Bekennende Evangelisch-Reformierte Gemeinde in Gießen (BERG) Wortverkündiger: Dr. Jürgen-Burkhard Klautke (29.05.2022) Wortverkündigung: Offenbarung 22,1–5 Thema: Das Ende ohne Ende: Vollendung in Herrlichkeit Psalmen: Psalm 47b,1–5; Psalm 119a,12–15; Psalm 46a,1–4; Psalm 46a,5–8 Gesetzeslesung: Offenbarung 22,6–21 Erste Schriftlesung: Hesekiel 47,1–12 Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus! Das Wort Gottes bringe ich Ihnen aus Offenbarung 22,1–5. Gemeinde unseres Herrn Jesus Christus! Das letzte Buch der Heiligen Schrift, die Offenbarung, handelt von dem endgültigen Triumph des dreieinen Gottes über den Satan und über die gottfeindlichen Mächte des Bösen. Im Blick auf uns heißt das: Auch in diesem Buch der Heiligen Schrift geht es um die Errettung des Volkes Gottes. Dabei handelt es sich um die letzte Etappe der Errettung, um die Vollendung. Das Buch der Offenbarung schließt mit der Botschaft: Es ist Gott, der die neue Welt schafft. Es ist Gott, der Allmächtige, der da spricht: Siehe, ich mache alles neu. Es ist nicht ein Mensch, es ist auch nicht die Menschheit als Kollektiv, sondern es ist allein Gott, der die Neue Weltordnung zustande bringt. Jeder Versuch des Menschen, die Neue Weltordnung hinzubekommen, hat noch immer in die Katastrophe geführt. Schlimmer noch: Es ist Ausdruck seiner Rebellion gegen Gott. Wenn der Mensch auch nur anfängt, etwas Derartiges betreiben zu wollen, zeugt das von seinem Aufstand und seinem Hass gegen Gott. Gott allein hat es sich vorbehalten, die Welt neu zu schaffen. Mit dem Abschnitt, unter den wir uns heute Morgen stellen, beginnt ein neues Kapitel. Es ist das letzte Kapitel der Heiligen Schrift. Allerdings, wenn wir noch den Inhalt des Kapitels davor, also des 21. Kapitels der Offenbarung im Sinn haben, dann ist es nicht schwierig zu erkennen, dass es um die gleiche Thematik geht. Es geht noch immer um den, den Johannes auf dem Thron sitzen sieht (Offb. 21,5). Auch in Offenbarung 22 ist von diesem allmächtigen Gott die Rede und von Jesus Christus, dem Lamm. In Offenbarung 22,1 schaut Johannes den Thron Gottes und des Lammes, von dem der Strom reinen und lebendigen Wassers ausgeht. Erneut lesen wir von Gott und dem Lamm in Offenbarung 22,3: Der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein, das heißt im Neuen Jerusalem. Offenbarung 22,1–5 setzt also die Botschaft fort, die wir bereits in Offenbarung 21 hörten: Das Zelt [Hütte] Gottes ist bei den Menschen (Offb. 21,3). Mit anderen Worten: Nun ist die Bundesgemeinschaft Gottes mit seinem Volk, mit seinen Völkern wiederhergestellt. Ja sie ist nun vollendet. Das für uns Trostreiche ist: Schon heute darf der Christ im Glauben Bürger dieser Stadt sein: Unser Bürgerrecht ist im Himmel (Phil. 3,21). Wir sind im Geist bereits jetzt zum himmlischen Berg Zion gekommen, zu der Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem (Hebr. 12,22). Wenn wir die Frage stellen, ob die von Gott herabkommende Stadt konkret-materiell oder bildhaft-geistig zu verstehen ist, dann lautet die Antwort: Das, was wir hier lesen, ist wirklich. Es ist Realität. Es ist höchste Realität. Gemäß der Heiligen Schrift ist die himmlische Wirklichkeit realer als die zeitlich-irdische, also als diejenige, die wir mit unseren Sinnen wahrnehmen. Paulus schreibt einmal: Das, was wir optisch sehen können, ist zeitlich, während das, was – jetzt noch – für uns unsichtbar ist, aber uns von Gott verheißen ist, ewig ist (2Kor. 4,18). Worum es hier geht, können wir vergleichen mit dem Auferstehungsleib, den wir einmal bei der Wiederkunft Christi bekommen werden. Einerseits wird der Auferstehungsleib unserem jetzigen Leib entsprechen. Insofern besteht Kontinuität. Aber doch wird er ganz anders sein. Denn, so führt Paulus aus: Im Unterschied zu unserem Leib der Niedrigkeit ist unser zukünftiger Leib ein Leib der Herrlichkeit (Phil. 3,21). Denn der Leib, den wir erwarten, wird nicht mehr verweslich sein, sondern unverweslich; er wird nicht mehr unehrenhaft sein, sondern herrlich; er wird nicht mehr schwach sein, sondern kraftvoll (1Kor. 15,42ff). Im Gegensatz zu unserem jetzigen Leib des Todes (Röm. 7,24), der noch so häufig von seiner Fleischlichkeit bestimmt ist und gegen Gottes Gebote sündigt, wird der zukünftige Leib uneingeschränkt vom Geist Gottes bestimmt sein (1Kor. 15,44). Unser zukünftiger Leib wird auch nicht mehr dem ersten Menschen, Adam, entsprechen, sondern Christus: Wir werden das Bild des Himmlischen tragen (1Kor. 15,47.49). Was Johannes in Offenbarung 21 und 22 schaut, das sind Realitäten, ewige Realitäten. Allerdings können wir von diesen Realitäten nur in irdischen Vergleichen sprechen. Unsere Sprache hat gar keine andere Möglichkeit als dass sie Analogien mit Irdischem zieht. Nur auf dem Weg über unsere menschliche Sprache, mit der wir irdische Sachverhalte beschreiben, vermögen wir einen Zugang zu himmlischen Realitäten zu finden. Offenbarung 22,1–5 setzt die Vision fort, deren Beginn wie in Offenbarung 21 lesen. Aber indem es hier heißt: Und er zeigte mir…. (Offb. 22,1), erfolgt ein Einschnitt. Es folgt ein neuer Abschnitt. So haben wir es einerseits bei Offenbarung 21 und 22 mit einer einzigen Vision zu tun. Aber es ist so, wie wenn man in der Dunkelheit mit einer Taschenlampe hantiert: Einmal wird das eine und dann wieder das andere angestrahlt. Wenn wir das beachten, erfassen wir, dass in Offenbarung 22 der Blick des Johannes umfassender ist. Der Lichtstrahl der Taschenlampe beleuchtet mehr, und zugleich ist er durchdringender als das, was uns bisher geschildert wurde. Gewissermaßen kommt hier das von Johannes Geschaute auf den Punkt. Bevor wir aber genauer auf Offenbarung 22,1–5 eingehen, sollten wir das, was unmittelbar im Anschluss an diese Vision geschrieben steht, beachten. Wir hatten diese Verse vorhin in der Gesetzeslesung gehört. Ich erinnere an Folgendes: Dreimal ist in dem Abschnitt Offenbarung 22,6 bis 21 davon die Rede, dass Jesus Christus wiederkommt (22,7.12.20). Tatsächlich ist dies das nächste größere Ereignis. Ist uns das klar? Johannes betont nicht nur, dass das, was er schaute und dann aufschreibt, gewiss und wahrhaftig ist (Offb. 22,6), sondern er fügt hinzu, dass derjenige, der diese Worte bewahrt, glückselig ist (Offb. 22,7, vergleiche Offb. 22,9.14). Mit anderen Worten: Das intensive Studium der Offenbarung, das Beschäftigen mit dem Ewigen, hat Konsequenzen für unser Leben im Hier und Jetzt. Es ist also keineswegs so, dass das, was Gott uns hier geoffenbart hat, lediglich interessante Informationen sind, die man freibleibend zur Kenntnis nehmen kann oder die man achselzuckend an sich vorüberrieseln lassen könnte, etwa mit der Bemerkung: „Na wenn schon“ („So what“). Die einzig denkbare Folgerung aus dem, was wir hier hören, ist Heiligung: Wer Unrecht tut, der tue weiter Unrecht, und wer unrein ist, der verunreinige sich weiter, und der Gerechte übe weiter Gerechtigkeit, und der Heilige heilige sich weiter (Offb. 22,11). Mit anderen Worten: Fange bereits heute an, die Stadt, deren Erbauer Gott ist, zu suchen! So wie es der Hebräerbrief über die Erzväter berichtet: Sie trachteten (während ihres irdischen Nomadenseins) nach einer besseren, nämlich einer himmlischen Stadt (oder: Vaterland). Darum schämt sich Gott ihrer nicht, ihr Gott genannt zu werden; denn er hat ihnen eine Stadt bereitet (Hebr. 11,16). Lasst uns darin die Väter zum Vorbild nehmen und nach dieser himmlischen Stadt trachten! Suche den Thron Gottes! Trachte nach seiner Herrschaft! Überwinde im Glauben diese Welt mit seinen Versuchungen! Die Vision des Johannes ist ein Aufruf an jedes Kind Gottes, ein heiliges Leben vor dem Angesicht Gottes zu führen. Aber nicht nur das: Für diejenigen unter uns, die Jesus Christus noch gar nicht kennen, ist das, was Johannes geschaut hat, eine Aufforderung zur Umkehr: Komm! Und wer es hört, der spreche: Komm! Und wen da dürstet, der komme, und wer da will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst (Offb. 22,17)! Komm, dessen Seele in dieser Welt des Todes nach wahrhaftigem Leben schmachtet! Komm, der du in der Wüste dieser Welt am Verdursten bist! Komm zum erfrischenden Wasser des ewigen Lebens! Mit anderen Worten: Wenn wir von dem kommenden Neuen Jerusalem hören, dann geht es dem