Ruf zur Umkehr Neue 95 Thesen und die Folgen Christen für die Wahrheit (Hrsg.) CCI Stephanus Edition Redaktion: Dr. Lothar Gassmann Georg Grau Norbert Ziegler Ruf zur Umkehr Neue 95 Thesen und die Folgen Christen für die Wahrheit (Hrsg.) Ruf zur Umkehr Neue 95 Thesen und die Folgen Stephanus Edition Ansprachen..........................................185 Rev. Fano Sibisi, Südafrika, Präsident von Christians for Truth International: Die Flamme von Wittenberg Dr Heinz-Jürgen Fischbach, Montabaur (D), I. Vorsitzender des Evangelischen Aufbruchs Mittelrhein: Am Vorabend der neuen Bekennenden Kirche Hans Müller, Interlaken (CH), Präsident des Schweizerischen Bundes Aktiver Protestanten: Reformation damals - Reformation heute Dr. Lothar Gassmann, Gießen/Wetzlar (D), Initiator der internationalen 95 Thesen: Aufruf zur Umkehr und Disputation Prof Dr. Eta Linnemann, Leer (D): Zurück zur Heiligen Schrift Missionar Femy Jaegle (F): Treue zu Jesus bis ans Ende Missionar Michael Moser (D): Ein Weckruf in dunkler Zeit Rev. Kjell Olsen, Südafrika, Generalsekretär von Chri- stians for Truth International: Gebet Nach dem Thesen-Anschlag...........................203 Hinweis auf den Film „Reformation heute“...........204 Anmerkungen .......................................205 Einleitung 500 Jahre nach Martin Luther sind neue „95 Thesen“ entstanden. Diese wurden innerhalb weniger Monate fast weltweit verbreitet. Vom 25. -27. Oktober 1996 fand ein Kongreß unter dem Motto „Reformation heute“ mit rund 500 Teilnehmern in Berlin statt. Als Höhepunkt dieses Kongresses wurden die neuen 95 Thesen am 27.10.1996 um 15.30 Uhr in 20 Sprachen vor der Schloßkirche der Lutherstadt Wittenberg angeschlagen. Vier Tage darauf, am 31. 10. 1996 (Reformationstag), wurde in Neuwied (Rheinland) die erste Gemeinde einer neuen Bekennenden Kirche in Deutschland gegründet. In diesem Buch werden die Referate des Kongresses und die Ansprachen beim Thesen-Anschlag in der Reihenfolge, in der sie gehalten wurden, dokumentiert. Sie wurden für den Druck behutsam überarbeitet und gekürzt. Größere Auslassungen werden durch (...) angezeigt. Der Vortragsstil wurde weitgehend beibehalten. Es ist unser Gebet, daß sich viele Leserinnen und Leser von dem „Ruf zur Umkehr“ ansprechen lassen. Denn eine Erneuerung von Kirche und Gesellschaft kann nur bei vielen Einzelnen - als eine „Reformation der Herzen“ - beginnen. Die Herausgeber Der Thesenanschlag am 27.10.1996 vor der Schloßkirche in Wittenberg. Reformation heute 95 Thesen zur Situation von Kirche und Gesellschaft Aufruf zur Umkehr 1. Wenn unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: „ Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen“ (Matthäus 4,17), will er, daß das ganze Leben der Gläubigen Buße sein soll. 2. Diese Buße beginnt mit einer Neubesinnung und Trauer über das bisherige falsche Verhalten sowohl des einzelnen als auch der Kirchen als Gesamtheit. 3. Wenn die Buße ernsthaft ist, führt sie dazu, daß der einzelne und die Kirchen das falsche Verhalten, die Sünde hassen und lassen - nicht aus eigener Kraft, sondern durch die Gnade und Kraft Jesu Christi. 4. Gott verheißt dem Bußfertigen Vergebung und Neuanfang: „Siehe, wenn ich den Himmel verschließe, daß es nicht regnet, oder die Heuschrecken das Land fressen oder eine Pest unter mein Volk kommen lasse und dann mein Volk, über das mein Name genannt ist, sich demütigt, daß sie beten und mein Angesicht suchen und sich von ihren bösen Wegen bekehren, so will ich vom Himmel her hören und ihre Sünde vergeben und ihr Land heilen“ (2. Chronik 7,13 f.). Die gegenwärtige gesellschaftliche Situation 5. Der einzelne gefällt sich heute aber in vielerlei Sünden wie z. B. Gottlosigkeit, Hochmut, Lieblosigkeit, Okkultismus, Ungehorsam, Abtreibung, Unzucht, Ehebruch, homosexuellen Praktiken, Drogenmißbrauch, Lüge, Geiz und Diebstahl (vgl, 2. Mose 20,2-17; Römer 1,18-31; 1. Korinther 6,9; Galater 5,19-21). 6. Freilich wurden solche Sünden zu allen Zeiten begangen, aber heute werden viele von ihnen öffentlich geduldet und auf das Podest gestellt. „Sie tun es nicht nur, sondern haben auch Gefallen an denen, die es tun“ (Römer 1,32). 7. In vielen Staaten sind die Gesetze aufgeweicht oder abgeschafft worden, die Gotteslästerung, Pornographie, Abtreibung, Euthanasie, homosexuelle Praktiken, Drogenmißbrauch und ähnliches verboten haben. 8. Eine Gesellschaft, die Handlungen duldet oder sogar öffentlich fördert, welche die Heilige Schrift als „Sünde“ und „Greuel“ in den Augen Gottes bezeichnet, gräbt sich ihr eigenes Grab. Sie wird gerichtsreif. „Gerechtigkeit erhöht ein Volk, aber die Sünde ist der Leute Verderben“ (Sprüche 14,34). 9. Viele Staaten gleichen heute dem Römischen Reich vor seinem Untergang: Die innere Ursache seines Zerfalls war die sittliche Dekadenz. 10. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch heute Staats- und Gesellschaftssysteme, die sich gegen Gottes Gebote stellen, zerfallen. Das Versagen der Kirchen 11. In dieser Situation müßten die Kirchen (Landes- bzw. Kantonal- und Freikirchen) vor Ort und weltweit ihren Auftrag wahmehmen, „Licht“ und „Salz“ zu sein und sich dieser Entwicklung entgegenstellen (Matthäus 5,13-16; Römer 12,2; Epheser 5,11). 12. Tun sie dies nicht, dann stehen sie unter dem Gericht, das Gott über den untreuen Wächter ausspricht: „Wenn ich dem Gottlosen sage: Du mußt des Todes sterben! und du wamst ihn nicht und sagst es ihm nicht, um den Gottlosen vor seinem gottlosen Wege zu warnen, damit er am Leben bleibe, - so wird der Gottlose um seiner Sünde willen sterben, aber sein Blut will ich von deiner Hand fordern“ (Hesekiel 3,18). 13. Einzelne Personen und Gruppen innerhalb der Kirchen leisten dem Zeitgeist tapfer Widerstand, aber verschiedene Kirchen als Gesamtheit in vielen Staaten fallen immer mehr von ihrer Bestimmung ab, das Evangelium zu verkündigen und Gottes Gebote zu verteidigen. 14. Den Ideologien des Zeitgeistes ausgeliefert, verliert eine Kirche ihre Orientierung. 15. Eine orientierungslose Kirche aber kann dem einzelnen keine Orientierung mehr geben. Die Preisgabe der Heiligen Schrift 16. Die Orientierungslosigkeit begann mit der Preisgabe der Grundlage allen Glaubens und Erkennens, der Heiligen Schrift. 17. Die Heilige Schrift ist zwar äußerlich in vielen Kirchen noch in Gebrauch, aber sie wird häufig der Tyrannei der autonomen, selbstherrlichen Vemunfl unterworfen, welche sie kritisch in ihre Bestandteile zerlegt und Gottes Offenbarung leugnet. 18. Zu Recht betet Zinzendorf: „Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruhn? Mir ist’s nicht um tausend Welten, aber um dein Wort zu tun.“ 19. Da die Kirche aus reformatorischer Sicht eine „Schöpfung des Wortes Gottes “ ist, hört sie dann auf, Kirche zu sein, wenn sie das Wort Gottes preisgibt. 20. Wenn das Wort Gottes preisgegeben wird, braucht man sich über die Folgen nicht zu wundem: Auf die Preisgabe des Wortes Gottes folgt die Preisgabe der Inhalte des Wortes - und das heißt: Die Auflösung biblischer Lehre und biblischen Lebens. 21. Die Auflösung biblischer Lehre beginnt mit der Auflösung des biblischen Verständnisses von Gott. Entgegen den klaren Aussagen der Heiligen Schrift werden von vielen „Theologen“ Gottes dreieiniges Wesen und seine Allmacht, seine Heiligkeit und Gerechtigkeit geleugnet oder bis zur Unkenntlichkeit umgedeutet. 22. Wer bestreitet, daß sich die in der Bibel bezeugten Wunder und Prophezeiungen wirklich ereignet haben oder noch ereignen werden, stellt sich Gott als machtloses Prinzip - bildlich gesprochen: „ohne Arme und Beine“ - vor. Ein solcher „Gott“ aber ist ein selbstgemachter Götze, ein Gott rationalistischer Philosophen, aber nicht der „Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs“, der Vater Jesu Christi (Blaise Pascal). Die Auflösung der biblischen Lehre von Christus 23. Wenn heute von „Theologen“ behauptet wird, Jesus Christus sei nur ein Mensch, Sozialrevolutionär, Friedensprediger, Befreier oder ähnliches, aber nicht Gott - und weiter: er sei weder von einer Jungfrau geboren, noch leibhaftig von den Toten auferstanden, noch gen Himmel gefahren, noch werde er leibhaftig sichtbar wiederkommen in Macht und Herrlichkeit - und weiter: sein Tod am Kreuz könne uns nicht von unseren Sünden erlösen, so ist dazu folgendes festzustellen: nämlich, daß der im vierten Jahrhundert nach Christus verurteilte, bekannte Irrlehrer Arius besser gelehrt hat als manche „modernen Theologen“, weil er Jesus immerhin noch als „übernatürlichen Logos (Wort)“ und nicht als bloßen Menschen betrachtete. Doch tragen alle Irrlehren die Tendenz in sich, im weiteren Fortschreiten der Geschichte eine Steigerung zu erfahren. 24. Gegen Arius und viele „moderne Theologen“ ist zu sagen: Jesus Christus ist kein bloßer Mensch, kein Geschöpf Gottes, sondern wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich, der ewige Sohn Gottes, das heißt: Gott selber in der zweiten Person seiner Dreieinigkeit. „Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht“ (1. Johannes 5,12; vgl. 1. Johannes 2,22; 4,2 f.). Die Auflösung der biblischen Lehre von Sünde und Erlösung 25. Wo die biblische Lehre von Christus entleert wird, wird auch die biblische Lehre von der Sünde und Erlösung entleert. Denn ein „machtloser“ Christus hat auch keine Macht, uns von Sünde, Tod und Teufel zu erlösen. 26. Als Folge wird entweder die Sünde verharmlost und die Gültigkeit der Gebote Gottes geleugnet - oder es wird die Erlösung ganz oder teilweise in die Hand des Menschen selber übergeben (Selbsterlösung oder Synergismus). 27. Die Verharmlosung oder Leugnung der Sünde im biblischen Sinne zeigt sich heute in verschiedenen Auffassungen in Gesellschaft und Kirche, z. B. in den Behauptungen, praktizierte Homosexualität sei weder sündhaft noch krankhaft, Pornographie, Abtreibung und Euthanasie seien nicht zu verurteilen und die Freigabe von Drogen würde helfen, die Kriminalität einzudämmen. Aber „wehe denen, die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen“ (Jesaja 5,20). 28. Die Selbsterlösung wird offen oder versteckt in verschiedenen „Modetheologien“ propagiert, z. B. in einer feministischen Blut-„Theologie“, die das Heil aus den Kräften der Frau und ihrem Menstruationsblut anstatt von Jesus Christus erwartet, in einer Befreiungs- und Revolutions-„Theologie“, die ihre Hoffnung auf die Kraft gesellschaftlicher Gruppen und deren revolutionären Kampf richtet, und in einer Psycho-„Theolo-gie“, die Heilung aus der Kraft des menschlichen Selbst und aus entsprechenden Techniken erhofft, welche der Selbstverwirklichung dienen sollen. 29. Aber nach wie vor gilt, daß „ in keinem anderen “ als Jesus Christus „das Heil ist, auch ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden“ (Apostelgeschichte 4,12). Das Eindringen fremder Geister in den Raum der Kirchen 30. Je mehr eine Kirche sich dem Zeitgeist anpaßt, desto mehr steht sie in der Gefahr, nicht nur den Geist Gottes aus ihrer Mitte zu vertreiben, sondern auch fremde Geister durch die Hintertür hereinzuholen. 31. Diese fremden Geister herrschen in den Ideologien und Religionen dieser Welt (Epheser 6,12). 32. Wenn behauptet wird, die fremden Geister seien identisch mit dem Geist Gottes, so zeigt dies die große Verfinsterung unserer Zeit auf. Denn es gilt: „Was die Heiden opfern, das opfern sie den Dämonen und nicht Gott“ (1. Kor. 10,20). 33. Wenn bei interreligiösen „Gebetstreffen“ immer wieder der „Geist von Assisi“ (d.h. des „Friedensgebets der Religionen“ in Assisi im Jahr 1986) beschworen wird, so sollten die Veranstalter dieser Treffen auf die damals der Christenheit gegebene Jahreslosung hören: „Ich bin der HERR, dein Gott... Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ (2. Mose 20,2 f.). Die Verweltlichung der Kirchen 34. Viele Menschen, unter ihnen manche Politiker, warten auf ein klärendes Wort der Kirchen von der Heiligen Schrift her. 35. Je „zeitgemäßer“ und „weltoffener“ aber eine Kirche sein will, desto mehr steht sie in der Gefahr, ihr eigentliches Wort zu vergessen, das sie einer weithin atheistischen und verunsicherten Bevölkerung schuldet. 36. Eine Kirche, die sich den Geistern der Zeit und den Tagesparolen der Politik von rechts oder links anpaßt, kann nicht mehr verändernd in die Welt hineinwirken, sondern wird vom Sog der Welt fortgerissen. Sie verfällt der Verweltlichung und macht sich selber überflüssig. 37. Der Ausweg kann nur darin hegen, Buße zu tun, ganz neu auf das Wort Gottes zu hören, das uns in Gestalt der Heiligen Schrift gegeben ist und dieses der Welt zuzurufen in Wort und Tat. Das Verhalten der Gläubigen angesichts des gegenwärtigen Gerichts 38. Daß vielen Kirchen heute die Kraft und Eindeutigkeit für biblisch verankerte Lehr- und Lebensäußerungen fehlt, ist bereits Gericht Gottes (1. Petr. 4,17) und Auswirkung des endzeitlichen Abfalls vom rettenden Glauben (Matth. 