Vollzieht sich vor unseren Augen die Erfüllung des Gerichts über die Philister (Hesekiel 25, 15-17 und Zephanja 2, 4-7)?
Es wird des Öfteren behauptet, gewisse alttestamentliche Weissagungen über die damaligen Feinde Israels würden sich heute im Nahen Osten erfüllen. Zum Beispiel, so sagt man, würde sich im Gericht über die palästinensische Terrorgruppe Hamas die Erfüllung von Hesekiel 25, 15-17 und Zephanja 2, 4-7 anbahnen. Hesekiel 25, 15-17: So sagt der Herr, Jahweh: "Weil die Philister aus Rache handelten und sich rächten, mit Verachtung, von der Seele aus, zur Zerstörung in ewiger Feindschaft, 16 darum", so sagt der Herr, Jahweh: "Siehe! Ich strecke meine Hand gegen die Philister aus, und die Kreter rotte ich aus, und den Überrest an der Küste des Meeres tilge ich aus. 17 Und ich werde große Rache an ihnen vollziehen mit grimmigen Züchtigungen. - Und sie werden erkennen, dass ich Jahweh bin, wenn ich meine Rache über sie bringe." Zephanja 2, 4-7: "Ja, Gaza wird verlassen und Aschkelon zur Einöde, Aschdod - am Mittag wird man's vertreiben, und Ekron wird entwurzelt. 5 Weh, Bewohner des Landstrichs am Meer, Volk der Kreter! Das Wort Jahwehs wider euch, Kanaan, Land der Philister! Ja, ich vernichte dich, dass kein Bewohner mehr bleibt! 6 Der Landstrich am Meer soll zu Weideplätzen werden, zu Auen der Hirten und zu Hürden für das Kleinvieh. 7 Der Landstrich soll dem Überrest des Hauses Juda zufallen; die sollen weiden auf ihm, in den Häusern Aschkelons sollen sie lagern am Abend; denn Jahweh, ihr Gott, sucht sie heim und wird ihr Geschick wenden." Die Erfüllung des göttlichen Gerichts über die Ammoniter (Hesekiel 25, 2.5; Zephanja 2, 8-10), über die Moabiter (Hesekiel 25, 8-11; Zef 2, 11) und über die Edomiter (Hesekiel 25, 12-14) und über die Philister (Hesekiel 25, 15-17; Zephanja 2, 4-7) bezieht sich nicht auf zeitgenössische Ereignisse im Nahen Osten. Der nähere Zusammenhang von Hesekiel 25 zeigt, dass es um ein damaliges Gericht über jene Völker im 6. Jahrhundert v. Chr. geht. Das in Hesekiel 25 und Zephanja 2 angekündigte Gericht wurde durch die Babylonier (Chaldäer) im 6. Jhdt. v. Chr. vollzogen, nicht in unserer Zeit. Die Völker Moab, Ammon, Edom und die Philister gibt es heute nicht mehr. Wir dürfen Menschen, die heute in denselben geographischen Gebieten leben, in denen jene Völker damals lebten, nicht mit antiken Völkern gleichsetzen. Eine Identifizierung der Terrorgruppe Hamas mit den Philistern ist mit Sicherheit nicht gerechtfertigt. Alttestamentliche Weissagungen, die vom Gericht über die Philister sprechen, dürfen nicht auf die heute im Gazastreifen lebenden Menschen bezogen werden. Es sei darauf hingewiesen, dass die alttestamentliche Prophetie grundsätzlich keine zukünftige Jenseitsvorstellung kennt. Alle Zukunftsverheißungen des (wahren, d. h., treuen) Israel sind im AT diesseitig gezeichnet. Das AT gibt keinen Hinweis darauf, dass das ewige Erbe der Treuen ein himmlisches (jenseitiges) ist. Das erfahren wir erst im NT. Und wenn das AT von der völligen Ausrottung Babylons (z. B. Jesaja 13; Jeremia 51), Edoms (z. B. Jesaja 34) und der Philister (Hesekiel 25) spricht, wird die Ausrottung in diesseitiger Sprache gezeichnet (z. B. ewige Wüstenei/Einöde, Ausrottung aller Bewohner, Zusammenrollen von Himmel und Land, Verwandlung der Städte in Weideplätze von Kleinvieh). Es versteht sich von selbst, dass Menschen, die heute, ca. 2500 Jahre später, im Gebiet der damaligen Philister (im