Heiligen Geist auch um das Heute. Es geht ihm darum, mit dem froh und gewiss machenden Ausblick auf das Kommende uns für die Gegenwart zuzurüsten, sodass wir heute fest ausgerichtet auf Gott den Vater und Gott den Sohn unser Leben führen, und zwar gerade in einer Zeit, in der uns die Weltgeschichte immer trüber und düsterer vorkommt. Ein rechter Hörer und Leser der Offenbarung ist nicht ein „Hans-guck-in-die-Luft“. Vielmehr ist er einer, über den Johannes in seinem ersten Brief schreibt: Wer die Hoffnung auf ihn [Jesus Christus] hat, dass er Jesus Christus sehen wird, wie er ist, der reinigt sich selbst (1Joh. 3,3). Um es mit einem Fremdwort zu sagen: Er „antizipiert“ die Zukunft hinein in sein Heute. Offenbarung 22 beginnt mit der Aussage: Er zeigte mir. Berichte über Visionen, also in denen Gott Menschen einen Blick in das Himmlische werfen ließ, haben wir in der Heiligen Schrift zahlreiche. Es war sowohl Propheten als auch Aposteln mehrfach gegeben, einen Blick in die für uns – normalerweise – unsichtbare Wirklichkeit zu werfen. Wenn wir uns einmal mit diesen Visionen beschäftigen, dann wird uns eines auffallen: Die Männer, die nur für kurze Momente in die ewige Herrlichkeit blicken durften, waren durch das, was sie da schauten, für den Rest ihres weiteren Lebens gezeichnet. Es war ihnen unmöglich, dass sie das, was sie da geschaut hatten, jemals wieder vergessen oder innerlich beiseitelegen konnten. Denken wir an Jesaja. Als er im Todesjahr des Königs Ussija den Tempel betrat, schaute er Gott den Herrn auf einem hohen und erhabenen Thron sitzen, und seine Säume erfüllten den Tempel. Seraphim standen über ihm und riefen, wobei sie sich selbst verhüllten: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heerscharen. Die ganze Erde ist erfüllt von seiner Herrlichkeit (Jes. 6,3). Seitdem bestimmte das im Tempel Geschaute Jesajas gesamtes weiteres Leben und seinen Dienst: Gott ist heilig. Das ist die Grundbotschaft, die wir im gesamten Buch Jesaja durchweg vernehmen. Immer wieder wird Gott in diesem Buch als Gott, der Heilige bezeichnet. Nehmen wir die Vision Hesekiels. Hesekiel war von Israel nach Mesopotamien verschleppt worden. Dort schaute er Gott auf einem himmlischen Wagen (Hes. 1). Das war natürlich kein UFO. Worum ging es bei dieser Vision? Hesekiel wurde auf diese Weise vor Augen geführt, dass Gott nicht an ein Haus aus Steinen gebunden ist. Gott ist nicht an den Tempel in Jerusalem gekettet. Gott ist gewissermaßen mobil. Genau diese Botschaft zieht sich durch das gesamte Buch Hesekiel. Zunächst zieht Gott Stück für Stück aus dem Tempel in Jerusalem hinaus, bis Gott dann am Ende zu seinem von ihm selbst aufgerichteten Tempel zurückkehrt. Da war Saulus von Tarsus. Wutentbrannt gegen die Christen begab er sich auf die Reise nach Damaskus. Unterwegs erschien ihm Christus. Saulus fiel vom Pferd. Und er hatte nur eine einzige Frage: Herr, wer bist Du? (Apg. 9,5). Genau diese Thematik bestimmte von nun an Paulus: Ich möchte Christus erkennen. Jahrzehnte später – er lag bereits im Gefängnis in Rom – schreibt er an die Philipper: Ich will ihn [Jesus Christus] erkennen. Es gibt immer noch Seiten an ihm, die ich nicht oder nicht genügend kenne. Aber ich jage danach, dieses himmlische Kleinod, Christus zu erfassen (Phil. 3,10–14). Schließlich war da Johannes, der Apostel. Von den damaligen politischen Machthabern war er auf die Insel Patmos verbannt worden. Als ihm Christus auf dieser entlegenen Insel erschien, fiel er zu Boden wie tot (Offb. 1,17). Warum? Wegen der Herrlichkeit Christi. Er durfte den schauen, der in Wahrheit die Kirchen- und die Weltgeschichte lenkt. Er erblickte den, der alles souverän in den Händen hat, nicht zuletzt auch seine Gerichtswege. Denken wir an die Siegel-, Posaunen- und Zornesschalengerichte. Gleich am Anfang der Offenbarung lesen wir: Alles das muss geschehen (Offb. 1,1). Es ist das apokalyptische Muss des souveränen, dreieinen Gottes. Warum muss das geschehen? Antwort: Weil dies der Weg ist, auf dem Christus seine Herrschaft in dieser Welt antritt. In Offenbarung 22,1 wird dem Johannes die zukünftige Stadt von einem der Engel