Fristenlösung –

Was würde Gott dazu sagen?
Jürg Birnstiel
12.05.2002

Gliederung

I.     Für und wider

1.          Folgen

II.    Abtreibung und Kindstötung eine alte Praxis

1.          Anwendung

III.      Gottes Sicht

1.          Anwendung

 


Einleitung

ð     Heute feiern wir den Muttertag. Mütter üben in einer Gesellschaft einen unermesslichen Einfluss aus. Ihre Aufgabe wird eher verkannt und belächelt. Aber wenn wir z.B. in der Bibel von den Königen lesen, wird meistens die Mutter auch erwähnt. Schade, dass diese Aufgabe in unserer Gesellschaft als nicht besonderes anstrebenswert gilt. Leider wird der sogenannte Marktwert der Mütter sehr tief angesetzt. Das führt dazu, dass Mütter dazu neigen, sie seien nur wertvoll, wenn sie noch einer Tätigkeit nachgehen, die einen höheren Marktwert hat. So werden wir mit der Zeit dahin kommen, dass wir nicht nur eine vaterlose Gesellschaft sind, sondern gleichzeitig auch noch eine mutterlose.

ð     Mit dem Mutter sein hat natürlich auch die Fristenlösung zu tun. Frauen sind von diesem Entscheid besonders betroffen. Diese Woche habe ich die Abstimmungsunterlagen bekommen. Zwei Initiativen kommen zur Abstimmung. Zum einen die Fristenregelung und zum andern die Volksinitiative für Mutter Kind.

ð     Bereits vor 25 im Jahr 1977 stimmte das schweizer Volk über eine Fristenlösung ab, die dann aber knapp verworfen wurde. (SonntagsZeitung, 29. Januar 95, S. 19)

ð     Im Februar 1995 begannen neue Verhandlungen über eine Fristenlösung im berner Parlament und heute stehen wir vor der Abstimmung.

ð     Kurz zum Inhalt der Fristenlösung. Im Artikel 118 im schweizerischen Strafgesetzbuch, wird festgehalten, dass ein Schwangerschaftsabbruch strafbar sei, wenn er die Voraussetzungen des Artikels 119 nicht erfüllt.

ð     Über diesen Artikel 119 stimmen wir ab. Dort wird folgendes gesagt:

ð     Die Frau kann bis zur 12. Woche selber bestimmen, ob sie ihr Kind abtreiben will (Frist).

ð     Ab der zwölften Woche bis zur Geburt kann ein Arzt darüber entscheiden, ob eine Schwangerschaft abgebrochen werden kann oder muss.

ð     Der Text lautet Art. 119,1: Der Abbruch einer Schwangerschaft ist straflos, wenn er nach ärztlichem Urteil notwendig ist, damit von der schwangeren Frau die Gefahr einer schwerwiegenden körperlichen Schädigung oder einer schweren seelischen Notlage abgewendet werden kann. Die Gefahr muss um so grösser sein, je fortgeschrittener die Schwangerschaft ist.

ð     Diese Regelung ermöglicht die straffreie Abtreibung bis zur Geburt.

I.                 Für und wider

ð     In der Schweiz werden im Jahr ca. 13'000 Kinder abgetrieben. Die seit 1942 geltenden Strafbestimmungen werden kaum mehr angewendet. Seit den 80iger Jahren wurde diesbezüglich kein Urteil mehr gesprochen. Selbst die Krankenkassen übernehmen bereits jetzt schon die Kosten für die Abtreibungen.

ð     Das ist kein tragbarer Zustand. Das meinen die Befürworter, wie die Gegner dieser Initiative. Ein Gesetz, das nicht mehr zur Anwendung kommt ist sinnlos. So argumentiert der Bundesrat, dass die Diskrepanz zwischen Recht und Praxis sowie die gewandelte Rechtsauffassung eine Neuregelung notwendig machen. D.h. für den Bundesrat, dass man die gängige Praxis legalisiert. Das scheint doch sehr vernünftig zu sein. Was will man sonst machen? Wie zwiespältig die Sache aber ist, zeigt eine Äusserung der Bundesrätin Metzler, die sagt:

Ich werde auch nicht müde zu wiederholen, dass mein Ja zur Fristenregelung kein Ja zur Abtreibung ist.

