Bekennende Evangelisch-Reformierte Gemeinde in Gießen (BERG) Wortverkündiger: Dr. Jürgen-Burkhard Klautke (20.09.2020) Wortverkündigung: 1.Timotheus 1,3–5 Thema: Schwert und Kelle: Der Dienst eines Wortverkündigers Psalmen/Lieder: Psalm 66a,1–6.8; 120,1–3; 99,3–6; 15,1–7 Gesetzeslesung: Jakobus 4,11–17 Erste Schriftlesung: Apostelgeschichte 20,17–37 Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus! Das Wort Gottes bringe ich Ihnen aus dem ersten Timotheusbrief 1,3–5. Ich lese den gesamten Abschnitt von Vers 1 bis Vers 13. Gemeinde unseres Herrn Jesus Christus! Der 1.Timotheusbrief spricht über die Gemeinde. In diesem Brief werden Fragen beantwortet wie: Wozu ist eine Gemeinde da? Was soll sie eigentlich? Was ist der Sinn und der Zweck einer Ortsgemeinde? Gibt es Prioritäten im Aufgabenfeld einer Gemeinde? Oder auch: Wie soll eine Gemeinde umgehen mit den Gaben, die sie von Gott empfangen hat? Wenn wir auf diese Fragen Antworten bekommen wollen, und zwar Antworten, die vom Heiligen Geist stammen, dann sollten wir diesen Brief des Apostels Paulus genau durcharbeiten. Im 1.Timotheusbrief, wie auch in den anderen Pastoralbriefen, also im 2.Timotheusbrief wie auch im Titusbrief, wird uns geschildert, wie das Gemeindeleben im ersten Jahrhundert aussah, also so ungefähr 25 bis 30 Jahre nach der Kreuzigung, der Auferstehung und der Himmelfahrt unseres Herrn Jesus Christus. Aber wir bekommen in diesem Brief auch Anweisungen: Es wird uns auch gesagt, wie es in der Gemeinde Gottes zugehen soll. Der 1.Timotheusbrief ist also keineswegs nur deskriptiv, beschreibend, sondern er ist auch präskriptiv, das heißt vorschreibend. In den ersten Versen des ersten Timotheusbriefes betont der Apostel Paulus, dass sein Dienst verankert ist nicht in Menschen, sondern in Gott und in seinem Sohn Jesus Christus: Wir werden gehalten von Gott, der unser Retter und von in Jesus Christus, der unsere Hoffnung ist. Paulus hatte niemals nach dem Ereignis auf der Straße nach Damaskus vergessen, was Christus ihm damals verkündigt hatte: Saul, Saul, was verfolgst du mich? Es wird dir schwer werden, gegen den Stachel auszuschlagen. Dann ging er in die Stadt Damaskus hinein. Weil er nicht mehr alleine gehen konnte, er war blind, wurde er geführt. Dort empfing er durch Ananias, einem gottesfürchtigen Mann, folgende Botschaft: Der Gott unserer Väter hat dich (Paulus) zuvor bestimmt, seinen Willen zu erkennen und den Gerechten zu sehen und die Stimme aus seinem Mund zu hören, denn du sollst bei allen Menschen ein Zeuge für ihn sein von dem, was du gesehen und gehört hast (Apg. 22,14.15). Das wurde der Lebenssauftrag von Paulus. Dann nach Jahren, Paulus war inzwischen in Antiochien, sprach der Heilige Geist dort in der Gemeinde. Es war vermutlich eine prophetische Botschaft: Sondert mir Barnabas und Paulus ab zu dem Dienst, zu dem ich sie berufen habe. Darauf zogen diese beiden Männer los, zunächst nach Zypern, dann weiter auf das Festland, nach Pisidien und dann ins Landesinnere nach Galatien (Lystra, Derbe). Menschen fanden zu Christus. Es entstanden Gemeinden. Auf seiner zweiten Missionsreise kam Paulus erneut durch Kleinasien. Dieses Mal begleitete ihn Silas. Der Apostel kam erneut nach Lystra. In Lystra traf Paulus auf einen jungen Mann. Dieser junge Mann hatte von Kindheit an von seiner Mutter und auch von seiner Oma das Wort Gottes gehört. Das war Timotheus. Paulus wurde auf diesen Mann aufmerksam, und er nahm auch ihn auf die weitere Missionsreise mit. In den darauffolgenden Jahren entwickelte sich eine sehr enge