Bekennende Evangelisch-Reformierte Gemeinde in Gießen (BERG) - Dr. Jürgen-Burkhard Klautke - 06.02.2022 Perikope für die Wortverkündigung: Hohelied 8, 8-10 Thema: Tür oder Mauer - Wegweisungen für eine geheiligte Sexualität. Psalmen: Psalm 119, 1-5; Psalm 6.1-3; Psalm 45, 1-6; Psalm 45, 7-12 Gesetzeslesung: Matthäus 22, 34-40 Erste Schriftlesung: 1.Korinther 6, 12-7, 4; 1.Thessalonicher 4, 3-8 Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus! Das Wort Gottes bringe ich Ihnen aus dem achten Kapitel des Hohelieds. In der Predigt stellen wir uns unter die Verse 8-10. Um des Zusammenhangs willen lese ich ab Kapitel 8, 1. Gemeinde unseres Herrn Jesus Christus! Haben wir eben gerade aufmerksam zugehört oder besser noch mitgelesen? Das junge Mädchen aus dem Hohelied sagt: Ich bin eine Mauer und meine Brüste sind wie Türme (Hohl. 8, 10). Sie spricht offen über ihre Brüste. Ich habe meine Zweifel, ob alle Frauen, besonders junge Frauen und junge Mädchen das so tun würden. Und wenn die Jungen über die weiblichen Brüste sprechen, hat das nicht selten einen anzüglichen, schlüpfrigen Unterton. Aber dieses Mädchen singt darüber ganz offen. Und wir werden noch sehen: Was sie sagt, ist keineswegs unanständig. Überhaupt spricht das Hohelied sehr unbefangen über das Thema Sexualität. Hier wird sehr offen über die Gefühle gesprochen, die ein junger Mann und eine junge Frau füreinander haben. Wenn wir einmal genau darauf achten, wer von den beiden in den Dialogen im Hohelied mehr spricht, stellen wir fest, dass mehr als die Hälfte der Reden auf das junge Mädchen entfallen. Das Hohelied beginnt auch gleich mit dem, was sich die junge Frau sehnlich wünscht: Er küsse mich mit den Küssen seines Mundes, denn deine Liebe ist besser als Wein (Hoheslied 1, 2). Das, was die beiden füreinander empfinden, ist intensiv. Sie sind von einem tiefen Verlangen zueinander erfasst, nicht nur, aber auch nach dem Körper des bzw. der anderen. Sie singen übereinander und das sehr offen. Umso erstaunlicher aber ist es, dass bei aller Offenheit es im Hohelied nirgendwo unschicklich zugeht. Das Hohelied wurde in den Kanon der Heiligen Schriften aufgenommen, weil es zu den Büchern gehört, die der Heilige Geist eingegeben hat. Also auch wenn das Mädchen ihre Brüste erwähnt, hören wir darin die Stimme des Heiligen Geistes. Der Geist, der in uns wohnt, wie der Apostel Paulus es in 1. Korinther 6, 19 schreibt, bezeugt: Unser Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist als der Bewohner unserer Seele und unseres Leibes sagt im Hohelied viel über die Sexualität. Mehr noch: Er will mit diesem Buch unserem Liebesverlangen eine Stimme geben. Nicht zuletzt auf diese Weise will er darüber wachen, dass wir unsere Seele und unseren Leib rein und sauber bewahren. Aber ist uns das heute überhaupt noch möglich: keusch im Blick auf unsere Sexualität zu denken, rein, sauber zu fühlen ... angesichts all des Schmutzes, der tagtäglich in unsere Seele gespült wird? Gelingt es uns, während der Zeit des Kennenlernens, des Befreundetseins, dann in der Verlobungszeit und nicht zuletzt auch dann, wenn wir verheiratet sind, heilig zu leben und zwar nicht zuletzt im Blick auf unsere Geschlechtlichkeit? Und wie verhält sich das, wenn du alleinstehend bist? Denn zu einer heiligen Lebensführung sind selbstverständlich auch diejenigen unter uns aufgerufen, die ledig sind. Der Apostel Paulus schreibt an alle: Denn das ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass ihr euch der Unzucht enthaltet (1. Thessalonicher 4, 3). Noch einmal die Frage: Wie verhält es sich im Blick auf unsere Sexualität mit dem heiligen Leben? Was meint das überhaupt "Keuschheit" oder "Reinheit". Ich erinnere mich an eine Stunde im Biblischen Unterricht. Ich las zusammen mit Teenagern aus unserer Gemeinde einen Text, und da kam das Wort "keusch" vor. Sie verstanden das Wort gar nicht. Ich versuchte es zu erklären: Sexuelle Reinheit. Aber was ist das? Ich denke, dass Elisabeth Elliot es einmal sehr treffend auf den Punkt gebracht hat: "Reinheit heißt: frei zu sein von allem, was den Geschmack oder die Freude verdirbt, die Kraft reduziert oder in irgendeiner Weise die ursprüngliche Zielsetzung einer Sache verfälscht. Reinheit heißt Sauberkeit, Klarheit ohne Zusätze, nichts Künstliches - in anderen Worten: alles Natürliche, in dem Sinn, wie es der Schöpfer ursprünglich gewollt hat." Der Apostel Paulus schrieb den ersten Korintherbrief an eine Gemeinde, die in einer Hafenstadt lebte. In dieser Hafenstadt war was los, nicht nur, aber auch, wenn die Seeleute Ausgang hatten. Paulus schrieb