Die ganz große Liebe

Winrich Scheffbuch

Gehalten am 23.01.2000 in der Ludwig-Hofacker Gemeinde Stuttgart

1. Korinther 13, 1-13

 

 

Das ist schon eine merkwürdige Sache. Was ist das? Die größten Philosophen der Welt können das nicht erklären. Und doch kann es der schlichteste und dümmste Mensch fühlen und erleben. Das ist Liebe. Was ist Liebe? Ach manche sagen: „Das ist doch nur ein Gefühl! Eine ungeheuer starke Macht, die unser Leben treibt und bewegt.“ Geh ich richtig, wenn ich sage: Die schönsten Geschichten Ihres Lebens sind die Liebesgeschichten? In der Weltliteratur – da kennt man das ja    diese berühmten Geschichten von Romeo und Julia, von Cäsar und Cleopatra und was es da alles gibt: Sehnsucht nach ungeheurem Glück, Menschen, die alles vergessen. Die Liebe, die ihr Leben auf ganz neue Höhen hebt. Und da passiert es beim Bibellesen, wenn man an dieses Kapitel kommt, dass jeder tief berührt ist. Deshalb lasen wir dass auch miteinander. Ich habe es oft erlebt, dass auch ganz kritische Geister gesagt haben: „Also, dieses Kapitel, da lasse ich nichts drüber kommen. Ich halte sonst nichts vom Glauben, aber dieses Kapitel, ja das gefällt mir. Das ist genau meine Lebensanschauung. Und da will ich mich dazu stellen. Und wenn wir jetzt daran denken, unsere jungen Paare, die sich rüsten auf die Hochzeitstage... das ist doch das schönste Motto für uns, für unseren Hochzeitstagen, dass lassen wir in die Ringe gravieren, wie das so herrlich beschrieben ist, ausgerechnet ein Mann der Single war, der Paulus hat das so super beschreiben können, was Liebe ist. Die Liebe ist langmütig und freundlich und was die Liebe alles kann und was sie macht. Alle wollen doch diese Liebe: die Alten und die Kinder von Kindergarten und die Schüler und erst recht die schwierigen Leute wollen diese Liebe. Also, das passt doch direkt... so ein Wort, das geht uns direkt richtig gut hinunter. Und je länger man dann auf einmal diese Worte liest und hört – da wird man auf einmal stutzig. Das weiß man auf einmal gar nicht, was ist? Die Liebe ist langmütig und freundlich. Die Liebe eifert nicht. Sie bläht sich nicht auf. Aber wie war das gestern – in der Spannung der Familie? Da kommen Dinge in Erinnerung – da bin ich noch ganz weit weg von diesem Ideal der Liebe. Lesen Sie nur noch weiter! Das ist mit jedem Bibelwort so, dass es uns zu erst erquickt. Und dann auf einmal wird uns dieses Wort zur Anklage. Die Liebe sucht nicht das Ihrige – ich suche doch in meiner Liebe das Meine! Warum habe ich einen Schatz gesucht? Weil ich was will – für mich! Ach so,  da geht es noch weit höher hinaus, als nur über meine Liebe, die ich lebe. Sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit. Sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie liebt alles. Und dann steht man plötzlich davor und ist irgendwo verunsichert und sagt: „Was ist jetzt los?  