Dienstgemeinschaft zwischen den beiden, die bis zum Ende hielt. Nicht immer hielte Dienstgemeinschaften bis ans Ende. Auf der ersten Missionsreise waren Barnabas und Paulus zusammen, und dann gab es Krach zwischen den beiden. Es ging um Johannes Markus. Johannes Markus hatte sie auf der ersten Missionsreise verlassen. Barnabas wollte trotzdem seinen Neffen auf die zweite Missionsreise mitnehmen. Aber Paulus sagte: Nein. Auf den kann man sich nicht verlassen. So kam es zum Bruch zwischen Paulus und Barnabas, und Paulus zog dann weiter mit Silas und später noch mit Timotheus. Übrigens später änderte Paulus seine Meinung über diesen Johannes Markus. Gleich hier in den ersten Versen legt Paulus seinen Finger darauf, was die Grundlage des Dienstes ist. Erstens: Gott ist der Retter. Das ist der Inhalt der Botschaft, die er verkündet. Und zweitens: Jesus Christus ist unsere Hoffnung. Unsere Perspektive ist nicht auf das Irdische gerichtet, sondern auf das Himmlische. Unser Blick darf, ja muss hinausgehen über das Hier und Jetzt. Und die Quelle, aus der Paulus dient und aus der auch du, Timotheus, dienen darfst, das ist, wie es in 1.Timotheus 1,2 heißt: Gnade, Barmherzigkeit und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Timotheus, hast du verstanden, aus welchen Quellen auch du arbeitest? Nicht aus deinem eigenen Vermögen. Nicht aus deiner „Ausstrahlung“ oder aus deinen Fähigkeiten. Wer meint, er könne so im Dienst Gottes stehen, der wird auf die Nase fallen. Er wird grauenhaft auf die Nase fallen, bis er kapieren wird: Die Quellen, aus denen er lebt, aus denen er arbeitet und dient, das sind nicht seine eigenen Fähigkeiten, sondern das ist Gnade, Barmherzigkeit und der Friede von Gott, dem Vater, und von unserem Herrn Jesu Christus. Stellen wir uns einmal vor, uns würden vier bis fünf Seiten zur Verfügung stehen. So lang ist der 1.Timotheusbrief. Und wir sollten einem jungen Pastor, vielleicht einem jungen Theologiestudenten, der im Begriff steht, in den Dienst im Reich Gottes zu gehen, einiges über sein bevorstehendes Aufgabenfeld und über seinen Dienst mitteilen: Welche Arbeiten kommen auf ihn zu? Was soll er alles können? Was ist für seinen Dienst unverzichtbar? Was für einen Gemeindeleiter benötigt die Gemeinde Gottes? Welche Eigenschaften soll ein Wortverkündiger haben? Was würden wir ihm dann schreiben? Wo würden wir anfangen? Dass er ein lockerer Typ sein soll, leutselig, gesellig, damit sich alle in der Gemeinde wohlfühlen? Was würden wir ihm auf gar keinen Fall sagen? Was auch immer wir in eine derartige Stellenanzeige oder in einen entsprechenden Brief schreiben würden, ich bin mir ziemlich sicher, es wäre nicht das, was der Apostel Paulus hier dem Timotheus schreibt. Vielleicht würden wir beginnen mit: Timotheus, das Wichtigste, was von einem Pastor erwartet wird ist: Du musst auf Menschen offen zugehen! Zweifellos wäre das ein guter Rat! Es wäre ein biblischer Rat! Paulus gibt auch eine ähnliche Anweisung dem Timotheus. Aber viel später! Das steht bei ihm keineswegs oben an. Damit fängt er nicht an. Vielleicht würden wir ihm schreiben: Ein Hirte, das ist jemand, der vor allem für seine Gemeinde beten muss: Timotheus, was auch immer du tust, bete für deine Geschwister! Bringe sie vor den Thron Gottes im Gebet! Nichts ist wichtiger, als dass du im Kämmerlein für sie einstehst. Auch das wäre zweifellos eine gute Anweisung! Es ist eine biblische Anweisung! Wehe dem Hirten, der das nicht macht. Der Apostel Paulus gibt diese Anweisung. Aber sie erfolgt nicht am Anfang, sondern