diesen Brief in eine Situation hinein, in der die Leser verunsichert waren im Blick auf ihre Geschlechtlichkeit. Die Christen in Korinth waren in zweierlei Hinsicht verwirrt. Einerseits stellte sich ihnen angesichts der sexuellen Verwahrlosung und Verwilderung, die sie um sich herum erlebten, die Frage: Ist es für einen Christen da nicht richtig, von allem, was mit Sexualität auch nur ansatzweise etwas zu tun hat, Abstand zu halten? Paulus antwortet: Nein, es geht nicht um grundsätzliche Distanz. Aber er betont: Die Sexualität gehört in die Ehe. Deswegen habe jeder seine eigene Frau und ihren eigenen Mann (1. Korinther 7, 2). Was Paulus in den ersten Versen von 1. Korinther 7 schreibt, heißt, dass es für den Apostel absolut klar ist, dass es außerhalb der Ehe keine Geschlechtsgemeinschaft geben darf. Das wird in der Heiligen Schrift überall vorausgesetzt. Ich denke zum Beispiel auch an 5.Mose 22, 13-19 und 28-29. Denken wir auch an Joseph und Maria: Das war ja das Problem, dass die beiden noch nicht verheiratet waren, sondern lediglich verlobt. Aber Maria erwartete ein Kind. Die Heilige Schrift ist deutlich: Sexualität ist nicht etwas Schlechtes. Aber sie gehört in die Ehe. Dann tauchte unter den Christen in Korinth noch eine andere Frage auf. Ich nenne es gerne die sogenannte "Glas-Wasser-Theorie". Man sagt hier: Es gibt halt menschliche Bedürfnisse: Essen, Trinken und eben auch Sexualität. Wenn ich Hunger habe, hole ich mir etwas zu essen. Wenn ich Durst habe, dann gehe ich an den Kühlschrank und trinke etwas. Und wenn ich sexuelle Bedürfnisse habe, na ja, dann gehe ich ins Rotlichtviertel. Und die Begründung dafür lautete: Mein Leib der vergeht ja sowieso. Auf diese Argumentation geht der Apostel Paulus in 1. Korinther 6, 12-20 ein. Paulus macht hier nachdrücklich eine Unterscheidung. Er sagt: Im Blick auf Essen und Trinken gilt: Die Speisen sind für den Bauch und der Bauch für die Speisen. Gott aber wird diese und jene wegtun (1. Korinther 6, 13a). Es ist völlig egal, ob du zu Lebzeiten, Reformkost zu dir genommen hast, vegetarisch oder vegan lebtest, oder ob du dir auch mal ein Schnitzel hast schmecken lassen. Und jetzt könnte man sagen. Ja, und das gilt doch dann auch für meine sexuellen Bedürfnisse. Aber da schreibt Paulus: Der Leib ist aber nicht für die Unzucht, sondern für den Herrn, und der Herr für den Leib. Gott hat den Herrn auferweckt und wird auch uns auferwecken durch seine Kraft (1. Korinther 6, 13b). Im Blick auf die Sexualität des Menschen hat Paulus nicht auf das Vergängliche des Leibes im Auge, sondern er hat die Ewigkeit im Blick. Er sagt nun nicht, dass unser Leib ja sowieso vergehen wird, sondern er schreibt: Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder des Christus sind. Soll ich nun die Glieder des Christus nehmen und Hurenglieder daraus machen? Das sei ferne. Was du mit deiner Sexualität anstellst, hat geistliche Konsequenzen. Denn dein Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes (1. Korinther 6, 19). Deine Sexualität ist ein geistliches Thema. Das gilt auch für heute. Ich verrate niemandem ein Geheimnis: Unsere Gesellschaft ist durchsexualisiert. In nahezu jedem Reklame- oder Werbespot wird mit Sex geworben. Videoclips zielen auf unsere sexuellen Begierden, Phantasien und Wünsche. Filme und Bücher sind von diesem Thema durchzogen. Wenn man heute über "Liebe" spricht, dann geht es vielfach um nichts anders als um: "Ich will mit dir ins Bett." In einer solchen Kultur, in der so platt, so kalt, so schäbig so animalisch mit der Sexualität umgegangen wird, sollen wir heilig leben?! Es ist der Wille Gottes, eure Heiligung, dass ihr euch enthaltet von Unzucht! Ich bin davon überzeugt, dass Gott der Herr wegen solcher Fragen uns das Hohelied gegeben hat. Als der König Salomo das Hohelied verfasste, lag die Richterzeit nur wenige Jahrzehnte zurück. Damals wütete die sexualisierte Fruchtbarkeitsreligion des Baalismus auch mitten im Volk Gottes. Eine der Hauptgöttinnen war Aschera oder Astarte. Die Kanaaniter stellten diese Göttin als Statue mit vielen Brüsten dar. Die Philister waren nur wenige Jahre zuvor von David besiegt worden. Aber auch deren Religion war ein Fruchtbarkeitskult. Der Titel der Philisterkönige lautete: "Abimelech." Da stecken zwei Worte drin: "Ab" = Vater (kennen wir aus Ab-raham) und "Melech" = König (kennen wir zum Beispiel aus dem Namen Melchizedek). Abimelech heißt also so viel wie "Vaterschaft ist Königschaft", oder: ist "Kingsein". Diese Mentalität war auch in das Volk Gottes eingedrungen. In 1. Samuel 1 lesen wir, das Elkana zwei Frauen