Gazastreifen) leben, nicht eine Strafe erhalten, die die damaligen Philister im 6. Jahrhundert v. Chr. verdient hatten. Ist "Rosch" in Hesekiel 38 ein Hinweis auf Russland? Hesekiel 38 und 39 beschreiben den Sieg Gottes über die Feinde des an den Messias glaubenden Gottesvolkes. Dazu werden aussagekräftige Bilder verwendet: Gog, ursprünglich der Archetypus der menschlichen Rebellion gegen Gott (1. Mose 10), und Magog werden erwähnt. Gottes Sieg über die Feinde des wahren Gottesvolkes bereitet den Weg für den neuen, ewigen Tempel und dem ewigen Gottesdienst und das neue ewige Land und das neue, ewige Jerusalem vor. Diese Dinge werden in den auf Kapitel 39 folgenden Kapiteln (40-48) beschrieben. Hesekiel 38, 1: "Und das Wort Jahwehs geschah zu mir so: 2 Menschensohn, richte dein Angesicht gegen Gog, Land des Magog, Hauptfürst (and. üsn: Fürst von Rosch,) von Meschech und Thubal, und weissage gegen ihn." Rosch bedeutet "Haupt". Nassi Rosch, Meschech we-Thubal" bedeutet: "Hauptfürst von Meschech und Tubal". Andere üsn.: "Fürst von Rosch, Meschech und Thubal". Erstere Übersetzung ist die bessere und naheliegende. Zum Gebrauch von rosch als "Haupt" vgl. 2Kg 25, 18: "Und der Oberste der Leibwache nahm Seraja, den Hauptpriester" (Kohen haRosch); 1Ch 27, 5: "Benaja, der Sohn Jojadas, des Priesters, als Haupt" (haKohen Rosch: nicht: "des Priesters Rosch") "Rosch" hat nichts mit Russland zu tun. Der Name Russland kam durch skandinavische Wikinger nach Kiev im Mittelalter. Diese eroberten ein Volk namens Rukh-As bzw. Rus. (Herbert J. Ellison, History of Russia, Rinehart/Winston 1964; S. 12, zit. in JETS, 39/1, March 1996, S. 29ff). Meschech hat nichts mit Moskau zu tun und Thubal hat nichts mit Tobolsk zu tun. Meschech (Muschku) und Thubal (Thobal) liegen in Zentral- und Ost-Anatolien (später Phrygien; heute Türkei). Sie waren keine russische Städte, sondern Völkergruppen, die mit Tyrus Handel trieben (Hesekiel 27, 13). Magog, Tubal und Meschech waren Söhne Japhets. Assyrische Texte lokalisieren Meschech und Tubal in Mittel- und Ost-Anatolien (E. Yamauchi, The Scythians, BA 1993; S. 96.). Mit dem "hohen Norden" ist nicht Russland, sondern sind die Gegenden der heutigen Türkei bzw. des nördlichen Zweistromlandes (Mesopotamien) gemeint. Kusch (Äthiopier) und Put (Libyer) waren Völker in Nordafrika. Togarma sind Nachkommen von Gomer (den Kimmerern), sie siedelten sich in Armenien an und gründeten das Reich Urartu (Ararat), wurden dann von den Skythen in Richtung Kaukasus vertrieben. Warum kann Gog und "Rosch" nicht Russland sein? (Vgl. JETS, Journal of The Evangelical Theological Society 39/1, März 1996, S. 29-46) Hesekiel schrieb ca. 590 v. Chr. Er hätte niemals den Ausdruck Rosch für Russland verwendet. Der Name Rus wurde im Mittelalter durch die Wikinger in die Kiew-Region gebracht. Im Jahr 862 n. Chr. kamen Slawen nach Schweden und erbaten sich Fürsten, die über sie herrschen würden. Daraus entstand die Kiewer Rus, das Rus-Land. Vgl. Wikipedia: Der Name leitet sich vom Volk der Rus ab, welches vermutlich normannischer Abstammung war und in der zweiten Hälfte des ersten Jahrtausends nach Christus die Flüsse dieser Region (altnordisch Gardarike) befuhr. Der Name wird heute überwiegend vom nordischen roðr für "Rudern, Rudermannschaft" hergeleitet.