nicht die Richtigkeit der Benennung ist«-»F, nachweiscn. Aber, wirft Lücke ein, ohne jedoch die grammatische Zuläßigkeit jener Beziehung des neu- tralen d« zu bestreiten: warum schrieb Johannes nicht soc«- oiäyäsjsgz wie er ja V. 7 ganz einfach schreibt F» zip-ei? Deshalb, ist zu antworten, weil es sich nach dieser Ansicht gar nicht um die åiisxoäsj als solche, als »neue«, wie Lücke offen- bar nach seiner eignen Meinung im Sinne hat, handelt, son- dern um dasjenige, was durch die Spec-is; gefordert und dessen Wahrheit, Bewährtheih dessen Realität in Christo und in den Lesern behauptet und We« r; ou. gis-L) nachgewiesen wird. Johannes sagt nämlich, ich schreibe Euch ein neues Gebot; indem ich dies Gebot Euch schreibe, fordere ich von Euch den Liebeswandel, welcher wahr ist in ihm und in Euch, deshalb gehoben und geschärst wird durch den Zusatz s)- x2’,-z. setz. Die Leser sollen bedenken, daß dieses, wie sie wohl wißen, neue Gebot doch für sie von Anfang an das Grundgesetz ihres Wandels gewesen ist. So auch Lücke, und im Wesentlichen Knapp und de Wette. 1 Ich. 11, 8. 211 wahr, weil schon (auch in Euch) die Finsternis vergeht und das wahrhaftige Licht schon scheinet. Ufzsyääc nennt der Apostel das in der suec-M Geforderte, weil dieses eben in der lebendigen Wirklichkeitz in der thatfächlichen Realität feine Wahrheit hat; es ist in der That und Wahrheit Oizskäqsg V. 5. Joh. 4, 42. 6,55) lebendig vorhanden und eben insofern wahr, wirklich (vgl. auch AG.12, 9 und Meyer zu d. St.). In diesem Sinne wahr ist die durch das neue Gebot gefor- derte Liebe zuerst z» order-J, d. h. weder per se ac simp1icjier, wie Socin, aber keiner der Griechen, meinte, noch auch »in Gott« (Iachmann), sondern in Christo Das Z» arise-F; greift auf B. 6 Uns. sum-- mer«-w) zurück. Allerdings kann man grade weil dort Christus Eises-wiss) von Gott Heini-») unterschieden ist, auch in unserm »den? Gott wiederfinden wol- lenz allein im Zusammenhange unserer Stelle ist einerseits jene Unterscheidung nicht nothwendig, und es kann also das gänz? ohne jene bestimmte Beziehung (V. S) verstanden wer- den, anderseits aber ist ja die Sack-Les, deren »Wahrheit in ihm« behauptet wird, nur im Zusammenhange mit dem vor- bildlirhen Wandel Christi zu erklären, und insbesondere liegt auch in der deutlichen Correspondenz zwischen oizøzsäg und eilt-PMB«- (s»-3g) eine hinreichende Weisung, das s» »den; aus Christum zu beziehm Bei F» spät-J »Gott« zu verstehn, er- scheint auch deshalb unthunlich, weil dann eine gewisse Zwie- spältigkeit in der Erklärung des oizzseäg nothwendig wird; denn man könnte nur mit Jachmann erklären: »was in Gott wahr ist, d. h. seinen Grund hat, und in uns (var. leer. -r,«s,«i«-), d. h. im Menschen sich als wahr bekundet. Diese zweiseitige Beziehung von vix-Mög, welche schon an und für sich bedenklich ist, wird aber noch schwieriger dadurch, daß dabei die Begründung Eis« if« mein. sitz. nur zu der einen Seite (»in uns als wahr bekundet-O paßt, während doch die schon von den Griechen bemerkte Correspondenzzwischen ckzysssg und Weg-Midi- die Beziehung des begriindenden Satzes auch aus das kizsxäåg z» »den? nothwendig macht, wie ja auch die gleichen Präsentien (k’a-««i- — nskpiiysscac — spat-m) dazu nöthi- 14* 212 1Jvh. l, 5—1l, 28. gen, den ganzen Satz Eies-I. Hase. s» ais-c. ssal H» ihn. durch den ganzen Satz Z« s) ais-is. Hi. begründet zu denken. Ihn, Christum, das Haupt, und »Euch«, die Leser, die Glieder, die an dem Haupte, wie die Reben an dem wahren Weinstock (Joh. 15, 1fll.) hangen, schaut der Apostel in der wirklichen Gemeinfchaft des Lebens (I, 3 fl.) an; ein wahres Licht ist es, welches in Christo und durch ihn in den Gläubigen leuch- tet, welches vorhanden, thatsächlich dargestellt ist in Christo und in den Gläubigen, und die Finsternis vertreibt. Dieses Lichtes eigenthümliche Natur und wesentliche Kraft ist das durch das neue Gebot Geforderte, die Bruderliebe, welche wie sie in Christi Wandel (V.6) zur vollsten Erscheinung gekom- men ist und in dieser lebendigen, thatsächlichen Wahrheit ge- genwärtig, kräftig da ist, so auch von den Gläubigen, nach Christi Beispiel, geübt werden soll, ja in der That auch geübt wird; denn »in Ihm und Euch ist es wahr-«, was Johannes fordert, die Leser stehen wirklich in dem Strome des Lichtes und der Liebe, welcher in Christo feine stets gegenwärtige Quelle hat, die Liebe, welche Christus in feinem Wandel geübt hat, wirkt auch in den Gläubigem sie eifern wirklich seinem Liebes- wandel nach; denn schon vollzieht sich die große Krisis, schon wird die Finsternis von dem wahrhaftigen Lichte, das in Wahrheit in Christo und in feinen Gläubigen scheinet, ver- trieben, schon wird durch die Liebe, welche in Christo und fei- nen- Gläubigen lebt, der Haß überwunden. Dies scheint uns der klare, den Worten unsers Textes wie der gesammten jo- hanneischen Anschauungsweise völlig entsprechende Sinn unserer Stelle zu fein. Einerseits leuchtet hiebei die textgemäße Bezie- hung zwifchen dem s» ais-se;- V. 8 und V. 6 ein, weil Christus, der den Inhalt der Zwei-«; bewahrt, in seiner realen Wahr- heit dargestellt hat, als vollkommenes Muster des Wandels im Lichte und in der Liebe gelten muß, auf welchem (I, 6) die Gemeinschaft der Gläubigen mit Gott durch Christum beruht; anderseits aber ist auch das lass-»Es; — ical s» 15,-is» völlig klar, und die Begründung Z» r) one-r. see-i. erhält ihre rich- tige Stellung zu dem ganzen vorhergehenden Gedanken. Al- l Ich. il, S. 213 lerdings enthalten die Worte »Ein-J. —- aiai s» this» ein großes Lob. Vielen Auslegern ist es zu groß erschienen. Einige (Oecumenius, Episcopius, Grotius, S. G. Lange, Carpzov u. a.) lassen deshalb das bestimmte Sack» ist«-Jäg- nur für das zi- aiiccs gelten und setzen den apostoli- schen Ausspruch »es ist wahr« in Beziehung auf das aai s» vix-»si- unvermerkt in die Forderung um: »es muß so auch bei Euch sein.« Wenn man aber das sent» wirklich festhalten wolle, so müße man, meint Grotius, anstatt Uns» nach einigen Zeugen 7J,«I- lesen, und Johannes sage alsdann: »auch von uns, den Aposteln, ist das Gebot der. Liebe erfüllt« In diesem Sinne aufgefaßt, würde freilich die Lesart ask-si- die Schwierigkeit nicht heben —— wie könnte Johannes, den wir l, 8. 9 ganz anders reden hörten, in so hochmüthiger Selbst- verblendung sich neben seinen Herrn stellen?— immerhin aber zeigt jene Auslegung, aus welchern Interesse die Variante (sJ»s-) selbst entstanden sein wird. Nein, der Apostel, welcher in seinen Lesern Kinder Gottes erkennt (Ill, 2), welcher weiß, daß sie den Geist haben (ll, 27), kurz daß sie in der Lebens- gemeinschaft mit Gott und Christo wirklich stehen, kann und muß anerkennen, daß die eigenthümlichste Blüthe, die das ge- sammte christliche Wesen treibt, die Bruderliebe nach des Herrn Beispiel, wirklich und wahrhaft in densLesern vorhanden ist. Hiedurch wird ja die beständige Ermahnung, diese Liebe zu üben, nicht nur nicht übersliißig, sondern dieselbe bleibt so gewiß immer nothwendig, als das gesammte christliche Leben ein unendlich bildungsfähiges, ein Schatz ist, den man nur dann hat, wenn derselbe durch sittliche Arbeit, durch Wandel im Licht, immer neu und immer reicher gewonnen wird. In einem gervißen Sinne beruht ja die ganze Ethik des christlichen Lebens, als eines Lebens aus Gottes Gnade, darauf, daß jede Gnadengabe in sich selbst eine Gnadenaufgabe ist (vgl. 1 Cor. 4, I. Luc. 12, 48. 1 Petr. 4, 10). Wahr, sagt also der Aposte»l, nicht richtig in der Benennung oder in der Vor: stellung, sondern wahr im Wesen, in der lebendigen Realitåt istdie Liebe einmal in Ihm, in dem Herrn, der eben deshalb 214 l Seh. l, 5—lI, 28. das unbedingte Muster« für den Wandel der Gläubigen ist, dann aber auch in Euch, weil Jhr wirklich in Ihm seid und Er in Euch, oder, wie der Apostel nach beiden innig zusam- mengehörenden Seiten hin das eine oiihäsc begründet, »weil die Finsternis vergeht und das wahrhaftige Licht schon scheinet.« Nach der bisherigen Erörterung ist eine eingehende Widerlegung der beiden, von unserer Auslegungsweise abweichenden Ansictx ten über die Worte Eis« ej ones-cis« its-A. nicht mehr nöthig. Das richtige Verständnis des Satzes hängt wesentlich ab von der genauen Beobachtung der Form. Enge-Lykur- ist ebenso streng präsentisch zu saßen wie spat-«« und das vorangehende Eos-«, welches durch »so-pay. und mai-«. erläutert werden soll. Den Auslegerm welche das Alter und die Neuheit der åpeozøj einfach aus dem Unterschiede zwischen dem alten und dem neuen Testamente erklärten, lag es freilich nahe, erstlich die onus-«»- von der relativen Dunkelheit der Zeit unter dem Gesetze, mit ihren Schattenbilderm Satzungen und Weissagungen zu verstehn (G"rotius, Hunnius, Calov, J.Lange, Semler u. a.) und demgemäß, wie auch die Vulgata Uransierunl teue- brae) gethan hatte, das Präsens naxwiyseai im Sinne eines Perfecti auszulegen (Beda, Calvin, Luther, Grotius u. a.). Die Form des Verbi wag-Heini, hier und B. 17, ist ferner nicht passivisch (traducitur. Bengel), sondern medial, im intransitiven Sinne wiedas Paulinische aagokyex 1Cor.7,31 (was Stephanus sogar an unserer Stelle conjicirte) zu verstehn (Oecumenius, Wolf, Fachmann, Lücke, de Wette u. a.). Das Activum gebraucht Johannes in der sinnlichen Bedeutung »voriibergehn« Joh.8,59 (var. leer) 9,1. Vgl. Matth 9, 9.27. Den Sinn unseres Satzes haben viele Aus- leger, auch noch de Wette, aus Röm.13, 12 erläutern wol- len; allein jene Stelle ist wegen der Beziehung auf die Parusie mit der unsrigen kaum zu vergleichen. Die Vorstellungen von cis-orie- und sit-IF an unserer Stelle sind nach der johannei- schen Denkweise überhaupt und dem vorliegenden Zusammen- hange insbesondere vollständig zu verstehn. Wie Gott selbst Licht ist -— denn der Grundgedanke I, 5 bricht an unserer 1Joh. n, 8. 215 Stelle, die ja einen gewißen Abschluß (V. 7—I1) bildet, ganz naturgemäß hervor — so ist alles, was in sein Reich gehört, was in feiner Gemeinschast die Gläubigen hält, Licht. Christus selbst, der den Vater geofsenbart, uns mit ihm in Gemein- schaft gebracht hat, ist deshalb, wie er das Leben selber ist (l, 2), so auch das wahrhaftige Licht (Joh. I, 9. 8,12. 12, 35. 46). Seitdem er erschienen ist, »scheinet also das wahr- haftige Licht-«, ist das göttliche Leben offenbar und durchströmt die Welt, alle Finsternis, die, wie sie in Gott gar nicht ist (l, 5), so auch in den Gläubigen nicht sein soll, richtend und vernichtend Licht und Finsternis, Leben »und Tod, Liebe und Haß sind nun klar geschieden; jenes vergeht, dieses erstarkt und geht der Vollendung entgegen. Dies-socie- ist also nicht die alttestamentliche Oronomie als solche, so wenig als ed esse-J; »; »Ein-Worin, ganz so wie Joh.1, 9, unmittelbar Chri- stum selber (Oecumenius, S. Schmid, Bengel) be- zeichnetz sondern beide Ausdrücke bezeichnen ethische Elemente, in denen man lebt und wandelt (V. 9fll.), und deren erstes in die Zeit des letzteren hineinreicht (V. 9 TO; ck9s«), so daß jemand in der gegenwärtigen Zeit, da das Licht schon scheinet, leben, ja sich äußerlich zu der Lichtgemeinschaft bekennenund doch wesentlich noch immer in der Finsternis wandeln kann. Das haben auch die meisten Ausleger mehr oder weniger klar erkannt. J. Lange will offenbar diese Vorstellung aus- drücken, wenn er sagt: sc. was; c. Ums. bezeichne Christum una cum doctkina ejus et aller-tu, fide et can-Rate. In dem Ausdrucke selbst liegt ebenso entschieden eine bestimmte Bezie- hung aus den persönlichen Christus, der selber das wahrhaftige Licht ist, als durch den Zusammenhang unserer Stelle, durch den Gegensatz; s; ones-Ja und durch die sogleich folgende Aus- arbeitung des Gedankens indirirt ist, daß der Ausdruck an unserer Stelle in der persönlichen Beziehung auf Christum selber nicht aufgeht. Jnsofern haben die Griechen einerseits, in der Sache, vollkommen Recht, wenn sie das s» ca? gen-il sZwer V. 9 geradezu erklären: Tod«-äu« ca? XgcaTaJ, ander«- seits aber ist die Form der Vorstellung dadurch nicht eben- 216 l Ich. l, 5—ll, 28. mäßig erläutert. Christus selber, in welchem die Liebe schlecht- hin wahr ((L).Ji9z"g) ist, dessen heiliger Licht- und Liebeswandel deshalb auch für alle Gläubigen, die im Lichtwandeh insbe- sondere in der Bruderliebe, ihre Lebensgemeinschaft mit Gott, der Licht ist, haben, halten und fördern müssen, das voll- kommene Muster ist (V.6, vgl. besonders auch Joh. s, 12), Christus selber ist· das» wahrhaftige Licht (Ioh. I, 9), aber dasselbe strömt auch von ihm, als dem persönlichen Quell, aus; so bringt Christus das wahrhaftige Licht (Joh.3,19fll.), so gründet und trägt er die ethische Potenz, welche, weil sie in ihm wahr, real ist (oi-17sJs"e), als eine wahrhaftige Eis,- -J»-6»), der realen Wahrheit entsprechende, die reale Wahrheit einschließende und auswirkende in der Welt lebt und wirkt, als das wahrhaftige Licht scheinet. Somit laufen in der Vor- stellung des ekaie alle Hauptfäden der bisherigen Entwickelung des Lichtwandels der Gläubigem sofern sich derselbe als tugend- hafte Darstellung der lebendigen Gemeinschaft mit Gott (B. 3 sll.), auf dem beständigen Grunde der fortlaufenden Sündenverge- bung und Reinigung (l,7-,Il,2) erhebt, zusammen; denn das wahrhaftige Licht, welches schon gegenwärtig, seitdem es in dem persönlicher: Christus erschienen ist, scheinet, ist die ganze Sphäre des christlichen Lebens, der wesentlich neue Jn- begrisf des gesammten Lebensschatzes mit aller seiner Erkenntnis und Liebe, worin die Gläubigem die Christo nachfolgen, die Gemeinschaft mit ihm und dem Vater haben und erweisen. Demgegenüber bezeichnet die schon vergehende, eben durch das Licht vertriebene (Joh. 3,19 fll. 12, 31) Finsternis nichts weni- ger als die alttestamentliche Oconomie oder selbst das Heiden- thum sofern es zeitlich vor der Erscheinung des wahrhaften Lichtes liegt, sondern vielmehr die gesammte, noch im Kampfe mit dem Lichte begriffene, aber immerdar gerichtete und be- ständig unterliegende, — man vergesse nie das Präsens w— YOU-«, welches den Präsentibus Saal» und male-« ganz congruent ist — jene vergehende Potenz und Sphäre des ethi- schen Lebens, welches außerhalb der Gemeinschast Gottes, in dem keine Finsternis ist, sich besindet und somit, weil es hier 1 Joh. It, 9—1I. 217 keine Vermittelung giebt (vgl. B. 9 fll.) dem Lichte feindlich gegenüber steht. Geschieht nun die concrete Erweisung der realen Wahrheit dieses Lichtes in den Gläubigen durch die Bruderliebe, gleichwie Ehristi vorbildlichey seine Jünger zur Nachahmung verpflichtender (e3c,)s-"2o,»sc-, san-«) B. 6. 7. II, 16. Jvix I5, IT. I3, 34. Iineisferyxcon IS, I5.) Wandel in seiner vollendeten Liebe sich concentrirt, so kann der Apostel gar nicht anders, als in dieser Bruderliebe das sichere Zeichen erkennen, ob jemand im Lichte oder in der Finsternis sei. V. 9-—11. Der einfache Organismus dieser Verse ist ganz so wie l, 8—10. Von dem lügnerischen Sagen G «— »« ice-L) ausgehend (V. 9), stellt der Apostel die Wahrheit (ö Hans-By) in die Mitte (V. 10), indem er schließlich noch einmal in voller, eindringlicher Weise den Gegensatz gegen dieselbe (ei R zwar-In) bezeichnet. Es handelt sich für den Apo- stel nur um zweierlei, entweder um Liebe oder um Haß; denn das Herz ist nicht leer, sagt Bengel mit Recht. Nichts kann der Ethik der ganzen Schrift gegenüber oberstächlicher und schwächlicher erscheinen, als der Versuch, die Schärfe des Ge- gensatzes von Lieben und Haßen (lll, 16. Joh.12,25. Matth. 6, 24) dadurch abzustumpfen, daß man das zuckt» erklärt: minus ewiges-e, posthabeke, non colere u. dgl., wie man noch bei Bretschneid er Hex. s. v.) lesen muß. Die ganze Wahrheit, Tiefe und Kraft der christlichen Ethik beruht auf dem von Johannes so entschieden geltend gemachten gut-auf. Aus der einen Seite steht Gott, auf der andern die Welt; dort ist Leben, hier Tod (lll, 14); dort ist Liebe, hier Haß d. h. Brudermord (lll, 14 f1.), eine Vermittelung giebt es nicht. Schlechthin nichts liegt in der Mitte. Das Leben kann noch· ganz keimartig und gebrechlich, die Liebe kann noch schwach und arm sein, aber doch ist Leben in Gott und die nothwen- dige Erweisung desselben in der Liebe wirklich und wesentlich vorhanden, -und es gilt alsdann das Wort des Herrn: wer nicht wider mich ist, der ist für mich (Luc. 9, 50.)z anderseits aber kann das Leben nach dem Fleische, das Hangen an der Welt und die nothwendige Bethätigung dieser Selbstsucht durch 218 lJoh l, 5—1I, 28. den Haß sehr versteckt, fein und mit gleißendem Schein um- hüllt sein, aber in der verborgenen Tiefe des Menschen, da, wo die eigentlichen Quellen seines sittlichen Lebens entsprin- gen, steht nicht Gott, sondern die Welt, der Mensch ist noch im Tode und kann deshalb auch nur sich selbst lieben, muß also den Bruder haßen, und es gilt hier das Wort des Herrn, wer nicht für mich ist, der ist wider mich (Luc.11, 23). Denn man kann nur entweder für oder wider Christum sein, und demgemäß nur entweder Liebe oder Haß gegen die Brü- der haben. Dilckszcpöp wären) sagt der Apostel, indem er auch durch diese Bezeichnung (lpsa appellatio amoris oaussam continet Bengel) andeutet, wie natürlich, wie sittlich noth- wendig es sei, daß die, welche einen Vater haben (V, I sll. 1Petr. l, 22 fl.), einander als Brüder lieben. Denn es ist unzweifelhaft, daß Johannes unter ckeMcßöc nicht jeden Men- schen überhaupt, jeden Bruder in Adam (Grotius, Calov, J. Lange), sondern jeden Mitchristem jeden Bruder in Christo (lll, 10 sll. V, I sll. 3Joh. 3) versteht, wie auch die meisten Ausleger geurtheilt haben. Particularistisch im schlechten Sinne kann die Bruderliebe der Christen deshalb gar nicht sein, weil diese Liebe die roncrete Darstellung ihrer Gemeinschaft mit Gott ist, welcher die Welt also geliebt hat, daß er zu ihrer Erlösung seinen Sohn gab (IV, 7 sll. Joh. Z, 16), weil die christliche Bruderliebe wesentlich nur die lebendige Nachfolge (B. B) des Herrn ist, welcher die Welt bis zum Tode geliebt hat. So gewiß die Liebe das Fundament und die Spitze des ganzen ethischen Lebens« ist, so gewiß ist dieselbe auch das we- sentliche und ausschließliche Vorrecht der Kinder Gottes und das ganz eigenthümliche Kennzeichen ihres göttlichen Lebens, ihrer Gemeinschaft mit Gott, ihres Wandels im Lichte. Die Welt kann nicht lieben. Liebe ist nur da, wo göttliches Le- ben und Licht ist. Wer also sagt, er sei im Lichte, als in der eigenthümlichen Sphäre, in dem Elemente seines Lebens, und dabei seinen Bruder haßt, der lügt, der zeigt thatsäch- lich, daß er vielmehr noch immer Es« Zion, bis auf den gegenwärtigen Augenblick Joh. 2, 10. Z, 17. 16, 24. Matth. cJoh. u, 9. ro. 219 11, 12-. 1Cor. 4, 13. 8, 7. 15, 6. Winer, S.442) in der Finsternis, also außerhalb der Gemeinschaft mit Gott ist, ob- gleich doch schon längst das Licht scheint. Jn dem Lichte, in dieser durch Christum selbst gegründeten Lebensgemeinschaft mit Gott, die das Element für das Leben der Gläubigen ist, ist und bleibt nur (V. 10) wer seinen Bruder liebt und eben- deshalb weil er in diesem Lichte bleibt, ist in einem solchen auch kein Anstoß: imi rinnt-Kalei- orist Eos-«- åai aus«-J. Dies sei »eine zweideutige RedensartQ hat schon Luther gesagt, die man von dem genommenen und von dem gege- benen Ärgernis verstehn könne. Manche Ansleger haben näm- lich gemeint Johannes sage: wer seinen Bruder liebt, der bleibt selbst im Lichte und der giebt auch andern kein Ärger- nis, keinen Anstoß (Calovz deutlicher und entschiedenerJacly mann, nach Matth. 16, 23). Die meisten Exegeten aber, schon Bed a, Calvin und Luther, haben in richtiger Beach- tung der antithetischen Parallele V. 11 das auch-J: in dem Sinne erklärt, daß der im Lichte und in der Liebe Bleibende und Wandelnde selbst nicht anstoße und zu Falle komme. Ganz verkehrt ist die Deutung des ans-Zwei. von dem per-www, quo Deus juste oikenäatur (S. Schmid). Trefsend sagt Bengel: qui fratrem edit, ipse sibi oikendiculum est et inourrii in se ipsum et in omnia intus et for-is, qui must, experiilum iter habet. Meistens hat man sich dabei nach Luthers Vorgang auf m. 119, 165 berufen, wo gesagt wird: »Viel Frieden de- nen, welche dein Gesetz» lieben, und sie haben keinen Anstoß VIII-JOHN, d. h. nichts, worüber sie straucheln und fallen müß- ten. Die LXX iibersetzent im? mis- sen» rnJcosg ones-»Fa- zem Im lebendigen Zusammenhange der ganzen allegorisi- renden Redeweise (besonders V. II) kann der Ausdruck exists-if. w«- å«a«c. F» »Es. nur soviel heißen als das m; neuesten-r« in einem ganz ähnlichen Zusammenhange Joh. 11, 9 sl., wie denn auch Hesychius neue-com; geradezu durch essais-i)’azoi- erklärt. Dies Wort ersehntes-Leu, oder wie Hesychius die Form notirt ei o-«i-c)’az04-, erklärt er durch .s’,««oe5«»;,«ör. Nämlich ouoiprkcrzoøs das soviel heißt als uzioewsfoikyägop 220 l Joh. l, 5—ll, 28. (Aristophanes, Animus. 687. annwckeiihyäs sowie« sur-II. Vgl. Alberti zu Hesyclx H, I201. Schneider, Lexieon n. d. W.), ist eigentlich das Stellholz in einer Falle Wiss» Ins; xsmiygace HesychJ So bezeichnet das Wort ganz deutlich eine Falle, Fußschlinge im Buche Judith 5, I: äxwyuap s«- sxoig Jrsckfogg quasi-dazu. Demnach übersetzen die Griechen das alttestamentliche uikgsm richtig durch ones-»Beste«, und es erklären sich so naturgemäß die Redensarten Eos-hier«, risse-a« avoir-J. Apoe 2, 14. Nöm. 14, 13. Jn der heiligen Schrift zunächst des alten Testamentes, von wo der Ausdruck in die neutesta- mentliche (und patristische, Suicer, s. v.) Gräcität überge- gangen ist, bezeichnet dann das Wort etwas in den Weg Ge- legt-es, einen Anstoß, worüber man strauchelt und zu Falle kömmt (Lev. I9, 14), ein BWIYIY (nkøefgico««xcoe. Ezech. I4, Z. Theodotiom Lxxx »Hu-end. Diese Bedeutung des Aus- druckes liegt Röm. 9, 33. I Petr. L, 7 klar vor, indem Chri- stuö Ziäog 7I90gn()««»a«s0g, usw» onawckoiäov (vgl. Jef. 8, 14. 28, 16) genannt ist. Von hieraus ergiebt sich weiter die tropische Anwendung des Wortes von dem, was in sittlicher, gcistiger Hinsicht jemanden zu Falle bringen kann, worüber man selber sallen und womit man andere »in-gern« kann (Matth. IS, 23. 18, 7. 1Cor.1,23. Gal.5,11. Röm.14,13. 16,17). Ohne Zweifel liegt in unserer Stelle, nach V. II und Joh. 11, 9 sl., die erstere der beiden zuletzt erwähnten Beziehungen vor. Wer seinen Bruder liebt, sagt der Apostel, der bleibt im Lichte und -— eben deshalb — in dem ist kein Anstoß, er stößt nicht an; in dem Lichte, in welchem er, der er seine Brüder liebt, bleibt, sieht er den Weg, wo er geht (B. l1) und auf diesem alles, was ihn zu Falle bringen könnte, und vermeidet es, Die Vorstellung ist innerhalb der gesammten bildlichen Anschauung ebenso klar und richtig als in der ein- fachen Wirklichkeit Nur darf man nicht, wie Neanderthuh den Gedanken-«» stößt nicht an« auf die Liebe, sondern man muß denselben auf das Bleiben im Lichte gründen. Nea n- der erinnertHvas in der Sache (1Cor. 13) völligs richtig ist, an die Besonnenheit und Klugheit, an den seinen Tact der 1 Ich. n, g. 10. 221 Liebe, und namentlich dies letzte Moment, das in der Schrift so bestimmt vorliegt (vgl. I Cor. 8, l il. Röm. I4, l sll. be- sonders V.14fll.), ist für die christliche Ethik von wesentlicher Bedeutung; allein im Zusammenhange unserer Stelle kann das alles nur verwirren. Denn der Takt undidie Besonnen- heit der Liebe bewahrt davor, daß dem Bruder ein ansin- ktaäow gegeben werde, hier aber ist, wie Neander selbst will, davon die Rede, daß man felbst nicht anstoße und falle. Dies wird erreicht, wenn man im Lichte bleibt; die Bruderliebe ist aber das thatsächliche Zeichen für dies Bleiben im Lichte. Wer, wie die Bruderliebe erweist, im Lichte bleibt, also in der Gemeinschast mit Gott, der hat göttliche Weisheit und gött- liche Kraft, jedes against-»Qui- zu vermeiden und zu überwin- den, so daß er nicht fällt Eine feine, wenngleich schwierige Beziehung liegt aber in dem Ausdruck si- nds-tz. Die Aus- leger, wenn sie anders das si- beachten, erklären dasselbe im Sinne von Lücke (zu Joh. 11, 10), als ob z» soviel heiße als E» siehst-Morde (Matth. 21, 42), wie de Wette zu Joh 11, 10 gradezu sagt; s» bezeiehne, meint man, »in jemandes Gegenwart, Gesichtskreise« (Lücke, Vgl. Winer, S. 368) oder »bei« (Neander); so weicht man von der Grundbedem tung der Präposition so lange ab, bis endlich das namentlich im Munde des Johannes (I, 10. H, 5.8. s) gewiß signisicante Z» beiseite geschoben und s» näh; im Sinne eines einfachen Dativs, »bei, d. h. für« (de Wette, Baumgarten-Cru- sius, Sander) ausgelegt wird, so wie i»- 119, 165 aller- dings der einfache Dativ steht, oder bis anstatt des s» die gerade entgegengesetzte Vorstellung des »äußern Lebenskreifes« herauskömmtz in welchem, wie Lücke sagt, die oisoisqlaza dem Christen entgegentraten, welche für den Christen nicht in ihm, sondern in der Welt liegen sollen. Die letzte Bemer- kung Lückes, die wir für irrthümlich halten, zeigt die Ver- anlaßung zur Umgehung des «. Uns scheint, daß hier und Ich. 11, 10in dem Ausdrucke s» ais-g·- die Sache selbst sich in die sonst bildliche Redeweise eindrängt. Gerade weil die Veranlaßung zum Anstoßen und Fallen auch in dem Gläu- 222 I Joh. l, 5—ll, 28. bigen noch immer vorhanden ist (vgl. zu l, 7 fll.), weil auch der Gläubige, mit Paulus zu reden, noch immer die Lust des Fleisches fühlt, deshalb versetzt Johannes unvermerkt das ans-«»- skazcm welches, wenn das Bild ganz rein durchgeführt würde, als auf dem Wege liegend dargestellt sein müßte, in das Jn- nere des Wandelnden selbst. Wer im Lichte bleibt, der ist ja allezeit der reinigenden, heiligenden, jedes ernste-Anzei- immer mehr aushebenden Kraft des Blutes Christi (I, 7 fll.) gewiß. Auch in dem die Kehrscite zu B. 10 eröfsnenden V. 11 bemerkt man ein gewißes Hinüberspielen des wirklichen Ge- dankens in die bildliche Vorstellung, nämlich gerade in dem voranstehendem an den gleichfalls aus der bildlichen Redeweise einigermaßen heraustretenden Schluß von V. 10 sich anleh- nenden Ausdrucke s» »; ers-»He»- åaih in Vergleich zu dem wieder deutlicher in das Bild zurückgehenden weg-»aus. Auch Lücke, de Wette und Neander haben hier ein solches Jn- einandergehn von Bild und Sache anerkannt. Das Um« s» se. one-s. bezeichnet nämlich (vgl. V. 9), im Verhältnis zu dem »Sei-nasse«- sp sc. mein» mehr den alkeclum (Gtv- tius), den 3ustand, die Gesinnung und Richtung (Lücke, Neander, de Wette), während durch arg-nasses» mehr der darauf beruhende Ums, die Thätigkeit und Wirksamkeit aus- gedrückt wird, und zwar dies Letztere, wie auch die sogleich folgende weitere Schilderung zeigt, wieder mehr in bildlicher Färbung. Wer durch seinen Bruderhaß beurkundet, daß er in der Finsternis ist und in der Finsternis wandelt, der ist auch allen den Gefahren ausgesetzt, welche ein finsterer Weg, ein Wandeln mit versinsterten Augen mit sich bringt. Ein solcher weiß nicht, wo er geht: nor) eine-Ja« Die ältern Ausleger (Beda, Luther, Estius, Flacius, H«unnius, Calov, J. Lange; vgl. auch Sander) find geneigt, das textgeinäße »wo« ohne weiteres in ein »wohin« umzusetzen und im Sinne Luthers zu erklären: »sie meinen, sie gehen zum Reiche und zur Herrlichkeit, und wandeln doch zur Hölle« Dieneuern Jnterpreten (Bengel, Baumgarten-Crusius, Lücke, de Wette) verbinden lieber die Borstellungen »tvo« 1 Ich. il, 11. l2—l4. 223 und »wohin.« Dies ist offenbar richtiger. Mit der Vorstel- lung des Weges selbst, die in dem Worte des Textes allein ausdriicklich vorliegt, vereinigt sich nämlich von selbst (Apoc. 14,4.) die weitere Vorsiellung des Zieles, zu welchem der Weg führt. So sind die Worte des Apostels, auch die schließliche Begründung (e5«ee) »weil die Finsternis seine Augen blind ge- macht, oerdiistert hat«, zunächst im einfachen Zusammenhange des Bildes zu verstehn. Wer im Dunkeln wandelt, wo seine Augen ihn nicht leiten können, der weiß nicht, wo er ist und geht, also auch nicht wohin sein Wandeln ihn führen wird. Soll der reine Sinn der bildlichen Rede entwickelt werden, so kann dieser nach dem ganzen Zusammenhange, im Rück: blick auf l, 5 sl. und nach den Fingerzeigen, welche in dem Hereinspielen des reinen Gedankens in die bildliche Redeweise liegen, nicht zweifelhaft sein. V. I2. Pgairpae 1J,eee«1-, stets-»Ja, Z» cicyäaewsxoee Wes» ne· Drin-Pisa« efeoi ssö Zur-»a- auszsrotd V. II. ygcirpae Freie« naecsfpsgq Eis« Fywesieaøc Ide- ein« espzeJg. yposrpw Frost» nannte-Oe, Z« wes-missen» Its» no— wejpöih »Es-gewac- Hxetiz wer-Eier, Z» åyuuinoeres »Ze- via-sehne. V. 14. säh-packe)- iJzes», Aas-Spec, Z« Syst-Jesus« us» ein« oZ9z-ejg. äygaixioe Exil-«, »aus-Janus, Z« Herze-Hof so« nor? CI Löyog Tot) Bau-J FI- tseeiw »He-se seoei »eines-jun» »Ze- not-»Hör- Dieser Text, in welchem Lachmann und Tischendorf übereinkommen, weicht nur unbedeutend, aber nach den besten Zeugen und dem Organismus der Stelle gemäß, von dem recipirtery auch von Will, Wetstein, Griesbach u.a. wie- gergegebenen Texte ab. Die elzevirische Lesart Hin? w» es» esse-di V. 138 gründet sich aus gar keine kritische Auctoritah vielmehr stehen ihr die Zeugen ABC entgegen. In der Aus- legung wird sich auch zeigen, daß nur die Lcsart säh-pay«- in den harmonischen Bau des Textes paßt. Jn einem unbedeu- tenden Codex .(Basil. aus dem 15. Jahrh. Vgl. Wetstein, Tom. II. Pro1eg. P. U) und in einigen alten Cditionen, z.B. der complut «(vgl. schon Erasmus) fehlen die ersten Worte von V. 13 ygosrpw —- u««« OZCDZOJHU oder, wie Will, abwei- 224 1Joh. I, 5-—-1l, 28. chend von Wetst ein angiebt, die entsprechenden Worte zu Anfang von V. 14. Ebenso fehlt in der Vulgata (vgl. die Londoner Polyglotte und S. Schmid) das erste Glied von V. 14, welches aber Lachinann in seinem Texte ohne wei- tere Bemerkung hat. Es liegt a-us der Hand, daß, in wel- chem Verse auch die Worte ausgefallen find, ein Versehen der Abschreiber oder die Meinung, dieselben seien an einer der beiden Stellen genug, die Veranlaßung war. Keinenfalls darf die nichtssagende Auctorität jenes Codex als Stütze einer Conjectur, die den ganzen V. 14 verdächtigt (s. d. Ausl.), benutzt werden. —— Eine interessante, wenngleich für die Si- rherheit des Textes irrelevante, Lesart hatB (bei Lachmann), nämlich «) rief ripzøsg V.I4. Man könnte hierin einen An- klang an I, l erkennen, wenn nicht der Schreibsehler dadurch indicirt würde, daß derselbe Codex V. 13 mit allen Zeugen AS» äu« ospjk hätte. Keinem Ausleger ist es entgangen, daß die Oconomie der Verse 12—14 auf einer eigenthümlichen Correspondenz der einzelnen parallelen Glieder beruht. In die Augen springt sogleich die doppelte Anrede der via-ishr; und der was-c«- («««, über welche auch beide Male dasselbe ausgesagt wird; denn was V. 14 von den Jünglingen gesagt wird, ist nur eine Erweiterung des schon B. 13 über dieselben Geschriebe- nen. Die weitere Correspondenz der einzelnen Glieder wird nun aber von den Auslegern sehr verschieden gedacht, und die Lesart »ein-e» statt syxmxua V. 130 spielt dabei eine Rolle, welche derselben angesichts der kritischen Zeugen durchaus nicht gebührt. Diejenigen Ausleger nämlich, welche den Ausdruck cis-»fo- V. 12 für eine allgemeine Anrede an alle Christen halten, das ask-also« V. 130 dagegen v·on wirklichen Kindern (pueri, interne-s) im Unterschiede von nor-Spec und· »so-»Konv- verstehn, so daß also drei Altersklassen genannt sind, die alle in der gemeinschaftlichen Anrede ist«-Ja beschloßen liegen (Vul- gata, Augustin, Beda, die Griechery Calvin, Luther, Beza, Calov*·), Wolf, S. G. Lange, Morus, Bengel, «) Calov benutzt zugleich diese an alle Altersstiifen ausdrücklich sich l Joh il, l2—l4. 225 Baumgarten-Erusius, Neander, Sand er), halten, um den Parallelismus der Glieder zu wahren, die Bariante Yes-is»- fest. So entsteht folgende Ordnung: die erste allgemeine An- rede, weiss-Ja, zu welcher das präsentische ypkicxw gehört(V. 12), wird dreifach sperialisittt nur-Spec, Isaria-soc, via-»Hu V. 13093 hier bleibt das Präsens ygcicpvx Indem aber der Apostel zur Wiederholung der (drei) speciellen Anreden fortschreiteh V.14, tritt der Aorift ask-paid« ein. Wiederholt ist die Anrede an die AUIHLJSF Und im die Neue-frieren, aber es fehlen die wes-»Un- Warums Calov sagt: weil der Apostel jetzt die »aus-e« in der Elasse der wem-fu«» eingeschloßen denke; Wolf: weil was V. 15 sll. nachfolge sich beßer für die Jünglinge, als für die Kinder schicke. Stelle doch der Herr selbst (Matth. 18, 2) ein Kind als Muster des einfältigen, die Welt mit ihrer Lust und ihrem Ruhme verachtenden Sinnes dar. An—- dere, welche den Aorist zsygauia so auslegen, daß sie darin eine Hinweisung auf das früher verfaßte Evangelium statuiren (Whiston S. G. Lange, Schott —- in der zu V. ·7 ge- nannten Abhandlung ——, BaumgartemErusius u. a.), ant- worten: weil die Kinder noch nicht geboren waren, als das Evangelium verfaßt wurde. Jedenfalls aber bleibt die Sym- metrie des Gliederbaues gestört. Einem viermaligen ygeiepw steht nur ein zweimaliges säh-kanns, den ersten drei Elassen stehn in der Wiederholung nur zwei gegenüber; während doch die Codices entschieden das Eygahm B. IS« bieten, welches, wenn nur die ers-»lis- anders verstanden werden, die vollste Harmonie herstellt Aber auch die Auslegey welche bei ihrer Ansicht von dem Organismus der ganzen Stelle die Lesart xkypniyn V. 130 und eine Eorrefpondenz zwischen weiss-ice V. 12 und »auf-X)- B. 13 voraussehen, gehen wieder nach zwei Sei- ten hin auseinander. Einige nämlich, wie Erasmus, So- ein, Whiston und J. Lange, verstehen den Ausdruck sein-i« wegen des folgenden »auf-«« von wirklichen Kindern und er- wendende Redeweise dazu, um den Katholiken gegenüber zu zeigen, daß die heilige Schrift für jeden Christen berechnei sei. Vgl. auch Episcopius l. 15 226 » 1Joh. s, 5——11, 28. halten so, gleich jenen erstgenannten Auslegern, drei Alters- klassent Kinder, Väter, Jünglinge. Alle drei werden zweimal genannt; zuerst sieht ygoicpak dann dreimal Zypern-a. Rich- tiger aber, als diese Ansleger, bei deren Ansicht schon die sonderbare Reihenfolge der drei Altersklassen auffält und na- mentlich der Ausdruck speise-la nicht nach dem sonstigen Ge- brauche des Johannes (ll, 1. lll, 7. V, 21) verstanden wird, haben Lücke, Jachmann und deWette geurtheilt: »auf-«» ist kraft des cortespondirenden und im johanneischen Sprachge- brauche feststehenden weiss-tu, allgemeine Anrede an alle Leser; die Specialisirung geht nun zweimal aus die ans-Spec und »was-Haus«; einem dreimaligen ygoiepm ist ein dreimaliges Zypern-» conform. Sinn hat freilich die dreifache Anrede, zumal da sie wiederholt wird, nur dann, wenn die Ausdrücke via-Spec und »san«-»o- von wirklichen Altersstufen verstanden werden, nicht aber bildlicherweise von solchen Christen, die in der Heilsa- kenntnis entweder eine vollreife Ums) oder eine weniger be- währte (-«-sa1-.) Oder endlich, wem! auch sent-fa- Und »in-»Na parallel gedacht werden, eine noch ganz unmündige Erfahrung gewonnen haben, wie die Griechen, Augustin, Bedo, Grotius, Wetstein (bei welchem man zugleich eine höchsi accurate Abgränzung der verschiedenen Altersstusen, aus Pto- lemäus Ascal. sindet) u. a. meinten. Für alle seine Kindlein, mögen sie jung oder alt sein, Väter oder Jünglinge, hat des Apostels andringende Liebe ein besonderes Wort. Wie schon durch die bestimmte Anrede, die allen gemeinsam gilt, sei-»Ja (V. 12), »so-»Kla- (V. 13O), ähnlich dem noch herzlichern, in- nigetkn erwies« »in) II, I (vgl. II, 7. I8. III,2.7 u.w.), die Pertineiiz der Paraklese untersiützt wird, so wird dieselbe auch um so bedeutender gehoben, je specieller die Anrede sich an die Einzlnen wendet. Allerdings versteht es sich dabei immer von selbst, daß im Wesentlichen allen gilt, was den Einzelnen ge- sagt ist, wie mit seinem Tacte Calvin, Socin und Epi- s copius hervorheben. Die christliche Lebenswahrheit ist we- sentlich eine; nach welcher Seite hin auch ihr Reichthum ent- faltet, auf wie mannichfaltige Verhältnisse sie auch bezogen 1 Ich. it, 12—i4. 227 wird, alle diese verschiedenen Mahnungen und Lehren sind doch immer wie aus einem Guße, auf einem Grunde ruhend, von einem Geiste beseelt; und je beßer die Apostel es verstehn, in die verschiedenartigsten Lebensgebiete die eine Wahrheit so zu leiten, daß sie allen Lefern und Hörern gilt, um so mehr muß es allezeit für die christliche Verkündigung des Evange- liums als Regel gelten, daß jenes schlechte Specialisiren und Jndividnalisirem das nur auf ein dürres, unlebendiges Mora- lisiren hinausläuft, vermieden, statt dessen aber das eine und einheitliche Licht des lebendigen Evangeliums so der Gemeine vorgehalten wird, daß nach allen Seiten hin von dem einen Quellpunrte aus seine Strahlen fallen. An unserer Stelle ist die innere Einheit der einzelnen Ge- danken noch besonders dadurch gehalten, daß die drei Verse, wie alles Vorher-gehende und Nachfolgende bis Il, 28, von den Grundgedanken l, 5 sl. getragen werden. Der Apostel geht nämlich V. 12 sll. zu dem zweiten, vorzugsweise war- nenden und insofern negativen Abschnitte des ersten, durch den Grundgedanken l, 5 sl. getragenen Haupttheiles seines Briefes über. Mit V. ll war die frühere, wesentlich lehrhafte und positive Entwickelung des Gedankens, daß durch Lichtwandel die selige Gemeinschaft mit Gott bedingt sei, abgeschloßen. Ofsenbar beginnt mit V. 12 eine neue Bewegung, die durch V. 12——14 irgendwie zweckvoll eingeleitet erscheint. Denn es genügt keineswegs mit Neander zu sagen, daß hier, wie überall im Briefe, die Ermahnung mit der Verheißung wech- sele. Es kömmt vielmehr darauf an, »den Organismus des Briefes im Ganzen und in seinen einzelnen Theilen, wie der- selbe nicht kunstvoll gemacht, sondern durch das innere Leben aus der johanneischen Anfchauungsweise selbst geboren wird, zu erkennen. Die alten Ausleger, die meist in dogmatischem, nicht selten zugleich in polemischem Jnteresse lasen, waren dazu gewöhnlich zu befangen. So meint z. B. Calvin (vgl. J. Lange u. a.), man dürfe bei V. 12 keinen neuen Anfang statuiren, denn sonst könnte die vorangegangene Forderung de: Heiligung für sich zu stehn, abgerißen von der Verkündi- 5111 228 lJolx l, 5—U- 28- gung der Sündenvergebung erscheinen, während doch Johan- nes sogleich wieder (V. 12) eben diese Gnade predige — u! primas semper iicles obtineat Richtiger haben Luther, S. Schmid, Episcopius, Bengel, Lücke, de Wette u. a. die Beziehung von V. 12—14 auf das Nachfolgende erkannt und in dem hier Ausgesagten die Grundlage für die nachfol- genden Warnungen und Ermahnungen gefunden. Aber die klare Zweckbeziehung und die bestimmte Stellung der Verse im lebendigen Organismus der ganzen Umgebung kann nur aus folgenden einzelnen Punkten richtig erkannt werden. Es fragt sich zuerst, wie das seehsmalige Ei« zu versiehn sei, ob es den Inhalt des Schreibens Uhr-two« Z«-«1x-«), oder den Grund desselben angebe, ob es also durch »daß« oder durch »weil« zu übersetzen sei? Zweitens: wie verhält sieh das dreifache Präsens »du-«» zu dem dreimaligen Aorist Zypern-a an steh und im Zusammenhange mit dem Vorhergehenden und Nach- folgenden? Was die erste Frage anlangt, so ist von selbst einleuch- tend, daß das Z» alle sechs Male in demselben Sinne ver- standen werden muß, mag es nun mit Socin, S.Schmid, Schott, Paulus, Sander und Neander durch »daß« —— wie auch die Ansicht der Griechen und Bengels zu sein scheint—— oder mit Calvin, Estius, Beza, Lücke, Baum: garten-Crusius, de Wette, iiberhaupt den meisten und angesehensten Auslegern durch »weil« zu erklären sein; uner- träglich ist der von Luther (vgl. auch S. G. Lange) sta- tuirte Wechsel der beiden Borstellungsweisen Schon Calvin sagt zu Gunsten der eausalen Auffaßung des Ein, wobei das Verbum Wär» und By« ohne ausdriickliches Objekt bleibt, daß so ein beßerer Sinn sich ergehe. Soein wendet freilich ein, der Apostel könne ja gar nicht wißen, ob wirklich allen Lesern die Sünden vergeben seien, und will deshalb hier die evangelische Botschaft von der Siindenvergebung finden, wo- bei er den Sinn des Perfecti («7rpk«««»ck«, welche Form er rich- tig als Perfectum anerkennt, dadurch abzuschwächen sucht, daß er un1schreibt: dicit — se eos Monate, quoil Pater — pro 1 Ich. It, 12—14. 229 sua ingente bonitate wes-reitst« illis peocata ipsorum Oe! zool-ins ja« isemiserih ut proprie sonnt verbum graeoutrtz i. e. per Jesu Christi evangelium patefecekik perque ipsum Christum abunde c0nf1rmaverit, se jam nolle peccatorum ejusmodj ho- minum meminissa Es ist klar, daß den Perfeetis ais-Icarus« k’ys-»3»(:», »Ja-»Aus« gegenüber der Einwand Socins völ- lig nichtig ist. Die Sache, die geschehene Vergebung, die vor- handene Erkenntnis, den schon errungenen Sieg setzt Johan- nes jedensalls, in Übereinstimmung mit dem V. 8 Gesagten, voraus; es fragt sich nur, ob Johannes einen Zweck dabei haben könne, dies den Lesern so besonders eindringlich zu sa- gen, oder ob er jene Sache vielmehr als Grund seines Sein-ei- bens darstelle. Der richtige Tact jedes unbefangenen muß das Letztere· sogleich als das Passendere erkennen; durch die Vergleichung von V. 21 aber wird es unzweifelhaft, daß Jo- hannes sagt: ich schreibe Euch (nämlich das Vorliegende, sei es den ganzen Brief oder den gegenwärtigen Abschnitt), ich schreibe Euch, weil Euch die Sünden vergeben find, weil Ihr den Herrn erkannt habt, weil —so können wir im Sinne des Apostels nach dem lebendigen Zusammenhange des Gan- zen fortfahren — weil Ihr schon in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Herrn Christo steht, darin Leben, Licht, Ver- gebung, Wahrheit, Erkenntnis, Sieg über die Welt und den Satan habt, und ich Euch das alles schützen und zur Vollen- dung Eurer Freude (l,4) mehren will. So möchten wir schon jetzt die Beziehung andeuten, welche nach unserer Ansicht die Verse 12——14 zu der folgenden Warnung (V. 15fll.) und mit dieser zusammen zu dem ganzen vorangegangenen Abschnitte haben. Aber die Stellung, in welcher V. 12——14 erscheinen, hängt ferner davon ab, wie man sich das Verhältnis zwischen dem dreimaligen Präsens ypoisxm und dem dreimaligen Aorist zweien« denkt. Die ältern Ausleger haben, wie wir schon oben an- gaben, die Correspondenz der Satzgliedey wie sie auch durch jenes ypoispw und Zygaiya getragen wird, wohl bemerkt; aber aus grammatischein Wege die verschiedene Beziehung der bei- 230 lJoh. l, 5——ll, 28. den Formen zu suchen, lag den meisten unt so ferner, weil im Wesentlichen der Sinn des ypoikpap und des Zypern-a gleich sein mußte, mochte man nun in dem Satze Z» imLdas aus- drückliche Object, oder den Grund des Schreibens erkennen und dabei das Objekt aus dem Zusammenhange ergänzen. Man betrachtete die Sätze Eyoauiu Eis« Hi. einfach als ein- dringliche Wiederholungen des oben Gesagten, ohne sich auf das grammatische Verhältnis des Aorists zum Präsens weiter einzulaßen. Aber diese Wiederholung, deren Nüancirung durch den Wechsel des Tempus man übersah, konnte leicht so dürr und zwecklos erscheinen, daß Calvin urtheilte: llas repari- tiones judieo esse supekvaouas et probabile est, quum falso putarent imperiti letzteres, bis de pueris locutum esse, te— met-e alia duo membra supposuisse Wir müßen uns hlebei an die oben angegebene Ansicht Calvins erinnern, daß er im Unterschiede von denen, welche die sei-»Ja, wie die »auf-Er, als pueki betrachteten, vielmehr sei-»Jo- von allen Lesern verstand, und so, wenn er V.14 strich, nur eine einmalige Anrede an die drei, in dem arm-Ja umfaßten Altersklassen er- hielt. Für Calvin verschwand somit auch alle Schwierigkeit wegen des Überganges aus dem Präsens in den Aoristz er las viermal Wochen. Sein gewagtes Urtheil über V. 14 mo- disicirt er jedoch selbst: quamquam iieri potest ut Joannes jpse sententiam de adolescentjbus augendi caussa set-unde- inseruerit (illio enim addit, for-les esse, quod prius non dixerat), librarii autem temere numekum implere voluerint Gegen Calvins kritische Conjectuy die von W. Wall slzriek critical nettes, especially on the various reading of the New Test Loncl 1730. p. 370) wiederholt wurde, machte fchon Beza, gegen Wall machten Wolf und Lücke die Autorität der Zeugen geltend; ihnen siel hiermit aber auch die Aufgabe zu, das Verhältnis von Präsens und Aorist zu erläutern, denn der Wechsel ist offenbar beabsichtigt, und nicht dem Jo- hannes, als einem ungebildeten und ungeiibten Schriststeller, entschliipfh wie Jachmann meint. Beza ist unseres Wißens der Erste, welcher in dieser Hinsieht sagt: beide Zeitsormen, 1 Jvh. H, 12———l4. 231 ygiisxm und Zypern-u, beziehen sich auf den gegenwärtigen Brief; aber während das Präfens vom Standpunkte des Schrei- bers aus gesagt sei, erscheine der Aorist im Sinne der Leser gedacht, die den früher geschriebenen Brief lesen (rati0 ejus temporis quo epistola per-lagernd. An dieser Erklärung scheint uns nichts weiter zu fehlen als der nur von innen heraus, auf pshchologifchem Wege zu führende Nachweis, warum denn Johannes überall für gut finde, von jenen beiden Seiten her sein Schreiben darzustellen Wolf begnügt sich mit den alten Auslegern zu sagen, daß Johannes um der Wichtigkeit der Sache willen eindringlich wiederhole: Lückes Erklärung über das Präsens und den Aorist wollen wir sogleich angeben. Die- selbe ist nur die feinste Ausbildung der im Grunde richtigen, aber nicht selten ziemlich roh auftretenden Ansicht, nach welcher das ygoirxw sich auf ein unmittelbar Gegenwärtiges bezieht, woran srch leicht die Borstellung des noch weiter Nachfolgem den anschließt, während der Aorist aus ein wirklich Vergange- nes, Bollendetes bezogen wird. Am mafsivsten erscheint diese Raison bei Whisiom S.G.Lange u.a., welche das Zypern-a aufdas früher geschriebene Evangelium, und bei Michaelis*·), welcher dasselbe gar auf einen vorhergegangenen Brief bezog. Auf dasselbe läuft Socins Erklärung hinaus, der meint: ygoispw beziehe srch aus den vorliegenden Brief, Zypern-a aus früher Geschriebenes (etiam anle soripta), wobei man nicht ein- mal sieht, ob Socin frühere Schriften des Johannes oder anderer Apostel im Sinne hat. Die meisten Jnterpreten be- schränken aber mit Recht die Tendenz des Präsens und des Aorists auf den vorliegenden Brief; jenes soll sich aufV.12.13, etwa mit Hinblick auf das noch Folgende beziehn, der Aorist dagegen soll »auf die vorhergehenden Ermahnungen (G rotius), auf das erste Capitel (Ealov; vgl. Bengelund Lücke nach Rickli), oder auf B. 12. 13 selbst (J. Lange, Neandey ») Michaelis Anmerkungen für Ungelehrte. Götting. 1790 will nicht behaupten, daß Johannes schon vorher einen dem unsrigen gleichen, katholischen Brief, der verloren sei, geschrieben habe, aber —— «er wird doch geschrieben haben-«, sagt Michaeliä s Ess- cccccccc py 232 tJoo I, 5—n, es. Sand er) zuriickgreifein Am einfachsten scheint die Erklärung Neanders: »Wie er gesagt hatte »Jch schreibe Euch-U so nimmt er nun das eben Geschriebene bekräftigend wieder auf, indem er sagt: »Ich habe Euch geschrieben-«, als wenn er sagen wollte: »Es bleibt dabei« Aber diese in grammatischer Hin- sicht ganz richtige Erklärung ruht auf der falschen Voraus- fetzung, daß Z» den Inhalt des ypoiepmi angebe. Von einer andern Seite her haben Rickli und Lücke in dem Wechfel der Tempora eine äußerst feine Beziehung sinden wollen· Ihre Erklärung ist ihrem Grundzuge nach schon von Bengel an- gedeutet. Bengel meint, in dem Präsens ygcsspok der pro— positio, sei eine nachfolgende tracratio angekündigh welche letztere durch Eypkesxnx markirt sei; denn das Präsens enthalte eine rntio jnitii, der Aorist eine ratio oonclusi0nis. Die pro— positio wie die tkaoiatio sei dreifach, an Anträge-c, neu-»Konv- und muri-I)- befonders gerichtet. Ganz kurz wird die tractatio für die Väter abgemacht, sie enthält nur die einfache Wieder- holung der propositio (non adriitis pluribus ver-bis kepetih propositioni traciationem aeque braven) subjungens et mo- destia ad par-see owns, quibus non opus erat mulla scribi); dagegen reicht die tractaiio an die Jünglinge von V. 14b bis zu V. 173 und die an die ers-»Mir, von V. 18—27, denn auch hier sindet sich das Zypern-a V.21.26. Vollständig aus- gebildet ist diese Ansicht B engels von Rickli und schließlich von ,Lücke. Was gegen diesen gilt, trifft noch mehr seine Vorgänger. Lücke statuirt auf Grund einmal des Präsens, welches sonst im Briefe auf das, was geschrieben wird oder eben geschrieben werden soll (l, 4. It, 7. 8), sich bezieht, dann des Aorists, welcher sonst auf das Vorhergehende zurückblickt (V. 21. 26. V, 13), eine zwiefache, kreuzweis durch einander laufende Tendenz der Verse 12——14. Das dreisache your»- nämlich, mit seinem dreisachen Z« blickt vorwärts auf drei nachfolgende Ermahnungem erstlich V. 15——17 Bleibt in der Liebe des Vaters! im Gegensatz gegen die eitle Weltliebe, ent- sprechend dem ersten ygchew V. 12 (vgl. das erste Zypern-» V. 13«)z zweitens V. 18—27 Bleibet in dem Sohne! War: tIoh.11, t2—14. 233 nung vor den Irr-lehren« entsprechend dem zweiten you-»» V. IS« (vgl. V. 148)z drittens II, 28——III, 22, (besonders III, 8—10 vgl. V. 131-. V. 14V) Bleibet in der Heiligung, insbesondere der Liebe nach dem Vorbilde Jesu Christil Von der andern Seite aber greift das dreisache han«-a, die vor- wärts gehende Bewegung des correspondirendeu dreifachen ygoisxw durchschneidend, zuriick auf drei vorangegangene Grund- lehren, welche wiederum den durch ypoicpm indicirten nachfol- genden Ermahnungen correlat sindz nämlich das erste Zypauia sieht zurück auf I, 5—7, auf die der ersten Ermahnung zu Grunde liegende »Lehre, daß Gott Licht ist und also die Er- kenntnis und Liebe zu ihm, dem heiligen Vater, die Welt- liebe ausschließt-«; das zweite Zygmxxix deutet auf die bei der zweiten Ermahnung vorausgesetzte Lehre (I, 8—II, Z) »von Christo, dem ewigen Leben, dem Versöhner und Fürbittewz endlich das dritte Läg-gern«- erinnert an die »der dritten Er- mahnung entsprechende Grundwahrheit, daß nämlich (II,3——11) wer Gott erkannt habe und Christum, konsequent auch in fort- währender Heiligung nach dem heiligen Exempel Christi wan- deln müße.