gezeigt, der von Gott dazu ausersehen war, eine der sieben goldenen Zornesschalen auszugießen (vergleiche Offb. 21,9). Wenn wir Gerichte gegen ungerechte Menschen veranlassen würden, würden wir vermutlich unsere Wut und unseren Zorn in Dreckkübeln auskippen, Aber der heilige Gott verwendet für seinen Zorn goldene Schalen. Gottes Gerichte erfolgen nicht aus einer Laune. Sie sind nicht willkürlich, sondern sie sind kostbar. Denn sie verfolgen eine heilige Absicht, nämlich, dass durch alle Gerichtsschläge hindurch die Herrschaft des Sohnes Gottes in dieser Welt vorbereitet und dann aufgerichtet wird, sodass der dreieine Gott wieder uneingeschränkt zu seinem Recht kommt. Darum darf ausgerechnet einer der Engel, die den Auftrag erhalten hatten, goldene Zornesschalen über diese Welt auszugießen, dem Johannes die herrliche Vollendung zeigen. Ich bringe Ihnen das Wort Gottes aus Offenbarung 22,1–5 unter dem Thema: Das Ende ohne Ende: Vollendung in Herrlichkeit. Ich gliedere die Wortverkündigung in drei Punkte: 1. Das Ende ohne Ende ist herrlicher als der Beginn (Offb. 22,1–3a) 2. Das Ende ohne Ende ist die Herrschaft Gottes (Offb. 22,3b) 3. Das Ende ohne Ende ist die Erfüllung unseres Daseinszwecks (Offb. 22,4.5) 1. Das Ende ohne Ende ist herrlicher als der Beginn (Offb. 22,1–3a) Wir hatten bereits in Offenbarung 21 von dem Neuen Jerusalem gehört. Es ging um die Braut des Lammes. Johannes hatte von goldenen Mauern, Stadttoren und Straßen gesprochen. Dabei ging es, wenn man so will, um äußere Aspekte. Anschließend kam Johannes auf die Bewohner zu sprechen. Aber nun schaut Johannes in das Innere der Stadt. Er blickt in das Herz dieser Metropole. Er schaut in ihr Wesen, und da wird aus der Stadt ein Park, ein Garten, gewissermaßen eine Gartenstadt. Das Erste was der Seher Johannes erblickt, ist ein Strom des Lebens und Bäume des Lebens. Natürlich kommt uns da der Garten Eden in den Sinn. Dieser von Gott geschaffene Garten war am Beginn der Zeiten herrlich. Er war voll köstlicher Früchte. Vor allem aber war er der Ort, an dem Gott mit dem ersten Menschenpaar Gemeinschaft hatte. Aber der Garten Eden war auch der Ort der Verführung, der Lüge, des Betrugs: Die Schlange log und verführte die Menschen. Als die Schlange ihnen einzureden versuchte, sie könnten Gott gleich sein, wenn sie von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen essen würden, entstand beim ersten Menschenpaar Misstrauen gegen Gott. Wir wissen, wie die Begebenheit weiterging: Adam und Eva mussten den Garten Eden verlassen. Jammer, Fluch, Elend und Tod waren die Folgen dieser Übertretung. Denn Adam war das Haupt der nachfolgenden Menschheit, sodass er die gesamte nach ihm kommende Menschheit in sein Verdammungsurteil hineinriss. Nun aber am Ende ist alles wiederhergestellt. Nein! Es ist nicht nur wiederhergestellt in dem Sinn, dass nun alles repariert ist, sondern am Ende ist alles herrlicher als es jemals am Anfang war. Nur ein Beispiel dazu: Derjenige unter uns, der das Heilswerk Christi im Glauben angenommen hat, empfängt nicht nur die Gerechtigkeit Adams zurück, also die Gerechtigkeit, die das erste Menschenpaar vor dem Sündenfall besaß, sondern ihm wird die Gerechtigkeit Gottes bzw. die Gerechtigkeit Christi geschenkt. Diese Gerechtigkeit ist viel größer, weil herrlicher als das, was Adam am Anfang besaß. Das erste, was dem Apostel Johannes gezeigt wird, ist ein reiner Strom von Wasser des Lebens, glänzend wie Kristall (Offb. 22,1). Auch vom Garten Eden lesen wir über einen Strom, der den Garten bewässerte, in dem Adam und Eva lebten und der sich dann in vier Ströme teilte (1Mos. 2,10). Bei diesem Strom am Anfang der Zeiten ging es darum, dass die gesamte Erde erfrischt und befruchtet wurde. Aber bei dem Strom, von dem wir in Offenbarung 22 hören, geht es nicht allein um die Bewässerung eines Gartens bzw. einer Stadt oder der gesamten Erde mit H2O. Vielmehr handelt es sich hier um einen Strom von wahrhaftigem, ewigem Leben. Es geht um einen Strom, der nicht durch kühles Nass erfrischt und erquickt, sondern wir haben es hier mit einem Strom zu tun, der uns verwandelt. Die Quelle dieses