24,12; 2. Thess. 2,3). 39. Eine Kirche, die zunehmend zur Hure wird, stellt sich immer mehr der Welt gleich, vermischt heidnische Götzen mit dem Gott der Bibel, strebt nach Geld, Macht und weltlicher Anerkennung, achtet die Gebote Gottes und die Erlösung durch Jesus Christus gering und bringt die wahren Gläubigen zunehmend in Bedrängnis (Offenbarung 17 f.). 40. Dennoch sind die Gläubigen aufgerufen, weiterhin zu glauben, zu lieben und zu hoffen sowie für ihre Verleumder und Verfolger zu beten, damit auch diese zur Buße finden (Matthäus 5,44). 4L Vor allem aber sind die Gläubigen aufgerufen, dem Herrn und Heiland Jesus Christus treu zu bleiben, jedem Geist der Vermischung und Weltanpassung zu widerstehen und mögüchst viele Menschen in die Nachfolge Jesu Christi zu rufen: „Darum geht hin und macht zu Jüngern alle Völker“ (Matthäus 28,19). Das Festhalten am Missionsauftrag 42. Der Missionsauftrag läuft zur Verführung parallel und wird erst enden, wenn Jesus wiederkommt in Macht und Herrlichkeit (Matthäus 24,14). Mission (im Sinne der Bekehrung Ungläubiger zu Jesus Christus) ist die positive Antwort der Gläubigen auf die zahlreichen Verführungen. 43. Mission ist der Lebensatem der Kirche. Ohne Mission stirbt die Kirche ab. Es gibt nur die Alternative „ Mission oder Tod" (Otto Riecker). 44. Wo eine Kirche als Gesamtheit den Missionsauftrag nicht mehr wahmehmen will oder kann, sind die einzelnen Gläubigen aufgerufen, durch freie Gründungen oder Unterstützung bibeltreuer Missionswerke diesen Dienst zu tun. 45. Durch den Dienst bibeltreuer Missions werke können neue Gemeinden und Kirchen entstehen, die gegebenenfalls die vom christlichen Glauben abgefallenen Kirchen ersetzen. Die Frage des Kirchenaustritts 46. Der einzelne Gläubige ist aufgerufen, anhand der Heiligen Schrift selber zu prüfen, inwieweit seine Gemeinde und Kirche auf der Grundlage des Wortes Gottes steht oder nicht. 47. Wo er Abweichungen und Mißstände erkennt, soll er diese öffentlich in seiner Kirche benennen. Handelt es sich um schwerwiegende Mißstände und werden diese trotz mehrmaligen Protests nicht abgestellt, bleibt ihm nur entweder das Leiden oder der Kirchenaustritt. Solange es geht, sollte er allerdings nicht austreten, sondern „aufireten“. 48. Die Mißstände können jedoch so groß werden, daß für einen Gläubigen aus Gewissensgründen und Gehorsam gegenüber dem Herrn Jesus Christus ein Austritt unausweichlich wird - nämlich dann, wenn eine Kirche als Gesamtheit Gesetze beschließt, die Irrlehre und Sünde gutheißen und verbindlich machen. 49. Tritt der Gläubige aus einer Kirche aus, die sich in ihren Grundartikeln und Lebensäußerungen sehr weit von der Heiligen Schrift entfernt hat, dann darf er gewiß sein, daß er nicht aus der Kirche Jesu Christi austritt, sondern nur aus einer Institution, die sich zu Unrecht noch „Kirche“ nennt. 50. Die wahre Kirche (die Gemeinde Jesu Christi), die auch nicht vollkommen ist, aber deren Glieder sich doch um ein Leben aus der Kraft Christi und nach den Lehren der Heiligen Schrift bemühen, lebt außerhalb dieser Institution weiter und findet neue Formen ihrer Gemeinschaftsbildung. Nur für diese gilt: „Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen“ (Matthäus 16,18). Grundlagen einer Reformation der Kirche 51. Egal in welcher Kirche sich ein Gläubiger befindet - jede Kirche benötigt eine Reformation im Sinne einer geistlichen Erneuerung. Diese kann immer nur beim einzelnen beginnen: durch die Erkenntnis der persönlichen Schuld und Unfähigkeit und das alleinige Vertrauen auf die Gnade und Kraft Jesu Christi. 52. Allein Jesus Christus soll der Herr sein, nicht andere Herren, nicht Religionsstifter oder Ideologen. 53. Allein das Wort Gottes, das in der Bibel niedergelegt ist, soll gelten, nicht andere Worte, Offenbarungsquellen und Ideologien. 54. Allein aus Gnaden und durch den Glauben werden wir gerettet, nicht durch Selbsterlösungs-Techniken, Wiederver-körperungs-Vorstellungen und den frevelhaften Versuch, den umfassenden Heilszustand (Schalom) des zukünftigen Reiches Gottes durch die schwärmerische Erwartung eines aus eigener menschlicher Kraft errichteten Weltfriedensreiches vorwegzunehmen. 55. „Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben. Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen“ (Artikel 1 der Barmer Theologischen Erklärung von 1934). 56. Eine wahre Reformation im Sinne einer geistlichen Erneuerung führt über die Buße und Veränderung vieler Einzelner zu einer neuen Gemeinschaft im Geiste - zunächst unsichtbar, dann aber auch zunehmend sichtbar. 57. Die Zerrissenheit der Gläubigen in vielfach einander bekämpfende Gruppen und Grüppchen ist Ungehorsam gegenüber Gott, eine Schande vor der Welt und eine Lähmung des Missionsauftrags (vgl. Johannes 17,20 f.). Sie muß aber kein unüberwindliches Hindernis sein, wenn sich die Gläubigen auf das Zentrum des Evangeliums, die Rechtfertigung des Sünders allein aus Gnaden, besinnen und ihre Einheit im Wesentlichen entdecken: „Im Wesentlichen Einheit, im Unwesentlichen Freiheit, über allem die Liebe.“ 58. Die durch Gottes Wort und Buße bewirkte Einheit der Gläubigen kann und wird keine Einheit auf Kosten der biblischen Wahrheit sein, sondern die Einheit in der Wahrheit Christi (Johannes 14,6; 17,11. 17; Epheser 2,14). 59. Wahre Einheit umfaßt nur diejenigen, die an Jesus Christus glauben, die sein Wort als „die Wahrheit“ behalten, die in der Welt, aber nicht von der Welt sind und die daher von der Welt gehaßt werden (Johannes 17). Falsche Einheit hingegen umfaßt die ganze Menschheit,„hurt“ mit allen möglichen Ideologien und Religionen und verfolgt diejenigen mit Zwang, Terror und schließlich Gewalt, die Jesus Christus als einzigem Herrn, Erlöser und Friedensbringer die Treue halten (Offenbarung 13; 17 f.). 60. Wahre Einheit schenkt Gott durch Missionierung und Evangelisierung aller Völker, durch den klaren Ruf zum rettenden Glauben und zur Lebensübergabe an Jesus Christus (Matthäus 28,18-20; Johannes 17,6 ff.). Falsche Einheit umgeht diesen Ruf zur Bekehrung, indem sie politische Probleme und Selbsterlösungsversuche einer sich als autonom verstehenden Menschheit in den Vordergrund stellt - einer Menschheit ohne Gott, welche „die Liebe zur Wahrheit nicht angenommen hat zu ihrer Rettung“ und ihre Zuspitzung im Antichristen findet, der „sich selbst in den Tempel Gottes setzt und vorgibt, er sei Gott“ (2. Thessalonicher 2,4. 10). 61. Wahre Einheit duldet keine Irrlehre (Galater 1,6-10; 2. Johannes 9-11; Judas 3 ff.). Falsche Einheit duldet Irrlehre und fördert sie infolge der Vermischung der Ideologien und Religionen sogar noch. Die Erneuerung der Theologie 62. Für eine Reformation im Sinne einer geistlichen Erneuerung ist eine Erneuerung der Theologie notwendig. 63. Eine Erneuerung der Theologie kann es nur geben, wenn in der theologischen Ausbildung die Bibel wieder als das Wort Gottes emstgenommen wird und die menschliche Vernunft sich ihm in Respekt und Ehrfurcht unterordnet. 64. Eine bibeltreue Ausbildung - und das heißt: die Gründung und Anerkennung bibeltreuer Ausbildungsstätten (Schulen, Bibelschulen, Studienhäuser, Akademien und Hochschulen) -ist daher unverzichtbar. Die Praktizierung der Gemeindezucht 65. Viele Mißstände in Theologie und Kirche sind dadurch verursacht, daß weithin die Gemeindezucht nicht mehr praktiziert wird. 66. Gemeindezucht schließt die Bestrafung oder den Ausschluß solcher Personen ein, die öffentlich unbiblische Lehren und Lebensgewohnheiten in die Gemeinden hineintragen (1. Korinther 5; 2. Johannes 9-11). 67. Wenn Gemeindezucht wirksam sein soll, muß sie alle Ebenen der kirchlichen Hierarchie (Rangordnung) erreichen und darf auch vor Gemeindeältesten, Synodalen und Kirchenführern nicht Halt machen, wo die Verführung von ihnen ausgeht oder unterstützt wird. 68. Denn „ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig “ (1. Korinther 5,6) - und das gilt um so mehr, wenn es sich bei diesem „Sauerteig“ um Personen in einflußreicher Stellung handelt. Der Auftrag des einzelnen Gläubigen 69. Jeder einzelne Gläubige ist aufgerufen, das „allgemeine Priestertum “ (vgl. 1. Petrus 2,9) zu praktizieren, und das heißt: sein Mandat als Christ zur Prüfung von Lehre und Leben anhand der Heiligen Schrift wahrzunehmen. 70. Dazu gehört auch der Auftrag, dem Zeitgeist Widerstand zu leisten und bei unbiblischen Entwicklungen nicht zu schweigen. „Nicht mit Gewalt, sondern mit dem Wort“ kämpfen wir (Martin Luther). 71. Jeder einzelne Gläubige ist eingeladen, durch Bibellese und Gebet täglich in der Verbindung mit Gott zu bleiben und sich Stärkung und Korrektur schenken zu lassen. 72. Er ist aufgerufen, die Botschaft von Jesus Christus so, wie die Bibel sie uns vermittelt, ohne Einschränkungen, Abstriche und Hinzufügungen zu verkündigen. 73. Er ist aufgerufen, die Bibel auch in ihren ethischen und dem Zeitgeist widersprechenden Aussagen emstzunehmen und danach zu leben. 74. Er ist aufgerufen, einen erwecklich-missionarischen Gemeindeaufbau zu betreiben bzw. an einem solchen mitzuwirken. 75. Er ist aufgerufen, sich hinter kirchliche Mitarbeiter, z. B. Pastoren, zu stellen, die wegen ihrer bibeltreuen, erwecklichen Verkündigung Probleme mit ihrer Kirchenleitung bekommen und von ihr ausgegrenzt oder entlassen werden. 76. Er ist aufgerufen, Geldsammlungen und Steuererhebungen seine Unterstützung zu entziehen, die für evangeliumswidrige Zwecke eingesetzt werden. 77. Frist aufgerufen, bei bibeltreuen Werken, Veranstaltungen, Schulen, Akademien, Pressediensten, Rundfunkstationen usw. mitzuarbeiten oder sie zu unterstützen. Der Auftrag der Kirchen 78. Die Kirchen sind aufgerufen, sich einzig und allein an der Bibel als dem Wort Gottes zu orientieren und jeder unbiblischen Lehre zu wehren, um vielen einzelnen und der Gesellschaft Orientierung vermitteln zu können. 79. Sie sind aufgerufen, einem missionarischen Gemeindeaufbau mehr Raum zu ermöglichen, als es bisher an vielen Orten geschieht. 80. Sie sind aufgerufen, bibeltreuen Mitarbeitern, z. B. Pastoren, ihr Lebens- und Wirkungsrecht zu belassen oder zu erweitern und sie nicht mit Sanktionen oder Ausschluß zu bedrängen. 81. Sie sind aufgerufen, keine Zwangskollekten für Veranstaltungen zu verlangen, die bibeltreue Christen nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können. 82. Sie sind aufgerufen, klare Worte zu ethischen Fragen, etwa zu Ehe und Familie, Abtreibung, Euthanasie und Homosexualität zu sagen, und zwar im Einklang, nicht im Widerspruch zur Heiligen Schrift. Der Auftrag von Staat und Gesellschaft 83. Der Staat ist nicht identisch mit der Kirche (vgl. Johannes 18,36). Dennoch kann es ihm nur von Nutzen und zum Segen sein, wenn er grundlegende biblische Maßstäbe beachtet und befolgt, welche ihm durch die Kirchen eigentlich vermittelt werden sollten (was leider in vielen Staaten immer weniger geschieht). 84. Solche grundlegenden biblischen Maßstäbe liegen insbesondere in Form der Zehn Gebote (2. Mose 20,2-17) vor. 85. Werden solche Maßstäbe nicht mehr emstgenommen, dann treten Chaos und Anarchie ein. 86. Manche gesellschaftlichen Gruppen und Parteien in zahlreichen Staaten fördern Chaos und Anarchie, indem sie die in den Zehn Geboten wiedergegebenen göttlichen Grundordnungen offen oder verdeckt bekämpfen. 87. Die Heilige Schrift kennzeichnet solche Menschen mit folgenden Worten: „Das sollst du aber wissen, daß in den letzten Tagen böse Zeiten kommen werden. Denn die Menschen werden nur sich selbst, ihr Geld und ihre Ehre lieben. Sie werden sich selbst groß machen und Gott lästern. Sie werden ihren Eltern nicht gehorchen, undankbar sein und alles Heilige in den Schmutz ziehen. Sie werden sich anderen gegenüber lieblos und unversöhnlich, verleumderisch und unbeherrscht verhalten. Verräter sind sie, Frevler und eingebildete Narren. Sie lieben die Lüste mehr als Gott, täuschen Gottesfurcht vor und rechnen doch nicht mit seiner Macht... Sie sind mit Sünden beladen und von mancherlei Begierden getrieben. Immer sind sie auf neue Lehren aus und kommen nie zur Erkenntnis der Wahrheit“ (2. Tim. 3,1-7). 88. In vielen Staaten sitzen solche Menschen, die Vorläufer des „Menschen der Gesetzlosigkeit“ (2. Thessalonicher 2,3), bereits an den Schalthebeln der Macht oder streben danach. Sie bekommen immer mehr Einfluß in Politik, Rechtsprechung, Massenmedien, Hochschulen, Schulen und Kirchen. 