« Dies alles, sagt Lücke, sei nicht künstlich, son- dern, wie der ganze Brief, sinnig; und mit dem scheinbaren Spiele werde ernsthaft bezweckt, den Lesern deutlich zu machen, auf welchen Voraussetzungen der ganze Brief beruhet. Aber in dieser Ausführung wird doch nicht leicht jemand die Künst- lichkeit verkennen, die eben darin besteht, daß gewiße wirklich vorhandene, und mit Unrecht von de Wette in seiner Pole- mik gegen Lücke viel zu wenig erkannte, Beziehungen zu weit ausgedehnt, zu akkurat, zu absichtlich dargestellt, andere aber gegen den Organismus des Contextes eingetragen sind. Ge- gen die ingeniöse Auffaßung Lückes spricht in der That vie- lerlei. Zunächst müßte es doch als das Naturgemäße erschei- nen, daß nicht das dreifache y9picxm. das auf V.15 fll. gehen soll, sondern vielmehr das dreisache Typus-Ja, welches ja auch für das weih-») die Grundlage bilden soll, vorangestellt wäre. Ferner aber sieht man durchaus nicht, welchen practi- schen Zweck die specielle Anrede an die Väter und an die 234 lJolx l, 5-ll, 28. Jünglinge haben kann. Und das ganze Gesetz der kunst- reichen Eorrespondenz selbst wird dadurch gradezu verletzt, daß was nach dem zweiten ypricxm und Zypern-a den Vätern gilt, nachher in der zweiten Ermahnung B. 18 fll. ausdrücklich an die »auf-n, also an alle (vgl. das erste ygoicxoø IF»- weiss-Ja und das erste zypaseiia »·,». was-Pia) gerichtet wird, gleich wie auch die »erste Grundlehre« (I, 8sll.) an alle ging. Ebenso wenig ebenmäßig erscheint die Ordnung, wenn man das, was nach dem dritten ygäcpm und Zypern-a den Jünglingen gilt, mit der nachfolgenden Ermahnung oder der vorhergehenden ent- sprechenden Grundlehre vergleicht. Nämlich nicht die dritte Ermahnung, sondern die erste (V.15-—17) entspricht dem dritten ygoiwo und Zypern-a; denn offenbar ist B. 15——17, zumal B. I6, zunächst angeschlossen an das B.14 den Jüng- lingen, die dem Bösen, der Welt und ihren Lockungen am leirhtesten zugänglich sind, Gesagte. Jedenfalls könnten in dem von Lücke als dritte Ermahnung bezeichneten Abschnitte (ll, 28—III, 22) nur die Verse Ill, 8——t0 als unserm B. is; nnd V.14I- entsprechend gelten, wie de Wette mit Necht bemerkt. Aber nach unsrer ganzen Anfchauung von dem Or- ganismus des Briefes müßen wir noch zwei für uns entschei- dende Bedenken geltend machen· Erstlich ist der erste Haupt- theil des Briefes, der sich um den Grundgedanken I, 5sil. dreht, mit II, 28 geschloßen. Mit II, 29, einem neuen Thema, beginnt der zweite Haupttheil des Briefes. Keinenfalls kann also das dritte keins» über die Gränze von H, 28 hinüber- reichen; nach Lücke beginnt aber erst gerade dort der Umkreis des von jenem Hosen» indicirten Gedankens· Zweitens: der Gedanke l, 5—7 ist gar nicht den übrigen -Grundlehren« I, 8—II, 2 und II, 3——11 coordinirt, kann also anch nicht in gleicher Weise von einem der drei Zypern-a wiederaufgenomuien und als Grundlage einer speciellen Ermahnung neben die beiden andern gestellt werden, sondern I, 5——7 enthält das Thema des ganzen ersten Haupttheiles in seiner ersten, noch mehr in das Allgemeine gehenden Bewegung, während erst von I, 8 an der leitende Gedanke sich genauer entfaltet. Al- 1Ioh. It, 12—14. 235 lerdings aber geschieht dies, wie wir oben gesehen haben, in drei kleinen Kreisen; es wird deshalb nicht zufällig sein, daß V.12——14 zweimal eine dreifache Anrede sich findet und -— wenn dies sich ergeben sollte — daß auch der Abschnith welcher durch B. 12—14 eingeleitet ist, in drei Gedankengrup- pen zerfällt Jst dies, wie wir sogleich nachweisen wollen, wirklich der Fall, so beruht hierauf die Wahrheit in der Er- klärung von Bengel, Rickli und Lücke, und es wird dar- aus ankommen, keine weitere Correspondenz der einzelnen Theile zu suchen, als der Text selbst ungezwungen darbietet, zumal die künstliche Beziehung des ypcirzw und Zypern-a- zu ver- meiden, und dabei den praktischcn Zweck der spekiellen Anreden zu beachten. Die grammatische Bedeutung des Präsens und des Aorists entwickelt d e Wette ähnlich wie Lücke; jenes, sagt er, beziehe sich auf den unmittelbaren Art des Schreibens, dieses auf das schon geschrieben Haben, jenes also mehr aus den ganzen Brief, dessen Zweck und Standpunkt, dieser auf den Inhalt des schon Geschriebenem Sonach umschreibt de Wette: »Ich schreibe Euch, weil ich voraussetzen darf, daß Jhr an den Segnungen der christlichen Gemeinschaft — Theil - nehmet. Ich habe auch das Bisherige geschrieben, weil ich hoffen darf, daß es bei Euch eben deswegen Eingang sindet.« De Wette statuirt also, wie Lücke, im Grunde verschiedene Objekte für ygoigom (den ganzen, auch noch folgenden Brief), und siir Zypern»- (,,auch das Bisherige«). Das scheint uns aber bedenklichz gerade weil überall kein bestimmtes Objekt genannt ist, muß es beide Male wirklich identisch sein und aus dein Contexte sich von selbst ergeben. Die verschiedene Bezie- hung des Präsens und des Aorists kann also nur mit Beza in der Vorstellung des Schreibens selbst gesucht werden. Das Objekt des Schreibens muß sowohl bei dem Präsens, als auch bei dem Aorist, ganz wie V. 21, der ganze Brief sein. Will Johannes deutlicher das bisher Geschriebene ausdrücken, so setzt er wars» hinzu, wie V. 26, wo die weitere Bestimmung mpi T. »Tai-· Cz«- die Tragweite des Tau« Fypacjjcr deut- lich auf das unmittelbar Borhergehende "einschränkt. Ganz 236 l Ich. l, ös- ll, 28. åhnlich schreibt Johannes am Schluße seines ganzen Briefes: sen-J«- Fygaixiu (V,13), indem er das ganze vorangehende Schreiben ausdrücklich bezeichnet. Jch schreibe Euch, ich habe Euch geschrieben, sagt also der-Apostel, indem er den vorlie- genden Brief meint, und dabei einmal sich selbst in dem un- mittelbar gegenwärtigen Acte des Schreibens, dann die Leser, die den vollendeten Brief empfangen haben, sich vorstellt. Dieser Wechsel der Vorstellungsweise bietet sich aber bei der Wiederholung der bestimmten Anreden ganz natürlich dar und dient dazu, die parakletische Bedeutung der Wiederholung selbst zu verstärkem »Ich schreibe Euch (diesen Bries), Ihr Kindlein alle, Ihr Väter, Ihr Jünglinge, ja, wenn Jhr dies leset, so seid gewiß: ich habe Euch (dies alles, den ganzen Brief) geschrieben, weil ich weiß, daß Ihr in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne das ewige Leben, Vergebung der Sünden, Erkenntnis der Wahrheit und weltüberwindende Kraft habt.« Der Apostel steht an einem Wendepunkte seines Brie- fes. Er hat bisher« dargelegt, worin die Gemeinschaft mit Gott, und worin der Lichtwandel besteht, durch welchen jene Gemeinschaft bedingt ist. Und der Apostel weiß, daß die Le- ser in dieser Gemeinschaft stehn (B. 8). Was kann er jetzt, da er vor einer dringenden Gefahr sie warnen will, anderes thun, als sie recht kräftig an das ewige Gut erinnern, wel- ches sie in der Gemeinschaft mit Gott wirklich haben? Muß er nicht grade weil sie das haben in seinem Schreiben sie mahnen, das nicht zu verlieren, in dem zu bleiben, was ihr Leben ausmachts Ruht erstlich (l, 7—Il, 2) in der Ge- meinschaft mit dem Gott, der Licht ist, die die Sünden ver- gebende und vertilgende, heiligende Kraft des Blutes Christi, und ist also beständig des Lichtwandels erstes Stück das wahr- hafte, aufrichtige, demüthige Sündenbekenntnis, durch welches wir jene Vergebung und Reinigung von unseren Sünden er- langen, so baut der Apostel zuerst seine Warnung (V.15 sil.) darauf, daß feinen Kindlein dieSünden vergeben sind, V. 12-, und zwar um des willen ON I. d»- a1J«c.), durch dessen Blut wir rein werden, und der unsere Versöhnung ist (l, 7 fll.). IJoly il, 12——14. 237 Jst aber zweitens die Gemeinschaft mit Gott, die wir im Lichtivandel haben und durch das Halten der göttlichen Ge- bote erweisen, jene Erkenntnis Gottes, die zugleich die Liebe zu Gott und das Bleiben in Gott umschließt (ll, 3—6), so begründet der Apostel seine Warnung vor denen, die weder den Sohn noch den Vater kennen, die weder im Sohne noch im Vater bleiben (V.18 sll.), ferner damit, daß er seine Kind: lein alle, insonderheit die Väter (V. 13-. V. 14«) daran erin- nert, daß sie den, welcher von Anfang ist und welcher im Fleische erschienen den Vater geoffenbart«, die Liebe gegründet, die Gemeinschast mit Gott gestiftet hat, erkannt haben. End- lich drittens, ist jene Bruderliebe in den Lesern lebendig (-wahr« V. 8), worin das von Ehristo selbst entzündete Leben der Jün- ger des Herrn, nach seinem eigenen Muster sich darstellt und als ein Leben in der Gemeinschast mit Gott, als ein Leben in dem Lichte, vor welchem alle Finsternis weicht, sich beur- kundet (V.7—11), so muß der Apostel seine schließliche Er- mahnung (V.27 sll.), in der erkannten Wahrheit, allen anti- christischen Lügen zum Trotz, zu bleiben und so die selige Hoffnung des Lebens zu bewahren, eben darauf gründen, daß sie alle, insonderheit die zum Kampfe gegen die Finsiernis, die Welt, den Bösen berufenen Jünglinge, den Sieg schon haben, weil sie den haben, welcher die Welt überwunden hat, weil sie die heilige Kraft, den unüberwindlichen Muth der Liebe haben, die ebensowohl sie selber bei dem erhält, den sie lieben, als ihnen die Welt und den Satan zu Füßen legt (V. is« V. 14«-). Denn durch die Liebe siegen,» gleich Christo selber, auch die Jünger über die Welt. Die Bezeichnung dieses Kampfes gegen die Welt kann nun aber der Apostel zunächst an das den Jiinglingen Gefchriebene anlehnen, ohne das Ge- setz eines kunstvollen Parallelismus, an welches er sich gar nicht binden will, zu verletzen. Der Parallelismus, die Cor- respondenz der einzelnen Glieder des ganzen Organismus liegt in der Sache selbst, in dem eigentlichen Leben der Gedanken, nicht in der Reihenfolge, nicht in Form. Einer dreifachen Entwickelung dessen, was Gemeinschast mit Gott, der Licht ist, 238 I Seh. I, 5—n, 28. und was Wandel im Lichte ist, entspricht eine dreifache An- rede, welche im Rückblick auf das Vorhergehende in seiner Einheit wie in seiner stufenweisen Entfaltung den Grund be- zeichnet, auf welchem sich wiederum drei Gruppen von War- nungen und Mahnungen erheben sollen. Aber die Gedanken, welche in den einzelnen Kreisen sich bewegen, wurzeln doch alle in einem Grund und Boden; alles bisher Entwickelte wird in seiner lebendigen Einheit vorausgesetzt. Und auf der andern Seite gilt auch das, was zu den Einzelnen gesagt wird, nicht allein diesen, sondern der Apostel wendet sich nur an die Väter und an die Jünglinge besonders, wie an alle seine Kindlein insgesammt, um allen zusammen und jedem Ein- zelnen insbesondere das recht ins Herz zu bringen, worauf aller und jedes Einzelnen Gemeinschaft mit Gott und Ehristo allein beruht. Darum kann der Apostel, zunächst an die Jünglinge gewandt, vor der Weltliebe warnen (V.15 sll.3, mit welcher für alle die Liebe zum Vater unverträglich ist, durch welche für alle die Gemeinschaft mit dem Vater, den sie alle erkannt haben, zerstört wird. Deshalb brauchen auch formell und äußerlich die beiden Anreden an alle Kindlein (V. 12 und V. 13«) einander nicht zu entsprechenz in der Tiefe der Sache ist das vollste Ebenmaß vorhanden, denn er- kannt hat nur der den Vater, welchem um Ehristi willen die Sünden vergeben sind, welcher in das heilige Licht Gottes selbst gestellt ist und an des Vaters Leben durch den Sohn wirklich Theil hat. V. 12. Von hier aus ist das Einzelne unschwer zu über- sehen und zu verstehnz die eigentliche Erklärung ist schon da- durch gegeben, daß die Genesis des hier Gesagten aus dem früher Entwickelten nachgewiesen ist. Die Form »Er-Zwar»- (vgl. Matth. 9, 2. Luc. Z, 20, 23. 7, 47) ist eine dorische Bildung des Perfecti (Win er, S. 77). Jrrthümlich haben, nach Vorgang der Vulgata, Augustin, Beda, Ealvin u. a. das Präsens ausgedrückt. Die Vergebung der Sünden · ist aber den Lesern, wie der Apostel im deutlichern Rückblick auf I, 8fll. Il, l. 2 schreibt, zu Theil geworden ehre« scö 1Joh. n, 12. 13. 239 Cis-ex«- aäscoiz Diese Worte (vgl. AG. 4, 12) bedeuten weder: durch seinen, Christi, Namen, d. h. »Messiaswiirde« (Jachmann) noch »weil wir ihn nennen und bekennen oder er uns nennt« (Baumgarten-Crusius. Vgl. Schott), noch auch: um seines, nämlich Gottes, Namens willen, wie Socin herausbrachte, um in wunderlichem Jrrthum die Sün- denvergebung möglichst wenig auf Christum und möglichst viel auf Gott —- von dem er gewiß nicht ohne Abstcht sagt: Pater necnpe Deus, nicht umgekehrt: Deus, nempe Pater —— zu gründen, und wobei denn das soc-»o- acicoü ganz bequem erklärt wird: jngens bonjtas "0i-o,«o- bedeutet ursprünglich die dem Wesen einer Sache oder Person entsprechende Benen- nung. So erklären trefsend mehrere Kircheuväter bei Suicer s. v. Chrysostomus z.B. sagt (zum 44. Psalm): of« zi- Ziiöxcoerc sur ngsiyxaoesea Eos-just» XII-« as »Is- ngaryxieisrair Quart; ro? cis-ansam- uasxoi »Ja« ais-ein»- ifnöasroeow »Arie«-um«. Darum bezeichnet Eis-»«- scois Ase-»F, entsprechend dem alttesta- mentlichen Ausdruck H« DIE, den gesammten ossenbarungsmäßk gen Jnbegriss des göttlichen Wesens. Ebenso ist in dem »Na- men Jesu Christi« alles beschloßen, was er selbst wirklich und wesentlich istz und wie Euthhinius Zigab. die Formel Eis« sit-Um (Matth. I0, 41. Vgl. Meyer z. d. St) um- schreibt: tFrsz ais-u? Te) öiioxcoigsoäac uai est-as, so würden wir den wesentlichen Sinn unseres Ausdruckes cM sc. Bis. ais-c. etwa wiedergeben können: weil er, Christus, der ist, welchen sein Name bezeichnet, nämlich der Heiland, Einem-sc, anpas- sszsyøog der, durch dessen Blut wir versöhnt sind, der Sohn Gottes, der für uns sich selber dahingegeben hat, und wie sonst Johannes Christi Person und Werk anzuschauen und zu benennen pflegt. — B. 13. Schon in V. 12 trat der johanneische Grundge- danke hervor, daß die Gemeinschaft mit dem Vater die Ge- meinschaft mit dem Sohne einschließt, ja vielmehr voraussetztz denn nur um des Sohnes willen haben wir die Vergebung der Sünden, welche allein uns fähig machen kann, mit dem Gott, der Licht ist und in welchem schlechthin keine Finsternis 240 l Joh. l, 5 —-—ll, 28. ist, Gemeinschaft zu haben. Um so natürlicher ist es also, daß Johannes, weil er vor gewißen Jrrlehrern, die den Sohn leugneten und somit auch die Gemeinschaft mit dem Vater unmöglich machten (V.22. 23. V, 12), warnen muß, jetzt da er mit einer speciellen Anrede zuerst an die Väter sich wendet, den Grund seines Schreibens ausdrücklich hervorhebt: weil Jhr Christum erkannt habt, Z« Fykaixsxscs ed» «Z»’ Hex-Jus«- Nach dem, was wir bisher, namentlich zu I, 1sll., Von der Auslegungsweise Socins erfahren haben, werden wir uns nicht wundern, aber auch keine besondere Widerlegung ver- suchen, wenn er hier so erklärt: convenienrissime Joannes pa- tres, i. e. aetate provectiores alioquens (iiejt, se iilis seribere, quoci noverint eum, qui ab jnitio est. Propkium est enim hominum nelate proveetiokutn antiquiora n0sse. sensus au- tem hoc-um verborum est, Joannem scribendo veiie iiios certos reader-e, qu0d, ut jpse ex eorum professione et aljis con- jioere at: apekte colligere p0ieret, ver-e noverant illum, qui fuekat ab initio, nempe Christum. Jam enjm satis apertum est, quid signiiieet initium istu(i, nempe novi foetieris et evangelji patefaeti priniusn initium. Aber auch die von Gro- tius (vgl. S. G. Lange) auf Grund von Dan. 7, 9. 32 vorgetragene Erklärung, nach welcher der Ausdruck r. «’»’ ein» von Gott dem Vater verstanden wird, ist gegen den engern und weitern Zusammenhang unserer Stelle. Den Sohn meint Johannes, welcher von Uransang an bei dem Vater gewesen ist, nnd welcher — was Johannes gar nicht anders denken kann und als nothwendige Kehrseite, wie I, 1fll., zu dem cis-« afpxrjc voraussetzt —- im Fleische erschienen ist. Aber warum hält der Apostel dies gerade den Vätern vor? Man hat daran erinnert, daß die Alten gern von alten Dingen hö- ren und erzählen, daß ihnen das Wissen besonders zukomme (Augustin, Beda, Oecumenius, Erasmus, Luther, S. Schmid, Calvin, Wolf, Neander), man hat auch die senum morosiias und jnrioeilitas herbeigezogen (Calvin) oder gesagt, die Greise hätten wohl selbst noch die Zeit, in der Christus aufgetreten sei, erlebt (Bengel)z aber das alles hat 1 Ich. il, IF. 241 im lebendigen Zusammenhange der johanneischen Paraklese entweder gar keine oder eine schiefe Beziehung. Wir werden VEM Cvvkexke zufolge die Beziehung des den Vätern Gesag- ten aus dem ermeßen miißen, was der Apostel sogleich zu den Iünglingen sagt. Bei den Jünglingen nämlich liegt die Be- ziehung auf den Kampf, der gerade ihnen sowohl wegen ihres jugendlichen Muthes und ihrer srischen Kraft, als auch wegen der gerade ihnen nahe liegenden Versuchungen von Seiten der Welt (V.15fll.) zukömmh aus der Hand und ist auch von allen Auslegern mehr oder weniger deutlich gefühlt. Lag dies aber schon im Sinne des Apostels, so konnte er seine Mah- nung an die Väter nicht wohl auf etwas Anderes gründen, als auf ihre Erkenntnis des Sohnes und die hierin beruhende Gemeinschaft mit dem Sohne und dem Vater. Geziemt der Jugend der rüstige Kampf gegen die allezeit andringenden Ver- lockungen des Bösen, und erweist sich vorzugsweise hierin das Leben, welches sie in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne auf Grund des in ihnen bleibenden Wortes Got- tes (V.14!-- vgl. l, 10. H, 5) haben, so wird sich dasselbe ewige Leben bei dem ruhigem, sinnigern Alter mehr in der Erkenntnis des Sohnes (und des Vaters) darstellen. Die verschiedene Beziehung ist also wohl motivirt, immer aber ist die wesentliche Jdentität des Lebens, der realen Gottesge- meinschaft festzuhalten, worin alle gleicherweise stehenz denn nicht allein gelten die einzelnen Anreden zugleich für alle, son- dern was V.13- den Vätern besonders vorgehalten war, das wird im Wesentlichen (Vgl. V. 22 sl. I, 3) sogleich V.13s von allen Gliedern der Gemeinschaft aus-gesagt. Haben also, das ist die Meinung des Apostels, die Alten in ihrer wahrhaften Gnosis, in welcher sie dasLeben selber empsinden und den wirklich haben, welchen sie erkennen, haben hierin die Alten den sicheren Grund und Boden, aus welchem sie sich gegen die falsche, den Sohn und den Vater leugnende Gnosis ver- wahren können, so müßen die Jünglinge (V. IZL 14!-) an dem schon gewonnenen Siege iiber den Teufel — ein Sieg, der eben voraussetzh daß sie in der Gemeinschast mit Christo und l. 16 242 lJoh. l, 5——ll, 28. dem Vater stark sind Geiz-Hof) und daß das Wort Gottes, die Offenbarung des Sohnes und des Vaters in ihnen wahr- haft bleibt — erkennen, daß alles, was gegen diese Sieges- krast, gegen dies Wort, gegen das Gottesleben in ihnen an- läuft, nur Jrrlehre und verlockende Lnst der Welt und des Satans sein kann. Es liegt ganz fern mit Bengel zu ver- muthen, daß Johannes, indem er die tapfere Kraft der Jüng- linge und ihren Sieg über den Bösen lobt, an muthig ertra- gene Verfolgungen (vgl. auch Beda), oder an einzelne Bei- spiele, wie den Jüngling, von welchem Eusebius (H. E. Hi, 23) erzählt, gedacht habe. Die Stellung und Beziehung von V. 12—14 im Allgemeinem der Zusammenhang der einzelnen Glieder in den Versen selbst und die organische Folge der Aussprüche Zazugoi Ho« —- ö Ach« r. J. H» IT»- ,«x"«-. —- øswzwjgsau c. nun» endlich der unmittelbare Anschluß von V.15 fll. zeigen deutlich einen andern Sinn. Wie überhaupt der Jugend die tapfere Kraft- eigen ist (vgl. Ovids Spruch Meer. 15, 208: Transjt jn aesiatem post ver robustior Maus; litque valens jin-aufs, neque enim robustior aeias alle. Bei Wetstein.), so sagt der Apostol zuerst Hexe-pas« Fasse. Das Wort, gleich den alttestamentlichen Max, Pzrx u. dgl., welche die LXX durch Zoxupög geben, drückt recht eigentlich die Kraft zum Kampfe aus Vgl. Hebt. 11, 34. Luc. 11, 20 fl. Matth 12, 29. Welcher Kampf und welche Siegeskraft hier aber ge- meint sei, zeigt das Folgende. Der Apostel fügt mit dem einfachen as« das hinzu, worin die eigentliche Kraftder Jüng- linge und die Gewißheit des Sieges beruht: «« o« zeiyoc Tot; Essen; äs- IJHZW Fest-«. Das Wort Gvfles (I, 10. II, 5. 7. Vgl. auch die oZyysUcr I, 5. die oTÄøJBsra. I, S. 8. H, 4) ist der gesammte Inbegriff der Verkündigung von Christo und dem Vater, welche auch die Jünglinge angenommen haben, welche noch immer in ihnen bleibend ist, in welcher sie Er- kenntnis, Liebe, Kraft, kurz das Leben selber haben. So hat sich das Wort auch in ihnen bewährt, sie haben in der Kraft des ewigen, durch dies Wort getragenen Lebens den Bösen besiegt: wswrnsjrcaesssspsöswvxowøypöw Der now-pess- ist lIoh. II. II. 243 der, in dessen Gewalt der ganze wes-»so;- liegt (V, 19), und welcher deshalb diesen siöoxiog mit allen seinen Liisten (V.15 fll.), dazu gebraucht, die Kinder Gottes anzutastem zu verlo- cken (V, I8)z er ist der Xpzmss we? reduzier- ssotirov (Joh. 12, 31. 14, 30. 16, 11.), welcher aber, wie die Welt, von Christo überwunden ist, so daß die Jünger des Herrn getrost sein kön- nen (Joh.16, 33)z er ist der öioisozozz welcher durch Lügen die Menschen von dem ewigen Leben abhält und mordet (Joh. 8, 44. 1 Br. III, 8. 10. 12fll.), dessen Werke aber Christus zu zerstören gekommen ist (lll, 8), der einfürallemal gerichtet ist (Joh. l2, 31. 16, 1l) und somit für die und auch von denen besiegt ist, welche durch Christum Kinder Gottes gewor- den (Joh. I, 12), vom Tode zum Leben, von der Finsternis der Welt zum Lichte Gottes durchgedrungen sind (IlI, 11fll. V, 18 fll.). Neben und in dem Ausspruch »oui«-Innre, wo- durch den Gläubigen selbst der iiber den Teufel wirklich errun- gene Sieg zugefchrieben wird, besteht nämlich nicht allein ohne Schwierigkeit, sondern sogar mit ethischer Nothwen- digkeit einerseits der Satz, daß Christus den Satan besiegt, gerichtet, dessen Reich und Werke vernichtet hat, anderseits die Aufforderung zum beständigen Wachen und Kämpfen gegen den noch immer listig oder gewaltig andringenden Feind. Einmal nämlich ist der Sieg Christi die reale Voraussetzung unseres Sieges und die alleinige Quelle der Kraft, wodurch wir den Satan besiegen; es ist, wie in jeder so auch in die- ser Beziehung Christi Leben, das in den Gläubigen sich dar- stellt, und auch hier wieder tritt uns die Ethik des Glaubens entgegen, durch welchen die Gläubigen in der wirklichen Le- bensgemeinschaft mit Christo (und dem Vater l, Z) stehn. Nach der andern Seite hin ist aber, wie von hieraus sogleich einleuchtet, der fortwährende Kampf mit dem Satan ein Kampf mit einem wirklich schon besiegten Feinde. Hierauf beruht fortwährend die unzweifelhafte Gewißheit des Sieges. Und auch nach dieser Seite hin gilt gleicherweise, daß die Gläubi- gen bewahrt werden vor dem Argen (Joh. 17, 15) und daß sie sich selbst wahren (V, 18). Es ist eben das offenbare Ge- 16’·« 244 l Joh. l, 5—1l, 28. heimnis der christlichen Ethik, daß das Leben der Gläubigen mit allen seinen heiligen Erweisungen und seinen Siegen über Welt, Teufel und Fleisch das Leben Gottes selber ist, in wel- chem die Gläubigen bleiben, weil sie in Christo bleiben (V, 20. Joh. 14, 23). Hat aber der Apostel von dem ttooøyooc geredet, wel- chen die christlichen Jünglinge, wie alle Gläubigem besiegt haben, so kann er nun auf Grund dessen zu der Ermahnung übergehn, nicht den utiozkog zu lieben, dessen Herrschery ob- wohl besiegt, doch immer durch neue Verlockungen zu neuem Kampfe herausfordert und die Glciubigen in die Weltliebe zu verstricken sucht, mit welcher die Liebe zu Gott nicht besteht, durch welche also die Gemeinschast mit Gott zerstört unddie Kraft des Sieges verloren wird. V. IS. III-J oiyorttofsrs tot« uooxtosh xttjöszå ToZ Z» to? now-go- Foko »; oiyoittok To» not-got« otTu Eos-»- tJ ckytftttj sxotJ ttorsroog st- txt-Vgl?- V. 16. Z« mit- sro st- eht? trägt-Yo, tj Erst-Zweit)- MJF corp- nog noli åtttsoxticr Its» tZWJaÄxJoJI tsai e; ckäagoosfa tot? Flor« otJn For»- ån tot? stetig-He, oZUI Z» tot? nooztoti set-ritt. V. 17. stui o· not-»O; snocooiyessott noti tJ åttttsoxcfoi ou«- ootJJ o ckå word» ro tJsPitztta tot? tstotJ »So« ei; rot« rissest-a. So lautet der recipirte Text, welchen alle Editoren ge- billigt haben. Die Varianten sind weder in Ansehung der kritischen Auctoritäh noch wegen des Sinnes bedeutend. V. 15 haben AC Wut? anstatt des durch B. Vuig. und die Kirchen- väter bezeugten stach-Je, welches auch wegen V. 16 E» se. tm— Tode) nothwendig erscheint. Vielleicht stammt die Variante Boot? aus V. 17 (vgl. V. 5.). Cvmbinirt ist Amt? uoci tm— Tod; in einigen jüngern Handschriften bei Mill und Wet- stein. V. 17 hat man, auch A, das atJtotJ weggelaßen, weil die Zur-J. atJtotiJ nämlich Tot? not-trotz nicht zu paßen schien zu der V. 16-genannten Hans. snjg trag-»St- und c. zip-Kuz- ,»a3t-.——- Das, dem Sinne nach allerdings richtige Interpreta- ment: quomotio et Deus manet in steter-taro, welches sich am Schlusse von V. 17 bei einigen lateinischen Vätern findet l Joh. II, l5——17. 245 (Lachmann), aber nicht einmal in der Vulgata steht, hätte Bengel weder als varians leestio bezeichnen, noch gar als leetio egregia ei sine dubio ver-a loben sollen. —- Erwähnt mag endlich noch werden, daß einige Versionen in V. 16 eine vom richtigen Texte abweichende Satzfügung haben. Einige Codikes der Vulgata (vgl. Lachmann) und Augustin haben nämlich die appositionellen Besticnmungen als Prädi- cate gefaßt, indem hinter eoncnpiscentia carnjs ein est ein- geschoben wurde: omne quod est in mundo com-up. ein-n. est et onna. etc. Dadurch wurde es ferner veranlaßt, daß man nach superbja vitae einschob: quae non est. Auch der Sh- rer hat diesen, von Grotius gebilligtem 8usatz. Aber mit vollem Rechte haben schon Erasmus und Calvin den grie- chischen Text vorgezogen, und Erasmus hat richtig geurtheilh daß durch die Version der Vulgata ein schieser Gedanke aus- gesprochen werde. Schon Beda hat das gefühlt- und deshalb das qui-e non est ex patre nicht auf die superhja vjiae be- zogen, sondern aus dem Zusammenhange des Ganzen den Be- griff des Kampfes Wagner) gegen die Welt und ihre Lüste sup- plirt und danach (vgl. Jac. l, 13) erklärt: no» est pugna vitiorum nobis en; Deo — naturaliter just-Ha, sen! e» mein-is? les-Jus among, quetn creatorj praeiulimus nobis uecidisse pro— beim: Nachdem der Apostel V. l2— 14 feinen Lesern allen im Rückblick auf die vorher (l, 5—ll, 11) gegebene Beschreibung des christlichen Lichtwandels in der Gemeinschaft mit Gott dem Vater und Christo dasjenige, was sie in dieser lebendigen Gemeinschaft besitzen, vorgehalten und so den eigentlichen Grund sür die nothwendigen Warnungen gewonnen hat, folgen jetzt V. 15 sll. diese Warnungen selbst. Ob der Apostel bei den einzelnen Warnungen gewiße Classen seiner Leser besonders im Auge habe, und an welche er sich vorzugsweise wende, das haben die Ausleger nach ihren verschiedenen Ansichten über die organische Stellung der Verse 12——14 und über die Gliede- rung des ganzen Abschnittes V. 12—-28 verschieden beurtheiltz jedensalls wird der Inhalt und die Faßung der apostolischen 246 l Seh. l, 5——ll, 28. Worte von V. 15 an die Beziehung der Warnungen in der Weise an die Hand geben, daß sich zugleich die den begrün- denden Versen 12—14 angewiesene Stellung rechtfertigen muß. So erscheint Bengels Meinung, daß der Apostel V. 15 17 nur die Jünglinge im Auge habe, nicht wohl verträglich mit dem durchaus allgemeinen Ausdrucke sei» «;- V· 15, wie sich schon oben die Unhaltbarkeit der Bengelsrhen Anschauungs- weise von dem Organismus des ganzen Abschnittes (V.12fll.) herausstelltr. Anderseits aber liegt, wie auch de Wette an- merkt, in der ersten Hälfte von V. 15 wegen der Correspondenz der Begriffe 71077965 (V.14) und rede-Fing (V. I5. Vgl. V, 19. Joh.16, 8fll.) eine Beziehung auf die Jünglinge zu nahe, als daß man, wie z. B. Beda erklärt, auch schon jene ersten Worte als ausdrücklich an alle Leser gerichtet betrachten dürfte. Uns scheint vielmehr der Apostel in unmittelbaren: Zusammenhange mit V. 14 zunächst die Jünglinge zu war- nen: Liebet nicht die Welt! Aber weil in der That die beson- dern Mahnungen doch alle Christen angehen, welche in der Liebes- und Lebensgemeinschast mit Gott stehn: so wendet sich der Apostel auch mit dieser Warnung sogleich an alle seine Leser, indem er ihnen allen (åo2- »F) vorhält, daß mit der Liebe zum Vater, der ja Licht ist, schlechthin unvereinbar ist die Liebe zur Welt, welche Finsternis ist. Die Warnung selbst ist nach ihrem Inhalte, MJJ ckyoøncksks sei» Orest-»or- xuyckå Do? FI- sxgä »Ist-»Hu, wie nach ihrer Begründung, Pol» «;- oiyocngs I. »Ja» cis-l« (V.15——l7), aus dem lebendi- gen Zusammenhange der ganzen bisherigen Entwickelung zu verstehn. Zuerst begründet der Apostel seine Warnung vor der Weltliebe, indem er darauf hinweist, daß mit der Liebe zur Welt nicht bestehen könne die Liebe zum Vater, welche doch im Lichtwandel der Christen, als Bedingung der Gemein- schaft mit dem Vater, durchaus wesentlich ist. So klar das nun auch besonders aus l, 5 sll. ll, Z. 9 fll. hervorgeht, fügt der Apostel doch, V. 16, eine ausdrückliche Erläuterung hinzu, welche von um so tieferer praktischer Kraft ist, je concreter die subjektiven Erscheinungsformen der Weltliebe in ihrem ungött- 1Joh. u, 15-—17. 247 lichen Wesen bloß gestellt werden. V. 16 ifi also dem 15. Verse fubordinirt. In V. 17 bringt aber der Apostel noch einen zweiten Grund feiner Warnung vor der Weltliebe bei, einen nach zwei Seiten hin wirkenden prakletischen Gedanken, welcher die praktische Bedeutung des ersten Grundes (V.15) wahrhaft vollendet: die Welt, sagt der Apostel, vergeht, und — im Rückblick auf B. 16 —- die Lust der Welt vergeht; da- gegen wer den Willen Gottes thut, wer in der Liebe zu Gott, im Halten seiner Gebote (ll, ), kurz in der Gemeinschaft mit dem Vater bleibt, der bleibt in Ewigkeit. So tritt die Bewegung der johanneischen Gedanken im Ganzen ohne besondere Schwierigkeit heraus; nicht leicht ist aber die genaue Bestimmung der einzelnen Begriffe an sich und im nähern Verhältnis zu einander. Vor allen Dingen fragt sich: was versteht Johannes unter ei »das-o;- und was bedeutet das ciyamip ed» Jena«-mai, welches er verbietet? Hier- mit hängt die weitere Frage zusammen, in welchem formellen (,»,-c?z-) und materiellen Verhältnis das roi Z» seh? sechzig« und fernerhin die zmäwxziai V.16 und die Eure. nehm) B. 17 zu dem zskiaxrog felber stehn. Bei der unbedingten Warnung des Apostels »Liebt nicht die Welt l« drängt sich zunächst die Vergleichung jenes großen Wortes auf, in welchem derselbe Johannes die unermeß- liche Fiille der heiligen Liebe Gottes zur Welt preist, einer Liebe, nach welcher Gott feinen eingebornen Sohn für das Leben der Welt dahingegeben hat (Joh. Z, 16). Beza und Lücke haben ausdrücklich versucht, die Warnung unseres Brie- fes in das richtige Verhältnis zu jenem evangelischen Satze zu stellen. Beza sagt, daß der sein«-sog, welcher Joh. Z, 16 als Gegenstand der göttlichen Liebe bezeichnet sei, bedeute: aus, quos ex mundo elegik dagegen an unserer Stelle: mun- dum — quaienus cum Dei voluntaie non consenijy das iiyamiw sei aber dort als die wirkliche heilige Liebe, hier als die von Gott entfremdende Liebe zu verstehn. Danach ist also eigentlich gar keine Schwierigkeit vorhanden; die zwei Stellen, in denen beide wesentlichen Begriffe gänzlich verschieden find, 248 l Joh. l, 5-ll, 28. konnten eigentlich gar nicht mit einander verglichen werden· Eine Schwierigkeit kann nur so lange da sein, als man, unter der richtigen Voraussetzung, daß einer der beiden Begriffe, sei es nun der des Liebens oder der der Welt, an beiden Stel- len gleich sei, die richtige Bestimmung des andern noch nicht gefunden hat. Dies hat Lücke richtig erkannt, aber er hat darin geirrt, daß er nicht auf Seiten des ask-auch» sondern auf Seiten des »He-»or- die Lösung des scheinbaren Wider- spruchs suchte. »Es muß, sagt er, da das m; ask-wiss«- nicht näher bestimmt oder beschränkt ist, der Begriff der Welt an- ders gefaßt werden«- So urtheilt er denn, daß» iieiazsog an unserer Stelle nicht wie Ich. s, 16 das Universum überhaupt, sondern nur den »Jnbegriff aller sinnlichen, die sinnliche Lust erregenden Erscheinungen« bezeichnen könne. Allein welches auch die concrete Bedeutung von »das-o;- fein mag, jedenfalls liegt der wesentliche Unterschied der beiden Stellen in dem durchaus verschiedenen ask-auch« Dort wie hier ist die Welt offenbar in einem ethischen Gegensatze zn Gott, in einer Ent- fremdung von ihm gedacht. Dort erscheint sie als erlösungs- bedürftig, als dem Tode verfallen, so daß nur die Dahingabe des Sohnes, deren Wirkung im Glauben aufgenommen wird, der Welt das Leben geben kann: hier aber steht die Welt und das, was in der Welt und aus der Welt ist, dem Vater und dem, was aus ihm ist, die Lust der Welt dem Willen Gottes entgegen, und auch hier wird die Welt als der Vergänglichkeit unterworfen bezeichnet, während dem, welcher in der Gemein- schaft mit Gott Gottes Willen thut, das ewige Leben zuge- sprochen wird. Im tiefsten Grunde erscheint also das Objekt der Liebe, der »Sitz-up, an beiden Stellen gleichz wesentlich verschieden muß die Art der Liebe selber sein. Auch Lücke hat das gefühlt, indem er, freilich ohne die richtige Spur zu verfolgen, unmittelbar vor dem eben mitgetheilten Satze sagt: «wie sollte Johannes dazu kommen, die Liebe zur Welt schlecht- hin, also auch die errettende, erlösende, den Christen zu ver- bieten ?« Im eigentlichen Sinne kömmt ja nur der Welt das Nichtliebeiy das Haßen zu, während, wie Gott selbst die Liebe 1Joh. II, 15——17. 249 ist, so auch alle aus ihm Geborenen wesentlich in der Liebe leben, mit der auch sie, wie Gott, die Welt umfassen. Die Kinder Gottes sind auch in ihrer Liebe zur Welt Nachahmer der göttlichen Liebe; aber die Welt hat gegen die Kinder Gottes und im letzten Grunde sogar gegen sich selbst, bei allem Scheine der Liebe, nämlich der Selbstsucht, nur Haß. Es giebt eine Liebe zur Welt, welche die Welt als solche, um ihrer selbst willen liebt, also die Welt in ihrer Gottentfrem- dung festhält und mit der Welt dem Tode versallen ist; aber es giebt auch eine Liebe zur Welt, welche die Welt straft und in die Gemeinschaft mit Gott, zum Leben erheben will. Jene ist aus der Welt, diese aus Gottzjene ist in ihrem wahren Wesen Haß, diese wirkliche Liebe. Dies führt uns in die Fundamente der johanneischen Ethik. So scharf ncimlich auch der Apostel den Gegensatz zwischen Gott und Welt bestimmt, so fern ist er doch von einem manichäischen Dualismus, durch welchen jede ethische Weltanschauung gewaltsam abgeschnitten wird; denn die Welt, in ihrem Gegensatz-e zu Gott, bleibt Gegenstand der göttlichen Liebe und Erlösungsthätigkeih ist also auch für die Kinder Gottes Gegenstand der heiligen Liebe. Aber grade deshalb ist auch die Warnung vor der falschen Liebe zur Welt nothwendig, weil diese nicht aus Gott ist, weil mit dieser die Liebe zum Vater nicht besteht, weil durch diese ebensowohl die Kinder Gottes wieder zu Kindern der Welt werden, als auch die Welt in ihrer Feindschast wider Gott bestärkt und im Tode gehalten wird. Aber was meint nun der Apostel mit seinem Ausdruck use-»nur? Bei den Auslegern unserer Stelle zeigt sich eine außerordentliche Unst- cherheit in der Beantwortung dieser Frage. Man läßt sich von seinem exegetischen Takte leiten und bestimmt von einer ganz vagen Anschauungsweise aus den Begriff des usw«-g und die davon wesentlich abhängigen Ausdrücke scoi Z» sey? sxeiaxsax und Z»«J»«»-«’v-, je nachdem der mehr oder weniger klar erkannte Zusammenhang der Stelle diesen oder jenen Sinn zu indiriren scheint. Es kömmt aber darauf an, den Begriff »He-»or- im Zusammenhange der neutestamentlichem zu- 250 l Joh. l, 5-—ll, 28. mal der johanneischen Anschauung bestimmt zu saßen. Dabei wird für unsere Stelle die Norm gelten miißen, daß der Ausdruck uöoxiog in allen drei, innig verbundenen Versen wesentlich dasselbe bedeute. Auf dieser Voraussetzung beruht der ganze dialektische Organismus von B. 15 bis 17. Jst aber diese Voraussetzung richtig, so sind schon von hier aus manche schwankenden, halbwahren oder ganz verkehrten Aus- legungsweisen abgewiesen. J. Lange z. B. erklärt V.15 den »du-so; ganz allgemein, ohne irgendwelche schlimme Neben- bedeutung, als ioiius mundi systema. Demgemäß heißt das iiyayzsiai mundj amoenilate capi, gewarnt wird vor einer solchen Liebe zu der an sich ja guten Welt und den Dingen in ihr, welche über der Creatur den Schöpfer vergißt. Aber V. 16 soll der Begriff des ssöaxmg enger gefaßt werden. Die Welt erscheint als durch den Sündenfall verderbt, der Gewalt des Satans unterworfen. Endlich V. 17 erweitert sich wie- derum der Begriff der Welt ganz ins Allgemeine Generalis- sime), ähnlich wie B. 15. Aber wodurch ist ein so durchgrei- fender Wechsel indicirt? Ruht nicht vielmehr jedes einzelne Glied der Argumentation V. 15——17 so unmittelbar aus dem vorhergehenden, daß die ganze dialektische Folge zerrißen wird, wenn der Hauptbegriff bald so, bald anders gefaßt wird? Wir wollen zunächst sehen, wie die Unsicherheit in der Faßung dieses Begriffes» auf die Erklärung der Verse im Ganzen und im Einzelnen einwirkt. Bei der Bestimmung des Begriffes »ein-so;- haben nur wenige Ausleger, wie Lücke, den eben an J. Lange nach- gewiesenen Fehler vermieden und die einmal statuirte Bedeu- tung des Wortes in allen drei Versen festzuhalten gesucht. Manche verdecken die Schwierigkeiten in den Versen dadurch, daß sie die Ausdrücke »Sitz-ex, ToT s» Du? stät-zip, Harz-Kurs«- HJF any-»Ja, Jst-Bekleid- aiJsxoiJ gar nicht klar in ihrer Be- ziehung zu einander und in ihrer eigentlichen Bedeutung an sich aussaßen, sondern alles in gewiße unbestimmte, abstracte Vorsiellungen umsetzen. Hierin ist schon der ausOecumenius sich stützende Scholiast l vorangegangen, welcher, indem er l Joh. U, 15—l7. 251 mit der Vorstellung des »ein-sog sogleich die der Hin-Juni«- vekbindet, sagt: seist-»or- ssvsw staune-»Ei- wXhckowiaw ssai cfioizwcy Loh-«, se» Hostie« öigxaip e; (I'«)i«ö’o20k. Denn, sagt er, die eigentliche Natur Ostia-c) sowohl unser selbst als der ganzen Schöpfung sei göttlichen Ursprungs, nur jene Lust sei ungöttlich. Der Sinn der apostolischen Warnung sei also: »F« »Sie-Redners »Ja« Its» ögmzcäwwss III-»F«- ngoemoiåkcoeig xosjckk wie Fi- avszsxps avwawocwrwoxsäwax Höh-»Es« Ganz ähn- lich hat unter den Neuern Neander ausgelegt. Nachdem er V. 15 die »Welt« als das Kreatürliche überhaupt verstanden und demgemäß die Liebe zur Welt, vor welcher der Apostel warnt, im Sinne von Matth. 6,21, ähnlich wie J. Lange erklärt hat, setzt er die Vorstellung der Welt B. 16 geradezu um in die einer »vorherrschenden Richtung, Verweltlichung des Geistes, die sich mit der Welt verschmilzt.« So mag man die Grundbestimmung der hier genannten åyuäiziciax bezeich- nenz aber was ist denn der uöaxiog selbst, in welchem diese Fasse-»rein- gedacht werden? Man hat den ins-»so; von der Menschenwelt, und zwar in verschiedener Weise verstanden. Man hat an die heidnische Welt, im Gegensatze zu der christ- lichen gedacht (S. G. Lange). Oecumenius hat gesagt, es sei nicht das Shstem des geschaffenen Universums, sondern ö aoippkscäg iixloc zu verstehn. Mit ihm stimtnt im Grunde Calovius, welcher gsiioxsog erklärt: homines dediti rebus hujus mundi. Ähnlich Episcopius Noch ungenauer aber und geradezu fade ist die Deutung des Grotius, sein«-o;- sei major par-s l1ominum, was auch Socins Meinung ge- wesen zu sein scheint. Gemäß dieser persönlichen Aussaßung des »du-sog wird weiter der Ausdruck coä s» s. »He-«. erklärt von Oecumenius durch »F um«-Z »Ja« Heerde-Hin«- snsg aus-(S.«- åi-ss-iosi,icsi-er. von Socin und Grotius, dem hierin auch Episcopius und Calov beistimmen: ea quae muadus magni seien, quae in preiio hat: in vjta moriali habeniun Andere Ausleger, welche unter sseiaxiog den Inbegriff aller ge- schaffenen Dinge, namentlich die Gesammtmasse der irdischen Schöpfung verstanden, sei es nun, daß sie dabei die »Welt« 252 I Ich. l, 5——ll, 28. ohne weitere schlimme Nebenvorstellung dachten, wie Beda und Luther, sei es daß sie doch die sinnlichen und zur sinn- lichen Lust anreizenden, vergänglichen Dinge im Gegensatze zu der himmlischen, heiligen und ewigen Welt auffaßten, wie Lücke, de Wette, Brückner u. a., verstanden demgemäß das »F s» sen? »dem-»» entweder geradezu persönlich von den Liebhabern dieser Welt (wie Beda nach Augustin erklärt: omnes qui merkte jnhabitant munciutn, qui amore iucoiunt munkium, omnes muncii Meer-takes, welchen dann die con- cupiscenlia oarnis u. s. w. zugeschrieben wird), oder dachten richtiger an die einzelnen, etwa die sinnliche Lust im Menschen erweckenden, Dinge in der Welt (Luther, Baum garten- Crusius, Brücknen Vgl. Lücke und de Wette) Noch andere Auslegey wie C alvin (quicqui(i ad praesentem vjtam spectutz ubi sepakaiur a regno Dei —- omne genas cor- rupielae et malorum omnium abyssus), S. Schmid (cor— ruptio peccaminosatz d. h. die Erbsünde, woraus alle andern Sünden, scoi Es« se. nötig-Ho, entstehen) und Sander (»der ganze Status der menschlichen und irdischen Dinge, insofern er von dem Mörder-und Lügner corrumpirt ist«) haben, durch den Zusammenhang mit B. 14 und durch Stellen wie IV,4. V,19. Joh.12,31. 14, 30 u. a. geleitet die Vorstellung der »Welt« im concreten Gegensatze gegen Gott und sein heiliges Reich gefaßt. Aber bei dieser durch die johanneische .Vorstel- lungs- und Sprachweise gewiß zunächst indicirten Erklärung treten Schwierigkeiten hervor, welche Calvin, S. Sehmid und Sander nicht gefühlt zu haben scheinen, welche aber ohne Zweifel viele der übrigen Jnterpreten abgeschreckt haben. Es fragt sich, wie bei jener Bedeutung von »du-me das »F Z» in? »e5o««g-, namentlich aber die hierangesügten Appositioå neu, JJ åmssuxcfa so. ganze. Hi» zu verstehn seien. Calvin versncht eine Auslegungsweise, die nur von Episcopius (vgl. Bengel und de Wette) ganz consequent durchgeführt ist. El' Will die Zwist-»Ja« Und die oZÄaFsMsfa V. IS, wie die Frei-J. aus-«; V. 17 metonymischo von den weltlichen Objekten der Lust (ln mundo sunt v0luplates, delioiae et 1 Ich. n, 15—17. 253 illecebrae man-es, quibus homo oapiiuty ut se a Deo sub— link-at) verstehn. Aber der Sprachgebrauch von .s’7«-J1»c-’a und die Fassung des 16. V. sträuben sich so sehr gegen diese Aus- legung, daß Calvin dieselbe hier doch nicht recht halten kann, sondern unwillkührlich in die Vorstellung der subjektiven Lust an der Welt hinüberschwanktz nur V. 17 tritt die metonymi- sche Bedeutung von Hniäsixciäx aus-«; klar hervor (quioquid concupisciiur ei hominum desidekia at! se rupft) Im Grunde hat also die Hmäwcioe V. 17 eine objektive, da- gegen V. 16 eine subjektive Beziehung. Diese Jnkongruenz, bei der namentlich auch das Appositionsverhältnis der Einen— »Ja« zu dem «? s» -c.»oa,«. gar nicht-klar wird, vermeidet aller- dings Sander, indem er (vgl. auch S. Schmid) die Hexe-Pupip- überall subjektiv, V. 16 von gewißen Hauptformen des welt- lichen Sinnes im Menschen, V. 17 von der Begierde nach der Welt, versteht. Hierin billigt also Sander die Lücke- sehe Auslegung. Aber Sand er erkennt gar nicht die offen- bar schon von Bengel gesühlte und von Wolf, Lücke und de Wette ausdrücklich hervorgehobene Schwierigkeit, die ein- mal darin liegt, daß V. 16 gewiße Offenbarungen des Welt- sinnes, jene subjektiv gefaßten Lüste des Menschen, in appo- sitioneller Verbindung mit den Dingen in der Welt, also mit den einzelnen Objekten der Weltlust genannt werden, ferner darin, daß die Correspondenz zwischen den beiden gegensätzli- chen Gliedern V. 17 nicht recht koncinn ersoheint. Was den ersten Punkt betrifft, so erklärt Bengel, ähnlich wie Cal- vin und Episcopius, jene seien-sta- von den Objekten der Lust (ea quibus pascuntur sensus); feiner aber und weniger gewaltsam statuiren Lücke und de Wette ein Hinüberspielen der objektiven Vorstellung von den Dingen in der Welt in die subjektive Vorstellung der Luft an jenen Dingen. Johannes, sagt Lücke, faße die Dinge in der Welt in ihrer ethischen Be- ziehung, sofern sie eben die sinnliche Lusterregenz deshalb beschreibe der Apostel geradezu den Jnhalt der Welt, der nicht aus Gott sei, als Zwist-»Za- nouxccieozi (Tit.2, I2), denn in der That sei ja nur diese gottwidrige Beziehung der Dinge in 254 1 Ich. I, 5 —1I,T·28. der Welt nicht aus Gott, die Dinge selbst habe Gott geschaf- fen. Ohne Frage liegt in dieser Bemerkung Lückes eine tiefe Wahrheit, die nur deshalb nicht gehörig begründet und nicht rein ausgesprochen erscheint, weil der Begriff dessmioxcozs selbst nicht voll und sicher genug dargelegt war. Sanders Polemik gegen Lücke und d e Wette ist aber an diesem Punkte ebenso kurzsichtig, wie an dem zweiten eben bezeichneten Punkte. Die personale Fassung des zweiten Gliedes von B. 17 e; ckss via-»Ja- -. Hex. erfordert, wenn anders der ganze Vers für ebenmäßig gelten soll, eine entsprechende personale Vorstellung im ersten Gliede. Allen den Auslegern, welche, wie auch de Wette, die sur-Rufst« wären; metonhmisch von den begehrten Dingen in der Welt verstehn, geht dieselbe verloren. Lücke meint, daß sich mit der abstracten Vorstellung von der Lust an der Welt (s'7««J1-,««"u wäre-d) ohne Schwierigkeit die per- sonale Vorstellung des drein-»di- selbst, im Gegensatze zu dem Horai» verbinde. Das ist an sich und kraft des Zusam- menhanges (V. 16) richtig; falsch dagegen ist die von San- der gegen Lücke aufgestellte Correfpondenz zwischen e; rede-»« und c) »aus-«, weil dabei« erstlich der zunächst liegende Begriff zmävxiia »Hm-J übersprungen und weil der Begriff »He-»O; selbst anders als B. 15 und B. 16, nämlich nicht bloß als ,,Status corkuptus sub kegjmine Satans-ist«, sondern auch als »die, so in diesem Statu leben« gefaßt werden muß. Aus dieser Übersicht der ohne sichern Halt durch einander gehenden Auslegungsweisen ergiebt sich vor allen Dingen die Notwendigkeit, den johanneischen Begriff des »du-soc klar aufzufaßem Suid as (Lex. ed. Kusterus ll. h. 354) giebt einen viersachen Sprachgebrauch von »ein-sog an: cis-»als« ckå c; ssöorioc Tät-vakat· etiwpäycsroesg Trsefs sxrZ »Es« »Je- MEZUH scd »Ah-Jok- nrrpoi Iyj JEAN-J. Offenbat gehören die ersten drei Bedeutuugen enger zusammen; die letzte in der hei- ligen Schrift vorkommende Bedeutung ist erst durch eine ge- wiße tropische Anschauungsweise entwickelt. Die Grundbedew tung ist die der ordnungsvollen Schönheit, sur-Esaus«- und sei-Fig, wie Suidas sagt, oder wie Hesychius erklärt: «)- 1 Ich. n, 15 —17. 255 Linn-wide, anspannen-J, Teig-g, nur«-Instanz; -— noiUogn Hier- aus ergiebt sich leicht, daß das harmonische, schöne Weltge- bäude (»3 ask-«) ei usw«-g genannt wird, wie auch Suidas bei seiner Erläuterung des Wortes von diesem Sprachgebrauche ausgeht: c; Jena«-sog' AS åk neige-Wo) nor-i »Es« us» Z» tränk» one-Wiss «« smi ein«-gepriesen« sc nähn-»aus Ha« scab- ««- ckcöi-. Der eigentliche Sinn in dieser Benennung des Univer- sums wird von den Alten mitunter ausdriicklich geltend ge- macht. Plinius z. B. sagt (Nat. Hist. It, 3): quem usw«-»«- Graeci nomine ornamenii appeliavernntz eum n0s a per-tecta absolutaque eiegantia mundum. Und in ähnlichem Sinne sagt Cicero (Nat. Dem: il, 22): mens cnuncii ——jn bis ma- xime est 0ocupata, primum ut mundus quam aptissitnus sit ad permanendurm dejnde ut nulla re egeah tnaxime autem ut in eo eximia pulchritudo sit atque 0mnis ornatus Was nun den biblischen Sprachgebrauch von suioxmg anbetrisst, so ist zuerst merkwürdig, daß in den kanonischen Schriften des A. T. keine einzige Stelle sich findet, in welcher iiäoxioc das geschaffene Weltgebäude überhaupt bezeichnete Die LXX ha- ben, wo man sein«-s;- erwarten könnte, die Ausdrücke »F, ozxsouxxäiisy (1,z-. 33,8. 90,2) und ähnliche; im Sinne des neu- testamentlichen iinö isaskcxsozsjgs »das-o» sindet sich immer sisf ais-IN;- (u-. 119, 52. 25, 6. Vgl. Sir. 24, 9). Allerdings geben die LXX an einigen Stellen (s. Biel s. v.) nämlich Gen, Z, l. Deut. 4, 19. 17, Z. Jes 24, 21. 40, 26, das hebräische Raps, »das himmlische Heer-» durch »du-sog, aber höchst wahrscheinlich haben sie IV; im Sinne von IN; »Glanz« verstanden und deshalb das Wort sccioxmg gesetzt, durch wel- ches sie sehr häufig die aus Schmuck, Glanz, Ordnungsmäßig- keit und dergleichen hinweisenden Ausdrücke wiedergeben. So wird auch Sir. 43, 9 ssöoxiog mais-Zwi- synonym Mit Mög« Hierzu» gelesen. Nur im Buche der Weisheit Salomos (6, 26) sindet sich das Wort ixcioxiog als Bezeichnung der Welt überhaupt; aber auch hier tritt aus dem vagen, hyperboli- schen Ausdrucke Ovzrjäoc J? nahte-Z» ein-»Wie« Häutung) doch unvermerkt die beschränktere Vorstellung der Menschenwelh 256 1Joh. l, 5—-ll, 28. welche auch durch das parallele Glied Hin) Bau-Zeug ARE-«— xcok käute-Lärm ck7«,«ov) indicitt ist, hervor. Jn den neu- testamentlichen Schriften sindet sich aber, neben der eigentlichen Grundbedeuticng des Wortes (1 Petn Z, 3), sehr häufig so- wohl der Sprachgebrauch, nach welchem e; ais-»so;- das ge- schassene Universum schlechthin bezeichnet (z. B. AG. 17, 24. Joh. 21, 253 und Matth. 24, 21. Joh. 17, 5. Lippe. 13, 8. 17, 8, Stellen, in denen die Formel cis-»; since-PGLA- Gig- zøjy »He-»de- stehtz vgl. Röm. 1, 20), als auch die hiebei nahe liegende Beschriinkung der Vorstellung auf die irdische Schöpfung, zumal die Menschenwelt (J’oh. 1,9. 11,9. 12,19. 18, 36. IJoh. H, 2. IV, I. B. 9. 