72. Bibelkurs BK 72 Wer ist Jesus Christus? VIII Das Kreuz von Golgatha Das Kreuz ist das Wahrzeichen und Kennzeichen des Christentums. Auf unseren Kirchtürmen und auf den Berggipfeln der Alpen ist das Kreuz zu sehen, auch auf den Grabsteinen und bei den meisten Todesanzeigen in der Zeitung. Die Stirn des Täuflings wird mit dem Zeichen des Kreuzes berührt, unsere Gottesdienste schließen mit dem Segen und dem Kreuzeszeichen. Die großen Kathedralen des Mittelalters haben einen Grundriss in Kreuzform. Der Bischof Hyppolit von Rom (um 200 n.Chr.) schrieb: "Wenn du betest oder versucht wirst, dann berühre ehrfürchtig und im festen Glauben deine Stirn mit dem Zeichen des Kreuzes. Denn am Kreuz hat Christus für dich gelitten und den Sieg errungen über das Böse. Das ist wie ein Schild für dich. Es ist ein Zeichen, dass du zu Christus gehörst." Am Kreuz ist etwas ganz Außergewöhnliches geschehen. E. Peterson schreibt: "Die Kreuzigung von Jesus Christus ist ein überwältigendes, einmaliges Ereignis in der Geschichte der Menschheit. Es gibt keine militärische Schlacht, keine geographische Erforschung, keine wissenschaftliche Entdeckung, kein literarisches Werk, keine künstlerische Leistung in der Musik, Architektur oder Malerei, keine Heldentat, - die man damit vergleichen kann. Die Kreuzigung Jesu ist einmalig, gewaltig, ohne Beispiel und ohne Parallele. Das Kreuz Christi ist nicht ein kleiner Unfall in der politischen Geschichte des ersten Jahrhunderts oder eine Illustration für eine mutige Opfertat. Das Kreuz Christi ist der Mittelpunkt der Geschichte, ist das Zentralereignis, dem alles andere untergeordnet ist. Die Kreuzigung Jesu ist keine Hintergrundmusik sondern der Mittelpunkt des Menschheitsdramas." Am Kreuz starb nicht irgendein Held sondern der Sohn Gottes. ER starb nicht für eine Idee sondern ER starb, um der Menschheit die Rettung zu bringen, die keine Religion anbietet. ER starb einen schrecklichen Tod. Damit nahm Er die Strafe Gottes auf sich, die eigentlich den Menschen gebührt hätte, die Gottes Gebote übertreten haben. Der Prophet Jesaja sagt es schlicht: "Die Strafe liegt auf Ihm, auf dass wir Frieden hätten und durch Seine Wunden sind wir geheilt." (Jesaja 53) Das Kreuz Jesu ist der einzige Ort im Universum, wo ein Mensch die Schuld und Sünde seines Lebens abladen und "aus der Welt schaffen" kann, - wenn er sich denn auch als Sünder erkennt. Auf diese Weise wird die Verbindung des Menschen zu Gott, nach der alle Religionen trachten, hergestellt. Die Sünde ist es, die den Menschen von Gott trennt. Wenn sie beseitigt ist, wenn durch Wegfall der Bestrafung (weil Christus sie auf sich genommen hat) der Mensch vor Gott als "Gerechter" erscheint, erhalten wir Zugang zu Gott. Das ist der Inhalt der kurzen Formel: "ER starb für uns am Kreuz". Deshalb ist die Kreuzigung Jesu das Zentralereignis des Christentums, weil am Kreuz die Möglichkeit für jeden Menschen geschaffen wird, seine Schuld los zu werden und damit den Eingang in den Himmel zu erhalten; denn der Himmel ist ein Ort, in dem Sünde keinen Platz hat. Im ersten Jahrhundert war mehr ein Fisch oder das Christusmonogramm (X+P) das Symbol für die ersten Christen, - nicht das Kreuz, weil man das Kreuz damals verband