89. Politiker, Juristen, Journalisten, Lehrer und Kirchenleute sowie Menschen in allen Berufen sind aufgerufen, diesem „Marsch durch die Institutionen“, dieser Unterwanderung, Widerstand zu leisten durch Gebet und Arbeit im biblischchristlichen Sinn. Ausblick 90. Die gegenwärtigen Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft sind in der Heiligen Schrift vorausgesagt. 91. Sie kennzeichnen die Zeit, wenn Satans antichristlicher Weltherrscher auftreten wird 92. Jesus Christus aber wird wiederkommen in Macht und Herrlichkeit und dem „Menschen der Gesetzlosigkeit“ ein Ende machen (2. Thessalonicher 2,8). 93. Da wir aber nicht wissen, wann Jesus wiederkommt, gilt es zu wirken, solange es Tag ist. 94. Wir wirken für Jesus Christus und den Bau seiner Gemeinde aus Dankbarkeit für sein stellvertretendes Opfer am Kreuz und in Liebe zu Ihm - in der Gewißheit, daß Ihm der Sieg gehört. 95. „Aber der feste Grund Gottes besteht und hat dieses Siegel: Der HERR kennt die Seinen; und: Es lasse ab von Ungerechtigkeit, werden Namen des HERRN nennt“ (2. Timotheus 2,19). Amen. Die neuen „95 Thesen" sind an Martin Luthers 450. Todestag (18.2.1996) in Deutschland entstanden. Bei einer internationalen Pastoren-Konferenz Anfang März 1996 bei Durban/Südafrika wurden sie von ca. 1.000 Pastoren und Kirchenführem aus 14 Ländern und über 50 Denominationen einmütig als Resolution angenommen. Es wurde beschlossen, sie in alle wichtigen Sprachen zu übersetzen und weltweit zu verbreiten. Am 27.10.1996 wurden sie - wie Luthers Thesen im Jahre 1517 - unter großer Beteiligung der Gläubigen an die Schloßkirche in Wittenberg angeschlagen. Ende 1996 lagen bereits 25 Übersetzungen der Thesen und Veröffentlichungen in über 100 Staaten vor. Wie eine Brandfackel sind sie um die Erde gelaufen und haben das Gewissen vieler Menschen aller Nationalitäten und Hautfarben entzündet. Internationaler Herausgeber: Christians for Truth (CFT) International, P. Bag 250, 3268 Kranskop, RSA, Tel: 00273248-12512 /Fax 12507 Herausgeber im deutschsprachigen Raum: Evang. Aufbruch Mittelrhein, Bonn/Neuwied; Schweizerischer Bund Aktiver Protestanten, Bern; Christen für die Wahrheit, D, CH. Mitunterzeichner: Aktion christliche Gesellschaft • Arbeitsgemeinschaft Bekennende Gemeinde • Arbeitsgemeinschaft für religiöse Fragen • Arbeitskreis Bekennender Christen in Bayern (1. Vors.) • Bekenntnisbewegung „Kein anderes Evangelium“ Rheinland und Westfalen-Lippe • Bibelbund • Bibelkonferenzstätte Langensteinbacherhöhe • Biblischer Arbeitskreis Kassel • Bund gegen Kirchensteuermißbrauch • Christlicher Freundesdienst Berlin • Christliche Partei Deutschlands • Dorothea-Mission • Europäische Ärz- teaktion (1. Vors.) • Euroteam e.V. • Ev.-Luth. Bekenntnisgemeinschaft Sachsen • Gemeindehilfsbund • Gesellschaft für Biblische Bildung • Hauptverein der Ev.-Luth. Gebetsgemeinschaften • help center e.V. • Hilfsaktion Märtyrerkirche • Initiative für bibeltreue Hochschulen • Partei Bibeltreuer Christen • Der Präsident der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften • und des Theologischen Konvents der Konferenz Bekennender Gemeinschaften • Pregizer Gemeinschaften • Pro Conscientia • Studiengemeinschaft Wort und Wissen • T.E.A.M. • ZeLeM, Verein zur Förderung des messianischen Glaubens in Israel • Zigeunermission u.a. In 20 Sprachen wurden die neuen 95 Thesen in Wittenberg angeschlagen. Das internationale Echo auf die neuen 95 Thesen Es war im März des Jahres 1996 in Rev. Kjeii oisen, Südafrika, Südafrika in der Nahe von Durban, wo tians for Truth |ntema,ionar wir eine Pfarrkonferenz zum Thema „Reformation der Kirchen“ hatten. Ungefähr 1000 Pastoren, Prediger, Evangelisten und Kirchenleiter aus 14 Ländern und ca. 50 Denominationen waren versammelt. Dr. Lothar Gass-mann aus Deutschland war einer der Redner. Er hatte das Dokument „Reformation heute. 95 Thesen zur Situation von Kirche und Gesellschaft im Lutherjahr 1996“ aus Deutschland mitgebracht, wo es an Martin Luthers 450. Todestag (18. Februar 1996) entstanden war. Am Abend des 5. März 1996 wurde die gerade fertig gewordene englische Übersetzung in ihrer Rohfassung den Konferenz-Teilnehmern nach dem Vortrag von Dr. Gassmann ausgeteilt und einen Tag danach von ihnen mit überwältigender Mehrheit als Resolution angenommen. Seither wurden die neuen 95 Thesen in fast der ganzen Welt verbreitet. (...) Ich spreche nun über das internationale Echo auf die neuen 95 Thesen, wie es sich momentan (Oktober 1996) abzeichnet. (...) Dieses Dokument kommt in einer Zeit in der Geschichte der Kirche, wo die Christenheit sich in einem ähnlichen abgefallenen Zustand wie zurZeit Martin Luthers vor 1517 befindet. Anstelle des päpstlichen Ablasses, den sie zu jener Zeit hatten, haben wir jetzt eine billige Gnade, mit der jede Sünde und Perversion umarmt wird. Der Ablaßprediger Johannes Tetzel würde sich heute wohlfühlen und sehr wahrscheinlich guten Profit machen zusammen mit etlichen modernen Predigern und Femseh-Evangelisten. (...) Jeder Reformation oder Erweckung war eine Zeit der Finsternis vorausgegangen. Und so ist es auch heute. (...) Wir danken Gott für die neuen 95 Thesen, die wie Luthers Thesen die einzelnen Gläubigen, die Kirchen und die Staaten zurückrufen zur Buße. So wie zu Luthers Zeit, ist die Druckerpresse von großem Wert gewesen, um die Thesen zu verbreiten. Aber einer der Vorteile, die wir heute haben, ist die Geschwindigkeit der Kommunikation. Mit Telefax, E-Mail und Internet wurden die Thesen in Rekordzeit weit verbreitet. Ein paar Stunden nach der Veröffentlichung am 6. März 1996 waren sie schon in den Händen Tausender Christen weltweit mit Hilfe dieser Kommunikationsmittel. Und nur einige Tage später führte ein christlicher Radiosender telefonisch ein Interview mit mir, dessen Programme in 700 andere Sender in den USA ausgestrahlt werden. (...) Es folgt jetzt eine kurze Analyse der Verbreitung, des Empfangs und der geistlichen Frucht dieses Dokuments. (...) Zur Zeit (Oktober 1996) liegt das Dokument in 20 Sprachen vor: deutsch, englisch, französisch, russisch, spanisch, zulu, holländisch, tschechisch, italienisch, ungarisch, schwedisch, norwegisch, afrikaans, portugiesischjapanisch, koreanisch, indonesisch, griechisch, polnisch und rumänisch. In Vorbereitung sind unter anderem Übersetzungen in folgende Sprachen: arabisch, dänisch, finnisch, slawisch, amharisch, serbisch, kroatisch, suthu und verschiedene weitere Stammessprachen. Zusätzlich zu den modernen Methoden wie E-Mail, Telefax und Internet wurden die 95 Thesen auch in Rundbriefen, Zeitungen und Zeitschriften in mehr als 100 Ländern publiziert. Wir haben viele Berichte bekommen, daß das Dokument kopiert und verteilt wurde von interessierten Pastoren, ebenso von verschiedenen Vereinigungen. Die Zahl der Kopien kann nicht genau geschätzt werden. Sie geht wohl in die Millionen. Im Folgenden nenne ich stichwortartig einige Beispiele für die Verbreitung durch „Christen für die Wahrheit“ und andere Vereinigungen (aktualisierte Fassung; d. Hrsg.). Europa: Die Thesen wurden an alle Bibelschulen in Europa geschickt. Deutschland, Österreich, Schweiz: 130.000 Thesen wurden bis Oktober 1996 gedruckt. Ferner gab es Beilagen und Abdrucke in verschiedenen Zeitschriften, z.B. IDEA-Spek-trum, SIGNAL, DIAKRISIS, Herold Seines Kommens, Licht und Leben u. a. Ca. 2.000 Thesen wurden an die evangelischen Pfarrämter und Prediger der Schweiz versandt. In Deutschland und Österreich wurden sie - verbunden mit dem Aufruf zur Disputation, zur öffentlichen Diskussion - an alle evangelischen Bischöfe und Kirchenpräsidenten geschickt, in Deutschland darüberhinaus an den Bundespräsidenten sowie an zahlreiche Politiker. Große Resonanz erfolgte bei Gläubigen. Weitgehendes Schweigen gab es bisher von offizieller landeskirchlicher Seite. Ungarn, Rumänien: Ca. 3.000 Thesen wurden an ungarische Pfarrämter geschickt. Der ungarische Bischof Dr. Bela Harmati forderte die deutsche Original-Fassung an. Spanien und Lateinamerika: Die Thesen wurden in Pasto-ren-Zeitschriften „Apuntes Pastorales“ (22.000 Exemplare) und „Los Temas“ (20.000) in alle spanischsprachigen Länder versandt. Griechenland: Die Freie Evangelische Kirche in Griechenland verbreitet die Thesen. Skandinavien: Die Thesen wurden in verschiedenen großen Tageszeitungen („Dagen“ u.a.) abgedruckt. Rußland: Die Thesen wurden an verschiedene Gemeinden sowie an die Studenten der Christlichen Universität St. Petersburg versandt. Indonesien, Korea und Japan: Verschiedene christliche Zeitschriften (z.B. die koreanische „The Christian Times“) veröffentlichten die Thesen. Polen, Tschechien und Slowakei: Die Thesen wurden in Gemeinden verteilt sowie durch christliche Zeitschriften verbreitet. Englischsprachige Welt (Großbritannien, USA, Kanada, Australien usw.): In den USA haben u.a. die Zeitschriften „The Herald of His Coming“ (120.000 Exemplare) und „Christian News“ (der lutherischen Missouri-Synode nahestehend, erscheint in 60 Ländern) die Thesen abgedruckt und sich sehr für ihre internationale Verbreitung eingesetzt. Frankreich: Die Thesen wurden an ca. 4.600 Pastoren und Gemeindeleiter versandt. Benelux-Länder: Bekannte Persönlichkeiten (z.B. Theologie-Professoren) haben sich hinter die Thesen gestellt. Verschiedene Zeitschriften (z.B. das auflagenstarke Magazin „Visie“) und Rundfunkprogramme haben darüber berichtet. Generell wurden die Thesen von vielen christlichen Gruppen und Vereinigungen begeistert aufgenommen. Natürlich gab es auch Opposition und Kritik. Jetzt folgen einige Ausschnitte aus einzelnen der vielen Briefe, Telefaxe und E-Mails, die wir empfangen haben und immer noch empfangen von überall in der Welt. Ein Rechtsanwalt in Kenia schreibt: „Ich war höchst begeistert, als ich die 95 Thesen in der Juli-Ausgabe des .Herold Seines Kommens1 las. Ich stimme hundertprozentig damit überein und möchte sie unterschreiben als Unterstützung. Ich möchte auch gerne wissen, wie die 95 Thesen in meinem Land in den Kirchen herausgegeben und verteilt werden können.“ Ein Pfarrer in Südafrika: „Wenn die 95 Thesen nur in den Gewissen der Prediger unseres geliebten Landes eingebrannt werden könnten und die evangelikale Verkündigung erwecken. Ich kann es mir vorstellen, daß die Hölle vor diesem Gedanken zittert. Habt Dank, daß ihr nicht nur als das Gewissen der christlichen Kirche, sondern als Propheten in unserem Land dient.“ Ein Leiter einer Predigerbruderschaft auf den Philippinen: „Im Namen der 33 ordinierten genehmigten Prediger des Central Lutheran District Council unterstützen wir die 95 Thesen. Schicken Sie mir bitte mehr Kopien.“ Ein Bruder aus Äthiopien: Es ist sehr gut, biblisch und scharf. Gott segne Euch für solch ein gutes Werk.“ Ein Bruder aus Westäthiopien: „Ich kann nicht beschreiben, wie sehr ich gesegnet wurde und mehr Verständnis bekam, als ich den Text las, der den Bedarf für eine neue Reformation in der Kirche anspricht. Liebe Freunde, ich habe nicht genügend Worte, um zu äußern, wie ich diese Aufklärung schätze. Ich brauche zusätzliches Forschungsmaterial, um an diesem wichtigen Thema teilzunehmen.“ Ein indischer Gläubiger, der in West-New York in den USA wohnt: „Sehr geehrte Heilige des Herrn, ich unterstütze völlig die neuen 95 Thesen. Bitte haltet fest im Gebet für mich, denn ich bin augenblicklich vollkommen hilflos.“ Ein Professor der Theologie an der Universität Potchef-strocm in Südafrika: „Ich stimme völlig überein mit den Thesen, und es hat mich erfreut, daß so eine kräftige Botschaft ausposaunt wird. Die Thesen 62 bis 64 waren von besonderer Wichtigkeit für mich.“ Ein Bruder aus Gibraltar: „Ich bin einer von denen, die in These 49 genannt werden.“ Ein Evangelist in Großbritannien: „Schicken sie mir bitte einige Kopien, damit ich sie weiter verteilen kann an Menschen, die ein Herz haben für biblische Reformation in unseren Kirchen.“ Eine Schwester von einer evangelikalen Kirche in Spanien: „Schicken sie mir bitte Kopien in Spanisch. Dies ist sehr wichtig für unsere spanische Kirche.“ Es ist auch sehr ermutigend, daß die 95 Thesen besprochen, diskutiert und auch kritisiert werden. Ich wäre eigentlich sehr entmutigt gewesen, wenn keine Kritik gekommen wäre. An der Kritik sieht man, daß sie ernst genommen werden. Kritik wird verständlicherweise vor allem von Seiten liberaler Pastoren und Kirchenleitungen geübt, die die in den Thesen kritisierten Mißstände vertreten und tolerieren. So weit es geht, versuchen diese, die Thesen totzuschweigen und zu ignorieren. Wo diese Taktik aber nicht mehr funktioniert, versuchen sie, die Autoren und Herausgeber der Thesen in eine bestimmte politische Ecke zu drücken oder sich mit der schnell geschwungenen „Fundamentalismus-Keule“ einer inhaltlichen Sach-diskussion zu entziehen. So heißt es in einer Stellungnahme der Evangelischen Kirche Elsaß-Mosel (Frankreich): „Diese Vereinigungen gehören zu einer religiösen fundamentalistischen Bewegung amerikanischer Art, die eine moralische Ordung verteidigen will. Ihre Ansichten werden teilweise auch von Bewegungen der extremen Rechten vertreten.