14). Allein weil die sicht- bare, sinnliche Welt, als die niedere, unvollkommnere, leicht im Unterschiede von der unsichtbarciy ewigen Welt oder im Gegensatze zu dieser aufgefaßt wird, mischt sich alsbald ein schlimmer Nebensmn in die Borstellung des »das-»F, bis end- lich das ganze gottwidrige Reich der Sünde und des Todes, welches dem Satan, als seinem antichristischen Fürsten unter- worfen ist, mit jenem Namen bezeichnet wird. Der Übergang von der Vorstellung des Geschöpflichem als des Niedern, zu der des Bösen, Gottseindlichen ist im johanneischen Evange- lium (8, 23) deutlich bezeichneh indem die gegenwärtige, ir- dische Welt (e3 aöozcog »Hu-g) als das untere, Niedere Un« ice-im) der himmlischen Welt (-xo2 dir-«) entgegengestellt wird. Wo überhaupt im N. T. von dieser««) Welt, im Unterschiede von der ewigen, herrlichen und heiligen, die Rede ist, wo der Satan als Fürst dieser Welt bezeichnet wird, da ist die Ge- nesis jenes Sprachgebrauches bezeichnet (Joh. 12, 31. 16, 11. 2Cor. 4, 4. Eph B, 12), und erst von hier aus ist es zu verstehn, wie der Satan der Fiirst er Welt schlechthin ((3 dip- zum tm; irae-zum, ohne das Tod«-ou) genannt werden kann «) Deutlicher noch isi dieser Gegensatz an einer Stelle der Clementiiien (l-Iocn. VllL c. U) ausgedrückt, wo der Teufel, welcher Christum versucht, der König der gegenwärtigen Dinge OF; »Es« stupid-«»- qks Bau-lecke Pu- rallel mit cos- sisisi »san«-O, dagegen Christus der König der zukünftigen Wklt (Tu31« ,«»«.cI1«-c·æs-) genannt wild. lIvh. il, 15—17. 257 (Joh. 14, 3(). 1Joh. IV, 4. V, 19). Wenn aber Johannes, und zwar in vollster Übereinstimmung mit Paulus und mit allen neutestamentlichen Schriftstellerm diese Welt als den Jn- begriff des gottfeindlichen Wesens, als das Reich der Finstew nis, der Sünde, der Lüge und des Todes auffaßt, so ist er deshalb doch von allem gnostischen Dualismus (Vgl. Hil- genfeld, a. a. O. S. 353. 134 fll.) fern, bleibt vielmehr deshalb wesentlich auf dem Grunde der christlichen Ethik, weil dieser »ein-no; einerseits als ursprünglich gut geschaffen (Joh. 1, 3.10), aber böse geworden, anderseits als Object der gött- lichen Erlösungsliebe (ll, 2. IV, 14, Ich. Z, 16) angeschaut wird, einer Liebe, welche auch nicht vergeblich an der feindfe- ligen Welt arbeitet, sondern aus dem Tode der Welt diejeni- gen rettet, welche durch den Glauben an den Heiland der Welt zu Kindern Gottes werden wollen(Joh.1,12.12,45sll.). Aber auch nach einer andern Seite hin schließt die apostolische Vorstellung des sröoxsogs jeden Dualismus aus. So oft näm- lich unter sein«-sog das Reich der Gottesfeindschaft verstanden wird, erscheint doch die Vorstellung immer beschränkt auf die irdische Sphäre, so daß vorzugsweise die von Gott abge- wandte Menschenwelh als der Mittelpunkt der irdischen Welt überhaupt und das unmittelbare Objekt der göttlichen Erlösungswirksamkeih gemeint ist. Nirgends wird der Teufel, obgleich er als Fürst der Welt erscheint, nirgends werden die nooxsoirgoisrogkc überhaupt s, 12) zu dem Jena«-ro; selbst gerechnet Sie stehen außerhalb des- Bereiches des »He-»or- in gewißem Sinne über demselben; auf »sie erstreckt sich des- halb auch nicht die erlösende Liebe dessen, welcher als Heiland der Welt (1Joh. IV, 14. Joh. 12, 47) in die Welt gekom- men ist. Hiermit habcn wir aber den richtig begränzten Grund gewonnen, auf welchem wir die weitern Aussagen der Schrift über den »du-no; einzeichnen können, und es ergiebt sirh also auch, weshalb die eine und gleiche Vorstellung von dem m;- »««o;, als dem Inbegriff des irdischen Bösen bald mehr real, bald mehr Personal gefaßt werden und die eine Nüancirung der Vorstellung leicht in die andere hinüberspielen kann, jcnachdem I. 17 258 lJoh. I, 5—lI, 28. bald das Moment der irdischen, durch die Sünde verderbten Welt überhaupt, bald das speciellere Moment der bösen Men- schenwelt vorwiegt. Wesentlich ist hier jedoch immer die Bor- stellung, nach welcher die ,,Welt« als von Gott entsremdet, ihm feindlich erfcheint Sie ist sinster, weil sie das ewige Licht in der Gemeinschaft mit Gott nicht hat (Joh. l, 4), und muß deshalb von Christo, dem persönlichen, ewigen Träger des göttlichen Lichtes, erleuchtet werden (8, l2. 12, 46 sl.). Die Welt erkennt Gott nicht und Christum nicht und die nicht, welche durch den Glauben an Christum Kinder Gottes gewor- den sindz die Welt haßt sie vielmehr (Joh. 17, 14. 25. 15, 18 sl. 7, 7. 25. 1Joh. Ill, 3), kann deshalb auch, sofern sie Welt ist und solange sie Welt bleibt, den Geist Gottes nicht empfangen (Joh.14, 17). Die Welt liebt nur das, was zu ihr gehört, das Ihre, sich selbst. Durch die Selbstsucht, das gerade Gegentheil der Liebe, wird sie bewegt, ihre Liebe selbst ist Haß (1Joh. lll, 10 sll.)z gleichwie umgekehrt die aus Gott Geborenen, d. h. die, welche aus der Welt, zu der auch sie natürlicherweise gehörten, sich haben retten laßen, Gott erken- nen und lieben, sich unter einander lieben und die Welt haßen, wie sie von der Welt gehaßt werden (IV, 5. V,1 sll.). Noth- wendig ist ein unbedingter Gegensatz (Jac. 4, 4) zivischen den Kindern der Welt und den Kindern Gottes. Darum haben diese Angst in der Welt, aber sie können getrost sein, weil sie in ihrer Lebensgemeinschaft mit Christo die Welt überwunden haben (V, 4. II, M. Seh. 16, 33). Denn Christus ist er- schienen, die Werke des Teufels zu zerstören (1 Seh. III, 8), die Welt zu richten (Ioh. 12, 31), und sie wird immerdar von dem Geiste Christi gestraft (16, 8); die Welt als solche wird verdammt (1Cor. II, 32). Aber freilich ist das Gericht über die Welt ein heilsames, weshalb es ebensowohl heißt, Christus sei gekommen, die Welt zu richten, als er sei ge- kommen, nicht sie zu richten, sondern sie selig zu machen (Joh. 12,47). Die Wahrheit Christi ist nothwendig kritisch, weil sie Leben ist. Das Licht, die Wahrheit, der Frieden, die"Hofs- nung, kurz das Leben, welches in Christo offenbar wird, ist l Ich. If, l5-—17. 259 eine sittliche Macht, welche einen Angrisf auf die Welt macht, aber kraft der Liebe, welche Gottes Wesen ist, in welcher der Vater den Sohn gesandt hat, in welcher der Sohn sich fiir die Welt, die feindselige (Röm. 5, 7 fll.), die verlorene da- hingiebt. Der gesammte »He-»ve- ist Gegenstand dieser göttli- chen Liebe (Joh. s, 16), den gesammten »He-»o- ohne irgend- eine Ausnahme umspannt Christus mit seinem Heilandswillen und seinem Heilandswerke (1Joh. II, 2. IV, 14. Joh. 12, 46). Aber weil es darauf ankömmt, daß die Welt Christum auf- nimmt, sein Leben, seine Wahrheit sich zu eigen macht, näm- lich im Glauben an ihn, so gestaltet sich in der Wirklichkeit das Verhältnis so, daß nur ein gewißer Theil des »ein-sog, einige aus dem i»ia««og, zu Kindern Gottes werden (Joh. 12, 36), sich dazu machen laßen, sich von oben, durch den heiligen Geist wiedergebären laßen (Joh. l, 10 fll. Z, 5 sll. 1Joh. Ill, 9 sll. W, 9fll.). Das sind diejenigen, welche Gott aus der Welt dem Sohne gegeben (Ioh.17, 6. 9), oder welche Christus sich selbst von der Welt auswählt (15, 19) hat. So leuchtet auf das Klarste ein, daß in der apostolischen Vorstel- lung des »ein-sog von Dualismus schlechthin keine Spur istz liegt eine Schwierigkeit vor, so kann diese nur in der schein- baren «) Pradestination beruhn, nach welcher einige aus dem »das-o; wirklich gerettet werden, andere .nicht. Durchaus an- tidualistisch ist die Anschauungsweise des Johannes, wie aller Apostel, deshalb, weil niemand von Natur als Kind Gottes, sondern jeder Mensch ohne Ausnahme als ein Kind der Welt, als Fleisch vom Fleische geboren (Joh. Z, 6) betrachtet wird; erst durch den im Glauben angenommenen Samen des heili- gen Geistes (Joh. Z, 6. 1Joh. 1Il, 9. 24) wird der Mensch zu einem Kinde Gottes, wird aus Gott geboren, und geht so aus dem Tode, in dem er ursprünglich ist, hinüber in das Leben (lll, l4), welches er nur in der wirklichen Gemeinschaft mit Gott durch Christum erhält und behält (V, 12 sll.). «) Scheinbar insofern als in der That der göttliche Liebesrathschlixß die ethische Bedingung des Glaubens, des Annehmens an den Menschen stkat (Jph. 12, 3s). Vgl. II, 19 sc. its, 9 sit. 17 « 260 l Ich. I, 5—lI, 28. In unserer Stelle ist sowohl durch den Zusannnenhang mit V. 14 Orts» Nod-owns« Vgl. V, II. 4 fl.), als auch durch die ausdrücklichen Bestimmungen in V.15—17 selbst die zu: letzt entwickelte Borsiellung von dem Marias-markirt. Wesent- lich erscheint hier überall das Moment der Bosheit, der Gott- widrigkeitz aber ganz ähnlich wie Joh.17,14 sll. 9 sll. und an vielen andern Stellen tritt bald eine mehr reale, bald eine mehr personale Faßung jener Borstellung ein. Jene sindet sich V. 15, wo, nach Analogie von Stellen wie AG. 17, 24, von den Dingen, die in der Welt, nämlich dem objectiv, real vorgestellten Reiche der Finsternis sind, die Rede ist, wie z. B. Joh.17,11. 14.I5 das s» sitz? Jena«-ca- und z« rot? Jede-»m- gemeint ist. Dagegen mehr personal ist die Vorstellungsweistz wo von Werken der Welt (Jol).12-, 47), von Haß, Nicht: erkennen, überhaupt von irgend einer Thätigkeit oder Gesin- nung, etwa, wie nach unserer Ansicht an unserer Stelle der Fall ist, von Lüsten der Welt geredet wird. Somit umspannt der Apostel mit seiner Warnung «Liebet nicht die Welt« znerst das gesammte Gebiet der irdischen Schöpsung, sofern sie von Gottes Gemeinschaft entfremdet, der Herrschast des Bösen (V.14) unterworfen ist. Aber die volle practische Pertinenz erhält diese allgemeine Warnung erst durch den Zusatz »noch was in ihr ist.« Das zsszöss ist, wie sonst bei Johannes (Joh. 4,15. Vgl. 13,16. l4,17), wirklich disjunctiv, so daß also die Dinge in der Welt von der Welt selbst unterschieden wer- den, und man nicht ohne Ungenauigkeit sagen darf, das Satzglied xwxclz se. s» s. »ein»- fei dem ersten Gliede völlig synonym (Socin, Lücke, de Wette). Die Vorstellung ist in der That verschieden. Vom Allgemeinen, von der Ge- sammtmasse schreitet Johannes, wie das seinem parakletischen Zwecke vollkommen entspricht, zum Besondern, zu den einzel- nen in dem ganzen Umfange der »Welt« vorhandenen Objekten der verkehrten Liebe fort. Den Einen feßelt dies, den Andern jenes; aber an welchem Schatze auch das in Weltliebe befan- gene Herz hängt, immer ist nicht Gott, »der Vater,« sondern die Welt, die gottfeindliche, der Gegenstand dieser unseligen l Joh. ll, l5. 16. 261 Liebe. Aber die Liebe zur Welt und die Liebe zu Gott kön- nen nicht zugleich in einem Menschen sein. Unum cok duos tam sibi aciversarios amores non capit (Beda. Vgl. Beza, Bengel u. a.). Der Welt Freundschaft ist Gottes Feindschaft (Jac. 4, 4): Licht und Finsternis können nicht zugleich da sein. Diesen durchschlagenden Gedanken fügt der Apostel sogleich seiner Warnung hinzu: Tot» Ist osyecns stör- sein«-sey, ad« EIN-wes aszyaieny rot) nor-speie- ås unsres, und erörtert und begründet denselben dann Hi« mis- scci Z» sc. rede-««- V. IS) weiter, indem er genauer das gottwidrige Wesen der Dinge in der Welt aufdeckt. Jener Grundsatz, daß in dem- jenigen, welcher die Welt liebt, .die Liebe zum Vater nicht sein könne, ist für jeden, der überhaupt ein ethisches Gottes- bewußtsein hat, unmittelbar gewiß. Auch Philo (bei Wet- stein) sagt: aiziejzoenor oriwvsrcipxecn »Je- npöc Jede-»m- oiycirskn scjj »Es; »Es« Frei» oiyaisxjvp Je tiefer aber in! N. T. das Wesen des heiligen Gottes und das der unheiligen Welt gefaßt wird, um so kräftiger wird jener unbedingte Gegensatz ausgesprochen (vgl. Matth. 6, 24. 2 Cor. s, 15 fl. Jan 4, 4). Und wenn namentlich Johannes Gottes heiliges Wesen als Licht beschrieben und als die nothwendige Bedingung unserer Gemeinschaft mit Gott den Wandel im Lichte, der sich in der Liebe zu Gott erweisen muß, dargesiellt hat, so kann er ja keinen schneidendern Gegensatz gegen diese Liebe denken, als die Liebe zur Welt, welche geradezu die Liebe zur Finsternis ist. Aus diesem klaren Gedankenverhältnis, das durch den ganzen Zusammenhang von I, 5 an, wie durch den sachlich und sprachlich analogen Ausdruck I, 5 (aZ;-. un? Essen) getragen wird, geht deutlich hervor, daß an unserer Stelle die vix-im; we? m« Hei; nur die Liebe zum Vater (Beda, Beza, Socin, Episcopius, Estius, Hunnius, spiscatoy Grotius, Lücke, Baumgarten-Crusius, Neander, de Wette u. a.), nicht aber die Liebe des Vaters zu uns (Luther It, S. Schmid, Calov), oder gar beides zugleich (Bengel, J. Lange) bedeuten kann. V. 16. So einlcuchtend aber auch jedem Leser des Briefes 262 1 Jolx i, 5——1t, 28. der Grundsatz sein muß (e'oii- »; — ais-»O, auf welchen der Apostel seine Warnung vor der Liebe zur Welt und zu den Dingen in derselben gegründet hat, so beweist er doch noch ausdrücklich Es« weis« T. Z» T. se. its-Ä. weil ——), daß die Liebe zur Welt, oder genauer die Lust an der Welt, und die Liebe zum Vater, als zwei in ihrem ursprünglichen Wesen durchaus entgegengesetzte Dinge, nothwendig einander aus- schließen. Freilich liefert der Apostel keinen strengen Beweis; er bringt nicht sowohl ein neues Moment bei, aus welchem die Wahrheit seines Satzes abzuleiten wäre, sondern er wie- derholt streng genommen nur den Grundsatz selbst, aber in einer neuen Faßung, durch welche die innere Wahrheit des Satzes noch deutlicher zu Tage tritt. Mit der Liebe zum Vater, hatte der Apostel gesagt, besteht nicht die Liebe zur Welt; denn, so fährt er V.16 fort, alles was in der Welt ist, das ist nicht aus dem Vater, sondern aus der Welt. Dasjenige also, worauf diese ganze Argumentation ruht, die Erkenntnis von dem ausschließlichen Gegensatze zwischen dem Vater und der Welt, setzt Johannes bei seinen Lesern voraus. Nur dadurch markirt der Apostel den unbedingten Gegensatz der Weltliebe und der Gottesliebe noch mehr, daß er aus- drücklich darauf hinweist, wie alles, was in der Welt ist und Gegenstand der Lust an der Welt sein kann, wie jede Art von Lust, worin die Liebe zur Welt sich darstellt, eben weltlich ist, aus der Welt stammt, zur Welt gehört, und nicht aus dem Vater ist. Hier tritt uns aber wiederum die schon oben angedeutete Schwierigkeit entgegen, die appositionellen Bestim- mungen sj åmäezuia s. ais-gis. sich, welche offenbar aus ge- wiße Formen der Lust an der Welt deuten, im richtigen Ver- hältnis zu dem Hof» srö Z» sitz? Häng-Ho, wodurch vielmehr, parallel dem obigen sei F» eh? irae-Ho, die Objekte der Welt- liebe bezeichnet werden, aufzufaßem Aus der richtigen Lösung dieser Schwierigkeit muß sich auch das Verständnis des Aus- druckes «; Zwist-kric- aeirois (V. 17), welcher steh deutlich auf V. 16 zurückbeziehh ergeben. Eine Schwierigkeit ist aller- dings für alle diejenigen Ausleger nicht·vorhanden, welche, 1 Ich. It, te. 263 wie oben bemerkt ist, in. den Ausdriicken Heu-J. c. eng-i. u. s. w. geradezu die Objekte der Weltlust verstanden haben. Damit wird aber den Worten Gewalt angethan. Richtiger ist ohne Frage die von Lücke (vgl. Wolf, de Wette) vorgetragene Meinung, daß der Apostel die Vorstellung von den Dingen in der Welt in die von der Lust an diesen Dingen umsetze, weil ja nur die Lust fündlich sei, nicht aber die Dinge in der Welt an sich. Allein wenn »denn; wirklich an unserer Stelle das gottwidrige Reich des Bösen bezeichnet, so ist die Lücke- sche Auslegung nicht zutreffendz wir werden auch sehen, daß sich dieselbe in B. 17 (s’»«·). ais-n) nicht bewährt; es fehlt ihr überhaupt die genetische Begründung. Es muß im Zusam- menhange von B.15—17, namentlich in dem Begriffe des »ein-m; selbst die richtige Erklärung indirirt sein. Wir können dieselbe jedoch erst dann suchen, wenn wir die Bedeutung der Ausdrücke øJ åslxcävxriw »Es nagte-sc, øJ Fu. »Ic- eiyåaäxschy Und eshxjoiwia Tot? Hin» festgestellt haben. Abgesehen von der schon mehrmals berührten Frage, ob diese drei Ausdrücke in subjectivem Sinne von gewißen For- men der Lust an der Welt, oder kraft einer Metonymie in objektiver Beziehung von den die entsprechende Lust erregendcn Dingen in der Welt zu verstehen seien, hat man, namentlich die ältern Auslegey wie Luther und Calov (vgl. Whiston, Paulus u: a.) die Sphäre der drei Ausdrücke durch die Vorstellungen voluptates, djvjtiae und gloria bestimtntz dies sei das trinum Hamen, welches in der Welt herrsche (vgl. Wolf). Die praktische Auslegung in Predigten, Liedern und sonst in erbaulichen Schriften hat sich auch gewöhnt, Sinnen- lust, besonders Wollust, Geiz und Ehrfucht als die vom Apostel gestrasten Hauptformen des weltlikhen Sinnes zu betrachten (vgl. auch z. B. E. Sartorius, die Lehre von der heil. Liebe. Stuttg. 1840. 1.78. Cato-ob. kam. Il.4. qu. 70)z erst Steinhofer, Lücke und Neander haben eine weitere, we- niger konkrete Beziehung der johanneischen Worte siatuirt, na- mentlich die »Augenlust« nicht auf die Habsucht beschränkt Bei der Bestimmung der drei Begriffe hat man sich von ver- 264 1Joh. I, 5—n, 28. schiedenen Gesichtspunkten leiten lassen. Socin ist von einer Dreitheilung der Güter ausgegangen und hat einen entspre- chenden dreifachen Mißbrauch derselben gefunden: Quem-active— dum omnia bona, quae absolute et per se ipsa perpetuo bona non sont, sed eatenus sunt bona aut esse censentuy quatenus cotnknodum aliqnod ea habenti after-unt, in tres species divjduntuk (aut enim pektinent ad Vaters-sales, aut ad ntiiitates, aut ad bono-sey, sie similiter vitia, quae ver— santuk cis-ca unutn aliqnod ex istis bonis, quatenus videlicet m0dus in iis quaerendis exceditur, ut in tres par-Les divi- dantuk et non plures necesse est. — Nam iibicio est excessus in vo1uptatibus, ever-sitt(- in utilitatibus, ambitio in honoribus quaekendis Aber wenn man dem Socin schon dies entge- genhalten muß, daß es durchaus nicht erwiesen ist, ob Johan- nes die vorausgesctzte Classisication der Güter gebilligt habe, so spricht ein ganz ähnlicher Einwand gegen Bengel und J. Lange (vgl. Bedo, Erasmus, Episcopius, S. Schmid u. a·), welche von einem gewißen psychologischen Principe aus erklärt haben: die Fleischeslust beziehe sich auf die sensus fruitivh den Geschmack und das Gefühl (Bengel) und um- fasse demnach Odium, potum, eoncubitutn (B ed a), die Augen- lust haste an den sensibus invescigativis, Gesicht, Gehör und Geruch, und begreise somit omnem curi0sitatem, quae iit in discendis aktibus nefariis, in contemplandis spectaculis turpi- bus aut superväcnis, in acquirendis kebus temporaljbus, in dignoscendis etiam oarpendisque vitiis proximorum (B ed a), endlich die Hossart bestehe darin, qunm se quis jactat in ho- noribus (Beda), quum qnis njmium sibj aut verbis aut factis assumit (B eng el). Sonach wird allerdings weiter gegriffen, als auf die vitia cardina1ia, Wollush Geiz und Hochmuth, je- doch blickt dies Schema durch, und Bengel sagt ausdrücklich, daß jene Laster mitzuverstehen seien. Man hat auch die drei Stadien in der Geschichte des Sündenfalles und in der Ber- suchungsgeschichte des Herrn verglichen (B ed a, Luther), nam- lich die Fleischeslust in dem Begehren nach der verbotenen Frucht und in der Versuchung, die Steine in Brod zu verwandeln, 1 Jokx u, is. 265 die Augenlust —— die man wohl richtigety mit Schöttgeiy in dem lüsternen Anschauen des Baumes finden müßte, Gen. B, 6 — in dem Wißen des Guten und des Bösen und in dem Blendwerke des Sprunges von der Tempelzinnq endlich die Hofsart in dem Gewordensein wie Gott und in der zugemu- theten Anbetung abgebildet gefunden. Diese Ausleger alle weichen von den sogleich zu erwähnenden folgerichtig auch darin ab, daß sie, wie z. B· Episcopius und Socin ausdrücklich bemerken, meinen, Johannes habe die drei möglichen und wirk- lichen Hauptformen der weltlichen Lust, die Cardinallüste, ge- nannt, während andere, wie Calvin, Grotius, Wolf, Jach- mann, Lücke, de Wette, Neander, Sander, entweder ausdrücklich behaupten, daß der Apostel nur beispielsweise ge- wiße Hauptformen des Weltsinnes habe hervorheben wollen, oder die Frage, ob ein vollständiges Schema beabsichtigt sei, aus sich beruhen laßen. Den Anhaltspunct zur Erklärung der drei johanneischen Ausdrücke sinden diese Jnterpreten vielmehr in einer bei den Griechen oder den Juden gebräuchlichen pa- rallelen Anschauungs- und Redeweise, von der man, nament- lich was die Enge. I. Hex-is. anlangt, auch im A. und N. T. Spuren zu sehen gemeint hat. So hat Schöttgen einen Spruch aus den Pirke Aboth (lV—, 21), in welchem es heißt, daß drei Dinge den Menschen aus der Welt treiben: Eifer- sucht, Begier und Ehrsucht hin-Fa, »von-II, VIII; meins, c0ncupjscentia, ambitios Vorzugsweise aber hat man sich an solche Ansspriiche der Griechen gehalten, in denen bestimmt die Wen-at, der nzoijscog und die -«,«,s,4 als Hauptgegenstände der menschlichen Begehrlichkeit genannt werden. Wetstein hat eine ganze Reihe derartiger Beispiele; am scheinbarsten ist das Wort Philos (a(l.Decal. 0pp. Il. 205): oi ycig «E).- Aha-m«- ueci Raps-Luni» aneig- 17 du«-ou§ ieai sen-IF aiäärjäoug —- mszezror Juli-»F sind xuosg Why-J§ Zxigsissjoaii Zmåvxriag øJ x9»,-»iea»-, J Käse-g, H« Hefe-»Ic- Durch solche Sentenzen die drei johanneischen Ausdrücke zu erklären lag besonders darum nahe, weil man in der Ema. c. zip-J. eine unzweideutige Be- schreibung der Habsucht zu sinden meinte, welche bei den Clas- 266 l Joh. l, 5 — ll, 28. sikern (vgl. Grotius, Heumanm Luther l u. a.) wie in der heiligen Schrist (Prov. 27, 20. Eccles 4, 8.) durch das gierige Auge bezeichnet wird. Allein gerade je unzweideutiger in jenen Stellen die »Kann-Fic- und die grikzoyäowfa und die Oriac-»in bezeichnet, wenn nicht ausdrücklich genannt werden, um so weniger hat man ein Recht, die unbestimmteren und weiteren Ausdrücke des Apostels auf jene drei concreten Laster zu beschränken, zumal da es im Zusammenhange unserer Stelle liegt nicht sowohl, daß einzelne bestimmt ausgeprägte Lastey als vielmehr, daß gewiße Aeußerungsweisen des weltlichen Sinnes gestraft werden. Den Geiz wird man im Sinne un- serer Stelle ebensowohl auf die Las-Juni» IF; trag-sei; als auf die Ernä- -x. sie-M» ja selbst aus die ckzugt r. »F. zurückführen können; auch die Wänden-Ja, namentlich die Wollust im en- gern Sinne stammt nicht minder aus der »Augenlust« (Matth. 5, 27), als aus der »Fleischeslust«. Das nächste formelle Judicium der richtigen Erklärung liegt in dem Parallelismus der Ausdrücke ej Zur-J. »Es— sing-»Es Und OJ Erst-J. sit-I«- rZryi9«aÄxru3s-. Wes! nämlich, wie Lücke trefsend urtheilt, in dem letztern Ausdrücke der Genitiv Ins» eins-sahns«- nur ein subjectivischer sein, also nur die den Au- gen inwohnende Lust bedeuten kann, so muß auch in dem völlig analogen ersten Ausdrucke die dem Fleische eigenthüm- liche, von dem Fleische ausgehende Lust gemeint sein. Aller- dings kann des Fleisches Lust auch nur auf das Fleisch, als ihr Objekt sich beziehen; allein das kömmt hier zunächst nicht in Frage, so richtig die Sache an sich auch ist und so wichtig auch dieser Gesichtspiinct für uns erscheinen wird, indem wir eben in diesem Umstande den innerlichen Grund erkennen, weshalb der Apostel von der Vorstellung der Objekte der Welt- liebe Hei» ssd s» «? mir-zip) in die Vorstellung der verschie- denen Formen der subjektiven Lust an der Welt läg-ä- -k. any-s. »O) übergeht. Zuvörderst ist kraft der Analogie von Leu-J. »Ja- öepskjncheasw festzuhalten, daß auch Frei-J. »Es— nur«-ei; nur die dem Fleische inwohnende Lust, welche also in dem »ein-cis. an dem mir« Z«- srzö »dem-·» ihr Objekt haben muß, bezeichnen 1 Ich. », te. 267 kann. Diese Auffassungsweise entspricht auch allein dem con- stanten biblischen Sprakhgebrauehe, indem weder bei den LXX noch in irgend einem Buche des N. T. sich eine Stelle findet, an welcher ein Objectsgenitiv von Herzens-Ja abhängig er- schiene. Johannes hat das Wort Feuer-»in außer unserer Stelle nur noch einmal im Evangelium (8, 44), wo er s. Lauf. rot; nnscgdg Ost-»Sei, nämlich e. Jan-Fahrt, schreibt. Ebenso sindet sich der Subjectsgenitiv Apor. 18, 14 Gewiss. sceJc wvzsjg auch. Nicht anders verhält sich der Sprachgebrauch der übrigen neutestamentlichen Schriftsteller. Es wird von Freie. ans» »und-as» (Rö:n.1,24. Vgl. Prov.21, 26. Sir.5,2. 18,30.), sie-II aus«-wog- (Röm. B, 12), russ- oieiisymnuw (1 Pest. 4, Z. Vgl. 2 Pest. 3, Z. Jud. IS. 18), »Es« oapnög (Eph. L, Z. Gal.5,16. 2Petr.2,18) geredet, oder es werden 37«-J-»,«-"a« noozuieaf (Tik. Z, I2) und nagte-ist«« (1 Pein 2, II) genannt, aber niemals wird das Objekt dieser falschen Lust in der Form eines unmittelbaren Genitivs hinzugefügt. Paulus umschreibt Phil. 1, 23 den Gegenstand seiner heiligen Lust, indem er das Ziel, zu welchem sie hinstrebt, angiebt: wes» åex«J-»«««’a» syst-»- kic ed »Oui«-Juni, während Origen es (bei Lachmann) diese Worte, dem klassischen und dem patristischen Sprachgebrauche gemäß citirt: cost? usw-lesen«- Ähnlich beschreibt Marcus (4, 19. us« rrsgi To? Tom-L Zwist-»Im, vgl. Winey S.177) die Dinge, um welche die weltlichen Liiste sich zu bewegen pflegen. Nur an zwei Stellen (Ephes. 4, 22. Sees-I. »F; ein«-Enke- 2 Petr. Z, 10. Zeus. »in-mais) ist ein Genitiv unmittelbar mit å7r«-Jc4«’a verbunden; derselbe bezeichnet aber nicht das direkte Objekt, sondern charakterisirt die Art der Lust (vgl. Winer, S..172 fs.)· Demnach meint Johannes, indem er als die erste Erscheinungsform des »Wenn» sei» »das-o» die sahst-»Ja »Je- aagsscig nennt, die der ooipx eigenthümlichtz verkehrte, von Gott abgewandte Lust siiizoyog einiges) Wie der Apostel Paulus die aoipx mit ihrer Fasse-»fo- dem away» entgegensetzt (Gal. 5, 17), und die sleischliche Gesinnung als Feindschaft wider Gott bezeichnet (Röm. 8, 7), so scheidet auch Johannes unbedingt zwischen der Liebe zu Gott und der Liebe 268 l Joh. l, 5 ———ll, 28. zur Welt (V. I5), und schaut diese als flcischlich, jene als geistlich an. Die Begriffe isöoxmg und sein; sind einander correlat. Von Natur sind alle Menschen Fleisch vom Fleische geboren (Joh. 3,6), gehören alle zur Welt und lieben die Welt (V. 15)z aber durch die Mittheilung des göttlichen Gei- stes in Christo (Ill, 24. lV,13.), durch die Wiedergeburt aus dem Geiste (Joh.3, 5 sll.) werden die Glüubigen mit der Liebe zu Gott erfüllt, weil sie in die reale Lebensgemeinschaft mit Gott eintreten und nun nach dem Gesetze der heiligen Ver- wandtschaft ebensosehr Gott, aus dem sie geboren worden sind, lieben, als die Welt hassen, sreilich anders, als sie von der Welt gehaßt werden —— ebenso gewiß im Geiste wandeln, als dem Fleische absterben und die Lüste und die Werke des Flei- sches fliehen. Die neue Geburt hat eine neue Verwandtschaft, eine neue Liebe gegeben. Die ursprüngliche Liebe zur Finster- nis, die natürliche, fleischliche Lust an der gottwidrigen Welt hat einem neuen, göttlichen Leben Platz gemacht, die heilige, selige Liebe zum Licht, die geistliche Lust an Gott ist entzündet, weil die lebendige Erfahrung der Gottesgemeinschaft durch Christum im heiligen Geiste vorhanden ist. Das ganze Gebiet jener von Gott abgewandten, auf die Welt gerichteten Lust umspannt Johannes mit dem Worte s; Zmsvxsia DE; any-des. Der Ausdruck ist generisch, wie der Artikel zeigt. Die Species dieser Fleischeslust sind unzählig, weshalb Petrus (1 Petr. 2,11) die Christen ermahnt, sich zu enthalten »Ja- aagncssusp sm- sJwurxJw (Vgl. GaL Z, I9. 24. Eplx Z, Z.), Und Tit. Z, 12 in ähnlicher Pluralform åncwxicai ssoaxuiial genannt werden. Ein wesentlicher Unterschied in der Sache ist deshalb zwischen dem oiyanokv röas wär-»m- 15) und der Zrrcåvxcia »Es· eng-»He (V. 16) nicht vorhanden; nur die Anschauungsweise ist verschieden. Dort wird die gottentfremdete Gesinnung nach dem verkehrten Objekte, worauf sie geht, bezeichnet; hier wird in subjectivischer Weise die böse Lust, die verkehrte Liebe selbst, nach ihrer wesentlichen Art und ihrem eigenthümlichen Ur- sprunge charakterisirt Fleisch und Welt aber gehören zusam- men, als die beiden Seiten einer ethischen Vorstellung. Beide I Ich. II, 16. 269 Begriffe haben einen gleichen Ausgangspunkt und entwickeln sich völlig gleichmäßig Wie wir oben bei der Vorstellung des »He-»or- gesehen haben, so ist ursprünglich auch der Ausdruck ewig;- eine vox meciia und bezeichnet nur das sinnliche, irdische Substrat der menschlichen Natur. In dem Sinne sagen die Apostel, daß der Logos Fleisch, cui-DE, geworden, im Fleische, d. h. als wirklicher, leibhastiger Mensch, erschienen sei (lV, Z. Joh. 1, 14. l Tun. Z, 16). Aber die sinnliche, irdische Natur des Menschen, die nur an dem sinnlichen iicioziog haftet, das Fleisch in seiner natürlichen Beschaffenheit ist eben, nach dem Siindenfallh das von Gott Entsremdete, dem göttlichen Geiste Widerstrebende. Die böse Lust, welche die Mutter der Sünde ist (Jac.1,14. Röm.·7,7sll. 8, 3 sll.), hat ihren Sitz im Fleische genommen. Darum bedeutet ask-F, namentlich bei Paulus, aber nicht minder bei Johannes, die ganze von Gott abgewandte, in dem isöoxmg gefangene, verderbte Natur des Menschen, die ethische Bestimmtheit des Menschen, nach wel- cher er seinem natürlichen Ursprunge zufolge (Joh.1,13, 3,6) in Feindschaft mit Gott, im Haße gegen Gott, in Unheiligkeih Unfreiheit, Jrrthum, Sünde und Tod lebt. So redet Paulus von einem Wandeln oder Leben nach dem Fleische (Röm.8, 12 sl.) oder im Fleische (Röm. 7, 5. 8, 9), und Johannes von einem Richten nach dem Fleische (Joh.8, 15)z und jenachdem der Ausdruck aoipx in seiner ursprünglichem einfachen, nur die creatürliche Sinnlichkeit des Menschen bezeichnenden Bedeutung oder in dem daraus entwickelten, ethischen Sinne genommen wird, kann von den Gläubigen, die wirklich mit Christo ge- storben, und neu geboren sind, gesagt werden, daß sie noch s«- aag«i, aber nicht new-S only-m, leben oder daß sie nicht mehr F«- oapsst sind (Gal.s2, 20. 2 Cor. 10, 3 sll· Röm. 7, 5. 8, 9. Vgl. 8, 5). — Gleichwie nun aber im urspriinglichen einsachsten Sinne die Augen einen Theil des menschlichen Fleisches, des Leibes, bilden, so erscheint auch in der ethischen Sphäre die Zier-Misso- -ca3- ögmsazxsasu als eine besondere Art der die gesammte Weltliebe umspannenden sure-Hist» wjc any-cis. Es ist von hoher practischer Bedeutung, daß neben 270 I Joh. l, 5——Il, 28. der allgemeinen »Fleischeslust« noch insbesondere die alltäglich vorkommende, ebenso unscheinbare als unheilvolle ,,Augenlusi« gestraft wird. Bei den Classikern wie in der heiligen Schrift erscheint das Auge als ein vorzügliches Vehikel der sinnlichen Lust. Namentlich Geiz und Wollust malen sich im Auge und werden im Herzen aufgestachelt, wenn das liisterne Auge sich an den Gegenständen der unreinen Begierde zu weiden be- ginnt (Eccles. 4, 8. Prov. 27, 20. Hiob 31, I. Matth 5, 28). Aber jede Art von Lust kann durch das Auge angeregt wer- den (Gen. Z, 6). Dies wird in der Stelle aus dem Testa- mente Rubens Fabricius, Und. pseudepigtc Ver. Mast. l. g. 522), welche trotz des Widerspruchs von Seiten Sand ers verglichen werden muß, sinnvoll ausgedrückt, indem unter den sieben Geistern der Versiihrung Gwsiixrwa IF; »Ach-»F) als zweiter der Geist des Gesichtes, wodurch die Lust erzeugt wird, erscheint: cfrrjregop »wes-sue: spät-sung, Fee-J« H; yfwrsrcrr sm- Fesseln. Endlich nennt Johannes als besondere Art der Liebe zur Welt die oizaxoysia Im? Blau, welche streng genommen so gewiß, gleich der Irr-II. sc. spät-ehren« in der Zuerst-»Fo- III; emgxög schon mitbegriffen ist, als diese selbst im Wesentlichen dem oZycmcsw M«- nesesxroøi kvngruent ist. ZMOTUIA ist eigent- lich so viel als s» all» gab« eizuixre-og, d.h. ein Vagabondtz ein umherziehender Marktschreier. Hieraus ergiebt sich leicht der Sprachgebrauch, nach welchem, wie Hesychius und Sui- das erklären, eile-Fair- synonyrn ist mit »Ach-»F, wen-Mr, Irren-Smarag- Suidas bemerkt selbst: ickiwg oiäaxdwak Ende zur-»Fort«- SIeoEZOMH årrri Ich-e«- årrayyäzäopscur srkpi usi- »O) Jana-». So bezeichnet eile-grös- überhaupt einen Menschen der überhebt (c3 rosigen-cis- THC Hat-Tot«- oZEforg Ungarn-Ism- imi Wien-ad) und entspricht dem Lateinischen glokjosus (vgl. Wetstein zu Rom. 1, 30). Als das Gegentheil der asia- Consia gilt den Griechen die Sigm-»Ja, denn während jene mehr zur Schau trägt, als recht ist und über die Wahrheit hinausgeht ((3 »« yaip OTTO-Taf» sei-r»- 0· Allein) scab- III-up- xöwwri auch? ngocrrorouzkswc esse-o« II« risse-o« as« xrsJ 0?J’»-), 1 Seh. n, te. 271 bleib; diese absichtiich hinter de: Wahrheit zukiick (.si«9««- «; es« scö Fern» esfysow riori »und, Zu« Jvpäsrcwoc kecke-sey; ers) W— »wes-Jud, so daß die Wahrheit zwischen beiden in der Mitte liegt (vgl. Wetstein a. a. Q.). So erscheint bei den Classi- kern die Klagen-ei»- neben der ein«-pfa- und der »ein-Juki» (P01ybius, Hjstotn ed. case-ab. p. 272. 889.); und Theo- phylact sagt (zu Rom. 1., bei Suicer), daß aus der Eier— Tor-ein- die ijsckprg herstamme. Jn den griechischen Verstonen des A. T. entspricht eile-goti- mit seinen Derivaten, synonym mit sJ-sps,3pcri-og, den Wörtern sing, III, Hsrxz und ähnli- chen (vgl. Viel, s. v.). In den alttestamentlichen Apokryphen findet sich derselbe Sprachgebraukh Das marktschreierische Großprahlen der egyptischen Zauberer (Sap. 17, 7. se. en) Oper-Osak- tixoegc Fflsyxog årxgtisprosroex das übermüthige Ge- fühl des Reichthums (Sap.5,8. nzoösrog gis-»F? Fängen-eine) wie die titanenhafte Vermessenheih die es Gott gleich thun will, (-,«« Herze) nie-ändern»- oZÄa;'o1-s-"a. 2 Mark. 8, 8. vgl. 5, 21 Hexenheer-»Ja) oder sich über Gottes Gebote frech hinwegsetzt (2 Mark. IS, S. ers-cui nur««- ciäagc IJQEOZEOAZWX Werden mit demselben Worte bezeichnet Jm neuen Testamente srndet sich das Wort kliaxaiei zweimal, Rom. 1,30 und 2 Tun. 3,2, an beiden Stellen unmittelbar neben cjneqøjspamixz in der Römerstelle nennt Paulus auch noch die usw«-case. Das Nomen diagn-»sic- steht außer unserer Stelle nur noch Jan 4, 16, wo eine ge- wiße prahlerische Vermessenheit Hauzokosse s» was; »Ja;- Hase) in die Sphäre der »Dir-Consis- gelegt wird. Auch bei den Kir- chenvätern sindet frch das Wort nicht selten. Clemens von Rom (Ep. I. O. IS) sagt Von Christo: ou«- OJÄIJEW äs- Itosrrrrzn DER-ergossen; GIVE Jers9rZØor2-f(ep, irr-fass) Åuueixekwoks oZUoZ en»sc»o(«)o»r5e-. Theop-hylact, nach Oecutnenius, sagt zU V.20.21, daß es ein seasrerlasowuszsoäerr gegen die Gläu- bigen gewesen wäre, wenn Johannes nur sich selbst, nicht auch ihnen allen, die Erkenntnis zugeschrieben hätte, von der er dort redet. An unserer Stelle erscheint die Vorstellung der clzagoysia durch den genitivischen Zusatz we? Ein» genauer bestimmt. Dieser Genitiv ist ganz ähnlich wie der in den 272 l Ich. l, 5-—l"l, 28. beiden vorhergehenden Ausdrücken san-J. »F§ eng-us; und was» Sense-Mai«- als ein Genitiv des Subjectes zu betrachten. Wie bei Lukas (8,14) die seien-at sein? Mo» genannt werden, so nennt Johannes die dem Mo; anhastende, an demselben steh darstellende, ihm eigenthümlich zugehörende eizaxasisfn eine Ging. Im? »Ist-«. Der Sinn dieser Construction wird in ei- ner tresslichen Parallelstelle aus Polybius (Hist.Vl, 57. Eil. "casaub. p. 498) umschriebem i; weg; Tode« kfiovg »Ein-Hawaii«- uni no2sJså2s-oe, während zuvor gesagt ist: Tau; »Ja« Hin-us Junker-Ja« noiucsäsossägouzn Polybius setzt den Plurah weil er sich das Sittenverderbem wie es sich in dem Leben aller einzelnen Bürger zeigt, vorstellt (vgl. das. P. 629 D. mit 630 B. C. D. Kühner, H, S. 28). Johannes bewahrt seinen all- gemeinen Standpunct und drückt die principielle Bedeutung seines Gedankens durch die Singularform des abstracten rot? Mo» aus. Bin; bedeutet (vgl. Suidas s. v.) erstlich ais-d ») gis-Ia, das Leben an sich (.Hesychius: Fand, so daß sich leicht die Vorstellung der Lebensweise anschließt, in welchem Sinne ein Kirchenvater (bei Suid as. Vgl. auch viele Bei- spiele bei Suicer) sagt: ej Im? Xpunocs End-Mala- ckejo Mai-c woxioässsi Ist-i Tasse-ow- Zweitens abet bezeichnet Flog, nach einer leichten Metonymie (Kühner, lI S. 25), die Mittel zum Leben, wie Suidas sagt: øJ out-Za- ssaöu usssyxcaiscws (·Hesy- chius: new-wasch. Beiderlei Sprachgebrauch findet sich im griechischen A. T. (vgl. Biel s. v.), wie im N. T. In dem ersten Sinne lesen wir das Wort I Tim. 2, Z. I Petr. 4, Z. ferner Luc. 8, 14 und 2 Tim. Z, 43 in der zweiten, metony- mischen Bedeutung: Luc.8, 43. 15,12.30. 21, 4. Marc.12,44. endlich in unserm Briefe l1l, 17. Zweifelhaft isi die Bedeu- tung des Wortes an unserer Stelle erschienen. Bretschneid er (Lex. s. v.) z. B. hat an unserer Stelle, wie til, 17 Mo; durch iiivitiae erklärt und demnach unter ask-g. c. »F. das Großthun mit dem Reichthum, die Hoffart, die mit irdifchen Gütern sich breit macht, verstanden. Schon ältere Ausleger (vgl. Wolf) haben ähnlich geurtheiltz auch Lücke combinirt unser zFioc mit Hi, 17 und erklärt die ewig. sc. K. als eine »auf das äußere l Joh. H, IS. 273 sinnliche Leben bezogene, als die Großthuereh Übermuth im Nichtigen und Leuen, Großthuerei mit dem äußern sinnlichen Leben-«. Aber wenn Johannes dies sagen wollte, warum schrieb er den» nicht »; »so-im? Richtig uktheiit de Wette, wie es scheint gegen Lücke, daß Mo; an unserer Stelle nicht die Lebensgüter, sondern das Leben selbst bezeichnez aber er selbst scheint, wie Lücke, die Ebenmäßigkeit der johanneischen Redeweise zu verkennen und c. Mo» für einen gen. object (,,der mit Hoffart und Übermuth verbundene Genuß des welt- lichen Lebens-«) zu halten. Johannes straft vielmehr den in der Art und Weise des Lebens sich darstellenden Übermuth, welcher freilich auch nur auf die Güter dieses Lebens, Reich- thum, Ansehn, Leibesschönheih Geistesgaben u. dgl. sich grün- det, aber nicht in dieser Beziehung vorgestellt wird; sondern, analog den Ausdrücken Fuss. sc. ein«-». und c. öcxxxsazxiaiw bezeichnet die Flug. sc. K. in subjectivischer Faßung des War« die sich brüstende Lebensweise, jene widerwättigh der heiligen aus Gott stammenden Bruder- und auch Weltliebe entgegen- gesetzte Offenbarung der Selbstsucht, des Bruderhasses, des weltlichen, sieischlichen Sinnes, der sich hochmüthig, selbstge- sällig über den Nächsten erhebt, den Nächsten bedriickt, kränkt und verachtet. Wie diese Hoffart des Lebens sich practisch darstellt, deutet Theophylact an, indem er die Ciacco-sic- als Mutter der sitz-sc, der superbiktz bezeichnet. Ohne Recht und Billigkeit greift der eigenwillige, selbstsüchtige Hochmuth in alle Güter des Nächsten hinüber. Vortrefflich schildert Po- lybius (l. o. IV. P. 272 B) die est-pure;- oizagorssfoe der Ae- tolier: skouzselowsg riet erkor-eurem» nat Fyxzcaicføy Hase« Blau, 01Jc)«’å1-—or’»e7oi- Rose-ro- tksz ssyoixxckwoc wol-Extra. Sie lebten nicht gern auf eigne Kosten, sagt er, sondern seien ge- wohnt von ihren Nachbarn sich erhalten zu lassen. Jst so der Sinn der johanneischen Vorstellung der »Die-C. c. Mo» richtig entwickelt, so zeigt sich erstlich das vollste Eben- maß in den drei zusammengestellten Ausdrücken Fuss. syst-»g- någz sind. r. örpäoryrasp Und oizoes sc. Flor« Alle drei Ge- nitivbestimmungen sind subjectivischer Natur. Ferner tritt das I. 18 274 l Joh. l, 5——ll, 28. innere Verhältnis der drei Vorstellungen unter einander rein und wahr hervor· Die zuerst genannte Fleischeslust, die um- fassendste und tiefste Bezeichnung der Weltliebe (V.15) begreift sowohl die Augenlust, als die Hossart des Lebens oder, wie Luther richtig umschreibt, das hoffärtige Leben in sich. Ob Johannes sich in der cito-F. sc· ff. die äußerste Spitze des welt- lichen Sinnes, bei der er absichtlich abbreche, denkt, wie Liicke urtheilt, ist wenigstens nicht deutlich indicirt, und es wird schwer zu sagen sein, ob der Apostel der mehr in der Hoffart des Lebens oder der mehr in der Augenlust stch erweisenden Flei- scheslust,. der mehr hoffärtigen oder der mehr augenlustigen Weltliebe eine größere Spannkraft im Widerstande gegen die heilige Liebe aus Gott und zu Gott zuschreibez jedenfalls aber erscheinen Augenlust und Hoffart des Lebens, je natürlicher sie mit einander vorkommen, um so mehr als die beiden Haupt- formen des 1veltlichen.Sinnes, der Fleischeslust, der Liebe zur Welt. Endlich aber liegt auch in der ganzen lebendigen Be- deutung der drei zusamtnengestellten Momente die Erklärung der Schwierigkeit, daß der Apostel die Vorstellung von den in der Welt befindlichen Objekten der Weltliebe in die Vor- stellung von der Lust an jenen Objekten umsetzi. Als Vermit- telung dieses Wechsels haben wir schon oben den Umstand be- zeichnet, daß die Sen-J. ers; any-s. voransteht, eine Vorstellung die einerseits am vollsten den Inhalt des okyamiw spär- rief-»so«- umspannt, während anderseits, indem das Fleisch als Subjekt der Lust genannt wird, es in der ethischen Natur der Sache begründet liegt, daß auch als Object dieser Lust nur das Fleisch, im Sinne von Gal. 6, 8., betrachtet werden kann. Wie die Zwist-»fo- dem oiyarrckrz so ist die using dem »sich-sog, »F s» ex? »He-»Hu, mir! scö s» s. ». (V. 15) paralleL Nur was selbst Welt oder, nach einer andern Anschauungsweisp was selbst Fleisch ist, wird durch die von dem Apostel gestrafte Liebe zur Welt oder Lust an der Welt getrieben. Die Lust des Fleisches, sowohl in der Gestalt der Augenlust als in der des hoffärtigen Lebens, geht aus die Welt, auf· das Fleisch, wie sie daraus stammt und daran haftet. Johannes schaut gewißermaßen Ess- cccccccc a«- 1 Seh. u, is. 275 zweierlei Kreisläufe des ethischen Lebens an. Es giebt ein Leben aus der Welt, das in Weltliebe, in Fleischeslust, Au- genlust und Hofsart zur Welt zurückgeht vom Fleische zum Fleische hin, —- das ist das natürliche Leben aller Menschen vor der Wiedergeburtz aber es giebt auch ein Leben aus Gott zu Gott, das Leben der Gläubigew Immerhin ist noch Welt, Fleisch, Finsternis, Sünde in den Gläubigen (vgl. I, 7 fll.), aber nur als gebrochene, immer mehr versrhwindende, vor der sich immer mehr auswirkenden Wahrheit und der fiel) vollen- denden Freude zuriickweichender Rest. Das ist das Leben in der Freiheit und der sittlichen Arbeit der Heiligung. Je tiefer wir also die johanneische Vorstellung von dem risse-»O; und allem, was darin ist, in ihrer durch den Zusammenhang und die Haltung unserer Stelle angezeigten ethischen Bedeutung fassen, um so einfacher und sachgemäßer erscheint die Umfor- mung dieser Vorstellung von den Objekten der Weltlust in die, durch Apposition angefügte, Vorstellung von der subjektiven Lust selbst und ihren wesentlichen Darstellungsweisem An die- sen in appositioneller Form neu eingeschobenen Subjertbegriff schließen sich nun zunächst die Prädikat« ad« Zeiss»- åii rot; sur-onus. oDUI Z« Tor? »He-»or- FIIL Schvn oben ist darauf hingewiesen, daß diese Aussage, wodurch der warnende Satz Hat» »F ckyancj r. »He-««- otiu For« ej« oh« sc. kratz» s» aIJscYJ"(V. 15) begründet (e·)"-« V. 16) werden soll, eigent- lich nur jenen Gedanken in einer neuen, kräftigen Wendung wiederholt. Zumal nachdem wir die Heu-Wut« und die ekla- Cosixla V. 16 gradezu als Darstellungen des Quark» se. »He-». V.15 erkannt haben, tritt das einfache logisrhe Verhältnis der einzelnen Glieder klar heraus. Liebt nicht die Welt! Wenn jemand die Welt liebt, so liebt er nicht den Vater, denn alles, was in der Welt ist, die weltliche Lust, die Liebe zur Welt ist nicht aus dem Vater, sondern aus der Welt. Dies ist der einfache Gang der johanneischen Paraklese Das eigentliche, im Sinne des Johannes freilich tief genug gehende, bewei- sende Moment liegt in dem lebendigen Verhältnis zwischen den conträren Objekten der Liebe, »die Welt« und »der Vater« IS« Ess- cccccccc a«- 276 l Joh. l, 5—Il, 28. einerseits und dem wesentlichen Ursprung jener Liebe, s» am; nasgög —- sszic scmJ »das-ou, anderseits. Gänzlich nichtssagend muß freilich die apostolische Rede erscheinen, wenn man den Salz; ou« Eos-«- Fsr rot? nur«-gös- WL umschreibt: non est in bis perfeotjo majalis, wie Rofenmüller gethan hat. Auch Socin trifft im Geringsten nicht den Sinn des Johannes, wenn er erklärt: valde ciissident ab fis, quae Deus per chri- stum nos sectakj jussit Vergl. S. G. Lange: »es gefällt Gott nicht«. Treffender ist schon Socins Umschreibung der letzten Worte: ex jpso munciano syst-irrt, a divino spät-jin di— stincto, promanarunr Die übrigen Ausleger, selbst die besten, wie Calvin, Bengel, Lücke, haben die wichtigen Schluß: worte von V. 16 kaum beachtet. De Wette, der dieselben ins Auge faßt, weist weder ihren eigenthümlichen Sinn noch ihre organische Stellung in dem ganzen Zusammenhange nach. Unsere Ansicht ist während der Auslegung Von B. 15 und V. 16 schon herausgetretem Durch unsern ganzen Brief (vgl. bes. II, 29. 1Il, 7 sll. W, 2fll. 7sll. V, 1 fll.) geht die An- schauung, die auch im johanneischen Evangelio herrscht, daß nur der aus Gott stammende Sinn aus Gott gerichtet ist. Wer aus Gott geboren ist, der liebt Gott, erkennt Gott (1l, 3sll.), thut nach Gottes Willen(V.17). Gott selbst, der uns zuerst geliebt hat, nämlich in Christo, d. h. in seinem menschgewordenen Sohne, hat in uns die Liebe erzeugt, die mit sittlicher Nothwendigkeit auf den Vater zurückgeht und ebenso nothwendig die Brüder umschließt. Von der Welt wird diese Liebe gehaßt, weil sre nicht aus der Welt herkömmt Sie hängt nicht an der Welt, so wenig als die aus der Welt stam- n1ende, auf die Welt gerichtete, verkehrte Liebe, die Fleisches- lust u. s. w., auf den Vater oder die Kinder Gottes gehen kann. Johannes greift also in der That bis auf die Grundlagen des sittlichen Lebens zurück, indem er seine Leser an den wesentlich verschiedenen Ursprung der Weltliebe und der Gottesliebe er- innert. Der innerste Kern der Sache ist damit enthüllt und zugleich ein Durchblick durch den ganzen Proceß der Welt- liebe, wie der Gottesliebe eröffnet, bis zum Ende hin. Dic- l Joh. ll, l7. 277 fes Ende aber wird mit außerordentlicher Kraft noch ausdrück- lich gezeichnetr V.17. »Und die Welt vergeht und die Lust derselben; wer aber den Willen Gottes thut, der bleibt in Ewigkeit-«. Das parakletische Moment sowohl in dem warnenden wag— XVI-rat, als in dem verheißungsvvllen »Es-sc es;- sråw ais-Zw- muß um so bedeutender erscheinen, je genauer einerseits der »san«-g und die Zwist-»Ja ausser? V. 17 dem Jena«-m; Und de! kniest-»tr- (Und Fluge-wire) V. 15 Und IS, anderseits unser via-es«- scö ksäjlszna im? Wen) der vorher genannten ciyoinøy sen? dem) entspricht. Die Welt, welche zu lieben der Apostel warnt, vergeht; die Lust·, welche nur aus der Welt ist und an der Welt klebt, vergeht — wie darf also der Christ sich ihr gefangen geben? Dagegen hat die Liebe zum Vater, welche des Vaters Willen thut, die Verheißung des ewigen Lebens, sie bleibt in Ewigkeit —- kann also wohl ein Zweifel fein, ob wir die Welt oder den Vater lieben, ob wir der Flei- scheslust, der Augenlust, dem hoffiirtigen Leben, der Lust der Welt dienen oder den Willen Gottes thun wollen? Offenbar greift der Apostel mit diesem kräftigen Schlusse auf V. 15. 16 zurück; insbesondere deutet die Zusammenstellung der Fressen-Ja mit dem »denn; auf V. 16 hin. In diesem festen Zusam- menhange liegt aber auch die Norm für die Auslegung von V. l7. Der ssöoxcog kann hier nicht in einem weiteren Sinne als in V.15.16 verstanden werden, nicht bloß von dem sinnlichen Weltgebäude, sondern durch den Zusammenhang mit dem Vor- hergehenden, durch das nagoiyecoxz im Gegenfatze zu dem »He-« UT» durch den Zusatz mi O; Sass- ktu’«-. im Rückblick auf V. 16 und im Gegensatze zu e? J? non-J» sc. Bd. r. drin? wird die Welt grade als die von der Sünde beherrschte, von Gott abgewandte und eben wegen ihrer Gottentfremdung dem »Vergehen« anheimgesallene bezeichnet. Die Welt liebt und hat Gott nicht, in welchem doch allein das Leben ist, sie haßt Christum, in welchem das ewige Leben erschienen ist. Die Welt ist deshalb im Tode, sie vergeht. Johannes schreibt also im ethischen Sinne: e; nor-»or- nageiyerokn während Paulus, 278 I Ioh. I, 5——II. 28- indem er sagt: wogen-E»- yoip ca ozsJxrw srmJ gesetz-o» rot;- seov (1 Coin 7, 31), mehr die physische Seite der Sache her- vorhebt. Die ethische Bedeutung des stät-»o- wird aber beson- ders durch den Zusatz «« s; Friede-»in kränke? markirt. Ab- gesehen nämlich von der schon oben abgelehnten metonymischen Erklärung (»die zur Lust reizenden Dinge in der Welt« Cal- vin, Episcopiu s, de Wette), wird sich auch die Meinung derer nicht halten lassen, welche, wie Lücke, Neander, San- der u.a., den Genitiv unsern; als gen. 0bject. betrachten und »die Lust an der Welt, die Begierde nach der Welt« erklären· An und für sich möchte es freilich keine Schwierigkeit haben, daß, während die Genikive (««Jg Sag-»Ze- WZJ bei a; Haus-zufo- V. 16 subjectivisch waren, in V. 17 ein gen. objech zu demselben Nomen träte; iallein erstlich haben wir schon oben bemerkt, daß im biblischen Sprachgebrauch niemals ein gen. 0bject. unmittelbar von s; Fasse-»Ja abhängt, zweitens aber zwingt uns der Parallelismus der Gedanken, in V.17 die Haus. kreisen? als die dem »Ja-sog inwohnende, von ihm ausgehende, ihn beherrschende Lust zu verstehn, weil die Harz-J. wären? wesentlich ganz gleichgestellt wird der Fuss. se. etc-gis. (e. zip-J· til-org. is. «6«.), welche in der Form der Appo- sition das Eos«- ed Z» scxö »He-»a- vertritt. Freilich versteht es sich auch hier von selbst, daß die der Welt eigenthümliche Lust nur aus die Welt selbst und das, was in ihr ist, gerichtet sein kann, aber dieser Gedanke wird, wie uns scheint, von dem Apostel nicht ausdrücklich hervorgehobem Die johanneische Borstellung, wie sie vorliegt, geht in der That tiefer, die Pa- raklese ist schneidender. Die Lust selbst vergeht, wie die böse, von dem Leben Gottes abgesallene Welt. Die Fleischeslust, die Augenlust, die Hoffart des Lebens, worin sich das ver- derbte Wesen der Welt offenbart, die eigne Lust der Welt an sich selbst, die ungöttliche Liebe der Welt, mit der sie nämlich an sich selbst hängt, vergeht, wie die Welt selber. So scheint uns der Apostel seine eigenthiiknliche Anschauungsweise darzu- legen, nach welcher die Welt eben als von Gott entfremdete, als ihrer eigenen Lust unterworfen« vom Leben geschieden ist. 1Jvh. II, l7. 