hatte: Penina und Hanna (1. Samuel 1). Die beiden Frauen versuchten sich entsprechend der damaligen Werteskala zu überbieten: Wertvoll sei man, wenn man Kinder hat. Hanna zog bekanntlich den Kürzeren... Salomo weiß, dass auch noch zu seiner Zeit im Volk Gottes Prostitution vorkam. Er weist nachdrücklich auf die Gefahren der fremden Frauen hin (Sprüche 5, 1-23; Sprüche 6, 20-7, 27). Und dann war da noch Salomos eigene Familie, also das Umfeld in dem er aufwuchs. Wenn man das liest, fühlt man sich heute irgendwie an Geschehnisse im britischen Königshaus erinnert. Der Vater Salomos war ein Ehebrecher. Denken wir an die Sache mit Bathseba. Darüber wurde natürlich am Hof getuschelt. Salomos Bruder, Amnon, hatte seine Halbschwester Tamar (2. Samuel 13) vergewaltigt. Dafür brachte Absalom den Ammon wenig später um. Übrigens wurde Tamar, nachdem sie von ihrem Halbbruder missbraucht worden war, von ihrem Vergewaltiger weggejagt. Ihr Halbbruder hasste sie nach der Vergewaltigung. Tamar selbst hielt das alles nicht aus. Sie zerriss ihre Kleidung und warf Asche auf ihr Haupt. Das heißt: Diese junge Frau verunstaltete sich wegen ihrer Herabwürdigung und aufgrund ihrer inneren Zerrissenheit. Vielleicht ist das eine Antwort auf die Frage, warum heutzutage so viele junge Frauen so geschmacklos, so ungepflegt herumlaufen: Sie haben kein Wertgefühl mehr. Tamar hielt es nicht aus, dass sie so brutal aufgebrochen, aufgerissen worden war und von jemandem aus ihrer eigenen Familie so entsetzlich gedemütigt worden war... Gleichsam als verzweifelten Schutz hält sie sich schreiend die Hände über den Kopf. Tamar legte die Hand auf ihr Haupt und lief schreiend davon (2. Samuel 13, 19). Nein, Sexualität ist keineswegs etwas, das nur mit unserem Leib zu tun hat! Das alles, was in Salomos familiärem Umfeld abging, war Salomo bewusst. Gegen Ende seines Lebens wird er ebenfalls in diesem Bereich fallen, und zwar angesichts seiner vielen heidnischen Frauen. Aber zuvor hielt es der Heilige Geist für sinnvoll, gerade ihm das Hohelied einzugeben. Heute wollen wir nur auf drei Verse dieses wunderschönen Buches achten. Ich predige Ihnen heute das Wort Gottes aus dem Hoheslied 8, 8-10 unter dem Thema: Tür oder Mauer - Wegweisungen für eine geheiligte Sexualität. Wir achten auf drei Punkte: 1. Deine Berufung: eine Mauer zu sein 2. Deine Ehe: ein Bollwerk in dieser Welt 3. Dein Leben: in der Hand Gottes, egal ob du verheiratet bist oder nicht 1. Deine Berufung: eine Mauer zu sein Meine Brüder und meine Schwestern, wenn wir Christen sind, dann gehören wir zu Christus. Wir sind Glieder Christi. So schreibt es der Apostel Paulus in dem Abschnitt, den wir vorhin in der ersten Schriftlesung lasen (1. Korinther 6, 15). Der Apostel erinnert daran, dass für uns bezahlt worden ist: Ihr seid teuer erkauft (1. Korinther 6, 20), und zwar durch Christ Blut. Weil wir Christus angehören, sind wir aufgerufen, Gott sowohl mit unserer Seele als auch mit unserem Leib zu verherrlichen. Als Salomo das Hohelied schrieb, war der Herr Jesus noch nicht gekommen. Aber die Familie, die er uns hier schildert und in der manche Familienglieder das Wort ergreifen, diese Familie steht unter Gott. Sie gehört Gott. In der Schlachter 2000-Übersetzung wird durch die Überschrift die Vermutung geäußert, dass hier die Töchter Jerusalems sprechen. Meines Erachtens liegt es näher, an die älteren Brüder zu denken. Sie sind es, die ihre kleine Schwester in diesem Abschnitt ansprechen. Im Hohelied kommen die Brüder mehrfach vor. Einmal sagt die Braut im Hohelied über sie: Seht mich nicht an, weil ich so schwärzlich bin, weil die Sonne mich verbrannt hat! Die Söhne meiner Mutter zürnten mir. Sie setzten mich zur Hüterin der Weinberge (Hoheslied 1, 6). Offenkundig gab es also unter den Geschwistern Reibereien. Es waren keine wirklich ernsthaften Konflikte. Aber im Kreis der Geschwister lief nicht alles rund. Im Grunde mochten sie einander. Das sehen wir an dem Wunsch des Mädchens: Ach, dass du mir wärst wie ein Bruder, der die Brüste meiner Mutter sog (Hoheslied 8, 1). Aber so läuft das eben unter Geschwistern: Man streitet sich. Aber dann hält man auch wieder zusammen und steht füreinander ein, nicht zuletzt gegenüber Außenstehenden. In Hohelied 8, 8 hören wir, wie die Geschwister ihre jüngere Schwester ansprechen. Das Mädchen, an das sie sich wenden, scheint ein Nachkömmling gewesen zu sein. Es heißt hier: Wir haben eine kleine Schwester. Sie hat noch keine Brüste (Hoheslied 8, 8a). Sie war also noch ein Kind. Folglich gab es auch noch keinen Jungen, der sich nach ihr interessiert