mit Verbrechen, Gangstertum, Hochverrat, was abschreckend wirkte. Der große römische Redner Cicero (um 50 v. Chr.) sagte: "Die Kreuzigung ist die schändlichste und schrecklichste Todesart, die man sich denken kann. Schon die Erwähnung des in der Rede ist eines freien Römers unwürdig." Die Kreuzigung durfte nur bei Sklaven und Schwerverbrechern vollzogen werden, nie an einem römischen Staatsbürger. Das Kreuz galt als ein Symbol der Schande. Die erste uns bekannte Kreuzesdarstellung stammt aus dem 2. Jahrhundert. Man entdeckte sie in Rom an der Wand einer kaiserlichen Pagen-Schule: eine Karikatur zeigt einen Mann am Kreuz mit einem Eselskopf, daneben ein anderer Mann, der einen Arm zum Gebet erhebt. Dazu der Text: "Alexamenos betet seinen Gott an." Dass am Kreuz der Gesalbte Gottes das Heil der Menschen schafft, das konnten sich die Römer nicht im Traum vorstellen, das hielten sie für verrückt. Deshalb schreibt Paulus an die Christen in Korinth: "Das Wort vom Kreuz ist eine Torheit für die Menschen, die verloren gehen, für uns Christen aber ist es eine Gotteskraft." (1. Korinther 1, 18) - Eine Wende trat ein, als Konstantin in der entscheidenden Schlacht 312 n.Chr. vor Rom siegte und damit Kaiser wurde. Am Vorabend dieser Schlacht hatte er eine Vision: er sah im Abendhimmel ein leuchtendes Kreuz mit den Worten darunter: "In diesem Zeichen wirst du siegen." (= "hoc signo vinces") Als römischer Kaiser machte er das Christentum zur Staatsreligion. Die Christenverfolgungen hatten ein Ende. Das "WORT vom Kreuz" war für Paulus die Mitte seiner Verkündigung. In der Kreuzesbotschaft liegt die Kraft, die nötig ist, um auch die stärksten Bollwerke des Bösen zu überwinden. Das erlebte Paulus beispielhaft bei seinem Dienst in der Stadt Korinth, wo er, von Athen kommend, den göttlichen Auftrag hatte, auch dieser verrufenen Stadt die Jesus-Botschaft zu bringen. Die Redensart "korinthisch leben" bedeutete - schon seit Platon (300 v.Chr.): sexuell freizügig leben. Im Tempel von Korinth waren 1000 Prostituierte tätig, die alle in der Stadt ein Häuschen hatten mit einem Rosengarten davor. Zwei Drittel der großen und reichen Stadt waren Sklaven. Man kann verstehen, dass Paulus Angst hatte, in dieser Umgebung das Evangelium zu verkündigen. Christus stärkte ihn durch eine Vision in der Nacht: "Fürchte dich nicht, sondern rede und schweige nicht! Denn ICH bin mit dir... ICH habe ein großes Volk in dieser Stadt." (Apostelgeschichte 18, 9-10). Der Apostel blieb 1 1/2 Jahre in Korinth und "lehrte dort das WORT Gottes." In seinem Brief später an die Korinther schreibt er, was er in diesen 18 Monaten verkündigte: "Ich kam zu euch, um euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. Ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten." (1. Korinther 2, 2). 