279 Weil die Welt sich selbst liebt, deshalb hat sie den Tod in sich —— nur wer den Vater liebt, hat das Leben. Diese Kehr- seite setzt nun der Apostel sogleich ins Licht: if ckk »aus»- ed DER-azur- sxois »Ja-ais, ziäwer es; Its» ais-Zwar. Wir haben schon zu It, 3—6 gesehen, wie wesentlich ziisatnmengehörig die Borstellungen von« dem Thun des Gotteswillens und von der Liebe zu Gott sind. Das Halten der göttlichen Gebote (B. 3.4.), das Halten des göttlichen-Wortes (V. 5), das Wandeln nach Christi heiligem Vorbild (V. 6), kurz das Thun des gött- lichen Willens (V.I7) ist der einfache, no·thwendige Ausfluß unserer Liebe zu Gott, weil diese Liebe wahrhaftes Leben ist, nämlich Leben in Gott. Eben deshalb gilt auch von dieser Liebe das »rein« »Z- ssdw ersah-a( Wie Gott» selbst in Ewig- keit bleibt —- einige Zeugen bieten sogar diese Worte am Schluße von B. 17 — so bleibt auch der in Ewigkeit, wel- cher in Gott bleibt, in seiner Lebensgemeinschaft (l,3), per- sönlich mit ihm verbunden, d. h. wer ihn liebt, an ihn glaubt, ihn erkennt und demgemäß sein eigenes göttliches Leben da- durch erweist, daß er den Willen Gottes thut. Jn den ver- schiedensten Wendungen findet sich diese Anschauung überall bei Johannes (ll, 24. III, S. 24. IV, IS. 15 fl. Joh. S, 40. 47. 50 sit. 8,35.51. 15, 4sll·). Dem »das-ob und der Sie-Hinsic- aäcoiJ steht also, und zwar in personaler Bestimmtheit, wo- durch die Spertinenz des Gedankens wesentlich gehoben wird, entgegen e; »so-ass- -. Ast. sc. Eh, wie anderseits dem via-pos- yiscac das »Es« its« w. use-Iw- entspricht Der Eintritt jener pcrsonalen Form ist deshalb durchaus nicht inconcinn, weil die Haus«-to- grade je deutlicher siesaus die Laie. c. wisse. net. zurückgehh um so leichter eine personale Vorstellung an die Hand giebt. Fleischeslust, Augenlush hossärtiges Leben sind ja eben die Formen, in welchen an dem einzelnen Men- schen die der Welt inwohnende Lust an sich selber sich zeigt. In der Liebe des persönlichen Menschen zur Welt (V.15) stellt sich wesentlich die Welt selber in ihrer Gottwidrigkeit, mit ihrer eigenthiimlichen Lust dar. Indem aber der Apostel in der concreten personalen Form (e5 W sie-»Hi- »)..) abschließt, 280 l Ich. l, 5—-ll, 28. rundet er die Masse seiner parakletischen Gedanken, die V. 15 gleichfalls in personaler Bestimmtheit aufgetreten waren, zum vollen Ebenmaß ab. Eine Bemerkung ist schließlich noch über die Bedeutung des Spräsens sinke-Syrinx, dem das Präsens »Ja-« analog ist, zu machen. Viele Ausleger haben ohne genaue Würdigung der präsentischen Form nach ihrem allgemeinen exegetifchen Takte ausgelegtz einige aber haben entweder ausdrücklich das Präsens erörtert oder doch so ausgelegt, daß eine bestimmte Vorstellung zu Tage tritt. Als strenges Präsens (»ist im Ver- gehen begriffen«), wie V. 8, hat Meyer (zu I Cor. 7, 31) unser wagst-was, gleich dem Paulinischen nupklykx fassen wollen. Ähnlich hat J. Lange geurtheilt, daß die Welt fortwährend gleichsam auf dem geraden Wege zu dem bevorstehenden Unter- gange sei. Allein in V.8 ist die Beziehung des Prasens wagoiyerar durch das hinzugefügte W» mais-» gegeben; auch 1 Ein. 7, 31 ist dieselbe Beziehung durch den Zusammenhang (vgl. daselbst V. 26. 29) und durch die bedeutungsvolle Vor- anstellung des nagst-«» indicirtz an unserer Stelle dagegen fordert das analoge ziåaisr eine andere Beziehung; die Vor- stellung Luxus» is» Lock» V. 18 darf man aber noch nicht in V. 17 heriibernehmem weil in dem neuen Gedankengangh der rnit V.18 beginnt, jene besondere Borstellung selbst erst an die allgemeinere Hinweisung auf die Vergänglich- keit der Welt B. 17 sich anlehnt. Andere Ausleger ha- ben das Präsens geradezu in ein Futurum umgesetzt, wie z. B. Beda die richtige Übersetzung transit hat (vgl. die Ba- rianten der Vulgate, tkansiey Hans-wir, bei Lachmann), dann aber erklärt: tnundus trete-sähen quum in die judjoii per ignem in meliorem mutabjtur Agra-am, ut sjt ooelum novum et tat-m now-a. Transäbit et concupiscentia eins, quia tempus pa- trandae luxuriae vel aljcujus peccati ultra non ern. Noch andere Jnterpreten haben an der Präsensform vielmehr eine Aussage über die der Welt als solcher eigenthümlichen Ver: gänglichkeit gefunden. Die Welt vergeht, d. h. sie ist ver- gänglich So hat ganz klar Qecumenius ausgelegt: »F l Ich. ll, I8—-28. 281 goes-eignes åvreseixosjxeascce ou«- Fzee sei ,«k"»e)» «« see-i Fasse-Je, XII-as noepeiyesxoek w; J? nasses TeZ DER-»He)- 2017 wIsenJ Eiern-»F see-ei efeexeeip»fs·o»sxa. Das Richtige liegt Wohl zwischkn den beiden letzten Meinungen in der Mitte. Einerseits ist das Präsens nicht gleich dem Futurum, anderseits aber giebt das tränk« es; sc« wies» im parallelen zweiten Satzgliede auch dem vorangehenden nagst-we» eine analoge Beziehung aus die Zukunft, eine Beziehung, welche freilich in der, auch dem Aus- drucke nicht wohl entsprechenden Erklärung »die Welt ist ver- gänglich« nicht genug hervortritt. Der Apostel spricht eine Regel, ein Prinrip aus in der declaratorischen Form des Prä- sens (Vgl. Win er, S. 242). Die Welt vergeht, wer den Willen Gottes thut, der bleibt in Ewigkeit — das sind zwei grundsätzliche Wahrheitem die mit immer gegenwärtiger Be- deutung gelten und eben deshalb auch factisch sich einst erwei- sen werden. B. 18——28. V. is. Eos-Flor, åozeirsy esse)- åo«««», w! nasse-IF »Ja-ou«- ewcsxe Z« e; eiwizgieiscoc EVEN« im) »F» eiwfzpeexsroz ganz— To) ysyeswxemg Bär» y»-aIo»e),eks» Es« soxoscsj esfka sei-«» V. 19. IF »He-es» FOR-Ja»- OTUI ou« Feier» ZE JJxeaJQ »« »He) san» IF. 7Ze«-5», ,ee.e,e.es»ejuseooe» X» ««·ss9« Jst-ad, OZUI Z"»oe e,)ex»e()a«9aIe«» es« en;- ssoh West-»g- ZF Herab. V. 20. Kaki eseessg xeøseyem IF» eLJIeZ seen!- ekyfov nor? »Wer» weis-coe- V. U. oeJss Zypern-e)- eseew Eis« ou«- okckasxs »F» OTH- Weom oZÄX Z» okekocss neu-»F» nat Eis« Hei» txisäckog F» wiss« esärkåsiocg ou«- Ieise-». V. 22. Tig- Zesscw e; weder-»F, «« »» o« osxwoejxeswog s» 77100135 enIse You» e5»zx)e0«xe3c; ais-eig- .s’ei-«» e; end-Styx«- enogy CI ckemenfxeswg wes» nassen» see-i Des» used. V. 23. Reis» eZ eigwefxcwog wes» wies» oeJcfTH To» nur«-Ipo- Zxsr e; öxeofloyusp sei» »Es» sen-i »F» »der-spo- Izu. V. 24. «2",ekee"g, Z« øjiioejoars ein« eipxrsg es» Qui» »s- ».s"«em. sei» s» Wes» »ein-·» Z riet« oZpxøsc Hunde-wes, see-ei est-Eis F» Ies- eiieö sen! 793 nor-seit zee»se"2«k. 282 lJoh. l, 5——ll, 28. B. 25. uai usw; Sack» s; sein«-Alex, J» »Was; sue-y- ysfäasro Jus-«, »Ja- gmsp Taf» ersah-cui«- V. AS. Tau-m Zyguexjor Frei» weg! »Ja« »Aera-usw««- HAEC- V. 27. Icai Ärzte, scö Wie-»o- Z Gleis-Fa» vier« aus«-II, »Ja-s« F» Heisa, sie-i or; Kiefer» Exssre No: «; ck«ckci0»«ø;1JxrcZ;-, oZUI aig sxö aus«-ei zpfoxku Jcckoiaiekr tfxrakks nrgi Arie-nur«, nor! oizryåäg Eos-«- ssai ou» Eos-«- tperjckoxsp aus gerät-IF HEXEN-Ese- IJ««a?3-, Fest-s» F» ais-ras- V. 28. Kai »Ja» Deus-in, Free-e» E» indess, Zwar, Sei» Øua-sg)u«9·sJ, Zxayusai vroczisyofaw wes ««-J aferxtmsäxssu ein« aijroiJ F» »; Magus-oft;- arise-»J- Diesem Texte liegt, wie iiberall, die Lachmannsche Edi- tion zum Grunde, von welcher derselbe nur einige Male ab- weicht. In V. 18 ist erstlich das Ei» hinter »Es-oder» welches von Grotius nicht aus kritischen Gründen — es fehlt aller- dings bei A —— sondern mehr aus exegetischem Interesse (vgl. Wolf) gestrichen wurde, nach dem Zeugnis von B und c in Übereinstimtriung mit allen Editoren festgehalten Ferner ist auch der Artikel vor a’--«"zgzo«coc, welcher gemäß dem Cod. c von Lachmann und Tischendorf gestrirhen wird, mit Wetstein, Will, welcher die Variante nicht einmal kennt, Griesbach.u. a. theils auf das Zeugnis von A, theils weil auch IV, 3 (Vgl. II, 22. 2 Ich. 7) alle Handschriften den Artikel lesen, im Texte gelassen. Der Sinn bleibt in beiden Fällen ganz derselbe; denn wenn auch der Artikel nicht gele- sen werden dürfte, so würde das ganz so, wie das Fehlen des Artikels vor Hex. ciipa (Winer, S. I17) zu beurtheilen und nach IV, 3 auch an unserer Stelle nicht »ein«Antichrist«, son- dern »der Antichrist« zu verstehen fein. —- V.19 ist das nah-»; bei dem Syrer und einigen Kirchenvätern (Mill) weggelaßen, nämlich deshalb, weil man die Bedeutung des Wortes nicht verstand. S. d· AusL Die seltenere Form szøjwom anstatt des recipirten zxiszäop ist wegen der Antw- ritcit von A B C mit Lachmann aufgenommen. Vgl. Wi- net, S. 70. —- Die Schlußworte von V. 23 ö essen-laws«- 1 Joh. It, 18—28. 283 — M» fehlen in der Elzevirischen Edition und bei Lu- ther und sind als Glosse von Calvin, Calov und Wolf ver- worfen. Auch Mill und Wetst ein haben sie noch nicht in den Text aufgenommen, obgleich sie die Zeugnisse von A B c für dieselben anführen. Mill hat »die Worte empfohlen, noch mehr Griesbach Beza hatte sie in seinem Textez Lach- mann und Tischendorf haben sie restituirt und die meisten Ausleger haben sie gehalten. Mit Recht; denn erstlich sind die Worte vollgültig beglaubigt, zweitens werden sie durch die Parallele 2 Joh. 9 und durch die johanneische Gewohnheit Satz und Gegensatz neben einander zu stellen, geschützt, end- lich erklärt es sich leicht, daß die Worte aussielen, weil das Auge des Abschreibers von dem ersten ed» yxacäga IF« zu dem zweiten gleichlautenden Ausdrucke übersprang. Dagegen ist das »Ja- im recipirten Texte, das sich auch bei Beza fin- det und von Will, Wetstein und Griesbach aufgenom- men, von dem Letztern aber verdächtigt ist, nach A B C mit Lachmann und Tischendorf zu streichen und siir ein Jn- terpretament anzusehn. — V. 25 hat B Hirt» anstatt des von A C gebotenen und von allen Editoren angenommenen Weis« Der Übergang in die communicative Redeweise ist an der Stelle ganz ähnlich motivirt, wie z. B. V. 28. —— B. 27. Anstatt des gut bezengten und im ganzen Zusammenhange nothwendigen zpsaxm liestB (bei Lachmann): zeig-»»- —- eine ungefähr zutrefsende Erklärung. Eine andere interessante Variante bietet C, nämlich srö weisen? zgsozsm Ofsenbar hat man durch das nassen; die gewöhnliche, auch V. 20. und in dem via« »die-J V. 27 indicirte Schriftanschauung, nach wel- cher der heilige Geist als Christi Geist, von Christo gesandter Geist erscheint, ausdrücken wollen. Nur Tischendorf hat das wären; in den Textgeschrieben Baumgarten-Cru- sius hat es gleichfalls in seiner Auslegung gebilligt.—— Das ist-IF, welches in der großen Lachmannschen Ausgabe an- statt des richtigen ask-cic- hinter dlekeiausi steht, ist ohne Zwei- fel ein böser Druckfehler. In der kleinen Ausgabe sieht 1J,«o?g, und bei keinem Kritiker ist eine Bariante rjzioix zu finden. — 284 lJoh l, 5——ll, 28. Bot sie-Wie hat A das «) zur scheinbaren Erleichterung der Construction ausgelaßen. —— Am Schlusse von V. 27 lautet der reeipirte, auch von Will, Wetstein und Griesbach ge- gebene Text zwar-w. Aber die besten Zeugen, A B c, haben einstimmig »He-see, wie V. 28. Schon Erasmus zog ,«.-.«- wes vor. Griesbach bezeichnete diese Lesart als leotio non sperrte-nein sei! receptaeinkeriotn Lachmann nahm sie in den Text. Die Ausleger sind getheilt. — V. 28 ist anstatt des recipirten Zeus, welches sich leicht als Jnterpretament darstellt, nach ABC sei» mitLachmann zu lesen. Man schrieb Sen-«, weil man eine genauere Zeitpartikel haben wollte, statt des hypothetischen Sei-i, tvelches über die Wirklichkeit der zukünfti- gen Erscheinung des Herrn selbst einen Zweifel offen zu laßen schien. Endlich sieht der recipirten und von A und c vertre- tenen Lesart Zzm,»k- die von Lachmann und Tischendors vorgezogene Lesart ozasxisss im Cod. B gegenüber (Kiihner, I, S. 197 sl.). Vielleicht ist Z X aus E X verschrieben. V. 18 fll. Welche Stellung diesem Abschnitte im Zusam- menhange des ersten Haupttheiles unsers Briefes nach unserer Ansicht zukömmh wie sich insbesondere die Anrede via-»Na V. 18 zu den verschiedenen Anreden Arm-Ja, was-Spec »-)..) und Erinnerungen what» net) V. 12 sll. verhält, ist schon zu dieser Stelle erörtert. Mit V. 12 hatte des Apostels Para- klese sich auf die Warnung gerichtet. Die ganze zweite, nega- tive Hälfte des ersten Haupttheiles, V. 12——28, entspricht der ersten, mehr unterweisenden und ermunternden, positiven Hälfte; beide aber haben ihren Halt und Ausgangspunkt in dem zu Anfang dargelegten Hauptsatzu Gott ist Licht und keine Fin- sternis in ihm. Die Lebensgemeinschaft mit diesem Gotte will der Apostel seinen Lesern zur Vollendung ihrer Freude sichern und mehren (I, 3). Nachdem er also entwickelt hat, worin der Lichtwandel der Gläubigen besteht (1, 5—1l, 11), erinnert er seine Leser alle (V.12—14) an das, was sie in ihrem Lichtwandel haben, und gründet eben hierauf seine Warnung V. 15sll. Das Erste, Allgemeinstcy aber auch Tiefste und ei- gentlich alles Umsaßende ist die Warnung vor der Liebe zur l Folg. II, 18——28. 285 Welt, der sinsiern, von Gott, der Licht ist, abgesallenen (V. 15 - 17). Aber die Zeit ist so angethan, daß vor einer ganz eigenthümlichen Lüge der gottwidrigen Welt gewarnt werden muß. Weil nämlich alle Gemeinschaft mit Gott, der Licht ist, durch Christum Iesum, Gottes eingebornen Sohn, der als das Licht und das Leben der Welt erschienen ist, vermittelt wird (I,1fll.), so richtet stch der Widerspruch der sinsiern Welt grade gegen den, durch welchen der Vater sein Licht und sein Leben mittheilt Wie deshalb von vorn herein die Gemein- schast mit Gott dem Vater zugleich als die Gemeinschaft mit seinem Sohne Jesus Christus U, Z) hingestellt war, und un- ser Wandel im Lichte, unsere Erkenntnis und Liebe Gottes, unser Freiwerden von der Sünde, unser heiliger Wandel in den Geboten Gottes, zumal in dem Gebote der Vruderliebe, kurz die gesammte Erweisung unsers göttlichen Lebens nur so geschildert werden konnte (l, 5——II, 11), daß Christus, der im Fleische erschienene Gottessohn, mit seinem wirklichem mensch- lichen Leben, Leiden, Streben (I, 7) und herrlichen Auferstehn (II, l) als der alleinige und beständige Vermittler unsers Le- bens im Lichte und unserer Gemeinschaft mit dem Vater er- schien: so hatte der Apostel auch, indem er sich zu der noth- wendigen Verwarnung wandte, zuerst (V.12——14) mit dem größten Nachdruck seine Leser daran erinnert, daß sie durch Christi Namen Vergebung der Sünden hätten, daß sie Chri- stum, den ewigen, im Fleische geoffenbarten Sohn Gottes er- kannt und deshalb auch den Vater erkannt und den Bösen überwunden hätten. In demselben Sinne hatte darauf der Apostel vor der Welt, dem Reiche des« Bösen, und ihrer von der Liebe des Vaters weglockenden Lust gewarnt (V.15-— 17) und auch das seinen Lesern vorgehalten, daß die Welt und ihre Lust vergeht, aber wer in der Liebe zum Vater beharrt, wer den Willen Gottes thut und in der Lebensgemeinschaft mit Gott bleibt, in Ewigkeit bleibt. Jetzt aber hat der Apo- stel endlich noch vor einer ganz besondern Gefahr, vor einem ausdrücklichen Angrifse der Welt und ihres Fürsten gegen den Mittelpunch worauf die Gemeinschaft der Gläubigen mit dem 286 l Joh l, 5—ll, 28. Vater beruht, zu warnen (V. 18 sll.). Die Lüge der finsteru Welt richtet sich gradezu gegen den Grundpfeiler der göttlichen Wahrheit, Christus selbst wird geleugnet, der Sohn wird ge- leugnet und damit auch der Vater, den ja niemand erkennt und niemand hat ohne den Sohn und anders als durch den im Fleische erschienenen Sohn (B. 22 sl.). Vernichtet soll also werden die Verheißung des ewigen Lebens, welche eben der Sohn gegeben hat (V. 25), abgeschnitten werden das einzige Band, welches die Gläubigen mit dem Vater verbindet, ver- stopft werden die einzige Quelle, durch welche des Vaters Le- ben ausströmt, weggethan werden der, durch welchen allein das Licht, welches Gott selber ist, scheint, das Fundament der erkannten Wahrheit, der Grund der ersahrenen Sündenverge- bung und Heiligung, der selige Drang der Liebe zu Gott und den Brüdern, die erprobte Kraft« zum Siege über den Argen und die Welt, die geschmeckte Freude in der Gemeinschaft mit Gott — es soll alles abgethan und den Kindern Gottes ge- raubt werden durch die Lüge, welche gegen Iesum den Christ sich erhebt, durch die antichristische Leugnung des Sohnes Gottes. Je deutlicher es sich also bei dieser antichristischen Lüge, vor welcher Johannes warnt, um den eigentlichen Mittelpunkt des ganzen christlichen Lebens handelt, um so weniger erscheint die schon oben aus andern Gründen gemißbilligte Ansicht de- rer gerechtsertigt,-welche, die »weil-«» von den sie-»in (V.12. Hi, 7) unterscheidend, die ganze Ausführung von V. 18 an als an wirkliche Kinder gerichtet, gemäß der vermeintlichen Anordnung und Beziehung von V. l2—14, betrachten. Schon die Warnung V. 15——17, die ursprünglich an das den Jüng- lingen Gesagte angeschlossen war, hatte alsbald sich an den ganzen Leserkreis gewandt. Die jetzt folgende Warnung, welche der Apostel schon im B. 12— 14 beabsichtigt und unterbaut, geht an alle Gläubigem Die »auf-X«- sind, wie V·13, dic- selben, welche V. 12 und sonst weiss-Jo- angeredet werden. Wie aber die allgemeine Warnung vor der Welt V. 15—17 sich an V. 14 anlehnte, so wächst die besondere Warnung vor der Ess- cccccccc a«- l Seh. If, I8—28. 287 antichristischen Lüge aus dem Urtheil über die Welt hervor. Denn einmal ist auch diese antichristische Lüge, wie jede an- dere, nicht aus der Wahrheit (V. 2l), nicht aus Gott und der Offenbarung seines Lichts, sondern aus der Finsternis der Welt (lV, 5) und aus dem Argen, dem Fürsten der Welt, dem Lügner, so daß die Vorstellungen e; okswfxpiascog (V. is) und c; was-»Für zusammengehörenz dann aber klingt auch in dem Ausdrucke Hex-in; ciiga zu Anfang und in dem aus- drücklichen Hinweise auf die Parusie des Herrn am Schluße der Ton wieder, welchet schon V. 17 ((3 »He-». Auges-»wir—- zsäwr ei; Tör- asajiiky angeschlagen war. Beide Vorstellum gen aber, die der Herz. ciiga und»die des oiwsxixprocog stehen in der wesentlichsten Verbindung mit einander. In der letz- ten Zeit soll, wie der Apostel als seinen Lesern bekannt vor- aussetzt Aoquitur tanquam de re notg- Calvin), der Anti- christ kommen, und daraus, daß wirklich viele Antichristen auf- getreten sind, erkennt der Apostel mit seinen Lesern, daß die letzte Stunde schon da ist. Also in »die« letzte Stunde« ge- hört das Kommen »des Antichrists«; dann aber steht das Kommen des Antichrists mit dem schon geschehenen Auftreten »vieler AntichristeM in einem solchen Zusammenhange, daß auch aus dieser letztern Erscheinung derselbe Schluß auf das Vorhandensein der »letzten Stunde« gemacht werden muß. Von diesen beiden V. 18 zusammengestellten Vorstellungen wird die ganze Erörterung bis zum Schlusse des ersten Haupt- theiles (V.28) so wesentlich getragen, daß es vor allcn Din- gen darauf ankömmt, dieselben im Sinne des Apostels zu ver- stehn. Was zunächst den Ausdruck äozkicsy ciizm anbetrifft, so ist erstlich, nach der schon oben angeführten Regel bei Wi- ner (S. 117), obgleich der Artikel fehlt, doch die bestimmte »Stunde« zu verstehn, welche eben als »die letzte« aufgefaßt wird. Ferner ist der aus der biblifchen und der classischen Gräcität bekannte Sprachgebrauch, nach welchem ciipa einen weitern oder engern Zeitraum, eine gewiße Periode bezeichneh ohne Schwierigkeit. Hierüber sind auch alle Ausleger einig; selbst diejenigen, welche, wie Bed a, die Borstellung der »leg- 288 1 Ich. l, 5——Il, 28. ten Stunde« aus dem Gleichnisse des Herrn Matth. 20, 1sll. erläutern wollen und die »letzte Stunde« mit der ,,elften Stunde« des Gleichnisses combiniren, verstehen doch in der Sache novjssimum saecuii very-pas, wie auch Augustin sagt: lpsa novjssima hom äiurna est, iamen novissima bora est. Horam enjm pro iempore ponih Der Scholiast l! ist der einzige Ausleger, welcher von dieser Bedeutung des Ausdru- ckes ciiga abgewichen ist. Er sagt, nicht nur die Tage, sondern auch die Jahre zersielen in »Was» in vier Jahreszeiten; nun aber sei es in der That eine winterliche Weltjahreszeit gewe- sen Cis-Fair- ckå as§ ckløjiJusg Fu, s; støjp ckäskag uI-i.), als Christus geboren und in ihm die Sonne der Gerechtigkeit von neuem aufgegangen sei (e·)«-xe Xpcaedg Äms wes; Zwang-o» em- xiovoiuH c; Händ; esse ckruoeeoouweyxz oiwäsxszäewj In der· Sache kömmt also auch dieser Scholiast mit der nachher genauer zu erörternden Ansicht überein, nach welcher die »letzte- Zeit die Weltperiode von der Fleischwerdung bis zur endlichen Parusie Christi begreift, nur ruht diese Anschauung bei dem Scholiasten auf einer eigenthümlich künstlichen Ausdeutung des Ausdruckes klipp« Im Allgemeinen und abgesehn von den mannichfaltigen Nüancirungen der Ansichten im Einzelnen scheiden steh die Ausleger wegen der Vorstellung der åozsisxy di» in zwei Haus-Klassen, indem die Einen irgend eine pro- phetische Beziehung sei es auf die endliche Parusie Ehristh als den äußersten Schlußpunct dieser »letzten« Zeitperiode, sei es auf die Zerstörung Jerusalems, die man entweder als weithi- storischen Anfang und als Typus des in der Parusie zu voll- endenden Gerichtes oder ohne diesen Zusammenhang, nur in Beziehung auf das jüdische Volk ansieht, anerkennen, während die Andern durch irgend eine scheinbar einfachere und leichtere Deutung, ohne jene prophetische und eschatologische Beziehung zu statuiren, dem Ausdrucke Herz-is» zu entsprechen suchen. Zu jener ersten Elasse sind bei weitem die meisten und angesehen- sten Jnterpreten zu zählen. Die zweite Art der Auslegung erscheint als ein Nothbehelß weil man die durch den allgemei- nen biblischen Sprachgebrauch von vorn herein indicirte escha- l Joh. U, l8—28. 289 tologische Bedeutung des Ausdruckes nicht richtig zu würdigen verstand, und lieber irgend einen Ausweg suchte und gegen den constanten Sprachgebrauch, der auch an unserer Stelle durch den Organismus derselben geschützt wird, verstieß, als daß man aus den Worten des Apostels eine scheinbar nicht erfüllte Weissagung, also einen Jrrthum, herauslas. Zu der letzten Classe gehört Merkwürdigerweise Bengel, welcher aus- drücklich die eschatologische Bedeutung des Ausdrucks leugnet und an die letzte Lebenszeit, an das Greisenalter (non kespeoiu omnium mundi tot-worum, Seel in antilhelo puemlomm ad par-see et ad jage-enge —— er versteht ja unter staut-'s- wirk- liche Kinder), und zwar, wie aus seinen folgenden Bemerkun- gen sich ergiebt, die letzte Lebenszeit des Apostels selbst sann- christianjsmus ab erringen» logiere-is weinte; per« omnem sae- culorum trat-kam se pkopagaviy denkt. Diese singuläre Mei- nung, welche nicht ohne eine gewiße Modification von Stein- hofer (die johanneische Zeit sei die »letzte« d· h. die Schluß- stunde der »angenehmen, giildenen Zeit, welche die Väter er- lebt haben, darin — das Heil der Welt geosfenbart ist«) an- genommen ist, bedarf so wenig einer ausdrücklichen Widerle- legung, wie die von Schöttgem Carpzoty Rosenmüller u. a. vorgetragene, wie es scheint, schon von Oecurnenius gebilligte Ansichh nach welcher das Fazit-»; ciipa in tropischem Sinne die äußerst schlimme Beschassenheit der damaligen Zeit Uempora pericul0sa, pessima, abjeciissimak ca Mein-new) bezeichnen soll. Aber schon Wolf hat mit Recht das Wort F» Herze-Esaus- ssxsäparc åvowøjaorroir soc-qui Zeile-nor« (2 Tim. Z, I) entgegengehalten. · Den eben genannten Auslegern gegenüber stehen diejenigen, welche irgend eine prophetische Beziehung in der johanneischen Vorstellung von der »letzten Stunde« welche der Apostel als gegenwärtig für sich und seine Leser ansieht (k'o««"-), anerken- nen. Allein Socin, welcher zugleich nachdrücklich hervorhebt, daß der Apostel nicht darauf ausgehe, die »letzte Stunde« als solche zu erörtern, sondern vielmehr vor gewißen Pseudoprw pheten warnen wolle, Grotius nnd Episcopins halten I. 19 290 1Joh. l, 5—11, 28. doch, namentlich die beiden Letzten, die eschatologische Bedeu- tung des Ausdruckes fern. Grotius und Episcopius be- haupten, daß der Apostel an unserer Stelle die Judenchristen vor Augen habe (aii Judeeos sekmo est. Grotius) und sage, daß das von dem Herrn vorausgesagte scäzog (Matth. 24, 6), nämlich die gitnzliche Zerstörung von Jerusalem, bevorstehe Jn diesem Sinne erklärt auch Grotius, was unten weiter erörtert werden muß, daß »der AntichrisM der Judenführer Barkochba, die ,,vielen Antichristen« die verschiedenen Häupt- linge der gegen die Römer rebellirenden Juden seien. Auch . Socin erklärt sich gegen die ältere Ansicht, daß die sozkinz cijpix die Zeit von der Geburt Christi bis zum Weltende be- zeichne, und sagt, seine Ansicht, die er noch bei keinem Aus- leger gesunden habe, sei die, daß Johannes die auch vom Herrn (Matth.24, 24) gemeinte Zerstörung Jerusalems vor Augen habe. Die Zeit bis zu jenem Ereignis könne nämlich die ,,letzte« genannt werden, einmal weil der jüdische Staat da wirklich untergegangen sei, dann auch weil eine so große Ähnlichkeit zwischen der Zerstörung Jerusalems und dem Welt- gerichte stattsindh daß man in gewißem, uneigentlichen Sinne sagen könne, Christus sei damals gekommen, als Jerusalem durch Titus zerstört sei (Patet ex ipsis Christi verbis ——Matth. 24 — et ex re ipsa, maximam esse convenientiam inter exciciium isluci et ultimam impiorum condemnalionew quae in ullimo judicio fiel; et quemadmodum plerique omnes ani- macivekiekunh pkaedictum excidiuin, Judicium quodiiam me— mokabile — et a1iquo-. modo universelle Dei et Christi wisse, el propterea quemacitnokium dici potesh Christum lum Adve- nisse, quamvis non ita propkie, ut cum ackveniet ultimum Judicium sammt-us, sie eliain tempus excidii istius posse ap- pellari ultimum tetnpus, ralione habita populi quondam Dei, i. e. Judaici p0pu1i, qui tunc subiit ut maximam omnium, sic ultimam sui univeksalem condemnationem). Des Gro- tius Ansicht von der Fazit-«; eile» scheitert, je inniger dieselbe mit seiner Erklärung des oipøixgeacoe verwachsen ist, um so sicherer schon an dem Urtheil des Johannes El; -J,«a3- (d. h. 1 Ist» is, 18 -2s. 291 jedensalls ,,aus der Gemeinschaft der Ehristen«) HEFT-Ja«- (Vgl. Ealov). Was hat überhaupt die Zerstörung Jerusa- lems mit dem Zwecke und dem Inhalte unsers Briefes zu thun, wenn dieselbe eben nur als Ergebnis der. jüdischen Unruhen und nicht als Epoche in dem Leben des christlichen Gottesreiches aufgefaßt wird? Dies gilt auch gegen Sorin, bei welchem Wahres und Falsches in unerquicklichetz schwebeln- der Vermittelung durch einander gemengt erscheint. Aus den Reden des Herrn bei Matthäuh die allerdings die Grundlage für die johanneische Anschauung bilden, wird nicht allein eine große Ähnlichkeit zwischen dem Gerichte über das alte theo- kratische Volk und dem Weltgerichte ausgesprochen, sondern der Herr setzt in jenes welthistorische Ereignis den realen An- fang des Weltgerichtes selbst. Übrigens steht die ganze Er- klärung Socins in der Lust, weil es auf eine genetische Entwickelung der johanneischen Vorstellung ankömmt, die nur gegeben werden kann, wenn man von den prophetischen Reden des alten Testamentes über die »letzten Zeiten« ausgeht. Aber erst nach Wolfs Vorgange haben die neueren Ausleger, na- mentlich Lücke, diesen richtigen Weg eingeschlagen.———- Auf das Gebiet der messianischen Vorsiellungen und Erwartungen führt uns Luther in seiner ersten Auslegung unseres Brie- fes. Er gesteht, daß er sich ,,mancherlei Gedanken darüber gemacht habe, wie doch diese Zeit die letzte könne genannt werden» Endlich, sagt er, habe er gesunden, »daß es nicht von der Kürze der Zeit, sondern von der Beschaffenheit der Lehre gesagt sei. Also weil diese (die christliche) Lehre die al- lerneuste oder letzte sei, so dürfe man aus keine neue Art der Lehre warten. Aus diese Lehre folgt nichts mehr, als eine helle Offenbarung« Diese Ansicht Luthers, welche auch Cal- vin in seinen Institutionen (l-ib. W. c.18 §.20) vertritt, stimmt in dem wesentlichen Punkte mit den Meinungen der Kirchenväter überein, daß die Erscheinung Ehristi im Fleische als der große Wendepunct angesehn wird, mit welchem die ,,letzte« Zeit beginnt. Die christliche Zeit ist also im Gegen- satze zu der ganzen vorchristlichen Periode die letzte. Und 19 «« Eis-»Hm» a» 292 l Ich. l, 5 — ll, 28. wenn auch Luther mehr die Eigenthümlichkeit der chrisilichen Lehre, als die temporelle Beziehung und die prophetisch-escha- tologische Bedeutung der åazsisny essen: hervorhebt, so tritt doch in der Hinweisung auf die »helle Offenbarung« die Andeu- tung des Momentes hervor, welches nach der ganzen Haltung und Tendenz unserer Stelle, wie nach dem constanten Sprach- gebrauche des N. T. als das eigentlich maßgebende gelten muß. Jn seiner zweiten Auslegung hat Luther auch ganz klar die temporelle Bedeutung und die eschatologisehe Beziehung des Ausdruckes so» iijga ausgesprochen, indem er sagt, Johannes rede wegen eines »von der Beschaffenheit der Zeit hergenom- menen Erfahrungsgrundes« von dem ,,Ende der Welt« So tritt auch Luther der Ansicht bei, welche, allerdings in ver- schiedener Gestaltung, Begründung und Beurtheilung von Augustin, Beda, (Oecumenius), dem Scholiasten l, Calvin, Beza, Wolf, J. Lange, Jachmanty Lücke, de Wette, San;der, Neander u. a. ausgesprochen ist und im Wesentlichen in allen den Kirchenliedern und ascetifchen Schriften, welche von ,,dieser letzten Zeit« reden, zum Grunde liegt. Cinig sind diese Ausleger sämmtlich darin, daß unter der Fazit-»; Hin» die Zeitperiode, welche mit der Erscheinung des Herrn im Fleische beginnt und mit der Erscheinung dessel- ben zum Gerichte schließt, zu verstehn sei. Christus erscheint als der Mittel- und Wendepunct der Weltgeschichte Alles was vor ihm liegt, ist frühere Zeit; alles was nach seiner Geburt folgt, ist ,,letzte« Zeit, aus welche keine neue Zeitperiode, son- dern das ewige, herrliche Ossenbarsein und Bestehen des Rei- ches Gottes folgt. Nach dieser allgemeinen Anschauung und ohne vorwitzige (Matth. 24, 36. 42. AG. I, 7) apokalhptische Rechnerei hat schon der Scholiast I gesagt, die Zeit nach der Erscheinung Christi im Fleische heiße die »letzte« ngög scd rrZøJäog Trös- MXYSZJZÄIJMZIOI zgöwanh Aber Oecumenius erörtert auch die Meinung derer, welche —- wie nach Theo- phylacts Angabe auch Chrysostomus —— wißen wollten, daß die Welt 10000 Jahre, bis zur Parusie Christh bestehn würde. Die Geburt Christi siele gerade in die Mitte jener l Ich. ll, l8——28 293 Jahre; wie 5000 Jahre vor Christo gewesen waren, so würde auch die letzte Hälfte der Weltdauer, die Hex-is» ask-«, 5000 Jahre betragen. Dagegen nahm J. Lange drei Weltperioden an: Hat-um (perio(i0rum) prima ern! sub Patriarobis ante le— gern, secunda sub populo Judaico et sub lege, tekiia sub Christo et sub evnngelia Auch diese »letzte«, die mit dek Parusie schließt, sagt er, werde nur 2000 Jahre, gleich den beiden ersten umsaßen H. So willkührlich nun auch diese Zahlenangaben send, so entwich man doch, indem man die- selben dem Apostel unterschob, der Schwierigkeit, welche ent- steht, wenn man in dem Ausdrucke Hex-sie» eilen» Hort» die Erwartung einer baldigen Parusie, als des Abschlußes der gegenwärtigen »letzten Stunde«, anerkennt. Denn wenn Jo- hannes selbst diese ,,letzte Stunde« zu zwei oder fünf Jahr- tausenden berechnete, so war die Frage, ob die Erwartung oder die Prophezeiung desselben auch eingetroffen sei, minde- stens bei Seite geschoben. Aber unbefangene Ausleger, wie schon Calvin, erkannten doch, daß wenn auch immerhin die »letzte« Stunde den ganzen Zeitraum von der Geburt Christi bis zur Parusie nmspanne, jedensalls eine relative Kürze die- ses Zeitraumes angedeutet sei. Der Herr selbst hatte gesagt (Matth. 24, 34), das damalige Geschlecht werde die Vorzeichen seines Gerichtes noch erleben. Der Apostel Paulus erwartet «) Schon der Talmud (Tk. sanberlr. bei L. Berti-eint, cbristolegia Jutlaeorum Jesu Apostolorumque net-sie. Bd. 1811. p.36) sagt: sex mille anuo ekit muatius simulque clevaslabitun eluo tnille Tliobu, rluo cniile Lex et cluo mille dies Messiae Anders hat, wie Photius (Bibl. Carl. 202) "berichtet, Hippolytus in seinem Commentar zu Daniel die 6000 Jahre vertheilt, indem er die Jøparusie des Antichristsss und das danach sogleich folgende Weltende in das Jahr 500 n. Chr. feste. Photius tadelt die Citriositiit solcher Bestimmungen und lobt den Hippolhtus, daß er in seinem Buche über den Antichrist (s. u.) discreter gcurtheilt habe. Die Angabe der 6000 Jahre der Weltdauer ruht übrigens auf der Voraus- fetzung: Quolquot rliebus bit: kaetus est munrlus tot et millenis anuis consummatuk — nach ir- 9(), 4. Vgl. Jrenäus, mirs. betet. V. 28. Eine andere Berechnung der Weltzeiten ist bei Augustin ((le tkinit lV, 4) zu lesen. 294 l Ich. l, 5——1l, 28. die Parusie des Herrn so nahe, daß sie noch bei seinem und seiner Leser Lebzeiten eintreffen werde (1Eor.15, 5l fl. 1Thess. 4, 15). Johannes aber erkennt an dem Auftreten der anti- christischen Lügner, der von dem Herrn geweissagten Pseudo- propheten, daß die letzte Stunde da ist, und ausdrücklich weist er auf die bevorstehende Erscheinung des verleugneten Christus zum Gerichte hin, —— so kann man nicht umhin anzuerkennen, daß Johannes, wie Paulus, gemäß dem unzweiselhaften Worte Christi selbst, die ,,letzte Stunde« als ihrem Ende nahe, die Parusie des Herrn als nicht mehr ferne angesehn habe. Wie aber ist dies zu beurtheilen? Man darf sich nicht mit E alvin darauf berufen, daß die Mahnung zur Wachsamkeit für die Christen um so dringender gewesen sei, je näher die- selben die Parusie gedacht hätten. Es hilft auch nichts zu sa- gen, wie derselbe Ealvin sagt, kurz sei jedenfalls die Zeit bis zur Parusie im Vergleich mit der Ewigkeit nach der Pa- rusiez und wenn endlich Calvin urtheilt, daß der Apostel nach gemeinem Schriftgebrauch den Gläubigen ankündige, es sei nichts weiter zu erwarten, als die Erscheinung Christi, daß er aber Zeit und Stunde nicht genauer bestimmt habe, so wird auch hiedurch die apostolische Vorstellung von der Nähe der Parusie nicht beseitigt und die Schwierigkeit (tot saecula quae a morte Joannis tluxekunt videntur hoc vaticjnium falsi cour- gueke) nicht gehoben. Bleibt also nichts weiter übrig, als daß man sagt, Johannes habe ssch geirrt? De Wette, Lücke und Neander haben so geurtheilt, und während die beiden letzten Theologen doch die fortschreitende Aufhebung jenes Irr- thums und die Verklärung einer beschränkten Zeitmeinung zu einer immer reineren Gestalt und immer freieren Wahrheit nachzuweisen sich bemühen, scheint de Wette sogar die ganze apostolische Erwartung einer faktischen Wiederkunft Christi für eine »Zeitmeinung« zu halten, denn er sagt zu V. 18: »die neuere Exegese sieht in dieser Stelle mit Recht eine Zeitmei- nung, in welcher eine sich nach und nach in der Geschichte der ehristlichen Kirche verwirklichende Jdee als eine nahe bevor- stehende wunderbare einzelne Begebenheit, welche der ganzen l Jvh. ll, l8—-28. 295 Geschichte ein Ende machen sollte, vorgestellt wurde« Da- gegen betrachten Lücke und Neand er die gesammte Weltge- schichte mit ihren kritischen Epochery nachdem einmal der christ- liche Sauerteig hineingetreten ist, als eine fortwährende Vor- bereitung und anfängliche Offenbarung des am Ende der Tage, bei der Parusie Christi, zu erwartenden Gerichtess Jn dem Sinne habe der Herr selbst die bevorstehende Zerstörung Ie- rusalems als den »ersten Art seines Weltgerichte« geweissagt und beide Thatsachen so miteinander verbunden, daß es schwer sei zu bestimmen, was in seinen Reden allein auf die Zerstö- rung der heiligen Stadt, was allein aus -das Endgericht sich beziehe (Neander). Der fortschreitenden Erfahrung der Jün- ger nnd der freien Entwickelung des christlichen Princips von innen heraus habe der Herr das Verständnis seiner propheti- schen Reden iiberlassen (Liicke). So sollten die Jünger je mehr und mehr erkennen, durch den heiligen Geist in alle Wahrheit, d. h. zur rechten Einsicht in die auf das Reich Got- tes sich beziehende Wahrheit geleitet, daß die kritischen Zeichen, welche der Herr als Vorboten seiner Parusie angegeben hatte, z. B. das Her-vortreten des Pseudoprophetenthums, des An- tichristenthums, nach einem stttlichen Gesetze, durch die ganze Weltgeschichte hindurch bei xxjedem großen Abschnitte eines neuen Kommens Christi« sich wiederholen würden , bis zu dem leh- ten persönlichen Kommen Christi hin, welchem alle früheren Gerichte als Vorbilder und Vorbereitungen dienen sollten (Neander). In diesem Sinne hätten die Apostel namentlich auch das von dem Herrn seiner Weissagung gemäß an Jeru- salem vollzogene Gericht verstanden. Denn wenn sie zuerst auch die Idee von der antichristlichen Gewalt mehr von ihrer sinnlichen, politischbezüglichen Seite, nach jiidischer Ansichy aufgefaßt hätten, so wäre theils schon durch die heidenchrist- liche Entwickelung des Christenthums, theils und noch mehr durch die spätere Erfahrung, daß Jerusalem zerstört und der Herr doch nicht äußerlich erfchienen sei, die christliche Hoffnung und die apostolische Propheteia je länger je mehr von ihren smnlichen jüdischen Banden entfesselt (Lücke). Wohl hätten 296 l Ich. l, 5-—ll, 28. noch die Apostel, gleich den alttestamentlichen Propheten ohne accurate Perspective in die zukünftige Zeit des Reiches Christi schauend und gleich dem Wanderer, welcher in Sehnsucht nach dem geliebten Ziele die noch dazwischenliegenden Raume mit seinem Auge überspringt, die Wiederkunft des Herrn als nahe betrachtet, aber Zeit und Stunde hätten sie doch nicht mehr berechnet, vielmehr immer beßer gelernt, den welthistorischen Entwickelungsgang des Reiches Christi zu verstehn, namentlich die Heiden mit prophetischer Hossnung zu umspannen, und die Anzeichen der« Parusie, wie diese selbst, immer geistiger und freier aufzufaßeik Der Jrrthum aber, welcher also bei den Apostelm freilich immer mehr verschwindend vor der in der Kraft des heiligen Geistes sich entfaltenden Wahrheit, doch noch vorhanden ist, sei nichts Anstößiges und widerstreite nicht der ihnen verheißenen Erleuchtung durch den Geist. Denn nicht alles Zukünftige unbedingt follte dieser den Aposteln offen- baren (Joh.16, 13), sondern nur das wahrhaft Nothwendigez nicht Zeit und Stunde sollten sie vorherwißeiy wonach zu fra- gen ja der Herr selbst ihnen verwiesen hatte (Neander). Al- lein einerseits kann sich die christliche Frömmigkeit nicht dabei beruhigen, daß den Apostel ein so entschiedener, wenn auch vor der Gewalt der Erfahrung zurückweichender Jrrthum zu- geschrieben wird, wie denn auch die Geschichte der Exegese an unserer und den verwandten Stellen (Matth. 24. 1Thess.4,15. I Cor. 15, 5l. Vgl. Meyer und Lünemann) zeigt, daß man alle möglichen Auslegungsweisen versucht hat, um jenen Jrrthum nicht anzuerkennen. Noch unmittelbar vor seiner Himmelsahrt hatte der Herr an seinen Jüngern den Sinn ge- straft, aus welchem allein jener Jrrthum hervorgehn konnte (AG. I, 7). Dagegen hatte er ihnen den Geist verheißen, der sie in alle Wahrheit leiten, auch das Zukünftige ihnen verkiindigen sollte (Joh. 16,13). Sie waren durch die That- sache seiner Himmelfahrt auf eine tief einschneidende Weise über ihre noch damals beschränkten Messiaserwartungen belehrt; sie hatten den Geist am Psingstfeste bekommen, und wie dieser ihr Leben und ihr Berständnis der christlichen Wahrheit 1 Irr» «, 18—28. 297 durchdrang, heiligte und verklärte, davon zeugen ihre Reden und ihre Schriften. Nicht magisch, sondern wahrhaft ethisch entfaltet srch in ihnen irrthumssrei das Leben der in sie ge- senkten göttlichen Wahrheit. Was die Jünger anfangs von jiidischer Beschränktheit an srch gehabt hatten, das konnte sie, nachdem sie die Himmelfahrt Christi und das Pfingstsest erlebt hatten, nicht mehr hemmen oder in einen Jrrthum verleiten, welchen selbst ein Johannes nicht einmal nach der Zerstörung Jerusalems ganz aufgegeben haben soll. Dazu aber, daß auch die Heiden in den Bereich der apostolischen Hoffnung und Prophetie gezogen wurden, bedurfte es nicht erst der Zerstö- rung der heiligen Stadt. Die alttestamentlichen Propheten hatten als einen integrirenden und wesentlich nothwendigen V) Theil ihrer theokratischen Hoffnungen die künftige Bekehrung der Heiden geweissagtz das christliche Bewußtsein der Apostel aber mußte um so gewißer die principielle Universalittit des Heiles in Christo erkennen, je sicherer es war, daß man nach der Erscheinung des Herrn keines Andern warten durfte, daß in Christo die absolute Religion vollkommen —geoffenbart, das Leben der ganzen Welt erschienen sei. Darüber, daß die Hei- den in das Reich des Herrn überhaupt aufgenommen werden müßten, waren deshalb auch bei dem Apostelconcil alle einig. Wiederholt und auf das Bestimmteste hatte ja das der Herr selbst gesagt· Wenn man aber ferner hervorhebt, daß nach der Zerstörung Jerusalems die prophetische Anschauung der Parusie und ihrer Vorzeichen von Seiten der Apostel insofern reiner und freier geworden sei, als die »stnnliche, politisch- bezügliche Seite« jener Anzeichen immer mehr zurückgetreten sei, so ist erstlich uicht erwiesen, »daß die Apostel noch bis zu jenem Ereignisse einen Jrrthum festhielten, gegen welchen der Herr so entschieden gekämpft hatte — vielmehr sollte man er- warten, daß wenn die Apostel noch nach der Zerstörung. Jeru- salems die irrthümliche Erwartung einer nahen Zukunft des ») Vgc F. Düften-keck, D«- kci pkopheiiszs i» ver. Te» qui-». univetsae tutn messianae natura ethicek Sollst-g. 1852. p.88. 107. 298 l Joh. l, 5—-«ll, 28. Herrn hegten, sie auch die andere sinnliche, jüdische und poli- tische Beschränltheih mit welcher jene irrthümliche Erwartung der Nähe wesentlich zusammenhängen mußte, noch nicht aus- gegeben hätten —; zweitens aber kann doch alles Wachsen der Apostel an reiner Erkenntnis, das man hervorhebt, den Anstoß nicht entfernen, welchen das christliche Gemüth an dem immer- hin noch anerkannten Jrrthum derselben nehmen muß. Ferner aber kann auch das exegetischckritische Interesse durch jene Ansicht nicht befriedigt werden. Ohne Frage hat der Herr (Matth. 24), auf dessen Reden alle apostolischen Äußerungen über die »letzte Stunde« und die Parusie beruhn, die Zerstörung Jeru- salems mit dem endlichen Weltgerichte freilich nicht identificirh aber doch, bei aller Unterscheidung der beiden kritischen Epochen (vgl. das. V. Z. 4 sll. 20. 34 mit V. 8fl. 35 fll.) wie sie dein damaligen Jrrthum der Jünger (V. 3) gegenüber so noth- wendig war, combinirt. Sollten also nicht die eschatologischcn Reden der Apostel dasselbe Gepräge tragen? Bei Paulus ist dies zu statuiren, wenigstens ohne alle chronologische Schwie- rigkeitz aber Johannes soll ja unsern Brief erst nach der Zerstörung Jerusalems geschrieben haben! Jst diese Annahme richtig, so wird man auch über die Znxcisry sllgn nicht anders urtheilen können, als Lücke und Neand er gethan haben. Allein jene Annahme ruht durchaus nicht auf irgendeinem be- stimmten Grunde. Wir beurtheilen deshalb die johanneische Borstellung von der Voraussetzung aus, daß der Apostel, wie Paulus, in Übereinstimmung mit den eschatologischen Reden des Herrn, die Zerstörung Jerusalems als noch zu- künstig, aber nahe bevorsiehend prophetisch angeschaut und mit der endlichen Parusie zusammengeschaut habe. Dadurch be- kömmt die ganze Vorstellung eine andere Haltung; um die- s selbe aber gründlich zu entwickeln und zu beurtheilen, muß weiter ausgeholt und bis auf die alttestamentlichen Anschauun- gen von den »letzten Zeiten» zurückgegriffen werden. In der prophetischen Sprache des alten Testaments be- zeichnet der Ausdruck las-Ist—- nwnnv (Jes. Z, 2. Mich. 4, 1. Hof. Z, 5. Gen. 49, 1. Vgl· Jo.3,1), den die LXX durch Z» l Ich. ll, l8—28. 299 »Es; åvxofsuic øzssäpuce wiedergeben, die dereinstige Zeit des Heiles, die Zeit des Messias In diesem Sinne wird die Formel auch im neuen Testamente verstanden (AG. 2, 17. Hebt. l, l. 1Petr. l, 20), und die Juden sprachen die Regel aus (Kimchi zu Its. Z, 2 bei Schöttgen zu 2Tim.3,1), daß, wo jene Formel siehe, .immer die Tage des Messias zu verstehn seien. Die Erscheinung desselben galt den Juden als der Abschluß der alten Zeit. Deshalb sagt Aben-Esra (zu Hof. Z, 5 bei Schöttgen a. a. O.), das uns-·—- III-nnd: bezeichne fing« propheliae prophetakum Oder-III not-i:- Wo) und das Targum Jonathan (zu Exod. 40, 9. 11 bei J. Buxtorß Lexicon chaleiaicum tnlmudiouttr. Bas.1640. p.1269) setzt die Befreiung der Jsraeliten und die Besiegung des Gog durch den Messias in das Ende der Tage Germ- qsio:i). Man unterschied, indem man das Auftreten des Messias als den Wendepunct ansah, den Hin Obiz-» akad- oiseog welcher mit dem Erscheinen des Messias sein »Ende« (yw, YH ge- winnt, vvn dem NIH DER, use-Ze- xcäääww å9zöxie«-oc, Fuss— wag, der wiederum in zwei Theile zersrel, von denen der erste tausend Jahre umsaßen undszunter der glorreichen Herrschaft des Messias bis zur Auferstehung der Todten und zum Welt- ende reichen, der andere die unendliche Herrlichkeit bringen sollte (Bertholdt, Christen. §. 11). Die jüdischen Phan- tasien, welche Eis enmenger (Entdecktes Iudenthum Thl. II. Eap.14.) weitläufig geschildert hat, und aus die wir bei der Erläuterung der johanneischen Vorstellung vom Antichrist noch einmal znrückkommen wollen, laßen wir hier beiseite. Die alttestamenilichen Propheten hatten, wenn sich auch bei ihnen die Formeln Hin lob-i:- und un» «:- nicht finden, doch bestimmt eine neue Zeit der reinen Gotteserkenntnis, der Gerechtigkeih der Gemeinschaft mit Gott geweissagt und als Urheber der- selben den Messias bezeichnet Hierin lag die Wahrheit der Ausdrücke uns» usw; uud uns» Wird-», welche aus der Kunstsprache der jüdischen Christologie in die neutestamentliehe Terminologie übergingen. Aber für die neutestamentliche An- schauung mußten jene Ausdrücke einen ganz andern Sinn und 300 l Ich. I, 5-—ll, 28. eine neue Beziehung erhalten, indem der Wendepunct zwischen dem nie-is- oifcog und dem used» zrszzw von der ersten Er- scheinung Christi im Fleische zu der zweiten Erfcheinung des- selben bei der Parusie naturgemäß fortrückte Allerdings sin- den srch auch Ausdrücke, in welchen die alttestamentliche An- schauungsweise ankliiigi. Hebt. 1,1 z. B. ist es durch die ganze Anlage des Satzes motivirt, daß der Verfaßey indem er die Offenbarung Gottes durch den sleischgewordenen Sohn äu« åoziiscov rab- øsprspasw You-can- setzt, sich auf den alttesta- mentlichen Standpunct stellt und von da aus auf die Erschei- nung Christi, als auf den Abfchluß jener vorchristlichen Periode, des ais-Z» using, hinblickt Ganz ähnlich ist die Stelle 1 Petr. I, 20. Aber gewöhnlich wird die Periode bis zur Wiederkunft des Herrn als akad- mJeoc betrachtet, so daß an das Ende dieses Zeitraums, in die »letzten« Tage das Gericht fällt (1Petr. l, 5. Joh. 6,39 fl. 11,24. 12,48. Jan. 5, 3), nach welchem der ais-J«- zröäzmsq der ewige vollendete Bestand des Reiches Ehristi, eintritt (Matth. 13, 40. Luc.18, 30. 20,34 fl. Tit. 2,12 fl.). Diese »letzte« Zeit betrachtet nun Johannes (vgl. lThess. 4,15. 1Eor.15, El) als gegenwärtig, den Ab- schluß derselben, die Parusie, das Gericht als nahe bevor- stehend ——« in welchem Sinne und mit welchem Rechte? Die Antwort kann nur auf Grund von Matth 24 (vgl. Lur. 21. Mark. 13) gegeben werden; denn durch die Reden des Herrn selbst ist Gehalt und Faßung der apostolischen Reden über die Parusie bedingt. Man hat hier freilich einen Unterschied gel- tend machen wollen, welcher unter der scheinbar durch die ge- fchichtliche Erfahrung aufgezwungenen Voraussetzung, daß die Apostel sich geirrt hätten, sich empfahl, aber auch der Erklä- rung, welche uns die richtige scheint, den Grund und Halt entzieht. Man hat zwischen den ächten, rein überlieferten Reden des Herrn einerseits und den apostolischen Reden sammt den durch die beschränkte Auffaßung der Apostel entstellten Reden des Herrn anderseits unterschieden. So hat Meyer (zu Matth 24) geurtheilt, die Jünger hätten die Aussprüche Ess- cccccccc a«- l Ioh. H, l8—28. 301 Christi über seine Wiederkunft in uneigentlichem Sinne, d. h. namentlich über die Ausgießung des Geistes am Psingsisest, mißverstanden und mit seinen Reden über die eigentliche Parusie verwechselt’«)·« Als die Erwartung einer ganz nahen Parusie (AG. I, 6) nicht erfüllt worden sei, hätten die Jünger den Termin »weiter hinausgerückh jedoch ohne die Lebensdauer der Generation zu überschreiten«, wobei »die Form der Erwartung auf die Form der Verheißung unwillkiihrlich reflectirte« (Meyer S. 404 fl.)· Der Jrrthum sällt also den Apostelm nicht dem Herrn selbst, zur Last. Ein gleiches Interesse zeigt sich bei Lünemann, welcher (zu I Thess 4,15) bemerkt, der zöyog singt-w, worauf Paulus seine Aussage gründet, »könne sich dem Zusammenhange nach nur aus das Verhältnis der Ent- schlafenen zu den Lebenden, nicht aber darauf beziehen, wer zu den Einen oder den Andern beim Eintritte der Parusie gehören werde; denn nur in dem Ersteren sei die beruhigende Auskunft enthalten, deren die Thessalonicher bedurft hätten«- Wir ehren die von beiden Gelehrten gezeigte Scheu, den Herrn selbst einen Jrrthum aussprechen zu laßen, verhehlen aber nicht, daß uns dasselbe Jnteresse in Ansehung der Apostel leitet. Jene Unterscheidung ist auch schwerlich zu halten. Am deutlichsten ist dies bei Paulus. Das Wort des Herrn bei Paulus geht ja dahin, daß nicht im Allgemeinen von dem Verhältnis der bei der Parusie noch Lebendigen zu den als- dann Entschlafenen die Rede ist, sondern der Apostel spricht Von sich und seinen Lesetn Este-eig- 02 nsgrhrnefxisuor »Z- snju nagen-via» sc. set-g. ou« HUJ cziäoiawxrsp Tau; nur«-i;- Oäwsragdz das practische Moment beruht auch eben darin, daß die Leser erfahren, mit ihnen, wenn sie, wie es möglich ist, die Parusie erleben, werde essrch so verhalten, wie der Apostel nach einem ausdrücklichen Worte des Herrn sagt. Vollständig gilt in dieser Hinsicht gegen Lünemann was er selbst gegen die bemerkt, welche das sjxrstg über-sehend an die Ehristen im O) Jn ganz ähnlichem Sinne hat E. Scherer (Über Jesu Weissa- gungen vom Ende, bes- Matth. 