Da wird ja aufgedeckt, dass ich ganz weit weg bin und dass man sagen will: Das erreiche ich ja überhaupt nicht - ich mit meinem engen Herzen und mit meinem selbstgefälligen Gefühlen. Wie sollte das da überhaupt sein, wenn man im Kampf ums Dasein steht und wenn man seine Ellenbogen gebraucht und wenn man sich durchsetzen muss? Ach, da ist man unduldsam, da sind die Nerven gereizt, da kann man gar nicht. Da kann ich es nicht einmal, wenn ich ehrlich bin, nicht einmal als Ideal mir vorstellen.“ Es ist gut, wenn Sie an diesen Punkt kommen. Wenn Christen wahrhaftig sind und sagen: „Das schafft kein Mensch. Solch eine selbstlose Liebe – wie soll denn das überhaupt gehen?“ Und dann hören Sie noch mehr von diesem Wort. Und dann lesen Sie auf einmal die Verse, mit denen das alles anfängt: „und wenn ich diese Liebe nicht habe, dann bin ich eine Null, ein Nichts.  „Und hätte der Liebe nichts, ich wäre ein tönendes Erz und eine klingende Schelle. Der Paulus sagt das in Ich-Form. Und das ist gut, dass er das so sagt und dass wir es dann miteinander wieder so sprechen dürfen. Aber jetzt stehen wir wirklich nackt und bloß da.   Das Wort, das uns zuerst so angesprochen hat – auf einmal geht es ganz tief in unser Herz, ja in unser Gewissen hinein und scheidet alles und deckt das alles im Lichte Gottes auf. Paulus, von was redest du dann, wenn du nicht von deiner Liebe redest? Du warst ja auch ein tüchtiger Feuerkopf, von was redest du dann? Und dann nimmt uns der Paulus mit und sagt: Wisst ihr, für mich war dieser Augenblick wichtig. Es ist wichtig, dass es bei Ihnen auch diese Augenblicke gab oder ob Sie es über eine längere Strecke hingezogen hat – nur müssen Sie es einmal erlebt haben, dass Sie einmal entdeckt haben: Es geht nicht um meine Liebe, sondern um die viel, viel größere und qualitativ ganz andere, höhere und feinere Liebe Jesu. Das hat er da erkannt, als er zu Boden stürzte auf dem Weg nach Damaskus. „Herr, wer bist du?“ Und als dann einige Tage später ein Seelsorger ihm die Hände auflegt und sagt: „Lieber Bruder Saulus,  der Herr hat mich gesandt, dass dir vergeben werde.“ Ist das wahr, das der ewige Gott und Herr mich Versager, mich Schuldigen, mich, der so wenig liebt, der nichts bringen kann, der eine Null ist in den Augen -  dass er mich lieb hat? Dass er mich mit einer ewigen Liebe umgibt, dass er mich sucht, dass er mich nicht loslässt und dass er nur mir nachgeht, um mir seine Liebe zu sagen, und dass das ganze Wesen Gottes nur Liebe ist?  Und dass Paulus das begriffen hat, hat sein Leben verändert. Und er sagt später immer: „Seit dem Tag ist alles neu geworden. Die Liebe Gottes ist in mein Herz gekommen, wie mit Eimern hinein geschüttet. Ich lebe von diesem Wunder. Da stelle ich mich täglich hinein. Davon will ich umgeben sein. Das trägt mich in den Ängsten“, wenn er da in den Gefängnissen eingesperrt war und wenn Menschen ihn so ungerecht behandelt haben. „Ich freue mich  an der Liebe Gottes.“ Und dann sagt er all die großen Erkenntnisse der Liebe. Das hat ihn bewegt und umgetrieben. Und er spricht davon, dass diese Jesus-Liebe nun unser ganzes Leben  erfüllen will. Ich darf mich treiben lassen von dieser Liebe.