erst viel später im Brief. Paulus beginnt seinen Brief auf eine völlig andere Weise. Das erste, worauf der Apostel den Finger legt, ist: Ein Hirte der Gemeinde hat falsche Lehre zu bekämpfen. Damit beginnt der Apostel Paulus hier so überraschend, dass wir wohl niemals darauf gekommen wären. Oder? Wir hätten möglicherweise gesagt: Ja, das gehört auch dazu … aber bei uns stände das unter ferner liefen. Wir hätten gewiss nicht diese Priorität gesetzt. Aber genau wie es keineswegs die vorrangige Aufgabe eines Schafhirten ist, den Schafen zu fressen zu geben – Fressen können sie auch allein –, sondern die Schafe vor Gefahren zu beschützen, vor Wölfen, genauso verhält sich das auch in der Gemeinde: Timotheus, wenn der Wolf kommt, dann erweist sich, ob du ein Hirte bist oder lediglich ein Mietling, ob du dann abhaust, das Weite suchst oder ob du für die Herde in die Bresche springst und dich für die Schafe einsetzt. Wenn der Apostel Paulus mit dieser Anweisung beginnt, dann wird damit zunächst einmal zum Ausdruck gebracht, wie gefährlich falsche Lehre ist und wie wichtig demgegenüber gesunde Lehre ist. Lehre ist nicht etwas Nebensächliches. Wenn wir das in der Gemeinde doch endlich begreifen würden. In diesem Abschnitt (1Tim. 1,3–5) geht es um zwei Punkte: Erstens lesen wir hier eine negative Ermahnung. Es geht um Abwehr. Zweitens vernehmen wir eine positive Ermahnung: Es geht um Erbauung der Gemeinde. Ich habe die Wortverkündigung überschrieben mit dem Titel einer Zeitschrift, die Charles Spurgeon im 19. Jahrhunderts herausgab: „Schwert und Kelle“, also Abwehr und Aufbau. Spurgeon übernahm diese beiden Worte aus dem Buch Nehemia. Dort wird uns geschildert, wie nach der Babylonischen Gefangenschaft das Volk Gottes die Mauer um Jerusalem errichtete. An ihrer Hüfte baumelte das Schwert, das stets griffbereit war, um gegebenenfalls die Feinde abzuwehren, und im Übrigen hielten sie die Kelle, um die Mauer Stein für Stein aufzurichten. Das Thema der Predigt lautet: Schwert und Kelle: Der Dienst eines Wortverkündigers 1. Eine negativ gerichtete Ermahnung (1Tim. 1,3.4) 2. Eine positiv gerichtete Ermahnung (1Tim. 1,5) 1. Eine negativ gerichtete Ermahnung (1Tim. 1,3.4) Der Apostel beginnt mit einer negativen Ermahnung: 1.Timotheus 1,3.4: Ich habe dich ja bei meiner Abreise nach Mazedonien ermahnt, in Ephesus zu bleiben, damit du gewissen (bestimmten) Leuten gebietest, keine fremden (fremdartigen) Lehren zu verbreiten und sich auch nicht mit Legenden (Mythen) und endlosen Geschlechtsregistern zu beschäftigen, die mehr Streifragen hervorbringen als göttliche Erbauung im Glauben. Die Kernaussage ist deutlich: Timotheus, achte darauf und sorge dafür, dass nicht fremdartige Lehren in die Gemeinde einbrechen. Timotheus, es gehört zu deinem Dienst, gegen Wölfe zu kämpfen. Hätten wir erwartet, dass Paulus auf diese Weise seinen Brief an einen jungen Mann beginnt? Können wir uns in dieser postmodernen Zeit überhaupt vorstellen, dass es so etwas wie Wahrheit gibt, im Gegensatz zu Unwahrheit und Irrlehre? Und schließlich, dass Wahrheit überhaupt wichtig ist? Oder ist alles nur Schaumschlägerei, so dass man lediglich noch darauf achtgibt, was ankommt bzw. wie man ankommt. Wenn dies einem am besten gelingt, dadurch dass man Nebelkerzen schleudert, na ja, dann macht man halt das… Der Apostel Paulus weiß, dass falsche Lehre eine Gemeinde ruinieren kann. Falsche Lehre führt immer zu einer falschen Lebensführung. Darum, Timotheus, der Grund schlechthin, warum ich darauf bestand, dass du in Ephesus bleibst, während