Der Wachstumsprozess hat ein klares Ziel! Reihe: Einheit und Vielfalt in christlicher Gemeinschaft (3/4) Epheser 4, 11-14 I. CHRISTEN SIND BEFREIT ZUM DIENEN II. CHRISTEN KENNEN CHRISTUS Einleitende Gedanken Leo N. Tolstoi erzählte folgende kleine Geschichte. Drei Frauen standen am Brunnen, um Wasser zu holen. Nicht weit davon entfernt sass ein Greis und hörte, wie sie ihre Söhne lobten. "Mein Sohn", sagte die erste, "ist ein geschickter und wendiger Junge. Er übertrifft an Beweglichkeit alle Knaben im Dorf." "Mein Sohn", meinte die zweite, "hat die Stimme einer Nachtigall. Wenn er singt, schweigen alle Leute und bewundern ihn. Er wird einmal ein grosser Sänger werden." Die dritte Frau schwieg. "Warum sagst du denn gar nichts?", fragten die beiden anderen. "Ich wüsste nicht, womit ich ihn loben könnte", entgegnete diese. "Mein Sohn ist ein gewöhnlicher Junge und hat nichts Besonderes an sich. Aber ich hoffe, er wird einmal im Leben seinen Mann stehen." Die Frauen füllten ihre Eimer und machten sich auf den Heimweg. Der Greis folgte ihnen langsam. Er sah, wie anstrengend es für die Frauen war, diese schweren mit Wasser gefüllten Eimer zu tragen. So wunderte er sich nicht darüber, dass sie nach einer Weile die Eimer absetzten und eine Pause machten. Da kamen ihnen drei Knaben entgegen. Der erste stellte sich auf die Hände und schlug Rad um Rad. "Welch ein geschickter Junge!", riefen die Frauen. Der zweite stimmte ein Lied an, und die Frauen lauschten ihm mit Tränen in den Augen. Der dritte Junge lief zu seiner Mutter, ergriff wortlos den schweren Eimer und trug ihn heim. Die Frauen wandten sich an den Greis und fragten: "Was sagst du zu unseren Söhnen?" "Eure Söhne?", entgegnete der Greis verwundert, "ich habe nur einen einzigen Sohn gesehen!" Es ist meistens nicht das Spektakuläre, das unseren Charakter und unsere Reife sichtbar macht. Oft sind es die unscheinbaren Handlungen, so wie bei diesem Sohn, der selbstverständlich seiner Mutter half. Das gilt auch für unser Leben als Christen. Es sind nicht die spektakulären Gaben und Wunder, die wir vielleicht bewirken und über die wir uns freuen können. Der Charakter und die Reife zeigt sich in unserem ganz normalen Leben. In dem spannenden Abschnitt im Epheser-Brief 4, 11-14, den wir heute genauer anschauen werden, erklärt uns Paulus, wie das Wachstum eines Christen gefördert wird und wie wir zu reifen und charakterstarken Christen werden. Lesen wir zuerst diesen Abschnitt: Jesus hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer. Sie haben die Aufgabe, diejenigen, die zu Gottes heiligem Volk gehören, für ihren Dienst auszurüsten, damit die Gemeinde, der Leib von Christus, aufgebaut wird. Epheser 4, 11-12. Das soll dazu führen, dass wir alle in unserem Glauben und in unserer Kenntnis von Gottes Sohn zur vollen Einheit gelangen und dass wir eine Reife erreichen, deren Massstab Christus selbst ist in seiner ganzen Fülle. Epheser 4, 13. Denn wir sollen keine unmündigen Kinder mehr sein; wir dürfen uns nicht mehr durch jede beliebige Lehre vom Kurs abbringen lassen wie ein Schiff, das von Wind und Wellen hin und her geworfen wird, und dürfen nicht mehr auf die Täuschungsmanöver betrügerischer Menschen hereinfallen, die uns mit ihrem falschen Spiel in die Irre führen wollen. Epheser 4, 14. I. Christen sind zum Dienen befreit Paulus erklärt uns, wie Gott die Christen fördert und dadurch