[2] Der erste Staat auf diesem Gebiet war die Kiewer Rus, die im 11. Jahrhundert ihre Blütezeit erlebte. In der Nestor-Chronik spielen die Rus und die Waräger eine herausragende Rolle. Rus ist dort die Bezeichnung für ein Volk oder für die Gesellschaftsschicht, die die Macht ausübte, und Rus wurde auch zum Namen ihres Gebietes, (wie: Böhmen oder Ungarn.) Als Rus zur Bezeichnung eines Herrschaftsbereiches geworden war, wurde "die Rus" zur Bezeichnung der Bewohner dieses Bereiches - unabhängig von ihrer Stammeszugehörigkeit. So übertrug sich der Name von den Eingewanderten auf die Alteingesessenen. ... Vorher war Rus der Ausdruck für die Nordgermanen gewesen. Beziehen sich die Verse Daniel 11, 40-45 auf einen endzeitlichen Herrscher? "Und zur Zeit des Endes wird der König des Südens sich mit ihm stoßen. Und der König des Nordens wird ‹wie ein Wirbelwind› gegen ihn heranstürmen mit Wagen und mit Reitern und mit vielen Schiffen und wird in die Länder eindringen und ‹sie› überschwemmen und überfluten, 41 und er wird in das Land der Zierde kommen. ... 45 Und sein Palastzelt [w.: die Zelte seines Palastes, d. h., seine palastartigen Königszelte] schlägt er auf zwischen dem Meer" [o.: zwischen den Meeren] und dem Berge der heiligen Zierde. - Und er kommt zu seinem Ende. Und es ist keiner da, der ihm helfe." Beziehen sich diese Verse auf Antiochus IV oder auf einen zukünftigen "König des Nordens", den so gen. "Antichristus" (bzw. den "Menschen der Sünde")? Letzterer Auffassung sind z. B. Gerhard Maier ("Der Prophet Daniel", Wuppertaler Studienbibel, Wuppertal 1982, S. 406), Joice G. Baldwin ("Daniel", Tyndale Commentaries, Leicester 1978, S. 201f). Baldwin stellt (zurecht) fest, Antiochus starb nicht in Palästina, sondern in Syrien (Polybius, 31, 9, Loeb Edition, zit. bei Baldwin): "In dem Wunsch, sich Geld zu verschaffen, entschied sich in Syrien der König Antiochus für einen Eroberungsfeldzug gegen das Heiligtum von Artemis in Elymais. Dort angekommen wurden seine Hoffnungen zerschlagen, da die fremden Stämme, die in der Nachbarschaft wohnten, diese Gräueltat nicht zulassen wollten. Und auf seinem Rückzug wurde er mit Wahnsinn geschlagen, angeblich aufgrund von gewissen Offenbarungen göttlichen Missfallens, das auf den vorhin erwähnten Versuch jener Gräueltat zurückzuführen gewesen sei; so starb er in Tabae in Persien." (Übersetzung aus dem Engl. von mir.) Carl Friedrich Keil ("Biblischer Commentar über den Propheten Daniel", Leipzig 1869, S. 389-390) schreibt: "Nach 1. Makkabäer 3, 27ff beschloss Antiochus auf die Nachricht von der siegreichen Erhebung der Makkabäer und den Schlachten, die Judas gewonnen hatte, da er sah, dass ihm das Geld zur Fortführung des Kriegs mangeln würde, nach Persien zu ziehen und die Steuern der Länder zu erheben (...) und zog, nachdem er dem Lysias als Statthalter die Hälfte seiner Kriegsmacht übergeben hatte, um damit die Macht Judas zu zermalmen, mit der anderen Hälfte seines Heeres von Antiochia aus über den Euphrat durch die oberen Länder, d. h. die hochgelegenen Länder jenseits des Euphrat (...). Dort hörte er von den großen Schätzen einer reichen Stadt in Persien und beschloss, diese Stadt zu überfallen und ihre Schätze zu plündern, wurde aber, da die Bewohner von seinem Vorhaben Kunde erhielten, zurückgeschlagen und genötigt, sich unverrichteter Sache nach Babylon zurückzuziehen. Auf dem Rückzug erhielt er noch in Persien die Nachricht von der Niederlage des Lysias im Kampf mit den Makkabäern und von der Wiederherstellung des Jahweh-Altars zu Jerusalem, worüber er vor Schreck und Betrübnis in eine Krankheit fiel und an derselben starb. (1. Makkabäer 6, 1-16). Die geschichtliche Wahrheit dieses Berichts wird durch Polybius bestätigt. (Fragm. 