24. Vgl. Straßburger Beiträge zu den theol. Wissenschaften. Bd.2. t851. S. 83 fll. 105) geurtheilt 302 lJoh I, 5 —Il, 28. Allgemeinen gedacht haben, um die ganze Vorstellung von der Nähe der Parusie zu vermeiden. Aber auch Meyers Urtheil können wir nicht billigen. Meyer (zu Matth. 24) geht davon aus, »daß von V. 29 an Jesus seine Parusie verkiindigtz nachdem er bis dahin von der Zerstörung Jerusalems, und zwar als unmittelbarem Anteredens seiner Parusie, gesprochen hats« Das ,-unmittelbar« wird namentlich auf das sisxsswg V. 29 und auf V. 34 gegründet. Allein wir glauben nicht, daß der Herr V. 4—28 ausschließlich auf die erste Frage der Jünger V. 3 nein« send» Turm; d. h. wann wird Jerusalem und der Tempel Hase« V.3 auf V.2 bezogen) zerstört wer- den? antwortet, dagegen V. 29 fll. ausfchließlich von seiner unmittelbar daraus folgenden Parusie, auf die zweite Frage V.3 siai «« Te; erwiesen« rejg mjc wann-Jota; its-Ä. antwor- tend, handelt. Jm Sinne der sragendcn Iünger fallen beide Thatsachen zusammen. Sie fragen erstlich nach dem Zeit- puncte, zweitens nach den Vorzeichen der Zerstörung der hei- ligen Stadt und der Paruste, indem sie das Zusammenfallen beider Begebenheiten voraussehen. Der Herr geht in» einer gewißen Weise auf diese Vorausfetzung ein, billigt dieselbe, aber reinigt sie auch und sagt soviel, daß die Apostel wenig- stens später, durch den Geist geleitet, die prophetische Wahr- heit ersaßen konnten. Der Herr schaut allerdings die Zerstö- rung Jerusalems im unmittelbaren Zusammenhange mit seiner Parusie an, aber er unterscheidet auch wieder beide Epochen, wie die Vorzeichen und die Zeitpuncte derselben. Die Zerstö- rung Jerusalems, welche das gegenwärtige Geschlecht erleben soll (V. 34), während ,,jenen Tag«, an dem Himmel und Erde vergehn, niemand außer dem Vater kennt (V.35 fll.), ist nicht das Ende (V.6. V.13.14. Vgl. Luc.21,9), fou- dern der Anfang der Geburtswehen (V.8), welche der Wie- derkunft des Herrn vorangehn. Aber diese Wehen bezeichnen doch einen continuirlichen Proceßz im Anfange beginnt auch das Ende. Es ist eine reale, einheitliche Verbindung zwischen jenem Gerichte iiber Jerusalem und dem Weltgerichte Diefe reale Einheit wird hervorgehoben, die temporelle Scheidung 1 In» it, 18—28. 303 tritt zurück, weil es überhaupt nicht« auf chronologische Maße ankömmt. Jedenfalls aber fällt noch vor das Ende der Wehen die Predigt des Evangeliums an alle Heiden (V.14, Vgl. 28, l9. Röm· 11, 25 sll.), eine Thatsache, deren wirklich uni- verselle Bedeutung mit der Universalititt des Endgerichtes correlat ist und deshalb nicht in relativer Beschränktheit auf- gefaßt werden darf, wie Meyer sich auf Röm. l, 5. 16, 26. Col. l, 5fl. 23 beruft, um nachzuweisen, daß dies Vorzeichen der Zerstörung Jerusalems »relativ erfüllt« worden sei. Der Herr meint wirklich alle Völker. Denn erst nachdem alle das Heil gehört und entweder angenommen oder verworfen haben, können alle gerichtet werden (V. 30). Von diesem Punkte aus kann allerdings eine gewiße chronologische Per- spective genommen werden. Der Herr will diese aber nicht weiter geben (V. 36), sondern absehend von dem Zeitmaße faßt er den realen Zusammenhang, die welthisiorische Einheit der· Zerstörung Jerusalems und seiner sparusie ins Auge, bei- des deshalb auch ineinander zeichnend und doch wieder, was die Thatsache betrifft, scheidend. Wo er von dem ,,Anfange der Wehen-«, wodurch das «Ende« erst vorbereitet wird, also von der Zerstörung Jerusalems spricht, weist er die Jiinger ausdrücklich auf Juda und die heilige Stadt hin (V. 15 sll.); aber indem er den endlichen Gerichtstag schildert, vergleicht er die fiir das ganze Menschengefchlecht entscheidende Epoche der Tage Noahs. Dort redet er von Kriegen, Hunger, Seu- chen, gewaltigen Jrrlehren (V.5 sit. V. 23 sll.), aber an das Ende setzt er die ungeheuern Zeichen am Firmament (V. 29 sll.). Aber weil beides in realer Einheit zusammengehört, deshalb eilt die prophetische Rede bald in deutlicher Unterscheidung (V.6.8.13.14) von dem Anfange der Wehen auf das Ende derselben hinaus, bald geht sie unvermerkt von der ersten Epoche des Gerichtes zu der letzten über (V. 21sl. V. 27), bald greift sie umgekehrt mitten aus der Schilderung des letz- ten Tages (V.29—31. V. 35 sll.) auf die erste Zeit zurück, in der der Herr seine Nähe richtend offenbaren wird (V. 31sll. V. Z4). In diesem ganzen Zusammenhange ist auch das 304 l Ich. l, 5——ll, 28. uisikmg V. 29 zu verstehen. Die Drangsal, auf welche un- mittelbar die herrliche Erfcheinung des Menschensohnes folgt, ist die, welche bis zum Ende hin ertragen werden muß und deren Tage um der Auserwählten willen verkürzt werden (V.13 fl. V. 21 sl.). Unmittelbar nach der Vollendung der Wehen, deren realer Anfang die Zerstörung Jerusalems ist, innerhalb welcher auch die Verkündigung des Evangeliums an alle Völker fällt, erfolgt gleichsam die Geburt, die volle, per- fönliche Erscheinung des Herrn zum Weltgerichte. Zwischen jenem dick, dem Ende der Wehen, und der eigentlichen Parusie liegt nichts mehr in der Mitte. Von diesen prophe- tischen Reden des Herrn sinden wir, wie in den paulinischen Schriften mehrfach, so in unserer Stelle einen reinen Wieder- hall. Jn der apostolischen Anschauung tritt die volle Ethik des richten Prophetismus zu Tage. Nicht wahrsagerifch, von einer magischen Erleuchtung saus, bestimmt Johannes Zeitpunkt und Umstände, sondern auf Grund seiner tiefsten Erfahrung der heiligen Wahrheit eröffnet er in prophetischer Rede ein göttliches Gesetz (e3 ais-setz« seit) für die welthistorische Ent- wickelung des Reiches Gottes und schaut eine Thatsache, die Parusie, nicht als singuläres Factum in der Zufälligkeit oder auch in der nur durch des Vaters Allmacht und Allwissenheit bedingten Notwendigkeit, sondern als ethische Krisis in der lebendigen, freien Entwickelung des Reiches Ehristi an. Denn die Gerichte Gottes wachsen ebenfowohl aus der freien Ent- wickelung des Reiches Gottes auf Erden heraus und haben eben deshalb ihre wahrhaften Anzeichen, als sie durch des Vaters Willen geordnet werden und deshalb plötzlich, wie ein Dieb in der Nacht, hereinbrechew Von jener ersten Seite her fallen die göttlichen Gerichte in den Bereich der menschlichen Prophetih nach dieser zweiten Seite hin gilt das Wort des Herrn: Zeit und Stunde hat der Vater seiner Macht vorbe- halten. Die Wahrsagerei beruht mit ihrer Magik auf dem unsittlichen Verleugnen jenes Unterschiedes; aber die ächte Prophetie, alten wie neuen Testamentes, beruht mit ihrer heiligen Inspiration auf dem sittlichen Anerkennen desselben. 1Joh. ll, 18—28. JOS- Bon dieser, der heiligen Prophetie, wird diegottgeotdnete Freiheit in der sittlichen Entwickelung des Reiches Gottes vor- ausgesetzt, während jene,- die Mantik, die gemeine determini- stische oder fatalistische Weltanschauung zur Voraussetzung hat. Jene ist deshalb eine heilige Offenbarung des lebendigen G-ot- tes durch den sittlichen Menschen, diese ein unheiliges ask-Jus, in welchem der Mensch ohne freies «Selbstbewußtsein, ohne sittliche Arbeit, ohne lebendiges Verständnis der Sachen ge- wiße atomistische Momente, wie sie durch eine willkiihrliche Noth- wendigkeit determinirt erscheinen, im voraus anzeigen soll. Der tichte Prophet, als Dolmetsch Gottes; offenbart deshalb die heiligen Gesetze, nach welchen Gott die Entwickelung der Welt leitet, und schaut, was damit auf das innigste verbun- den ist, die göttlichen Thaten in und an .der Welt in ihrer Eontinuität an; einzelne Facta sagen die Propheten nur als die hervorragenden, hellen Spitzen einer continuirlichen Ent- wickelung voraus. So haben die Propheten des alten »Te- stamentes vor dem Exil die nothwendige große Läuterung des Volkes Gottes vorherverkündigh zugleich aber in dersWiiste die Weinberge gesehn, in dem Thale der Trübsal die Pforte der Hoffnung erkannt (Hos. Z, 17). Die heilsame Krisis er- schien als eine Neugeburt des Gottesvolkess und als nothwen- dige Vorbereitung der messianischen Zeit. Die chronologische Spannung zwischen dem Läuterungsgerichte und dem Erschei- nen des Messias haben Hosea(2,15sll. Z, 5), Iesaja (7—12), Micha (4, 10 fll. 5, 1sll.) u. a. nicht gemeßen, so wenig wie sie innerhalb der inessianischen Periode den lebendigen Anfang und die letzte Vollendung chronologisch geschieden haben (Jes. 11,1sll. 65. 66. u.s.w.). Aber es giebt auch für das mensch- liche Urtheil keinen deutlichern Beweis der göttlichen Auctorität jener Weissagungen, als die keusche Wahrheit derselben und die ebenso demüthige Zurückhaltung als glaubensfrohe Zuver- sicht, mit der die alten Propheten auf die Offenbarung Gottes harren und an ihrem Verständniß arbeiten. Iesaja zeigt uns, wie sich aus dem prophetischen Anschauen des Kindes, in des- sen Namen schon der reiche Grund der ganzen theokratischen l. 20 306 l.J0h. I, 5——II, 28. Hoffnung verborgen liegt (Jes. 7, i4), die Weissagung von der göttlichen Herrlichkeit des künftigen Messias immer lauterer und umfaßender entwickelt. Und wenn Micha das neue Heil in unmittelbarem Zusammenhange mit einer schon naheibevor- stehenden Krisis anschaut, so wagt er doch die Zeitsorm nur nach dem großen, von Jesaja verkiindeten Ereignis »bis die Gebärende geboren hat« zu bestimmen und spricht nachher nur das ahnungsvolle Wort »fern ist die Zeit« (6, 11). Vgl. Je· Diisterdieck in der oben citirten Abhandlung S. 139 fll. Jn ähnlicher Weise wird das prophetische Moment in unserer Stelle zu beurtheilen sein. Johannes erkennt wie Paulus (2 Thess. 2, 1—12), der Unterweisung des Herrn gemäß, in den kräftigen Jrrthümern der Gegenwart die Anzeichen der herannahenden Entscheidung. Die letzte Stunde ist da, die Parusie steht bevor. Die letzte Stunde ist die Schlußperiode des use-J«- oiZssoe, die Periode der »Wehen«, welche in einem ununterbrochenen Zusammenhange von ihrem Anfangspuncttz der Zerstörung Jerusalems, bis zu dem Ende hin, auf wel- ehes sogleich die Parusie folgt, fortdauern. Wie lange diese Wehen dauern würden, hat Johannes nicht vorwitzig gemeßen, nnd hatte hierzu auch um so weniger Veranlaßung, als es ihm, wie Socin treffend bemerkt, gar nicht auf eine Erör- terung der åoxoisssz cijgos an sich, sondern vielmehr, im para- kletischen Hinblick aus die bevorstehende Parusie, aus die War- - nung vor den antichristischen Lügnern, deren Auftreten ein An- zeichen der großen Krisis ist, ankam. Darin hat sich Johan- nes nicht geirrt, daß er den realen Beginn der allerdings durch die ganze welthistorische Entwickelung des Reiches Christi continuirlich fortlaufenden Krisis bald erwartete; denn das damalige Gefchlecht erlebte, wie der Herr geweissagt hatte, die Zersiörung der heiligen Stadt, ein Ereignis, über dessen welt- geschichtliche und weltgerichtliche Bedeutung kein Zweifel herrscht. Hier tritt der Unterschied unserer Ansicht von der durch Lücke, Neander, Meyer und Liinemann vertretenen klar hervor. Wir sagen nicht, daß Johannes, obgleich er durch die gefche- hene Zerstörung Jerusalems eines Beßern hätte belehrt sein l Ich. H, l8-—28. 307 sollen, doch noch in einer gewißen jüdischen Beschränktheit und Kurzsichtigkeit die Parusie des Herrn wenigstens innerhalb der Lebensdauer des damaligen Geschlechtes erwartet und darin sich geirrt habe, sondern wir meinen, daß der Apostelsich darin nicht geirrt habe, daß er den realen Eintritt des Weltgerichtes zu erleben erwartete, weil dieses mit seinem wirklichen An- sangspuncte in des Apostels Lebzeit fiel. Die beginnenden Zeichen, nämlich das Hervortreten der äußersten Bosheit, der geradezu antichristlichen Lüge, deuteten an und erforderten mit ethischer Nothwendigkeit den Beginn des äußersten Ge- richtesz denn -mit der menschlichen Bosheit .und der antichrist- lichen Feindschaft wider das Reich Gottes hält auch die gött- liche Gerechtigkeit und der Sieg des richtenden Christus glei- then Schritt. Jst somit der prophetische Gehalt der apostoli- schen Aussage wahr, so kann von hier aus unbedenklich an- erkannt werden, daß Johannes die zeitliche Dehnung von dem realen Anfange bis zu dem faktischen Ende der Wehen entweder gar nicht oder selbst zu kurz gemeßen habe. Jn dem letztern Falle, welchen man wegen der eommunicativen Rede- weise V. 28 annehmen kann, würde nur zu sagen sein, daß Johannes gerade als ächter Propbet, im Gegensatz zu aller wahrsagerischen Täuscherei, nicht unbedingt über die Gränze menschlicher Beschränktheit hinausgerückt sei, sondern daß er, indem er wahrhaft sagte, was er nur durch die besondere Er- leuchtung des heiligen Geistes sagen konnte, doch auch wieder das nicht sagen konnte, was zu wißen keinem Menschen gege- ben war. Ein vorwitziges Fragen oder eine jüdische Beschränkt- heit würde auch so nicht vorliegen, weil der Apostel die bevor- stehende Krisis, deren reale Eontiiiuität er mit prophetischem Geiste richtig angeschaut hat, nur ohne chronologische Unter- scheidnng von Anfang, Fortgang und Ende, und insofern in falscher Perspective gezeichnet hätte. Aber nach unserer Mei- nung ist textgemäß zu urtheilen, daß Johannes gar keine chro- nologische, sondern nur eine reale Bestimmung habe geben wol- ten. Dafür spricht das Sei» vor rpausgwksj V.28, denn das recipirte Zwar» die accurate Zeitpartikel, ist von der Kritik W« 308 I.Joh. l, 5——ll, 28. entschieden zu verwerfen. Johannes setzt als unzweifelhaft das Factum voraus, daß der Herr erscheinen wird, und gründet hierauf seine Paraklesh auf den Zeitpunct aber, wann die endliche Parusie eintreten wird, kömmt gar nichts an. Die communicative Rede aber ist in der Sache selbst, welche kraft der Gemeinschaft des Glaubens alle Gläubigem den Apostel wie seine Leser (vgl. II,1), angeht, völlig begründet und durch die liebevolle Eindringlichkeit der ganzen Warnung von V. I8 an so natürlich nahe gelegt*). Anders steht allerdings die Sache in der Stelle IThess 4, 15 Exzess- oi Tour-«; III-J, wo man nicht umhin kann, in dem eben angegebenen Sinne anzuerkennen, daß Paulus die chronologische Perspective zu kurz angefchauet habe, eine Unvollkommenheit, welche in dem Apostel selbst durch die sittliche Entwickelung seines Lebens in Gott immer mehr überwunden nnd zur lautern Wahrheit ver- klärt ist (2 Thess. Z, 1 fll. New. 11, 25 sll.). Es ist also, sagt der Apostel, die letzte Stunde. In die- ser sollte, wie die Leser schon wißen, »der Antichrist« kommen; und schon ist auch der Geist des Antichrists wirksam vorhan- den (1V, 3), denn schon sind »viele AntichristeM aufgetreten, so daß das antichristischeKennzeichen der letzten Stunde vor- liegt. Was oder wen versteht Johannes unter c; ckiszisfzpk are-c? und wer sind die ckwsrizgcocor wol-Los, die iu ei- nem so wesentlichen Zusammenhange mit »dem Antichrist« ste- hen, daß in der faktischen Erscheinung derselben das reale Vor- handensein des »Geistes des Antichrists« (IV, 3), und insofern des Antichrists selber erkannt wird? Was zuerst die philolo- gisrhe Begründung der Erklärung betrifft, so leugnet jetzt nie- mand mehr, daß das Compositum oåwsfxpxocoe kraft verspra- position ais-w« ebenso gut einen Widerchrist, d. h. einen Geg- «) Jn ganz gleichem Sinne sagt z.B. Cyrill Marsch-XII. 0pp. ad. Ja. Preis-or. Paris. 1631. p. 157), indem er die zweite Fparusie Christi der ersten Erscheinung desselben in der Knechtsgefialt gegenüberstelln ,,laßt uns auch die zweite Parusie erwarten — «« s» rzj Jst-»Spi- Fgiosxxkss 7««"-1«- »« weiss, In« »Es« ssyyizasv eiusscnryjcrapsxc In? den«-Erz; Jrciocnwofksrkc Eil-ca)- »«-, Eiiloypzxtspoc »« Fgzöm pl» Aus dieser Redeweise wird niemand sol- gern, daß Cyrill gemeint habe, er selbst werde die Parusie erleben. 1Joh. It, 18 287 309 ner Christi, adversarius, conirarius Christo (Augustin, So: ein, u. v. a.), als einen Asterchrist oder Pseudochrist d» h. einen sich für Christum ausgehenden Lügner, tentans semet ipsum Christum ostendere (Irenäus ach. hast. V· o. 25), bezeichnen kann, wobei es sich freilich von selbst versteht, daß entweder die eine oder die andere Vorstellung im Sinne des Apostels gelegen haben kann, nicht beide zugleich (J. Lan ge), am wenigsten in der Weise (Sander, S. 152), daß XI ais»- efxg vorzugsweise den Nachäsfer, die Pluralsorm aber vor- zugsweise die Feinde Christi bezeichne. Nur Grotius, dem einige unbedeutende Andere nachgefolgt sind, hat aus Parthek lichkeit für seine Sacherklärung die Bedeutung »Widerchrist« geleugnet und die -Pfeudochrist« gefordert. Der Johanneische oZ1-I««zgco«roc, sagt er, habe mit dem Paulinischen Erweise-Iowa;- (2 The-ff. Z, Z) durchaus nichkö zu thun: oiwsrziisizceyoc Wiss, qui Deo summo se hostem profits-tut; oZs-c-"x9«1oog, qui se chri- stum facjtx Grotius denkt deshalb mit dem Syrer an die Pseudochristi, deren Auftreten der Herr selbst geweissagt habe (Matth. 24,5.24.). Der Ausdruck oiosrfzpmcog sei ganz nach Analogie des Wortes X«--««Faa-zct)4s, welches ohne Zweifel einen Vicekönig, nicht einen Gegenkönig bedeute, zu beurtheilen. Gro- tius hätte leicht noch mehr derartige Composita anführen kön- nen. Jn den Briesen des Jgnatius z. B. sindet sich nicht selten der Ausdruck äussert-zog (smYn1.10. Ephes 21. Pelz-o. Z. 6), der im Sinne etwa mit oiasxizwgoo übereinkömmt Auch das Homerische usw«-Käse;- »göttergleich" gehört hieher. Bekannt ist namentlich das Wort Cassino-soc, sproconsuL Al- lein auf bloß philologischem Wege ist die Erklärung des so- hanneischen oiiisxlzgzacog nicht zu finden, und da haben sie auch, wie die Geschichte der Auslegung deutlich zeigt, die ältesten Ausleger, namentlich die Griechen, nicht gesucht. Aus der« Grundbedeutung von ais-»« »vor, gegenüber« ergiebt sich bei- derlei Sprachgebrauch, daß ein mit dieser Präsoosition compo- nirtes Nomen sowohl das in entsprechender Ahnlichkeit dem Bilde gegeniiberstehende Gegenbild Hur-up—- riiiciconopx als auch das feindlich Entgegengesetzte (oii-srsezoczeiaospog) bezeichnen 310 l Ich. I, 5—ll, 28. kann. Dies zeigt sich namentlich daran, daß ein und dasselbe Wort in beiderlei Bedeutungen vorkömmt Den Ausdruck »Ein-Im; verstehen manche selbst bei Homer (vgl. Schneider, Legt. s. v.) in einigen Stellen als »gottwidrig«, wie derselbe bei späteren Autoren ohne Frage sich findet. Philo sde Gans. ling. P. 332 ei via-essen; wenig. de somit. p. 1133. bei Lös- ner, ohservath zu uns. St.) hat das Wort in dem Sinne; und die Kirchenvätey welche meistens wegen der Schilderung 2 Thess Z, 4 das Wort einst-see; im Sinne jener Stelle ge- brauchen ——— wie z. B. Chrhsostomus (beiSuicer p.391) erklärt: oiweiåssic w; Form, sen-i Hof-work umso-Mo« ssoiic fis-»Is- ieoei gerieth-sc ernannt-»M- astisceiw ais-sei sen? -9.s01J-—, statuiren doch auch unbedenklich die Bedeutung Jseixioezog (z. B. Hippolyt, cie Christo ei Antichin c. 15. Vgl· Jgnatius, By. ad Philipp. c. 12.). Das johanneische eiwfzgccnog aber ist nicht allein Von den Lateinern Tertullian (de praescript-. hast. c. 4. Qui antjohristi interim et Stempels, nisi Christi rebelles?), Augustin, der die aus wunderlicher Verwechslung beruhende Deutung Aniechkistus d. h. der vor der Parusie Christi austreten wird, verwirft, und Beda, sondern auch von den bedeutendsten Griechen als eine Bezeichnung der Feind- schast wider Christum verstanden. So erklärt Didymus, die seien Antichristen zu nennen, welche kais-i cie Christo dont-at, sont-sam- sapiunt quam Christi Seele-Sizii. Jn demselben Sinne ist die feine Bemerkung des Theophylact (vgl. auch Oec u- menius und die Scholiasten) zu V. 21 zu verstehen, daß Christus die Wahrheit selbst sei(Ioh. 14,6), daher Zweiter-Mc, kam-wies CI» VI oTÄhs9·s-"9e, Zu« In? Ich-ewiges, äwscixproröc Zum-- Von rein philologischem Standpuncte aus ist deshalb zu urtheilen, daß der johanneische Ausdruck oisisstzgiosxog ohne alle Schwierigkeit als ,,Widerchrist« verstanden werden kann. Wahrscheinlich wird diese Bedeutung von vornherein dadurch, daß Johannes, dem jenes Wort eigenthümlich ist (V.22.IV,8. 2Joh. 7), das Compositum ixisnckossgoepsjsxsyg ganz wohl kennt (IV, 1). Weshalb hätte er nicht auch den Ausdruck wacht— zgxcwg (Matth. 24, 4) beibehalten, wenn er diese Borstellung l Ich. ll, l8—28. ZU hätte aussprechen wollen? Allein weder an unserer Stelle noch in der Parallele IV, l fll. ist irgendeine Spur dieser Vorstel- lung zu entdecken, vielmehr geht aus beiden Schilderungen, namentlich aus il, 22 deutlich hervor, daß das eigentliche We- sen der antichristischen Erscheinung eine liignerische Ableugnung Christi, also ein verderblicher, den Grund der christlichen Wahr- heit umstürzender Jrrthum ist. Hierüber sind auch wenigstens in Ansehung der »vielen AntichrisieM alle Ausleger —- mit Ausnahme des Grotius und seiner wenigen Nachfolger —- einig. Die Ausleger nennen entweder solche Ketzer, die sonst in der neutestamentlichen Geschichte vorkommen, wenigstens noch in die apostolische Zeit gehören, oder— sie fügen auch spä- tere Namen bei, indem sie die späteren Ketzereien im lebendi- gen Zusammenhange mit denen aus der apostolischen Zeit an- schauen Gipse-urbar, »Is- ö uoesroipasroc Cunizza-»etwas »Er-syru- wjwp Oeeumenius zu V. 22). So werden Simon Magus, Cerinth, Ebion, die Gnostiker überhaupt, die Niko- laiten (Apoc. 2, 6), Diotrephes (3 Joh. 9), Hymenäus und Philetus (2 Titn. 2, l7), aber auch Basilides, Valentin, Marrion u. a. genannt (vgl. Oecumenius, Scholiastem Augustin, Beda, Calvin, Luther, Calov, J. Lange u. a.; auch Jrenäus, Hippolytus a.a.O.). Das richtige, auch von allen neuern Auslegern im Wesentlichen anerkannte Moment in dieser Erklärung der -vielen AntichristeM besteht darin, daß die Häresie als Widerspruch gegen die christlichq auf der Person Christi beruhende Wahrheit, also als seindlicher Gegensatz gegen Christum selber. verstanden wird. Aber die alten Ausleger geben um so weniger ein klares Bild von den johanneischen Antichristen, je mehr Ketzernamen sie zusammen- stellen. Haben doch Oecumenius und der Scholiast l. sogar die jüdische Leugnung Jesu Christi als des Messias, des Sohnes Gottes herbeigezogem um V. 23 zu erklären, wäh- rend Beda, nach Augustins Vorgange, neben Ketzern und Juden auch noch die sittenlosen Christen, die mali caiholich zu den »Liignern« (V. 22) rechnet. Es kömmt aber darauf an, einerseits das antichristische Wesen der von Johannes ge- 312 1 Seh. 1, 5.—It, es. straften Jrrlehrey die aus der Gemeinschaft der Christen selbst hervorgegangen sind« (B.«l9), aniund für sich zu erfaßen, na- mentlich zu verstehn, in welchem Sinne der Apostel sage, daß die antichristische Leugnung des Sohnes zugleich eine Leugnung des Vaters seit(B. 23), anderseits das Verhältnis der »vie- len Antichristen«, zu dem einen »Antichrist« richtig zu verstehn. Dies Letztere ist namentlich den .griechischen Kirchenvätern nicht gelungen, weil sie, die johanneische Spur gänzlich verlaßend, sogleich auf die paulinische Darstellung 2Thess. L, I fll. über- sprangen, mit dieser die prophetischen Schilderungen nament- lich im Daniel (JC4I»IJÄ, einig »Ja-Tag zween-u? as. Hipp v- lytus, a. a. O. Gab. 31) »und in der Apokalypse verbanden und das Ganze durch unächte apokalyptische Zusätze verdarben. Die Anstchten der griechischen Kirchenväter, die mit der phan- tastischen Apokalyptik der Juden Hand in Hand gehn, weichen so sehr von der johanneisclsen Einfalt und Reinheit« ab, daß dieselben erst beseitigt werden müßen, bevor unter Prüfung an- derer Meinungen die Entwickelung derapostolischen Vorstellung versucht werden kann. . . - Alles was die griechischen Kirchenvätey namentlich J»- näus (adv. haer.V,25), Hippolytus in seinem Buche über Christum und den Antichrist (vgl. das dem Hippolytus un- tergeschobene, aus seiner achten Schrift verfertigte Buch de oonsnmmatjone month, in der Ausgabe des Fabricius) Cyrill von Jerusalem in seiner 15. Katechese und Theodo- ret (Epit. dirs. der-rat. c. 23. 0pp. Paris I642. Tom. IV, P. 300 sqq. comment. in Dem. II P. 636 sq.) über den An- tichrist ausfagen, beruht auf der Voraussetzung, daß der so- hanneische Antichrist identisch sei mit dem paulinischen die-Agu- Jrog »Es· esxragoiags wies§ eng« drei-Arius, esssxcnsfxrxuog Its-Ä. (2Thess.2, 3sl.) und mit dem Thier in der Apokalypse(Cap.13), wie mit dem kleinen Horne, welches auf dem Haupte des vier- ten Thieres bei Daniel (7, 7 sll. 20 sl.) hervorbricht und die andern zehn Hörner theils abstößt, theils unter sich beugt. Aber auch andere Schilderungen von außerordentlichen Erschei- nungen der gottwidrigen Bosheit werden auf diesen Antichrist 1 Joh. u, 18—.28. 313 bezogen. So erkennt Hippolytus sc. 48 sqqh in der ba- bylonischen Hure (Apok. 17.18.).das Bild des Antichrists und seines Reiches. Der «Gottlose«, welchen nach Jesaja (1I, 4. LXX Orest-J) der Messias durch den Hauch seines Mundes tödten soll, wird von allen Griechen ganz wie von den Juden (s. u.), als eine bestimmte Person, als der Antichrist, ver- standen. Und weil Paulus sagt, daß der Widersacher steh über alles, was Gott heißt, erheben, sich selbst in den Tempel Got- tes setzen und sich für Gott ausgeben werde, so wird von den griechischen Kirchenvätern vorzugsweise die Borstellung des fal- schen Messas, des Pseudochrists ausgesprochen und häusig aus solchen Stcllen der alten Propheten erläutert, in welchen z.B. der trotzige Hoehmuth der Feinde der Theokratih die sich nicht als Werkzeuge in Gottes Hand, sondern als unwiderstehliche Sieger betrachten, gestraft wird (Jes. 10, 12 sll. 14, 12 sll. Ezech 28, 2 fll.). Jn demselben Sinne stellen Hipolhtus (c. 49) und Theodoret (ll p.687) den Antiochus Epiphanes (1 Mart. l) als Typus des Antichrists auf. So erscheint der Antichrist nicht nur überhaupt als das Ideal der gottwidrigen und christusseindlichen Bosheit, sondern genauer als das lü- genhafteWiderspiel desselben, indem der Antichrist sogar in vie- len Einzelheiten die wahre Geschichte des fleifchgewordenen Got- tessohnes täuschend nachässt (Hippolyt. o. 6. 14), denn —- åxoxmsotfosfoee »Ah« Erz? »in? Tor? Fee-IF, wie Hippvlytus (c. 48) bemerkt, indem er sogar in den Hörnern des An- tichrists (Dan. 7, 2 sll.) eine lügnerische Ähnlichkeit mit dem Lamme Gottes findet. Jn diesem Sinne sagt Chrill (p.162 sq.): gleichwie der Teufel vor der ersten Erscheinung des Herrn, vor der Geburt desselben, allerlei Fabeln von Göt- tern, die von Weibern geboren seien, ausgesprengt habe, so würde er auch vor der zweiten Erscheinung Christi, vor der Parusie, den Antichrish einen in allen Kiinsten der Zauberei höchst ersahrenen Menschen, herbeibringen, welcher der römi- schen Weltherrschaft sich bemächtigen, sich selbst für den Christ ausgeben und viele, aus den"Juden und aus den Heiden, verführen werde VIII« sonder) xcäÄÄowsrog wüten) — sc. Xb«- 314 lIvh. l, 5—ll, 28. essen) —- ssspöseegov å1-a4--59w72eZ«-, nai S« nagääyov yet-w?- assm npoctfoiiawäwov Ase-II, Ispockräzfaäsw c; Iceisoloc scö ngciyxcoi ssexuodgywc s» eickmhøäassgeicx Fee-J; Wer-Beig- Hm«- wcöwssag smi yswtswxsäwovx um) Jst-»wund- npoxioäoäoysjaagy II» npozuzFeZwssoeg sen? wes-EBook, aIg åwöxccgeiy aktiven-VI ieai ssö XIV-Ase, esse» ais-Unwes- Xgeosxoö cksürsgw Exze- oåac sxoii eiäsjäoisg FOR-os- Zaxozckofpwv »Ja« Ins» cis-einan- agogckonfass e; oZ1--«ns«",«sI-oc, zwei »Ehe-To- nst- åu siege-so- »OJF, By« sein«-Z ais-Hymne«- zeoiyop im) »Es· FI- Panz-uneins; nat einem-Rats rings-»Ah; nasses-Hain; sanken-Icarus» dsg- noigopssoe »Ja« sue-THI- snsc ·Pm,uainn- Yoro-Leim,- »)I- Ew- o-«aI-, txisuckdg cfå Xpcocöp Sau-»Is- oivroieazoöasscu siai ckcoi ,«.3-1- wiss· we? Xgzwofj npogøyyopiocg Tau-knien;- scoug »Ei- ssöw eszcxmswop vkgocckoscoöpcocc einoesxoüwog Tod; s? Häsch- cfss see-IF zcayuioic war-Taufe« Jnayözeewowj Hiernach erfcheint der Antichrist jedenfalls als ein Mensch, welchen der Satan gebraucht Ein-Hymne«- xcckyou e; Fee-seid; essyckwgs iefxgsxxac åissfyyi uussonpogesnwx Evens-es»- Cyrilh P. l64. Theo- doret, il, 636. Oecumenius, zu IV, 4: «; «-4--«z9., di»- Jqamoc wör- Zæssocwosw ns9cØå9ws-. Hippolytus, o. S. Hieronymus, in Jesazs 23. Jrenäus, a. a. O. omnecn susoipiens diaboli viriatem), in welchem der Satan selbst wirksam ist. Aber man geht auch noch einen Schritt weiter und betrachtet den Antichrist geradezu als den incarnirten Sa- tan. So Theodorey welcher a. a. O. sagt: ngö øsjg its— one-users; åncøæwsiecc III« »Ja»- «v«»-J()»)»«s-"cr-1J7coc)«k)g Erd» »Ist-Zwecken«- OZZOEIJIOZH c? cis-»Pens- cko««,«t«n-, e; »Is- Mein; ngogszyogfag Lesen-ye- Am weitesten ist diese Vorstellung aus, gesonnen bei Pseudohippolytus (de o0nsummat. mundj c.22.), nach welchem auch die Geburt aus der Jungfrau vom Antichrisi nachgeäfft wird: wissen« IN; s» »Mir-·» Z« way— Bin-o»- —— ö ckå ekzokzfozoc s? nai osignw oZ4-o«1äz5oe, 032202 send-m s» Efeu-Je«- yiuwnosxcsiøsss wes; aus«-Z; aus-en? due-Xa«- siaazyjwsiax Hinz-usw. Auftreten aber wird der Antichrist, wenn das römische Weltreich seinem Untergange nahe ist. Denn Daniel schaut vier Weltreiche, das babylonischy das persifchg l Ich. 11, 18—28. 315 das macedonische, endlich das römisehr. Wenn das letztere zehn gleichzeitige Könige hat, entsprechend den zehn Hornern des vierten Thieres, so wiichst aus dem Haupte dieses Thieres ein neues Horn hervor, welches drei von jenen Hörnern ab- stößt, die sieben andern aber niederzwängtz das ist der Anti- christ, welcher drei römische Könige —- wie Hippolybus (o.25. 52) sagt, die von Aegypten, Libyen und Aethiopien«—— vernichtet, die übrigen sich unterwirst und selbst die Herrschast behauptet. Drei und ein halbes Jahr (Dan. 7, 25) wird so der Antichrist herrschen und gegen alle Menschen, besonders gegen die Christen, wüthen· Denn er ist rügmwoe uai »Fa- w2se)c, »Hu-»Is- cksiuög »Feig- rots Frass-XVI, unreif« we? ou— www? (Hippolytus c. 15. 57. Chrilh h. 164.). Er läßt sich als Gott verehren, die Heiligen verfolgend, Christum lä- sternd Osipzcsxai sei-weis- iiixioöis nui ckogoigsiw ais Acri-», Mai— arm« Tod; oiyioiic nai Käaokpøyxmäii Töt- X()-«0«c0i-). Man weiß auch, daß er aus dem Stamme Dan hervorgehn wird (vgl. Theodoret und Methodius, bei Suicer s. v.). Hippolytus (c. 14) erweist dies daraus, daß Dan in dem Segen Jakobs (Gen. 49, 17) mit einer Schlange, also mit dem Thiere, dessen sich der Satan zur Versührung der ersten Menschen bediente, verglichen wird. Gegen den Antichrisi wer- den, nach Dan. 9, 27. Mal. Z, 23, Apoc.11,3., Henoch und Elias austreten, die in Säcke gekleidet 1260 Tage lang vor der Lüge warum, Buße predigen und die Parusie des Herrn ankündigen werden (Hippolhtu s, c. 48. 60. Pseudohip- polytus o. 29. Theodoret, Methodius, Johannes Damascenus, bei Suicer). Endlich wird der Antichrist von dem erscheinenden Christ abgethan werden, nach 2 Thess. 2, l0. Jes 11, 4. Dan. 7, 26. — Mit diesen Ansichten der griechischen Kirchenväter stimmen die jüdischen Erwartungen, wie sie in den rabbinischen Schris- ten ausgesprochen sind, so auffallend überein, daß ein wech- selseitiger Einfluß gar nicht zu verkennen ist, wenn es auch schwer sein mag, im Einzelnen die Momente zu bestimmety welche entweder der patristischen oder der rabbinischen Entwicke- 316 I Joh. l, 5-—ll, 28. lung ursprünglich angehören. «Manches in den rabbinischen An- gaben ist augenscheinlich aus dem christlichen Gebiete entnom- men und dann im gegenchrisilichen Interesse umgeformt. Die alttestamentlichen Stellen, aus welchen die Juden ihre Mei- nungen über die Erscheinung des Messias und die vorangehende Erscheinung des »Gottlosen«, des »Armillus«, des ,,Antichrists« ableiten, sind dieselben, wie bei den Kirchenväterm Gemäß der Danielischen Schilderung des vierten Weltreiches blicken die Juden, indem sie den Messias wie seinen Widersacher erwarten, nach Rom. Das jerusalemitische Targum (zu Exod. 12, 42. bei Buxtors, -p. 1269) sagt: Moses egredietuk e deserlo, et Messias egreciietur ex Roma. Wenn aber in den jüdischen Schriften (vgl. Bertholdh ehrjstol §.16. besonders Eisen- meng er, entdecktes Judenthum Thl. II. Cap.13.) Rom als Ausgangspunkt des Messiasfeindes genannt wird, so ist das ohne Zweifel nicht allein aus der Deutung des vierten Danie- lischen Thieres vom römischen Weltreichtz sondern auch daraus zu erklären, daß die Juden die Hauptstadt der christlichen Welt, den Sitz des Pabstes, als die Geburtsstätte des »Gottlosen«, der wider den ächten Messias streiten würde, brandmarken woll- ten. Jn den Zügen nämlich, mit welchen sie ihren ,,Ant"i- christ« schildern, kann man kaum die blasphemische Schilde- rung des christlichen Messias verkennen. Es heißt in einer sol- chen Schrift (Al’kath rot-del, bei Eisenmeng er, S. 704 sll.), in welcher von den zehn Vorzeichen der Erscheinung des Messias gehandelt wird, das siebente Zeichen werde das Auftreten des Messiasseindes sein. Jn Rom, und zwar in einem ,,Schand- hause« oder ,,Spotthause«, d. h. in einer christlichen Kirche, sei ein wunderschönes Marmorbild, welches eine Jungfrau, die noch keinen Mann erkannt hätte, darstelle Diesen Stein werde »der goitloseste Bösewicht unter den Völkern der Welt« d. h. der Satan, »erhitzen, Unzucht mit ihm treiben und Gott ihren Samen in demselben bewahren und aus demselben eine Creatur erschaffen und ein Kind formirenz der Stein werde nachher sich spalten und aus demselben die Gestalt eines Men- schen kommen, welcher Armillus heißt. Dieser wird der Wi- Esss cccccccc a«- 1 Joh. U, l8—28. 317 dersacher Our-H) sein, welchen die Völker den Antichrist how-spannte) nennend« DieseriArmillus wird dann als ein Ungeheuer von zwölf Ellen Länge und zwölf Ellen Breite geschildert. ,,Derselbe wird, heißt es weiter, zu den gottlo- sen Edomitern — worunter die Christen verstanden werden— gehn und zu ihnen sagen: ich bin der Messias, ich binEuer Gott» Die Christen glauben an ihn, schaaren sich um ihn und streiten mit ihm gegen den durch Elias und Henoch vor- her angekündigten Messias, welcher nach drei Monaten eine ungeheure Niederlage unter den Kindern Esaus anrichtet und den ,,Gottlosen« mit dem Hauche seines Mundes tödtet (Ies. 11, 4). — Während so der Widersacher des von den Juden erwarteten Messtas, der gottlose Armillus, der Sohn des Sa- tan, als derjenige erscheint, welchen »die Völker-«, d. h. doch wohl besonders die Edomiten oder die Christen, den Antichrist nennen, aber als den wahren Christ annehmen, so sindet sich der gehäßige, gegen dieChristen gerichtete Sinn dieser ganzen Vorstellung bei Abarbanel (vgl. Eisenmenger, a. a. O, S. 747.) in der Weise ausgeprägt, daß der Messias selbst, nämlich der Sohn Josephs, der Antichrist genannt wird und zwar deshalb, weil er gegen die Christen kämpfen werde. Abarbanel unterscheidet nämlich mit vielen Rabbinen (Ber- tholdt, §. 17. Eisenmenger, S. 703 fll.) den Messias, den Sohn Josephs, von dem Messias, dem Sohne Davids. Jener erscheint zuerst, als Vorläufer von diesem. Der Messias Sohn Josephs wird mit den Jsraeliten gegen den Armillus und seine Schauen, d. h. gegen die Christen und die unter der Anführung von Gog mit denselben alsdann verbündeten Türken, welche gegen die heilige Stadt, wie es schon einmal in den Kreuzzügen geschehn ist, heranziehn werden, streiten. Allerdings wird der Sohn Josephs, der von diesem Streite den Namen Antichrist hat, von dem Armillus — jedoch ohne daß dieser das weiß —- getödtet und von den Juden beweint *) Die Worte lauten im Original so: Und( 111727 Ihm: NLIH JEIIDHPIVIN Im: jspnp nvnwdenw m Zutun DIE-EIN we» Evas-»Hm» copy 318 1 Ich. i, 5—1I, 28. (Sach. I2, 10 fl.), aber von dem alsbald herrlich erscheinen: den Messtas dem Sohne Davids und von Elias wieder aus- erweckt werden. Die Darstellung dieser patristischen und rabbinischen Mei- nungen wird hofsentlich nicht überslüßig erscheinen, wenn auch aus denselben keine Hülfe bei der Ersorschung der johanneischen Vorstellung gewonnen werden kann. Ganz abgesehn von den durchaus unbiblischen Zuthaten, womit auch die griechischen Kirchenväter das Bild des Antichrists ausgestattet haben, wird der besonnene Schriftsorscher Bedenken tragen müßen, die mit der keuschesten Zurückhaltung gegebenen Andeutungen des Jo- hannes über den Antichrist ohne weiteres mit den Farben des Daniel oder der Apokalypse auszumalew Johannes erörtert hier nicht »die Lehre vom AntichristQ wie Sand er sich aus- drückt, sondern eher wäre mit Episcopius zu urtheilen, daß man überhaupt nicht fragen könne, wer der Antichrist sei, weil der Apostel selbst es nicht gesagt habe. Aber bis auf einen gewißen Punkt ist allerdings die Anschauung des Apostels zu erkennen. Mit den johanneischen Andeutungen muß die ge- nauere Darstellung des Apostels Paulus (2 Thess. Z, l sll.) verglichen werden. Die von den Kirchenvätern und manchen spätern Auslegern herbeigezogenen Schilderungen im Buche Daniel und in der Apokalypse zurErklürung unserer Stelle anzuwenden, ist theils schon deshalb bedenklich, weil jene bei- den Bücher an canonischer Dignität hinter den johanneischen wie den paulinischen Briesen entschieden zurückstehm theils aber unmöglich, weil jene dunkeln Visionen wohl von den klaren apostolischen Briesen aus Licht empfangen, nicht aber umge- kehrt diese aushellen können. Von dem Leichtern zum Schwerern aussteigeud fragen wir zuerst nach dem Wesen der »Bielen«, welche von dem einen Antichrist ihren Namen haben, in denen der Geist des Anti- christs stch zeigt, welche also an ihrem Theile das Wesen des Antichrists offenbaren müßen. Antichristen nennt der Apostel gewiße Menschen, welche eine gesährliche Jrrlehre aussprengen und durch diese die Christen täuschen und um die Wahrheit l Joh If, l8——28. 319 und das Leben in der Wahrheit betrügen (V. 26. 2Joh. 7), Der Inhalt jener Jrrlehre wird an unserer Stelle (V. 22) nur kurz angedeutet, genauer in der Parallele IV, 2 sll. be- schrieben. Sie ,,leugnen daß Jesus der Christ ist«, und zwar in dem Sinne, daß sie sagen: Jesus Christus sei nicht im Fleische erschienen, sei nicht der Sohn Gottes (1V,.2 sll. Vgl. I, 1sll. IV, 14 sc. V, 5 sll. 20 sl.). Aber auf den Inhalt und die Faßung der Jrrlehre kömmt es jetzt nicht an, sondern auf das ethische Wesen derselben; dieses ist aber Lüge. Das An- tichristenthum fallt mit der absoluten Lüge zusammen (B.22). Christus selbst ist die Wahrheit, sein Wort ist das absolut wahre; de: heilige Geist, das x9s»,«2, werches voxi ihm, dem— X»- eneikz die Gläubigen empfangen haben (V. 27), ist wahr, durchaus nicht Lüge, (V. 27), ist der Geist der Wahrheit (1Il, 6); jeder antichristische Gegensatz also, sei es in der Lehre, sei es im Wandel (1Il, 7), ist lügnerische Täuscherei Galan-Ei» exists-», wide-ex. V. 26. lIl, 7. 2Joh. 7 sl.); der Geist des Antichrists ist der Geist der Lüge und des Betrags (1Il, 6), es find Pseudopropheten (IV, 1), welche von diesem antichri- stischen Geiste sich leiten laßen. Aus welcher Quelle also das antirhristische Wesen stammt, kann im Sinne des Johannes nicht zweifelhaft sein. Aus der Wahrheit kann die Lüge nicht kommen (V. 2I). Der Geist des Jrrthums ist seinem ur- sprünglichen Wesen nach von dem Geiste der Wahrheit (IV,6) ebenso sicher zu unterscheiden, als die Werke der Finsternis von den Werken des Lichtes, die Sünde von der Gerechtig- keit, die Kinder des Teufels von den KindernGottes (1Il, 3——10). Die Lüge stnmmt, wie die Werke der Ungerechtig- keit, aus der Welt, aus dem Teufel, dem Lügner und dem Vater der Lüge (Joh. 8, 44), durchaus nicht aus Gott. Tref- fend hat in diesem Sinne der Scholiast It. zu V. 22 ange- merkt: e; species-ne, Dei »wes ekle-Köze» Cis-Any. Zwar sind die Antichrisien aus der ehristlichen Gemeinschaft hervorgegangen, aber unmöglich haben sie wahrhaft und wesentlich zu derselben gehört; ihr eigentlicher Ursprung kann nicht in der Wahrheit liegen, weil die Wahrheit nie die Lüge erzeugen kann (V. 19.2I). 320 « 1 Joh I, 5 ——It,"—28. Die Erscheinung der antichristischen Lüge weist also in das finstere Geheimnis der satanischen Bosheit zurück, die Anti- chrisien erscheinen als Kinder des Teufels und, der Antichrist wird demnach nur in irgendeinen unmittelbaren Verbindung mit dem Satan aufzufaßen sein. Das folgt nicht nur im Allgemeinen daraus, daß Johannes die Lüge an sich als das Gebiet der satanischen Wirksamkeit überhaupt ansieht, sondern dieses apostolische Grundanschauung tritt auch in vielen beson- dern Beziehungen ganz ausdrücklich hervor; , Ganz ähnlich wie der Apostel V. 18 fll. seine Warnung vor der antichristischen Lüge anknüpste an die Warnung vor der Welt, dem Reiche des Argen (V. 15 sll.), und schon jene Warnung wesentlich auch darauf gründete, daß die Gläubigen in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne den Bösen überwunden ha- ben (V. 13. 14), so ist auch diewarnende Schilderung der an- tichristischen Pseudopropheten W, I fll. ganz von der Vorstel- lung getragen, daß der Sieg der Gläubigen, welche Christum und seine Wahrheit — das zploxru II, 20. 27 -— festhalten, ein Sieg über den Bösen und dessen täuschende Lüge ist. Chri- stus, der in den Gläubigen ist, ist größer, als der, welcher in der Welt ist (lV, 4). Welt, Finsternis, Lüge, zumal die antichristische Lüge, und Satan gehören also zusammen, wie Gott, Licht, Wahrheit, Christus zusainmengehörem Der Sieg über die Welt und ihren Fiirsten ist in dem Glauben, daß Christus der Sohn Gottes ist(V, 5), also in demselben Glau- ben, gegen welchen die antichristische Lüge sich erhebt. Wer diesen Glauben hat, der ist aus Gott geboren (V,1), der hat darin das Leben, weil er darin den Sohn und den Vater hat (V, 10 fll. H, 23 sll.), der erweist sich darin auch durch das Thun der Gerechtigkeit, zumal durch Liebe, als Kind Gottes (1ll, 3 sl. V, 1). sAber gegen diesen Glauben streitet auch mit der antichristischen Lüge, mit der Leugnung, daß Jesus der Christ, der Sohn Gottes, im Fleische erschienen, sei, der Böse durch seine Kinder, durch die falschen Propheten, die »vielen Antichristen«, und durch »den Antichrisl«, der noch kommen soll. Es steht also fest, daß jedeErklürung den Sinn des I Joh. H, l8--28 321 Johannes verfehlt, welche »den Antichrist« anders als in einem ausdrücklichen Zusammenhange mit dem Satan auffaßt. Als zweite Norm für die Auslegung ergiebt sich schon aus dem bisher Entwickeltery daß »der Antichrist« nur persönlich, nicht generifch, nicht als eine abstracte Jdee verstanden werden darf. Gegen eine solche Deutung spricht für jeden unbefangenen Leser, selbst abgesehen von 2Thess 2, 1fll., die ganze Fassung der apostolischen Warnungen, die bestimmt markirte Form c? oii»c-"zgrossog, das spzssxar V. 18, der Zusammenhang zwischen den vielen persönlichen Antichristen und dem einen, gleicher- weise persönlichen, Antichrist. Damit ist einerseits Grotius mit seinen Nachfolgerm anderseits Bengel abgewiesen. Gro- tius nämlich hat, indem er eiwcizgcococ für hier-Kozytus« nahm und die Antichristen wie den einen Antichrist als jüdische Empörey die sich für Messiasse im weltlichen Sinne, d. h. für Befreier von der römischen Herrschaft ausgaben, verstand, den wesentlichen Zusammenhang der johanneischen Erörterung von B. 18 an gänzlich verschoben. Vorausgesetzt hat Grotius, wie auch Episcopius u. a., daß B. 18 ad Judaeos, d. h. an den judenchristlichen Theil des Leser-Greises, gerichtet sei. In dem Sinne mußte das ZF ehre« åxsjzoay gedeutet werden, wenn die eZr--««;zgco«cor, d. h. Ijieuckeixgrosrog als homines Zodi- tiosj, qui vj armata se imperijs opponebant oder genauer als Jud-Eies, qui se libertatis vindices protjtebantutz verstanden werden follten. Der eine Antichrist erscheint somit als der Joh· Z, 43 Bezeichnete —- unus kuiurus erat oeiekis eminen- tior — , es war Barkochba. Den Täuschungen solcher revo- lutionären Betrüger gegenüber seien die Christen durch ihre »Salbung«, d. h. durch den heiligen Geist, belehrt: regnum Messiae «— non esse mundanutiy non arripiencium jus glaciii etc. (B. 20), dogmata illa hominum seditiosornm non con- gruere cum evangelio (B. 21). Die von Johannes den An- tichristen zugeschriebene Leugnung, daß Jesus der Christ sei, wird demgemäß von Grotius nichtfowohlauf eine bestimmte Jrrlehre, als auf ihr thatstichliches Gebahren, wodurch Jesus Christus als der ächte Messias abgeleugnet sei, 1bezogen, und I. 2 322 l Joh. l, 5—1l, 28. dann erst aus den Consequenzen erklärt, was Johannes V. 22 sll. unmittelbar in die Leugnung selbst legt: negabantjesum esse iilium Dei matekialitetz non form-Ader. Nulli deeeptores sunt perniciosiores quam qui je! evertunt, unde pendet botninum Seins· Nam si Jesus non est Messias, cum se eum esse ckixeritz »die« ej ckedendum est — nimirum qui-a et Yes-rece- ptomm et: Mantis-könne«» ejus auctorjtas hurnani generis se— nett-de, jnrie pendet In diesem Sinne wird denn V. 22 das vix-». sei» nasse» erklärt: auctokitatem detrahit etiam re ipsa Petri, quja Pater je! omnjbus modis egjt, ut Jesu auctoritatem maximum eonoiljakeh und das quäk- sröw nasse« Zxsx V. 23 verwäßerk non tenet quae sit Patris voluntas Die ganze Auslegung des Grotius thut iiberall dem Texte die äußerste Gewalt an. Calov und Wolf haben die leichte Widerlegung vollständig gegeben. In einer andern Weise hat Bengel, dessen Anficht schon bei Episcopius einigermaßen vorgebildet erscheint, den Sinn des Apostels verfehlt. Bengel (vgl. auch Baumgarten-Crusius) hält nämlich den Ausdruck ei as»- sxizgcasxogy in der Singularform nnd mit dem Artikel, für die Bezeichnung der Gattung oder des nur in den vielen Anti- christen zur wirklichen Erscheinung kommenden antichristischen Wesens, des Antichristianismus, nicht einer concreten Person. Er will es unentschieden laßen, ob das Wort »Antichrist«, wirklich apostolischen Urfprunges oder durch die Redeweise der Gemeinen aufgekomnien sei, jedenfalls aber, meint Bengel, wollte Johannes, um Jrrthiimey die sikh leicht an jenen Aus- druck heften"könnten, abzuschneiden, nicht nur von »dem einen Antichrist-C sondern auch von »vielen AntichristeM geredet wi- ßen, und wo er selbst von »dem Antichrist« rede, verstehe er darunter alle Lügner, alle Widersacher der christlichen Wahrheit fchlechthin (et ubi ansieht-ist«»- vel spie-ist«» erstickt-stets, vel cieoeptorem et anticltristuntz dir-it, sub singulari numero om- nes menciaees et vekitatis injmieos innuit). Indem Johannes anerkennt, daß der Antichrist komme, wie die Leser gehört hat- ten, wehrt er zugleich den nahe liegenden Jrrthum, nämlich die Vorstellung einer bestimmten Person, ab und sagt, es sei l Joh. il, l8—28. 323 schon der Geist des Antichrists da, schon seien viele Antichristcn ausgestanden. »Antichrist« soll in demselben Sinne für »An- tichristenthum« gesagt werden, in welchem ,,Christus« für »Chri- stenthum« gesetzt werde. Formell will Bengel seine Deutung durch Stellen wie Matth. 12, 35. 18, 17. I Petr. 4, 18 u. a. rechtsertigem Somit urtheilt Bengel: Anijchkistum jam tum wenn-e, jta assentitur Johannes, ut non unum, sed multos, it! quer! amplius quiddam ei tristius esse censek antjchristos kactos esse, Jedes-it. «Von einem bestimmten und außeror- dentlichen Widersacher sei nur bei Daniel (7, 8. 20), bei Pau- lus (2 Thess. 2, 3fll.) und bei Johannes allein in der Apo- kalypse (1I, 7. 17, 8) die Rede, aber jener· Widersacher, sagt Bengel, scheine doch mehr nach dem kirchlichen, als nach dem apostolischen Sprachgebrauche als -i-Antichrist« bezeich- net zu werden. Allein diese Deutung Bengels entspricht nicht dem johanneischen Textr. So gewiß es auch ist, daß ein Nomen im Singular mit dem bestimmten Artikel das Genus bezeichnen kann, wie in den von Bengel citirten und in un- zähligen andern Stellen der Fall ist, so kann doch der Aus- druck ö kswcizgcosog nicht nach dieser Regel erklärt werden. Der angeblich gleiche Gebrauch des Wortes c? zwei-»He- sindet nicht statt. Dagegen fordert das innige Verhältnis, in wel- chem die vielen Antichristen zu dem einen Antichrist stehen, daß auch dieser, wie ohne Frage jene, persönlich verstanden werde. Bengel identisicirt freilich »den Antichrist« (B.18) mit »dem Geiste des Antichrists« (IV, 3), und schließt, weil dieser Geist schon da sei, nämlich in den vielen Antichristen, so sei auch der Antichrist schon da, er komme schon Uam tum venjre). Das äpzesmx (V. 18) wird also im Sinne eines reinen Prä- sens verstanden. Das ist· aber entschieden gegen die Fassung des Textes, welcher vielmehr für das Exzesse« (V. 18 und IV, Z) die in der ganzen Gräcität durchaus gewöhnliche futurische Beziehung fordert. Aus dem Verhältnis, in welchem V. 18 das m« »Ja- — ysyöwwox und IV, 3 das noch deutlicher markirte sie-ei »Ja« -—"å0«-i1- DIE» zU dem EIN-III« stehh geht hervor, daß Johannes in dem gegenwärtigen Ausgetre- 21 «« 324 l July. l, 5 — U, 28. tensein und Schon-Dasein der vielen Antichristen eine (relative) Erfüllung der Erwartung, daß der eine Antichrist kommen werd e, findet. Besonders deutlich liegt die Anschauung des Johannes IV, 3 vor. Der Geist, welcher in den Pseudopro- pheten wirkt, sagt Johannes, ist der Geist des Antichrists, jener Geist, welcher, wie Ihr wißt, kommen soll, und welcher auch wirklich schon da ist. Der Geist des Antichrist ist da, nicht der Antichrist selbst; aber eben weil in den vielen An- tichristen der Geist des einen Antichrists schon wirklich sich os- fenbart, deshalb erscheinen jene als die Vorläufer von diesem (Oecumenius, de Wette, Neander u. a.) und deshalb wird auch an dem schon gegenwärtigen Dasein jener die ,,letzte Stunde« erkannt (V. 28). Johannes meint also eine concrete Person, indem er ö oiwsshzgzassog sagt. Hierin sind auch fast alle Ausleger einig. Aber was für eine Person denkt sich der Apostel? Es scheint, wenn man die vielen Antichristen als Ketzer auffaßt, nahe zu liegen, unter dem einen Antichristen einen hervorragenden Hä- resiarchen zu verstehn. Das hatSocin wirklich gethan, wel- cher zu V. 22 bemerkt: wer leugnet, daß Jesus der Christ sei, der verdiene den Namen des Antichrists, denn er sei jenem Erzketzer ähnlich ssjmjlis illius omnium pravissimi at: kalsis— simj prophetae atque deutet-is, qui kuturus est et per excel- lentiam quandam Antichristus nominari del-et) Ähnlich ha- ben, wie es scheint, Estius und Calovius über den Anti- christ gedacht. Aber diese Ansicht entspricht nicht der oben be- sonders aus IV, 1sll. entwickelten Norm, nach welcher der An- tichrist nur im wesentlichen Zusammenhange mit dem Satan aufgefaßt werden kann. Man könnte freilich sich daraus be- schränken wollen, daß man die von den Ketzern und von dem Erzketzer ausgebotene Lüge selbst als das eigenthiimliche Werk des liignerischen Satans betrachtete, allein damit würde nur das allgemeine Grundverhälstnis bezeichnet sein, durch welches im Sinne des Johannes die besondere Verbindung des Anti- ehrists mit dem Satan bedingt ist. Namentlich W, B. 4 wird der Geist des Antichrists dem Geiste Gottes, und der, welcher l Ich. ll, l8—28. 