umschaute. Für die gleichaltrigen Jungen war sie bedeutungslos - noch. Auch das Mädchen selbst hatte kaum eine Ahnung davon, was auf sie zukommt, also wenn einmal ein Junge auf sie ein Auge werfen wird. Ihre Brüder waren bereits älter. Denen war durchaus klar, was es heißt, wenn ihre Schwester in die Pubertät kommt und damit ins heiratsfähige Alter: In Hoheslied 8, 8b heißt es: Der Tag wird kommen, an dem man um sie werben wird. Das werden dann turbulente Zeiten werden. Wie geht es in solchen Zeiten in einer Familie zu, die zum Volk Gottes gehört und die entsprechend dem Willen Gottes leben möchte? Das erste, was wir erfahren ist, dass die anderen Familienmitglieder auf die kleine Schwester aufpassen: Sie wollen nicht, dass ihre kleine Schwester sich in Unmoral verstrickt. Die älteren Geschwister spielen sogar ein bisschen Vater und Mutter. Auch darin hat sich bis zum heutigen Tag wohl wenig geändert. Welche größeren Geschwister sind nicht zutiefst davon überzeugt, ohne ihr aktives Mitwirken würden ihre Eltern bei der Erziehung ihrer jüngeren Geschwister total scheitern? Was sie so untereinander überlegen und beratschlagen, das bekommt natürlich auch ihre kleine Schwester mit. Sie erörtern: Ist sie eine Mauer, so bauen wir eine silberne Zinne darauf. Ist sie aber eine Tür, so verschließen wir sie mit einem Zedernbrett (Hoheslied 8, 9). Mit anderen Worten: "... Wenn du eine Mauer bist, dann bauen wir darauf eine silberne Zinne. Zinnen befanden sich oben auf der Stadtmauer. Dahinter pflegten sich die Soldaten zu verbergen, und von dort wehrten sie die Angreifer ab. Den älteren Geschwistern stand also bei ihrer Schwester das Bild einer befestigten Stadt oder Burg vor Augen. Sie versprachen ihrer kleinen Schwester, ihr sozusagen eine silberne Zinne als Krönung draufzusetzen: Sie soll wie eine Krone im Licht der Sonne glänzen und strahlen. Die Familienmitglieder versprechen ihrer kleinen Schwester: Wenn du eine Mauer bleibst, werden wir dich belohnen, so wie wenn man eine Mauer mit einer silbernen Zinne krönen würde. Dann fügen sie hinzu: Ist sie aber eine Tür, so verschließen wir sie mit einem Zedernbrett. Mit anderen Worten: Wenn du jeden an dich herankommen lässt, werden wir eingreifen. Wir werden dich dann gleichsam verbarrikadieren, so wie man bei Gefahr von Eindringlingen das Tor einer Stadt mit Brettern und Balken versperrt: Ist sie aber eine Tür, so verschließen wir sie mit einem Zedernbrett. Auch wenn das wunderbar poetisch formuliert ist, ist die erste Lektion für dieses Mädchen deutlich: Wenn du in die Pubertät kommst, dann wirst du vor der Entscheidung stehen, wie du dein Leben führst, wenn die Jungs ankommen und an dir Interesse bekunden: Wirst du dann eine Mauer sein oder eine Tür? Die Botschaft an dieses junge Mädchen, das ihr von zu Hause aus mitgegeben wurde, lautete also: Mauer oder Tür? Bewahre dich rein! Sei eine Mauer! Wenn du diesen Weg einschlägst und ihn beibehältst, dann wirst du belohnt werden. Auch wenn das hier aus der Perspektive des jungen Mädchens geschildert ist, hat das natürlich auch Konsequenzen für die jungen Männer: Haltet euch zurück! Ich muss hier denken an den Rat eines weisen Vaters an seinen Sohn. "Sage niemals zu einer Frau ‚Ich liebe dich', solange du nicht bereit bist zu fragen: ‚Willst du mich heiraten?' Und frage niemals eine Frau: ‚Willst du mich heiraten?', wenn du nicht sagen kannst: ‚Ich liebe dich!', und das heißt: ‚Ich opfere mich für dich'." Wie geht ein kleines, ziemlich ahnungsloses Mädchen, das das Leben noch weitgehend mit arglosen Augen wahrnimmt, mit solchen Belehrungen um? Bezeichnenderweise steht es nicht da. Aber es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie sie auf die Ratschläge ihrer älteren Geschwister spontan reagiert. Wenn es sich damals genauso verhielt, wie es meistens heute der Fall ist, dann reagiert die kleine Schwester vermutlich folgendermaßen: "Das geht euch gar nichts an!" "Mischt euch nicht in meine Angelegenheiten ein!" "Von euch lasse ich mir nichts vorschreiben!" "Ich bin schon selber groß!" Aber dann, nach wenigen Jahren ist sie älter geworden und auch reifer. Sie hat bei sich Gefühle des Verliebtseins wahrgenommen und auch festgestellt, was es heißt, dass Jungen an ihr Interesse zeigen und sie hat auch recht gelernt, wie man das anstellt, dass sie nicht übersehen wird. Wir sind alle geschlechtliche Wesen und zwar von Geburt an. Entweder bist du ein Junge oder ein Mädchen, entweder Mann oder Frau. Nun weiß ich auch, dass es seit dem Jahr 2018 möglich ist, sich auch noch das Geschlecht "d" für "divers" standesamtlich