31, 11)." Barnes, Ellicott, Stuart, Zoeckler zeigen, dass sich die Verse 11, 40-45 auf Antiochus IV beziehen. Moses Stuart (Commentary on the Book of Daniel, Boston 1850) schreibt (S. 354): "Tatsächlich haben uns weder Appia noch Polybius noch Justin noch Livius noch Josephus Einzelheiten über diesen letzten Krieg des Antiochus überliefert. Wen gibt es, der ihre syrischen Geschichtsberichte gelesen hat und nicht weiß, dass es nur Zusammenfassungen, Reststücke und Fragmente sind, die uns von jenen Schriftstellern bezüglich Antiochus erhalten geblieben sind? Kein Wunder also, wenn wir über Antiochus nicht alles wissen." Ein argumentum e silentio (ein Argumentieren aus dem Schweigen heraus, d. h., Schlussfolgerungen zu ziehen lediglich aufgrund des Nichtvorhandenseins von positiven Aussagen) ist in der Erforschung der Geschichte unzureichend und unbefriedigend. Die Weissagung von Daniel 11 nötigt keinesfalls, anzunehmen, dass die Verse 40-45 sich nicht auf Antiochus beziehen. Hieronymus beruft sich auf Porphyrius, der schrieb, dass die sich V. 40-43 auf den letzten Krieg des Antiochus gegen Ende seines Lebens beziehen. Stuart (S 355) zitiert Hieronymus's Bericht von Porphyrius: "... er (Antiochus) kämpfte im elften Jahr seiner Herrschaft (d. i. 165 v. Chr., Anm. v. Verf.) gegen Ptolemäus Philometer, den Sohn seiner Schwester, der, als er erfuhr, dass Antiochus käme, viele Tausende von Truppen sammelte. Aber Antiochus durchzog mit Wagen, Reitern und einer zahlreichen Kriegsflotte wie ein Sturm viele Länder und verwüstete beim Durchzug alles, was er antraf. Und er kam nach Judäa und befestigte dort aus den Ruinen der Stadtmauern einen Turm. Danach zog er weiter nach Ägypten." Hieronymus widersprach dem Zeugnis des Porphyrius nicht. Stuart folgert: Warum sollte die Bestätigung des Berichtes über den letzten Ägyptenfeldzug des Antiochus durch Porphyrius und Hieronymus nicht ausreichen, um Daniel 11, 40-45 als historisch und wahr anzunehmen? Es gibt tatsächlich keinen triftigen Grund, diese Verse nicht auf Antiochus zu beziehen. Der Text selbst gibt keinen Anlass, das Subjekt auf jemand anderen als den bereits definierten damaligen "König des Nordens" (Daniel 11, 21-39) zu beziehen. Zum Text: V. 40A: "Und zur Zeit des Endes ..." Wie ist der Ausdruck "zur Zeit des Endes" (V. 40) zu verstehen? Er kommt bereits in Daniel 8, 17.19 vor: "... Und er sagte zu mir: Verstehe, Sohn des Menschen, denn das Gesicht [geht] auf die Zeit des Endes. ... 19 Siehe! - ich werde dir kundtun, was im letzten Zeitabschnitt der Verfluchung geschehen wird, denn es [geht] auf die festgesetzte Zeit des Endes." Die darauf folgende Prophezeiung bezieht sich dann auf Antiochus. Die "Zeit des Endes" in Dan 8 ist die Zeit des Antiochus. Gemeint ist das Ende des letzten von den (in Daniel 2 und 7 und 8) genannten Königreichen. In Daniel 11 und 12 werden die Ausdrücke die "Zeit des Endes" bzw. das "Ende" (Daniel 11, 27.35.40; Daniel 12, 4+9) und der Ausdruck "festgesetzte Zeit" (11, 27.35; vgl. a. 8, 19; 10, 14) auf die Zeit bezogen, in der die Herrschaft des seleukidischen Königs (König des Nordens, Antiochus IV) zu einem Ende kommt. Das ist die "Endzeit" der syrischen Königsherrschaft. Nach Antiochus IV verfiel die Macht Syriens zusehends. Wikipedia (unter "Seleukidenreich") nennt die Zeit von 164-129 v. Chr. das "vergebliche Ringen gegen den Niedergang". Ab 