ich ohne dich nach Mazedonien weiterzog, war, dass du die Gemeinde vor falschen Lehren und vor falschen Lehrern schützt. Gleich darauf erläutert Paulus, was typische Kennzeichen falscher Lehre sind. Falsche Lehre erkennst du daran, so erklärt der Apostel, dass sie spekulativ ist, dass sie zu eitlen Gedankengebäuden führt. Falsche Lehren führen ferner zu endlosen Disputen. Man kann sich so richtig da hineinsteigern, in die Legenden (Mythen) und in Geschlechtsregister (Genealogien). Ach, wie kann das faszinieren. Auf der Rückreise von seiner dritten Missionsreise kam Paulus noch einmal nach Kleinasien. Er segelte auf einem Schiff. Das Schiff ging in Milet vor Anker. Dort musste die Ladung gelöscht werden. Der Apostel hatte deswegen in dieser Hafenstadt ein paar Tage Aufenthalt. Er ordnete an, dass die Ältesten von Ephesus ihn noch einmal treffen und zu ihm kommen. Er wollte ihnen noch einmal Wegweisung geben. Er wusste, es wird das letzte Mal sein. Unter anderem sagt Paulus in der Rede an die Ältesten – wir hörten sie vorhin in Apostelgeschichte 20: Es werden verderbliche Wölfe zu euch hineinkommen, und aus euch selbst werden Männer aufstehen, die versuchen werden, die Menschen hinter sich her zu ziehen. Das Kennzeichen schlechthin von Irrlehrern ist, dass sie die Menschen hinter sich herhaben wollen. Sie sollen ihnen folgen, und auch ihren zum Teil sehr bizarren, spekulativen und phantastischen Ideen und Gedankenkonstruktionen. Ihre Botschaft lautet: Folge mir nach, dann bekommst du Dinge zu hören, da kitzelt es dir in deinen Ohren … da schlackerst du mit deinen Ohren. Timotheus, gebiete den Leuten, keine fremden Lehren zu verbreiten. Ja, wir haben richtig gehört: Paulus schreibt: Gebiete. Das ist ein Ausdruck aus der Militärsprache. Dieses Wort duldet keinen Widerspruch. Darüber wird nicht disputiert und diskutiert. Es geht hier schlicht um die Beantwortung der Frage: Erlaube ich Menschen, die vielleicht mehr getrieben sind, als ihnen das selbst klar ist, eine Gemeinde mit ihren Ansichten zu verderben? Oder stelle ich mich ihnen in den Weg: Timotheus, eines muss dir von Anfang an klar sein: Wahrheit ist wichtig! Falsche Lehre zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Leute immer wegzieht von den Kernwahrheiten christlicher Jüngerschaft. Der Apostel Paulus weiß: Es ist für einen verantwortlichen Dienst in der Gemeinde lebensnotwendig, dass wir kompromisslos zwischen Wahrheit von Lüge unterscheiden, um die Gemeindeglieder vor Irrwegen zu behüten. Man hört immer wieder im Raum der Gemeinde: Sei nicht so negativ! Positiv predigen! Gute Gefühle verbreiten! Aber die Heilige Schrift spricht anders. Dabei betone ich sogleich: Es geht hier nicht um ein Entweder – oder. Vielmehr haben wir das eine zu tun und das andere nicht zu unterlassen: Abwehr und Aufbau: Schwert und Kelle. Im Licht dieses Abschnitts geht es darum, dass jemand, der in der Gemeinde Verantwortung trägt, gegebenenfalls auch einmal sehr deutlich sagen muss: Nein! So nicht! So etwas wird nicht gelehrt! Wir haben die Menschen in der Gemeinde also nicht nur positiv zu belehren. Wir haben ihnen nicht nur zu sagen, was richtig ist, was Wahrheit ist, sondern auch, was falsch ist. Und wir haben sie zu lehren, worin der Unterschied zwischen Wahrheit und Irrtum besteht bzw. wir haben ihnen zu helfen, zu verstehen, worin der Unterschied zwischen Wahrheit und Irrtum besteht. Das ist nicht immer leicht! Vielmehr muss uns klar werden: Die Wahrheit gewinnt nicht einfach dadurch an Oberhand, dass wir sie nebenbei einmal