die Gemeinde gestärkt wird. Erstaunlicherweise macht Gott das nicht direkt, sondern er wirkt - wie es für ihn typisch ist - mit Menschen zusammen. Es ist Gottes Idee, dass wir, nachdem wir Christen geworden sind, in die Gemeinschaft von Christen eingebunden und gefördert werden. Zur Förderung der Christen und der Gemeinde befähigt Jesus Menschen. Paulus schreibt: "Jesus hat einige als Apostel eingesetzt, einige als Propheten, einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer." Epheser 4, 11. Wir können davon ausgehen, dass Paulus zunächst einmal an die Apostel dachte, die Zeugen der Auferstehung von Jesus waren. Diese Apostel sorgten dafür, dass die christliche Lehre nicht verfälscht wurde, denn die Briefe im Neuen Testament zeigen uns deutlich, wie schnell Irrlehrer diese neue Bewegung in eine andere Richtung drängen wollten. Wie wichtig diese Apostel waren, zeigt uns die Bemerkung des Lukas über die ersten Christen in Jerusalem: "Sie blieben beständig in der Lehre der Apostel." Apostelgeschichte 2, 42. Ich weiss nicht, ob wir über unsere Gemeinde sagen würden, dass wir in der Lehre der Apostel bleiben. Lieber betonen wir die Treue zu Jesus, was ausserordentlich wichtig ist. Von der Lehre der Apostel sprechen wir deshalb nicht so gern, weil das einen gesetzlichen Beigeschmack hat. In der Vergangenheit wurde über verschiedene christliche Lehrmeinungen gestritten. Deshalb betonen wir lieber das Unverfängliche, dass wir Jesus treu bleiben und er unser Zentrum ist. Das ist vollkommen richtig und wichtig, aber genau das lehren uns die Apostel und wenn sie uns das nicht gelehrt hätten, wüssten wir das nicht. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Lehre der Apostel gut kennen, damit unser Leben als Christen sich gesund entwickeln kann. Jesus setzt auch Propheten ein. Damit könnte Paulus die Propheten gemeint haben, die in der Gemeinde verschiedene Ereignisse ankündigen konnten, z.B. wie damals, als Paulus nach Jerusalem reiste und ihm von verschiedenen Propheten angekündigt wurde, dass er in Jerusalem festgenommen werden wird, was dann auch tatsächlich so geschah. Paulus könnte in diesem Zusammenhang auch die Schriften des Alten Testaments gemeint haben. Im jüdischen Denken werden alle alttestamentlichen Bücher als prophetische Schriften verstanden. Für Juden ist z.B. Mose ein Prophet. Die ersten Christen hatten damals nur das Alte Testament zur Verfügung. Sie erklärten Leben, Tod, Auferstehung und Himmelfahrt von Jesus aufgrund dieser prophetischen Schriften. Das sehen wir an der Bemerkung in der Apostelgeschichte über die Juden in Beröa: "Mit grosser Bereitwilligkeit gingen sie auf das Evangelium von Jesus Christus ein, und sie studierten täglich die Heilige Schrift, um zu prüfen, ob das, was Paulus lehrte, mit den Aussagen der Schrift übereinstimmte." Apostelgeschichte 17, 11. Diese Schriften waren die Schriften, die wir heute im Alten Testament vorliegen haben. Und Jesus, der nach seiner Auferstehung einige Jünger auf dem Weg nach Emmaus getroffen hatte, erklärte ihnen, was geschehen war, ebenfalls aufgrund des Alten Testaments. Lukas berichtet: "Jesus fing an bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen Schrift von ihm gesagt war." Lukas 24, 27. Das wäre übrigens eine gute und wichtige Übung für uns: Das Evangelium aufgrund des Alten Testaments zu begründen. Nun, wenn Paulus mit den Propheten