325 in der Welt ist, dem, welcher in den Gläubigen ist, in einer solchen Weise gegeniibergestellh daß der Antichrist mit dem, welcher in der Welt ist, d. h. mit dem Satan, in einer weit innigem Verbindung stehn muß, als von irgend einem hervor- ragenden Irrlehrer wegen seiner Lüge gesagt werden kann. Es wird also unter den beiden noch übrigen Ansichten zu wäh- len und der Antichrist entweder als der incarnirte Satan selbst oder als ein Mensch, der ein eigenthümliches Werkzeug des Satans ist, zu verstehn sein. Jene erste Ansicht ist aber in voller Bestimmtheit niemals ausgesprochen Allerdings versteht, wie wir oben gesehn haben, Pseudohippolhtus unter dem Antichrist den Satan selbst, aber die Jncarnation desselben kann er doch nur als eine do- tetische aufsassen, weil es unmöglich sei, daß der Satan das menschliche Fleisch wirklich annehme, welches er nicht geschaffen habe und gegen welches er ja nur verderblich wüthe ((3 ei? dXäzFoZox — s» Jene-Juki· Mög yaig Es» ins« Essai-yo- nein-m, oizäoi nat wol-»Es ums« stetige-w, Tausch» mag-Lassen; warf— »Ze- ckå Ohre« —- cpocuscaocznejw »Es« nagt-ök- miscoiJ origina- cincezrjixissxkxs Iwane-». De consumrth Monds. o. 22). Und wenn neuerlich Neand er geurtheilt hat, Johannes denke sich den einen Antichrist als »das gleichsam Fleischgewordene wi- derchristliche Princip«, so ist einmal das ,,gleichsam« nicht zu übersehn, auch ist »das widerchristliche Princip« nicht das, was Johannes den persönlichen Satan nennt, endlich ist zu beden- ten, daß Neander die ganze Vorstellung von einem persön- lichen Antichrist ähnlich wie die damit innig zusammenhän- gende von der Nähe der -letzten Stunde« beurtheilt Man sieht, daß sich die gänzlich unbiblische Vorstellung einer Inm- nation des Satans durchaus nicht vollziehen läßt. Nur der Sohn Gottes kann Fleisch werden. Das ewige Wort, welches im Anfang das Geheimnis der göttlichen Liebe durch die Schö- pfung geosfenbart hat, kann allein, zur Erlösung der Welt von der Liebe des Vaters gesandt, im Fleische offenbar wer- den. Vortrefslich ist dieser ächt johanneische und von der neu- ern speculativen Theologie mit Recht vielfach bewegte Gedanke 326 I Joh. l, 5—ll, 28. (zvgl. z. B. Liebner, Christologie l, S. 276. 284 fll.) von Pseudohippolytus hervorgehoben. Es bleibt also nur die von den meisten und angesehensten Auslegern vertretene Meinung über, daß der Antichrist für einen Menschen, welchen der Satan als sein Werkzeug rüstet uud gebraucht, zu halten sei. Darauf führt die ganze Haltung der johanneischen Rede, das ist, wenn die paulinische Darstellung 2Thess. 2 für wirk- lich analog gilt, unzweifelhaft. Bei Johannes entsprechen die vielen Antichristen mit ihrer Lügeund in ihrer bestimmten menschlichen Persönlichkeit dem einen Erzliigney dem persönli- chen menschlichen Antichrist, in welchem vorzugsweise der sata- nische Geist als Geist des Antichrists sich offenbart, derselbe Geist, welcher auch in den vielen Antichristen wirksam ist. So erscheinen die vielen Antichristen als Borläufer, welche dem Einen, der kommen soll, den Weg bereiten (Oecume- nius u.v.a.); sie alle gehören in das antichristische Reich, welches der Satan einst unter dem einen Haupte, dem Anti- christ, errichten wird. Diese Anschauung liegt bei Paulus un- zweideutig ausgedrückt vor. Der Widersachey das Haupt des Abfalls ist ein Mensch, dipägwsrog Tosk- o?««ag)««"ac, dessen Er- fcheinung gemäß einer Wirkung des Satan geschieht (o1«J Eos-«- JJ wage-value was« SICH-»staa- sxois aussen-o?- 2 Thess 2, 9), welcher aber auch eben durch die Bezeichnungen dir-By. »Is- oswapscfoexz Mög· sssJc ais-»Juki«;- (vgl. Mk§ oI7xoM-«,«x«s-orx. V. I0), ist«-main; (vgl. sro »etwas«-Epim- WJF oirioxrforc V. 7) in sei- nem satanischen Wesen dargestellt wird. Wie jener Widersa- cher im Sinne und in derKraft des Satans wirkt« so theilt er mit dem Satan, gleich denen, die durch ihn verführt find, die Verdammnis Wie ist nun aber endlich diese apostolische Vorstellung zu beurtheilen? Was ist namentlich über die Erfüllung der Er- wartung, daß der Antichrist kommen werde, zu sagen? Der Ansicht derjenigen, welche in unbedingter Annahme des apo- stolischen Wortes die wirkliche Erscheinung des Antichrists aner- kennen, stehen bedeutende Schriftforscher der neuern Zeit, wie Lücke, de Wette und Neander, entgegen, welche die l Joh. ll, 18——28. 327 Wahrheit der johanneischen wie der paulinischen Vorsiellung in der Idee, in dem zum Grunde liegenden sittlichen Gesetze finden, aber die Form preisgeben und die apostolische Erwar- tung, daß der Antichrist in persönlicher Realität erscheinen werde, als eine noch nicht völlig übertvundene und zur reinen Wahrheit verklärte Zeitmeinung ver-werfen. Wir werden über den Antichrist ähnlich urtheilen müßen, wie über die »letzte Stunde-«, welche der Antichrist anzeigt. Was jene erste An- sicht anlangt, so genügt es darauf hinzuweisen, daß es ent- schieden textwidrig ist, wenn man urtheilt, der Antichrist sei schon wirklich und persönlich erschienen; denn ganz klar liegt die Anschauung bei den Aposteln vor, daßdas Auftreten des persönlichen Antichrists der wirklichen Parusie des Herrn zum Weltgerichte unmittelbar vorhergehn werde. Der Antichrist kann also z. B. nicht Muhamed sein — eine Deutung, welche mehrfach zu 2Thess.2 (vgl. Liinemann) beigebracht ist, die aber auch an unserer Stclle bei mehreren Auslegern anklingt, wie z. B. C alov zu V. 28 sagt: Antiohrjstus ille ntagnus orientalis Mahotnetus — cujus impiae voces notae statt, Deutn non habet-e ftljum, quia non habet mulieketn Ebenso falsch aber ist auch die Meinung vieler protestantischen Aus- leger (Luther — vgl. Arno. smala de potest et print. Papste. §» 39 sq. Bd. Hase. p.347 sq. — Hunnius, S. Sch.mid, Calvin —— vgl. Institut. W. c. Z· §.12. c. 7. §.25 "—— neuer- lich noch Sander), daß der Antichrist der römifche Pabst sei «·). In diesem Sinne sagt Calvin zu V.18: Otnnes name, quibus Antiohrjstum designat spjkitus Dei, in papa clatse apparentx — cerintbus enjtn, Basilides — et reljquj ejus regni tnembka erant, quod djabolus posted adversus Christum erexit. Manche katholische Ausleger von 2Thess. 2 haben dagegen Luther als den Antichrist bezeichnet. Aber grade je mehr die apostolischen Worte buchstäblich verstanden «) Vorsichtiget und richtiger redet Melanchthon in der Apologie ((le into. bunt. §.18. p.208. de end. s.23. p·149) von dem Reiche des Antichrists, als dessen Theil das Pabstthttm sich darstellr. 328 I Ich. l, 5—ll, 28. werden sollen, um so weniger ertragen sie dergleichen Appli- cationen. Werden wir also dahin gedrängt, mit Lücke und de Wette »den Begriff durch Ablösung der Form einer be- stimmten äußern historischen Person — auf seinen wahren all- gemeinen Jnhalt zurückzuführen-«? Muß jene »ursprünglich jüdische« Form sallen, damit der bleibende christliche Gehalt heraustrete, nämlich der Gedanke, »daß die antitheokratische und antichristliche Macht mit einzelnen zerstreuten Äußerungen anfängt, aber im Kampfe mit dem Reiche Gottes und Christi zu immer mehreren und mächtigeren Wirkungen und Erschei- nungen aufsteigt, bis auf der Höhe des Kampfes das ganze böse Prinrip vollständig hervorbricht, mit dieser Spitze aber auch sein Ende erreicht-«? Auch Neander entwickelt in ähn- lichem Sinne wie Lücke das Recht der johanneischen Borstel- lang. Er weist auf das im Entwickelungsgange des Reiches Gottes sich offenbarende Gesetz hin, »daß im Bösen und Guten es einzelne Persönlichkeiten giebt, welche den Mittelpunkt bil- den, welche besonders als Repräsentanten der streitenden Prin- cipien erscheinen.«——— Gutes wie Böses concentrire sich eben so « wohl in einzelnen Spersönlichkeitem nachdem es in zerstreuten Wirkungen vorbereitet worden sei, als es umgekehrt wieder von Einzelnen auf Viele übergehe. »So konnte Johannes mit Recht, sagt Neander, indem er viele Einzelne austreten sah als Organe des Widerchristenthums, ein Borzeichen davon hier erkennen, daß die Erscheinung der großen Persönlichkeih in welcher das Widerchristliche zu seinem Gipfelpuncte gelangen sollte, nahe bevorstehe.« Die wirklich persönliche Auffaßung des Antichrist gilt also fiir eine ähnliche inadäquate Gestaltung eines vollkommen richtigen Gedankens, wie die Erwartung der nahe bevorstehenden sparusie des Herrn. Aber wegen der zu Grunde liegenden Wahrheit hatte man immerhin »ein ge- wißes Recht«, zu verschiedenen Zeiten in den verschiedenen Erscheinungsformen ,,des antichristlichen Princips« die Anzei- chen der nahen Parusie zu erkennen. »Als in den Zeiten, welche der Neformation vorangingen, die verweltlichte Kirche unter dem verweltlichten Pabstthum besonders dazu diente, I Ich. n, 18—28. 329 unter dem Scheine des Ehristenthums das ächte Ehristenthum zu verdrängen und zu bekämpfen, da konnte man hier schon den zur Erscheinung gekommenen Antichrist wahrzunehmen glauben« Vom Standpunkte des Aberglaubens wie des Un- glaubens werde man, je nachdem in der einen oder andern Form das antichristliche Princip sich darstelle, deuten, was der Antichrist sei, und jede dieser Ausdeutungen werde einen ge- wissen Theil an der gemeinsamen Wahrheit haben. Aber auch diese Neandersche Erklärung giebt ein eigenthümliches Mo- ment von der apostolisehen Anschauung, nämlich die concrete Persönlichkeit auf, und zwar ohne Noth. Auch wir beurtheilen die johanneische Vorstellung von dem persönlichen Antichrist im innigsten Zusammenhange mit der von der letzten Stunde, und erkennen in beiden Punkten dem Johannes den Vorzug vor Paulus zu (vgl. S. 306). Das von Lücke und besonders von Neander treffend erörterte Gesetz für die sittliche Ent- wickelung des Reiches Gottes ist in aller Maße anzuerkennen, aber zugleich als die Basis zu betrachten, auf welcher sich die prophetische Erwartung eines bestimmten antichristischen Indi- viduums lebendig erhebt, nicht aber ist diese Erwartung in jenes allgemeine Gesetz aufzulösen. Bei Johannes steht die Sache so: die Entfaltung des christlichen Princips steht mit der des antichristlichen Princips in Wechselbeziehung Die christliche Wahrheit kann nicht offenbar werden, ohne daß sich sogleich der Widerfpruch der Finsternis dagegen erhebt. Neben dem Weizen wächst auch das Unkraut, bis beide reif sind. So erkennt Johannes in dem Auftreten der Antichristen die herannahende Zeit des Geriehtes Schon ist in vielen Anti- christen der antichristliche Geist wirksam; aber der eine Anti- christ ist noch zukünftig, wird erst angekündigt durch die vielen Borboten Wie deshalb die letzte Stunde schon da ist, so steht doch der volle Abschluß derselben, die wirkliche persönliche Parusie des Herrn, welche unmittelbar auf das Erscheinen des persönlichen Antichrists folgt, noch bevor. Wann aber dieser eine Antichrist wirklich kommen werde, hat Johannes eben so wenig gesagt, als er, wie wir oben sahen, die Zeitnähe der 330 I Ich. l, 5——ll, 28. persönlichen Wiederkunft Christi berechnete. Jn dieser und in jener Beziehung kömmt es dem Johannes nur auf das daß - an. Gleichwie aber Johannes darin recht gesehn hat, daß er an dem Auftreten der vielen Antichristen die Gegenwart der letzten Stunde erkannte —- weil in der Zerstörung Jerusalems der Anfang des Weltgerichtes liegt, welcher dem Anfange der Erscheinung des Antichrists in den vielen von dem Geiste desselben getriebenen Antichristen entspricht — so wird der Apostel auch darin srch nicht geirrt haben, daß er vor dem vollen Abschluß der letzten Stunde, vor der persönlichen Wie- derkunft des Herrn zum endlichen Weltgerichte das Auftreten des pcrsönlichen Antichrisis, in welchem endlich die Spitze der Feindschaft gegen den Herrn erscheinen und gebrochen werden wird, erwartet hat. Von hier ab muß allerdings über die paulinische Schilderung des Widersachers (2 Thess. 2, I sll.) in demselben Sinne geurtheilt werden, wie oben über die pauli- nische Vorstellung von der Nähe der Paruste des Herrn ge- urtheilt wurde. Weil Paulus in jener Stelle den Zeitraum bis zur Paruste zu kurz gemeßen hat, so mußte er auch die persönliche Erscheinung des Widersachers in chronologischer Beziehung unrichtig vorstellen. Indem wir nun an die Auslegung des Einzelnen gehen, haben wir zunächst in V. 18 die richtige Construction zu er- kennen. Nach Luthe«r’s Übersetzung erscheint der Satz in anakoluthischer Form, weil dem Vordersatze ist-wie has-do. — zpxsraz kein Nachsatz entspricht: »und wie Jhr gehört habt, daß der Widerchrist kommt, und nun sind viele Widerchristen geworden; daher erkennen wir —«. Die scheinbare Schwie- rigkeit liegt in dem «« vor »Ja« Manche, z. B. die Vul- gata, haben dasselbe daher geradezu weggelaßen. Das Rich- tige ist, wie auch Calvin, Bengel, Lücke, Neander u. a. ausgedrückt haben, daß man mit «« ins» den Nachsatz zu nor-Mc Hundes. beginnen läßt. Das ssai gehört nicht zu dem »Ja! allein (,,auch jetzt« im Vergleich mit andern Zeiten), son- dern markirt die durch Ww — »wir-atm- ausgesprochene Er- füllung der Erwartung sie-ewig worin. (,,wie Ihr gehört habt, l Joh. II, 18. 331 daß der Antichrist komme, so sind auch viele Antichristen jetzt wirklich aufgetreten-O. Nachdrucksvoll steht das »F» voran, wie IV, 3 noch ein IN» zugesetzt ist. Überhaupt muß uns die leichtere Redeweise IV,3 leiten, weil dort die Salz- glieder, welche an unserer Stelle in einer accuraten Folge zu- sammengefaßt sind, einfacher neben einander stehen. Der 18. Vers ist in seiner Bauanlage ein rechtes Muster der johannei- fchen Weise. Zuerst tritt der Satz einfach und klar auf: »es ist die letzte Stunde« Dann wird das bekannte Anzeichen dieser letzten Stunde (««i irae-H; —- Zpxesrad angedeutet, die Erfüllung desselben nachgewiesen (-iai was» — ysyeisiaamx und demgemäß auf den ersten Salz zuriickgeschloßem so daß das Ganze in sich völlig ebenmäßig abgerundet dasteht. ssakmäg Hund«-are. Auch Paulus setzt voraus, daß seine Leser nicht vergeßen haben, was er selbst ihnen über die Parusie des Herrn und die Vorzeichen derselben, auch den Widersacher, gesagt hatte (2 Thess.2, 5. 1Thess.5,1sl.). Diese Dinge wurden nicht bloß durch die kumores Judaeorurty denen die Apostel sich einigermaßen accommodirtem unter die Leute gebracht, wie Semler urtheilte, sondern gehörten so gewiß in den Bereich der apostolischen Unterweisung, als der Herr selbst (Matth. 24) sowohl warnend als tröstend auf seine Wie- dererscheinung hingewiesen hatte. So erinnert auch Johannes seine Leser daran, daß sie von dem Kommen des Antichrists gehört haben. Von wem? wird nicht ausgedrückt. Am näch- sten liegt es, an des Johannes eigne Predigtzu denken; aber es mag immerhin sein, daß Johannes auch die Missionsthätig- keit des Paulus, welcher ja zuerst in dem johanneifchen Ge- meindekreise gepredigt hatte, vor Augen hat. Jedenfalls darf man an die Predigt des Herrn selbst, neben der der Apostel (Grotius) nur insofern denken, als die apostolische Predigt sich auf die Reden des Herrn gründetr. — Der aus die apo- stolische Verkündigung gebauten Erwartung Z« e; oismäzzn Zxzsssax entspricht das schon eingetretene Fartum »Ist-IV. wohl. ysyöwaemz d.h. sie sind geworden, aufgetreten und sind also da IV, 3. Die von fast allen Auslegern anerkannte 332 l Ich. l, 5——1l, 28. suturische Beziehung des Zgxsrar liegt nicht in der Form, sondern in dem Gedankenverhältnis In der allgemeinen, grundsätzlichem eigentlich zeitlosen Faßung drückt sich natur- gemäß diese futurische Tendenz der Vorstellung selbst aus. Man braucht nur die oben angeführte Katechese des Chrill zu lesen, um zu sehn wie leicht das Zgzscar mit dem seid-Us- Iqxsaåar wechselt. Vgl. den Brief des Polycarp, Cap. 2 und aus dem N. T. Matth. 27, 49. 24, 44. I Thess. 5, Z. Joh. 21, 23. V. 19. Was für Menschen der Apostel meint, indem er von den vielen Antichristem die schon aufgetreten sind, redet, kann den Lesern nicht zweifelhaft gewesen sein; denn ehe der Apostel nur ein Wort über die Irrlehre jener Menschen sagt, deckt er zuerst die innerliche Stellung derselben zu der Ge- meinschaft der Gläubiger« auf (V.19), erinnert dann die Leser an die Salbung, die sie selber haben und kraft welcher sie die Wahrheit erkennen, also auch die antichrisiische Lüge richten können (V. 20 sl.), und indem der Apostel endlich B. 22 fl. dazu kömmt, jene antichristische Lüge selbst nach ihrem Inhalte zu charakterisiren, begnügt er sich doch mit einer kurzen Hin- deutung und drückt zugleich in der Frageform die Zuversicht aus, daß seine Leser ihn vollkommen verstehn und sein Urtheil billigen. Hervorgegangen sind die Antichrisien allerdings aus der Gemeinschaft der Christen selbst (V.19), aber eben in dem feindseligen Ausscheiden haben sie sich auch als solche erwiesen, welche nicht wahrhaft der Gemeinschaft der Gläubigen, die ja wesentlich die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne ist (l,3), angehört haben; vielmehr haben sie an sich selbst das Gericht vollzogen, welches mit Nothwendigkeit in der christ- lichen Wahrheit für alle liegt, die nicht wahrhaftig in dersel- ben wandeln, die in der äußern Gemeinschaft mit dem Lichte ihre innere Finsternis beibehalten möchten. Denn auch die Gemeinschaft der Christen unter einander hängt ja noth- wendig von dem Wandel im Lichte ab, weil diese Gemeinschaft in Gott selbst, der Licht ist, wurzelt (I, 6 sl.). lJoh. II, II. 333 Die Worte des I9. Verses bieten, außer dem Schluße, keine besondere Schwierigkeit dar; aber der darin ausgespro- chene Gedanke hat den Auslegern viele Mühe gemacht. Man hat nämlich von der einen Seite, nach Augustins Vorgange, den apostolischen Ausspruch »wenn sie zu uns gehört hätten, so würden sie bei uns geblieben sein« als einen klaren Beweis für die Unwandelbarkeit der göttlichen Erwählung im priidesti- natianischen Sinne angesehn. So Calvin. Beza hält diese Bedeutung des Satzes für so einleuchtend, daß er, ohne irgend ein Wort zur eigentlichen Erklärung zu sagen, nur ausruft: Ouomoiio neetent hoc argumentutn qui die-unt eleetos posse a fide prorsus exaktere, sive qui negant eleetionetn esse oixsksxazsstsysows Von der andern Seite haben sowohl Socin und Epifcopius als auch die lutherischen Ausleger jene priidestinatianische Ausdeutung zu entfernen gesucht. So be- ginnt S-ocin, ohne Zweifel auch an dieser Stelle in absicht- lichem Widerspruche gegen Beza, seine Auslegung mit den Worten: Ex hoc Ioeo vutcie multi co11igunt, tieri non posse, ut quis seine! veracn iicietn in Christum habest et sie vere ohristianns sit, et postea esse desinat quamvis hoc: maniteste pugnet et outn ipsa katione et cum non paucis locis Sacke— rum litt-terram. Die lutherischen Ausleger, Luther selbst an der Spitze, welcher unbekümmert um die dogmatische Consequenz auslegt, und die Neuern sind insofern unbefangener, als sie mehr exegetifch, nicht von vorn herein dogmatisch verfahren. Wenn sie es für nöthig erachten, sich gegen die calvinische Confequenz zu verwahren, so thun sie dies vom exegetifchen und biblifch-theologischen Standpunkte aus, und weil sie sich dabei nicht hinter den Worten des Apostels verstecken, sondern den wirklich textgemäßen Gedanken« erfaßen wollen, so haben sie, wenn sie auch nicht immer genügen, doch keine Versuchung, den Text zu mißhandeln, wie Socin und Episcopius ge- than haben. Jedenfalls kann das richtige Urtheil nur aus dem Terte selbst hervorgehn. Die gegebenen Andeutungen mögen aber dazu dienen, um die verschiedenen Interessen der Ausleger im voraus zu bezeichnen. 334 1 Ich. I, 5—II, 28. Die ersten Worte FE »Er-asi- åxhzssoew sind in der Vul- gata übersetzt: ex nobis prodieruny dagegen erklären Au: gustin und Bedo: ex nobis essen-unt, und Erasrnus hat deshalb die augustinische Interpretation vorgezogen, weil hierin nur die ciefectio a oommunione, nicht auch die origo indicirt sei. Die später-n Ausleger haben diese Nüance der Vorstellung nur selten (vgl. z. B. S. G. Lange) beachtet, und meistens das prodire ausgedrückt, .wobei sie zugleich das exire im Sinne hatten. Das Letztere ist nicht allein in der Natur der Sache selbst begründet, sondern auch im Texte deutlich ange- zeigt; denn daß jene Antichristen die Gemeinschaft der Gläu- bigen verlaßen haben, ergiebt sich aus dem »k,»»-ry,«». X» »F Knab» das urfpriingliche, innere, ethische Verhältnis jener Menschen aber, welche aus dem Schooße derrhristlichen Gemeinschaft selbst hervorgegangen und von derselben ab- gefallen sind (1 Tim. 4, 1. I, 19.), wird markirt durch die verschiedene Bedeutung, ins welcher das gleiche Wort s? ihrs-I«- einerseitsneben dem HEFT-Jan, womit das »wer-Fig· X» »s25’ sjzsasw zu rombiniren ist, anderseits in den Ausdrücken ou» Feier» BE sit-ass- Und «« yoio øJoow FF Hemis- erscheint. Eben durch die Verbindung einmal mit HEFT-Jan, dann mit on« Jan» und Sau» wird die sinnvoll wechselnde Bedeutung von åg »Er-as» bestimmt. Schon Didymus hat das richtig gefühlt, indem er sagt: seoundum aliud quid ex nobis sum, acce- tientes ad soriptukum divjnitus inspiratam, secuntium aliud vero non ex nobis sank, alium praeter nostrum habentes sensunx Auch Calov bemerkt: quoci dioit nostri non sine gratia sertnonis aliter et aliter aooipitutz prius pro jis, qui sunt in eoo1esia, deincie pro eleotis Die Vorstellung des Ursprunges, welche eigentlich in der Partikel s; zum Grunde liegt, umspannt ebenso wohl die innere Verwandtschaft, Zuge- hörigkeit, die durch den Ursprung bedingt ist (z. B. s« san? Weis, F« »Es— oizsyoeioic sZ-c«), als das bloße Herkommen, Ausgehn, das äußerliche Abstammen Wenn deshalb Johan- nes von Christo sagt, er sei von Gott ausgegangen (Ioh. 8, 42 . 13, Z. 16, 27 fl.), so drückt er eine Vorstellung aus, an 1 Seh. il, 19. 335 welcher zwei wesentlich zusammengehörige Seiten unterschieden werden können. Christus ist der Sohn Gottes und vom Vater gesandt in die Welt, geht darum auch aus der Welt wieder zum Vater zurück. Auf jenem immanenten, we- sentlichen Berhältnisse beruht dieses factische, äußerlichy in gewißem Sinne locale. Treffend umschreiben deshalb schon Qecumenius und Theophylact unser IF ej«- HEXE. mit den Worten: ysyowcjsrrc zraäyrui unsers-you«- srøJg edle;- äziag nui Zrkiug Häoiowsjxcsiag ZEAIYOM Gleich dem Unkraut haben sie neben dem Weizen aus einem und demselben Boden gestanden (Matth is, 23 fll.), haben theilgenommen an den göttlichen Gnadenerweisungen, durch welche der ganze Acker besruchtet und das achte Korn zur Reife gebracht wird; aber sie haben sich als Unkraut erwiesen und durch ihr Ausscheiden das göttliche Gericht an sich selber vollzogen. Augustin und Beda, mit welchem Luther in seiner zweiten Auslegung übereinstimmh vergleichen die Antichristen auch mit den bösen Säften im Körper. Auch der Leib Christi, so lange er noch in der Cur, noch nicht zur völligen Gesundheit durch die Aus- erstehung gelangt ist, hat solche schädlichen Säfte in sich (quan- doquidem adhuo curatur corpus ipsius et sanitas pekfecta non erit nisi in resurrectione Marmor-um. sio sunt in cor- pore Christi, quomorio humores ma1i). Dadurch daß sie« aus- gestoßen werden, wird der Leib befreit, so daß er zu der vol- len Gesundheit heranwachsen kann (quan(i0 evomuntutz tunc relevatur ern-pas)- Dies aber geschieht nicht, um im Bilde des Beda zu bleiben, ohne die providentielle Cur Gottes —- oZÄX Ipo- Øuwspwädow Z« ou« esse-i Arie-sc« Fig· ihr-ais« Die Redeweise, die kaum elliptisch zu nennen ist (Winer, S. 522), hat gar keine Schwierigkeit, indem das Verbum HEFT-Jus» dessen Sinn noch in dem Hexen-ehrsame- kki- »O« vix-»Is- wiederklingh auch das letzte Satzglied be- herrscht. Das Obiz« Zw- (vgl. Joh l, 8. 13, 18) ist genau genommen so aufzulösen: sie sind nicht bei uns geblieben, sondern (oZ-U.oi) sie sind ausgeschieden, damit —. Die Aus- leger haben entweder, wie schon der Syrer das vorangegan- 336 1 Ich. i, 5 -i1, 28. gene sxøjzkjaw supplirt (Semler, S. G. Lange, Bengel, Lücke), oder sie haben, ohne die sprachliche Form scharf ins Auge zu saßen, nur im Allgemeinen die Gedankenverbindung nämlich das durch I«- indicirte Verhältnis erläutert. In diesem Sinne begnügen sich Qecumenius, Theophylacy und Svcin zu sagen: ssmJsxo gewachsen-am, Esaus-»Dann« Im, hoc iactum est, at; während andere noch deutlicher die göttliche Providenz markiren, indem sie entweder, wie C alvin, dem Sander beistimmt, die richtende Absicht Gottes (l10c facjt Deus, ut —) oder die göttliche Zulaßung hervorheben, ohne jedoch die providentielle Absicht in denselben zu leugnen (Grotius, S. Schmidt, Rosenmüller), eine Anschauungs- weise, welche leicht in die Meinung übergeht, daß überhaupt nur von dem Erfolge, nicht von einer Absicht, die Rede sei (Benso n, J. Lange). Diese letzte Ausslucht ist ohne Frage ebenso sehr dem Wortlaut (E'-a) als dem Gedankengange zu- wider. Den Erfolg, die Thatsache des Ausscheidens hat Jo- hannes fchon ausgesprochen und aus dem Nichtbleiben geschlo- ßen, daß jene Antichristen nicht wahrhaft zu der Gemeinschaft der Gläubigen gehört haben; jetzt öffnet er abschließend einen neuen Gesichtspunkt, indem er auf die richtende Absicht Got- tes, wie sie sich in dem Ausscheiden jener Widersacher offen- bart, hinweist. Die Worte enthalten eine gewiße Attraction, insofern als in dem cpawsgaxxsuioui schon das Subjekt ausge- prägt erscheint, von welchem in dem folgenden abhängigen Satzgliede ptädikirt wird: Es« ou» kfoi »F» Wenn die At- traction ganz einfach wäre, so würde aufzulösen fein: I«- Ousispwäjj Z« (a1J«ro-") ou«- siaiu ZF ist«-Ha« St) hat der Syrer die Sache angesehn: ut innotescay eos ex nobis non fasse. Aber in dieser Übersetzung ist das textgemäße »aus-sc, wodurch die Redeweise verwickelter wird, ausgelaßen. Aller- dings würde die Attraction noch ganz regelmäßig aufzulösen sein, wenn man das »Es-«; als Attributivbestimmung un- mittelbar mit dem Subjectbegriffe verbinden könnte: »damit es offenbar würde, daß sie (die Ausgeschiedenen) nicht alle zu uns gehören z« allein so ist der Gedanke unerträglich, weil 1Joh. il, 19. 337 der Apostel nicht sagen kann: jene Ausgeschiedenen haben nicht alle zu uns gehört, sondern jedenfalls urtheilen muß: von jenen, den Ausgefchiedenem ist keiner wirklich unser ge- wesen. Bei dieser letzten Vorstellung sind einige Ausleger in der That flehen geblieben. Socin nämlich und besonders Episcopius haben die Csomposition bis-»eines;- sür einen Hebraismus ausgegeben und hier, wie Röm Z, 20 und sonst durch nulli erklärt. Der Apostel sagt, meint Episcopius: nulli islorum Anlichkistorum sunt ex nobIs; der Salz aber: quod non ocnnes sint vers Clnsistjani qui chrislinnistnum pr0kitenlur, sei so allgemein hingestellt gefährlich und nicht wahr. Socin ist freilich von dieser letzten wunderlichen Be- hauptung so fern, daß er ausdrücklich, nach 1Cor.1l, 18, als Sinn unserer Stelle angiebt: non omnes qui Christo dant nomen et cum Christi iidelibus oongregantur esse ex Christi lideiium numeroz aber er merkt nicht, daß bei dieser Erklä- rung der vermeintlich hebraisirende Sprachgebraiichi in ou« naives;- gar nicht mehr besteht. Er hat sich, weil er die grammatische Lösung nicht fand, völlig verwirrt. Soviel steht fest, daß m) note-»k- nicht heißen kann nulii. Wird die Ne- gation mit wes; verbunden, so ergiebt sich regelmäßig die Bor- stellung »nicht alle-s, d. h. einige; wird aber mir— als Subjekt gesetzt und tritt dann, wie z. B. Rönr 3, 20 und sehr oft, die Negation zu dem Prädikat, so ist die Sache ebenso einfach. Alles Fleisch, sagt z. B. Paul-us, jeder Mensch wird nicht gerechtfertigt dtrrch Werke. Jn solchen Redeweisen hat die Negation mit dem Subjecte formell gar nichts zu thun, son- dern sie gehört ganz allein zu dem Prädikat, und snur dem Sinne nach heißt der Ausdruck »—jed er Mensch wird nicht gerechtfertigt durch Werke« soviel als sxkein Mensch wird gerechtfertigt durch Werke« Daß der Ausdruck Izu-Ausweg an unserer Stelle nicht im Sinne des Epifropius, sondern nur durch »nicht alle« erklärt werden könne, hat nicht allein Oecumenius, welchem Theophhlact beistimmt, sondern auch Bedcy welcherdas non otnnes der Bulgatia richtig durch quidani wiedergiebt, gesehn. Ftlkklkch Habe« diese Aus- 1» 22 338 1 Seh. l, 5—-—ll, 28. leger die Beziehung des sormell richtig erklärten ais-naseweis» verfehlt. Beza nämlich deutet die Worte so, daß als Prädikat zu dem Subjertbegrisf quiciam nicht, wie doch textgemäß ist, das stati- Hx »Es-ais, sondern vielmehr das HEFT-Ia«- erscheint (ideo per-mitteilte Domino quidam et ante ultimam ex0ussi0- nein exeunt de ecciesiitz ostenäentes se non fuisse ecolesiae membkryz Qecumenius aber scheidet die gesammte Masse der Antichristen in zwei Theile, von denen der eine nie zur Gemeinschaft der Gläubigen gehört habe, während der andere Theil, » einige von uns Ausgeschiedene«, erst nachdem sie ab- gefallen seien, sich zu den Antichrisien geschlagen hätten (i'r«x yocusgmiR Tons-Eos« ssoisxoicksjxor yäriwwrar Z« www» cis-»M- Äosxpimwssar Herd» nat xeeros Tass- oiJz rjzcsscåguiw upon-Moz- äøjäøjoaw ssoå yofg sur-sc H» Tod«-org nat ou» åE ehrte-Ie- 31--reg, ofg rkryzarfpj ist«-hoc«- äaeisrodg oi EE essend- Feldes»- scsg —-— sjzcdw »Er) esrrossocyåwscsg »so-Is- ofisefww ckUosg zwä- Xøjäsjncw Taf; oZMorgfoec Hirt-III)- Mit richtigen! Takte haben die Griechen die Negation mit Ausweg, nicht mit Mit, ver- bunden. Man könnte nämlich versucht sein, ähnlich wie wir oben z. B. Röm. 3, 20 construirt haben, zu erklären: »daß alle —- nämlich die Ausgeschiedenen — nicht aus uns sind. So würde sich der Sinn ergeben, welchen Episcopius mit Unrecht durch eine vermeintlich hebraisirende Verbindung von ais-anwes- gewinnen wollte. Allein wenn Johannes dies hätte sagen wollen, so würde er erstlich nicht sie-i, sondern Hand, wie vorher, geschrieben haben; dann aber hätte die Wortsteb lung entweder so sein miissem Eis« nah-»F »J- sioi (s7oui-) ZE We. oder allenfalls so: Z« ou«- 8Zo. ZF »Ja. aus«-Tag. Wie der Text lautet, tritt nur die Copula zwischen or) und ers-Zwer- so daß die Negation zu dem Subjecte wär-weg, nicht zum Prädicate sinke« s; esse-as«- gehört Nun aber darf cis-erobern weder im Sinne des Episcopius als Attributivbestimmung zu dem Subjecte in crataegi-»Juki«« noch im Sinne des Oecumenius als reines Subject aufgefaßt werden —— eine Auslegungsweise, die nur dadurch zu halten ist, daß statt des textgemäßen Prädicates eins» ZE Haus» die hier ungehörige Vor- I Ich. il, l9. 339 stellung Zxøjwao untergeschoben wird — es bleibt somit nur die Erklärung über, daß Johannes mit ad» stoi »ein-»; un- vermerkt ein anderes Subjekt substituirt, als man, wenn die Attraction in Person«-Ida«- völlig regelmäßig angelegt wäre, erwarten müßte. Während in wies-so. allein die Ausgefchie- denen als Subjekt gedacht werden, erweitert sich in dem Neben- satze Z» — »Es-es«- die Vorstellung, und der Apostel sagt, eben im Hinblick auf jene, die abgefallen sind, daß überhaupt nicht alle, die äußerlich der Gemeine der Christen angehören, auch wirklich Glieder derselben find. Jene Antichristen find die redenden Beispiele zu diesem Satze; an jenen wird offenbar, was der Apostel warnend und tröstend zugleich ausspricht, und daß er dies ausspricht, ist eben durch den offenbaren Abfall jener Widersacher veranlaßt. So erscheint der Wechsel, die Erweiterung der Subjectvorstellung ganz natürlich. Der Sinn des Apostels (vgl. 1 Eor· U, 19) ist deshalb auch nur wenigen- Auslegern entgangen; aber erst die Neuem, namentlich Lücke (»in dem Subjecte des spapegunR fallen zusammen die HEX- äciosskg und die m; Eos-weg) und de Wette, haben die Form des Ausdrucks in ihrer Genesis verstanden. Der Apostel urtheilt also: jene Antichristen fmd allerdings aus unserer Mitte hervorgegangen, aber daß sie nicht auch wahrhaft zu uns gehört haben, zeigt sich in ihrem Abfallez denn sie würden bei uns geblieben sein, wenn sie wirklich unser gewesen wären; überhaupt aber offenbart steh in ihrem Aus- scheiden nach göttlicher Absicht, daß nicht alle wirklich zu uns gehören, welche äußerlich in unserer Gemeinschaft sind. Wie ist nun dieser aus der einfachen Worterklärung sich ergebende Gedanke zu verstehen und zu beurtheilen? Am nächsten scheint die prädestinatianische Ausdeutung zu liegen, in welcher Au- gustin (de bon. per-sein 1l. 8. 0pp. T. Vll p- 1267. de oorkeph et gis-it. c. 9. lb. p.1335) vorangegangen ist. Er sagt an der ersten lehrreichen Stelle, indem er einem Ein- wande begegnet: adhuo pergut et dient, out« quibusdutn qui oum ooluerunt bona fide perseverare usque in kinem non darin? Cur putas nisi quia non mentitur qui dioit ,,Ex 22V 340 1 Ich· l. 5——II. AS. nobis exiekunt, sed non erant ex nohis, nam si kuissent ex nobis, permansissent utique nobiscum.« Numquici ergo nomi- num naturae duae sum? Absii. Si uuae naturae essent, gratia uila non esset. nu11i enim daretuk gkatuita jäher-one, si naturae clebita redäeketutx Hominibus autem vitietutz omnes qui boni epparent iideles pekseverantiam usque in ünem noeipere kiebuisse Deus gutem meiius esse juciioavjy iniseere quosdam non pekseveraturos oerto numeko Sonate- rum sum-um, at, quibus non expedit in hujus vitae tenta- tione seen-sites, non possint esse seouki (1Cor. 10, l2). — Ex duobus autem pijs ou!- huio donetuk perseveraniin usque in iinem, jlii autem non (ietur, insoruiabiiiora sunt judjcia Dei. Iliud kamen ljcielibus debet esse oertissimum, huno esse ex praedestinatis illum non esse. Nam si tszuissent ex nobis, ajt unus praedestinntokum, qui de peetore Domjni bibebat « hoc: secretum, mansissent utique nobisoum.—— Nonne unsi- que a Deo Este-its, utrique ex Adam nati? —— Nonne po- stretno utrique voeati fuerant et voonntem secuii, utrique ex impiis justitjoati et per lavaorum kegenerationis utrique renovati? — seeundum haeo omnia ex nobis want, ver-um- tamen seoundum aiiam quandam disoretjonen non erant ex nobis —- Non ernnt ex cis, qui-a non ernnt seeundum propositum voonti, non ekant in Christo elect-« Ante consil- tutionem mundi —- non erant pkaedestinati seoundum pro— positum eejus, qui unäveksa operatutn Hier spricht Augustin seine pradeftinatianische Ansicht in vollster Consequenz aus. Die Antirhristem von welchen Johannes redet, waren wirklich berufen und dem göttiichen Rufe gefolgt, waren wiedergeboren und gerechtfertigt, es fehlte ihnen nichts als das donum per— severantiaez dies hatte ihnen Gott ohne Ungerechtigkeit ver- sagt, wie er es andern aus Gnaden gewährt hatte, weil er nach feinem unerforschltchen Rathschluß die Einen zur Seligkeit prädestinirt hatte, die Andern nicht. Jene Abgefallenen konn- ten also nicht beharren, weil sie es nicht sollten. Diese ganze dogmatischh durch Polemik geschärfte Ausführung ruht auf der Voraussetzung, daß das Johanneische ou« Heu» It; Oft-esse- i Ich. u, 19. 341 heiße: sie waren nicht zur Seligkeit pradesiinirt Aber wie wenig ein solcher Gedanke im Texte vorliegt, zeigt Augustin selbst, indem er in feine-n Tractate über unsere Stelle nicht allein mit keinem Worte denselben berührt, sondern im Gegen- theil sagt: cio volunlaie sua unusquisque aut Antiohrisius aui in Christo est, qui se in melius com-tratst, in corpore meinbrum est, qui autem in maliiie permanetz huinok malus est. Nianchg sagt er, und Beda stimmt ganz mit ihm, genießen mit uns die Taufe und das Abendmahl, aber die Versuchung erweist, daß sie nicht wirklich zum Leibe Christi gehören, der Wind verweht sie wie Spremwährend die achten Körner bleiben. Fallen können auch die achten Christen, aber sie kehren wieder, während die Antichrisien in ihrer Bosheit verharren und sich selbst die Riickkehr verschließen. Hiernach erscheinen die Antichristen also keineswegs als solche, die einmal wirklich wiedergeboren und gerechtfertigt gewesen sind, denen aber die ewige Erwtihlung gefehlt hat, sondern sie sind von vornherein Scheinchristen gewesen, die nur äußerlich zur Gemeinschaft der Gläubigen gehörten, dann offen absielen und nicht umkehrem sondern ferne bleiben wollten. Diese letzte Deutung Augustins ist insofern textgemäßeiy als die Abgefallenen nicht als solche aufgefaßt werden, welche einmal wahrhafte Glieder der christlichen Glau- bensgemeinschaft gewesen seien. Johannes stellt ausdrücklich das åx »Er-»Hi- ågrsäåaw dem Haar» åx sit-ais- entgegen, so daß also die in dem IF es» »Es-IM- (und texts-sehn. okt- risF ehe-«) vorausgesetzte frühere Gemeinschaft eben durch das til-II ou« soc»- åg Mai» als eine nur äußerliche, nicht wahrhafte, we- sentliche bezeichnet wird. Dies Moment ist richtig von allen den Auslegern erkannt, welche in der gesammten Christenge- meinschast das Unkraut von dem Weizen oder die Wahrhaften Glieder der unsichtbaren Kirche von den Gliedern der sichtba- ren Kirche unterschieden haben. So redetLuther von Leuten, die »ein Paternoster am Hals und einen Schalk im Herzen« haben. Schon Beda hat diese Unterscheidung; Esiius, die lutherischen Auslegey Grotins und die Neuem haben ähn- 342 lJvh. l, 5—ll, 28. lich geurtheilt Auch Calvin macht diese Scheidung. In der Kirche, sagt er zu unserer Stelle, sind erstlich solche, welche gegen beßeres Wißen nur vor andern den Glauben erheucheln, ferner solche, welche sich selbst täuschen, endlich wahrhaft Gläu- bige. In demselben Sinne urtheilt Calvin in den Jnsiitu- tionen (L. III c. 24. §. 7), daß die, welche abfallen und ver- loren gehn, nie wahrhaft mit Christo verbunden gewesen seien: nunquam ea cordjs iiducia iales Christo adhaesjssez qua nobis eleclionis eektitudjnem stabiliki die-o. --— Nee jnftcior quin habeant vocatjonis simjlia cum eleoiis Signa, sed illud cerlum eleclionis slahilimenium, quod lideles a vekbo evan- gelii pelere jube0, illis minjme conceda Die dogmatische Streitfrage aber, welche die Auslegung unserer Stelle bewegt, gestaltet sich weiter so: ob der Grund davon, daß die Einen Unkraut, die Andern Weizen sind, in der göttlichen Prädesti- nation liegt, ob die Einen, weil sie zu den electis gehören, nicht absallen können, während die Andern, weil sie nicht er- wählt smd, nicht glauben oder doch nicht beharren können. Bejaht wird diese Frage, wie wir gesehen haben, von denen, welche im Sinne der augustinisckxcalvinischen Prädestinationk theorie auslegem Nach dieser Ansicht geht das Urtheil des Johannes über die Antichristen seiner Zeit von der Grund- anschauung aus, daß die, welche in dem wirklichen Glauben das Siegel der Erwählung haben (vivam habe-it ftdei radi- cem ao suae adoptionis testimonium penitus fixutn oordjbus gerunt — neque enjm sigjlluntz quod Deus spirjlu suo in— sculpsit eorum eonsejentijs deleri polest -— seinen facet- ruptibjie quod radieem egit, non potesi evellj nee aboleri. Neque enim hie de bomjnum, sed Dei constantia agilmz cujus elecljonem rat-im esse 0portet. Calvin), unmöglich absallen können Unpossibile esse die-it ab ecelesia alienaki), während diejenigen, welche nur scheinbar zur Kirche gehören, weil ihnen die efficax Dei vocatio nicht zu Theil geworden ist, welche daher auch nur eine oberslächliche Erkenntnis Christi Uevem duntaxat et evanidum guslum) erlangt haben, noth- wendig abfallen miißen (nihi1 stabilitalis halbem) Von der l Ich. ll, 19. 343 andern Seite haben diejenigen Auslegeiy welche die calvi- nische Anschauung als schristwidrig verwarfen, sikh an das im Texte unmittelbar Gegebene zu halten und den vorliegenden Text so zu erklären gesucht, daß für jene tiefer liegende dog- matische Voraussetzung kein Raum übrig bliebe. Manche sind aber aus reine Künsteleien versallen, wie Socin, dessen An- sicht besonders von Episcopius ausgebildet ist, aber auch bei Grotius und S. Schmid anklingt Episcopius legt nämlich einen besondern Nachdruck darauf, daß Zaum, ein Jmpersectum, nicht aber ein Perfectum, geschrieben sei; dies Jmpersectuin bezeichne, sagt er, keineswegs die ganze, auch das ursprüngliche Verhältnis der Antichristen zu den Christen umspannende Vergangenheit, sondern hebe nur den das Aus- scheiden begleitenden Umstand hervor, daß damals, zur Zeit des offenen Abfalles, die Antichristen nicht mehr wirkliche Glieder der Christengemeinschaft gewesen wären: Non enim apostolus dient, Anliohristos jllos nunquam antea iideles et vere cbristianos Wisse, sed tantum quoci um, vel jam an— tequam Anticbristos sese proiiierentutz non erant ji, qui esse debebant.—— lpsi sua sponte nos non deseruissent neque contra nos doctrinamque nostram sese armassenh nisi mumti jam pkidem et alieniokes a nobis kaoti fuisseny eliam Mai, cum vicierentur nobiscum amice congregari. Voluniaria enim illa deseriio ei impugnatio mutati anitnj ma- nifestum indjcium est. Diese Ausflucht ist aber sowohl in der sprachlichen Begründung als in dem gewonnenenGedanken so haltungslos und geschraubt, daß sie keiner besondern Widerk- gung bedarf. Calov hat diese Künstelei, wie sie bei Gro- tius erscheint, nicht einmal verstanden. Ebensowenig kann aber der prädestinatianischetr Auslegung gegenüber die Auskunft derjenigen helfen, welche das Es sjzkaiw nicht von der ganzen Christengemeinschaft, sondern nur von den Aposteln verstehen wollten. Schon Calov hat diese Deutung, welche S.Schmid, Um SANZ sichek zu gehn, sogar mit dem Nothbehelf des Epi- scopius combinirt, und die noch von J. Lange zu Hülfe ge- nommen wird, mit demselben Rechte verworfen, mit welchem 344 l Joh. l, 5—Il, 28. er die Meinung des Grotius, das s; Haus» gehe nur auf die früheren Juden, verwars. Andere haben daher anders zu helfen gesucht. Man hat gesagt, die Worte des Apostels be- zögen sich nur auf den einen vorliegenden Fall, enthielten aber kein allgemein giiltiges Gesetz; von jenen Antichristen habe Jo- hannes bestimmt gewußt, daß sie nie wirklich gläubig gewesen seien. So namentlich Neanderz vgl. auch J. Lange. Al- lein setzt nicht das über jene Antichristen gesprochene Urtheil (k«' »Er) »Jam- — net? h««u·«-) in der That eine allgemeine Grundanschauung um so deutlicher voraus, als der Apostel selbst in den Schlußworten UZZJIZW sieh) von jener einzelnen Erscheinung auf die ganze Christengemeinschaft hinblickt und in dem Abfall der Antichristen nur ein lebendiges Beispiel der Wahrheit erkennt, daß überhaupt nicht alle wahrhaft gläubig sind? Nach dem Zusammenhange des Textes kann der Aus- spruch über die Antichrisien nur als die konkrete Anwendung des Grundsatzes angesehn werden, daß wer wirklich zu der Ge- nieinschaft der Gläubigen gehört, auch bei ihr bleibt, daß also umgekehrt wer absällt, wie jene Antichristem thatsächlich er- weist, daß er nie wirklich Unser gewesen ist. Abgeschwäclit ge- gen den Sinn des Textes wird dieser Satz, wenn man mit J. Lange und Bengel sagt, der Apostel spreche die Regel aus, ohne an die Ausnahmen zu denken (facil denen-irratio- nem a p0ti0ri), denn auch die Gläubigen könnten noch ab- fallen, jedoch geschehe dies nicht leicht, auch würden frühere Gläubige, selbst wenn sie abfielen, gewöhnlich nicht zu offen- baren Feinden des Christenthums, könnten deshalb immerhin wiederkehren (Lange). Dies alles wird keinen Unbefangenen befriedigen. Textgemäß ist die Bemerkung Lückes: »Johan- nes unterscheidet zwischen einer innern, wahren und einer bloß äußern, scheinbaren Christengetneinschaft Wer zu jener gehört, kann nach Johannes sie nimmer wieder verlassen, so fesselt das innere Prinzip das gläubige, aus Gott geborene Gemüth.« So werden wir von Lücke grade vor das schwierige Problem hingestellt, erhalten aber keinen Fingerzeig zu dessen Lösung. Sander, welcher mit Lücke im Wesentlichen übereinstimmh lJolx II, 19. 345 weist zwar darauf hin, daß der Glaube an Christum und das Bleiben im Glauben die Bedingung für das Bleiben bei dem Vater und dem Sohne sei, und daß neben dem schristgemäßen Satze, daß man aus der Gnade fallen könne (Gal.5,4. Hebr. 6, 4.), wohl bestehe die Anerkennung eines Zustandes, welcher keinen Abfall mehr zulaßez aber auch hicdurch wird die eigent- liche Schwierigkeit der johanneisehen Vorstellung nicht gehoben. Der von Lücke klar und tresfend ausgesprochene Gedanke ist schon von Estius, Calov u. A. anerkannt und ohne weitere Riicksicht auf die ealvinische Faßung mit derselben Unbefangen- heit durch die Unterscheidung der elecli von dem gesatnmtcn Complex der äußern Kirche erläutert, mit welcher schon die Griechen, bekanntlich ohne die scharfe augustinische Consequenz anzuerkennen, erklärt haben: ad« sein» eIE sie-ais, weiss so» III; reif«- owsoxsäpazw Fee-legal; (Oekumenius und Thevphtk lact). Hiemit stehen wir wieder an dem Punkte, welchen wir schon oben als den nothwendigen Ausgangspunkt der Erklä- rung bezeichnet haben, nämlich an der Unterscheidung dessen, was unmittelbar im Texte gesagt ist, und der Anschauung, welche dem johanneischen Aussprache zu Grunde liegen muß. Wir haben jetzt zu versuchen, wie weit wir von dem bestimm- ten Contexte aus in den Sinn des Apostels eindringen kön- nen. Die Worte V. 19 erscheinen nur dann in dem richtigen Lichte, wenn man dieselben im lebendigen Zusammenhange mit dem Hauptsatze des ganzen ersten Brieftheiles (I, 5—7) aus- faßt, einem Satze, welcher dem Zwecke (I, 3) gemiiß in der ganzen Paraklese V. 19—28 durchblickt Die Gemeinschaft der Gläubigen unter einander, welche zugleich so gewiß die Ge- meinschast mit dem Vater und dem Sohne ist, als sie aus die- ser beruht, hängt von dem Lichtwandel ab, d. h. davon, daß die Christen die rechte Erkenntnis ihrer selbst wie Gottes, die rechte Liebe zu Gott wie zu den Brüdern bewahren und be- wahren. In diesem Sinne ermahnt der Apostel seine Leser, seinem deutlichen Zwecke (l, Z) entsprechend, indem er vor der antichristischen Verführung warnt, daß sie bleiben sollen in der Wahrheit, sesthalten sollen die Salbung, kraft welcher sie die 346 1 Ich. c, 5—1t, 28. Wahrheit haben, bleiben sollen in Christo (V. 20 sl. 24 fll.). Das alles aber ist nach II, 3fll· nichts Anderes, als das wahr- hafte Wandeln im Lichte, die Ersüllung der Bedingung, unter welcher allein die Gemeinschaft der Christen unter einander und mit Gott (l, 7. 3.) besteht. Wirkliches und bleibendes Glied unserer Gemeinschaft ist also nur der, welcher mit uns im Lichte wandelt; nicht zu uns gehört, wer jene Bedingung ver- letztz dieser kann nicht bei uns bleiben. Das ist der Fall der Antichristem Sie haben allerdings äußerlich zu uns gehört, sind aus unserer Mitte hervorgegangen, aber innerlich haben ste nicht uns angehört, wahrhafte Glieder unserer Gemeinschaft sind sie weder gewesen noch geblieben, denn statt die Wahrheit zu bewahren haben sie sich der Lüge hingegeben; sie haben die Botschast von Christo selber, worauf ja die ganze Glaubens- gemeinschaft und das Leben beruht (V. 23——25. vgl. l, 1——4), verfälscht und eine Lüge an deren Stelle gesetzt (B. 22). Das Urtheil des Apostels V. 19 erscheint also, dem parakletischen Zwecke des ganzen Abschnittes V. 12—28 entsprechend, durch: aus in ethischer Haltung. Vortrefflich ist dies unmittelbar im Texte vorliegende ethische Moment von Didymus hervorge- hoben, welcher mit Recht von hier aus die Vorstellung von einem physischen Gegensatze zwischen denen, die zu uns gehö- ren, und denen, die nicht zu uns gehören, abweist: Reete si- quiciem dioitur, quoä de soiis eis sit indieatum hoc, quod ait »ex nobis exieruntts quia primi- sentientes note-ern» esse nobiseum, propter ipsam utique falsae seientiae untern-fertig»- a nobis alienati. —- Requirendi sunt etiacn ex hoc: verbo hi, qui diversitatem naturarum introciucere moiiuntutx Quid au- tem in hoc, uhi ciietum est ,,ex nohis exieruntW Quomocio enim terreni a spiritualibus sunt egressi, cum semper secun- dum eos longinquo eonsisiantz propter diversitatem Substan- nere? quomodo autem etiam permanere potuerunt nobiscucttz terreni seiiieet existentes? dum neo quantulutneunque simul valeant esse virtutis insusceptibiles et Ali, qui eam habere noseuutun Igitur, lioet figurate dicta sint haecz attamen Do— innrer-»in»- neoessitutem ostendung a quorum et cohahitati0ne, l Joh. il, 19. 