zuzueignen. Ich weiß auch, dass es möglich ist, wenn jemand, der mit männlichen Geschlechtsorganen zur Welt kommt, in seinem Teenageralter erklären kann: "Ich bin weiblich, und ihr alle müsst mich von nun so behandeln." Aber solche Gesetze stellen nur erneut unter Beweis, wie weit das Genderdenken von Gott, dem Schöpfer und der Realität der Schöpfung entfernt ist. Normalerweise ist es so, dass es bereits im Kindergarten ganz wichtig ist, ob man ein Junge ist oder ein Mädchen. Nur ein vom Genderwahn besessenes Volk steigert sich allen Ernstes in die Idee, es sei lediglich anerzogen, ob man sich als Junge oder als Mädchen verstehe. Nur eine Gesellschaft, die Gott den Schöpfer nicht in Erkenntnis haben will, ist dazu verflucht, einen solch absurden Quatsch für bare Münze zu nehmen. In Wahrheit ist diese Ideologie nichts als ein großer Unsinn. Wir sind geschlechtliche Wesen: Gott schuf den Menschen als Mann und als Frau. So steht es bereits im ersten Kapitel der Bibel (1. Mose 1, 27). So war es von Anfang an. Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man das Verliebtsein entdeckt. Man spürt, was es heißt, ein junges Mädchen bzw. ein junger Mann zu sein. Wenn das Interesse am anderen Geschlecht erwacht, erlebt man das häufig als eine unerhörte Macht, die das Denken und das Fühlen eines jungen Menschen weitestgehend in Beschlag nimmt. Alles dreht sich plötzlich um dieses Thema. Dann macht dieser kurze Abschnitt aus dem Hohelied einen zeitlichen Sprung. Das Mädchen ist inzwischen in die Pubertät gekommen. Auf einmal versteht sie, was ihr in ihrem Elternhaus vermittelt wurde. Sie fängt an zu begreifen, was gemeint ist, als ihre Familie von Tür und von Mauer sprachen. Damit steht sie selbst vor der Frage: Was will ich sein: Tür oder Mauer? Sie fasst den Entschluss: Ich bin eine Mauer. Sie fügt hinzu: und meine Brüste sind wie Türme (Hohl. 8, 10). Gerade angesichts dessen, dass sie erkennt, dass sie eine Frau wird, dass sich ihre Brüste bilden und sie diesen Prozess dankbar akzeptiert, setzt sie in ihrem Herzen fest, sich selbst in Anstand zu bewahren: Ich bin eine Mauer (Hoheslied 8, 10). Von ihren Brüsten spricht sie in diesem Zusammenhang als von Türmen. Mit anderen Worten: Sie entschließt sich, eine rundum sichere und unerschütterliche Festung zu sein, vergleichbar mit einer Mauer, die sogar noch durch Türme befestigter ist. Sie will sich in ihren Wünschen, in ihren Sehnsüchten rein bewahren: Ich bin eine Mauer, und meine Brüste sind wie Türme (Hohl. 8, 10a). Warum fasst sie diesen Entschluss? Wofür will sie ihre Geschlechtlichkeit rein erhalten? Hören wir einmal, was sie selbst dazu sagt: Da wurde ich in seinen Augen wie eine, die Frieden findet (Hoheslied 8, 10). Es ist möglich diese Aussage so wiederzugeben. Aber es gibt noch eine andere Übersetzungsmöglichkeit. Diese erscheint mir vom Zusammenhang her sogar naheliegender: Da wurde ich in seinen Augen wie eine, die sich hingibt. Oder: ... die sich ausliefert. Oder: ... die kapituliert. Frei übersetzt könnte man den Sinn auch wiedergeben mit: ... die "Ja" sagt. Stellen wir uns eine starke Festung vor. Sie wird belagert. Man rennt gegen sie an. Aber die Tore sind verschlossen, und die Mauer bricht nicht ein. Wann pflegen die Bewohner normalerweise die Tore ihrer Stadt wieder zu öffnen? Nun, in der Regel geschieht das dann, wenn sie festgestellt haben, dass draußen keine Gefahr lauert. Wenn sie erkannt haben: Wir brauchen uns nicht mehr zu verschanzen. Die Lage ist sicher. Ohne Bild gesprochen: Wenn die Braut merkt: Da sind keine Hände, die grob sind, die verletzen wollen, sondern die auf mich warten: gute Hände, vorsichtige Hände, sorgsame Hände, Hände, die nicht Schaden zufügen wollen, also kein Macho-Gehabe, sondern liebende, mich bergende, schützende Hände. Nein, dieses Mädchen hatte nicht deswegen den Entschluss gefasst, wie eine Mauer mit Türmen zu sein, weil sie ihre Sexualität verneint oder gar verachtet. Das Gegenteil ist der Fall: Sie hat sich für diesen Weg entschieden, gerade weil sie ihre Sexualität hochschätzt. Gerade deswegen öffnet sie sich nicht jedem. Schon gar nicht wirft sie sich leichtfertig weg. Vielmehr bewahrt sie sich für die wahre Liebe. Selbstverständlich ist dies nicht nur eine Botschaft an junge Mädchen. Die Botschaft gilt gleicherweise für die jungen Männer: Du gehörst Christus. Also bewahre dich für die wahre Liebe in der Ehe! Dann wirst du deine Phantasie nicht durch Pornofilme oder entsprechende Internetseiten beschmutzen. Und wenn in der Schulklasse deine Kameraden mit ihren sexuellen Abenteuern protzen, dann wendest du