einfließen lassen. Dieser Illusion möchte man sich gerne hingeben. Wir alle wollen gerne glauben: Ach, ich erwähne jetzt einmal, was die Wahrheit ist … dann kommt schon alles in die rechte Ordnung. Die Kirchengeschichte zeigt, dass das so einfach nicht geht. Als die Reformatoren im 16. Jahrhundert aufstanden, sagten sie keineswegs nur, was richtig ist, was wahr ist, sondern sie deckten auch auf, was falsch ist. Sie sagten auch: So nicht! Damit komme ich zum zweiten Punkt der Predigt: 2. Eine positiv gerichtete Ermahnung (1Tim. 1,5) Es reicht auf gar keinen Fall aus, wenn man lediglich sagt, was alles falsch ist, sodass man an allem „herummäkelt“. Schauen wir noch einmal in die Heilige Schrift und lesen 1.Timotheus 1,5: Das Endziel des Gebotes aber ist Liebe, aus reinem Herzen und gutem Gewissen und ungeheucheltem Glauben. Der Apostel nennt hier das Ziel des Dienstes, wozu er Timotheus in Ephesus zurückließ und was auch der Zweck unseres Dienstes ist. Der Dienst der Verkündigung ist Erbauung, göttliche Erbauung im Glauben (so am Ende von Vers 4), und dieser Dienst zielt auf Liebe. Das ist das Endziel. Unsere Verkündigung ist letztlich nicht darauf gerichtet, dass jemand in einer Gemeinde, seine Mitgliedschaft bekundet. Das ist schön, aber das ist nicht das Endziel. Es geht in unserem Dienst letztendlich auch nicht darum, die Hörer mit biblischen Detailfakten vollzustopfen. Bibelkunde ist prima. Aber es ist nicht das letzte Ziel unseres Dienstes. Mitgliedschaft, verbindliche Mitgliedschaft und dann auch Mitarbeit, verbindliche Mitarbeit (Straßeneinsatz), das ist gut, das ist wichtig. Bibelkunde, intensive Bibelkunde, ist gut, ist wichtig. Es ist unverzichtbar, dass wir die biblischen Dinge kennen und glauben. Aber der Endzweck, also das, worauf der Dienst der Verkündigung, der Dienst der Wahrheit schlussendlich hinzielt, ist: Liebe. Der Apostel betont durch den Heiligen Geist dieses gerade deswegen, weil sich genau da eine gravierende Kluft zu den falschen Lehrern auftut. Ein falscher Lehrer wird erstens versuchen, dass du ihm nachfolgst, und zweitens wird er sich bemühen, dass du mit ihm übereinstimmst. Ein falscher Lehrer kümmert sich nicht wirklich um dich, um dein Leben. Er ist nicht wirklich interessiert an einer Änderung deines Lebens durch die Gnade Gottes. Er möchte stattdessen, dass du spekulative Dinge glaubst, die er verbreitet, dass du von ihm fasziniert bist. Paulus weist Timotheus darauf hin: Timotheus, für etwas Derartiges bist du nicht da! Mehr noch: Leuten, die so etwas betreiben, hast du die Tür zu weisen. Wozu du da bist, das ist, um die Wahrheit zu sagen, die einmündet in ein Leben der Liebe. Habe stets die Liebe im Blick! Damit schreibt der Apostel dasselbe, das auch der Herr Jesus verkündet hat. Wir kennen die Begebenheit alle. Ein Gesetzeslehrer kam zu unserem Herrn. Dieser Mann fragte Jesus: Was ist das größte Gebot im Gesetz? Worum geht es im Kern beim Gesetz Gottes? Die Antwort, die der Sohn Gottes gibt, wir kennen sie alle: Im Kern geht es um Liebe: Liebe Gott, und liebe deinen Nächsten, denn das ist das ganze Gesetz und die Propheten. Im Grunde wird diese Antwort des Sohnes Gottes durch das, was wir in 1.Timotheus 1,5 lesen, bestätigt. Diese Antwort wird hier in 1.Timotheus 1 bezogen auf den Dienst in der Gemeinde. Das Ziel all unseres Predigens, das Ziel all unseres Lehrens, das Ziel aller unserer Bibelarbeiten ist, dass Menschen Gott lieben, und zwar von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt, mit aller Kraft. Das Endziel des Gebotes, die