die Schriften des Alten Testaments meinte, dann könnten wir sagen, dass wir mit dem Alten Testament die Botschaften der Propheten und mit dem Neuen Testament die Lehre der Apostel in Händen halten. Mir ist bewusst, dass das umstritten ist. Es gibt die Ansicht, die man zurecht haben kann, dass es heute noch Apostel und Propheten gäbe und es wird dann konsequenterweise überlegt, welche Leute das heute sein könnten und welche Aufgaben sie in der Gemeinde erfüllen. Ich kann gut damit leben, wenn das jemand so versteht. Ich bin aber der Überzeugung, dass es heute die Apostel in dem Sinn, wie sie Paulus verstanden hatte, nicht mehr gibt, denn ein Apostel hatte Jesus nach seiner Auferstehung mit eigenen Augen gesehen, sonst galt er nicht als Apostel. Und obwohl ich der Überzeugung bin, dass es heute noch Propheten gibt, meine ich, dass Paulus in diesem Zusammenhang eher an die Propheten des Alten Testaments dachte. In diesem Zusammenhang ist es interessant, wie in der Offenbarung das neue Jerusalem beschrieben wird, das einmal vom Himmel auf die Erde hinunterkommen wird. Dieses neue Jerusalem wird zwölf Stadttore haben: "Jerusalem hatte zwölf Tore und auf den Toren zwölf Engel und Namen darauf geschrieben, nämlich die Namen der zwölf Stämme der Israeliten." Offenbarung 21, 12. Diese Stämme Israels stehen für die alttestamentliche Zeit und für die Versprechen, die Gott dem Volk Israel gegeben hatte und somit auch für die Überlieferungen der Propheten des Alten Testaments, ohne die wir von den grundlegenden Ereignissen, die für unseren Glauben wichtig sind, nichts wüssten. Die Stadt wird aber auch zwölf Grundsteine haben: "Die Mauer der Stadt hatte zwölf Grundsteine und auf ihnen die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes." Offenbarung 21, 14. Die Grundsteine, sozusagen die Fundamente, die die Mauer tragen, auf denen auch die zwölf Tore standen, tragen die Namen der Apostel. Diese Grundsteine symolisieren für mich die Lehre der Apostel oder man könnte auch vom neuen Bund sprechen. Eigentlich würde man erwarten, dass die Stämme Israels das Fundament bilden, aber es sind eben die Apostel. Als Paulus den Christen in Ephesus schrieb, existierte - wie gesagt - nur das Alte Testament und es war auch nicht so leicht zugänglich wie für uns heute. Es ist gut möglich, dass Paulus, wenn er von den Prophten geschrieben hat, diese Schriften vor Augen hatte. Die Lehre der Apostel wäre uns dann im Neuen Testament überliefert. Gott setzt weitere Menschen ein, die er befähigt, die Christen im Wachstum zu unterstützen. "Jesus setzte einige als Evangelisten, einige als Hirten und Lehrer ein." Epheser 4, 11. Diese Leute tun ihren Dienst aufgrund der gelegten Fundamente: der Propheten und Apostel. Sie tragen keine neuen Lehren in die Gemeinde hinein, sondern sie lehren und handeln aufgrund der vorgegebenen Lehre der Apostel und Propheten. Dieses Konzept finden wir schon im Alten Testament, denn über Esra wird gesagt: "Esra hatte sich mit ganzem Herzen der Aufgabe gewidmet, das Gesetz des Herrn zu erforschen und zu befolgen und die Israeliten seine Vorschriften zu lehren, damit sie sich in ihrer Lebensführung und Rechtsprechung daran hielten." Esra 7, 10. So unterstützen die Evangelisten, Hirten und Lehrer die Christen und fördern damit ein gesundes Wachstum in der Gemeinde. Das sind ausserordentlich wichtige Aufgaben, die diese Leute haben. "Sie