18 Monate lang predigte er nur ein Thema: Jesus Christus, der Gekreuzigte. Und diese Botschaft kam an in dieser versumpften Gesellschaft. Es entstand eine Gemeinde (ca. 50 Gemeindeglieder); zu ihr gehörten ehemalige "Ehebrecher, Unzüchtige, Lustknaben, Homosexuelle, Trunkenbolde, Räuber, Verleumder, Götzendiener"(1. Korinther 6, 9-11). Aber sie "wurden reingewaschen"- durch das Blut Christi, und wurden neue Menschen. Die Kreuzesbotschaft hatte ihnen den Weg zu einem neuen Leben verschafft. Das waren Wunder an gescheiterten Existenzen (die Intelligenz von Athen, nur 75 km entfernt, hatte hier kein Erneuerungskonzept). Im Blick auf diese überzeugenden Fakten schreibt Paulus am Anfang des Briefs an die Korinther: "Das WORT vom Kreuz ist eine Gotteskraft. Gott hat die Weisheit der Welt als kraftlos entlarvt." Gott hat Schwache, Geringe, Verachtete, Ausgegrenzte erwählt und sie zu neuen Menschen gemacht - durch die Predigt vom gekreuzigten Christus. Paulus predigte "Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit." (1. Korinther 1, 18+24) Wo menschliche Wissenschaft und Klugheit aufgegeben hatten ("bei diesen Leuten ist Hopfen und Malz verloren!"), da hat Gott Kraft gegeben zu einem neuen Leben. Am Schluss dieses Abschnitts schreibt der Apostel: "Wenn wir nun Preise verteilen wollen, dann können wir nur einen einzigen rühmen: CHRISTUS, den Gekreuzigten!" ER war in Korinth am Werk und hat Menschen verändert, welche die Welt aufgegeben hatte. - Ein Beispiel dazu aus jüngster Zeit: Wolfgang Dyck, außereheliches Kind, in einigen Erziehungsheimen in Berlin aufgewachsen, kam schon in seiner Jugendzeit auf schiefe Bahn und verbrachte dann elf Jahre in verschiedenen Gefängnissen - (mit Selbstmordversuchen). Als er entlassen wurde, bekam er eine Stelle als Hausmeister bei der Heilsarmee und erlebte dadurch einen Gottesdienst an einem Karfreitag. Die Botschaft von Jesus, dem Gekreuzigten, traf ihn mitten ins Herz. Dieser hartgesottene junge Gangster weinte hier zum ersten Mal in seinem Leben. Christus verwandelte sein Leben. Er besuchte eine Bibelschule und wurde ein hochbegabter Prediger. Elf Jahre tat er diesen Dienst in ganz Deutschland, bis er 1970, mit 40 Jahren, durch einen Verkehrsunfall (ohne eigenes Verschulden) ums Leben kam. Drei Jahre lang hat Jesus öffentlich in Israel gewirkt. Darüber berichten die vier Evangelien ausführlich. Aber etwa ein Drittel eines Evangeliums enthält die Berichte des Geschehens von nur sieben Tagen - über das Leiden und Sterben Jesu. So wichtig war das den Evangelisten (bei Johannes ist es sogar die Hälfte, ab Kap. 12), dass sie den Kreuzestod Jesu aufs genaueste festhielten. Der schottische Theologe P.T. Forsyth sagt es treffend: "Du verstehst Christus erst, wenn Du Sein Kreuz verstehst." Aus demselben Grund hat man auch die Theologie Luthers "Kreuzestheologie" genannt (die "theologia crucis"). Das wird auch deutlich im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung des Johannes. Dieses Buch berichtet den krönenden Abschluss des Heilsplans Gottes. Christus wird uns in zehn Visionen als der große Sieger Gottes über alle bösen Mächte dargestellt. Über die Hälfte der Wortfamilie "siegen" (= überwinden) im Neuen Testament kommt in der Offenbarung vor. Fast in jedem Kapitel der Offenbarung begegnet uns der "Thron Gottes." Aber am meisten überrascht, dass Christus, der Sieger, als das "Lamm Gottes" - "wie geschlachtet" - 28 mal erscheint. Es ist das Lamm Gottes, das das berühmte "Buch mit den sieben Siegeln" öffnen kann (Offenbarung 5). Auf dem gewaltigen Thron des Himmels steht das Lamm Gottes. IHM zu Ehren singt ein Chor von Millionen von Engeln samt allen