Stromes ist auch nicht eine irdische Anhöhe, sondern er entspringt aus dem Thron Gottes und des Lammes. Während seines Dienstes auf Erden trat Jesus Christus einmal in Jerusalem auf, und zwar am letzten Tag des großen Festes, also des Laubhüttenfestes. Die Priester waren an diesem Tag damit beschäftigt, in einer feierlichen Prozession Wasser, das sie aus dem Teich Siloah geschöpft hatten, zum Tempel hinaufzubringen. Bei dieser Gelegenheit wandte sich Jesus an die Volksmenge und rief: Wenn jemand Durst hat, so komme er zu mir und trinke. Wer an mich glaubt, wie die Schrift sagt, aus seinem Leib werden Ströme lebendigen Wasser fließen. Gleich darauf folgt die Erklärung des Johannes: Dies aber sagte er von dem Geist, den die empfangen sollten, die an ihn glauben (Joh. 7,37–39). Es ist deutlich: Mit den Strömen lebendigen Wassers ist der Heilige Geist gemeint, der aus dem Leib Christi fließt. Denken wir auch an Aussagen in den Psalmen, wie etwa: Mit dem Strom deiner Wonne tränkst du deine Menschen. Denn bei dir ist die Quelle des Lebens. In deinem Licht schauen wir das Licht (Ps. 36,9.10). Oder: Ein Strom, mit seinen Bächen erfreut er die Stadt Gottes (Ps. 46,5). Oder nehmen wir das Verheißungswort aus Jesaja 33,21: Denn dort wird der Herr in seiner Majestät bei uns sein, an einem Ort der Flüsse, der breiten Ströme. Auch die Schlussverheißung aus dem Propheten Joel ist in diesem Zusammenhang zu beachten: Alle Bäche Judas werden voll Wasser sein, und aus dem Haus des Herrn wird eine Quelle hervorbrechen und das Tal Sittim (Salztal) bewässern (Joel 3 [4],18). In der ersten Schriftlesung hatten wir einen Abschnitt aus einer Vision Hesekiels gelesen (Hes. 47,1–12). Dort ist ebenfalls davon die Rede, dass aus dem Tempel Wasser fließen wird. Dieser Wasserfluss beginnt als Rinnsal, wird dann zu einem breiten Strom, und dort, wohin er fließt, macht er alles gesund, auch die salzigen Wasser wie das Tote Meer und das Mittelmeer. Alle diese Weissagungen weisen hin auf die Vollendung. Sie weisen hin auf den Neuen Himmel und die Neue Erde, in der es dann allerdings keinen Tempel aus Stein mehr geben wird, sondern der Tempel ist Gott der Allmächtige und das Lamm (Offb. 21,22). Das, was hier strömt, ist in Wahrheit der Heilige Geist: Ohne den Heiligen Geist hat niemand ewiges Leben. Es ist der Geist aus Gott, der uns offensichtlich auch in der Ewigkeit immer mehr und mehr umwandeln wird hinein in das Bild des Sohnes Gottes, Jesus Christus. An den Ufern des Stromes, der aus dem Thron Gottes und des Lammes quillt, schaut Johannes Bäume des Lebens (Offb. 22,2). Eigentlich ist hier von einem Baum des Lebens die Rede. Aber das liegt daran, dass im Griechischen das Wort Baum nicht nur für einen einzigen Baum stehen kann, sondern dass dieser Begriff auch als Kollektivbegriff verwendet wird, also so ähnlich, wie wir im Deutschen von „Wald“, „Obst“, oder „Vieh“ sprechen. Es geht hier in der Vision um „Gebäumiges“. Faktisch geht es um eine Mehrzahl von Bäumen. Johannes schaut geradezu ein Baumgefilde, das beidseitig am Ufer des Stromes des Lebens steht. So wurde es bereits von Hesekiel geschildert (47,12). Und natürlich ist der Baum des Lebens ein Wegweiser hin zu dem Holz, von dem her uns das ewige Leben entspringt: dem Kreuz Christi. Wir verstehen: Die Schau vom Baumgefilde des Lebens knüpft an das Geschehen im Garten Eden an. Aber am Ende wird alles viel, viel wunderbarer, großartiger, herrlicher sein als es am Beginn der Zeiten war. Auch bereits der Baum des Lebens im Garten Eden hatte lebengebende Eigenschaften. Deshalb war es Gnade, dass Gott nach dem Sündenfall Adam und Eva daran hinderte, vom Baum des Lebens weiterhin zu essen. Denn dann hätten sie, nachdem sie gesündigt hatten, unendlich weitergelebt. Aber wer will schon fortwährend leben in einem Zustand der Sünde und der Gottesferne? Das war der Grund, warum Gott einen Engel (Cherub) vor den Garten Eden beorderte. Es ging darum, diesen Ort zu bewachen, sodass Adam und Eva nicht mehr dorthin zurückkehren konnten. Irgendwann, spätestens durch die Sintflut, verschwand dann der Garten Eden von der Erde. An diesem Baum, so