dich ab, weil du bei deiner Entscheidung bleibst: Ich will ebenfalls eine Mauer sein. Die Versuchungen um uns herum sind zahlreich. Wir können uns ihnen nicht völlig entziehen. Aber manövrieren wir uns nicht leichtfertig in Gefahren! Vielmehr lassen wir uns durch Gottes Geist und sein heiliges Wort bewahren. Denn deine Berufung ist es, eine Mauer zu sein. 2. Deine Ehe: ein Bollwerk in dieser Welt Eine Mauer zu sein, gilt auch für die Verlobungszeit, also wenn sich zwei entschlossen haben, den weiteren Lebensweg gemeinsam zu gehen. Nachdem die beiden im Gebet vor Gott zu der Überzeugung gelangt sind, dass sie füreinander bestimmt sind, dann visieren sie ihre Hochzeit an. Auch dann gilt: Vergesst nicht, was uns Gott hier sagt: Bleibt eine Mauer! Denn die Botschaft dieser Verse aus dem Hohelied lautet nicht nur: Bewahrt euch für die wahre Liebe auf! Sie lautet: Bewahrt euch für die Ehe auf! Wir hatten gehört: Geschlechtsgemeinschaft und Ehe gehören zusammen. Gemäß der Bibel ist außereheliche Geschlechtsgemeinschaft entweder Hurerei (Unzucht) oder Ehebruch. Warum ist es eigentlich notwendig, bis zur Ehe eine Mauer zu sein? Warum ist es nicht möglich, bereits während der Verlobungszeit eine Tür zu werden? Bedenken wir bitte, mit welcher Absicht Gott uns geschaffen hat. Gott adelt uns als Mann bzw. als Frau, indem er uns in unserer Geschlechtlichkeit an seinem Schöpfungshandeln teilhaben lässt. Gott nimmt uns als Mann und als Frau hinein in das Wunder, sodass durch unser Mitwirken Wesen entstehen, die eine unvergängliche Seele haben. Das heißt: Über unserem Mann- und Frausein liegt würdevoller Glanz und damit auch über der Geschlechtsgemeinschaft: Eure Sexualität ist dazu bestimmt, dass aus eurer Zweisamkeit eine Familie wird. Uns allen ist bekannt, dass die Kehrseite dieser herrlichen Berufung, zu der Gott die Ehe gestiftet hat, nicht selten abgrundtiefes Leid ist. Wenn in der Beziehung zwischen Mann und Frau etwas schiefläuft, hat das verheerende Auswirkungen auf unser gesamtes Leben. Das ist der Grund, warum du gerade deswegen in diesem Bereich achtsam sein musst! Spiel nicht mit deiner Geschlechtlichkeit! Mach aus deiner Sexualität kein Objekt deiner Experimentierfreudigkeit! Sei keine Tür! Der Apostel Paulus sagt es durch den Heiligen Geist unmissverständlich: Gerade mit unserer Sexualität gehören wir nicht uns selbst, sondern Christus. Wir sind zu kostbar, als dass wir nur uns selbst gehören. Wir gehören dem Herrn. Unsere Sexualität und der dreieine Gott gehören aufs Engste zusammen. Bei unserer Geschlechtlichkeit geht es keineswegs nur um ein zweiseitiges, privates Stelldichein. Vielmehr hat Christus hier ein gewichtiges Wörtlein mitzureden. Nein! Er hat nicht mitzureden, sondern er gibt die Normen vor: Du gehörst Christus. Er ist dein Herr. Christus ist der, der auch bei deiner Sexualität bestimmt, was läuft und was nicht geht. Auch mit unserer Sexualität wissen wir uns im Dienst Gottes: Du bist zu kostbar, als dass du nur dir selbst gehörst. Als Christ gehörst du Christus. Damit erhältst Du auch von ihm deine Vorgaben. Das ist der Grund, warum der Apostel Paulus den Abschnitt in 1.Korinther 6 mit der Aufforderung abschließt: Ihr seid teuer erkauft, darum verherrlicht Gott in eurem Leib und in eurem Geist, die Gott gehören (1. Korinther 6, 20). Gott will nicht, dass du ein Leben in Unzucht führst, sondern ein heiliges Leben (1. Thessalonicher 4, 3). Der Apostel hätte hier auch schreiben können: Sei eine Mauer! In unserer Gesellschaft hat Sexualität nichts mit Gott oder mit Christus zu tun. Da geht es um das Befriedigen der eigenen Gier. Darauf zielt die Pornografie. Dies ist die offenkundige Absicht derartiger Videoclips. Ihre Botschaft lautet: Es gibt keinen Gott, es gibt keine Gebote, es gibt nur Genuss. Alles muss möglich sein, solange man es selbst und der jeweilige Partner oder die jeweilige Partnerin es ebenfalls möchten. In dieser unserer Zeit können wir nur dann ein Leben in Reinheit und Heiligkeit führen, und zwar namentlich auch im sexuellen Bereich, wenn uns dieses Eine klar ist: Wir sind Christi Eigentum. Das ist die Kernaussage einer geheiligten Sexualität. Wir gehören nicht uns selbst. Sowohl unser Leib als auch unsere Seele gehören dem, der für uns am Kreuz sein Blut vergossen hat. Das junge Mädchen, das hier das Lied über ihre Liebe singt - wohlgemerkt: es ist Teil des höchsten Liedes, des Liedes der Lieder -- sie lässt sich nicht bestimmen von ihren Impulsen, von ihren eigenen Sehnsüchten und Leidenschaften. Sie versteht ihre Beziehung zu dem jungen Mann nicht getrennt von Gott. Deshalb