 

Ich habe dazu drei Punkte gemacht. Das muss man ein bisschen ordnen.

 

1.      Es ist eine unentbehrliche Liebe.

 

Lassen Sie mich da noch einmal einsetzen mit der unentbehrlichen Liebe. Ohne diese Liebe nichts. Sie haben in Ihrem Leben sicher das auch schon erschreckt festgestellt: Man kann ein Fanatiker werden. Es gibt die Gefahr des Fanatismus für den Glauben. Man kann ein Eiferer werden. Man kann seine Frömmigkeit und sein Glaubensleben nur machen für sich selber um vor anderen ein wenig anzugeben, vor den Leuten zu scheinen. Das ist eine Gefahr. Wie hat Paulus um diese Gefahr gewusst! Was ist das, was unser Christsein trägt, unsere Frömmigkeit und unser praktisches Leben, unser Umgang. Da wird ja so viel aus Berechnung getan: Was müssen wir denen geben? Was haben sie uns gegeben? Paulus sagt: „Wenn du alle deine Habe hergibst und bist so ein sozialer Mensch, dass du bis zum letzten Pfennig alles verschenkst und du gehst in den Urwald und pflegst Leprakranke umsonst ohne Einkommen – wenn dich die Liebe Jesu nicht treibt, ist nichts nütze. Das steht hier! Du kannst ein großes Sozialwerk aufbauen, du kannst die größten Taten vollbringen, du kannst tiefe  theologische Erkenntnisse haben, wie sonst niemand auf der Welt – wenn dich die Liebe Jesu nicht treibt, ist’s nichts nütze. Du kannst dich rühmen, wie es damals in Korinth viele aus der Gemeinde taten, dass sie übersinnliche Erfahrungen machen damals in der Ekstatik des Zungenredens, aber Paulus sagt: „Wenn du keine Liebe hast und wenn dich die Liebe Jesu, ist nichts nütze.“ Du bist nicht über den anderen, und er geht noch weiter und sagt: „Selbst wenn du einen so mächtigen Glauben hast, dass du real Berge versetzen könntest und Jesu Liebe würde dich nicht erfüllen, und er würde dein Leben nicht prägen, wäre auch dieses Glaubenswerk für die Katz’ - nichts nütze. Und er nimmt ein Bild: Es wäre gleich wie ein tönendes Erz. Da muss ich an unsere Kirchenglocken denken. Das ist tönendes Erz. Schön klingt das! Aber wenn die bloß klingen, regen sich bloß die Nachbarn auf: „Warum machen die so einen Krach am Sonntag morgen?!“ In sich ist das doch nicht nütze, bei allem schönen Klang. Das muss doch ein Ziel haben – dieser äußere Klang oder wenn man so große Bleche zusammen schlägt wie es damals im Tempelgottesdienst geschah, diese großen Schellen  - die können doch bloß auf das Eigentliche aufmerksam machen. Schrecklich, wenn unser Leben nur Geräusch verbreiten will. Die anderen Leute sagen, der macht da große Dinge, aber was ist denn dahinter? Wenn die Liebe nicht da ist, dann ist es nichts nütze.

 

Jetzt werde ich die Sache herumdrehen. Wir haben jetzt genug von der einen Richtung gesprochen. Jetzt haben wir genug ins Gewissen geredet. Wenn die Liebe Jesu dich treibt, in der allereinfachsten Form zu sagen: Ich will, was ich von Jesus empfangen habe, ihm einfach das zurück geben. Da steht in der Bibel immer drin – und wir  finden das auch in den Gleichnissen Jesu erzählt – dass da gar keine besonderen Klimmzüge oder Kunststücke nötig sind. Da geht einer seiner tagtäglichen Verrichtung nach. Er ist mitten im Leben drin und tut sein Geschäft und die Liebe Jesu treibt ihn. Und Jesus sagt in der Ewigkeit: „Ich bin durstig gewesen und ihr habt mich getränkt; ich bin gefangen gewesen und ihr seid zu mir gekommen; ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht; ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ja, das sind doch ganz selbstverständliche Dinge! Einem Durstigen ein Glas Wasser reichen. In der Liebe Jesu – jetzt haben Sie es begriffen! Um das geht es, nicht um das Glas Wasser, nicht um H2O. Es geht um die Liebe, Jesu die es treibt. Wo seine Liebe unsere Taten prägt, unseren Umgang mit den Kindern, in aller Fehlerhaftigkeit, mit allen Versäumnissen, so wie wir sind – wenn das der Dienst wird, den wir Christen tun können, ganz schlicht und einfach, so wie wir von Jesus reden, so wie einer erfüllt einem anderen weitererzählt und ihm von seinem Glauben berichtet. Und er tut das aus Liebe Jesu zu einem Menschen, der mit seinem Leben nicht klar kommt, so ist es nütze. Und auf einmal ist es mehr als die laut daher klingende Glocke.  Auf einmal ist es eine Tat, die Bedeutung hat und die Gewicht hat. Das hat uns Jesus immer vorgelebt, das ist direkt ein Ärgernis oder ein Anstoß, dass Jesus so bescheiden und demütig gelebt hat – gar nichts Großes vollbracht, keine große Reise unternommen, keinen Ehrentitel sich erworben. Was hat er getan? Er hat einfach mit Menschen geredet in der Liebe. Und das haben sie gespürt, die Kranken, dass das nicht bloß Sympathie oder – wie heißt das in der Sprache des Klassenkampfes? – Solidarität ist. Sondern viel, viel mehr! Eine ewige Liebe, die keinen Menschen abschreibt, die sich ganz zu ihm stellt – aber da sind wir beim zweiten. Unentbehrlich! Ohne diese Liebe nicht. Unentbehrliche Liebe.