Endabsicht aller apostolischen Anweisungen und Instruktionen ist Gott zu lieben… Gott lieben… Die Liebe ist nicht der Weg, auf dem wir gerettet werden. Aber wenn wir durch Gnade mittels des Glaubens gerettet worden sind, dann ist die Frage nach dem Ziel der Rettung deines Lebens zu beantworten. Das Ziel deiner und meiner Errettung ist, dass du ganz und gar für den da bist, zu dem hin du geschaffen worden bist: für Gott. Gott zu lieben… und unseren Bruder. Johannes schreibt einmal (1Joh. 4,20ff): Du sagst, du liebst Gott. Schön… Aber da ist ein Problem. Du kannst Gott nicht sehen. Mit anderen Worten: Zu sagen, ich liebe Gott, das vermag jeder. Aber auf jeden Fall kannst du schon einmal anfangen zu trainieren, was es heißt, Gott zu lieben. Du kannst anfangen zu üben an deinem Bruder, an deiner Schwester in der Gemeinde, im Dienst für andere. An diesem Doppelgebot hängt das ganze Gesetz und die Propheten. Der Apostel Paulus betont sehr häufig die Liebe. Zum Beispiel in Epheser 5,25. Da richtet er das Wort an die Ehemänner: Ihr Männer, liebt eure Frauen, gleichwie auch Christus die Gemeinde geliebt hat und sich selbst für sie hingegeben hat. Hier sehen wir, was Liebe ist: Hingabe. Du sagst vielleicht: Ich möchte lernen, was Liebe ist. Erkläre mir Liebe! Schau auf deinen Retter. Schau auf den, der sich dahingegeben hat – für dich. Da kannst du es lernen! In dem bekannten Kapitel 1.Korinther 13 lehrt uns Paulus: Die Liebe ist so grundlegend, dass es ohne Liebe kein christliches Leben gibt. Im Gegensatz zu den falschen Lehrern, die danach streben, dass du an irgendwelche abgefahrene Dinge glaubst und ihnen nachfolgst, zielt die Wahrheit des Evangeliums auf Änderung unseres Lebens, sodass wir immer mehr bestimmt werden durch ein Leben der Liebe zu Gott und zum Nächsten. Was ist das nun für eine Liebe, von der Paulus hier spricht? Der Apostel erläutert diese Liebe, indem er erläutert, dass die Liebe, von der er spricht, eine Liebe ist: 1. aus einem reinen Herzen; 2. einem guten Gewissen und 3. einem ungeheuchelten Glauben Liebe aus reinem Herzen Was ist damit gemeint: Liebe aus reinem Herzen? Ist mit Herz unsere Emotionalität (Gefühlswelt) gemeint? So denken wir häufig: Herz, das meint Gefühl. Aber die Bibel versteht unter Herz etwas anderes. Herz, das ist das Zentrum unseres Lebens. Es ist die Schaltzentrale unseres Lebens. Salomo schreibt: Mehr als alles andere behüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus (Spr. 4,23). Mit anderen Worten: Das Herz im Sinn der Heiligen Schrift ist der Kern, der Mittelpunkt unseres Daseins. Was heißt also: Liebe aus reinem Herzen? Es meint zunächst einmal, dass der Dienst der Verkündigung sich an den Kern der Existenz des Menschen wendet, das heißt an das menschliche Herz. Wir predigen dem Herzen, und damit dem Verstand, dem Willen und dem Verlangen des Menschen. Wenn es hier um Liebe aus reinem Herzen geht, dann ist das deswegen betont, weil klar ist, dass wir von unserer Natur aus unrein sind, dass unser Herz verderbt und böse ist. Unser Herz ist so verderbt, dass wir von Natur aus Gott und unseren Nächsten hassen. Erinnern wir uns an David. Er dachte wirklich: Ich liebe die Bathseba. Er arrangierte alles so, dass er sie sich nehmen konnte. Bathseba war verheiratet mit einem anderen Mann: Uria. Aber dann musste der eben aus dem Weg geräumt werden. Ist solch ein Verhalten Liebe? Merken wir: David bildete sich ein, er liebe diese Frau. In Wahrheit liebte er sie nicht. Er war vielleicht scharf auf sie. Liebe, die diesen Namen verdient, muss aus