haben die Aufgabe, diejenigen, die zu Gottes heiligem Volk gehören, für ihren Dienst auszurüsten, damit die Gemeinde, der Leib von Christus, aufgebaut wird." Epheser 4, 12. Im Blickfeld steht nicht der einzelne Christ, denn damals dachte man nicht so individualistisch wie wir heute. Natürlich ist der einzelne Christ sehr wichtig, aber schlussendlich geht es um etwas viel Grösseres: den Leib Christi - die Gemeinde. Die Gläuben sollen lernen sich am Gemeindeleben zu beteiligen, damit die Gemeinde aufgebaut wird. Den Christen in Korinth schrieb Paulus: "Jesus ist deshalb für alle gestorben, damit die, die leben, nicht länger für sich selbst leben, sondern für den, der für sie gestorben und zu neuem Leben erweckt worden ist." 2. Korinther 5, 15. Christen leben für Christus und nicht für sich selbst. Gott dreht sich nicht wie die Erde um uns herum und ist damit beschäftigt unsere Wünsche zu erfüllen. Nein, Gott hat für uns das Beste gegeben, er hat seinen Sohn geopfert, damit wir uns mit ihm versöhnen können. Jetzt dreht sich unser Leben um Gott. Wir sind die Erde und Gott ist die Sonne! So kommt unser Leben in die richtige Bahn. Jetzt können wir das Leben führen, das erfüllend ist und für das wir geschaffen wurden. Jetzt können wir in unserer ursprünglichen Bestimmung leben. II. Christen kennen Christus Apostel, Propheten, Evangelisten, Hirten und Lehrer arbeiten auf ein wichtiges Ziel hin, denn: "Das soll dazu führen, dass wir alle in unserem Glauben und in unserer Kenntnis von Gottes Sohn zur vollen Einheit gelangen und dass wir eine Reife erreichen, deren Massstab Christus selbst ist in seiner ganzen Fülle." Epheser 4, 13. Wir sollen Jesus besser kennenlernen! Wenn wir Jesus besser kennen lernen, werden wir zu reifen und erwachsenen Christen. Ich finde das ein sehr spannender und ausserordentlich wichtiger Gedanken, den Paulus hier erwähnt. Wenn wir Christen werden, haben wir verstanden, was Jesus für uns am Kreuz getan hat. Wir haben begriffen, dass Jesus Gott ist. Aber wir kennen Jesus noch nicht so gut. Das ist, wie wenn ich eine neue Arbeitsstelle antrete und meine Arbeitskollegen kennen lerne. Ich weiss dann, dass diese Menschen existieren und kenne vielleicht noch ihre Namen und Funktionen, aber mehr nicht. Je länger und intensiver ich mit ihnen zusammenarbeite, desto besser lerne ich sie kennen. So ist es auch, wenn uns Jesus zum ersten Mal begegnet. Wir kennen ihn und wissen wer er ist, aber wir werden ihn im Laufe der Zeit immer besser kennenlernen. Diesen Wachstumsprozess vergleicht die Bibel manchmal mit einer Geburt. So schreibt Johannes über die Christen: "Sie wurden Gottes Kinder weder aufgrund ihrer Abstammung noch durch menschliches Wollen, noch durch den Entschluss eines Mannes; sie sind aus Gott geboren worden." Johannes 1, 13. Dieses aus Gott geboren sein, wird manchmal auch als Wiedergeburt bezeichnet. Das gefällt mir! Das zeigt uns, dass Gott nicht erwartet, wenn wir Christen werden, gleich erwachsen und reif sind. Wir haben Zeit uns zu entwickeln. Wie Babys müssen wir gefüttert werden, lernen krabbeln, irgendwann können wir laufen usw. Und die Muttermilch, mit der wir uns nähren sollen, beschreibt Petrus so: "Genauso, wie ein neugeborenes Kind auf Muttermilch begierig ist, sollt ihr auf Gottes Wort begierig sein, auf diese unverfälschte Milch, durch die ihr heranwachst, bis das Ziel, eure endgültige