 

Jetzt ist es eine unbegrenzte Liebe.

 

2.            Unbegrenzte Liebe

 

Warum ist die Liebe unbegrenzt? Weil die Liebe niemand ausgrenzt, gar niemanden. Sie reicht bis zu den Enden der Erde. Sie reicht bis zu den verlorensten Menschen. Sie reicht bis zu den unwürdigsten Menschen. Sie reicht auch bis zu denen, die Ihnen fremd sind. Also, das ist eine unbegrenzte Liebe. Ganz weit geht sie. Aber Paulus sagt es noch in einem anderen Sinn ist das unbegrenzt: Bei uns ist das ja immer so – Sie kennen das ja aus all Ihren Aufgaben, die Sie haben, dass Sie sagen: „So, jetzt ist Schluss! Jetzt haben wir lang genug zugesehen. Jetzt, also jetzt hört mal die Gutmütigkeit auf. Und das ist interessant: Bei der Liebe Jesu gibt es diesen Punkt nicht. Die Liebe Jesu ist unbegrenzt. Sie ist langmütig und freundlich. Sie hört nicht auf, auch dort nicht, wo sie vergeblich ist. Wie viel haben Sie schon geliebt und gesagt: „Es war umsonst.“ Das ist Jesus-Liebe. Das ist die Liebe, die Frucht bringt. Schauen Sie nie nach Erfolg! Das passt nicht zu Jesus-Liebe. Es sind Menschen da, die beten schon 10, 12 Jahre für Menschen, die sie lieben. In aller Stille – das ist Jesus-Liebe. Es gibt Menschen, die tragen auch Schwächen in der Ehe – 20 und 25 Jahre lang – in der Liebe Jesu - still. Die Liebe eifert nicht, sie treibt nicht Mutwillen, sie bläht sich nicht auf,  Da will man bei der Liebe Jesu lernen. Es ist ja richtig, wie die Ausleger immer gesagt haben: Überall, wo in diesem Kapitel Liebe steht, muss man sagen „Jesus!“. Jesus ist langmütig und freundlich. Jesus eifert nicht. Jesus treibt keinen Mutwillen. Jesus bläht sich nicht auf. Jesus verhält sich nicht ungehörig. Jesus sucht nicht das Seine. Also, diese radikale Jesus-Liebe, die unbegrenzt ist, auch unbegrenzt dort, wo man keine Frucht, keinen Erfolg, nichts Sichtbares sieht, - das ist die Jesus-Liebe. Dieser Liebe hat man ins Gesicht geschlagen und wir selber haben das getan. Wir haben sie lang genug als unwichtig angesehen. Es war viel wichtiger, was wir tun. Das wichtigste Zeugnis der Christenheit an der Welt: die Jesus-Liebe. Die Wahrheit gehört dennoch dazu. Und das Wort Gottes gehört unverkürzt dazu. Aber ohne die Liebe ist das nichts nütze. So wunderbar: Die Liebe, auch die wir in der Gemeinde spüren. Ach lassen Sie es viele Menschen spüren, Nein, das sind keine Albernheiten, wenn wir einander nur so ganz schlichte Zeichen – das ist noch nicht einmal Liebe – wenn wir herein kommen, einander anschauen und uns kurz grüßen, Aber noch viel mehr Liebe, die Anteilnahme, das Mittragen, aber auch bei dem, der es gar nicht Wert ist. Selbst da, wo wir gehöhnt und verspottet werden, wie Jesus bis zum Ende seine Feinde liebt. Im griechischen Text steht acht Mal, sind acht mal Verben da, Tun-Wörter. Acht Mal: sie hofft alles, sie duldet alles – diese Liebe, sie glaubt alles. Acht Mal! Weil es deutlich wird: Diese Liebe ist kein Gefühl. Das ist auch nicht ein Ideal, sondern, das ist etwas Schaffendes. Das ist etwas Wirkendes. Lieben, wo gar nichts da ist. Ach ich wollte Ihnen jetzt einfach mal ein Stück aus der Kirchengeschichte erzählen, wie das war, wo das Menschen getan haben. Verlorene und Gestrandete geliebt. Wie diese Johanna Faust, diese Frau, die kaum lesen und schreiben konnte in Wuppertal. Und nebenher der Friedrich Engels, der zu den Vätern des Marxismus gehört, der hat gesprochen über die soziale Neuordnung. Aber diese Frau ist in die Slums von Wuppertal gegangen zur gleichen Zeit, der Engels hatte seine Reitstelle und seinen Luxus. Die Johanna Faust hat eine schwere Ehe unter ihrem vertrunkenen Mann. Aber Liebe hat sie den Menschen gegeben. Dem Verlorensten hat sie geholfen, bei Nacht, wo die Polizei nicht mehr schlichten konnte, jetzt muss die Johanna Faust her. Weil sie lieben konnte. Mit dieser großen Jesus-Liebe, wo die Spur heute noch unser Deutschland prägt, weit über 100 Jahre nach ihrem Tod. Und das ist doch ein Zeichen, dass Jesus durch unser begrenztes, enges Herz hindurch tun will, seine Liebe wirken lassen will.  Das ist eine Geistesgabe. Die Frucht des Geistes ist Liebe. So fängt es doch an. Diese Jesus-Liebe brauchen wir. Da liegt der Schaden unserer Kirche. Der Schaden unseres Glaubens, der Schaden unserer Rechthaberei, unserer kalten Frömmigkeit. Und ich kann sie nur beheben, indem ich mich von Jesus beschenken lasse und diese unbegrenzte Liebe erst verstehe.