bemerkt Johannes weiter, hängen nicht nur einmal im Jahr Früchte, so wie es in der Regel in unseren Breiten der Fall ist, sondern es heißt: Zwölfmal im Jahr tragen die Bäume Früchte. Diese Botschaft zeugt von der überfließenden Lebensfülle, die uns in der Vollendung erwartet. Ausdrücklich heißt es: jeden Monat bringen die Bäume Früchte hervor. Ich will es nicht ausschließen, dass es auch in der Ewigkeit so etwas gibt wie ein zeitliches Voranschreiten. Für unser Denken ist der Begriff „Zeit“ mit Vergänglichkeit verbunden. Im Horizont unserer Erfahrung meint Zeitlichkeit stets Hinfälligkeit und Zerfall. Was aber ist, wenn wir im Blick auf die Ewigkeit bei dem Begriff der Zeit nicht an Verfall oder an Auflösung zu denken haben? Was ist, wenn in der Vollendung „Zeit“ nicht verbunden ist mit Zersetzung, Fäulnis, Vermoderung oder Verderbnis, sondern mit einer immer weiteren Zunahme von Leben und Licht und Liebe? Vermehrung ohne Stillstand! So wie Paulus es einmal schreibt, wenn er im Blick auf die Vollendung die Formulierung von Herrlichkeit zu Herrlichkeit verwendet (2Kor. 3,18). Offensichtlich ist die uns bei der Wiederkunft Christi geschenkte perfekte Herrlichkeit weiter steigerbar. Sie wird immer intensiver. Wir können uns nicht vorstellen, wie etwas, das vollkommen ist, noch vollkommener werden soll. Aber warten wir ab. Ferner lesen wir von Blättern der Bäume, die zur Heilung der Völker [der Nationen] dienen. Während die Früchte des Baumes zur Nahrung dienen, sind die Blätter heilende Arzneien für die Kranken. Einst waren es die Blätter, die Adam und Eva dazu verwendeten, um mit ihnen ihre Schande, ihre Nacktheit und ihre Scham zu verbergen. Jetzt werden durch die Blätter alle Leiden geheilt. Wir können hier auch psychischen Leiden denken, an Traumata, die wir möglicherweise lebenslang wie eine Bürde mit uns herumschleppen. Oder auch an unsere Charakterschwächen, die uns immer wieder einen Strich durch die Rechnung unseres Lebens machen. Ich weiß nicht genau, ob ich die Aussage überinterpretiere, wenn ich anmerkte, dass hier von der Heilung der Völker bzw. der Nationen gesprochen wird. Damit ist einerseits gesagt, dass das Neue Jerusalem kosmopolitisch sein wird. Es wird der Ort sein, in den Menschen aus sämtlichen Völkern und Kulturen mit Gott in Gemeinschaft leben dürfen. Andererseits aber scheint es wohl nach wie vor unterscheidbare Völker bzw. Kulturen zu geben. Oder anders herum formuliert: Im Himmel wird es keinen multikulturellen Menschheits-Einheitsbrei geben. Wenn man das heute sagt, wird einem unter Garantie sehr schnell Rassismus vorgeworfen. Aber das ist nicht der Punkt. Zunächst einmal ist es wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass der Begriff „Rassismus“ heutzutage der neue Klassenkampf-Begriff ist. Bei Marx war es die sogenannte Arbeiterklasse, die der Träger des Weltrevolution sein sollte, im Neomarxismus der Frankfurter Schule waren es die Studenten und die Intellektuellen, aus der das revolutionäre Potential für den Umsturz der Gesellschaft kommen sollte. Und da die Linken auch diese Gruppe nicht mehr als Träger des Klassenkampfes gebrauchen können, greifen sie nun auf diejenigen zurück, die wegen ihrer „Rassen“zugehörigkeit angeblich oder tatsächlich unterdrückt würden. Wenn im Himmel von unterschiedlichen Völkern bzw. Nationen die Rede ist, dann ist damit nicht ein Plädoyer für Nationalismus gehalten und schon gar nicht für die Idee, irgendein Volk sei anderen Völkern überlegen. Andererseits aber sollten wir aus der Heiligen Schrift zur Kenntnis nehmen, dass Völker oder Nationen nicht irgendein beliebiges Sammelsurium von Menschen sind, die zufällig über denselben Pass verfügen. Vielmehr war es nach der Sintflut so – man lese einmal 1.Mose 10 – dass sich die jeweiligen Völker aus Familien und Sippen zusammensetzten. Natürlich kann es dann bei einzelnen einen Wechsel der Volkszugehörigkeit geben. Denken wir an Ruth. Aber das ist nicht dasselbe wie ein multikultureller Menschheits-Einheitsbrei, den die Eliten für die von ihnen beabsichtigte Neue Weltordnung anstreben. Jedenfalls müsste noch aus der Heiligen Schrift bewiesen