Geschöpfen des Universums: "Das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig, zu nehmen Kraft und Reichtum und Weisheit und Stärke und Ehre und Preis und Lob." Dem Lamm gebührt deshalb so eine gewaltige Anbetung, weil es durch Seinen Kreuzestod die Möglichkeit geschaffen hat, dass der Himmel mit Menschen bevölkert ist. Die großen Scharen aus allen Nationen, die sich vor dem Thron versammeln, sind deshalb da, weil "sie ihre Kleider gewaschen und hellgemacht haben im Blut des Lammes." (Offenbarung 7, 14) So massiv drückt es die Offenbarung mehrmals aus, dass einem unweigerlich der Gedanke kommt: ohne Vergebung der Sünden gibt es keinen Platz im Himmel. Und Vergebung gibt es nur am Kreuz von Golgatha. Als Billy Graham 1966 in Berlin über das Kreuz predigte, sagte er: "Am Kreuz von Golgatha kannst Du die ewige Seligkeit umsonst bekommen. Wir erhalten sie "aus Gnade" durch das Verdienst Christi. Warum strömen die Menschen nicht in Scharen zum Kreuz von Christus, um so etwas Großartiges so einfach zu bekommen? Antwort: Wenn Du am Kreuz bist, wird Christus zu Dir sagen: - das will keiner gerne hören." - John Stott, dessen Bücher eine Gesamtauflage von fast 3 Mio. erreichten, hat seine ganze Theologie zusammengefasst in dem Buch "The Cross of Christ" (= "Das Kreuz Christi"). Darin schreibt er ähnlich: "Das Evangelium des Kreuzes wird niemals eine populäre Botschaft sein, weil es den Stolz unserer Vernunft und unseres Charakters - unsere Eingebildetheit - demütigt." - Von Friedrich Nietzsche (1844-1900) gibt es ein Zitat, das Sigmund Freud zwei mal verwendete: "Das habe ich gethan, sagt mein Gedächtnis. Das kann ich nicht gethan haben - sagt mein Stolz und bleibt unerbittlich. Endlich - giebt das Gedächtnis nach"(aus "Jenseits von Gut und Böse"). Der Philosoph Nietzsche bekämpfte das Christentum auf das heftigste. 1889 wurde er als Wahnsinniger in eine Nervenanstalt eingeliefert. Wenige Tage vor seinem Tod unterschrieb er seine letzten Briefe mit: "der Gekreuzigte". Bischof Dietzfelbinger sagte zu diesem Phänomen: "Menschen, die mit aller Macht gegen Christus kämpfen, offenbaren ungewollt, dass sie von Christus nicht loskommen." - Um Vergebung von Christus zu bekommen, - die IHM ja sehr, sehr viel gekostet hat! - braucht es diese Demütigung, zu bekennen: "Ich habe gesündigt." Ohne dieses Geständnis gibt es keinen Eingang in den Himmel. Deshalb waren auch zur Zeit Jesu die "Zöllner und Sünder", - also die unmoralischen Leute -, die ersten, die Jesus folgten - mit Begeisterung! Sie hatten nichts mehr zu verlieren, und waren froh, dass sie einer annahm, so wie sie waren. "Jesus nimmt die Sünder an!" - das hörte man an allen Ecken und Enden. I. Drei große Wahrheiten über das Kreuz Christi. 1. Die schrecklichen Grausamkeiten des Sterbens Jesu am Kreuz machen eines deutlich: das Gericht Gottes und die Strafe Gottes waren deshalb so furchtbar, weil in den Augen Gottes die Sünde etwas Schreckliches ist. Als der Film "Die Passion Christi" von Mel Gibson lief, waren viele Leute entsetzt über das Grauen, das den Zuschauern zugemutet wurde. Aber so war damals eine Kreuzigung! Martin Hengel, der bedeutende Neutestamentler in Tübingen, hat das in seinem Aufsatz "Die Kreuzigung" sehr