 

Und das Letzte:     

 

3.            Diese Liebe ist  unvergänglich.

 

Unvergänglich. Viel vergeht, sagt Paulus. Viel vergeht. Die haben sich ja in Korinth tüchtig gestritten. In der Urchristenheit gab es manchmal Zoff. Das war nötig, auch um Wahrheitsfragen. Und mit der Korinthischen Gemeinde hatte der Paulus viele Nöte. Sie haben Paulus‚ runtergeputzt und verachtet. Sie sind irgend welchen sektiererischen Leuten, die sehr prächtig und glanzvoll erschienen sind, auf den Leim gekrochen und sie haben diese speziellen  Erlebnisse wie Zungenreden so hochgehangen, dass sie gesagt haben: „Paulus, wer bist du denn und was kannst du denn?“ Und dann waren viele Missstände in der Gemeinde. Und jetzt sagt der Paulus: „Passt mal auf! Alles, worauf ihr heute so stolz seid, das vergeht. Die kurze, irdische Lebenszeit. Wir stehen alle vor den Toren der Ewigkeit. Alles ganz kurz. Unser Wissen ist Stückwerk, wir verstehen gar nicht viel. Und er sagt, wir sind eigentlich wie die Kinder. Kinder sind nett und schön, aber Kinder verstehen noch nicht. Denen muss man sagen: „Du bist ein Kind; die sehen immer nur die Füße der Großen.“ Sie haben keinen größeren Blick. Sie können manches noch nicht  begreifen, was sie dann je älter sie werden immer mehr begreifen. Und deshalb bleibt es so, sagt der Paulus, wir stolzen Menschenkinder – hat Matthias Claudius gesagt – wir stolzen Menschenkinder sind eitel, arme Schinder und wissen gar nicht viel. Passt mal auf! Lasst euch an den Wissensfragen nicht auseinander treiben. Unser Wissen ist Stückwerk, unser Erkennen ist Stückwerk – wird alles aufhören. Wenn wir in der Ewigkeit sind, dann werden wir Jesus erkennen, werden ihn sehen in seiner Schönheit. Und alles andere wird zurück bleiben. Und deshalb wird auch unsere Erlebnisse, unsere Prägungen werden aufhören. Unsere Konfessionen werden aufhören, es wird sehr viel aufhören. Unsere Eigenheiten – alles, was uns in dieser Welt ein Stück heimelige Nähe gegeben hat, die prophetische Rede wird aufhören und das Zungenreden hört auf, und die Erkenntnis wird aufhören. Das Wissen ist Stückwerk, das prophetische Reden ist Stückwerk, Aber das wird bleiben in der Ewigkeit. Was wird bleiben? Drei Stücke: glauben, hoffen, lieben – aber das Lieben bleibt das Größte. Das wird das sein, was uns in der Ewigkeit nonstop erfüllt. Da kann man heute schon Ewigkeitsluft schnuppern und Ewigkeitsluft atmen. Also, aus diesem Stückwerk raus denkt man