bleibt sie solange eine Mauer bis sie sich dem Mann hingeben wird, der mit ihr die Ehe geschlossen hat. Wir können es auch anders sagen: Die beiden bewahren sich füreinander auf, bis sie bei der Eheschließung einander aus der Hand Gottes empfangen, und dann voreinander gleichsam die Tore ihrer Stadtmauern öffnen. In der Ehe dürfen wir einander sexuell genießen. Sexuelles Genießen ist angesichts dessen, was das vom Geist Gottes inspirierte Hohelied mitteilt, wahrlich nicht verboten. Im Gegenteil: Gott der Schöpfer hat uns mit dem Verlangen geschaffen, in Schöpfungslust füreinander zur Verfügung zu stehen. Darum: Genießt die Zeit zu zweit, und dankt Gott für eure Ehe! Wenn du jedoch deine sexuellen Erlebnisse von der Ehe abkoppelst, dann verherrlichst du Gott mit deinem Leib nicht. Und wenn du deiner Phantasie freien Lauf lässt, dann verherrlichst du ihn auch nicht mit deiner Seele. Für die erotische Liebe und die Sexualität hat Gott der Herr die Ehe geschaffen. Das heißt die lebenslange Verbindung von einem Mann mit einer Frau. Auf nicht wenigen Hochzeitsanzeigen, die meiner Frau und mir zugesandt werden, steht häufig so oder so ähnlich: "Gott hat uns zusammengeführt". Eine solche Aussage bringt die Dankbarkeit gegenüber Gott zum Ausdruck, dass man einander finden durfte. Gehe ich zu weit, wenn ich sage, dass in der Mitteilung, "Gott hat uns zusammengeführt", auch so etwas zu vernehmen ist, wie: Wir wissen uns füreinander verantwortlich!? Johannes Calvin sagte einmal: "Die Ehe ist wie eine Herberge auf dem Weg in die Ewigkeit." Das ist ein schöner Satz. Es lohnt sich, über ihn nachzusinnen: Gott hat uns den Ehemann bzw. die Ehefrau auch deswegen gegeben, damit wir auf unserem gemeinsamen Weg zur Ewigkeit füreinander eine Unterstützung sind. Wenn wir das erkannt haben, dann blicken wir auf unsere Ehe mit anderen Augen. Dann gerinnt das gemeinsame Beten nicht zu einer Formalität. Vielmehr erfolgt es aus der Überzeugung, dass meine Frau und ich vor Gott in der Fürbitte füreinander einstehen und dann selbstverständlich auch für andere eintreten, für die eigenen Kinder, für die Enkel, für die Gemeinde, für die Missionare, für die Ungläubigen, die uns begegnet sind usw. Nicht zuletzt auch mit dieser Absicht hat Gott die Ehe geschenkt. Ja, dann ist die Ehe ein Bollwerk in dieser Welt. 3. Dein Leben: in der Hand Gottes, egal ob du verheiratet bist oder nicht Bekanntlich verhält es sich nun aber so, dass nicht jeder die wahre Liebe findet. Unfreiwillig. Für den oder für die scheint sich die Frage Mauer oder Tür überhaupt nicht zu stellen. Was sollen die mit der heutigen Predigt anfangen? Denken wir auch an die Situation, dass jemand in seinem bisherigen Leben dermaßen schreckliche Missbrauchserfahrungen machen musste, dass sie für den Rest ihres Lebens die eigene Sexualität gar nicht mehr genießen kann. Nachdem Amnon die Tamer missbraucht hatte, kapselte sich diese junge Frau völlig ab. Furchtbar! Es ist eine Tatsache, dass Gott der Herr nicht jeden in eine Ehe führt. Diejenigen unter uns, denen diese Gabe vorenthalten ist, erfahren dies nicht selten als einen tiefen Schmerz. Und gerade dann, wenn über die eheliche Liebe gepredigt wird, fühlen sie sich peinlich außen vor, nicht dazugehörig. Wenn das auf dich zutrifft, dann möchte ich dir dazu im Namen Gottes Folgendes sagen: Bleibe auch dann dabei, dass es Gott ist, der dein Leben lenkt. Auf ihn zu vertrauen, kann dir sehr schwerfallen. Du kannst deine Ehelosigkeit als Bürde erfahren. Aber wenn Gott der Herr sie dir auferlegt, dann nimm dieses Kreuz in Selbstverleugnung an und trage es! Wenn dir vielleicht gerade an den Wochenenden die Decke auf den Kopf zu fallen droht, oder wenn du nachts alleine in deine Kissen weinst und dir dein Leben so sinnlos und so demütigend vorkommt, vergiss gerade dann nicht, dich an zwei Beispiele zu erinnern: Zum einen ist es unser Herr Jesus Christus selbst. Er war ebenfalls nie verheiratet. Er versteht dich. Vergiss ihn in solchen Situationen nicht! Zum anderen: Wenn dir das Beispiel des Sohnes Gottes zu abgehoben erscheint, dann führe dir bitte den Apostel Paulus vor Augen. Auch er war nicht verheiratet. Was hat er im Dienst Gottes geleistet, ohne dass er von einer Eheliebe genießen konnte. Paulus hatte verstanden, dass Gott ihm eine andere Aufgabe zugewiesen hatte. Und eine andere Aufgabe zu haben, heißt nicht, dass es eine geringere Aufgabe ist. Eher, wenn ich 1. Korinther 7 richtig verstehe, ist es eine sehr wichtige Aufgabe. Und außerdem: Auch wenn es dir gelegentlich so vorkommt, es ist nicht wahr: Du bist in deinem sogenannten "Single"-Sein keineswegs allein! Vielmehr darfst gerade du um die Kraft des Heiligen Geistes bitten, der auch in dir wohnt. In diesem Zusammenhang aber sollten wir als Gemeinde insgesamt noch etwas nicht übersehen, wenn wir uns klarmachen, dass manche gar nicht vor der Frage stehen Tür oder Mauer zu sein. Gerade weil unsere Sexualität und die eheliche Liebe so herrliche Geschenke von Gott dem Schöpfer sind, rufen uns der unverheiratete Bruder und die unverheiratete Schwester immer wieder ins Gedächtnis, dass die Sexualität und die erotische Liebe nicht das Letzte sind. An unseren unverheirateten Brüdern und Schwestern erkennen wir, die wir verheiratet sind, dass die Ehe nicht alles ist. Gerade durch sie tritt uns ins Bewusstsein, dass unsere Ehe zeitlich ist. Und schon aufgrund der Zeitlichkeit der Ehe kann das sexuelle Erleben niemals der höchste Genuss sein. Der höchste Genuss ist ein ewiger. Es ist der dreieine Gott. In der zurückliegenden Woche standen einige von uns am Grab von jemandem, der nach einer Zeit des gemeinsamen Lebens von 55 Jahren nun seine Frau alleine zurücklässt. Unsere Ehen sind zeitlich. Sie enden. Irgendwann bleibt einer der beiden zurück, und er oder sie wird dann Abschied nehmen müssen. Der Übriggebliebene wird seinen langjährigen Ehepartner auf den Friedhof geleiten. Er wird hinter dem Sarg hergehen, in dem der andere liegt, und er wird es aushalten müssen, in die kalte Gruft zu blicken, in die der Leib seines jahrzehntelangen Lebensgefährten versenkt wird. Die Ehe ist zeitlich. Aber jeder von den beiden gehört für alle Ewigkeit zu Christus. Bei aller Schönheit und bei allem Glück, das eine Ehe schenkt, wir wollen nicht vergessen, dass unsere Ehe lediglich eine zeitliche Abspiegelung der ewigen Liebe von Christus zu seiner Gemeinde ist. Unter diesem Gesichtspunkt, so hoffe ich, fasst es niemand als billigen Zynismus auf, wenn ich sage: Es ist gut, dass unter uns Brüder und Schwestern leben, die gerade dadurch, dass sie nicht verheiratet sind, uns allen immer wieder in Erinnerung rufen, dass das eheliche Glück, dass der sexuelle Genuss nicht das Ein und Alles ist. Wenn wir uns in unserer Gesellschaft umschauen, könnte man ja den Eindruck bekommen, als ob sich das gesamte Leben um Sex dreht und dass es jenseits davon nichts gibt, das glücklich machen könnte. Das Wort Gottes lehrt etwas Anderes. Egal ob du verheiratet bist oder nicht: dein Leben ist in der Hand Gottes. Und ihr, die ihr noch nicht verheiratet seid, sondern auf dem Weg dahin: Nehmt euch bitte rechtzeitig vor, wenn ihr miteinander fest befreundet seid und im Lauf eurer Kennenlernzeit es euch schwierig erscheint, einen angemessenen Abstand zu dem/zu der anderen zu wahren: Bewahrt euch bis zum Hochzeitstag füreinander auf! Vereinbart dies rechtzeitig! Verhaltet euch dann auch so, dass ihr es einander nicht unnötig schwermacht! Wenn das wirklich euer fester Entschluss ist, dann werdet ihr von selbst verstehen, dass es keine Super-Idee sein kann, zu zweit in den Urlaub zu fahren und nachts gemeinsam in ein kleines Zelt zu kriechen. Gerade wenn ihr euch liebt, sagt vor Gott "Ja" zueinander. Aber wirkliche, wahre Liebe wird auch "Nein" sagen können. In diesem "Nein" wird eine viel tiefere Liebe mitschwingen, als wenn man zu schnell zusammen zu weit geht. Grenzen zu ziehen in einer Zeit, in der alles "entgrenzt" werden soll, zeugt von geistlicher Reife. Einebnung der Ehe entspricht jedenfalls nicht der Berufung, zu der Gott uns berufen hat und wozu er unsere Sexualität geschaffen hat: um ein heiliges Leben zu führen nach Geist, Seele und Leib. Dann wird man sich auch einmal vor Gott seinem Richter nicht zu schämen brauchen, übrigens auch nicht voreinander und auch nicht im Blick auf andere Menschen. Darum setzt euch beide frühzeitig Grenzen! Übt euch im Bereich eurer Sexualität, heilig zu leben! Fasst den Entschluss, bis zur Ehe eine Mauer zu sein! In unserer Gemeinde wollen wir einander auch in diesem Bereich vermehrt beistehen. Wir wollen einander helfen, egal in welchem Stand auch immer ein jeder von uns sich befindet, ob als Single, ob verliebt, verlobt, verheiratet, verwitwet. Helfen wir uns gegenseitig, um rein und heilig vor dem Herrn unser Leben zu führen! In dieser Zeit postmoderner Entgrenzung heißt das: Wir wollen uns der klaren Grenzen bewusst sein. Oder um es mit den Worten des Hohelieds zu sagen: ... wie eine silberne Zinne auf der Mauer strahlen, also nicht als Tür, sondern als Mauer, um dann nach der Eheschließung, innerhalb eures Ehelebens voll und ganz füreinander und vor einander Ja zu sagen. Amen. 8