reinem Herzen kommen. Erinnern wir uns, was David nach dem Ehebruch betete, nachdem der Prophet Nathan ihm ins Gewissen geredet hatte: Schaffe in mir Gott, ein reines Herz. Dass Liebe aus einem reinen Herzen kommen muss, hatte David danach begriffen! Er hatte begriffen: Alles andere ist keine Liebe. Das ist auch der Grund, warum wir nicht dadurch gerettet werden können, dass wir Gott und unseren Nächsten lieben. Wir können deswegen nicht durch Lieben oder durch das Halten der Gebote Gottes gerettet werden, weil wir verderbt sind, weil unser Herz nicht rein ist. Aus diesem Grund betete David um ein reines Herz. Du kannst solange nicht lieben, bis dir Gott in seiner Gnade durch die Gabe seines Heiligen Geistes ein neues Herz gegeben hat und einen neuen Geist, also: ein reines Herz, ein gereinigtes Herz. Liebe aus gutem Gewissen. Zweitens: Die Liebe, von der Paulus spricht, ist Liebe aus gutem Gewissen. Was ist ein gutes Gewissen? Wenn das Neue Testament von Gewissen spricht, dann meint sie die Instanz im Menschen, die aufgrund der Normen, die er empfangen hat, ihm sagt, was richtig und was falsch ist. Das Gewissen ist nicht ein göttlicher Kern im Menschen. Das Gewissen weiß nicht von sich aus, was gut und was böse ist. Das Gewissen ist wie alles in uns in den Sündenfall hineingerissen. Darum muss es von irgendwoher gespeist werden! Wenn es von den Normen Gottes, also aus dem Wort Gottes gespeist ist, und seine Maßstäbe von dorther empfängt, dann handelt es sich um ein gutes Gewissen. Dann machst du nicht mehr deine eigenen Regeln, sondern dann empfängst du deine Normen von Gott. In den 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts kam die Situationsethik auf. Die Kernbotschaft der Situationsethik lautete: Liebe hat nicht bestimmten Normen und Geboten zu gehorchen, sondern sie legt aus sich selbst heraus fest, was richtig ist und was falsch, also ohne sich an irgendwelchen Geboten zu orientieren. Denken wir noch einmal an die Geschichte Davids mit Bathseba. Ich bin davon überzeugt, dass David die Bathseba unbedingt haben wollte. Als Nathan zu David kam, wurde dem Ehebrecher klar: Was ich getan habe, war nicht Liebe, sondern Sünde. Liebe, verdient nur dann diesen Namen, wenn sie aus einem gutem Gewissen kommt, das heißt, aus einem Gewissen, das sich an den Geboten Gottes orientiert. Liebe aus ungeheucheltem Glauben. Drittens: Die Liebe, von der Paulus hier spricht, ist Liebe aus ungeheucheltem Glauben. Das Umgekehrte, ein geheuchelter Glaube, eine geheuchelte Frömmigkeit, lässt uns an die Pharisäer denken. Paulus spricht im Gegensatz dazu über einen ungeheuchelten, wahrhaftigen, ehrlichen, authentischen Glauben. Es geht um einen Glauben, der nicht sich selbst sucht. Es gibt auch religiöse Egotrips. Darum betont der Apostel: Es geht um einen Glauben, der wirklich auf Gott ausgerichtet ist. Timotheus, was ist dein letztendliches Ziel in deinem Dienst in der Gemeinde Gottes? Antwort: Es geht um Liebe aus reinem Herzen, gutem Gewissen, ungeheucheltem Glauben. Auch unser letztes Ziel in der BERG mit allen Detaildiensten ist nicht, dass jeder von uns eine Menge von biblischem Wissen ansammelt, vielleicht mehr als andere Christen in Gießen. Verstehen wir uns nicht falsch: Es ist gut, seine Bibel zu kennen. Aber das, worauf all unser Sein und unser Dienst zielt, ist Liebe: Gott von ganzem Herzen, mit allem Verstand und aller Kraft zu lieben und unseren Nächsten wie uns selbst, und zwar mit einer Liebe aus reinem Herzen, aus einem guten Gewissen und einem ungeheuchelten Glauben. Amen. 7