immer wieder daran – Bonhoeffer hat so schön den Begriff geprägt – es gibt vorletzte Dinge und es gibt letzte Dinge. Vorletzte Dinge haben auch ihre Wichtigkeit. Aber sie haben nicht die gleiche Wichtigkeit wie die letzten Dinge. Vorletzte und letzte Dinge. Und die letzten Dinge, zu denen gehört die Liebe. Und die darf man gar nie versäumen. Das hat Jesus gebetet in seinem Hohepriesterlichen Gebet. Wir nehmen Einblick in das was Jesus umtreibt. Was hat Jesus in Blick auf die Gemeinde bewegt? „Dass die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.“ Weil Jesus dafür gebetet hat, will er Ihnen auch die Gabe seines Heiligen Geistes schenken. Und Sie dürfen sich öffnen für diese Liebe. Und Sie dürfen eine Röhre sein, durch die diese Liebe zu anderen fließt, das hat Gott prima gemacht, dass er Sie unter so schwierige Leute gestellt hat. Weil da die Liebe Jesus sich so richtig entfalten kann. Das ist ganz toll! Dass Sie sagen: Warum habe ich so schwere Nöte in meiner Familie? Warum habe ich so komplizierte Kollegen? Toll arrangiert von Gott, damit die Liebe Jesu sich entfalten kann. Diese grenzenlose Liebe, die nie ermüdet, der nie etwas zu viel wird, die nie sagt: „jetzt habe ich schon sieben Mal vergeben,“, sondern, die weiß: „Sieben mal siebzig Mal ist erst der Anfang. Und dann wäre es herrlich, wenn wir nicht nur ein klingendes Erz oder eine scheppernde Schelle wären. Einer hat einmal gesagt: „Dann wäre ich eine rostige Blechbüchse, die ein Kerl durch den Straßenkantel klickt. Mein Leben wäre nur ein bisschen scheppern. Nein, ich möchte diesen herrlichen Klang haben, der von der einen großen Liebe kündet, wo es gar nicht um uns geht. Ja, da suchen wir nicht das Unsere, die prahlt auch nicht, die redet „guckt mal mich an!“. Wo man jedem sagen kann: „Schau das Original an! Lass dich hinein nehmen in die herrliche Jesus-Liebe und bleib unter seinem Kreuz stehen, schau seine Nägelmale an. Was er für dich getan hat. Sein Blut, das für dich vergossen ist, wie ihn gerade deine Schuld und das Böse an dir so bloß reizt dir Liebe zu geben, nichts aus lauter Liebe und bleibe stehen in dieser Liebe, bis man ganz bewegt ist, und dann sagt: „lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt.“ Und diese Liebe wird eine Revolution sein. Diese Revolution geht seit 2000 Jahren fort. Bloß bei Ihnen soll es nicht stehen bleiben. Geben Sie diese Liebe weiter, es ist die größte Kraft Gottes in unserer Zeit. Amen.