werden, dass im Himmel sämtliche kulturellen Identitäten eingeebnet sein werden oder zum Beispiel alle Menschen die gleiche Hautfarbe tragen werden. Kein Fluch wird mehr sein (Offb. 22,3a). Zunächst hatte Johannes in Anlehnung aber auch im Kontrast zum Garten Eden die vollendete Herrlichkeit geschildert als pures, reines, ewiges Leben, das uns aus Gott, dem Vater und dem Lamm überströmend zufließt. Wenn nun die Aufmerksamkeit von Johannes darauf gerichtet wird, dass im Himmel keinerlei Fluch mehr sein wird (Offb. 22,3a), dann steht natürlich auch dieses Detail im Horizont der einstigen Ereignisse im Garten Eden. Damals sprach Gott einen Fluch aus über die Schlange. Bei Eva war als Folge des Sündenfalls angekündigt, dass die Schmerzen ihrer Schwangerschaft groß sein werden und dass ihr Verlangen auf ihren Mann gerichtet sein wird. Und im Blick auf Adam richtete sich der Fluch auf den Ackerboden, den von nun an er und seine Nachkommen mit Mühsal, im Schweiße ihres Angesichts zu bearbeiten haben, da er Dornen und Disteln hervorbringt, bis der Mensch zurückkehrt zu der Erde, von der er genommen ist. Mit anderen Worten: Der Fluch Gottes mündet in den Tod. Wenn es nun also hier heißt, dass kein Fluch mehr sein wird, dann erinnert dies einerseits an die Ereignisse im Garten Eden. Aber es steht dazu im Kontrast. Denn im Himmel wird es keinen Fluch mehr geben. Dann wird es auch keinen Tod mehr geben. Stattdessen erwartet uns überfließendes Leben, höchste Glückseligkeit und eine unser gesamtes Wesen zutiefst erfüllende Freude. So wird das Ende nicht nur zum Beginn zurückkehren, sondern am Ende wird alles viel, viel herrlicher sein. Aber dass das Ende herrlicher ist als der Anfang ist nicht alles, was Johannes über den Himmel schauen darf: 2. Das Ende ohne Ende ist die Herrschaft Gottes (Offb. 22,3b) Am Ziel aller Wege steht Gott als der einzige Herrscher. Das ist das Entscheidende. Das wirklich Ausschlaggebende im Himmel sind nicht die wunderbaren Segnungen, die wir empfangen. Diese auch. Das schlechthin Wichtige ist, dass endlich Gott das Sagen hat: Der Thron Gottes und des Lammes wird in ihr sein und seine Knechte werden ihm dienen (Offb. 22,3b). Endlich wird der sichtbar das Regiment uneingeschränkt ausüben, der allein es verdient: Jesus Christus, der Sohn Gottes. Christus, der auf dem Thron sitzt, wird hier als das Lamm bezeichnet. Tatsächlich ist die Grundlage für die Herrschaft Christi sein Sieg auf Golgatha, als er dort für uns das ewige Leben und die Heilssegnungen erwarb und dem Teufel, der Schlange, den Kopf zertrat. Ja, da ist der kristallhelle, der erfrischende Strom des Lebens. Du, der du müde und matt bist, du darfst schon heute im Glauben dorthin eilen. Für dich ist bereits heute lebendiges Wasser bereit. Es wachsen an den Ufern des Stromes unübersehbar viele Bäume des Lebens, die reichlich und vielfältige Frucht tragen: Hinzu kommen die Blätter, die allen deinen Schaden heilen. Aber was vor allem anderen im Himmel wichtig ist, das ist, dass dort Gott und das Lamm präsent sind, dass im Himmel der dreieine Gott im Mittelpunkt steht, dass seine Autorität uneingeschränkt gilt. Und von diesem dreieinen, souveränen Gott strömt seine unaufhörliche, sich nie verzehrende Liebe auf uns herab. Es ist dieser Thron Gottes, um den das gesamte soziale Leben kreist. Wir lesen: Seine Knechte werden ihm dienen. Bei diesem Dienen, und zwar Tag und Nacht (Offb. 7,15) geht es um Gottesdienst ohne Ende. In den himmlischen Gottesdiensten wird es keine Predigten mehr geben. Denn im Himmel benötigen wir nicht mehr, dass wir durch das Hören auf das Wort Gottes auf Gott und auf das Lamm ausgerichtet werden. Anders als hier auf Erden ist im Himmel auch keine Korrektur, keine Wegweisung, keine Aufmunterung mehr notwendig. Auch werden wir im Himmel nicht mehr die Bibel studieren. So stellten sich die Juden das vor, dass sie bis in alle Ewigkeit die Thora studieren können. Nein! Aber eines wird im Himmel sein und bleiben: Anbetung. Liturgie. Die Knechte Gottes werden ihm dienen. Dazu hat Gott uns Menschen geschaffen und dazu hat er uns erlöst, um Gott Herrlichkeit, Ehre, Ruhm