klar herausgestellt. Er übersetzt 1. Korinther 1, 18: "Das WORT vom Kreuz ist eine Verrücktheit!" - so empfanden es die Römer und Griechen. "Die Gekreuzigten waren ein Fraß für Raubvögel und Hunde. Das Kreuz war ein Schimpfwort, wie bei uns . Die Kreuzigung war eine Strafe, bei der sich die Willkür und Wut der Henker austoben konnten. Häufig gingen verschiedene Arten von Folterungen voraus. Hier floss das Blut in Strömen. Oft diente die Kreuzesstrafe auf einem Hügel (wie "Golgatha", oder unser "Schindanger") zur Volksbelustigung. Es war eine typische Sklavenstrafe. Für Juden konnte ein gekreuzigter Messias nicht akzeptiert werden, denn es steht geschrieben: (5. Mose 21, 23) Die Kreuzigung bedeutete die äußerste Schändung des Opfers." Es fällt in den Evangelien auf, wie ausführlich die Verspottung und Verhöhnung Jesu geschildert wird: der Purpurmantel, die Dornenkrone, der Rohrstab als Zepter, anspeien, der spöttische Königsgruß - das war alles blanker Hohn! "Wenn du Gottes Sohn bist, dann steig herab vom Kreuz!" - "Andern hat Er geholfen und kann sich selber nicht helfen!" Auch die Mit gekreuzigten verhöhnten Ihn. (Matthäus 27). - Es darf uns nicht wundern, wenn auch heutzutage immer wieder Jesus verspottet wird. Paul Gerhardt hat diese Wahrheit in einem Passionslied ausgedrückt: "Ich, ich und meine Sünden, die sich wie Körnlein finden des Sandes an dem Meer, die haben Dir erreget, das Elend, das Dich schläget, und Deiner schweren Marter Heer." 2. Am Kreuz offenbart sich Gottes Liebe ganz groß. Das wird deutlich im berühmtesten Vers der Bibel: "So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass ER Seinen einzigen Sohn gab, (= dahingab ans Kreuz)..." (Johannes 3, 16) - oder bei Paulus: "Gott hat Seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern hat Ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte ER uns mit Ihm nicht alles schenken?" (Römer 8, 32). Der Apostel hält es für den größten Beweis der Liebe Gottes, dass Gott das Beste, was ER hat, Seinen einzigen Sohn, am Kreuz sterben lässt, damit wir Menschen die Möglichkeit bekommen, von Sünden befreit, durch Christus neue Menschen, Gottesmenschen zu werden. Das war der Grund, weshalb der junge Graf von Zinzendorf unter dem Bild des Gekreuzigten im Herzen so tief getroffen wurde - durch die Inschrift: "Das tat ICH für dich, was tust du für Mich?" Als er erkannte, was Christus alles für ihn aufgewendet und erlitten hat, war er sofort bereit, seine großen Besitztümer in der Lausitz, seinen Reichtum und sein Ansehen als Reichsgraf für die Sache Gottes einzusetzen. 3. Die Vergebung der Sünden ist ein großes Geschenk, das wir Christus zu verdanken haben.An diesem Punkt wird der große Gegensatz zum Islam und zu allen Religionen offenbar. Der Islam kennt keine Vergebung der Sünden. Er lehnt das Kreuz ab, indem er erklärt, dass ein großer Prophet kein so schändliches Ende nehmen darf. Fünf Mal heißt es im Koran: "Keine Seele kann die Schuld eines anderen tragen." "Jeder soll die Frucht seiner eigenen Taten ernten." Der Koran lehnt es kategorisch ab, dass ein anderer (wie z.B. Christus) stellvertretend für mich die Strafe Gottes auf sich nimmt. Samuel Zwemer, der "Apostel des Islams", der in Arabien 40 Jahre