347 quae potest esse, malis vjris cum heftig, abscesserintz dum oitio sen) tales sint facti. Non igitur opokiet inteliigi can— trcrrietntem hoc verbo signiiioari rentiert-man. Tiefsinnig hat Didymus das von Johannes berührte ethische Problem be- zeichnet, indem er die voluntarja neoessitas des Ausscheidens anerkennt, und dabei die scheinbare physische Lösung, die in der Annahme einer contkarietas natur-apum (c,o»«oswø-) liegt, ver-wirft, aber zugleich auf die diversitas substantjae Oinoaroiokaicx d. h. die durch den eignen bösen Willen bedingte srttliche Verfaßung hinweist. Die metaphyscsche Frage aber nach dem innern Ver- hältnisse dieser in dem sittlichen Verhalten des Nkenschen sich ossenbarenden cijversjtas subsiantiae zu dem göttlichen provi- dentiellen Willen — der Punct, bei welchem die dualistische und die prädestinatianische Anschauungsweise einspringt — ist von Didymus nur insofern markirt, als er in dem treffenden Oxymoron »voluntaria neoessjtas« das göttliche Gericht an- deutet, welches sich nach Johannes in dem Ausscheiden aller derjenigen offenbart, welche nicht zu uns gehören und also nicht bei uns bleiben wollen, deshalb aber auch nicht sollen. Wie auf der einen Seite diejenigen, welche das ewige Leben erlan- gen, ebensowohl vom Vater dem Sohne gegeben sind und vom Vater zum Sohne gezogen werden (Joh. 6, 37. 44. 17, 6) und von Gott bewahrt werden (17, 11), als an den Sohn glauben, das Wort des Sohnes annehmen und stch selbst be- wahren (6, 40. 17, 6 fll. 1, 12. IJoh. V, 18), so ist auch auf der andern Seite bei denen, welche vom ewigen Leben aus- geschlossen bleiben, der Rathschluß Gottes von dem eignen bö- sen Willen nicht zu trennen. Die Kinder des Teufels wol- len den Willen ihres Vaters vollbringen (Joh. 8, 44). Das allgemein geltende Wort -niemand kann zu mir kommen, es sei ihm denn von meinem Vater gegeben« hat der Herr mit ausdrücklicher Beziehung auf den Verräther gesprochen (6, 65); aber grade über die sittliche Entwickelung des Judas giebt Jo- hannes solche Andeutungem welche klar machen, daß das Ge- richt Gottes über Judas mit der Bosheit der Menschen Hand in "Hand ging. Judas war geizig; sein Herz hing an dem 348 I Jolx I, 5——ll, 28. Mammon, deshalb verstand er weder die Liebe der Maria, die den Herrn mit ihrer köstlichen Salbe ehrte, noch gönnte er dem Herrn das Liebeszeiehen (Joh. 12, 1 sll.). Er konnte nicht bei dem Herrn bleiben, weil er durch Geiz, durch Weltliebe, sein Herz vor der Liebe zum Herrn verschloßz denn die Er: kenntnis des Herrn, das Glauben an ihn, die Gemeinschaft mit ihm ist Liebe. Bei der Abweisung wie bei der An- nahme des ewigen Lebens sind beide Faktoren, der göttlichc und der menschliche Wille, nur in ihrer ethischen Zusammen- gehörigkeit zu verstehn. Das ist gewiß, daß der Mensch nicht anders als von Gott gelehrt, aber auch nicht anders als von Gott lernend Gott selbst erkennt (Joh. 6, 45) und in sol- cher Erkenntnis das ewige Leben hat. Je bestimmter grade Johannes den wesentlichen Inhalt der Erkenntnis Gottes und Jesu Christi in ethischer Anschauung darstellt, um so gewisser erkennt er die menschliche Selbstbestimmung an, wenn er die göttliche Bestimmung hervorhebt. Allen Menschen ist nach so- hanneischer, wie nach allgemein apostolischer Anschauung das Heil bereitet. Christus ist der ganzen Welt Heiland (1 Ioh. 1l,2. IV, 15). Aber grade weil die persönliche Aneignung des in Christo für alle erschienenen Lebens durch das ethische Verhal- ten der Einzelnen, durch Hinnehmen und Bewahren, bedingt ist, deshalb geschieht es einerseits, daß bei aller Universalität der Gnade doch nicht alle dieselbe wirklich annehmen, ander- seits daß manche, welche sie angenommen haben, doch wieder abfallen, weil sie die Gnade nicht bewahren, nicht in Christo bleiben, nicht im Lichte wandeln. Dies Letzte wird keineswegs von Johannes geläugnet, indem er auf die Antichristen an- wendet, was iiberall gilt: »wenn sie zu uns gehört hätten, würden sie bei uns geblieben sein«. Der Ausspruch hat eine ähnliche ideale, durch das »Ja» nicht yz oder eine gleichbedeu- tende Partikel, markirte Faßung, wie H, s. IV, 9. und V, 18. Cbenso wenig wie dort der Apostel sagen kann, daß in der Wirklichkeit ein glciubiger Christ, ein wahrhaft aus Gott ge- borner Mensch vollkommene Liebe zu Gott habe oder keine Siindc begehe —— wie bestände damit, was Il,1 gesagt ist?- 1 Jst-h. n, m. 349 ebenso wenig kann an unserer Stelle der Apostel meinen, daß wer einmal innerlich und wahrhaft der Gemeinschaft der Gläu- bigen angehört, unmöglich von derselben abfallen könne. Die sogleich folgenden Warnungen und Mahnungen an die Leser, denen ja das zusagen, der heilige Geist, die volle Erkenntnis, das Sein in Christo unzweideutig zugesprochen wird, wären dann ganz sinnlos und zwecklos Allerdings in dem Maße, in welchem die Geburt aus Gott wirklich vollendet ist, ist auch das Leben in Gott vorhanden, so weit die Erkenntnis Gottes wirklich lebendig ist, ist auch die Liebe zu Gott vollendet, so weit wirklich das ewige Leben im Nienschen durchgedrungen ist, ist die Sünde überwunden, so weit der Gläubige wirklich in Christo ist und Christus in ihm, ist er auch der Gewalt und der List des Bösen entnommen; aber Johannes weiß sehr wohl, daß die Gläubigem wenn sie auch im Lichte sind, doch immer noch Finsternis in sich haben, die fortwährend von dem Lichte vertrieben werden muß G, 7 fll.). Es ist die sittliche Aufgabe der Gläubigem sich immer völliger und sicherer in Christo zu gründen, um immer mehr von der Welt loszukommen Die- ser Kampf wird in der Wirklichkeit nicht ohne Gefahr und ohne Fall geführt; aber für den, welcher die Gemeinschaft mit Christo nicht gänzlich verläßt, ist die Hülfe immer zur Hand Cl, 1. V,16). Wer in Christo bleibt, wer sein zpsaxm bewahrt, wer im Lichte wandelt (l, 7 fll.), und in diesem Sinne wahrhaft unser ist, der bleibt auch bei uns, denn er weicht nicht von dem Grunde, auf welchem die Gemeinschaft der Gläubigen be- ruht; wenn auch immerhin der sittlichen Bedingung des Blei- bens die Möglichkeit des faktischen Niehtbsleibens entspricht. Wenn aber in idealer Anschauung von der wirklichen Unvoll- kommenheit abgesehn und nur dieSeite der Sache hervorge- hoben wird, aus welche-r Christus mit seinem, was ihn anbe- trifft, unzweifelhaft-en Siege steht, so gelten für die Gläubigen die trostreichen Worte: sie können nicht siindigen oder abfallen. Umgekehrt also gilt in demselben idealen Sinne, daß wer wirk- lich abfällt, nicht wahrhaft unser gewesen ist. An Christo liegt nicht die Schuld, wenn der Mensch von ihm abfällt Jst der 350 l Joh l, 5——ll, 28. Mensch im Lichte gewesen, so hat er doch nicht im Lichte wan- deln, nicht seine Finsternis drangeben, nicht sich fortwährend reinigen laßen gewollt. In dem Maße als er feine Finsteik nis bewahrt, seinen Jrrthuim seine Weltliebe festgehalten hat, hat er auch das Licht, die Wahrheit, die Gottesliebe, das Le- ben selbst nicht gehabt, ist nicht unser gewesen. Wird diese Seite, die in dem faktischen Abfall sich vollendet, ins Auge gefaßt, so muß das verlorene Gut, wenn es auch einmal in einer gewißen Weise dagewesen ist, dem Blicke sich ent- ziehn. Wie bei denen, die in Christo beharren, die lichte Entfaltung ihres Lebens und Wachfens in der Gemeinschaft mit dem Herrn hervortritt, so verschwindet bei jenen, die thatfächlich abgesallen find, immer mehr das einmal in sie ge- senkte göttliche Licht vor der Finsternis, die sie in sich wachsen lassen wollen. Indem Johannes dies seinen Lesern vorhält, giebt er ihnen die kräftigsie Beruhigung und zugleich die ernsteste Warnung, die er geben kann. Cinerfeits konnte es die Leser nicht beunruhigen, daß sie jene Antichristen ausschei- den und wider die christliche Gemeinschaft austreten sahen, wenn sie bedachten, daß, weil die Lüge selbst nicht aus der Wahrheit hervorgehn kann (B. 21), jene Lügner insoweit nie die Wahrheit erkannt und gehabt hatten, als sie ihr wider- strebt, insofern nie zu der Gemeinschaft der Gläubigen im Lichte gehört, als sie selbst ihre Gemeinfchaft mit der Welt bewahrt hatten. Sie haben nicht zu uns gehört, sonst würden sie bei uns geblieben fein. Von der andern Seite aber lag zugleich die dringendste Warnung auch vor deni unfcheinbarsten Verleugnen der reinen Wahrheit darin, daß jene Antichristem weil sie ihre Finsternis nicht mit dem göttlichen Lichte vertrie- ben hatten, bis dahin gekommen waren, daß sie nun auch die Strahlen des Lichtes nicht mehr empfunden, welche einmal in ihre Finsternis gefallen waren. Es gilt also, das xpsaxia zu bewahren, in Christo zu bleiben! Diese Mahnung drängt sich um so mehr dem Apostel aus, als er in dem offenen Abfall jener Feinde eine Erweifung des göttlichen Gerichtes erkennt, unter welchem alle stehn, welche in der äußerlichen Verbindung» Ess- cccccccc py l Ich. H, 20. 21. 351 mit der Gemeine der Gläubigen doch innerlich nicht zu der- selben gehören. Deshalb erinnert der Apostel seine Leser an das, was sie haben (V.20. 21), an das Miso-m, kraft dessen sie die Erkenntnis der Wahrheit und darin die Gemeinschast mit dem Vater und dem Sohne, also das ewige Leben haben. Gegen diese Wahrheit, wie sie von Anfang an durch die app- stolische Predigt Verkündigt ist, erhebt sich die antichristische Lüge (V.22. 23). Darum gilt es, in der erkannten Wahr- heit, in dem Vater und dem Sohne zu bleiben, die Verheißung des ewigen Lebens treu zu bewahren, das Zweigen, von dem wahrhaftigen Christ geschenkt, trotz allen antichristischen Ver- sührungen zu behüten (V. 24 sll.), kurz in dem Herrn selbst zu bleiben, damit wenn er erscheint, alle vor ihm bestehn (V. 28). V. 20. 2l. Calvin bezeichnet die Absicht, mit welcher Johannes diese Verse geschrieben habe, mit den Worten: Modeste excusat apostolus, quod eos tam solljcjie schwatzt, ne pulent oblique se perstrjngh quasi kudes ignarosque e0kum, quae Probe teuer-e dehnt-kaut. So erkenne auch Paulus (Röm. I, 14) die Einsicht seiner Leser an, stelle es aber zugleich als seine Schuldigkeit dar, Weise und Unweise zu ermahnen. Dergleichen Redeweisen der Apostel enthielten freilich keine Schmeichelei, aber sie seien deshalb von practi- scher Bedeutung, weil auch den in der Erkenntnis Gesörderten zu Gemüthe geführt werde, daß auch sie noch immer der apostolischen Unterweisung und Mahnung bedürfen. Außerdem aber zeige die Erfahrung, wie lecker die Ohren der Menschen seien; ein kluger Lehrer solle daher nicht unterlaßen, was mit der Wahrheit besteht, um sich Gehör zu verschaffen. In dem- selben Sinne haben schon die griechischen Ausleger unsere Verse und V. 27 beurtheilt Manche, wie Semler, haben die Worte des Apostels für eine solche captatio benevolentiae gehalten, bei welcher es mehr auf die rednerische Bedeutung, als auf die strenge Wahrheit ankömmt. Hierin ist S. G. Lan ge am weitesten gegangen, welcher meint, in dem ganzen Ab- schnitte V. 20——28 sei »eine gewisse ängstliche Besorgtheit un- Ess- cccccccc a«- 352 1 Ins. 1, 5—1i, 28. verkennlich, eine Besorgtheit, die zu allem, selbst zu den Schwächen dessen, den man bestimmen will, ihre Zuflucht nimmt, und sogar Rednerkünste aufbietetxs Weit gefehlt! Vielmehr ist nichts natiirlirhey als daß der Apostel, indem er vor der antichristischeti Lüge warnen will, seinen Leser-n recht klar und andringend vorhält, d-aß sie wirklich die Wahrheit, welche das Leben ist, besitzen. Friiheiy V. 12 fll., hatte der Apostel ja ausdriikklich und nach allen Seiten hin grade diese Grundlage seiner Warnungen geltend gemacht. Die Leser sollen halten, was sie haben, daß niemand ihre Krone rauhe. Je mehr sie erkennen, und zwar in lebendiger Erfahrung er- kennen, was sie haben, um so liebevoller werden sie es hal- ten; denn die Gewißheit in der christilichen Wahrheit beruht auf selbsteigener Erlebung Mit dem einfachen «« fügt Johannes den Gedanken B. 20 an das Vorhergehende an. S. Schmid shat die eigent- liche copulative Bedeutung der Partikel accentnirt und in V. 20 ein neues Argument gegen die Kehrst, welches zin dem B. 18 genannten Ausscheiden hinzukommh gesunden, weil im; nicht wohl ein adversatives Verhältnis indiciren könne. Allein offenbar ist durch die Voranstellung des im) »Im-es; ein Gegensatz zwischen den Antichristen (V. 19) und den Gliinbigen (V.20) angedeutet, ein Gegensatz, welcher in dem Gedanken- vethiiltnisse liegt, aber von Johannes in der Form nicht ausge- prägt ist. Man darf allerdings nicht mit Beza, Wolf u. a., welche auch hier die« beliebte Auskunft eine-s Hebraisnius statniriem dem ins-i an scch eine adversative Bedeutung zuschrei- ben; sondern sman hat, wie schon die griechischen Lcnsleger richtig erkannt haben, den realen Gegensatz ins Auge zu saßen, welcher in der johanneischen Schreibweise nur nicht seinen ac- curaten Ausdruck findet. Johannes bezeichnet nur den Fort: schritt zu einem neuen Worum-te, ohne das gegensätzliche Ver- hältnis genau zu markirein »Und Ihr, sagt er, habt eine Salbung von dem Heiligen nnd wisset alles.« Was Johannes unter der »Salbung«, zwar-a., verstehe, kann im Allgemeinen nicht zweifelhaft sein. Er muß von einem göttlichen Geschenke Ess- cccccccc a«- I Ich. II, 2(). 2l. 353 Gy- csnö e. xiyfov), durch welches die Gläubigen ihre Er- kenntnis der Wahrheit haben, reden. Die Ausleger weichen auch meistens nur in der genauern Erklärung der Borstellung von einander ab; wenige haben ganz Ungehöriges beigebracht Xqzoxxa heißt genau genommen nicht »Salbung«, wie Luther übersetzt (unciio. Vulgata), sondern »Salbe«, unguentum (Episcopius, Schöttgen, Carpzov, welcher aber die un- richtig verbundenen Worte Mir-»o- oissö can? oh« unfchön er- klärt unguentum a Christo composituin, J. Lange, u. a.). Die Lxx gebe» pages-s· dukch »Ja» (Exod. To, 7), ab» auch durch zip-we (das. V.21. Vgl. Biel s. v.). Gesalbt wurden nach alttestamentlicher Sitte die Priester, die Könige und die Propheten (IKön.19,16. Jes.61,1); die äußerlirhe Salbung aber war ein »Zeichen der innern Salbung mit dein heiligen Geiste. Daß diese biblische Anschauung, nicht aber die schon von Calov und Wolf verworsene classische Vorstellung von dem Salben der Leiber für die Wettkämpfe, auch an unserer Stelle zu Grunde liege, ist durch den Zusammenhang unzwei- deutig angezeigt. Von einem Ringen mit den Antichristen oder von einem Entwischen aus den Fallstricken derselben, wozu nach Episcopius die Salbung hinlängliche Geschmeidigkeit geben soll, ist keine Rede; sondern dies ist die Wirkung des zgsoxra bei den Lesern, daß sie »alles wißen, die Wahrheit wißen« (V. 20. 2l), denn sie sind und werden durch das Hist-»m- »gelehrt« (V. 27). Darum ist nun sreilich dies Mir-»o- selbst eben so wenig die audilio evange1ii, instilulio Christian-i, wie Socin (zu V.27), Episeopius und Rofenmüller erklär- ten, als die docendi auotoritas, wie Semler meinte, gemäß seiner Ansicht, daß unser Brief, wie alle apostolischen Schrif- ten, nur für die Lehrer der Gemeinen, die Presbytey bestimmt sei, denen Johannes hier ihre Auctorität den Jrrlehrern gegen- über bekräftige Mit Recht haben fast alle Ansleger geurtheilh daß an unserer Stelle von dem heiligen Geiste, als dem, wel- cher nach Johannes in alle Wahrheit lehrend leitet (Joh.14, 26), die Rede sei, mag man nun das xpsoxca selbst als den heiligen Geist und demgemäß den cis-zog, von welchem die 1« 23 354 1Joh. i, 5—1t, 28. Christen den Geist haben, als Gott oder genauer als Christus verstanden haben, oder mag man bei dem xgsoxia mehr an gewiße Gaben des Geistes gedacht und den Geist selbst·in den Worten ais-«; Im; ckyiou gefunden haben. Socin umschreibt den Inhalt der Salbung: divinum benetiojnm oognoscencii jpsas kes dir-jung, qui-terms nomini opus est. Der Heilige, sagt er, kann demgemäß der heilige Geist sein (qnamvis, ut nos quidem pro comperio habt-ums, spiriius sanctus non sit person-U, aber auch Christus, oder Gott der Vater. »Das Letzte ist dem Socin in dem Sinne am wahrscheinlichstety daß, wie er immer erklärt, Gott, d. h. der Vater, die pri- mnria Masse, Christus die secundaria caussa sei; von beiden rede der Apostel wie von einer Person (n0n secus ao sj ambo una iantum persona essent). So aber bildet Socin die Deutung des zgsoxia unvermerkt um, indem nun der, in un- persönlicher Unbestimmtheit verstandene, heilige Geist selbst als die den Christen eigenthümliche Salbung erscheint. Socin zeigt aus diese Weise, wie ihn die Gewalt des Textes, welcher durchaus mit der allgemeinen biblischen Anschauung überein- stimmt, fast gegen seinen Willen zu der richtigen Erklärung hindrängt. Wie kömmt denn Johannes dazu, das den Gläu- bigen gegebene göttliche Gut, welches er meint, grade mit dem Ausdrucke Mir-»» zu bezeichnen? Gewiß hat Bengel (vgl. J. Lange, Lücke) das Richtige gesehn, wenn er urtheilt, daß zwar» mit Beziehung auf die oiwrizgiosoz und auf den Xgcs ewig, welchen die Antichristen leugnen (V. 22), welcher aber für die Gläubigen derGeber ihres zgsaxia ist, gesagt sei. Es ist nicht zu übersehn, daß zxisoxca ohne den Artikel gesetzt ist. »Und Ihr habt eine Salbung« sagt Johannes; erst V. 27 wird das schon aus V. 20 sll. bekannte zgfoxsa bestimmter· markirt. V. 20 knüpft der Apostel seinen Ausdruck zpsaxm sinnvoll an die entsprechende Vorstellung an, welche mit dem Namen ciøissixpcoscox gegeben ist. Den Widersachern des Herrn, des Gesalbten, setzt Johannes seine Leser mit ihrer Salbung, die sie von dem Herrn haben, entgegen. Christus nämlichhat den Geist ohne Maß empfangen (Joh. Z, 34), auf ihm blieb l Joh. H, 20. U. 355 der Geist (1, 33), Gott hat ihn gesalbt mit dem heiligen Geiste (AG. 10, 38); aber Ehristus ist zugleich der Mittler alles göttlichen Lebens, welches in ihm vollkommen ist, an die Gläubigeir Christus tauft mit dem heiligen Geiste (Joh. I, 33), er sendet den Geist, welcher von dem Seinen nimmt, was er den Gläubigen bringt (Joh. 15, 26. 16, 14. AG 2, 33); und weil der Sohn alles hat, was der Vater hat, so kann auch gesagt werden, daß der Vater des Sohnes Geist in die Herzen der Kinder sendet (Gal. 4, 6. vgl. Ephes. 8,16. PhiL l, 19. 2 Eor. Z, 17 fl.), und zwar auf die Bitte, im Namen, unter Vermittelung des Sohnes (Joh.14, IS. 16, 7fll.), daß der Vater die Gläubigen salbt, indem er ihnen den Geist giebt (2 Cor. 1, 21fl.), wie er den Sohn mit dem heiligen Geiste gesalbt hat. Deshalb ist der Geist, welchen wir em- pfangen haben, das Zeichen davon, daß wir in dem Vater (1II, 24) und dem Sohne sind (V. 27), daß wir Kinder Got- tes sind (Röm. 8, 14 fll. Gal. 4, 6). Der Geist lehrt und bewahrt den Gläubigen die Wahrheit, in deren Erkenntnis sie das ewige Leben haben, weil sie darin Christum selber und den Vater haben (V. 23 sll.). Johannes kann also das We- sen der Jrrlehrer nicht schneidender bezeichnen und seine Leser nicht kräftiger Warnen, als dadurch, daß er jene Widersacher Christi zugleich als solche darstellt, welche den Gläubigen den Geist rauben wollen, welchen sie von dem gesalbten Heiligen empfangen haben. Es handelt sich um das ganze geistige Le- ben. Der innerste Kern desselben wird abgeschnitten, wenn den Antichristen Gehör gegeben wird. Der Apostel schildert ebenso einfach als gewaltig die Einheit des christlichen Lebens, wie es auf der wahren Erkenntnis Christi, welche die Gläubigen in ihrer Salbung haben, beruht. Es ist eine mächtige Schluß: folge, mit der er seine Leser ansaßt Das Leben haben sie nur in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne; diese Gemeinschaft beruht auf der Erkenntnis der Wahrheit; die Wahrheit wird gelehrt und bewahrt durch die Salbung, den Geist, welchen sie aus der apostolischen Predigt empfangen ha- ben (V. 24). Wer also von der Wahrheit dieser Predigt ab- - 23 »« Ess- cccccccc a«- 356 I Joh. l, 5—ll, 28. weicht, der verliert seine Salbung, das Leben, Christum, den Vater. Der Absall von der Wahrheit ist Widerspruch gegen das Hinz-a, ist Feindschast wider den Geist, den Heiligen (AG. 3,14. Apoc.3,7), von welchem das xgsozkkx gegeben ist. Jm Sinne des Johannes, zumal in dem angegebenen Zusam- menhange unseres Textes, können die Worte IF« »in-Z Tor; oiylou nur auf Christum bezogen werden. Die Ausleger sind hierin auch fast einstimmigz die Beziehung auf den Vater sindet sich vorzugsweise bei solchen Auslegern, welche von einem antitriniterischen Interesse, wie Socin (vgl. Episco- Pius) es deutlich ausspricht, und welches Schlichting (bei Calov zu V. III) zu der wahnsinnigen Behauptung verführte, daß die Lehrer der Gottheit Christi die wahren Vorläuser des Antichrist seien, geleitet wurden (S. G. Lange, Rosen- Müller, Jachmann). Christum als den Heiligen zu ver- stehn, ist durch den weitern wie durch den unmittelbaren Zu- sammenhang und Gedankengang unserer Stelle geboten. Vor- her hatte der Apostel den Herrn ,,gerecht« genannt und als das vollendete Vorbild unsers Wandels im Lichte hingestellt (II,1. 6), gleichwie im zweiten Theile des Briefes der Herr wiederum als das heilige Vorbild für die Gerechtigkeit der Kinder Gottes (lll, Z. Vgl. IV, 9fll.) erscheint. Wie noth- wendig aber die Gemeinschaft der Glåubigen mit dem Vater und dem Sohne auf ihrem Wandeln im Lichte, d. h. vor allen Dingen auf dem Festhalten der Wahrheit beruht, das leuchtet gerade dann ein, wenn man bedenkt, daß eben der Sohn der Gesalbte, der Heilige ist, von welchem die Gläubi- gen ihre Salbung, den ihnen mitgetheilten heiligen Geist ha- ben, den Geist, welcher ihnen die Wahrheit offenbart, den Vater und den Sohn zeigt, das Leben giebt (lIl, 24. V, 20). Es handelt sich ja dem antichristischen Abfall gegenüber darum, daß die Gläubigen »in ihm«, dem Herrn bleiben (V. 27. 28); das aber ist nur möglich, wenn in ihnen die Salbung bleibt, welche sie von dem Herrn selbst empfangen haben. Denn in dieser Salbung haben sie die Wahrheit, die volle Erkenntnis —- seoxi ofifasse aus«-ro:- Das Eos-»po- sindet seine richtige 1 Ich. H, 20. U. 357 Bestimmung und insofern seine Beschränkung im Zusammen- hange des Textes (ad praesentis loci ojrcumsiantiam resirjngi clebet Calvin), und streitet keineswegs gegen das Wort des Paulus von dem Stückwerke der menschlichen Erkenntnis (1 Chor. IS, 9). Das wirklich vollkommene Erkennen, das Anschauen Gottes ist auch für Johannes so gewiß ein Gegen- stand der Hoffnung, als er die Bollendung des Lebens, wel- ches in der Erkenntnis Gottes ist (Joh.17, 3), das Gott gleich Sein zu dem zukünftigen Erbtheile der Kinder Gottes rechnet (Ill, 2). Nur wenige Ausleger sind durch die schein- bare Schwierigkeit zu ganz verfehlten Llushülfen gedrängt. Der Syrer iiberfetzt, als ob er »Es-sag, d. h. alle jene Antichristem gelesen hätte. Oder follte er vielleicht das text- gemäße Eos-»«- fiir den Singular des Masculini gehalten und nur der Deutlichkeit wegen im Plural übersetzt haben? Auch Earpzov hält diese Auslegung von »Es-m für möglich, ohne sie jedoch zu wagen. S. Schmid hat, indem er den »Aorist« viel-»- (und Zeiss! V. 26) als historisches Tempus accentuirt, dem net-»«- eine polemische Beziehung gegen die angeblich neuen Qffenbarungen der Jrrlehrer beigelegt, als ob Johannes sage: Ihr habt schon alles, nämlich von mir, gehört. Keiner von den übrigen Auslegern hat solche Deuteleien für nöthig oder zuläßig gehalten. Sie verstehen das noli-ca, auf Grund von Stellen wie Joh.16,13. I Cor. l, 5. 8, l. Ephef.1,18. Col. Z, 2, entweder von dem, was zur Seligkeit nöthig ist (Luther, Calov, J. Lange, Schöttgen), was zum Wesen der christlichen Wahrheit gehört (Lücke", de Wette), oder von dem, was in dem gegenwärtigen Falle, d. h. zur klaren Scheidung der christlichen Wahrheit und der antichrisk lichen Lüge erforderlich ist (Ealvin, Beza, Grotius, S. G. Lange), oder endlich beide Beziehungen werden miteinander verbunden (Oecumenius, Wolf, Bengel, Neander). Im Grunde laufen alle Erklärungen hierauf hinaus, weil ja nur in der vollen Erkenntnis der christlichen Wahrheit schlecht- hin die kritische Tüchtigkeit begründet ist, welche hier wie IV, 1 sit. der Apostel von seinen Lesern erwartet (vgl. Baum- 358 l Ioh. l, 5——ll, 28. garten-Erusius). Ganz parallel mit dem »ich« wild-«)- V. 20 ist das vieler» stoss- oiÄrjåscow V. U. Die Wahr- heit, welche die Leser erkannt haben, ist die von den Aposteln verkündete, den ganzen Lichtwandel der Gläubigen (I,8. II, 4) bestimmendh alle Liebe erzeugende, das Leben gewährende, auf Christum gegründete (V. 23 fll.). Was nur in den Um- fang dieser Wahrheit gehört, das alles ist Gegenstand der christlichen Erkenntnis, das wißen die Gläubigen alle-s. Auch in diesem Satze des Johannes ist eine ähnliche ideale Haltung, wie wir V. 19 und schon öfter gesehn haben. Jn der Wirk- lichkeit wird nur dies gelten, daß die Gläubigen sich fort- während in alle Wahrheit leiten laßen, wie sie, als die Hei- ligen, beständig sich heiligen laßen, beides nie ohne eigne sittliche Arbeit, in welcher das göttliche, die Bollendung in sich tragende Leben wirklich entfaltet und die Wahrheit immer völliger erkannt wird. Iedenfalls aber werden die Gläubigen kraft des ihnen gegebenen Geistes die Erkenntnis wirklich be- sitzen, nach welcher sie, wie in dein vorliegenden Falle, über Wahrheit und Lüge richten können und völlig verstehn, daß jede Lüge nicht aus der Wahrheit ist. Die Worte små Eis« Mk» niedrig; Hi. werden von den Interpreten zwiefach ronstruirt Einige, z. B. noch Neander (abweichend von der vor der Erklärung gegebenen llberfetzung), saßen das Z» vor noli- WIJJZ parallel mit dem ersten Eis« vor ad« oi«c)’., in Abhängigkeit von Zypern-a und übersetzen: »ich habe Euch nicht geschrieben, weil Ihr die Wahrheit nicht wißt, sondern weil Ihr sie wißt, und weil alles, was Lüge heißt, nicht aus der Wahrheit ist.« Aber die meisten Ausleger (Augustin, Beda, Erasmus, Ealvin, Luther, Est, Sorin, Wolf, Lücke, Baumgarten-Crusius, de Wette, Sander u. a.) haben erkannt, daß die letzten Worte des Berses eine ungleich kräftigere Bedeutung haben, wenn dieselben, parallel mit ais-»F« in Abhängigkeit von cis-vers gefaßt werden: »weil Ihr sie, die Wahrheit, wißt und (weil Ihr wißt) daß jede Lüge« u. s. w. So schreibt der Apostel den Lesern selbst die kritische Fähigkeit, welche in dem vorliegenden Falle erforder- l Joh. ll, 20. 2l. 359 lich ist, zu; die Gläubigen besitzen dieselbe eben weil sie die Wahrheit erkennen. Daß Johannes wirklich so gedacht habe, dafür scheint ein feines Anzeichen in der Frageform des an B. 21 this-Züge) angeschloßenen V. 22 Hier-Eiche) zu liegen. Der Apostel setzt voraus, daß das Urtheil der Leser selbst fest- steht, daß sie wißen, wer ein Lügner, was Lüge sei, wie sie nicht aus der Wahrheit sein könne — wes» hie-Mo;- åie »F;- aizøzüsiag ad» Eos-«« Die angebliche Verbindung von mie- —— mis- ist hier ebenso wenig als ein Hebraismus (Grotin s, Wolf u. a.) zu bezeichnen, wie das mirs— »Es-»; V.19. Nach dem oben Bemerkten ist zu erklären: jede Lüge ist nicht aus der Wahrheit. Der Gedanke aber, welchen der Apostel aus- spricht, ist durch die Beziehung auf die Antichristen (V.19. 22) klar. Wie es oben hieß: sie sind von uns ausgegangen, aber sie waren nicht aus uns, gehörten uns nicht wahrhaft an, so wird jetzt das allgemeine, auf jene Antichristen mit ihrer Lüge passende, sittliche Gesetz ausgesprochen: jede Lüge, alles was Lüge heißt, stammt nicht aus der Wahrheit her, gehört deshalb auch nicht ihr an, kann deshalb auch nicht bei ihr bleiben. Das s» sssjg Ein-I. V. 21 entspricht in demsel- ben Verhiiltnisse dem ins« so. EF »Hier-J«- V.19, in welchem die Gläubigen, welche die Wahrheit haben, den Antichristen mit ihrer Lüge entgegenstehn. Jn diesem Zusammenhange be- zeichnet das s» auch V. 21 die durch den Ursprung« bedingte wesentliche, gleichsam verwandtliche, Zugehörigkeit.— Zu V. 20. 21 sind schließlich noch einige durch merkwürdige Äußerungen der Ausleger veranlaßte Bemerkungen zu machen. Erstlich haben manche Ausleger in dem zwei-«)- eine Anspielung auf die bei der Taufe übliche Salbung (vgl. Suicer, s. v.) ge- sunden. So sagt schon Augustin: unctio spirjtaljs ipse Spjrjtus S. est, cujus saczramentum est in unctione visibili. Wörtlich ebenso Beda. Auch Oecumenius (vgl. Theo- phylact); statuirt diese Beziehung, indem er umschreibt: åziijckssre yoip Mai Tot; rfyfou Homriaxrcrsrog sxö zgsoxrar re; seyn» nni Do? Indem» scö esc Hosen« wir« oiäøjåeeuu cieksyyoän sckzcokg Arie- mir-Inn. Die spätern Ausleger dagegen haben 360 1Joh. l, 5——ll, 28. tneisteiis entweder ohne die Taufe besonders zu berücksichtigen erklärt (Luther, Calvin, Beza, Carpzov, S. G.Lange u. a.), oder sie haben vermuthet, daß die spätere kirchliche Sitte, die Täuflinge zu salben, auf unsere Stelle gegründet sein möge (Bengel, Lücke, Sander). Erst neuerlich hat man geurtheilt, daß an unserer Stelle der kirchliche Ritus des Salbens bei der Taufe vorausgesetzt werde und auch hierin ein Kriterium gegen die Ächtheit des Briefes gefunden. In den neutestamentlichen Schriften sindet sich keine Spur von einer Salbung bei der Taufe. An unserer Stelle eine ab- sichtliche Beziehung auf jene Sitte anzunehmen, liegt aber um so ferner, je einfacher der Ausdruck zgzoxsa durch den Gegen- fatz gegen die oiwfzgnosxoe sich erklärt (s. o.), und je weniger der Zusammenhang des Textes irgendwie auch nur einmal auf die Taufe und deren Wirkungen, geschweige denn auf einen besondern Taufritus führt. Wird nach der Vermittlung des zpsoxm an die Leser gefragt, so ist nach V. 24 unzweifelhaft zu antworten: durch das Wort der apostolifchen Predigt haben die Gläubigen den heiligen Geist empfangen. Deshalb er- mahnt Johannes, daß ste an dem festhalten sollen, was sre als reine apoftolisrhe Lehre empfangen und erprobt haben; alsdann bleibt auch die Salbung in ihnen und lehrt sie fort- während (V.26 fll.). Denn der Geist, durch das Wort ge- geben (AG. 10, 44. Vgl. Röm. 10,14), legt wiederum die Wahrheit des Wortes aus, bestätigt und besiegelt dieselbe. Wie die Worte Christi selber Leben sind und Leben erzeugen, so auch die Worte der Apostel, welche feine Worte verkündigen (V.25. Ioh. 17,20). Von vorn herein (l, 1fll.) hat Jo- hannes grade deshalb die unzweifelhafte Zuverläßigkeit seiner Predigt, auch der schriftlichen, festgestellt, weil der Glaube, die Freude, das Leben der Leser von diefer Verkündigung ab- hängt. Alles aber, was die Gläubigen an göttlichen Gütern besitzen, ist Gabe des Geistes. Aus dem Geiste, den Gott uns gegeben hat, erkennen wir, daß wir in ihm sind (lll, 24. Röm- 8-16). Der heilige Geist, das zwei-»)- der Gläubigem isi der lebendige Inbegriff alles dessen, was vermittelst des 1 Ich. it, 22. 23. 361 Wortes der Wahrheit ihnen gegeben ist. Der Apostel hat somit an unserer Stelle gar keine Veranlaßung, an die Taufe zu denken, und die Frage, wie er sich das Verhältnis zwischen Tausaet und Wort gedacht haben möge, liegt von unserm Texte ganz fern (vgl. Nitzsch, System. S. 359. Praetische Theologie. I. S. 445. H, 2. S. 444). — Durch das eben Erörterte ist auch die Bemerkung, welche Est (bei Calov) von seinem römischckatholischen Standpuncte aus zu V. 20 sl. macht, erledigt. Er erläutert das otkfasrs was-««- mit den Worten: Habetis episcopos et presbyteros, quorum cui-a ac stuciio vestrae eoclesiae satis instruotae sunt in iis, qui-e perlinent ad doctrinae cbristianae veritatem Eigentlich gilt das ,-alles Wißen« nur von der Kirche; nur insofern als die Gläubigen dem Glauben der Kirche zustimmen, haben auch sie die volle Erkenntnis der Wahrheit spnusquisque fide-US, quantum ver-e iicielis est, fide tenet omnia aci salutem ne— oessarjek saltem impläcdmx Einer solchen Umdeutung der apostolischen Worte gegenüber bedarf es eben so wenig einer weitern Nachweisung, wie eifrig Johannes grade auf das eigne Wißen und Urtheilen der Leser sich berust, als gegen die Schwärmey welche die innere Salbung ohne die Ver- mittelung des äußern Wortes zu haben meinen und deshalb das exteknum verbj Ministerium verwerfen, noch besonders hervorgehoben zu werden braucht, daß unser Text gradezu aus den Kopf gestellt werden muß, wenn er zur Unterstützung eines solchen Jrrthums gemißbraucht werden soll (vgl. E alvin, J. Lange, Sander). V. 22. 23. Den Zusammenhang dieser Verse mit den vorhergehenden, welcher im« Wesentlichen keinem Ausleger ent- gangen ist, hat Bengel trefsend bezeichnet: ö vim habet ad abstkaoium v. 21. i. e. quis est illius mendacii was? Ganz ähnlich ist die Stelle V, 4. 5 angelegt. Nachdem dort der Apostel den Sieg über die Welt geschildert hat, schließt er, gleichfalls in der Fragesorm, die concrete Vorstellung des Sie- gers daran. Ebenso mächst in dem Zusammenhange unserer Stelle aus der abstracten Vorstellung des weüciog die bestimmte 362 l Joh. l, 5——ll, 28. Anschauung des weder-»F heraus ’«). Schon am Schlusse von V. 21 hatte der Apostel keine andere als die antichristische Lüge vor Augen gehabt; jetzt bezeichnet er ausdrücklich denje- nigen, welcher leugnet daß Jesus der Christ ist, als den Lüg- ner und zwar als den antichristischen Lügner, welcher mit dem Sohne auch nothwendig den Vater leugnet. Der Artikel in dem Ausdrucke vie— Eos-«- eZ nieder. darf nicht außer Acht ge- lassen werden, wie Luther (»wer ist ein Lügner?«) und alle die Ausleger gethan haben, welche in demselben Sinne erklärt haben: nisi hoc censeatur mendaciucck aliud nullum habet-i posse (Calvin, S. Schmid), mendacium, quo nibii possit esse majus (Socin), als ob durch den Artikel die enormitas mendacii (Episcopius), der Lügner ans« sxoxejk mendax praeoipuus et perioulosiok (J. Lange. vgl. Steinhofer, de Wette) markirt würde. Der Artikel ist, ganz wie V, 5 generisch (Episropius), eollectivisch (Lücke) zu faßen, nur daß die von Bengel hervorgehobene Beziehung aus V. 21 eine bestimmte Gattung von Lügnern, die Antichristen, ver- stehn läßt. Es versteht sich nämlich von selbst (vgl. Episco- pius), daß Johannes keinen Unterschied zwischen dem wes— am§ und dem eisissizgmeog macht, wie Iachmann gemeint hat, daß die Leugnung der Messiaswürde Jesu dem Lügner, dagegen die Leugnung Gottes selbst als des Vaters dem An- tichristen zugeschrieben werde. Das Richtige hat schon Theo- phylact klar ausgesprochen: w; sie» c? weder-eng,- ö eins-en)- xacwoc Z« That-II;- oun Zu» e; X9cuTög. «—- ö »; exizdckkz OF» quyngorocheiswogs Todten, ais-zeig, wen-w, ckwcixprorcic åoscm Wie deutlich unser Text in dem Punkte sei, daß jeden- falls der Qyesjosøyg Mit dem ckwxfzgsosog idenkisch ist, zeigt sich bei Theophylact (nach Oecumenius) darin, daß dieser, in- dem er irrthümlich zweierlei Lügner unterscheidet, doch aus beide in ganz gleicher Weise sowohl das Meiji«-J; als das «) Umgekehrt nimmt Johannes (Ev. s, 44), narhdem er den Teufel, welcher »die Lüge« redet ,,eiurn Lügner« genannt hat, wiederum die Vor- stellung »der Lüge« auf und nennt den Teufel auch einen Vater derselben. 1 Ich. u, 22. es. 363 ckwrfzgrarog bezieht. Es fährt nämlich fort: oZUoZ wes r; ask)- wefxrewox röt- rroesräga »so-i sede- «ur«eZI-, uoei ais-roh, who-w, spornt-Mc åosri nori oZ1-«««xk)m-rog. Theophylact meint hier solche Gnostikeh welche den Anträge« osnarowöxurosrow Von dem Vater Christi unterschieden hätten, Jrrlehrer, aus denen nach- her Valentin hervorgegangen sei, wie Oecumenius sagt. So wenig auch die Griechen das Verhältnis zwischen der Leug- nung des Sohnes und der Leugnung des Vaters verstanden haben, richtig haben sie jedenfalls gesehn, daß der Ostia-esse kein anderer sei, als der ciwfzgzocog Man kann also den Zusammenhang zwischen V. 22 und V.«21 etwa so umschrei- ben: Jhr wißt, daß die Lüge nicht aus der Wahrheit ist. Was für eine Lüge ich aber meine, Versteht Jhr recht gut. Wer ist der Lügner, wer sind die Lügner? Sind es nicht die, welche leugnen, daß Jesus der Christ ist? Das sind grade die Anti- christen, vor denen ich Euch warne, jene bethörten Lügner, welche den Grund aller Wahrheit, den Sohn Gottes, der al- lein den Vater offenbart, leugnen, und deshalb auch den Va- ter leugnen. Die einzelnen Momente der ächt johanneischen Ent- wickelung greifen einfach und klar in einander und find grade des- halb so schlagend. Indem der Apostel zuerst, im Rückblick auf das ixxxijckoc V. 21, die Lügner, welche er bekämpft, charakte- risirt, schildert er ste als solche, welche die Wahrheit, daß Jesus der Christ ist, leugnen. Damit aber ist schon das antichristi- sche Wesen dieser Lügner bezeichnet· Deshalb führt Johannes diesen Gedanken weiter, spricht den gebührenden Namen be- stimmt aus spssröe For»- ö oipsxlxpror 0«g·), fügt aber so- gleich ein neues, die volle unselige Consequenz jener antichri- stischen Lüge darlegendes Moment hinzu ((3 oipsioejxk e. am— säh» m; r. »«.). Dieser letzte durchschlagende Gedanke— ,,da stößt Johannes dem Faß den Boden aus«, sagt Luther — wird V. 23 nicht sowohl bewiesen, als Vielmehr von neuem bekräftigt, aber sogleich dadurch in seiner practischen Gewalt außerordentlich gehoben, daß nicht nur die Leugnung des Vaters, sondern das Nichthaben des Vaters in der Leug- nung des Sohnes aufgewiesen wird. Das ist eine Grund- 364 l Joh. l, 5 —ll, 28. Wahrheit, die auch den Lesern völlig feststeht. Deshalb braucht Johannes nur einerseits warnend den Gläubigen vorzuhalten: »jeder, der den Sohn leugnet, hat auch den Vater nicht«z an- derseits aber vollendet srch die Paraklese darin, daß die Gläu- bigen auch durch das verheißungsvolle Wort ermuntert wer- den: »wer den Sohn bekennt, der hat auch den Vater-«. Hieran schließt sich denn (B. 24 fll.) die ausdrückliche Ermah- nung, an dem festzuhalten, worauf das Bekenntnis des Soh- nes, und somit die Gemeinschaft mit dem Sohne und dem Vater, das Haben auch des Vaters, das Bleiben in dem Herrn allein beruht. » Jn sprachlicher Beziehung bieten unsere Verse keine Schwie- rigkeit. Das es »; nach der bestimmten Frage ist auch in der klassisehen Grärität gewöhnlich (vgl. Kühner, II S· 561). Das geh, nicht ad, hat darin seinen Grund, daß es die Form der subjektiven Vorsiellung (Winer, S. 443) bezeichnet, welche auch in der tragenden Redeweise (vgl. V, 5) noch deutlicher ausgeprägt erscheint, als dieselbe Anschauungsweise da zu er- kennen ist, wo das «« ,«77’ eine vorangehende Negation be- schränkt (Marc. 9, 9. Matth. 13, 57. u. o.). In der pleona- stischen Stellung der Partikel oii nach dem Verbum eignes— »Ja« (vgl. Luc. 20, 27) hat schon Wolf eine elegante griechi- fche Wendung gefunden (vgl. Kiihner, II S. 410. Winer, S. 547). Was aber der Apostel über die Lüge der Antichristen selbst sagt, enthält keine eigentliche Schilderung der Jrrlehre, son- dern mehr nur ein Urtheil iiber dieselbe, welche ihrem Inhalte und ihrer Faßung nach als völlig bekannt vorausgesetzt wird. Auch nachher, W, 2 sll., hat der Apostel, indem er ein wesent- liches Moment jener Jrrlehre nennt, nicht die Absicht, den ei- genthümlichen Jrrthum als solchen nachzuweisen, sondern auch dort stellt er nur die charakteristisrhe Spitze heraus, damit so- gleich der unbedingte Widerspruch gegen die christliche Wahr- heit einleuchte Soviel geht auch aus unserer Stelle, nament- lich aus dem sogleich weiter zuerwägenden Wechsel des Xen- oeöx und wide, selbst abgesehn von der unzweideutigen An- 1 Seh. H, 22. 23. 365 weisung, die in IV, 2 und 2Joh. 7. 9. liegt, hervor, daß es sich, wie fast alle Ausleger gesehn haben, um gnostische, nicht um eigentlich jüdische Jrrthümer handelt. Die letzte Meinung, welche, wie wir schon oben gesagt haben, von den Kirchenvä- tern (Bed a) und manchen ältern Auslegern mit der Ansicht, daß Johannes gnostische Jrrlehren meine, verbunden wird, ist mit einer eigenthümlichen Schärfe, die aus antitrinitarischem Vorurtheile hervorgeht, von Semler vorgetragen. Gegen Beza, welcher gesagt hatte, daß die Leugnung Christi darin bestehn könne, daß entweder die göttliche oder die menschliche Natur des Herrn, oder beide Naturen in ihrer Vereinigung falsch gedacht würden, eifert Semler über den Curialstil der kirch- lichen Redensarten (stilus curiae ecclesiasticaez phrase-s Seele— siast.), über ein intolerantes Dogmatisirem welches den einen Grund der moralischen Religion, aus welchem Türken und Chri- sten gleichweise ständen, einem Theile der brüderlichen Mensch- heit, den sogenannten Ungläubigen, streitig machen wolle. — Veza hatte nämlich gesagt, daß die Türken Gott nicht er- kennten, weil sie ihn nicht durch den Sohn erkennten. Da- von aber, meint Semler, sei niemand weiter entfernt, als Johannes. Der Apostel streite grade gegen solche, welche in jüdischer Beschränktheit« Christum nicht als omnjum hominum patronum und Gott, den Vater, nicht als aller Menschen Va- ter anerkennen wollten. Die Auslegey welche wegen ihrer theologischen Anschauungsweise mit Sernler verglichen wer- den können, kommen offenbar bei unserer Stelle ins Gedränge. Semlers Schüler S. G. Lange beobachtet» ein vorsichtiges Stillschweigen. Jachmann spricht von einer »Leugnung der Messiaswürde Jesu«z »aber die johanneische Vorstellung, nach welcher einmal der »Messas« zugleich der »Sohn« ist, dann durch die Leugnung des Sohnes auch die Leugnung und das Nichthaben des Vaters bedingt ist, kann von Iachmann un- möglich erklärt werden, weil er erstlich, wie schon oben erwähnt wurde, die Leugnung der Messiaswürde Jesu von der Leug- nung des Sohnes und des Vaters unterscheidet, zweitens aber in wunderlicher Verwirrung die antichristische Lüge von dem Ess- cccccccc ps- 366 1 Ist» 1, 5—n, 28. Nichthaben Gottes ausgehn und bis zum bestimmt ausgespro- chenen Leugnen Gottes sortschreiten läßt. Von jenem »bloß negativen Gefühl zu dem positiven Gedanken, sagt er, sei nur ein kleiner Schritt: der bloße Lügner könne leicht ein Anti- christ werden«. Die ältern Rationalisten haben sich anders zu helfen gesucht. Socin freilich läßt sich aus die Erklärung der Gedanken von V. 22 ebenso wenig ein, wie S. G. Lange. Grotius erinnert nur daran, daß dem Herrn ja alle Glaub- wiirdigkeit abgesprochen würde, wenn man leugne, was er selbst so oft behauptet habe, daß er der Messias sei. Am besten hat noch Episcopius ausgelegt, bei welchem aber auch die Willkiihr in der Abweisung der apostolischen Gedanken um so deutlicher hervortritt, je richtiger der logische Organismus des Textes anerkannt wird. Mit gleicher Entschiedenheit spricht Episcopius aus, daß der unsrige-J; und der cisisxfzzpiosog identisch sind und daß die Leugnung Jesu als des Messias in der Sache mit der Leugnung des Sohnes, nämlich des Soh- nes Gottes, zusammensalla Aber, sagt er offenbar mit Be- ziehung auf die eben erwähnte Erklärung Bezas, es steht fest, daß »den Sohn leugnen« nie soviel heißt, als »eine Natur des Gottmenschen leugnen« (nunquam accipjaiuk de naturae negatione, multo minus de naturae cijvinae negati011e, in— prjmis cum vox Dei non adjiciturh »Sohn Gottes« bedeutet nichts weiter als »Christus« d. h. Messias Hiedurch erreicht Episcopius allerdings dies, daß von einer »göttlichen Natur» des Sohnes keine Rede istz aber das Verständnis der Stelle ist damit auch abgeschnitten. Im Sinne des Johannes beruht die eigentlich schlagende Kraft des Gesagten in dem Fortschritt von der Vorstellung des Xgzossög zu der des wide; denn grade weil Jesus, der Christ, auch der Sohn Gottes ist, deshalb, vermöge des eigenthümlikhen Verhältnisses zwischen dem Sohne und dem Vater, muß der, welcher den Sohn leugnet, weil er nämlich leugnet, daß Jesus der Christ ist, auch den Vater leug- nen. Die Argumentation des Johannes hat eigentlich gar kei- nen Zusammenhang und keine Spitze, wenn man in dem «Leug- nen des Sohnes« nur eine dürre Wiederholung des «Leug- Esss cccccccc a«- 1 Ich. n, 22. 23. 367 nens, daß Jesus der Christ sei-«, nicht aber ein neues, tiefer greifendes, das wesentliche Verhältnis Iesu Christi, als des Sohnes zum Vater bezeichnendes Moment findet. Episco- pius muß deshalb die entstehende Lücke durch ganz entlegene Dinge auszufüllen versuchen, was wiederum nurso gelingt, daß in demselben Maße, in welchem die Leugnung des Sohnes mangelhaft aufgefaßt wird, auch die Leugnung und das Nicht- haben des Vaters ungenügend beschrieben wird. Die Leug- nung des Sohnes, d. h. des Messias, enthält nämlich nach Episcopius Dreierlei: 1. Opinjonem de .lesu, quod non sit is, qui a Deo promissus erat rex Jsraelis aut Messias 2. Rejectionem doctrinae, quam ille ut talis adferre se dir-it, per qnam sit, ut nec praeeeptis ipsius obediendunk ne(- promissis iidendum esse erexit-it. Z. lpsam oonsequenter inobedientiatn et rebe1li0nem, et de consequendo praemio per obedientiam praeceptorum ejusmodi dikiidentiam, cui ali- quando oonjunetus est aikeotus et Studium dootrinam et do— ctrinae illius, quam rejieit, professores —- eradioandi. Dem- gemäß heißt »den Vater leugnen-«: l. Non statuere de Deo quod op0rtet, videlicet, Deum Patrem huno Jesum misisse tanquam regem et Messiam populi sui. Z. Rejioere doetri— nam illam, quae a Deo Patre profecta est, eui soli praeci— pienti obediendum est et eredendum promittenti. 3.Non fa- cere aotu ca, quae praecipiuntur in ea der-trittst, nec sperare es, quae in illa promitiuntun So verflüchtigt Episcopius, ähnlich wie Socin und Grotius, die realeAnschauung des Johannes in ein logisches Nebelbildz wie schlecht aber durch die moralisirende Zuthat das volle, so zu sagen leibhaftige, Leben, welches der Apostel bezeichneh wiedergegeben wird, zeigt sich endlich bei der Erklärung des äxez V. 23. Den Vater nicht haben kann nach Socin heißen: non habere opinio- nem, quod Deus sit. Dies aber wagt doch Socin nicht für die Meinung des Johannes auszugeben. Vielmehr soll, wie auch Grotius sagt, der Sinn sein: non oognoseere Deum, seu quae sit ejus voluntas erga humanum genas. Damit verbindet Socin noch die Folge: non habet-e Deum sibj bene 368 1 Ich. i, 5—1t, 28. tat-entom a(- propitium, Sau non esse partioipem eorum ho- nokum, quae ab jpso Deo singuiari quaciam rationeijn hu— manum genus proiiciscuntutx ·Epifcopius stimtnt ganz mit Socin. »Den Vater nicht haben« heißt: Gott nicht zum Vater haben, den Vaterwillen nicht kennen fnon habet-o ple- ·« nam et solidam divjnae et pateknae voluntatis n0tjtiam), da- her auch nicht die Hoffnung auf die väterliche Erbschaft, die Seligkeit haben (Röm. I, 28). Jn ähnlichem Sinne hat Pau- lus V. 23 umfchrieben: »Wer bekennt den Sohn (als feinen ächten Lehrer und Führer zu Gott — vgl. die Erklärung von Xgxoscäe V. 22 »der von Gott geweihte Lehrregenw —) hat auch (durch dessen Lehre und durch das Gleichwerden mit die- sem ächt menschlichen und von Menschen nachzuahmenden Vor- bilde, weil Sohn und Vater Begriffe sind, die sitt) auf einan- der beziehen) den Vater (die wahre Idee von den Willens- vollkommenheiten der für uns väterlichen Gottheit» Das Richtige, welches für jeden unbefangenen Leser der johannei- schen Schriften nicht wohl zweifelhaft fein kann) ist von den beiiveiten meisten Auslegern erkannt und besonders von C al- vin, Luther, Calov, S. Schmidt, Bengel, J. Lange, Lücke, de Wette, Neander und Sander ausgefprochen. Wenn auch die ältern Ausleger zu unvermittelt die johannei- fchen Gedanken in dogmatifche Formeln faßen (negake perso- nam, ofijcium, utkumqua Calov. S. Schmidt Vgl. Beza), manche neuere dagegen·, namentlich Lücke und de Wette, eine gewiße Neigung zeigen, das von Johannes gedachte per- sönliche Verhältnis zwischen dem Sohne und dem Vater als ein mehr begriffliches, ideales, ökonomifches aufzufassen (die Leugnung des Sohnes, sagt Lücke, schließe die Leugnung des Vaters, »der göttlichen Liebe-«, ein, hebe »den chriftlichen Got- tesbegrifß den des Vaters Jesu Christi« auf, »Vater und Sohn seien in der christlichen Wahrheit unzertrennlich, und zwar. in der Art, daß wie aus der Idee des Vaters die des Sohnes folge, so der Vater nur erkannt werden könne durch den Sohn-«. de Wette aber erkennt in dem antichristischen Jrrthum die Leugnung »alles Göttlichen-» des Vaters, nämlich des lieben- l Ich. 11, 22. 23. 369 den, welcher den Sohn dahingegeben habe, wie des Sohnes), und wenn auch sonst manche Verschiedenheit in der Erklärung des Einzelnen sich darstellt: darin sind doch alle einig, daß Johannes in dem Sohne, dem Christ, die reale Offenbarung des Vaters denke (Deus se totum nobis in Christo fkuendum deiiit Calvin), daß niemand den Vater anders erkenne, zu dem Vater anders komme, als durch den Sohn (V, 20. Ich. I, I4——18. Matth. 11, 27.), und daß aus diesem Grunde die Leugnung, das Nichthaben des Sohnes nothwendig die Leug- nung und das Nichthaben des Vaters in sich schließe Frei- lich ist gegen Lücke, wie oben gegen Episcopius, zu be- haupten, daß »Christus« und »Sohn Gottes« nicht »unn1it- telbar gleichbedeutend sind-«. Lücke selbst hebt hervor, daß »der letztere Begriff für Johannes der eigentlich theologische sei, worin sich für ihn nicht nur die Idee des Logos, das cis-feig—- zssg sondern auch die des Vaters unmittelbar ankniipsesh Jo- hannes vertausehe die beiden Begriffe, weil er von dem letztern leichter aus den Begriff des Vaters, um den es ihm zu thun sei, kommen könne. Aber nach der Anschauung des Johannes wird der Begriff des Christus von dem des Sohnes Gottes wesentlich getragen. »Christus« ist ein seststehender Name, ein Titel zur Bezeichnung der Messiaswürde (Joh. I, 42. 4, 25. 29. l, 20. 25. 3, 28. 7, 28 fl. 31. 41fl. 9, 22. 12, 34); ,,Sohn Gottes« aber bezeichnet den wesentlichen ewigen Grund, weshalb Jesus der Christ ist. Weil Jesus, der Menschensohn, der sieischgewordene Sohn Gottes ist, deshalb ist er der Christ (Joh. S, 69. Matth 16, 13—-16), deshalb ist er der Heiland der Welt (Joh. 4, 42), das Licht der Welt, der, welcher den Vater, den allein der Sohn gesehn hat, offenbart (Joh. 1,1—— 18. 14, 6. 9. 20, 31). Durch Jesum, den Christ, ist deshalb Gnade und Wahrheit offenbar geworden,-weil er der sleischge- wordene Sohn Gottes, voll Gnade und Wahrheit ist (Joh. I, 14· 17). Christus ist der vom Vater in die Welt, in das Fleisch gesandte (17, 3), mit den Werken des Vaters betraute (10, 25 fll.) Sohn Gottes. Das alles steht schon nach I,1fll. ganz fest, und das Urtheil des Apostels an unserer Stelle er- 1. . 