“ Und weiter: „Luther wandte sich gegen den Legalismus (Gesetzlichkeit)... Die neuen 95 Thesen wenden sich gegen den Libertinismus (Gesetzlosigkeit) in Kirche und Gesellschaft.“ Übersieht man dabei bewußt, daß sich die neuen 95 Thesen gegen Ideologien von links und rechts abgrenzen (vgl. These 36)? Und will man heute nichts mehr davon wissen, daß sich Luther sowohl gegen eine falsche (nämlich angeblich heilbringende) Gesetzlichkeit, als auch gegen eine das Evangelium verspottende Gesetzlosigkeit (im Sinne einer „billigen Gnade“) wandte (vgl. z.B. Luthers Schrift „Wider die Antinomer“ von 1539)? Kritik kam jedoch auch von anderer Seite. Ein Pastor aus Südafrika schreibt: „Die Schneidelinie der modernen Theologie ist nicht mehr die Säkularisierung. Ideen, die einmal zentral waren für Theologie, Philosophie, Wirtschaft usw. werden in Frage gestellt. Eine große Bewegung des Rela- tivismus und Postmodemismus gewinnt an Einfluß. Der Zeitgeist muß klar erkannt werden, damit wir verstehen, was auf die Kirche Christi zukommt. Wir müssen etwas für die heutige Generation schreiben. Die Weinschläuche von gestern sind zerrissen. Sogar die Welt sieht das und schafft neue Schläuche, die nur das Evangelium aufs neue zum Zerplatzen bringen kann.“ Es wurde auch kritisiert, daß in den Thesen nichts über Themen wie „Israel“, „Tausendjähriges Reich“ oder „Taufe“steht. Aber erstens kann man in 95 Thesen nicht alle Themen ansprechen. Und zweitens mußten sich die Herausgeber auf die dringendsten Fragen beschränken, um überhaupt einen Konsens zu erreichen. (...) Abschließend einige Hinweise auf die geistliche Frucht der neuen 95 Thesen. Das ist eigentlich das Wichtigste für uns. Wir sind dankbar, daß die Verbreitung so wunderbar gegangen ist. Und wir sind dankbar für den Empfang der Thesen. Aber das war nicht der Grund, wofür diese Thesen ausgesandt wurden. Der Grund ist, daß wir Reformation und Erweckung suchen, eine Erweckung gesandt von Gott im Himmel. Neben den vielen Dankesbriefen für dieses Dokument haben wir auch viele Gebetsanliegen bekommen. Es scheint, als ob Christen zu den Autoren des Dokuments Vertrauen haben und tiefe Nöte mit ihnen teilen. Wir haben Berichte bekommen, daß die Thesen als Material gebraucht werden in Bibelarbeitsgruppen, wo einige Thesen pro Woche studiert werden. Und einige Pfarrer gebrauchen die Thesen als Stoff für ihre Predigten. Vor allem hat das Dokument christliche Leiter zur Reformation und Erweckung zurückgerufen. Und es ist mein Gebet, daß dies eine gewaltige Welle werden wird. Ernsthaftes Gebet, Diskussion und Verkündigung begleiten die 95 Thesen. Das viel vernachlässigte Thema „Buße“ kommt wieder in den Vordergrund. Dr. Martin Luthers 95 Thesen begannen mit dem Ruf zur Buße. Laßt uns beten, daß Gott auch die neuen 95 Thesen gebrauchen wird, um Kirchen und Grup- pen ernsthaft zur Reformation zu rufen. Möge Buße und Glaube an Jesus Christus allein das lebendige Thema in dieser Generation sein. Laßt uns mit Habakuk beten: „Herr, mache dein Werk lebendig mitten in den Jahren. Wenn Trübsal da ist, so gedenke der Barmherzigkeit“ (Hab. 3,2). (Aktualisierte Fassung; die Herausgeber.) Von den Bußthesen zur Bußbewegung Warum eine neue Reformation notwendig ist Die gegenwärtige kirchliche Lage Dr-theo1- Lothar Gassmann, Wetzlar/Gießen (D), Dozent für Christliche Dogmatik und Apo-Die evangelischen Kirchen in vielen i°9etik_ imtiator der mtematio- Ländern haben sich heute sehr weit von ihrer biblisch-reformatorischen Grundlage entfernt. Gewiß ist die evangelische Kirche eine allezeit zu reformierende Kirche (ecclesia semper reformanda). Doch heute ist der Graben zur biblisch-reformatorischen Norm sehr groß geworden. Eine Reformation ist daher - innerhalb des Protestantismus! - notwendiger denn je. Nachfolgend möchte ich anhand der dogmatischen Hauptpunkte (loci) einen systematischen Überblick über die gravierendsten Abweichungen geben. Nach biblisch-reformatorischer Sicht ist die Kirche eine Schöpfung des Wortes Gottes (creatura verbi Dei). Martin Luther schreibt: „Wo das Wort ist, da ist die Kirche“ („ Ubi est verbum, ibi est ecclesia“-, WA 39/2,176). Im Augsburger Bekenntnis wird Kirche definiert als „Versammlung der Gläubigen, in der das Evangelium rein gelehrt und die Sakramente dem Evangelium gemäß verwaltet werden“ (CA 7). Auch Johannes Calvin führt aus: „Überall, wo wir wahmehmen, daß Gottes Wort lauter (rein) gepredigt und gehört wird und die Sakramente nach der Einsetzung Christi verwaltet werden, läßt sich auf keinerlei Weise daran zweifeln, daß wir eine Kirche Gottes vor uns haben“ (Institutio Christianae Religionis IV, 1,9). Kirche ist eine Schöpfung des Wortes Gottes. Und dieses Wort ist ihr in einzigartiger und nicht zu überbietender Weise in der Bibel gegeben. Was geschieht aber, wenn der Kirche das Wort geraubt wird oder wenn sie sich selber dieses Wortes beraubt? Das ist keineswegs nur eine rhetorische Frage. Denn in genau dieser Situation des weithin verloren gegangenen Wortes Gottes befindet sich die evangelische Kirche heute. Beginnend mit dem Zeitalter der Aufklärung und einer sich autonom gebärdenden Vernunft versuchte die Bibelkritik, sich des Wortes Gottes zu bemächtigen. Indem dieses - gegen seinen Selbstanspruch (vgl. z.B. Joh 17,17; 1. Tim 3,16; 2. Petr 1,20 f.) - wie ein bloßes Menschenwort behandelt wurde, büßte es für viele seine Autorität ein. Der Kirche wurde damit ihre Grundlage und Widerstandskraft gegen den Zeitgeist und die damit einhergehenden Ideologien weitgehend genommen. Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf hat gedichtet: „Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten - worauf soll der Glaube ruh’n? Mir ist’s nicht um tausend Welten, aber um dein Wort zu tun.“ Dies läßt sich auch in bezug auf die Kirche sagen: Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten - worauf soll die Kirche ruh’n? Vielen ist es nicht bewußt, daß die Bibelkritik letztlich einer Haltung des Skeptizismus (um nicht zu sagen: des Unglaubens) entstammt. Die Fähigkeit Gottes, sich - etwa durch Zukunftsprophetien - zu offenbaren und Wunder zu tun, wird für unmöglich bzw. mit der autonomen Vernunft nicht vereinbar erklärt. Diese Haltung des Skeptizismus steht jedoch im Gegensatz zum durchgehenden Selbstanspruch der Heiligen Schrift. „Gelobt sei Gott der Herr, der Gott Israels, der allein Wunder tut“, lesen wir z.B. in Psalm 72,18 Die falsche, vom Skeptizismus geprägte Hermeneutik, wie sie sich etwa grundlegend in der historisch-kritischen Methode manifestiert, beruht folglich auf einem falschen Gottesbild. Sie stellt sich Gott als machtloses Prinzip - gewissermaßen „ohne Arme und Beine“ - vor, das nicht in den Weltenlauf eingrei-fen kann. Die Schriftfrage ist somit im Grunde eine Gottesfrage. Unser Verständnis, das wir von Gott haben, entscheidet über unser Verhältnis zur Heiligen Schrift. Mit der Gotteslehre hängt die Christologie (Lehre von Christus) untrennbar zusammen. Hatte in altkirchlicher Zeit der als Ketzerei verurteilte Arianismus die ewige Gottheit Jesu Christi hinterfragt, Christus aber als übernatürlichen Logos (Wort Gottes) anerkannt, so stehen wir heute Irrlehren außerhalb und innerhalb der Kirchen gegenüber, im Vergleich zu denen der Arianismus fast schon als orthodox (rechtgläubig) gelten könnte. Abgesehen von ganz radikalen Christusgegnem, welche die Existenz Jesu Christi überhaupt bestreiten, wird ihm von vielen anderen nur noch sein Menschsein zuerkannt. Jesus sei ein Sozialrevolutionär, Befreier, Friedensprediger, Essener, Vorbild und ähnliches gewesen, aber keineswegs der Sohn Gottes bzw. Gott in der zweiten Person der Trinität (Dreieinigkeit). Solche Ansichten werden im Raum der evangelischen Kirche nicht nur geduldet, sondern von einflußreichen Theologen auch massiv vertreten. In der Heiligen Schrift wird demgegenüber deutlich betont: „Das ist Gottes Zeugnis, daß er Zeugnis gegeben hat von seinem Sohn. Wer an den Sohn Gottes glaubt, der hat dieses Zeugnis in sich. Wer Gott nicht glaubt, der macht ihn zum Lügner; denn er glaubt nicht dem Zeugnis, das Gott gegeben hat von seinem Sohn ... Wer den Sohn hat, der hat das Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das Leben nicht“ (1. Joh. 5,9 ff.). Mit der Entleerung der Gotteslehre und Christologie geht eine Entleerung der Hamartiologie (Lehre von der Sünde) und Soteriologie (Lehre vom Heil) einher. Wo man Gottes Wort kri- tisiert, wo man Gott und seinem Sohn Jesus Christus keine übernatürliche Wirksamkeit zutraut, da bleibt der Mensch mit sich allein. Da bleibt ihm nur übrig, auf seinen angeblich „guten Kern“ zu vertrauen, seine sündhafte Verdorbenheit und Verlorenheit zu leugnen und sich krampfhaft um seine Selbsterlösung zu bemühen. Solche teils offenen, teils versteckten Selbsterlösungs-Ideo-logien haben in großer Zahl in die Kirchen Einzug gehalten. Als Beispiele seien genannt: - eine feministische Blut-„Theologie“, die das Heil aus den Kräften der Frau und ihrem Menstruationsblut anstatt von Jesus Christus erwartet; - eine Befreiungs- und Revolutions-„Theologie“, die ihre Hoffnung auf die Kraft gesellschaftlicher Gruppen und deren revolutionären Kampf richtet; - eine Psycho-„Theologie“, die Heilung aus der Kraft des menschlichen Selbst und entsprechenden Techniken erhofft, welche der Selbst-Verwirklichung dienen sollen. Allen solchen Bestrebungen ist das Wort des Apostels Petrus entgegenzuhalten, das er im Blick auf Jesus als den lebendigen Sohn Gottes dem Hohen Rat in Jerusalem zugerufen hat: „In keinem anderen ist das Heil, auch ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir gerettet werden“ (Apg. 4,12). Wo der Glaube an Gott und seine Macht verlorengeht, kommen die Dämonen durch die Hintertür herein. Und so sind auch auf dem Gebiet der Ethik Entwicklungen zu beobachten, die in ihrem Ausmaß und ihrer Wucht nur als dämonisch inspiriert beurteilt werden können. Ein Dammbruch ungeahnten Ausmaßes ist in den letzten Jahrzehnten in Gesellschaft und Kirche vieler Länder erfolgt. Zusammenfassend seien nur genannt: - der ständig abnehmende Widerstand gegen die Kindestötung im Mutterleib, insbesondere in den evangelischen Kirchen; - die wachsende Duldung (und zum Teil bereits „Segnung“) homosexueller Lebensformen; - das weitgehende Fehlen klarer kirchlicher Stellungnahmen zu „freier Liebe“, unehelichem Zusammenleben, Pornographie, Polygamie, Inzest und Euthanasie. Deutlich warnt die Heilige Schrift vor solchen Verirrungen und ihren Folgen: „Darum hat sie Gott dahingegeben in schändliche Leidenschaften; denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr vertauscht mit dem widernatürlichen; desgleichen haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau verlassen und sind in Begierde zueinander entbrannt und haben Mann mit Mann Schande getrieben und den Lohn ihrer Verirrung, wie es ja sein mußte, an sich selbst empfangen. Und wie sie es für nichts geachtet haben, Gott zu erkennen, hat sie Gott dahingegeben in verkehrten Sinn, so daß sie tun, was nicht recht ist, voll von aller Ungerechtigkeit, Schlechtigkeit, Habgier, Bosheit, voll Neid, Mord, Hader, List, Niedertracht; Zuträger, Verleumder, Gottesverächter, Frevler, hochmütig, prahlerisch, erfinderisch im Bösen, den Eltern ungehorsam, unvernünftig, treulos, lieblos, unbarmherzig. Sie wissen, daß, die solches tun, nach Gottes Recht den Tod verdienen; aber sie tun es nicht allein, sondern haben auch Gefallen an denen, die es tun“ (Röm. 1,26-32). „Oder wißt ihr nicht, daß die Ungerechten das Reich Gottes nicht ererben werden? Laßt euch nicht irreführen! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, Ehebrecher, Lustknaben, Knabenschänder, Diebe, Geizige, Trunkenbolde, Lästerer oder Räuber werden das Reich Gottes ererben. Und solche sind einige von euch gewesen. Aber ihr seid reingewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Namen des Herrn Jesus Christus und durch den Geist unseres Gottes“ (1. Kor. 6,9-11). Anstatt den - etwa von sexueller Perversion - betroffenen Menschen zu helfen und sie auf die heilende und befreiende Liebe Gottes hinzuweisen, sind die evangelischen Kirchen in einer leider wachsenden Zahl von Ländern dabei, deren Per- Version gutzuheißen und sie in ihrer Sünde und Verlorenheit zu lassen. Eine solche Haltung - das muß klar gesagt werden - ist selber „pervers“. Sie läßt sich nur als Zeichen endzeitlicher Verblendung und Gerichtsreife verstehen. Zieht man zudem die gerade in Homosexuellen-Kreisen grassierende Aids-Seuche in Betracht, dann wird man unweigerlich an folgendes Wort aus der Heiligen Schrift erinnert: „Und die übrigen Leute, die nicht getötet wurden von diesen Plagen, bekehrten sich doch nicht von den Werken ihrer Hände, daß sie nicht mehr anbeteten die bösen Geister und die goldenen, silbernen, ehernen, steinernen und hölzernen Götzen, die weder sehen noch hören noch gehen können, und sie bekehrten sich auch nicht von ihren Morden, ihrer Zauberei, ihrer Unzucht und ihrer Dieberei“ (Offb. 9,20 f.). In diesem Zitat ist von der Unzucht, aber auch von den „bösen Geistern“ die Rede, denen sich Menschen in der endzeitlichen Situation zunehmend öffnen. Betrachten wir nun das Gebiet der Pneumatologie (Lehre vom Heiligen Geist), dann sehen wir, daß diese bösen, dämonischen Geister immer frecher in den Raum der Kirche eindringen. Am gefährlichsten, weil verführerischsten dürfte die Behauptung sein, daß der Geist Gottes in allen Religionen wirke. Der Heilige Geist als die dritte Person der Dreieinigkeit sei geradezu identisch mit den Geistern des Hinduismus, Shintoismus, der afrikanischen und indianischen Stammesreligionen. Und auch in den Religionen Mohammeds, Buddhas, Zarathustras und vieler anderer Menschen offenbare sich derselbe göttliche Geist, der im Judentum und Christentum verehrt werde. Daß solche Ansichten mitten im Raum der Kirchen Fuß gefaßt haben, belegen zahlreiche gemeinsame Konferenzen und „Gebetstreffen“ mit Angehörigen anderer Religionen. Die Heilige Schrift aber warnt deutlich vor jeder Form der Religionsvermischung: „Was die Heiden opfern, das opfern sie den bösen Geistern und nicht Gott. Nun will ich nicht, daß ihr in der Gemeinschaft der Dämonen seid“ (1 Kor. 10,20). „Wie stimmt Christus mit Beliar überein? Oder was für ein Teil hat der Gläubige mit dem Ungläubigen? Was hat der Tempel Gottes gemeinsam mit den Götzen?... Geht aus von ihnen und sondert euch ab!“ (2. Kor. 6,15 ff.). Nach allem Gesagten verwundert es nicht, daß auch in der Ekklesiologie (Lehre von der Kirche) klare biblische Maßstäbe verloren gegangen sind. Das zeigt sich vor allem darin, daß Kirche in vielen Staaten kaum noch von „Welt“ unterscheidbar ist. Je „zeitgemäßer“ und „weltoffener“ die Kirche jedoch sein will, desto mehr steht sie in der Gefahr, ihr eigenes Wort zu vergessen, das sie einer weithin atheistischen und verunsicherten Bevölkerung schuldet. Wer sich Tagesparolen der Politik von links und von rechts zum Programm macht, verlernt allzu leicht das Hören auf das ganz andere Wort Gottes. Insbesondere die evangelische Kirche ist heute bedroht von der Verweltlichung, ihrer Auflösung in die „Welt“ hinein. Sie macht sich dadurch selber überflüssig, was die hohen Austrittszahlen - etwa in mehreren europäischen Staaten - drastisch belegen. Was schließlich die Eschatologie (Lehre von den letzten Dingen) angeht, so wurde die Wiederkunft Christi schon längst durch den Theologen Rudolf Bultmann und seine zahlreichen Schüler auf den Kanzeln und Kathedern aus dem Glaubensbekenntnis „gestrichen“. An die Stelle der Wiederkunft Christi und die Aufrichtung des messianischen Friedensreiches durch den Herrn ist für viele dessen schwärmerische Vörweg-nahme in Gestalt eines durch eigene menschliche Kraft zu erringenden irdischen Friedensreiches getreten (proleptischer Messianismus). Zahlreiche Aktionen und Konferenzen im evangelischen Bereich (z.B. der „Konziliare Prozeß für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“) sind von diesem Denken geprägt. Man merkt dabei nicht, daß sündhafte Menschen niemals dauerhaften Frieden erringen können, so schön dies nach humanistischer Vorstellung auch wäre. Wie ich an anderer Stelle (in meinen Büchern zu den Themen „Kon- ziliarer Prozeß“, „New Age“ und „Der Traum von der einen Welt“) dargestellt habe, führen solche Utopien - trotz aller vordergründig guten Ziele - geradewegs zum Scheinfriedensreich des Antichristen. Schon diese wenigen Beispiele zeigen, daß die Kirche immer näher an die Welt (verstanden als gottfeindlicher „Kosmos“) herangerückt ist - ja, sie ist in verschiedenen Staaten sogar noch weiter gegangen als manche „weltlichen“ Politiker. So warten manche (konservativen) Politiker auf ein helfendes Wort der evangelischen Kirche - etwa in Fragen der Abtreibung, der Euthanasie und der Homosexualität - und werden von dieser allein gelassen. Die Voraussage bewahrheitet sich: „Das Gericht beginnt am Hause Gottes“ (1. Petr. 4,17). Eine neue Reformation tut not. Wie eine Reformation aussehen könnte Zur Situation in der Zeit vor der Reformation Martin Luthers, Huldreich Zwinglis und Johannes Calvins gibt es einige Ähnlichkeiten. Auch damals war die Kirche - die römisch-katholische Kirche - verweltlicht. Die Bibel war durch das Papsttum weithin außer Kraft gesetzt. Außer dem Klerikerstand hatte so gut wie niemand Zugang zu ihr. Die Welt war durch Luxus und Pomp in die Kirche eingedrungen. Der Ablaß war ein Symptom für billige Gnade und Geldmacherei. Kirche und Staat waren weithin identisch durch Kirchenfürsten und Papstherrschaft. Das Tausendjährige Reich war in Gestalt der katholischen Kirche „vorweggenommen“ worden. Die Mißstände waren gravierend und eine Reformation unausweichlich. Heute ist es - inzwischen in der evangelischen Kirche, aber auch in der katholischen - noch viel schlimmer geworden. Die Glaubensfundamente wurden total ausgehöhlt, wie obige Beispiele zeigen. Sicherlich gibt es mancherorts noch intakte Gemeinden. Aber die neue Situation, die eingetreten ist, sieht so aus, daß vor allem seit den 90er Jahren von Kirchenleitungen und Synoden in vielen Staaten Beschlüsse gefaßt wurden, die in klarem Widerspruch zu den Geboten Gottes stehen, etwa die Tolerierung der Tötung des Kindes im Mutterleib und die Unterstützung homosexueller und radikalfeministischer Bewegungen. Die Überreichung der neuen 95 Thesen an den Ratsvorsitzenden der EKD. Bischof Klaus Engelhardt, durch CFT-Sekretär Georg Grau am 19.4.1996 in Mannheim. Die Überreichung der Thesen während der dortigen Tagung der Synode wurde nicht gestattet. Die Übergabe konnte nur zwischen Tür und Angel stattfinden. Hingegen konnte ein Moslem die Synodalen der badischen Kirche in die Mannheimer Moschee einladen. Wie könnte eine Reformation aussehen? Sie müßte zuallererst zur Buße, zur Umkehr zum Herrn Jesus Christus und seinen Geboten rufen. Wir erinnern uns, wie die erste der 95 Thesen Martin Luthers lautete: „Da unser Herr und Meister Jesus Christus sagt: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen“ (Mt. 4,17), wollte er, daß das ganze Leben der Gläubigen Buße sein sollte. Die Reformation Martin Luthers war eine Bußbewegung. Sie begann mit der Rückkehr zum Worte Gottes und der in ihm enthaltenen zentralen Botschaft von der Rechtfertigung des Sünders allein aus Gnaden. Auch heute müßte eine Reformation mit der Rückkehr zum Wort Gottes beginnen und zur Buße, zum Nachdenken über den bisherigen Weg und zu einer radikalen Umkehr führen. Nur dadurch würde die Kirche wieder „creatura verbi“, Schöpfung des Wortes Gottes im eigentlichen Sinne. Martin Luther definiert „Buße“ folgendermaßen: ,Also bedeutet Buße oder metanoia ein Wiederzurechtkommen und die Einsicht in die eigene Unvollkommenheit, nachdem man die Strafe erlitten und den Irrtum eingesehen hat. Das aber kann unmöglich ohne Änderung des Sinnes und der (Eigen-) Liebe geschehen“ (Brief an Staupitz vom 30. Mai 1518; zitiert nach: Luther Deutsch, hg. v. K. Aland, Bd. 2: Der Reformator, Göttingen 1991, S. 29). Ähnlich schreibt Johannes Calvin: „Das Wort ,Buße‘ ist bei den Hebräern von,Umkehr4 oder,Rückkehr*, bei den Griechen von Änderung des ,Sinnes* oder Änderung eines Ratschlusses* hergenommen; beiden sprachlichen Ableitungen entspricht die Sache durchaus: Buße ist ja im wesentlichen darin beschlossen, daß wir von uns selbst auswandem und uns zu Gott kehren, daß wir den vorigen Sinn ablegen und einen neuen annehmen ... Buße ist die wahre Hinkehr unseres Lebens zu Gott, wie sie aus echter und ernster Gottesfurcht entsteht; sie umfaßt einerseits das Absterben unseres Fleisches und des alten Menschen, andererseits die Lebendigmachung im Geiste“ (Institutio Christianae Religionis 111,3,5). Auch der Täufer-Führer aus der Reformationszeit, Menno Simons, weist eindringlich auf die Notwendigkeit der Buße hin: „Ach, liebe Herren, es wird uns nicht um ein Haar nutzen, daß wir Christen genannt werden und uns des Herrn Blut, Tod, Verdienst, Gnade und Wort rühmen, solang als wir uns von diesem gottlosen, unzüchtigen und schändlichen Leben nicht bekehren; es ist alles umsonst, daß wir Christen heißen, daß Christus gestorben ist, daß wir in der Gnadenzeit geboren und mit Wasser getauft sind, solange wir nicht nach seinem Befehl, Rat, Vermahnung, Willen und Gebot wandeln und seinem Worte nicht gehorsam sind ... Was hilft es, viel von Christus und seinem Wort zu reden, so wir an Christus nicht glauben und nach seinem Worte nicht leben wollen! Ich sage noch einmal, wachet auf und reißet den verfluchten Unglauben mit seiner Ungerechtigkeit aus euren Herzen und beginnt ein frommes und bußfertiges Leben, wie es die Schrift lehrt; denn Christus spricht: ,So ihr euch nicht bessert, werdet ihr alle auch also umkommen*, Luk. 13,5“ (Fundament des Glaubens, Bielefeld 1996, S. 20 ff.). Im 20. Jahrhundert schreibt Georg Steinberger in seiner Schrift „Buße - ein himmlisches Geschenk“ (Grosshöchstet-ten, 11. Aufl. 1987, S. 7 f. u. 18): bekennen und lassen ist der biblische Weg ... Die Sünde, die wir tun, geht als Lust aus unserem Herzen, und wenn wir sie getan haben, geht sie als Last zurück in unser Gewissen. Und wenn sie dann mit Vorsatz zugedeckt wird, so wird sie zum dunklen Punkt, in welchen der Feind in schweren Stunden seinen Zweifelshebel einsetzt und alles ins Schwanken bringt und von diesem Punkt aus unsre ganze Heilserfahrung in Frage stellt... Buße tun heißt nun: über sich selbst den Stab brechen, sich als einen Verfluchten beiseitesetzen lassen und den Platz, den unser eigen Ich bis jetzt eingenommen hat, dem Gekreuzigten einräumen, Ihm den höchsten Platz in unserm Leben geben, wie Gott Ihm den höchsten Platz gegeben hat zu Seiner Rechten. Unser Ich kann nur beiseitegesetzt werden durch das Ich des Gekreuzigten. Nur wenn Christus die Stelle deines Ich einnehmen darf, wirst du befreit bleiben von deinem Ich.“ Eine Reformation müßte also eine Bußbewegung sein. Und sie müßte sich heute wie damals auf die „vier sola“ konzentrieren: solus Christus, sola scriptura, sola gratia, sola fide (allein Christus, allein die Heilige Schrift, allein aus Gnaden, allein durch den Glauben). „Allein die Heilige Schrift“ - und zwar ohne Abstriche oder Zusätze, ohne eine zusätzliche, ihr neben- oder gar übergeordnete Lehrtradition, ohne Angleichung an den Zeitgeist, ohne die heute beherrschend gewordene historisch-kritische Bibelauslegung, die ihren Ursprung in der Aufklärung hat. Luther sagte: „Gottes Wort soll Artikel des Glaubens stellen und sonst niemand, auch kein Engel.“ „Wir müssen die Propheten und Apostel lassen auf dem Pult sitzen und wir hie-nieden zu ihren Füßen hören, was sie sagen und nicht sagen, was sie hören müssen.“ „Die Schriften (der Bibel) sind die Altäre Christi, auf denen wir uns in seinen Gehorsam opfern müssen.“ „Ich habe nicht mehr denn dieses Buch. Damit soll ich mich wehren, und ich habe keinen anderen Trost als dieses Buch von Papier.“ „Allein Jesus Christus“ - und zwar Jesus, wie ihn die Bibel bezeugt, Jesus als der ewige, menschgewordene Sohn Gottes, Jesus ohne irgend jemanden neben ihm, ohne die Heiligen, ohne die „Mutter Gottes“ und „Himmelskönigin“, Jesus ohne Zusatz wie „Jesus und...“ oder „Jesus ja, aber auch...“ Luther sagte: „Ich weiß nichts und will nichts wissen in göttlichen Sachen ohne allein von meinem Herrn Christo, der soll allein alles sein, was meine Seligkeit betrifft und zwischen Gott und mir zu handeln ist.“ „Er ist alles, die erste, mittlere und letzte Stufe an der Leiter zum Himmel. Denn durch ihn müssen wir anfangen, fortfahren und hindurch zum Leben kommen.“ „Der mich verlorenen und verdammten Menschen erlöset hat, erworben, gewonnen von allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des Teufels, nicht mit Gold oder Silber, sondern mit seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben.“ „Allein die Gnade“ - und zwar ohne ein wenig „Mithelfen“ unsererseits, ohne verdienstliche gute Werke, ohne Selbsterlösungsbemühungen jedweder Art. Luther sagte: „Mit größtem Eifer trachtete ich danach, durch eigene Werke gerecht zu werden ... Ich konnte Christus nicht sehen, weil man mich gelehrt hatte, Vergebung der Sünden und Heil durch unsre Werke zu erhoffen.“ „Staupitz (der Seelsorger in Luthers jungen Jahren bei dessen innerem Ringen) tröstete mich mit diesen Worten: Siehe Christi Wunden und Blut, für dich vergossen, an.“ „Allein durch den Glauben“ - und zwar durch das vertrauensvolle Ergreifen dessen, was Jesus am Kreuz für uns getan hat, empfangen wir ohne Verdienst, ohne Gegenleistung die Gnade der Sündenvergebung, die uns zu einem neuen Leben in der Nachfolge Christi (mit den daraus folgenden guten Werken!) befähigt. Luther sagte: „Der Glaube ist die Art, daß er nicht empfindet, sondern die Vernunft fallen läßt, die Augen zutut und sich schlicht ins Wort ergibt und selbigem nachfolgt durch Leben und Sterben“ (Lutherzitate nach: G. Buchwald, D. Martin Luthers Leben und Lehre in Worten aus seinen Werken und Briefen, Gütersloh 1947). Diese Grunderkenntnisse der Reformation sind unvermindert aktuell. So wird auf die Gegenwart bezogen in den neuen 95 Thesen von 1996 festgestellt: „Allein Jesus Christus soll der Herr sein, nicht andere Herren, nicht Religionsstifter oder Ideologen. Allein das Wort Gottes, das in der Bibel niedergelegt ist, soll gelten, nicht andere Worte, Offenbarungsquellen und Ideologien. Allein aus Gnaden und durch den Glauben werden wir gerettet, nicht durch Selbsterlösungs-Techniken, Wiederver-körperungs-Vorstellungen und den frevelhaften Versuch, den umfassenden Heilszustand (Schalom) des Reiches Gottes durch die schwärmerische Erwartung eines aus eigener menschlicher Kraft errichteten Weltfriedensreiches vorwegzunehmen“ (Reformation heute, Thesen 52-54). Das wesentliche reformatorische Anliegen wurde im 20. Jahrhundert in der Barmer Theologischen Erklärung aufgegriffen. Der erste Artikel lautet:, Jesus Christus, wie er uns in der Heiligen Schrift bezeugt wird, ist das eine Wort Gottes, das wir zu hören, dem wir im Leben und Sterben zu vertrauen und zu gehorchen haben. Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben diesem einen Worte Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen.“ Reformation heißt: Rückkehr zu den biblisch-reformatori-schen Grundlagen. Wie sich dies praktisch gestalten kann, möchte ich anhand einiger Beispiele kurz schildern. An erster Stelle sollte die Buße und Einheit der Gläubigen stehen. Wo soll eine Reformation beginnen, wenn nicht bei uns selber, in unserem eigenen Herzen? Wir brauchen eine „Reformation der Herzen Lassen wir uns daher reinigen durch das Blut Jesu Christi! Hören wir auf sein Wort! Suchen wir ihn im Gebet! Suchen wir die Glaubensgeschwister in der Gemeinschaft! Gehorchen wir seinen Ordnungen! Leider ist der Leib Christi sehr zerrissen. Notwendig ist aber ein Zusammenhalt der Gläubigen im Wesentlichen, nämlich im Bekenntnis zu Jesus Christus als lebendigem Herrn und Heiland. Dann, nur dann können wir Zeugen sein für Ungläubige außerhalb und innerhalb der Kirche. Wir wollen uns daher nicht über Randfragen zerstreiten, sondern im Wesentlichen eins sein - freilich nicht um jeden Preis, sondern in der Wahrheit Christi. Und der Maßstab hierfür, die gemeinsame Basis ist die Heilige Schrift. Gerade weil die Heilige Schrift der Maßstab ist, sollte die Bibelkritik mit den aus ihr sich ergebenden Konsequenzen massiv hinterfragt werden. Eine bibeltreue Ausbildung ist notwendig. Bibeltreue Ausbildungsstätten und Hochschulen sollten endlich offiziell anerkannt und gefördert werden. Da, wo das Wort Gottes in der Bibel wieder ernst genommen wird, kann eine Erneuerung von Theologie, Kirche und schließlich auch Gesellschaft eintreten. Da folgt der Glaube an Jesus Christus als wahrer Gott und wahrer Mensch. Da folgt der Glaube an die Macht Gottes: daß er Wunder und Offenbarungen wirken kann, von denen die Bibel berichtet. Da folgt das Vertrauen auf das Heil, das allein aus dem stellvertretenden Opfer Christi, aus seiner Kreuzigung und Auferstehung erwächst. Allein Jesus Christus ist „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh. 14,6). Und daraus folgt die Erwartung seiner Wiederkunft in Macht und Herrlichkeit. Die Erneuerung der Kirche kann nur von Gott geschenkt werden, durch das Wirken seines Geistes, aber sie muß vermittelt werden von den Kathedern und Kanzeln herab - und auch von unten her, von jedem einzelnen Gläubigen, der Zeuge Christi in dieser Welt ist. Jeder ist gerufen, hier zu wirken und die verändernde Kraft des Evangeliums in eine gottfeme Welt und Kirche hineinzutragen. Eine Erneuerung von Theologie, Kirche und Gesellschaft kann eine oder zwei Generationen dauern, vorausgesetzt, daß Gott noch Gnadenzeit schenkt, aber der Versuch sollte gewagt werden. Ferner ist eine Wiedereinführung der Gemeindezucht notwendig. Diese ist ja heute weithin abgeschafft. Irrlehrer und offen unmoralisch Lebende müssen aus den Gemeinden ausgeschlossen werden können, denn „ein wenig Sauerteig durchsäuert den ganzen Teig“ (1. Kor. 5,6). Dies gilt selbst dann, wenn es sich bei den Betroffenen um Oberkirchenräte, Kirchenpräsidenten oder Bischöfe handeln sollte. Freilich, wer hat in einem solchen Fall die Autorität und Macht, dies durchzusetzen? Ist es nicht bereits zu spät? Das sind ernste Fragen in einer ernsten Lage. Und schließlich gilt es, gegen den Zeitgeist Widerstand zu leisten, etwa gegen die „Segnung“ von Homosexuellen. Wir sollen „Salz und Licht“ der Welt sein (Mt. 5,13 ff.)-und nicht Öl im Getriebe, das jedem Trend nachgibt. Warum eine Reformation heute schwierig ist Wir müssen uns fragen, ob eine Reformation heute nicht schwieriger ist als zur Zeit Luthers, ja ob sie nicht sogar unmöglich geworden ist. Drei Gründe legen diesen Schluß nahe: Erstens sind die kirchlichen Leitungsgremien und kirchlichen und staatlichen Ausbildungsstätten weithin von liberalen Kräf- ten besetzt und unterwandert worden. Ein Machtkartell wurde aufgebaut, das Andersdenkende zunehmend ausschließt. Die aus der neomarxistisch geprägten Studentenrevolution der sechziger Jahre hervorgegangene Feministen- und Homose-xuellen-Lobby hat Zugang zu den Entscheidungsgremien erlangt. Wie in einer Zangenbewegung werden die Gläubigen von oben (Kirchenleitungen) und unten (linke und Scheinliberale Basisinitiativen) bedrängt. Momentan ist keine Änderung dieser Verhältnisse abzusehen. Hinzu kommt zweitens, daß der Zeitgeist glaubenstreuen Christen immer heftiger ins Gesicht weht. Der Trend in unserer Gesellschaft ist Christus- und christenfeindlich. Das muß uns nicht wundem, befinden wir uns doch nach der biblischen Voraussage zunehmend in der endzeitlichen Situation des Glaubensabfalls und der Gesetzlosigkeit (anomia\ Mt. 24,12; 2. Thess. 2,10). Die Gebote Gottes, sein Wille und seine Liebe werden mit Füßen getreten. Angesichts dieser Lage möchten wir mit Reinhold Schneider ausrufen: „Allein den Betern kann es noch gelingen, das Schwert ob unsem Häuptern aufzuhalten und diese Welt den richtenden Gewalten durch ein geheiligt Leben abzuringen.“ Sind wir in die Endzeit eingetreten, dann stellt sich drittens die Frage, ob wir als Gemeinde Jesu noch die Verheißung großer Zahlen haben. Oder befinden wir uns als glaubens- und bibeltreue Christen nicht in der Situation der kleinen Schar, zu der Jesus sagt: „Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn es hat eurem Vater Wohlgefallen, euch das Reich zu geben“ (Lk. 12,32)? Ist also eine Reformation in großem Rahmen heute noch möglich - oder könnte sie sich nicht in kleinem Rahmen ereignen: in unserem eigenen Herzen, in einzelnen Gruppen und Kreisen, in einzelnen Gemeinden, vielleicht sogar noch in einzelnen Kirchen? Wir dürfen den Herrn bitten, daß er Gnade schenkt, aber wir sollten nicht enttäuscht sein, wenn große Aufbrüche ausbleiben. Wir leben in der Endzeit. Der Glaubensabfall der vielen einzelnen summiert sich zum Glaubensabfall der Kirchen. „Die Hure Babylon ist die verweltlichte Kirche“, schrieb im 19. Jahrhundert der Theologieprofessor Carl August Auberlen im Blick auf Offenbarung 17 (Der Prophet Daniel und die Offenbarung Johannes, Basel 1857, S. 314). Und Friedrich Mayer bemerkt zu dieser Stelle: „Dabei dürfen wir nicht nur an ,Rom‘ denken, sondern ohne Zweifel an alles falsche Kirchenwesen auf Erden, an alles unechte, also weltförmige »Christentum1, wie es allmählich auch in der kleinsten Gemeinschaft mitten drin sitzt. Sie alle, diese Kirchen, Konfessionen, Sekten, Freikirchen, Gemeinschaften, keine einzige ausgenommen, sind kleine .Babel" geworden, voll Verwirrung, und sind von ihrem ersten Geist himmelweit gefallen“ (Der Tag des Herrn, Stuttgart 1957, S. 419). Obwohl ich mich dem letzten Satz in seiner Radikalität nicht anschließen kann (meines Erachtens ist die Lage noch nicht in allen Gemeinden ganz so schlimm), so enthält er doch einen wahren Kern: nämlich, daß keine christliche Gruppierung vom „Babelgeist“ unberührt bleiben wird. Keine Gemeinde wird sagen können: „Ihr seid Babel - und wir nicht!“ Nein, „Babel“ geht mitten durch die Gemeinden, ja manchmal sogar mitten durch die Herzen hindurch! Denn - so definiert der französische Bibellehrer Rene Pache treffend - die Hure Babylon „stellt nicht lediglich eine bestimmte Gruppe von Abgefallenen dar, sondern alle falsche Religion auf Erden. Es hat viele falsche Christen bei den Katholiken gegeben, aber ebenso bei den Protestanten, den Orthodoxen und anderswo. Geistlichen Ehebruch begehen alle, die ihr Herz zwischen Gott und der Welt teilen, Jak. 4,4; die bei einem strengen Dogma die Bekehrung ablehnen; die vom Glauben an die Bibel abweichen, indem sie die Gottheit Jesu Christi und die Sühnekraft Seines Bluts leugnen; alle, welche Andersgläubige verfolgen ... Die »große Hure1 ist die abgefallene Kirche, die Jesu Christi Eigentum zu sein gelobte und nun mit der Welt Ehebruch treibt.“ Sie ist „das Sinnbild der verweltlichten Religion ... das weltliche System geistlicher Verwirrung, heuchlerischer Wollust und kirchlicher Korruption in ihrer ganzen Scheußlichkeit“ (Die Wiederkunft Jesu Christi, Wuppertal, ll.Aufl. 1987, S. 168. 176f.) Diese Endzeitkirche wird in ihrer ganzen Verderbtheit erst in der antichristlichen Trübsalszeit offenbar werden. Und doch wirft sie ihre Schatten längst voraus. Unter und neben den bereits genannten Kennzeichen erscheinen mir die folgenden besonders wichtig: Die Babylon-Kirche der Endzeit - stellt sich der Welt gleich und vertauscht Gottes Geist mit dem Zeitgeist (Offb. 17,2; 18,3); - betreibt »Hurerei«, das heißt, sie setzt heidnische Götzen mit dem Gott der Bibel gleich und vermischt die Religionen und Ideologien (Offb. 17,2.5.15; vergleiche Hos. 1,2; 3,1); - ist auf Geld und Machtaus (Offb. 17,4.18; 18,7.9-19); - ist äußerlich prachtvoll, doch innerlich tot (vergleiche Offb. 3,1); - bringt die wahrhaft Gläubigen zunehmend in Bedrängnis (Offb. 17,6); - lenkt durch falsche Zeichen und Wunder von den rettenden Wunden Jesu ab (vergleiche Mt. 24,24; 2.Thess. 