lang arbeitete, schreibt: "Wir entdecken die Kraft des Kreuzes, wenn wir mit Moslems das Evangelium lesen. Sie können das Kreuz nicht verstehen, aber wir merken, dass es eine unwiderstehliche, magnetische Anziehungskraft auf sie ausübt." Wen sollte das nicht innerlich zutiefst ergreifen, wenn er hört, dass er nicht für seine Sünden büßen muss, sondern dass ein Anderer mir das abnimmt - und dass das Gültigkeit im Himmel besitzt. - Jesaja hat es im berühmten Kapitel 53 prophetisch vorausgesagt: "ER ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen... wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der HERR warf unser aller Sünde auf IHN." Die Apostel beziehen sich sehr oft auf dieses Kapitel. Der Finanzminister aus Äthiopien kam durch dieses Kapitel Jesaja 53 zum Glauben an Jesus (Apostelgeschichte 8). II. Das vierfache Geheimnis des Kreuzes. Der Apostel Paulus verwendet oft das Wort "Geheimnis" (20 mal in seinen Briefen). Damit meint er nicht eine rätselhafte Sache, wo wir nicht dahinter kommen, sondern eine Wahrheit, die normalen Menschen verborgen ist und die uns Gott offenbart. Das Kreuz war den Juden, Griechen und Römern völlig unverständlich, etwas total Verrücktes - aber für Paulus war es der Gipfel aller Vorstellungen, das Höchste an Weisheit und Macht. Das hatte ihm Gott offenbart. Und nun versucht er in vier verschiedenen Bildern das Geheimnis des Kreuzes uns zu verdeutlichen. Er schreibt an die Korinther: "Ich kam, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen, ... Jesus Christus, den Gekreuzigten." (1. Korinther 2, 1+2) 1. Das Bild aus der Welt des Tempels: Christus übernimmt die Sühne für unsere Sünden. Paulus schreibt: "Gott hat Christus als Sühnopfer in Seinem Blut hingestellt, indem ER die Sünden vergibt." (Römer 3, 25) Hier erinnert der Apostel an die Praxis im Tempel - wie sie in allen Religionen geübt wird. - Während Christus am Kreuz hing, wurden zur selben Zeit in Jerusalem von den Pilgern Tausende von Passalämmern geschlachtet. Paulus überträgt das und sagt: "Auch wir haben ein Passalamm, das ist Christus, der geopfert ist." (1. Korinther 5, 7) Das Passalamm beim Auszug in Ägypten musste geschlachtet werden, um das Todesgericht, das über Ägypten hereinbrach, von Israel fernzuhalten. Alle Religionen bringen Opfer, um die Gottheit gnädig zu stimmen. Am Großen Versöhnungstag wurde in Israel ein Bock geschlachtet (als Strafe für die Sünde!), der andere Bock (der "Sündenbock") wurde, nachdem ihm durch Handauflegung die Sünden des Volkes aufgeladen wurden, in die Wüste geschickt. (3. Mose 16) Daran dachte Johannes der Täufer, wenn er die ersten Jünger zu Jesus weist: "Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünden trägt (= fortträgt - "auf Nimmerwiedersehn!"). Sünde muss gesühnt werden, sonst trifft uns das Gericht Gottes. Christus hat stellvertretend den Fluch Gottes für unsere Sünde auf Sich genommen, so dass wir erlöst und frei sind (Galater 5, 13). 2. Das Bild vom Marktplatz (vom Sklavenmarkt): Christus befreit uns von der Macht der Sünde und des Teufels. Jesus sagt: "Wer Sünde tut, der ist ein Sklave der Sünde. Wenn euch nun der Sohn frei macht, dann seid ihr wirklich frei."