24 370 1 Ich. I, 5—ll, 28. scheint von diesem Standpuncte aus vollkommen klar. Die Antichristen leugnen, daß Jesus, die bestimmte Person, die der Avostel»gesehn, gehört, betastet hat, der Christ sei. Jn wel- chem Sinne diese Leugnung auch gemeint sei — der Apostel stellt hier nur das den Lesern bekannte Factum hin — jeden- salls liegt darin eine Leugnung des Sohnes Gottes, weil Je- sus nur als der (fleischgewordene, W, 2) Sohn Gottes der Christ ist. In der Leugnung des Sohnes liegt aber nothwen- dig zugleich die Leugnung des Vaters, weil der Vater gar nicht gedacht werden kann ohne den Sohn und weil für kei- nen Menschen der Vater zu erkennen, zu glauben, zu lieben, zu haben ist, ohne den Sohn und anders als durch den Sohn, d. h. den im Fleische erfchienenen, den Christ, welcher Jesus ist. In der johanneifchen Entwickelung treten also drei, we- sentlich zusammenhängende Spitzen heraus: Leugnung des Christ, des Sohnes, des Vaters. Das mittlere Glied, die Leugnung des Sohnes Gottes, weist eben nach, wie in der Leugnung des Christ nothwendig die Leugnung des Vaters ge- geben ist. Die Gewalt dieser Schlußfolge wird aber noch durch einen andern, gleich nothwendigen Fortschritt wahrhaft über- wältigend Die antichristische Jrrlehre besteht zuniichst nur in einem verneinenden Satze, in der Leugnung der chrisilichen Grundwahrheit, daß Jesus der Christ ist. Darin aber liegt weiter die Leugnung des Wesens des Sohnes wie des Vaters, und endlich liegt in dem Leugnen das Verlieren, das thatsäch- liche Nichthaben wie des Sohnes, so des Vaters. Im Sinne des Johannes kann man, den Anfangs: und den Schlußpunct seiner Entwickelung heraussetzend und absehend von den Mit- telgliedern, sagen: wer leugnet, daß Jesus der Christ ist, der hat den Vater nicht. Auch dies zweite Moment, dieser noth- wendige Zusammenhang von Leugnen und Nichthaben ist völ- lig einleuchtend, sobald man nur die Ethik, den lebendigen Realismus der johanneischen Anschauung vetsteht. Wie (V. 23) das Erkennen und Bekennen des Christ, des Sohnes, des Va- ters gar nicht zu scheiden ist von dem Haben, dem realen Ve- sitzen, der wirklichen Gemeinschaft, dem thatsächlichen Vleiben 1 Seh. n, 24. 25. 371 in dem Sohne und dem Vater, so ist auch umgekehrt mit dem Leugnen das Nichthaben, mit dem Verlust der Wahrheit, der Erkenntnis der Berlust des Lebens, welches in der Erkenntnis ist (Joh. 17, 3), gegeben. In diesem Zusammenhange erscheint einerseits das »Bekennen« ebensowenig unwesentlich als ander- seits das Leugnen. Beides ist die nothwendige Offenbarung des im Herzen verborgenen Glaubens oder Unglaubens. Das öxroloyesu umfaßt aber nicht eonfessionein c0rdis, vocis et operis (B ed a), sondern nur, wie l, 9, das Bekenntnis des Mundes Orest-as« özcoloyelssar Rötw I0,9. Vgl. Iolx I2,42). Dem öxsoloyeisz welches dem liignerischen Leugnen der christ- lichen Wahrheit entgegenstehh ist gleichbedeutend wehe«- Meile-Zeis- (2 Joh. 10,7)z es bezeichnet das bestinnnte Aussprechen der durch die apostolische Verkündigung erkannten Lehre (V.24). In dem Gesagten ist auch der wesentliche Gehalt des esse« V. 23 sowohl in dem negativen als in dem positiven Satz: gliede entfaltet. Alle Auslegey mit Ausnahme der durch ratio- nalistische Borurtheile befangenen, "wie Socin, Episcopius, Grotius, Semler u. a., deren verwäßernde Erklärungen schon oben erwähnt sind, haben das Herr» parallel mit dem risse»- ses (V. 24),. von dem wirklichen Besitzen in der leben- digen Gemeinschast (l,3) verstanden, mögen sie nun erklärt haben: in agnjtione ei cominunioae (Bengel, Sander), oder »im Glauben und in der Liebe« (de Wette), oder »in der Erkenntnis, im Glauben und im Bekenntnis« (Lücke). Auch Beza, welcher in seiner Übersetzung das habet der Vul- gata beibehält, wird durch seine, aus die syrische Version des ersten Gliedes von V. 23 gestiitzte Erklärung nec Patrem esse credit, wohl nur den innern Grund des wirklichen Nichthabens andeuten, nicht aber die markige Vorstellung verslüchtigen wollen. Das IF»- ist ganz strcng zu nehmen, wie z. B. V,12. Der Glaube an den Sohn und an den Vater, welcher in dem Bekenntnis sich ausspricht, ist nach Johannes nicht etwas nur Logisches, sondern ein wirkliches Ergreifen, eine lebendige Erfahrung, ein Genießen, wie Ealvin sagt. Der Gläubige hat, besitzt wirklich pas ewige Leben (B. 25), welches 24 «« 372 I Ich. I, 5 —ll, 28. ihm von Gott gegeben ist (V, 11). Die Erkenntnis Gottes sindet statt in der Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohne (l, 3. V, 20), welche gleicherweise (1V,15) als das Sein und Bleiben Gottes in dem Gläubigen (Joh. 14, 23) verheißen und als das Vleiben des Gläubigen in Gott gefor- dert wird (V. 24. 27 fl.). V. 24. 25. »Ihr, fährt der Apostel fort, was Ihr ge- hört habt von Anfang an, das bleibe in Euch! Wenn das in Euch bleibt, was Ihr von Anfang an gehört habt, so werdet Jhr auch in dem Sohne und in dem Vater bleiben. Und dies isi die Verheißung, welche er uns gegeben hat, das ewige Leben- Die Ermahnung, mit welcher V. 24 beginnt, gründet sich allerdings der Sache nach auf das V.23 Ge- sagte; in dieser Hinsicht ist das unächte »F«- nicht unpassend, wie de Wette sagt. Das Bleiben in dem Vater und in dem Sohne ist im Wesentlichen nichts Anderes, als das Haben (V. 23)z und wie das Eine dadurch bedingt ist, daß die von den Aposteln verkündete Wahrheit in den Gläubigen bleibt, so hängt das Andere davon ab, daß der Sohn bekannt, daß die christliche Grundlehre von Jesu dem Christ festgehalten werde, eine Bedingung, welche ja nur das Festhalten an der ursprünglichen apostolifchen Predigt ausspricht. Aber Jo- hannes will dieses Verhältnis der Folge nicht markiren, son- dern rasch wendet er sich an seine gläubigen Leser, stellt sie den Antichristen gegenüber und hebt die Schärfe dieses Gegen- satzes noch durch die ,,rhetorische Anakoluthie« (Kühner, H, 156. Vgl. Winer, S. 439), welche darin liegt, daß dem kraftvoll vorangestellten ikxrssgkein völlig ebenmäßig gefaßter Salz nachfolgt. Man darf nämlich das ist-eis- weder an unserer Stelle noch V. 27 unmittelbar mit dem sjsiocioace Gzcizksrs V. 27), als ob es von diesem durch eine Trajection getrennt sei, verbinden (Beza, Bengel, de Wette, Fach- mann), sondern die mit ihres; begonnene, dann durch das vorangesiellte is« »Ja-Ida· »Tai« oipzp unterbrochene Construction kömmt in den Worten s» Hut» Frei-sca- zum Abschluß; freilich nicht ohne Anakoluthie, denn während man nach der ursprüng- Esss cccccccc py 1 Ich. ll, 24. 25. 373 lichen Satzanlage zu dem Subjecte ihres; ein solches Verbum, bei welchem auch die objectivische Stellung von Z« Hirn-Ia. bin« rings. hervortreten müßte, also etwa ein pries-»kr- (Theo- phyla-ct), erwartet, erscheint am Schlußevielmehr das d« cis-oder. lief ais-z· als Subjekt, in dessen Prädiratbestimmung das anfängliche Subjekt isxissg zum entfernteren Objekte, Hi« »Hier-i- «»s-., umgestaltet ist. Treffend hat Theophylact umschriebem Hierin-o- zråp OF» cui-trog· özrssk d? Euer) III-ori- TJUTS VI« ckgztjc —- Øuloirsssscs way, sue-Tosen Die. meisten und besten Ausleger find in dieser Auffaßung des Satzes einig. . Was nun Johannes meint, indem er.sagt: d« »Es-onna« oi»’ cigzsjgz lehrt der Zusammenhang. Der antichristlichen Jrrlehre stellt der Apostel das gegenüber, was die Leser von Anfang an durch die eine aposiolische Verkündigung gehört haben. Das »Es-»den» ist in demselben Sinne wie V.18 zu verstehn. Hiedurch erhält auch das ask-« cånzøszy im Unter- schiede von l, l, seine deutliche Bestimmung (vgl. Il, 7). Nicht recht genau erklärt Beda: a primjs eoclesiae nasoentis tem- porjbusz es handelt sich vielmehr, kraft des ganz persönlich gefaßten Hunde-are, »Ihr habt gehört-«, um das anfängliche Hören der Leser selbst. Richtiger hat deshalb Be za erklärt: ex quo institui coepistis in primis obrjsiianae religionis ku- djmeniis Ebenso S. G. Lange, Lück e u. a. Der Jnhalt dieser ursprünglichen apostolischen Verkündigung kann aber kein anderer gewesen sein, als der gegenwärtig von Johannes gegen die antichristische Lüge geschirmte Es ist nicht im All- gemeinen das evangelium Christi (Calvin), sondern ganz concret die Wahrheit, daß Jesus der Christ ist (L«uther, S. G. Lange, Lücke u. a.), oder wie Theophylaet in seiner körnigen Erklärung sagt: iseoÄoyotJxsswow Töc- xproscöw Nach V. 22. 23 kann man auch mit Bengel noch weitergreisen und die Lehre von dem Vater und dem Sohne verstehnz denn dasjenige, um welches es sich eigentlich handelt, nämlich die Grundwahrheit, daß Jesus der Christ ist, kann nicht ge- dacht werden ohne das Theologumenon vom Sohne an sich und in seinem Verhältnis zum Vater. Diese Wahrheit soll 374 l Ich. l, 5—ll, 28. in den Lesern bleiben — se« Wes» »aus-w. Die Präposisp tion F» darf weder in diesem Ausdrucke noch in dem entspre- chenden Gliede ils-eig- åw sitz? vix-J uai Zi- eh? nargi »Es-ein durch »Bei« erklärt werden, wie Luther gethan und auch wohl Theophhlart mit seiner Umschreibung gis-Zeisswerk wag« sur-wir (vgl. Ioh.14,17) beabsichtigt hat, sondern die eigentliche Bedeutung von Z» ist, wie l, 8.10. It, I4.27.28. Hi, 9. IV, I6. Vgl. Joh.6,56. 14,23. 15,1fll. 7.11, ganz streng zu nehmen. Johannes drückt auf die anschaulichste Weise das wirkliche, lebendige Jnnehaben aus. Wie der Samen, aus dem die Kinder Gottes gezeugt sind, in ihnen bleibt (lll, 9), so soll die von den Aposteln verkündigte und von den Gläubigen angenommene Wahrheit wirklich in ihnen bleiben, in ihren Herzen als eine lebendige Kraft wohnen· Wenn dies geschieht —- was der Apostel seinen Lesern nicht drin- gend genug einschärsen kann, denn ausdrücklich und vollständig wiederholt er: sei» Z» Wes» »Sie-»O; Ei ein« oipxejg Juni-Tours —- wenn in den Gläubigen die reine Wahrheit bleibt, dann wer- den auch sie in dem Sohne und dem Vater bleiben: »; ejzrssc —- »»--sZ-ce. Mit dem un? vor ist-eh,- markirt Jo- hannes die verheißene Folge, welche der angegebenen Bedin- gung entsprechen wird, indem er zugleich die feine Wendung, welche in dem sinnvollen Wechsel von si- ijxsssi »als-·» und Free-«; Z» T. vix-J — Frei-ei« liegt, hekvokhebt Bengel hat dem Sinne nach das im) ganz gut durch viojssjm wiederge- geben. Die johanneische Borstellung selbst aber ist schon aus B.5 und 6 bekannt und an unserer Stelle noch durch das Szen- V. 23 vor allen verslüchtigenden Mißdeiitungen gesichert. Es ist freilich natürlich, daß die Ausleger, welche sich in das IX« V. 23 nicht smden konnten, auch hier den Sinn des Apostels verfehlen. Socin erläutert V. 24 durch die Phraser Ita cum Patre et Filio conjunctum esse, ut bonoruin ab utroque proiicisoentium qujs sit pariiceps Wenn man, sagt er, den durch Jesum von Nazareth gepredigten Gotteswillen thue, so habe man die vortrefflichen Güter, excellentissjina bona, welche V. 25 »das ewige Leben« genannt würden, zu l Ich. ll, U. 25. 375 erwarten. Grotius sagt in ähnlichen: Sinne: erjtis con- junctissimi Petri et Klio, summo eorum favore et amicitia fkuemini. Am bestcn erklärt auch hier Episcopius, welcher sreilich meint, das »Ja-s»- sw sc. II. sitz. könnte wohl bedeuten permanere in doctrina illa vers, quae ab ipso Patre revelata est (Jo.15,4.5) oder vivere jnxta doclrinam Christi (2 Je. 9. Je. S, 31), aber doch an unserer Stelle, nach Joh. S, 56. 14,23, das Bleiben in Gott als eine wirkliche, gleichsam persönliche Vereinigung der Glclubigen mit Gott auffaßt, eine Gemeinschaft, welche sich thatsächlich darin darstelle, daß, wie zwei Freunde alles gemein hätten, so auch die göttlichen Güter dem Gläubigen zu Theil würden. Das Schlechteste hat Semler gesagt. Er paraphrasirt die letzten Worte von V. 24: tun: dabitis porro Oper-im, ut ne exeidatis ex isla communione hujns iilii et hujns patris sphristianorumque ingenuorum 0mnium; abstinebitis igitur porro ab jstorum Judaizantium s0cietate), kund bemerkt hiezut Jam si vos fir- miter tenetis has novas et longe meliores imagines kilii et patris, iieri non potest, qnin sjtis eerii, nobis patere 0mnem hanc feljcitatem unice veram, quam deus, communis Pater, per hunc kilium n0vo atque ingenti beneiioio sic sanxit, ut omnes h0mines, eiiam tot aliae gentes, iiant hujus salutis participes, quae superat vulgata atque exilin hominum vom, quae tantum corporis voluptatem require-baut. Es ist fast unbegreiflich, wie der Text zu solchen Erörterungen Gelegenheit bieten kann. Semler kömmt aber dazu, weil er durch seine, wie er sagt, ethische und pneumatische Ausle- gung dem orthodoxen Formelkram und dem denkfaulen, urtheils- losen, von sleischlicher Hoffnung bewegten Glauben den Weg verrenncn will. Von der andern Seite haben allerdings manche kirchliche Ausleger die Einfalt und Unmittelbarkeit der johanneischen Anschauung durch eine schulmäßige dogmatische Fassung getrübt. So erklärt z. B. S. Schmidt Mansjo nutem haeo de gratiosa Filii et Patris inhabitatione in ju- stilioatis accipienda est, dum in ecolesia vivitur, per quam nos potins jn Deo sumus, quam Deus in nobisz licet Deus 376 I Jvlx l, 5»-—- U, 28. in nohis esse etiam et habitare dient-ais, ut n0s tamen eum non eomprehendamus Am aussührlichsten erörtert in diesem Sinne J. Lange das -Bleiben in Gott« Dasselbe umfaßt, sagt er: I. unionem cum Deo mysticam, cujus fundamenium et ordo est jn kegelten-Miene, justiljoatione et »so-Besuche. Z. communionem cum eo jam inohoatam 3. communieaiionerky per quam 0mnes regnj divini dates, omnja bona spirjtualja homini in usum sanotum et beatum c0ntjngunt. Das alles ist nicht falsch in der Sache, aber es entspricht nicht der jo- hanneischen Borstellungsweise und enthält insofern keine rechte Erklärung. Namentlich bei S. Schmid zeigt sich aus eine lehrreiche Weise, wie er die eigentlich textgeinäße Borstellung von dem Bleiben der Gläubigen in Gott zuriickschieben und die andere Seite der Sache, das Bleiben Gottes in den Gläubigen, hervorheben muß, um mit seinen festen dogmati- schen Formen auszureichein Und doch erscheinen diese in ihrer kunstvollen Bildung zu enge fiir den lebendigen Reichthum des ursprünglichen apostolischen Gedankens. Die einfachste Erklä- rung hat Theophylach mit Beziehung auf Joh. 17, 2. 21, gegeben: »meine-ei wären? Eis-wär. Noch näher hätte die Be- rufung aus l,3 gelegen. Der von Theophylact ausgespro- chene Gedanke ist richtigz jedoch erscheint die Vorstellung un- serer Gemeinschaft mit Gott ohne die Jnnigkeih man kann sagen, ohne die mystische Tiefe, welche der Ausdruck »in Gott bleiben« hat. Die reale Gemeinschaft der Gläubigen mit dem Sohne und dem Vater besteht darin, daß das Leben derselben wirklich und wesentlich in Gott wurzelt, aus Gott sich nährt und wächst und sich vollendet. Der mystische Realismus dieser apostolischen Anschauung (Joh. 6, 56. 15, 1sll. 17, 23. Vgl. Ephes.3,17. 1Cor.3,16. 6,17) ist vor aller Mißdeutung ge- sichert, wenn er nur in der ethischen Lauterkeit, in welcher er uns aus dem neuen Testamente entgegentritt, erfaßt wird. Jm Glauben empfängt der Mensch nicht eine bloße Kunde von dem Leben, welches in Christo erschienen ist, nicht eine bloße Nachricht von dem Vater, welchen der Sohn offenbart, sondern das Leben selbst zu eignem persönlichen Besitz; der Gläubige 1Joh. u, U. es. 377 tritt in persönlichen Verkehr mit dem Sohne und dem Vater; alles dasjenige, welches das eigentliche Leben des Gläubigen ausmacht, ist göttlich, ist Christus selbst (Gal.2,19 sl.) und somit der Vater, welcher sich selbst in dem Sohne giebt. Das ewige Leben und alle einzelnen Gaben, Kräfte und Güter hat der Gläubige nur in der wirklichen Gemeinschaft mit Gott selbst, d. h. weil er Gott selber hat, weil er in Gott selbst ist und bleibt (V,11sl.). Der Besitz dieses Lebens ist in dem- selben Verhältnisse etwas Gegenwärtiges, Erfahrungsmäßiges und zngleich Gegenstand der christlichen Hoffnung, die sich «auf die Verheißung des Herrn gründet, V.·25, in welchem das Sein und Bleiben in dem Sohne und dem Vater bei den Gläubigen wirklich stattsindet und zugleich als die wesentlichste Aufgabe beständig ihnen vorgehalten werden muß. Hieraus erklärt sich der Zusammenhang zwischen V. 24 und V. 25. Man hat denselben schwierig gefunden und theils durch un- natürliche Deutungen der Anfangsworte von V. 25 im) »Es» Zwis- ssc2., theils durch überslüßige Ergänzungen zu helfen gesucht. Carpzov denkt am Schluße von V. 24 hinzu: »und Ihr werdet die Verheißung empfangen-«, so daß sich dann allerdings recht leicht V. 25 anschließt Veda faßt den 25. V. als die Antwort auf die Frage: was ist aber der Lohn des treuen Bleibens in Gott? Aber zu einer Ergänzung ist über- haupt weder Raum noch Veranlaßung. Selbst de Wettes Umschreibung: »und wenn Ihr bei diesem Glauben bleibt, so wird Euch die Verheißung zu Theil werden«, geht über den Text hinaus. Der Zusammenhang ruht unmittelbar auf der innern Beziehung zwischen dem »Er-s«- åy sc. »in; ». s» sc. nackt und der sank-»Na mit ihrem Inhalte øj gen-J s; ais-««- woxn Genau genommen laufen jene Ergänzungen, namentlich die von Carpzov, auch auf eine ungeschickte Bezeichnung dieses Verhältnisses hinaus. In derselben Weise liegt ein richtiges Moment in der Meinung von Iachmann und Sander, daß das usw; V. 25 nicht vorwärts, auf den sogleich angege- benen Gegenstand der »san«-wisse, sondern riickwärts, auf den Schluß von V. 24 blicke. Das ist aber ein Mißverständnis Ess- aaaaaaaa py 378 l Ich. l, 5———ll, 28. der shntaktifchen Anlage von V.25. Oerumenius (vgl. Theophylach hat die Verbindung in dem ätiologisch ge- deuteten m« gefunden, womit zugleich die Zurückbeziehung des ers-«; auf das Vorhergehende gegeben war. Nachdem er näm- lich das Bleiben in Gott von der Gemeinschaft mit Gott er- klärt hat, fährt et« fort: usw; yoip Eos-»- OJ Tanz-»Um. srö »Er) see-i orfwefeazsou asnozoyciiafc åsciøyrrsxäosu Allen diesen Erklärungen liegt ein richtiges, wenn auch unklares Gefühl von der Zusammengehörigkeit der sein«-site:- V. 25 und des »Der» F» T· H. se. H» sc. Mark? V. 24 zu Grunde, Und in- sofern erscheinen dieselben noch beßre, als die Meinung des S.Schmid, daß V. 25 ein ganz neues argumentum de utili zur Bekräftigung der Ermahnung, an der apostolischen Wahr- heit festzuhalten, beigefügt werde (lm0 ver-o sj permanserimus in en, quoti ab iniiio audivistis, non tantum revera meine— bimus in Pakt-e et Wie, de praesenti in eoclesiatz seu regno granste, set! habenms insuper promissionem de future, in regno gloriae, Seil. de vjta aeternas Noch mehr hat BaumgartemErufius den Zusammenhang zerrißen, indem er sagt: »B. 25 schildert die Gefahr, das geistige Heil für immer zu verlieren« Am meisten entspricht dem Texte die Erklärung Lückes, nach welcher das ital die ,,nothwendige weitere Folge des Festhaltens am Evangelium, unmittelbar mit der Gemeinschaft des Sohnes und des Vaters verbunden« bezeichnen soll. Aber es handelt sich doch genau genommen nicht sowohl um eineweitere Folge, um ein neues, hinzu- kommendes Moment, als vielmehr um etwas mit dem Bleiben in Gott ,,unmittelbar Verbundenes«, darin wesentlich Einge- schloßenes, welches nur auf eine neue Weise entfaltet wird. Johannes stellt den Gedanken nat wäre; sam- ij Haus-z» sitz. nicht eigentlich als Folge der Bedingung sei» si- iixciu ais-'s» ask-· hin, die Verheißung des ewigen Lebens erscheint nicht, wie S. Schmid sagte, als ein zweiter Lohn der V. 24 ge- forderten Treue, sondern V.25 wird so an die letzten Worte von V. 24 angeschloßen, als ob schon dort die åncxyyszin er- wähnt wäre, deren Gehalt, durch die Formel im? usw; Eos-h- Esss cccccccc a«- 1 Ich. It, 24. es. 379 angekündigy weiter beschrieben werden soll. Die logische und syntaktische Organisation von V. 25 im Verhältnis zu V. 24 ist ganz wie l, 5. lll,23. IV,21. V,11.14 in Verbindung mit den vorhergehenden Versen. Nachdem z. B. lll,22 von dem Halten der göttlichen Gebote geredet war, foll V. 23 angegeben werden, was denn der Inhalt dieser Gebote, in eine Summe gefaßt, sei. Dort und in den andern Stellen wird der ange- kündigte Inhalt in einem ganzen Satze auseinander gelegt: »daß wir glauben«——, »daß Gott Licht ist« (I,5) u.s.w.z an unserer Stelle aber erscheint der Gehalt der ånayyeiia in substantivischer Form, ,,das ewige Leben«, und zwar so, daß dieser Begriff durch eine schon von Calvin, Socin, Gro- tius, Wolf, Bengel u. a. richtig beurtheilte Attraction (Winer, S. 483) in die Construction des relativischen Zwi- fehensatzes is» mir. Sack«. verschmolzen wird. Außerdem wird die Zurückbeziehung der syxayyszla auf V. 24 dadurch einiger- maßen verdeckt, daß erstlich das Wort selbst nicht schon in V. 24, wie z. B. Hi, 22, vorhergeht, und daß ferner V. 25 als Verheißung des Herrn ausgesprochen ivird, was V. 24 der Apostel selbst den Lesern verhielt. Aber alles dies hebt die wesentliche Verbindung nicht auf, läßt dieselbe vielmehr nur um so lebendiger und reicher erscheinen. Auch formell war die Vorstellung der ånayyezia V.24 durch das Futurum »Er-es» indicirt Ferner aber versteht es sich vonsselbst, daß das Wort des Apostels V. 24 sich nur auf das gründet, was er selbst von dem Herrn, nämlich von Christo, empfangen hat (l,1 fll.), denn dieser ist mit würd; gemeint (Grotius, Episcopius, S. Schmid, Bengel, Lücke u. a.), wie in der ganz ana- logen Stelle I, 5 (vgl. II, 8. 27. 28), nicht aber der Vater allein, wie Hunnius (bei S. Sehmid) meinte, der in dieser unmittelbaren Beziehung aus den Vater eine besondere Emphase fand, noch auch »der Vater durch den Sohn« nach der schon bekannten Vorstellungsweise Socins. Endlich aber — und hierauf beruht wesentlich der innige Zusammenhang der beides! Verse — ist der Sinn und Inhalt der V. 24 bezeichneten Verheißung im Grunde gar kein anderer, als der V.25 be- 380 1 Ich 1, 5-—It, 28. stimmt ausgesprochene; denn nur weil die Gläubigen in dem Sohne und dem Vater bleiben, den Sohn und den Vater haben, deshalb haben sie das ewige Leben. Sie haben dasselbe erfahrungsmäßig in der Gegenwart (V,11sll.)z sie werden es haben, der Verheißung des Herrn gemäß. Beide Weisen der Anschauung sind gleich richtig und gehören wesentlich zusam- men (Joh. 3,36. Z, 24 sll. 6,33 fll.). Die gegenwärtige Rea- lität des ewigen Lebens in den Gläubigen wird dadurch, daß dieses in ihnen nochnicht vollendet ist, ebenso wenig aufge- hoben, als umgekehrt durch den wirklichen Besitz desselben das beständige Zunehmen, die heilige, fruchtreiche Entfaltung und die endliche herrliche Vollendung ausgeschloßen wird. Hiemit erledigt srch die von Lücke selbst nur mit Vorsicht ausgespro- chene Vermuthung, daß Fnoeyyczia an unserer Stelle, falls nicht etwa ciyxayyszia zu schreiben sei, in der Bedeutung »Ankündigung« zu nehmen sein möchte Lücke hätte sich dabei, wenigstens scheinbar, auf Joh.12,49sl. stiitzen können, wo das ewige Leben als der Auftrag, welchen Christus durch sein Aal-es«- ausrichten soll, bezeichnet wird. Aber mit Recht haben Bau"mgarten-Crusius, de Wette und Neander bemerkt, daß ånayysäiu niemals im Sinne von Jung-»Mo- stehe, und daß die textgemäße Vorstellung vollkommen richtig sei. Das nachfolgende Verbum Zrrøyyyrizaro macht die vor- geschlagene Änderung, von welcher es natürlich mitbetroffen würde, um so bedenklicheu Übrigens zeigt die ächt griechische Verbindung dieses Zeitwortes mit dem vorangehenden Nomen, daß ånayyszfa nicht res pkomissa (J. Lange) bedeutet, was Estius (bei S. Schmid) sogar beliebter Weise aus dem hebräischen Sprachgebrauche erklären wollte, sondern wie ge- wöhnlich die ausgesprochene Verheißung bezeichnet. Es ist dabei nur zu beachten, daß der Apostel nicht fortfährt »daß wir das ewige Leben erlangen sollen«, sondern, wie schon oben erklärt ist, den Begriff s. gross» s. ais-II» durch Attraction un- mittelbar ansügt. V. 26. Der Apostel hat seine Meinung über die Anti- christen gesagt. Er schließt jetzt seine Rede über dieselben, aber 1 Ich. n, 26. 381 nicht ohne noch einmal, V. 27, seine gläubigen Leser, jener verführerischen Jrrlehre gegenüber, zur Treue zu ermahnen, eine Mahnung, welche endlich V. 28 wiederholt aus die anti- christische Lüge anspielt, dagegen bestimmt auf den recht eigent- lich letzten Beweggrund hinweist und somit den ersten Haupt- theil des Briefes wahrhaft abschließt. »Dies habe ich Etsch geschrieben, sagt der Apostel, über die, welche Euch verführen«- Sowohl das wars» wie der Vor. Zypern-o- erhalten durch den Zusatz sen-pl sc. »An» II» ihre deutliche Bestimmung Der Apostel blickt abschließend auf das von V. 18 an Gesagte zurück (S. Schmid, der schon ältere Ausleger billigt, Baum- gatten-Erusius u. w.)z denn da war ausdrücklich von den Verfiihrern die Rede. Die »Tai-Ewig sind eben die Anti- christen (2 Ich. 8. Matth 24, 4. 5. 11. 24). Man hat ge- zweifelt, ob in der prcisentischen Form nur das verführerische Streben Studium, non-Uns. Episcopius, Bengel) oder auch der wirkliche, beginnende Erfolg (S. Schmid, J. Lange, Lücke, de Wette) bezeichnet sei. Die Frage erledigt sich durch das iJ,««-?g. Seine gläubigen Leser stellt der Apostel als Objekt der verführerischen Thätigkeit der Antichristen hin. Diese sind drauf und dran, die Gläubigen irre zu leiten (vgl. Gal. l, 7). Daß die antichristische Lüge in den Gemei- nen überhaupt nicht ohne Erfolg gewirkt habe, geht aus V. 19 hervor; an unserer Stelle aber warnt der Apostel vor der drin- genden Gefahr, vor den trügerischen Versuchen, in denen auch seine gläubigen Leser Schaden leiden können. Daher (V.27) die Ermahnung zum treuen Festhalten an der Wahrheit in der Kraft, nach der Unterweisung des Geistes, der noch in den Le- fern ist. i V. 27. Die Construction der Worte hat an zwei Stel- len Schwierigkeit gemacht. Erstlich besrndet sich sogleich im Anfange eine ganz ähnliche Anakoluthiy wie V. 24 (Win"e r, S. 499). Auch an unserer Stelle liegt der nachdrückliche Ge- gensatz zwischen den angeredeten Lesern und den eben erwähn- ten Antichristen nicht in dem ,,hebraisirenden« »so-l (Socin, Grotius), sondern in der Sache selbstz markirt ist derselbe Ess- aaaaaaaa py 382 1Joh. I, 5——It, 28. durch die kraftvolle Voranstellung des anakoluthischen Ende. Zweitens sind die Ausleger darüber uneinig, ob der Nachsatz zu XII« ais sc. aus. z« Dukaten-sc esse. weg. new-r. in den so- gleich folgenden Worten aus aizrxåäg For« n. ou« For. hist-if. enthalten sei, so daß in den Schlußworten ein neues selbstäm diges Satzglied erkannt wird (Luther, Calvin, J. Lange, Paulus, Baumgarten-Crusius, Neander, Sander), oder ob vielmehr die Worte im; »Sie-Jäg- — nur«-sie; eine pa- renthetische Nebenbemerkung enthalten und also der Vordersatz til-X as; — ckrsfoiourx in den Worten im; sie-M; sskicfazsp 13««. wiederaufgenommen und endlich in dem zsäpsss s» mai-«; als dem wirklichen Nachsatze abgeschloßen erscheint (Qecumenius, Theophhlactz Steinhoferz Lücke, de Wette). Gegen diese letzte Auffaßungsweife scheint zu fprechen, daß die statuirte Repetition des Vordersatzes der anfcinglichen Anlage desselben nicht vollkommen congruent ist. Anstatt des ursprünglichen ciziri steht ein nat, statt des as; ein »nur-ig- statt des Präsens cksckoiosckx der Aorist sitt-Pages« Aber diese Ausweichungen in der, Darstellungsform entsprechen ganz der lebendigen Bewe- gung der Rede und können das klare Gedankenverhältnis nicht verdunkeln. Das rizäoi hatte sein Recht durch den Gegensatz; zu dem unmittelbar Vorhergehenden (ou« zweier» XVI« I« sug dick-»san«» 13,«o?9); dagegen dient das w; in »aus-J; sinkt. einsach zur Wiederaufnahme des durch den Zwischengedanken mi »Ur-J. —— nie-»F. abgebrochenen Gedankenganges Dem entspricht trefflirh die vollere Form ansah, welche auf das ein- fachen, schon einigermaßen entfernte ais· zuriickgreift Endlich ist in der Bertauschung des Präsens Kruste-«: mit dem Aorist scftckagsp eine neue Seite der Sache sinnvoll bezeichnet. Ne- ben dem fortwährenden Lehren des Geistes markirt Johannes das Gelehrthaben als ein gewißes historisches Factum. Wie die Leser die apostolische Predigt gehört (V. 24) und geglaubt und den heiligen Geist empfangen haben, so hat dieser Geist sie gelehrt und lehrt sie fortwährend; es kömmt darauf an, daß sie dieser« Lehre gemäß in dem Herrn bleiben. So liegt in jenem Wechsel der Zeitsormen ein doppeltes, durch den Zu- l Ioh. ll, 27. 383 sammenhang getragenes, in der Sache selbst begründetes und in practischer Hinsicht bedeutungsvolles Moment. Auf die be- stimmte Erfahrung, auf die unzweifelhaft geschehene Unterwei- sung des Geistes beruft sich der Apostel, indem er zur Treue ermahnt, nicht minder als auf die fortwährende Belehrung des Geistes, der sich nie unbezeugt läßt, wo er lebendig wohnt. Jn diesem Zusammenhange erscheint auch die Zwischenbemen kung sie-i exkl-»O. — weint» welche die gänzlich lautete, von keiner Lüge getrübte Wahrheit des heiligen Geistes, der schon V. 20 sl. der antichristischen Lüge entgegengestellt war, hervor- hebt, in ihrer richtigen Beziehung. Je fester es den Gläubi- gen steht, daß ihr Chrisma sie in der reinsten Wahrheit unter- weist und unterwiesen hat, um so sicherer hüten sie sich vor jener Lüge, welche nicht aus der Wahrheit ist, um so treuer bleiben sie in dem Herrn, von welchem sie den Geist, der von dem Herrn zeugt, empfangen haben. Nach Form und Inhalt, im Ganzen und im Einzelnen ist B. 27 durch das von V. 18 an Gesagte klar. Das cis-T« arise-i; bezieht sich ebenso gewiß unmittelbar auf Christum, den Gebet des Chrisma, wie das oåmi scoii vix-v» B. 20 (Beza, S. Schmid, J. Lange, Lücke u. a.). Wie aber schon dort der Apostel gesagt hatte, er habe nicht geschrieben, weil seine Leser die Wahrheit nicht wüßten, sondern weil sie alles wüßten (vgl. B. 27 July-ais. II» ask-i avoir-stand, so erkennt er auch hier an, daß die Salbung, welche sie von dem Christ haben, wirklich in ihnen bleibt G» Qui» Ase-er) Und daß sie deshalb» — noei m; H. IX. ist dem Sinne nach trefsend von Bengel et jcieo erklärt — nicht nöthig haben, von einem Menschen, auch von dem Apo- stel nicht, belehrt zu werden. Diese Beziehung des I» «; edit. II» ist nach V. 20. 21 unverkennbar; nur Semler hat seine falsche Auslegung konsequent durchführend gesagt: non 0pus est ullo alio dootore ex istorum hominum name-ro. Was das ihm: nach or? Hofe« Zzssxk anlangt (vgl.Jvh.2,25. 16, 30), so hat schon Lücke tressend erinnert, daß der Begriff des Zuträglichen Gusse-Spe- Z"i-a) und des Bedürfens das Mo- ment der Zweckbeziehung einschließe, so daß man umschreiben 384 « 1Joh. i, 5—1t, 28. könne: Jhr habt nicht nöthig, daß Euch jemand belehren sollte oder müßte. Die Eonjunction bezeichnet auch an unserer Stelle die von der Vorhaltung des Mein» IF« ausgehende Bewe- gung auf das Ziel, den Zweck, die Aufgabe des dick-inne«- hier (vgl. l, 9.). g Niemand, sagt der Apostel, braucht Euch zu lehren, auch ich nicht, sondern wie der heilige Geist selbst, eben die Sal- bung, welche Jhr von dem Herrn empfangen habt, Euch lehrt über alle Dinge, Euch in alle Wahrheit leitet, demgemäß bleibt in dem Herrn. Nachdrücklich hebt der Apostel die Unterwei- sung derselben Salbung, welche sie empfangen haben, hervor. Jn dem wö »die) zgsoim liegt nämlich nicht, wie Bengel (semper idem, sjbi c0nsians) andeutet, eine, Aussage über das unveränderliche Wesen des Chrisma, des heiligen Geistes, an sich, sondern Johannes hebt zweckvoll die Jdentität des die Gläubigen fortwährend lehrenden Chrisma mit dem, welches sie von ihm, dem Christ, empfangen haben, hervor. Grade als Gabe Ehristi zeugt die Salbung von Christo, lehrt sie die christliche Wahrheit, behütet vor der antichristlichen Lüge. Die- selbe Absicht schwebt dem Apostel auch bei der Bersicherung vor, daß dieses Chrisma, und somit auch die Unterweisung desselben, schlechthin wahr und ohne alle Lüge sei, verissimum, purissjma et perfeciissima ver-MS, wie S. Schmid sagt. In den Worten nat oiäsyääc so« nat cis-J« Zur« rxiseMog ist dies ohne Schwierigkeit, daß dem Adjektiv vix-Jst;- das Substantiv uisisckog als Attributivbestimmung des zpsoxm ent- spricht — diese metonymische Redeweise, die auch bei den Grie- chen nicht ungewöhnlich ist (vgl. Rapheh Ann0tt. ex Pelz-b. et Akria11.), wird an unserer Stelle durch die Erinnerung an das thesi-Zog V. 21 veranlaßt fein —- fchwieriger kann die Frage fcheinen, ob wirklich, wie eben angedeutet ist, XIV-As§ äu« und mis- sion ins-Drin; Attribute des Ehrisma selbst find, oder ob als Subjectsvorstellung zu denken ist »das, was Euch das Chrisma lehrt-«. Jn diesem letztern Sinne haben allerdings die Griechen ausgelegt Theophylact erklärt nach Orm- meniust sinds-ig- ååickagew Ihr-cis, »Es-es« Z» aus-u?- 02271739 1 Ich. ll, 27. 385 yoTp Los« siai ou« Las« used-Poe, Z, efsyhpösci sckiekuxkp eher-IF. Die späteren Auslegey welche den ganzen Sah wie die Grie- chen consiruiren und den Nachsatz zu di« nie— Bis. und ssai Ist-«?- åekull in »Hu-s« E» arise-z? finden (s. o.), haben diese Aufsassungsweise nicht weiter berücksichtigt, sondern sämmtlich das zgzaxm selbst als Subject gedacht, während es sich für diejenigen, welche in den Worten ssai iizsxsäx — Iris-Mir; den ausdrücklichen Nachsatz zu Eil« »Is- ckcckkiow annahmen, von selbst verstand, daß in dem statuirten Nachsatze die vollkommene Wahrheit des von dem Chrisma Gelehrten ausgesagt werde. Allein nach der richtigcn Construction des Satzes muß das Zeiss-»« selbst wie in ckirfoioxez und Ziff-Tasse« so auch in XIV-J. Los« und ou« Ein«- uxkmlä Subjekt sein. Das Chrisma selbst wird schlechthin wahr genannt, woraus allerdings folgt, daß auch was es lehrt wahr sei. Der heilige Geist ist der Geist der Wahrheit (Joh. M, 17), deshalb leitet er auch in alle Wahrheit (Ioh. 16, 13). Seinem eigentlichen Wesen nach ist das Chrisnia, welches in den Gläubigen bleibt und sie lehrt, wahr, ist nicht Lüge, aus ihm kann also nichts stammen, was Lüge ist (V. 21). Die. Lüge, welche leugnet, daß Jesus der Christ ist, kann nicht von dem Geiste gelehrt sein, welcher von Christo selbst gegeben ist, vielmehr, so gewiß der Geist wahr ist, lehrt er auch in Christo bleiben. Jn diesem Sinne ermahnt der Apostek uoci nor-Hing åckiekagep ist-cis, »ich-»F F» wiss-»F. Nach dem oben gegebenen kritischen Fingerzeige ist die recipirte Lesart »Es-es» zu verwerfen. Wir sind deshalb der Unter- suchung über-hoben, ob in dem Fututum der Sinn eines Im- perativs liege (Socin, Episcopius, Semler, Baumgav ten-Crusius), oder ob es die Hoffnung des Apostels (est optjme sperantjs Beza, Grotius, Wolf, Steinhofer) und zugleich eine Tröstung und Ermahnung (S. Schmidt, Ben- gel, Lücke, de Wette) ausdrücke Abgcsehn von der voll- ständigen diplomatischen Beglaubiguug wird der ausdrückliche Jmperativ »Es-see, welcher mit außerordentlicher Eindringlicty keit sogleich V. 28 wiederholt ist, durch die Anlage des Tex- tes selbst gefordert. Ein »He-esse würde nur an seinem Platze I, 25 386 lJvly l, 5—ll, 28. sein, wenn ein Bedingungssalz wie B. 24, vorausgingez das qig aber, welches in dem irr-»Ja)- wiederausgenommen wird, läßt eine entsprechende, bestimmt ausgeprägte Ermahnung er- warten. Wie das Chrisma Euch lehrt und gelehrt hat, so bleibet in ihm, dem Herrn! Allerdings hängt die Würdigung dieser ausdriicklichen imperativischen Ermahnung mit der Be- ziehung, welche man dem z» ais-g? giebt, zusammen. Wenn man nämlich nur die äußere Form ins Auge faßt, so liegt es allerdings am nächsten, das E» ais-g? auf das Wie-»o- selbst (Erasmus), oder aus das durch dasselbe Gelehrte (Baum- garten-Crusius), oder allensalls auf beides zugleich (I. Lange) zu beziehn. Aber diese Auffaßung enthält entweder eine harte Jncongruenz, weil unmittelbar vorher gesagt war, daß das Chrisma in den Gläubigen bleibe (vgl. V. 20. 24) und so dieselben lehre, oder sie setzt die salsche Auslegung vor- aus, nach welcher nicht das Chrisma selbst Subjekt zu dem Zwischensatze «. 052722 — nie-»F. sein soll. V. 24 hatte der Apo- stel von dem Bleiben in dem Sohne und dem Vater geredet und dieses von dem treuen Festhalten an der Wahrheit, die ja eben durch das Chrisma beständig gelehrt und bezeugt wird, abhängig gemachtz so giebt der innere Zusammenhang auch bei unserm Fa« emsig; eine entsprechende Beziehung an die Hand. Daß aber nicht mit Socin zu erklären ist in Deo per chri- -stum, noch mit Episropius unentschieden zu laßen ist, ob der Apostel »in Gott» oder »in Christo« denke, sondern daß ohne Frage nur die letztereVorstellung richtig ist (Calvin, Beza, Grotius, Wolf, Calov, Schöttgem Lücke, Sander u. a.), geht deutlich aus V. 28 hervor, wo derselbe, in wel- chem die Gläubigen bleiben sollen, als zukünftiger Richter ge- schildert wird. Treffend sagt Schöttgem in Christo, quem Joannes semper in menle habuih Jm Wesentlichen fordert aber der Apostel, indem er ermahnt, in dem Sohne, in Chrisio zu bleiben, nichts Anderes als was er V. 24 als Lohn des treuen Glaubens verhieß; denn wer in Christo bleibt, der bleibt »in dem Sohne und dem Vater-«, wie auch umgekehrt den Vater ver- liert, wer von dem Sohn abfällt (V.23). Fordern aber kann t Seh. It, 28. 387 der Apostel von den Gläubigen das Bleiben in dem Sohne, und unter dieser Bedingung die freudige Zuversicht V. 28 ver- heißen, während er V. 24 das Bletben in dem Sohne und dem Vater als Verheißung denen verhielt, welche die ange- nommene Wahrheit treu bewahren, weil der selige Besitz und die heilige Auswirkung des ewigen Lebens in den Gläubigen, als eines wahrhaft sittlichen Wesens, der Art ist, daß die Gläu- bigen, je treuer sie die erkannte Wahrheit bewahren und damit wachem, um so gewißer nnd reicher Christum selbst haben, und wiederum je inniger sie mit Christo verbunden bleiben —- was nie ohne das Wandeln im Lichte sein kann —- um so freudi- ger (I, 4) in ihrer Zuversicht werden. V. 28. So wird die am Schluße eindringlich wiederholte Ermahnung »bleibet in ihm« znnächst allerdings auch formell, durch das «« wiss» an das Vorangehende, woraus sic sich gründet, angeschloßen, dann aber in weiterer Aussicht durch die Vorhaltung des letzten Zieles bekräftigt’««). Man darf nicht sagen, daß m« soviel sei als mis- (Beza, Grotius, S. Schmidt)z sondern die richtig gefühlte logische Bedeutung des Ausdrucks »« mis- liegt vielmehr in dem weiss. Aus der ursprünglichen sinnlichen Bezeichnung der gegenwärtigen Zeit entwickelt sich leicht eine gewiße logische Bedeutung, wenn die aus den gegenwärtigen Umständen hervorgehenden Folgen markirt werden. So erscheint die Composition m; »Is- (Joh. l7, 5. AG.10,5. Z, 17. 7, 34. 22,16. Vgl. 4,29. 2Thess. Z, 6), oder noch signisicanter see-l »Je- ickoö (AG. 13,11. 20, 22. 25), wenn die aus den vorliegenden Verhältnissen sich er- gebenden Momente an das Vorhergehende einfach angeknüpft werden sollen; dagegen findet sich— ein »Wie-i »Je- (Luc. 22,32) oder W» ckss (Joh.8,40. 9,41. 15,22.24. 18,36), wenn in die logische Folge irgend ein gegensäizliches Verhältnis hinein- spielt. Es tritt auch »F» ins» ein, wo eine gegenwärtige Folge ausdrücklich als solche hervorzuheben ist (AG.16, 32-. «) Vgl. zu V·2-8 Chr. Er· Boekneki dissektationes Sack-e. Lips. 1752. pag. 321 sqq. Diss. XXVL de imzizsizixtze tickelium in die juristis- 388 l Ich. l, 5—ll, 28. 23,15). Falsch ist demnach die Erklärung von Paulus (vgl. Semler), welcher in dem Ausdrucke »auch jetzt schon« einen Gegensatz gegen die magisch-parthische Lehre fah, daß kkst T« dem künftigen Lichtreiche das »Beßerwerden« oder das »Ver- bundensein.mit Gott» («.k"-. Z» ais-gis) stattsinden könne. Johannes knüpft vielmehr seine schließliche Mahnung, die aus dem bisher iiber den antichristlichen Abfall und die verheißungs- volle Treue der Gläubigen Gesagten sich ergiebt, an das Vorhergehende an: und nun, Kindlein, bleibet in ihm! Wie zart-und lieblich klingt endlich wieder die Anrede ,,Kindlein«, zu welcher nach V. 18 kein Raum war! Der andringende Ernst der wiederholten Ermahnung, in welche (V. 27) die ganze Erörterung von V. 18 ausgelaufen war, wird dadurch von aller Schärfe befreit, aber die eigentliche Kraft des väter- lichen Wortes wird durch die Erinnerung an die Liebesgemein- schaft zwischen dem sorgenden Apostel und seinen gefährdeten Kindern nur gehoben. Denn in dem Herrn, in welchem beide Theile bleiben, ruht diese Gemeinschaft (l, 3). Richtig hat Est (bei S. Schmidt) gesagt: repetitio est praecepti cum blunda uppellaiione, qua paiernum erga eos amorem de— claret Bleibet in ihm! das kann der Apostel seinen Lesern nicht genug einschärfem Daß das Zi- misxszi unmittelbar auf Ehristum sich bezieht,»haben wir schon am Schluße von V.27 hervorgehoben. An unserer Stelle ist dies wegen des Fol- genden so einleuchtend, daß nur ein hartnackiges Vorurtheih welches zu den cirgsten Mißhandlungen des Textes Veranlaßung giebt, den klaren Gedanken des Apostels verdunkeln kann. Sorin, welcher zuerst geltend machen möchte, daß nicht von Ehristo selbst und unmittelbar zu verstehn sei, was der Apostel von dem Bleiben in ihm, von seinem Erscheinen, seiner Parusie, feinem Richten der Welt aussagt, und welcher hier wie bei allen cihnlichen Stellen seine beliebte Formel Deus per Christum, in Christo vorfchiebt, ist ossenherzig genug, die Absicht auszusprechen, von welcher auch seine nachfolgenden Geistesverwandten geleitet werden. Socin will den Trinjta— riis, welche Christo zuschreiben, was nur Gott zukommen soll, 1 Ich. it, 28. 389 den bibliskhen Grund entziehn. Immerhin aber hat Socin soviel exegetischen Takt, daß er nicht allein die apostolische Vorstellung von der Sparusie selbst, sondern auch, wenigstens formell, als Subjekt Christum anerkennt, wenn er auch den sich aufdringenden unbequemen Gedanken wegzudeuten ver- sucht. Anders aber verfahren die Neuem. Semler bezieht das Z» »den; V. 28, ganz wie V. 27, auf die in dem Chrisma enthaltene Lehre, was ihm freilich um so leichter wird, als er mit bewunderungswürdiger Geschicklichkeit die Vorstellung von einer wirklichen Parusie Ehristi zu entfernen weiß. Er um- schreibt: permanete in suseepia irae doch-jun, etiam hoc: temp0re, quo isti falsi magistri solent aliam historiam Christi ooniingere et cie appakitione ejus in terra, quae jam demum instet, multa portentiere — prospiciemus sane et n0s sine metu et timore istud tempus, quo se Christus iterum, ut istj promittnny manikestum et praesentem sistatt Jn diesem Sinne wird die, wiederum mit eisrigen Declamationeu gegen die äußerliche, stnnliche, »geschichtliche« Auffaßung der Schrist gewürzte, Erklärung abgeschloßen: Finhite igitur, jam appet- kere Christum dominum et judicem etc· — nos krumm, qui amplectitnur castam ejus d0ctrina1n, nullo tempore pudore aiticiemutz sive sit propinquus ativentus, nt isti Votum, sive non sit. Noch mehr hat Paulus den Sinn des Apostels verkanni. Er umschreibt den ganzen Vers: »Auch jetzt (schon) Kinderchenl bleibt (um so mehr) in Ihm, damit, wenn er (Gott) offenbar wird (wenn wir als beseeligte zu Gott kommen, nach Evang.16, 22), wir Freimüthigkeit haben und nicht, weg von ihm, beschämt werden, bei seinem (Gottes) Herbeikommen (wenn das Gottesreich neuparadiesisch durch den wiederkomrnenden Chri- stus —- Apor. 19, 1l sl. —— aus Erden verbreitet, Gott den Menschen wieder vertrauter und gleichsam näher sein wird).« Paulus versteht nämlich unter der Parusie nichts weniger, als die endliche Wiederkunft Christi zum Gerichte, vielmehr, wie er in den beigegebenen »Sinn-Bestätigungen« erklärt, die zukünftige Zeit, in welcher »die Gottheit sich auf der durch Christus und sein Evangelium verbeßerten Erdenwelt wieder 390 lJoh. l, 5--ll, 28. mehr vergegenwärtigen wird«. S. G. Lange dagegen, der bei V. 27 mit Semler eines Sinnes ist, hat V. 28 ,,eine auffallende Verwechslung der Subjecte« siatuirt und s» ask-»I- auf Christum, wie der ganze Zusammenhang lehre, bezogen. Der Satz Im: sei» wocswgwäjss gis-Z. ist mit großer Re- gelmäßigkeit angelegt. Zweimal entspricht der sinnvoll bezeich- neten Vorstellung des künftigen Gerichtes die Vorstellung von unserer Zuversichh unserm Vestehn in demselben. Dem ersten sei» eyiownsgmäjj ist das schließliche Z» »; vakat-nie;- ausser? ebenso parallel, wie jenem ersten Ausdrucke das Ezwxkkss was— Hexe-Jan, diesem letzten das nai xnj asoxiissädxisw cirrszoeöscoö entspricht. Schon oben, zu V. 18, ist die apostolische Vorstel- lung von der Parusie, d. h. von der Zukunft des Herrn zum Gerichte, geredet, insbesondre auch bemerkt, daß an unserer Stelle kraft der richtigen Lesart Sei» (nicht Eis-») way-g. nur die Wirklichkeit, nicht aber die zeitliche Nähe oder Ferne der Parusie markirt sei. Nur dasjenige bedarf also noch einer Erläuterung, was der Apostel über unsere Freudigkeit, un- ser Nichtbeschiimtwerden bei dem zukünftigen Gerichte aussagt. Zunächst ist die communicative Redeweise, welche hier plötzlich eintritt, zu beachten. Manche Ausleger haben die sittliche Wahr- heit und Natürlichkeit dieser Anschauungsweise, wonach der Apostel sich selbst wirklich miteinschließt, nicht recht gewürdigt. S. Schmidt hält dies nur für ein Zeichen der Bescheidenheit, in demselben Sinne, in welchem manche Ausleger zu V. 21 und 27 bemerkten modeste excusat Gänzlich entlegen ist der von Sander aus 2Joh. 8 hergenommene Gedanke, daß der Apostel selbst nicht den vollen Lohn seiner Arbeit empfangen werde, wenn einige seiner Leser absielen und so verloren gin- gen. Mit Recht hat de Wette die communicative Redeweise daraus erklärt, daß der Apostel sich selbst von der vorgehalte- nen Hoffnung nicht ausschließen könne. Wie der Apostel sich selbst wahrhaft mit seinen Lesern unter die heiligen Gesetze stellt, welche für alle Gläubigen gleicherweise gelten (I, 6—10. II, Z. ·lll, 16. 18 fll.), so gründet er auch sich selbst auf alle Verhei- ßungen des Herrn und ergreift auch für sich selbst die Güter 1 Ich. n, es. 391 des Lebens, welche der eine Herr allen Gläubigen austheilt All, 1·fl. U. IV, 17. V, II. 20). Die beiden Ausdrücke, mit welchen Johannes den künfti- gen Lohn der Treue beschreibt, Da—- Fzaøxres weiss-Zofe«- Und ,r»y" azoxusiifdxrsp CAN-Find, sind an und in ihrer Zusammenstellung aus dem allgemeinen biblischen Sprach: gebrauche zu verstehn. Die kmzjzszaia (vgl. Suicer, s. v.) ist eigentlich die Freimüthigkeih welche alles zu sagen wagt (AG. 4, 29. 31), dann überhaupt der getroste Muth, die freu- dige Zuversicht allem Drehen, auch den Schrecken des Gerichts (lV, 17) gegenüber. Hesychius und Suidas erklären des- halb das Wort durch ssowlry diesem, und Suicer hat Stel- len, in welchen die IcaHIHWJoH deren Grundbedeutung von Jsidorus Pelusiota ganz gut umschrieben ist: s; 5712 sroig imÄXfasrorg esse-Uras- cknoäoyich neben der Ost-Ost» genannt wird. So erscheint im alt- und neutestanientlichen Sprachge- brauche die sxaxjkzizqfa dem azeiziiassoäak entgegengesetzt. Prov. IS, 5 z. B. haben die LXX: ckuszkejg d? nfazejueear reai mix öxer rings-Jahr« Und Paulus sagt PhiL I, TO: F» HEXE« afozvi-k9ø,««oo,«ar, XII-Hi- noioyz nassen-Je;- irrh Ein besonde- rer Hebraismus ist aber weder in dem asazslsueoäar an sikh noch in dem danebenstehenden a’«’ aus-or? zu erkennen. Man darf das oimi in Verbindung mit aiaxijrcoeai ebensowenig durch coram erklären, wie das hebräische P; neben VII. Die Anschauungsweise, welche in der hebräischen wie in der grie- chischen Präposition ausgedrückt ist, entspricht durchaus der ei- gentlichen Bedeutung beider. Das 779 neben M: und ähn- lichen Verben (Ewald, Brit. Gramm. der hebe. Sprache. Lpz. 1827. S. 528 fl. Gramtm der hebt. Spr. des A. T. Lpz. 1838. S. 324) bezeichnet einerseits den Grund, aus welchem die Scham hervorgeht, also die Sache, deren man sich schämt (Ezech. 36, 32. LXX sie, 43, 10. 11. LXX cis-nd; anderseits den Gegen- stand, von welchem man in Beschämung, besonders mit einer zu Schanden gewordenen Hoffnung, sich abwendet (Jer.2, 36. 12, 13. Ezech 32, 30. LXX sind. Jes. 20, 5. Jer. 10, 14. LXX sah, etwa die Götzen (Jes. 1, 29. Irr. 48, 13. LXX 392 l Ich. l, 5——ll, 28. sind) Demgemäß kann unser tiefrer-lieu?- weder soviel bedeu- ten als coram illa, noch kann an· arise-»F, gleich 1J»’ edit-II, »durch ihn« (Socin) oder beides zugleich (S. Schmidt, San- der) heißen; sondern, wie schon Calvin, Beza, Episcopius, J. Lange, Lücke, der Sir.21,22 vergleicht, de Wette u. a. gelehrt haben, es ist die Borstellung ausgedrückt, daß der Be- schämte von dem Herrn wegslieht, sich seinem Anblick, den er nicht ertragen kann, zu entziehen sucht. Wer nicht in dem Herrn geblieben ist G» aus-»O, der wird mit Scham und Schande von ihm, wenn er erscheint, weichen miißen (»?»’av’- emL vgl. Matth 25, 41. Lue. 21, 36). Der Sinn des so- hanneischen Ausdrucks kann also nicht sein: ut jllum non pu- deat nostrh was Erasmus für möglich hielt, vielleicht weil angesehene Kirchenlehrey wie Beda, nach Mart. S, 38 so ausgelegt hatten; sondern mit Recht hat schon Sorin (vgl. Beza, Grotius, Episcopius) gesagt: paar-Motiv, oujus bit: iit nie-also, ea est, qua nos pudekianius Es versteht sich freilich von selbst, daß die Ursache, weshalb die Untreuen be- schämt von dem Herrn weichen, darin liegt, daß er sich ihrer schämt, sie nicht als die Seinen anerkennt, sie von sich weistz aber diese Seite der Sache liegt in unserm Texte nicht weiter ausgeprägt. Johannes zeichnet die eigene Besrhämung derje- nigen, welchen es klar geworden ist, daß sie keinen Theil ha- ben können an dem ewigen Leben, dessen Vollendung der von ihnen verleugnete Herr bringt. Solchem Elend gegenüber steht die liebliche Aussicht auf den getrosten Muth, die zuversirhtliche Freudigkeit der Treuen, welche in dem Herrn geblieben sind, und die deshalb auch niemand aus seiner Hand reißen kann (Joh. is, 39 fl. 10, 28 sl.). Wie sie allezeit mit froher Hoff- nung dem Tage des Herrn entgegensehn (Tit. 2, 13), so wer- den sie auch einst, wenn er anbricht, mit dem seligen Ver- trauen der Liebe vor ihrem Herrn stehn und bestehn.