ð     Irgendwie möchte sie sagen, sie sei gegen die Abtreibung, aber für die Fristenlösung. Aber wer für die Fristenlösung ist, der ist doch auch für die Abtreibung. Vielleicht möchte sie damit sagen, dass sie die Sache nicht aus der Sicht des ungeborenen Kindes betrachten möchte, sondern aus der Sicht der in Not geraten angehenden Mutter.

ð     Hier ist auch tatsächlich das Hauptargument der Befürworter. Die Frau, die sich nicht in der Lage sieht, das Kind zu gebären, soll frei entscheiden können, ihr Kind abzutreiben. Dabei wird inständig betont, keine Frau würde leichtfertig eine Abtreibung vornehmen. Das kann sein, dass es so ist, ich würde das nicht bestreiten. Doch ist das kein wirklich sachliches Argument, denn jeder der eine strafbare Handlung vornimmt, könnte geltend machen, dass es ihm nicht leicht gefallen sei und er aus einer inneren oder äusseren Not heraus gehandelt hätte.

ð     Die Gegner antworten mit eindrücklichen Untersuchungen und Berichten von Frauen, die abgetrieben hatten. Sie argumentieren, dass eine solche Abtreibung nie schadlos an einer Frau vorbei geht und sie Zeit Lebens darunter zu leiden hat.

ð     Ein prominentes Beispiel dafür ist Nella Martinetti. Sie sagt:

Der Gedanke an den Abbruch ist für mich noch heute sehr schmerzhaft und voller Schuldgefühle. Es ist nicht wahr, dass mit der Abtreibung alle Probleme für die Frau vorüber sind. Im Gegenteil!

ð     Auch das mag für einen grossen Teil von Frauen stimmen, aber man kann ebenso Frauen anführen, die nach wie vor überzeugt sind, dass sie von ihrer Situation ausgesehen richtig gehandelt hätten und nicht darunter leiden würden.

ð     Egal, wie man das Problem beurteilt und wenn wir auch den Eindruck haben, dass die Fristenlösung angenommen werden wird, so ist das nicht so eine Einfach und klare Sache.

ð     Die Befürworter der Initiative neigen ja dazu die Gegner als hinterwäldlerische, dogmatische radikale Leute zu bezeichnen. Mit dem Unterton, ein vernünftiger, moderner Mensch kann nicht gegen eine solche Lösung sein.

Der Nationalrat hat die Gesetzesänderung
mit 107 zu 69 Stimmen angenommen,

der Ständerat
mit 22 zu 20 Stimmen.

ð     Auch gibt es viele Ärzte, die diese Lösung nicht befürworten. Mehr als man vielleicht denkt.

1.                  Folgen

ð     Wird diese Initiative angenommen, so haben  Frauen nicht wirklich die Freiheit zu entscheiden, ob sie ein Kind austragen oder nicht. Man wird sich rechtfertigen müssen, wenn man ein Kinder unter schwierigen Umständen austragen will. (Das ist bereits heute der Fall)

ð     Menschen mit Behinderungen werden stärker ausgegrenzt und jemand, der ein behindertes Kind austragen will, wird sich je länger desto mehr entschuldigen und rechtfertigen müssen.

II.             Abtreibung und Kindstötung eine alte Praxis

ð     Abtreibung ist kein Problem des 20. Und 21. Jahrhunderts. Seit es Menschen gibt kennt man das Problem der Abtreibung und der Kindstötung nach der Geburt.

ð     Hippokrates, der über 400 Jahre vor Christus lebte, verpflichtete sich für seine ärztliche Tätigkeit selbst, indem er sagte:

Ich werde niemandem, auch nicht auf eine Bitte hin, ein tödliches Gift verabreichen oder auch nur dazu raten. Auch werde ich nie einer Frau ein Abtreibungsmittel geben. Heilig und rein werde ich mein Leben und meine Kunst bewahren.