129 v. Chr. war das Seleukidenreich nur noch eine Regionalmacht, die unter dem Einfluss ihrer Nachbarstaaten stand. Pompeius setzte im Jahr 63 v. Chr. der seleukidischen Herrschaft ein letztes Ende und richtete die römische Provinz "Syria" ein. V. 40: "Und zur Zeit des Endes wird der König des Südens [d. h.: der König der Ptolemäer in Ägypten] sich mit ihm [d. h.: mit dem König des Nordens, Antiochus] stoßen." Die Könige mit ihren Heereskräften "stoßen" sich. (Zum Wort "stoßen" vgl. Daniel 8, 4-7). Es handelt sich um dieselben Könige wie in den vorigen Versen. "Und der König des Nordens wird ‹wie ein Wirbelwind› gegen ihn [d. h.: gegen den König des Südens] heranstürmen mit Wagen und mit Reitern und mit vielen Schiffen und wird in die Länder eindringen und sie überschwemmen und überfluten, ..." Keil meint, Porphyrius' Bericht wäre unzuverlässig, weil Antiochus nicht genügend Mittel zu einem solchen Kriegszug gehabt hätte, war er doch in Geldnot. Stuart bestreitet dies mit Hinweis auf 1. Makkabäer 3, 27-39. Antiochus - zwar in Geldnot - besaß ein großes Heer, er war keineswegs militärisch so geschwächt, dass er nicht hätte Krieg führen können. Die Hälfte seines Heeres machte 47 000 Soldaten aus. Vgl. 1. Makkabäer 3, 34-39: "Zugleich übergab er [Antiochus] ihm [Lysias] die Hälfte des Kriegsheeres, sowie die Elefanten, und gab ihm Aufschluss über alle seine Pläne, und zwar besonders hinsichtlich der Bewohner Judäas und Jerusalems: 35 Er solle ein Heer gegen sie entsenden, um die Macht der Israeliten und was von Jerusalem noch übrig war, völlig auszurotten, ... 37 Der König selbst nahm hierauf die andere Hälfte des Heeres und brach von seiner Residenz Antiochien im Jahre 147 [d. i. 165 v. Chr.] auf, ging über den Euphratstrom und durchzog die oberen Länder [d. i.: die Landschaften des Hochlandes von Mittelasien]. 38 Lysias ... 39 ... sandte ... 40.000 Mann zu Fuß und 7000 Reiter; die sollten ins jüdische Land ziehen, um es nach dem Befehl des Königs zu verheeren." (Üsg. n. H. Menge). V. 41: "... und er wird in das Land der Zierde kommen." Jener letzte Kriegszug des Antiochus gegen Palästina kann nicht so blutig wie die vorigen gewesen sein. Der Grund ist offensichtlich. Das Land war zum größten Teil bereits unterworfen und wurde von der syrischen (seleukidischen) Militärregierung unterdrückt. Außerdem hatte er viele Anhänger unter den hellenisierten (abgefallenen) Juden. Es gab nur wenige, die noch Widerstand leisteten. In der großen Schlacht von Gorgias (1. Makkabäer 4; 165 v. Chr.) hatte Judas Makkabäus nur 3000 Mann auf seiner Seite, und die waren schlecht bewaffnet (1. Makkabäer 4, 6). Da diese letzte Invasion des Antiochus von ihren Auswirkungen her nicht sonderlich groß war, wird sie hier nur kurz erwähnt. V. 41M: "Und viele ‹unterliegen und› kommen zu Fall. Aber diese entkommen seiner Hand: Edom und Moab und die Vornehmsten der Söhne Ammons." Warum werden Edom, Moab und Ammon erwähnt? Wahrscheinlich deshalb, weil sie zum ägyptischen Herrschaftsgebiet gehörten. (Zu jener Zeit waren sie keine eigenständigen Völker mit eigenen Ländern mehr.) Und sie wären wohl von Antiochus überrannt worden, hätten ihre Gebiete auf dem Wege gelegen, wo er durchzog. Weil sie aber östlich davon wohnten, konnten sie "entkommen". V. 42A: "Und er streckt seine Hand nach den Ländern aus." Diese übrigen erwähnten "Länder" sind wahrscheinlich weitere Gebiete, die Ägypten unterstanden und die die syrischen Heere auf ihrem Marsch