2,9; Offb. 13,13); - bereitet dem Antichristen den Weg, der sie zunächst für sein religiöses Gaukelwerk mißbraucht, um sie anschließend fallenzulassen (Offb. 17,3.16). Die Brautgemeinde der Erlösten hingegen - setzt sich zusammen aus Gläubigen in allen Denominationen, die nur Gott wirklich kennt (1. Sam. 16,7; Joh. 17,20-26); - wartet auf Jesu Wiederkunft (Mt. 24 f.; 2. Petr. 3,11 ff.); - paßt sich dem Zeitgeist nicht an, sondern ist Salz und Licht der Welt (Mt. 5,13ff.;Röm. 12,1; l.Joh. 2,15-17); geht durch irdische Niedrigkeit, Verachtung und Verfolgung hindurch zur himmlischen Herrlichkeit (Mt. 10,9 f.; 24,9-13; 2. Tim. 3,12); - hält Jesus als dem einzigen Herrn und Erlöser die Treue und lehnt jede Religionsvermischung ab (Joh. 14,6; Apg. 4,12); - fällt nicht auf falsche Zeichen und Wunder herein, sondern orientiert sich allein am Wort der Heiligen Schrift (Jer. 23,28; 2. Tim. 3,14-17); - bereitet Christus den Weg, indem sie viele in seine Nachfolge ruft (Mt. 24,14). Wir müssen uns dabei bewußt sein, daß die Unterwanderung zunehmend auch die Freikirchen erfaßt. „Babylon“ geht - wie schon angedeutet - mitten durch die Konfessionen, Kirchen, Gemeinden, Gruppen und sogar das eigene Herz hindurch. Wir sollten uns und unsere Gemeinden prüfen und den Sauerteig der babylonischen Verführung hinausfegen, solange es noch möglich ist. Es tröstet uns die Verheißung, welche der Herr dem Apostel Petrus als dem ersten Bekenner seiner Gottessohnschaft zugesprochen hat: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen“ (Mt. 16,18). Selbst wenn die Kirche als Institution immer mehr verweltlicht und zur Gegenkirche wird, bleibt doch die Gemeinde Jesu als die Gemeinschaft der Glaubenden lebendig - bis der Herr wiederkommt in Herrlichkeit und sie zu sich holt. Und das dürfen wir täglich erbitten: Komme bald, Herr Jesus! An dieser Stelle ist nun leider darauf hinzuweisen, daß der Zeitgeist auch vor evangelikalen (konservativen) Christen nicht Halt macht. In seinem unbequemen Buch „Wenn Salz kraftlos wird. Die Evangelikalen im Zeitalter juckender Ohren“ (Bielefeld 1996) zeigt der amerikanische Autor John Mac Arthur, daß auch in vielen evangelikalen Kreisen die Verweltlichung eingebrochen ist. Mac Arthur warnt vor einem „Pragmatismus“, der danach fragt, was bei den Zuhörern „ankommt“, wonach ihnen „die Ohren jucken“, und der dabei Gottes Wort und Willen zunehmend hinten anstellt oder überhört. Bereits vor etwa 150 Jahren hatte der bekannte dänische Philosoph Sören Kierkegaard geklagt: „Oh Luther, du hattest 95 Thesen: Entsetzlich! Und doch im tieferen Verstand: Je mehr Thesen, desto weniger entsetzlich. Die Sache ist viel entsetzlicher: Es gibt nur eine These - das Christentum des Neuen Testamentes ist gar nicht da“ (Christenspiegel, Wuppertal 1979, S. 68). Damals bestand die Verweltlichung der Kirche vor allem darin, daß man sich mit einer rechtgläubigen Sonntagsfrömmigkeit begnügte, die keine Auswirkung auf das Alltagsleben der Christen hatte. Kierkegaard nannte diese „Entartung des Protestantismus“ „geistlose Weltlichkeit“. Heute wird über grundlegende biblische Wahrheiten wie „Sünde“, „Buße“, „Kreuz“ und „ewige Verdammnis“ - auch in verschiedenen evangelikalen Kreisen - immer weniger gepredigt und großzügig hinweggegangen. An deren Stelle tritt zunehmend ein „Unterhaltungs- und Wohlstandsevangelium“, das keinem weh tut, aber auch keinen angesichts der apokalyptischen Bedrohungen wachrütteln kann. Demgegenüber ruft uns Jesus zu: „Wachet, denn ihr wißt nicht, an welchem Tag euer Herr kommt!“ (Mt. 24,42). Jeder Christ sollte aufpassen, daß er nicht in den Einheitssog des Zeitgeistes und Glaubensabfalls hineingerissen wird. Der Teufel will uns schläfrig machen, aber mit Gottes Hilfe können wir ihm widerstehen (1. Petr. 5,8 f.; Eph. 6,10 ff.). Es ist Endzeit. Dennoch sind wir - frei nach Martin Luther - aufgerufen, ein Apfelbäumchen zu pflanzen, auch wenn morgen die Welt unterginge - und das heißt: zu wirken, solange es noch Tag ist. Die Heilige Schrift zeigt uns, daß selbst noch in allerletzter Stunde - inmitten der endzeitlichen Gerichte und der Aufbäumung der antichristlichen Gewalten - eine Einladung zur Umkehr erklingt - und um wieviel lauter sollte diese Einladung heute erschallen: „Und ich sah einen anderen Enge! fliegen mitten durch den Himmel, der hatte ein ewiges Evangelium zu verkündigen denen, die auf Erden wohnen, allen Nationen und Stämmen und Sprachen und Völkern. Und er sprach mit großer Stimme: Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen! Und betet den an, der gemacht hat Himmel und Erde und Meer und die Wasserquellen!“ (Offb. 14,6 f.) Wie sich die Gläubigen in dieser Lage verhalten können Es gilt, weiterhin zu glauben, zu lieben und zu hoffen. Und es gilt, weiterhin zu beten: für eine Umkehr in Kirche und Gesellschaft, für diejenigen, die öffentliche Verantwortung tragen, für die angefochtenen Gemeinden und Einzelnen. Es stimmt nicht, daß es bei Gott nie ein „Zu spät“ gebe. Aber wir als Menschen können nicht wissen, wann dieses „Zu spät“ erreicht ist. Verschiedene Modelle wurden in den letzten Jahren entwickelt, wie Gläubige sich angesichts des endzeitlichen Glaubensabfalls (auch inmitten der Kirchen) verhalten können. Drei davon möchte ich kurz vorstellen. Sie haben die Situation im deutschsprachigen Bereich im Hintergrund, können aber auch für den Bekenntniskampf in anderen Ländern positive Anstöße geben. Der erste Vorschlag kommt von dem Pfarrer und Gemeindebau-Experten Klaus Eickhoff. In seinem Buch „Gemeinde entwickeln für die Volkskirche der Zukunft“ (Göttingen 1992) regt er die Bildung von Hauskirchen an, die aus Hauskreisen entstehen können. Deren Leiter („Laienpfarrer“) sollen das Recht erhalten, Hausgottesdienste zu veranstalten, zu predigen und Amtshandlungen - allerdings in Verbindung mit der Gesamtgemeinde - vorzunehmen. Eickhoff stützt sich mit diesem Vorschlag auf Martin Luthers Lehre vom „allgemeinen Priestertum aller Gläubigen“, insbesondere auf sein Vorwort zur „Deutschen Messe“ von 1526. Darin schreibt der Reformator, daß „dieenigen, die mit Emst Christen sein wollen ... sich etwa in einen, Hause für sich allein versammeln zum Gebet, (die Schrift) zu lesen, zu taufen, das Sakrament zu empfangen und andere christliche Werke zu üben“. Dieser Vorschlag wurde seit Philipp Jakob Spener in den pietistischen collegia pietatis („Sünden“) zum Teil verwirklicht und seit 1960 z.B. auch von dem Heidelberger Prak-tologen Rudolf Bohren immer wieder in die volkskirchliche Debatte geworfen. Er birgt vor allem im Blick auf die Sakramentsverwaltung einiges an Zündstoff. Ein anderer Vorschlag stammt von dem Missionswissenschaftler und Präsidenten der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften Prof. Peter Beyerhaus. Er schlägt die Bildung einer „Bekennenden Kirche“ innerhalb der Evangelischen Kirche nach dem Vorbild der Bekennenden Kirche im Dritten Reich vor. In seinem Aufsatz „Für eine bekennende evangelische Kirche in Deutschland“ (abgedruckt als Idea-Dokumentation Nr. 8/1989) empfiehlt er ein Vorgehen der bereits existierenden Bekennenden Gemeinschaften in drei Schritten: „Sie brauchten ... erstens nur durch eine Namensänderung zu erklären, daß sie von nun an den Anspruch erheben, überall da, wo die offiziellen kirchlichen Organe in ihren Verlautbarungen und in ihrer Amtsführung von ihrer eigenen Bekenntnisgrundlage abweichen, sie selber nunmehr die legitime Vertretung der Evangelischen Kirche in Deutschland sind ... Der zweite Schritt geschähe durch den Aufruf an alle bibel-und bekenntnistreuen Christen und Gemeinden in Deutschland, die sich ihrer gegenwärtigen lebensbedrohenden Lage bewußt sind, sich durch die Unterzeichnung einer entsprechenden bekenntnishaften Selbstverpflichtungs-Erklärung mit dieser notkirchlichen Rettungsaktion zu solidarisieren - entweder als ganze Landeskirche oder als Freikirche oder ais bekennende Ortsgemeinde, als Hauskreis (Teilgemeinde) oder als einzelne bisher noch versprengte Gemeindeglieder. Der dritte Schritt schließlich wäre der Zusammenschluß der so Erfaßten zu entsprechenden synodalen Vertretungen auf Bezirks-, Landes- und Bundesebene sowie die offizielle Bestallung von Amtsträgem, die auf die in ihren Kirchen bisher gültigen Bekenntnisse ordiniert, aber auch auf die aktuellen Bekenntniserklärungen verpflichtet sind. Ihnen fiele dann die Aufgabe zu, notkirchliche Visitationen zu übernehmen. Da, wo die vorfindlichen Kirchen noch bekenntnistreu sind, würde ein solcher Besuchsdienst nur gelegentlich angezeigt sein und im brüderlicher. Einvernehmen mit den regulären Kirchenorganen verlaufen, etwa wie schon heute der Besuchsdienst reisender Evangelisten. - Da allerdings, wo sich die verfaßten Kirchen in ihren Organen gegenüber dem biblischen Evangelium verhärtet haben und in den Bannkreis fremdgeistiger Bewegungen geraten sind, wäre, wie zu allen Notzeiten des christlichen Glaubens, der offene Konflikt unausweichlich.“ Pfarrer Burgtard Affeld, der den Vorschlag von Beyerhaus als „Gründung von oben“, von der Spitze der Bekenntnisbewegung her, betrachtet und in dieser Form ablehnt, entfaltet demgegenüber ein mehr pragmatisches und an der Gemeindebasis vor Or. orientiertes Modell: Er schlägt vor, Vereine innerhalb volkskirchlicher Gemeinden zu gründen, also Gruppen, die juristisch der Aufsicht der Kirche entzogen sind und sich organisieren, wo die Bedrängnis zunimmt. Solche Vereine vor Ort könnten sich überregional vernetzen, woraus dann von unten her möglicherweise doch so etwas wie eine „Bekennende Kirche“ entstünde. Affeld schreibt in einer vom Gemeindehilfsbund (Krelingen 1994) herausgegebenen Broschüre mit dem Titel „Selbständige Vereine in volkskirchlichen Gemeinden“: „Aus der Geschichte der Christenheit wissen wir, daß Vereine eine geistlich bedeutende Rolle gespielt haben. Innere und äußere Mission Diakonie und Kirchentag zum Beispiel begannen als Vereine und sind es noch. Nicht selten entstanden sie aus der geistlichen Not der Kirche. Kirchliche Irrlehren erzeugten geistliche Gegenbewegungen. Bewegungen aber benötigen auch institutioneile Formen, um nicht eines Tages auseinanderzufallen und um schwierige Zeiten überstehen zu können. So müssen auch heute die Gläubigen am Ort gesammelt, geschützt und vor allen Dingen zu einem missionarischen Engagement ermuntert werden. Wir müssen für unsere Zeit Ideen entwickeln. Die Form des deutschen Vereins erscheint uns sowohl der Lage der Kirche als auch der deutschen Mentalität entsprechend zu sein. Die Kemgemeinden sollten sich in den Kirchengemeinden auf diese Weise erst einmal konstituieren ... Erst wenn genügend Gemeinden sich so konstituiert haben, kann über eine weitere Dachorganisation nachgedacht werden. Bestehende überregionale Parallelstrukturen können sich dem anschließen ... Je stärker der Verein an der Gemeindebasis ist, desto ernster wird er bei Pfarrstellenbesetzungen und anderen wichtigen kir-chenpolitischen Entscheidungen genommen. Die Institution Kirche reagiert nur auf eine Institution und so gut wie gar nicht auf gute Argumente einzelner Personen, auch wenn sie noch so geistlich-biblisch fundiert sein mögen.“ Was die Modelle von Eickhoff und Affeld angeht, so existiert im deutschsprachigen Bereich schon eine Reihe von Beispielen. Es gibt Hauskreise in mehr oder weniger lockerer Bindung an die Kirche - zum Teil auch schon mit eigenen Amtshandlungen, was freilich die Gefahr des Separatismus heraufbeschwört. Und es gibt Vereine, in denen sich bekennende Christen vor Ort organisiert haben, um z.B. missionarische Projekte in Angriff zu nehmen. Bekenntnissynoden hingegen, wie Beyerhaus sie vorschlägt, haben sich bisher nur im Ausland konstituieren können, etwa in Finnland und Schweden, doch wird dieses Modell zur Zeit auch in deutschsprachigen Ländern aufgegriffen. „Die Zeit des Stillehaltens ist endgültig vorbei!", schreiben Rudolf Möcke! und Wolfgang Nestvogel, beide im landes- kirchlichen Pfarrdienst stehend, in ihrem Buch „Volkskirche am Abgrund?“ (Neuhausen-Stuttgart 1996) angesichts der Abberufung einer zunehmenden Zahl evangelikaler Pfarrer aus ihrem Gemeindedienst. Drei solcher Fälle - Gotthard Schade, Holger Bethge und Roland Reuter - werden hier erstmals in Buchform dokumentiert und ausführlich der Öffentlichkeit zur Kenntnis gegeben. Der rote Faden ihrer Abberufung war immer derselbe: Am Anfang stand eine missionarische Gemeindearbeit mit sichtbaren Ergebnissen. Eine kleine, aber aktive „pressure group“ von Gegnern arbeitete dagegen und mobilisierte die öffentlichen Medien und kirchenleitenden Organe. Die kirchenleitenden Organe wandten das „Zerrüttungsprinzip“ (Unmöglichkeit eines gedeihlichen Zusammenwirkens in der Gemeinde) an und drängten den bibeltreuen Pfarrer aus seinem Amt. Die „Ruhe“ in der Gemeinde war wichtiger als das Beziehen klarer biblischer Positionen, die - dem Wesen des Evangeliums entsprechend - ein gewisses Maß an Unruhe hervor-rufen müssen (vgl. 1. Kor. 1,18 ff.), wie Wolfgang Nestvogel zu Recht betont (S. 105). „Wo einer Christ geworden, da wird Unruhe sein“ (Sören Kierkegaard). Der Umgang mit bibeltreuen evangelikalen Pfarrern weist symptomatisch auf den heutigen Zustand der Volkskirche hin. Der Pluralismus hat sie weitgehend kaputt gemacht. Möckel und Nestvogel kennzeichnen sie als eine „Kirche ohne Wahrheit“, in der an die Stelle der absoluten Gültigkeit der Heiligen Schrift die Beliebigkeit menschlicher Meinungen getreten ist. Gläubige Christen leiden darunter. Gläubige Pastoren leiden darunter bis hin zum Verlust ihrer beruflichen Existenz. Möckel und Nestvogel schlagen Strategien vor, die rasch zum Einsatz kommen sollten, wenn die Evangelikalen noch eine Chance in ihren Kirchen haben wollen: Gläubige Christen sollten sich als Gottesdienstgemeinden mit bibeltreuer Verkündigung sammeln. Sie sollten sich als Vereine organisieren, mit der Möglichkeit, Mitarbeiter anzustellen, sich zu vemet- zen und ähnliches (vergleiche das Modell von B. Affeld). Wo keine bibeltreue Kirchengemeinde vorhanden ist, sollten Landeskirchliche Gemeinschaften oder Hauskreise die Gemeindefunktion übernehmen. Auch die Gründung erster Bekenntnisgemeinden einer neu entstehenden „Bekennenden Kirche Deutschlands“ im Herbst 