(Johannes 8) - Dieses Bild erinnert uns an die schlimme Situation des Menschen: wir sind Sklaven des Bösen. Paulus sagt: "Das Gute, das ich will, das tue ich nicht, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. Es ist zum Verzweifeln! Wer kann mir da helfen? Gott sei Dank! Durch Christus geschieht es!" (Römer 7, 19.24+25). Jesus selbst umschreibt Seinen göttlichen Auftrag so: "Des Menschen Sohn ist gekommen, dass Er sein Leben gebe als Lösegeld für viele." (Markus 10, 45). Das bedeutet zum Beispiel, dass einem Menschen in der Beichte im Namen Jesu die Vergebung der Sünden zugesprochen wird. Das erleben viele dann buchstäblich als eine große innerliche Befreiung. Das ist auch wirklich so. Vergebung heißt, dass der Teufel seine Gefangenen frei geben muss, weil Christus mit Seinem Blut das Lösegeld bezahlt hat. Petrus beschreibt das sehr plastisch: "Ihr seid erlöst (= freigekauft) nicht mit Silber oder Gold sondern mit dem teuren Blut Christi..." (siehe: 1. Petrus 1, 18). Deshalb wird Jesus auch der Erlöser genannt, - und Sein Werk ist die Erlösung, - das ist mehr als eine Sklavenbefreiung! 3. Das Bild vom Gerichtshof: Christus bewahrt uns vor der Verdammung. Am Ende der Geschichte wird ein Gericht für alle Menschen kommen. Das ahnen viele Leute, deshalb bemühen sie sich, viel Gutes zu tun und hoffen dadurch der Verdammnis zu entgehen. Aber die Bibel sagt, dass Gutes-Tun nicht ausreicht (sonst hätte sich Christus das Kreuz ersparen können!). Nur Christus kann uns vor der Verdammung bewahren: "Wir werden gerecht (d.h. es kann uns dann niemand verklagen!) durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist." (Römer 3, 24) Das nennt man die Rechtfertigung. Diesen Ausdruck verwendet Paulus häufig im Römerbrief. Am Kreuz hat Jesus die Strafe auf sich genommen, die eigentlich die Menschen hätte treffen müssen, weil sie die Gebote Gottes nicht eingehalten haben. Sie sind eigentlich die Feinde Gottes. Paulus sagt: "Fleischlich gesinnt sein (das heißt: irdisch und nicht göttlich gesinnt sein) ist Feindschaft gegen Gott." (Römer 8, 7) Wer nun Christus vertraut und Ihn annimmt, entgeht der Verdammnis: "So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind." (Römer 8, 1). - Wenn Jesus im Garten Gethsemane Seinen Vater bittet: "Nimm diesen Kelch von Mir, doch nicht wie Ich will, sondern wie Du willst!", dann meint Er mit diesem Kelch den Zorneskelch Gottes, der oft in der Bibel erwähnt wird. (z.B. 4x in Hesekiel 23; die Zornesschalen in Offenbarung 15+16). Wer dem Zorn Gottes entfliehen will, muss zu Christus fliehen. ER allein kann uns vor dem himmlischen Gericht Freispruch erwirken, wenn man auf Erden Vergebung unter Seinem Kreuz empfangen hat. Deshalb nennt die Bibel Jesus oft unseren Fürsprecher (1. Johannes 2, 1). "Wer will verdammen? Christus ist ... zur Rechten Gottes und vertritt uns."(Römer 8, 34) Es werden im Jüngsten Gericht viele enttäuscht und entsetzt sein, dass ihre guten Taten vor Gottes Richterstuhl so wenig Gewicht haben. 