Lob darzubringen. Denn das ist hier mit dienen gemeint. Und darum sollten wir diesen Dienst schon hier auf Erden in unseren Gottesdiensten einüben, und zwar durch aktives Sich-Beteiligen im Gottloben, Singen und Bekennen, und zwar nicht nur mit dem Mund, sondern auch mit unserem Herzen. Denn das wird für uns, die wir Gott gehören, unsere Aufgabe, unser Zweck sein bis in alle Ewigkeit. Wann beginnt dieser Dienst? Er beginnt mit unserer Bekehrung. Denn Bekehrung heißt, dass ich von nun an nicht mehr mir selbst lebe, sondern dass ich für Gott lebe, um ihm zu dienen. Damit sind wir beim dritten Punkt der Wortverkündigung: 3. Das Ende ohne Ende ist die Erfüllung unseres Daseinszwecks (Offb. 22,4.5) Was ist denn der Zweck unseres Lebens, unseres Daseins? Wozu hat uns Gott geschaffen? Wozu leben wir? Wir hatten eben gerade schon die Antwort bekommen: um Gott zu dienen. Wir können auch sagen, um Gott widerzuspiegeln als sein Bild. Das heißt konkret: Gott von ganzen Herzen, mit aller Kraft zu lieben und unseren Nächsten wie uns selbst. Johannes schaut hier: Sie werden sein Angesicht sehen und sein Name wird auf ihren Stirnen sein. Genau damit gelangt das Geschöpf, das im Bild Gottes geschaffen worden ist, zu seiner Bestimmung: Gott widerzuspiegeln, um so immer mehr und mehr und mehr hineinverwandelt zu werden in sein Bild. Einst segnete Aaron das Volk Israel unter anderem mit dem Ausspruch: Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir (4Mos. 6,25). Mit diesem Segen werden auch wir am Schluss jedes Gottesdienstes in den Alltag entlassen. Hier nun wird Gottes Angesicht ohne jegliche Trübung auf uns strahlen. Dass Gottes Name auf der Stirn der Knechte Gottes steht, heißt nicht zuletzt, dass diese Menschen von Christus Erkaufte sind, dass sie sein Eigentum sind und dass sie nun sein Wesen tragen. Mit dem, was auf den Stirnen geschrieben steht, wird also sowohl ein Rechtstatbestand als auch ein Wesenstatbestand zum Ausdruck gebracht. In der ersten Schöpfung, und zwar noch vor dem Sündenfall, wird von Finsternis berichtet. Gott schied am ersten Tag der Schöpfung die Finsternis vom Licht. Aber in der Vollendung wird es keine Finsternis mehr geben und auch keine Gestirne: Und es wird dort keine Nacht mehr geben, und sie bedürfen nicht eines Leuchters [Lampe], noch des Lichtes der Sonne, denn Gott, der Herr erleuchtet sie (Offb. 22,4). Unsere Hoffnung ist der ewige Tag. Es wird einzig und allein das Licht Gottes strahlen, sein Glanz, seine Pracht, die auf den Angesichtern derer, die ihm gehören, widerstrahlt. Der abschließende Satz der Vision lautet: Sie werden herrschen von Ewigkeit zu Ewigkeit. Hatten wir nicht eben gerade gehört, dass wir im Himmel Gott dienen werden? Wieso ist dann hier die Rede von herrschen? Tatsächlich besteht in unserem Denken ein Gegensatz zwischen Herrschen und Dienen: Entweder man gehört zu denen, die oben sind oder zu denen, die unten sind. Aber bereits in der ersten Schöpfung vor dem Fall war das von Gott anders gedacht. Adam war dazu bestimmt, über alles zu herrschen. Er erhielt den Auftrag, sich die Erde untertan zu machen (1Mos. 1,27). Aber diesen Auftrag sollte der erste Mensch ausüben in der Unterordnung unter Gott, im Dienst für ihn. Der Himmel ist nicht nur ewiges Leben, sondern er ist auch Gottes ewiges Reich, seine ewige Herrschaft. Und auch daran werden wir beteiligt. Bereits jetzt sind wir als Bürger seines Reiches berufen, im Leben zu herrschen (Röm. 5,17). Der Apostel Paulus meint damit, dass wir uns nicht bestimmen lassen sollen von unseren Lüsten und Begierden. Auch dürfen wir bereits jetzt durch unser Gebet an der Herrschaft Gottes teilhaben. Oetinger formulierte einmal: „Die Fürbitte der Kinder Gottes ist ihre Teilhabe am Weltregiment Gottes schon heute.“ Tatsächlich sind wir in diesem Sinn bereits heute dazu berufen, nicht nur Priester zu sein, sondern auch Könige (1Petr. 2,9; Offb. 1,6). Aber im himmlischen Reich wird unser Teilhaben am Herrschen kein Ende haben. Es wird ein ewiges Herrschen sein unter Gott, und das wird, wie es Augustinus formulierte, ein Ende ohne Ende sein: Herrlichkeit in Vollendung. Amen. 7