Richtung Ägypten durchzogen. V 42E: "Auch das Land Ägypten entkommt nicht." Die Invasion in Ägypten hatte dieses Mal Erfolg. Keil bestreitet, dass sich dies auf Antiochus beziehe. Er meint: Wenn Antiochus damals nochmals nach Ägypten gekommen wäre, dann hätten sich ihm die Römer entgegengestellt (wie in Daniel 11, 29.30). Aber warum die Römer nicht eingriffen und wie viele römische Truppen zu jenem Zeitpunkt dort gegenwärtig waren, wissen wir gar nicht. Keils Vermutungen sind sehr spekulativ und vage. V. 43A: "Und er [d. i.: der König des Nordens] herrscht über Schätze an Gold und Silber und über alle Kostbarkeiten Ägyptens." Die Schätze Ägyptens waren zweifellos das, worauf er hinauswollte; denn Geld hatte er tatsächlich nötig. (Vgl. im Folg. Moses Stuart, S. 356-358.) V. 43E: "Und Luwiten und Kuschiten sind in seinem Gefolge." - Die Lybier (Luwiten) nordwestlich und die Äthiopier (Kuschiten) südlich von Ägypten hatten sich dem ptolemäischen Herrschaftsgebiet angeschlossen (vgl. Hesekiel 30, 4-6). Die Inbesitznahme Ägyptens brachte für den syrischen König nun auch die Herrschaft über jene Länder mit sich. V. 44: "Da erschrecken ihn Gerüchte von Osten und von Norden her. Und er zieht in großer Grimmglut aus, viele zu vernichten und an ihnen den Bann zu vollstrecken." Während Antiochus beabsichtigte, Judäa den letzten Schlag zu geben, erreichten ihn Nachrichten, dass die Parther im Osten und die Armenier im Norden gegen ihn rebellierten und ihm die Tributzahlungen verweigerten. Vgl. Tacitus V, 8; Appian 100, 45; 1. Makkabäer 3, 37: "Der König selbst nahm hierauf die andere Hälfte des Heeres und brach von seiner Residenz Antiochien im Jahre 147 [165/164 v. Chr.] auf, ging über den Euphratstrom und durchzog die oberen Länder [d. h. die Landschaften des Hochlandes von Mittelasien]." Armenien konnte er schnell unterwerfen. Von da marschierte er nach Elymais, um seinen Finanzhaushalt durch Ausrauben des dortigen Tempels wieder aufzufrischen. Er wurde dort aber zurückgewiesen. Bald darauf ereilte ihn der Tod. Im ersten Buch der Makkabäer (6, 1-8.16) heißt es folgendermaßen: "... Als er [Antiochus] nun vernahm, dass Elymais in Persien eine durch ihren Reichtum, durch Silber und Gold berühmte Stadt sei 2 und dass sich dort ein überaus reicher Tempel mit goldenen Rüstungen und Panzern und anderen Waffen befinde, die der mazedonische König Alexander, der Sohn Philipps, der erste König von Griechenland, dort niedergelegt habe, 3 zog er hin und suchte die Stadt zu erobern und zu plündern; aber es gelang ihm nicht, weil die Sache den Stadtbewohnern kund geworden war. 4 Sie traten ihm also mit den Waffen in der Hand entgegen, und er musste die Flucht ergreifen und zu seinem großen Leidwesen von dort wieder abziehen, um nach Babylon zurückzukehren. 5 Da kam ein Bote zu ihm nach Persien mit der Meldung, dass seine Heere, die ins jüdische Land geschickt worden waren, in die Flucht geschlagen seien; 6 auch Lysias, der an der Spitze einer starken Heeresmacht ins Feld gezogen war, sei von ihnen geschlagen worden; die Juden aber seien durch die Waffen und den Kriegsbedarf und die reiche Beute, die sie den besiegten Heeren abgenommen hätten, stark geworden, 7 hätten auch den scheußlichen Gräuel, den der König auf dem Altar in Jerusalem aufgestellt habe, wieder entfernt und das Heiligtum wie früher mit hohen Mauern umgeben, ebenso auch seine Stadt Bethsura. 