ð     Später brandmarkten Christen die Praxis der Abtreibung und Kindstötung. Sie machen den Gegnern des christlichen Glaubens klar, dass sie ungeborenes Leben und Kleinkinder respektieren, dass dies eine Frucht des christlichen Glaubens sei. So z.B. M. Minucius Felix:

Ich sehe vielmehr, dass ihr selbst eure eigenen neugeborenen Kinder bald wilden Tieren und Vögeln aussetzt, bald durch Erwürgen eines elenden Todes sterben lasst. Und es gibt Frauen, die im eigenen Leibe den Keim des künftigen Menschen mit Gifttränken zum Absterben bringen; sie begehen Kindesmord, noch ehe sie gebären. (M. Minucius Felix: Octavius, 30,2)

ð     Oder etwas später auch Tertullian:

Es ist gewiss grausamer, dass ihr die Kinder im Wasser ihr Leben aushauchen lasst oder sie aussetzt und der Kälte, dem Hunger, den Hunden preisgebt; denn durch das Messer zu sterben, würden auch ältere Leute vorziehen. Wir hingegen dürfen, nachdem uns ein für allemal das Töten eines Menschen verboten ist, selbst den Embryo im Mutterleibe, solange noch das Blut sich für den neuen Menschen absondert, nicht zerstören. Ein vorweggenommener Mord ist es, wenn man eine Geburt verhindert; es fällt nicht ins Gewicht, ob man einem Menschen nach der Geburt das Leben raubt oder es bereits während der Geburt vernichtet. Ein Mensch ist auch schon, was erst ein Mensch werden soll – auch jede Frucht ist schon in ihrem Samen enthalten. (Tertullian: Apologeticum 9,7-8)

1.                  Anwendung

ð     Diese vielen Abtreibungen, die wir weltweit zu verzeichnen haben, sind doch ein Ausdruck einer Gesellschaft, die meint, sie könnte den grössten Nutzen aus dem Leben ziehen, wenn man sich die Umstände selber gestaltet. Wenn man Verantwortung nicht übernimmt. Man pflegt den Geschlechtsverkehr, aber man möchte das Resultat davon nicht ernst nehmen. Wenn es um das Kind geht, spricht man von der Eigenverantwortung der Frau.

ð     Aber auch wenn es nicht so populär ist. Die Eigenverantwortung von Mann und Frau muss dort einsetzen, wo zwei miteinander ins Bett gehen. Das weiss doch jedes Kind, dass es dann Kinder geben kann.

ð     Mit dem Wissen, dass man es ja wegmachen kann, wird der Leichtfertigkeit Tür und Tor geöffnet.

Das Kind allein aufziehen? Ich will das Kind zusammen mit einem Vater aufwachsen sehen. Das Kind zusammen mit der Grossmutter aufziehen? Die Grossmutter sagt nein. Das Kind in einen Hort geben? Meine unregelmässigen Arbeitszeiten vertragen sich nicht mit den Öffnungszeiten. Das Kind zur Adoption freigeben? Ich schrecke davor zurück, irgendwo in der Schweiz meine eigene Tochter oder meinen eigenen Sohn zu wissen, ohne in Kontakt mit ihr oder ihm stehen zu können. Judith L. (SonntagsZeitung, 29. Januar 1995, S. 20)

ð     Wir entwickeln uns doch ganz typisch in die Richtung, die Paulus dem Timotheus beschreibt:

Die Menschen werden selbstsüchtig sein, geldgierig, grosstuerisch und arrogant. Sie werden ... undankbar sein und weder Ehrfurcht noch Mitgefühl kennen. Sie werden unversöhnlich sein, verleumderisch, unbeherrscht, gewalttätig. ... Sie werden vor nichts zurückschrecken, um ihre Ziele zu erreichen, und werden von Hochmut verblendet sein. 2.Tim.3,2-4.

ð     Wir schrecken vor nichts mehr zurück. Es muss für mich gut sein. Mein Leben, das ich schliesslich nur einmal Leben kann, soll nicht durch solche unvorhergesehene Ereignisse an Qualität verlieren.

III.          Gottes Sicht

ð     Barbara Haering Binder, Initiantin der Initiative, sagte bei der Lancierung der Initiative 1995 in einem Interview: Überhaupt gehe es ja um den rechtlichen Aspekt von Abtreibung, das Thema müsse deshalb dringend entmoralisiert werden. (SonntagsZeitung, 29. Januar 95, S. 19)

ð     Das ist ganz unsinnig. Rechte und Gesetze haben es gerade mit Moral zu tun. Sonst bräuchten wir gar keine Gesetze mehr. Dostojewskij sagte schon:

Wenn Gott tot ist, dann ist alles erlaubt.

ð     Das heisst, wenn es keinen Gott gibt, dann gibt es keine moralische Instanz mehr. Der Mensch ist niemandem gegenüber wirklich verantwortlich.

ð     Unsere Frage muss geradezu lauten: Was Gott zu dieser Lösung sagen würde. Das ist die Grundfragen, der sich Christen in allen Bereichen des Lebens stellen müssen.