4. Das Bild von Familie und Freundschaft: Gott will der Vater für Seine Geschöpfe sein. Jedoch durch die Sünde ist eine Feindschaft zwischen Gott und den Menschen entstanden (Römer 8, 7). Christus hat durch Seinen Opfertod diese Kluft beseitigt: "ER ist unser Friede" (Epheser 2, 14) Wo Christus mit Seiner Versöhnung aufgenommen wird, entsteht auch Frieden unter den Menschen. Da gibt es keine Spannungen mehr zwischen Sklaven und Herren, Juden und Heiden, Männer und Frauen, sie sind alle eins in Christus Jesus. (Galater 3, 28) Die Verwirklichung dieses "Traums der Menschheit", dass alle "harmonisch, ohne Streit und Krieg" zusammenleben, ist nur durch Christus möglich, weil Er am Kreuz den "Schuldbrief zerrissen" hat. (Kolosser 2, 14). Ohne Christus bleibt es ewig ein Traum. Der Tod Jesu am Kreuz war ein einmaliges Ereignis und hat Bedeutung für das ganze Universum (Kolosser 2). Darauf weisen die kosmischen Ereignisse beim Sterben Jesu hin: die 3-stündige Sonnenfinsternis (bis Er die Augen schloss), "der Vorhang im Tempel (vor dem Allerheiligsten) zerriss von oben bis unten, die Erde erbebte, die Felsen zersprangen, Gräber taten sich auf, verstorbene Heilige standen auf und liefen in die heilige Stadt" (Matthäus 27) Dieses gewaltige Drama hatte nur einen einzigen Grund: die Sünde. Die Sünde, die Ursache allen Elends auf der Welt, sollte überwunden werden. Schon gleich bei der Austreibung aus dem Paradies (die Ursache dafür war die Sünde!) hatte Gott angekündigt: "Es wird Einer kommen - nämlich Christus - , der wird dem Teufel den Kopf zertreten." (1. Mose 3, 15) Viertausend Jahre später (nach jüdischer Zählung!) ging diese Prophezeiung in Erfüllung am Kreuz von Golgatha. "Es ist vollbracht!" war Jesu letztes Wort am Kreuz. Wenn Sünde weggenommen ist, dann darf man ins "Allerheiligste", vor den Thron Gottes. Sünde wird man nur unter dem Kreuz los. "Sein Blut macht uns rein von aller Sünde" sagt der Apostel Johannes (1. Johannes 1, 9). Wer nicht gerne über Sünde redet, sie verharmlost oder sie gar verschweigt, wird nie Christus verstehen - und wird auch nie ins "Allerheiligste" gelangen. Viele wollen die Welt verbessern - mit mehr Wissen, mehr Aufklärung, mehr Schulung, mehr Geld, mit politischen, sozialen und medizinischen Programmen. Aber bei all diesen Plänen kommt das Wort "Sünde" nicht vor, - selten das Wort "Liebe". Jesus sagt: Alle Gebote sind zusammengefasst in zwei Geboten: "Liebe Gott von ganzem Herzen - und liebe deinen Mitmenschen!" (Matthäus 22). Wenn das nicht geschieht, dann liegt Sünde vor. - Deshalb ist es nötig und wichtig, zu sagen, was Sünde ist - in der Welt, - und auch unter den Christen. Der Apostel Johannes schreibt in seinem ersten Brief: "Wenn wir sagen, wir haben keine Sünde, ist die Wahrheit nicht in uns." Wenn Sünde da ist, dann sollen wir sie bekennen, damit Christus uns davon reinigt. Wegen dieses Themas starb Jesus den grausamen Tod am Kreuz, - damit Sünde beseitigt wird. Von daher gesehen haben "Bußpredigten", Bußgebete und Beichte eine große Bedeutung, weil es da vorrangig um Sünde geht. Zunächst muss Sünde überhaupt erkannt werden - dann ist es nötig, sich an Christus zu wenden, denn ER allein kann sie uns abnehmen. "Wo Vergebung der Sünden ist, da ist Leben und Seligkeit" - sagt Luther im Kleinen Katechismus, - da ist der Himmel auf Erden! - An Christus und Seinem Kreuzestod hängt letzten Endes alles! - Deshalb: IHM sei Ehre und Anbetung in Ewigkeit! AMEN. 18. Februar 2006 Pfr. Gerhard Hägel, Bobengrün