8 Als der König diesen Bericht vernahm, erschrak er sehr und wurde tief erschüttert; er musste sich zu Bett legen und verfiel vor Kummer in eine Krankheit, weil die Dinge nicht nach seinem Wunsch verlaufen waren. ... 16 Hierauf starb der König Antiochus ..." In V. 45A geht der Engel in seinem Bericht zurück zu dem, was er in V. 41 kurz erwähnt hatte (V. 41A: "Er kommt in das Land der Zierde."). V. 45: "Und sein Palastzelt [w.: die Zelte seines Palastes, d. h., seine palastartigen, prächtigen Königszelte] schlägt er auf zwischen dem Meer" [o.: "zwischen den Meeren", Plural der Menge bzw. Größe; gemeint ist hier das westliche Meer, das Mittelmeer. Oder, wenn die Mehrzahl als Dual/Zweizahl aufzufassen ist, sind die beiden Meere gemeint, zwischen denen der Zionsberg liegt: im Westen das Mittelmeer, im Osten das Tote Meer. "und dem Berge der heiligen Zierde. -" Damit kann nur der Berg Zion gemeint sein (Daniel 11, 16.41; 8, 9; Jeremia 3, 19; Hesekiel 20, 6.15). "Und er kommt zu seinem Ende. Und es ist keiner da, der ihm helfe." Nach dem missglückten Versuch, Elymais einzunehmen, und nach der Hiobsbotschaft von der Niederlage des Lysias gegen Judas Makkabäus verfiel er in einen Wahn und starb an einer inneren Krankheit in der Stadt Tabae in Persien. (Vgl. Daniel 8, 25: "ohne Menschenhand", d. h. nicht im Krieg, nicht durch Schwert; vgl. Daniel 7, 11.26.) Der Text in der Weissagung in 11, 45A ("Und er kommt zu seine Ende.") zwingt nicht zur Annahme, dass der König des Nordens sein Ende in Palästina finden sollte. Wo er sterben würde, wird in der Weissagung nicht angegeben. Warum geht V. 45A zurück zur Beschreibung des Zeltlagers des Antiochus zwischen dem Mittelmeer und dem Berg Zion, nachdem in V. 44 bereits sein Aufbruch in den Osten beschrieben worden war? - Wohl, um den der Eindruck, der hier gegeben werden soll, zu verstärken. Es ist, als ob der Engel sagen möchte: Beachte den starken Kontrast: Hier zeltet er in seinem prächtigen Königszelt wie in einem Palast und beabsichtigt die heilige Stadt und den Tempel zu vernichten; dort, im nächsten Augenblick, sehen wir ihn in Schmach und Schande und in Todesangst, geschlagen von unsichtbarer und unwiderstehlicher Hand! Einerseits schlägt er dort zwischen dem Meer und dem Berg der heiligen Zierde die Zelte seines Palastes auf, um gegen Zion den letzten großen Schlag zu tun, andererseits kommt er in Persien ohne Menschenhand zu seinem Ende. Und niemand ist da, der ihm helfen könnte. Gott erledigte seinen Feind also direkt und unverzüglich "ohne Menschenhand" (8, 25), und zwar dann, als er sich überlegte, wie man den Berg Zion erledigen könnte! Da es sich um eine Weissagung handelt, ist zu beachten, dass der Abschnitt nicht einfach als historischer Bericht über die Zukunft gedacht ist (das ist Prophetie nie), sondern die Prophetie soll die Leser aufrufen und ermutigen. Dadurch wird die Hervorhebung des Kontrasts in V. 45 verständlicher. Gerade die leichten Ungereimtheiten im Vergleich mit den uns überlieferten Berichten über die tatsächlichen historischen Ereignisse bestätigen die Echtheit der Prophetie. Zoeckler (Der Prophet Daniel, Bibelwerk von J. P. Lange, S. 230) schreibt treffend: "Eben dieses plötzliche Überspringen vom Verweilen des übermütigen Drängers im heiligen Lande zu seinem rettungslosen Untergang, der doch erst eine geraume Zeit später erfolgte, spricht entschieden für den original-prophetischen Charakter unserer Stelle." Fazit: Daniel 11, 41-45 darf nicht auf einen erst in Zukunft auftretenden Weltherrscher bezogen werden.