ð     Hier ist die Frage zu beantworten, ob das Kind im Mutterleib bereits ein Kind ist. Also, ob es sich um einen Menschen handelt. Wenn es sich tatsächlich um einen Menschen handelt, so wäre dieser Mensch schützenswert. Er würde sogar von unserer Bundesverfassung beschützt:

Art. 7

Menschenwürde

Die Würde des Menschen ist zu achten und zu schützen.

Art. 10

Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit

1 Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.
   Die Todesstrafe ist verboten.

2 Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit,
   insbesondere auf körperliche und geistige
   Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.

ð     Bei der Abstimmung 1977 diskutierte man noch vielmehr darüber, ob ein Embryo schon Mensch ist oder lediglich ein Zellklumpen. Heute will man darüber gar nicht mehr sprechen. Und doch bleibt das die zentrale Frage.

ð     Was können wir nun von der Bibel her sagen? Es gibt einige Bibelstellen, die zeigen, dass das ungeborene Leben, als vollwertiger Mensch betrachtet wird.

ð     David sagt in einem Psalm:

Ich bin verstrickt in Verfehlung und Schuld seit meine Mutter mich empfangen und geboren hat. (Ps 51,7)

ð     Er unterscheidet hier die Empfängnis und die Geburt. Er wurde als die Person David empfangen bereits im Bauch der Mutter.

ð     Auch der Engel Gabriel sprach von dem Sohn, den Maria empfangen wird. Das Leben beginnt also mit der Zeugung.

ð     Man könnte vielleicht einwenden, dass es viele Aborte gibt und die Kinder dann auch nicht zur Welt kommen würden. So sei der Unterschied zu einer Abtreibung äusserst gering. Das mag vielleicht einleuchtend, aber dann könnten wir mit dem gleichen Argument sagen: Es gibt so viele Kinder und so viele Menschen, die viel zu früh sterben, so können wir auch jemandes Leben mit eigener Hand beenden.

ð     Von Isaaks Frau, Rebekka, lesen wir als sie mit Zwillingen in Erwartung war:

Als die Kinder im Mutterleib heftig gegeneinanderstießen, sagte sie: »Wenn es so steht, warum bin ich dann schwanger geworden?« Sie ging, um den HERRN zu befragen, (Gen 25,22)

ð     Gott antwortete Ihr:

und der HERR gab ihr die Antwort: »Zwei Völker trägst du jetzt in deinem Leib, in deinem Schoß beginnen sie zu streiten. Das eine wird das andere unterwerfen: der Erstgeborene wird dem Zweiten dienen.« (Gen 25,23)

ð     Die Bibel geht mit völliger Selbstverständlichkeit davon aus, dass Embryos Menschen sind. Von Johannes dem Täufer heisst es sogar::

Denn er wird gross sein in den Augen des Herrn. Er wird keinen Wein und keine starken Getränke zu sich nehmen, und schon im Mutterleib wird er mit dem Heiligen Geist erfüllt sein. Lk.1,15.

1.                  Anwendung

ð     Leben beginnt im Mutterleib. Wenn es sich entwickelt, hat es ein Recht auf Leben. Die werdende Mutter und der werdende Vater müssen dieses Leben respektieren. Sie dürfen nicht darüber verfügen.

ð     In der Betrachtungsweise dieser Frage stelle ich fest, dass das geschieht, was wir auch oft in der Rechtsprechung sehen, dass der Täter ernster genommen wird, als das Opfer. Und hier haben wir es mit einem völlig wehrlosen Opfer zu tun.

Schluss

ð     Zusammenfassung

ð     Was würde Gott dazu sagen?

ð     Was machen wir als Christen, wenn die Fristenlösung angenommen wird. Gehen wir dann auf die Barrikaden und schimpfen über die bösen und schlimmen Menschen?

ð     Nein, das wäre keine angemessene Antwort. Unsere Antwort ist einfach die, dass wir es anders machen. So wird Diognet im 3. Jhd. geschrieben.

Sie (die Christen) gehorchen den erlassenen Gesetzen, und mit der ihnen eigenen Lebensweise überbieten sie die Gesetze. (Schrift an Diognet 5, 10) ca. 3 Jhd.

ð     Wir überbieten die Gesetze, indem wir die Rechte, die uns in Bereich Fristenlösung gegeben werden, nicht nutzen.

Amen