Rettung, erreicht ist." 1. Petrus 2, 2. Es ist das Wort, das uns im Alten und Neuen Testament überliefert ist. Dieses Wort Gottes hilft uns, unsere Vorstellungen und Überzeugungen, die wir aus unserem früheren religiösen Leben, aufgrund unserer Erziehung und unserem kulturellen Umfeld mit in dieses neue Leben hineingenommen haben, zu korrigieren, dort wo Korrektur nötig ist. Es beginnt ein Prozess, in dem wir falsche Ansichten und Überzeugungen ablegen und uns neue Ansichten und Überzeugungen aneignen. Dieser Prozess führt mich dahin, dass ich Jesus besser kennenlernen und den Reichtum entdecke, den wir in Jesus haben. Dieser Prozess hat ein Ziel, das Luther so übersetzt: "Der vollendete Mann." Epheser 4, 13. Selbstverständlich wird hier die Frau mitgedacht. Es ist auch die vollendete Frau. Das bedeutet doch, dass wir als Christen erwachsen werden können. Wir können vollkommen werden. Ich würde fast wetten, dass die meisten von uns sagen würden, sie seien noch nicht vollkommen und im Glauben noch nicht erwachsen. Ja - in diesem Leben würde man das gar nicht erreichen. Wenn das so wäre, dann hätte Paulus uns hier etwas Falsches erzählt. Oder er hätte die Latte so hoch gesetzt, dass jeder daran scheitern müsste. Persönlich finde ich das unerträglich, wenn wir als Christen immer klein gehalten werden und uns immer wieder klar gemacht wird, dass wir zum Scheitern verurteilt sind, weil wir nie das tun können, was Gott von uns erwarten würde. Das macht uns schlussendlich krank oder gleichgültig und ist in meinen Augen keine gesunde Lehre und auch nicht das, was uns die Bibel lehrt. Es kann doch nicht sein, dass ich nach jeder Bibelstunde, jeder Bibellese, jeder Predigt irgendetwas neues lernen müsste. Das ist ein völliger Stress und das kann kein Mensch ernsthaft durchhalten. Wir können als Christen im Glauben erwachsen werden. Das bedeutet nicht, dass wir perfekt sind, immer alles richtig machen und nie mehr sündigen würden. Aber wir sind im Glauben so gefestigt, dass wir nicht so schnell aus der Fassung zu bringen sind. Wir hinterfragen nicht bei jedem Schicksalsschlag die Liebe Gottes. So wie wir das mit unserem Körper machen, der ja auch nicht ins unendliche wächst, pflegen wir unseren Glauben. Es muss da und dort etwas aufgefrischt werden, was vergessen gegangen ist. Da und dort braucht es eine Korrektur usw. Es ist sogar von grösster Wichtigkeit, dass wir erwachsen werden, denn wer im Glauben nicht erwachsen wird, der bleibt unmündig. Paulus meint: "Denn wir sollen keine unmündigen Kinder mehr sein; wir dürfen uns nicht mehr durch jede beliebige Lehre vom Kurs abbringen lassen wie ein Schiff, das von Wind und Wellen hin und her geworfen wird, und dürfen nicht mehr auf die Täuschungsmanöver betrügerischer Menschen hereinfallen, die uns mit ihrem falschen Spiel in die Irre führen wollen." Epheser 4, 14. Paulus musste schmerzhaft erfahren, wie schnell unmündige Christen, obwohl sie wiedergeboren waren und der Heiligen Geist in ihnen wohnte, sich von der gesunden Lehre abwandten. Empört und traurig schrieb er den Christen in Galatien: "Ich wundere mich, wie schnell ihr euch von dem abwendet, der euch zum Glauben gerufen hat! Durch Christus hat er euch seine Gnade erwiesen, und ihr kehrt ihm den Rücken und wendet euch einem anderen Evangelium zu." Galater 1, 6. Paulus beklagte auch die unreife Leichtgläubigkeit der Christen in Korinth: "Wenn jemand kommt und euch einen anderen Jesus verkündet als den, den wir verkündet haben, dann lasst ihr euch das nur allzu gern gefallen. Ihr findet nichts dabei, euch einem anderen Geist zu öffnen als dem, den ihr durch uns bekommen habt, oder ein anderes Evangelium anzunehmen als das, das ihr von uns angenommen habt." 2. Korinther 11, 4. Es gäbe noch viele Beispiele im Neuen Testament, die uns zeigen, wie unreife Christen sich von der gesunden Lehre abwandten. Im Hebräer wird den Christen sogar der Vorwurf gemacht, dass sie nicht erwachsen geworden seien, sondern sich noch immer in einer beschämenden Kindlichkeit befänden. Das klingt im Originaltext so: "Eigentlich müsstet ihr längst in der Lage sein, andere zu unterrichten; stattdessen braucht ihr selbst wieder jemand, der euch die grundlegenden Wahrheiten der Botschaft Gottes lehrt. Ihr habt sozusagen wieder Milch nötig statt fester Nahrung." Hebräer 5, 12. Das macht sie als Christen gar nicht lebensfähig, denn es heisst weiter: "Wer nur Milch verträgt, ist ein Kind und hat noch nicht die nötige Erfahrung, um sein Leben so zu gestalten, wie es nach Gottes Wort richtig ist." Hebräer 5, 13. In welchem Stadium befinden wir uns wohl? Sind wir schon reife und erwachsene Christen, die Irrlehren erkennen und ihnen widerstehen können oder sind wir immer noch unmündige Christen, die von jedem Windstoss, von jeder Welle der Lehre und jedem Schicksalsschlag sofort aus der Bahn geworfen werden? Erwachsen werden wir, indem wir Jesus besser kennenlernen und das tun wir hauptsächlich, indem wir uns mit der Bibel beschäftigen. Eine grosse Kirche in Amerika machte eine breit angelegte Studie. Sie wollten wissen, wie Christen am effektivsten wachsen. Was mich nicht überraschte, aber sehr freut, war die Erkenntnis, dass persönliches Bibelstudium und die Vermittlung einer gesunden Lehre die Triebfeder zum Wachstum schlechthin sind. Schlussgedanke Der Wachstumsprozess hat ein klares Ziel! Jeder für sich und wir als Gemeinde sollen gemeinsam Jesus besser kennenlernen. Dazu setzt Jesus Propheten, Apostel, Evangelisten, Hirten und Lehrer ein. Das ist das Anliegen des Paulus für die Christen in Ephesus und es wäre auch sein Anliegen für uns heute, dass wir in Jesus geründet sind und das wird folgende Auswirkungen haben: "Das wird euch dazu befähigen, zusammen mit allen anderen, die zu Gottes heiligem Volk gehören, die Liebe Christi in allen ihren Dimensionen zu erfassen - in ihrer Breite, in ihrer Länge, in ihrer Höhe und in ihrer Tiefe. Ja, ich bete darum, dass ihr seine Liebe versteht, die doch weit über alles Verstehen hinausreicht, und dass ihr auf diese Weise mehr und mehr mit der ganzen Fülle des Lebens erfüllt werdet, das bei Gott zu finden ist." Epheser 3, 18-19. Ich wünschte mir, dass in unseren Gemeinden die Bibel an Bedeutung und Respekt gewinnt, denn sie öffnet uns die Schätze, die uns von Gott geschenkt sind. Sie lässt uns verstehen, um was es im Leben und Glauben geht. Sie unterstütz uns im Erwachsenwerden und im Erwachsensein. "Denn wir sollen keine unmündigen Kinder mehr sein; wir dürfen uns nicht mehr durch jede beliebige Lehre vom Kurs abbringen lassen wie ein Schiff, das von Wind und Wellen hin und her geworfen wird, und dürfen nicht mehr auf die Täuschungsmanöver betrügerischer Menschen hereinfallen, die uns mit ihrem falschen Spiel in die Irre führen wollen." Epheser 4, 14. 15