1996 ist hier zu nennen. Sie ist laut W. Nestvogel „mit aufmerksamer Sympathie“ zu beobachten (S. 141 f.). Die Herausgeber rufen zum Gehorsam gegenüber Jesus Christus auf, der höher steht als ein Verbleib in der Volkskirche um jeden Preis: „Denn wir schulden der Volkskirche dort, wo sie Schrift und Bekenntnis verläßt, keinen Gehorsam und keine Vasallentreue. Außerdem ist die Frage emstzunehmen und immer wieder zu prüfen, wo man sich durch den Verbleib in einer Institution an deren Sünden mitschuldig macht“ (S. 120 f.). Wer (wie z.B. die Leitung des Gnadauer Verbandes und das von diesem im Januar 1997 erstmals einberufene „Forum Kirche“) nicht austreten, sondern auftreten will, „muß auch sagen, wie er denn auftreten will. Und dann wird man sehen, ob sein Auftritt auch als solcher wahrnehmbar ist und Wirkung erzielt“ (S. 120). Auftreten oder austreten? - Diese Frage stellen sich viele Christen. Die Antwort kann nicht pauschal gegeben werden. Sie richtet sich nach der persönlichen Führung des einzelnen durch den Herrn und auch nach der Situation vor Ort. Allerdings sollte jeder, der vor dieser Frage steht, die gesamtkirchliche Lage nicht übersehen - selbst wenn an seinem Ort ein guter, gläubiger Pfarrer Dienst tut. Sicherlich wollen wir solche Pfarrer nicht im Stich lassen. Aber andererseits dürfte eine Grenze erreicht sein, wenn die Kirche als Gesamtkörperschaft Gesetze beschließt und verbindlich macht, die in klarem Widerspruch zum Worte Gottes stehen. So könnte es etwa in puncto „Homosexualität“ und „Fundamentalismus“ erfolgen. Es drängt sich die Frage auf: Ab welchem Punkt mache ich mich fremder Sünden teilhaftig? Ich erinnere an 2. Kor. 6,14-18, wo es heißt: „Ziehet nicht am fremden Joch mit den Ungläubigen! Denn was hat die Gerechtigkeit zu schaffen mit der Ungerechtigkeit? Was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Wie stimmt Christus mit Beliar überein? Oder was für ein Teil hat der Gläubige mit dem Ungläubigen? Was hat der Tempel Gottes gemeinsam mit den Götzen? Wir aber sind der Tempel des lebendigen Gottes, wie denn Gott spricht: ,Ich will unter ihnen wohnen und wandeln und ich will ihr Gott sein, und sie sollen mein Volk sein*. Darum,gehet aus von ihnen und sondert euch ab‘, spricht der Herr ,und rühret kein Unreines an, so will ich euch annehmen und euer Vater sein, und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein', spricht der allmächtige Herr.“ Und Offb. 18,4 f., eine Stelle, die sich auf die endzeitliche „Hure“, das „große Babylon“, bezieht, lautet: „Und ich hörte eine andere Stimme vom Himmel, die sprach: Gehet aus von ihr, mein Volk, daß ihr nicht teilhaftig werdet ihrer Sünden, damit ihr nicht empfangt etwas von ihren Plagen! Denn ihre Sünden reichen bis an den Himmel, und Gott denkt an ihren Frevel.“ Wie gesagt, es stellt sich die Frage: Ab welchem Punkt mache ich mich fremder Sünden teilhaftig, wenn diese nun gutgeheißen werden? Ich möchte klar sagen: Jeder Mensch ist von Natur aus ein Sünder. Wir dürfen nicht sagen, diese oder jene Sünde sei schwerwiegender. Aber es ist ein Novum, ein neues Ding, wenn man in Staat und Kirche in der heutigen Zeit eine Sünde, die immer wieder als Greuelsünde in der Heiligen Schrift benannt wird, nämlich die praktizierte Homosexualität, als gleichberechtigte, ja „gottgewollte“ Form von Sexualität hinstellt. Ich will noch einmal sagen: Den Betroffenen wollen wir seelsorgerlich helfen. Wir wollen ihnen unsere ganze Liebe als Gemeinde und Gemeinschaft weitergeben, die Liebe Jesu Christi. Aber wir können nicht etwas segnen, was Gott verwirft - und wir können auch nicht einem solchen „Segen“ zustimmen. Es wurde eine Reihe von Modellen genannt, um auf den heutigen Glaubensabfall zu reagieren. Was freilich als erstes notwendig und praktikabel ist und von Evangelikalen auch schon in reicher Zahl verwirklicht wurde, sind Alternativstrukturen zu den bestehenden volkskirchlichen Einrichtungen. Altema-tivstrukturen (oft etwas unglücklich als „Parallelstrukturen“ bezeichnet) existieren im deutschen Sprachraum u.a. in folgender Gestalt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): - Die „Arbeitsgemeinschaft Biblische Frauenarbeit“ (ABF) -als Alternative zur Frauenarbeit der EKD. - Der „Gemeindetag unter dem Wort“ - als Alternative zum „Deutschen Evangelischen Kirchentag“. - Die „Studentenmission in Deutschland“ (SMD) und „Campus für Christus“ - als Alternativen zur meist liberalen „Evangelischen Studentengemeinde“. - Freie Evangelische Bekenntnisschulen - als Alternativen zu Schulen in staatlicher und kirchlicher Trägerschaft. - Bibeltreue Hochschulen und Akademien („Staatsunabhängige Theologische Hochschule Basel“ und „Freie Theologische Akademie Gießen“) - als Alternativen zu bibelkritisch geprägten Hochschulen. - Die „Konferenz Evangelikaler Publizisten“ (kep) - als Alternative zum „Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik“ (gep). - Der „Informationsdienst der Evangelischen Allianz“ (IDEA) - als Alternative zum „Evangelischen Pressedienst“ (epd). Diese organisatorischen Bemühungen sind wichtig. Aber wichtiger als diese ist die Buße des einzelnen und der vielen einzelnen, der Kirche und Gesellschaft. In der Heiligen Schrift finden wir zahlreiche Beispiele für Buße, für eine radikale Umkehr von Menschen zu Gott. Zwei Beispiele möchte ich an das Ende meiner Ausführungen stellen. König David tat individuelle Buße für sein eigenes Vergehen. Er hatte Ehebruch mit Bathseba, der Frau des Hethiters Uria, begangen und Uria dem Tode ausgeliefert. Gott sandte den Propheten Nathan zu David, um sein Gewissen wachzurütteln und David zur Buße zu rufen. Und David beugte sich vor Gott. In 2. Samuel 12 lesen wir folgendes darüber: „Da sprach Nathan zu David: ... Warum hast du denn das Wort des HERRN verachtet, daß du getan hast, was ihm mißfiel? Uria, den Hethiter, hast du erschlagen mit dem Schwert, seine Frau hast du dir zur Frau genommen, ihn aber hast du umgebracht durchs Schwert der Ammoniten Nun, so soll von deinem Hause das Schwert nimmer mehr lassen, weil du mich verachtet und die Frau Urias, des Hethiters, genommen hast, daß sie deine Frau sei. So spricht der HERR: Siehe, ich will Unheil über dich kommen lassen aus deinem eigenen Hause und will deine Frauen nehmen vor deinen Augen und will sie deinem Nächsten geben, daß er bei ihnen liegen soll an der lichten Sonne. Denn du hast’s heimlich getan, ich aber will dies tun vor ganz Israel und im Licht der Sonne. Da sprach David zu Nathan: Ich habe gesündigt gegen den HERRN. Nathan sprach zu David: So hat auch der HERR deine Sünde weggenommen; du wirst nicht sterben. Aber weil du die Feinde des HERRN durch diese Sache zum Lästern gebracht hast, wird der Sohn, der dir geboren ist, des Todes sterben. Und Nathan ging heim“ (2. Sam. 12,9-15). Davids Bußgebet in dieser Situation gipfelt in dem Schrei „Gott, sei mir Sünder gnädig!“. Es ist ein Vorbild für alle Generationen. Luther hat den Psalm 51, in dem es überliefert ist, als den „vierten Bußpsalm“ bezeichnet: „Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte, und tilge meine Sünden nach deiner großen Barmherzigkeit. Wasche mich rein von meiner Missetat, und reinige mich von meiner Sünde; denn ich erkenne meine Missetat, und meine Sünde ist immer vor mir. An dir allein habe ich gesündigt und übel vor dir getan, auf daß du recht behaltest in deinen Worten und rein dastehst, wenn du richtest. Siehe, ich bin als Sünder geboren, und meine Mutter hat mich in Sünden empfangen. Siehe, dir gefällt Wahrheit, die im Verborgenen liegt, und im Geheimen tust du mir Weisheit kund. Entsündige mich mit Ysop, daß ich rein werde; wasche mich, daß ich schneeweiß werde. Laß mich hören Freude und Wonne, daß die Gebeine fröhlich werden, die du zerschlagen hast. Verbirg dein Antlitz vor meinen Sünden und tilge alle meine Missetat. Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, beständigen Geist. Verwirf mich nicht von deinem Angesicht und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir. Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe, und mit einem willigen Geist rüste mich aus. Ich will die Übertreter deine Wege lehren, daß sich die Sünder zu dir bekehren...“ (Ps. 51,3-15). Der König Josia tat kollektiv Buße für das ganze Volk. Sein Vater war der gottlose König Amon, seine Mutter war Jedida („Geliebte“), die Josia zur Gottesfurcht erzog. Der Großvater Josias war Manasse, der ähnlich wie Ahab das Heidentum wieder nach Juda brachte (2. Kön. 21,2-9). Im achten Jahr seiner Regierung (mit 16 Jahren) fing Josia an, den Gott seines Vorfahren David zu suchen. Im zwölften Jahr seiner Regierung (mit 20 Jahren) begann er, Juda, Jerusalem und die Gebiete des ehemaligen Nordreiches vom Götzendienst zu reinigen. Im achtzehnten Jahr seiner Regierung (mit 26 Jahren) beauftragte er Schaphan und andere, die Renovierung des Tempels zu veranlassen. Bei dieser Gelegenheit übergab der Hohepriester Hil-kia das Buch des Gesetzes des HERRN (möglicherweise das 5. Buch Mose), das lange verschollen und bei der Renovierung des Tempels aufgefunden worden war, dem Schaphan. Schaphan studierte das Buch, informierte den König und las es ihm vor. Josia reagierte auf den Inhalt des Buches mit dem Zerreißen seiner Kleidung als Zeichen seiner Trauer und seines Entsetzens über die Situation im Land. „Und der König sandte hin, und es versammelten sich bei ihm alle Ältesten Judas und Jerusalems. Und der König ging hinauf ins Haus des HERRN und alle Männer Judas und alle Einwohner von Jerusalem mit ihm, Priester und Propheten und alles Volk, klein und groß. Und man las vor ihren Ohren alle Worte aus dem Buch des Bundes, das im Hause des HERRN gefunden war. Und der König trat an die Säule und schloß einen Bund vor dem HERRN, daß sie dem HERRN nachwandeln sollten und seine Gebote, Ordnungen und Rechte halten von ganzem Herzen und von ganzer Seele, um zu erfüllen die Worte dieses Bundes, die geschrieben stehen in diesem Buch. Und alles Volk trat in den Bund. Und der König gebot dem Hohenpriester Hilkija und dem zweitobersten Priester und den Hütern der Schwelle, daß sie aus dem Tempel des HERRN hinaustun sollten alle Geräte, die dem Baal und der Aschera und allem Heer des Himmels gemacht waren. Und er ließ sie verbrennen draußen vor Jerusalem im Tal Kidron und ihre Asche nach Bethel bringen. Und er setzte die Götzenpriester ab, die die Könige von Juda eingesetzt hatten, um auf den Höhen zu opfern in den Städten Judas und um Jerusalem her; auch die dem Baal geopfert hatten, der Sonne und dem Mond und den Planeten und allem Heer am Himmel. Und er ließ das Bild der Aschera aus dem Hause des HERRN bringen hinaus vor Jerusalem an den Bach Kidron und verbrennen am Bach Kidron und zu Staub mahlen und den Staub auf die Gräber des einfachen Volks werfen. Und er brach ab die Häuser der Tem-pelhurer, die am Hause des HERRN waren, in denen die Frauen Gewänder für die Aschera wirkten ... Auch rottete Josia aus alle Geisterbeschwörer, Zeichendeuter, Abgötter und Götzen und alle Greuel, die im Lande Juda und in Jerusalem zu sehen waren, damit er erfüllte die Worte des Gesetzes, die geschrieben standen in dem Buch, das der Priester Hilkija im Hause des HERRN gefunden hatte. Seinesgleichen war vor ihm kein König gewesen, der so von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften sich zum HERRN bekehrte, ganz nach dem Gesetz des Mose; und nach ihm kam seinesgleichen nicht auf“ (2. Kön. 23,1-7.24-25). Josia suchte Gott. Er fand die Bibel in Form des mosaischen Gesetzbuches (Thora). Er erschrak vor dem Zorn des heiligen Gottes. Er verpflichtete das Volk zum Gehorsam gegenüber dem Alten Bund. Er reinigte den Tempel, die Stadt und das Land Gottes vom Heidentum. Er kehrte von ganzem Herzen um und tat Buße. Und was tun wir? Sicherlich erstreben wir heute keine Theokratie (politische Gottesherrschaft). Wir sind nicht das Volk Gottes wie Israel in alttestamentlicher Zeit. Was aber realistisch und wünschenswert ist, ist die Umkehr, die beim Einzelnen und in den Kirchen beginnen sollte und von da aus auf Staat und Gesellschaft ausstrahlt. Zu dieser Umkehr, zu einer „Reformation der Herzen“, kann eine freiwillige Selbstverpflichtung vieler Einzelner hilfreich sein. Ich schließe daher mit dem Versuch einer „Reformations-Erklärung im Lutherjahr 1996“ (die keineswegs auf 1996 beschränkt sein sollte): „Ich mache mir den Inhalt der neuen 95 Thesen zu eigen. Durch Gottes Gnade und mit Gottes Hilfe verpflichte ich mich, dem Herrn und Heiland Jesus Christus treu zu bleiben, dem Zeitgeist zu widerstehen und möglichst viele Menschen in die Nachfolge Jesu Christi zu rufen. Das bedeutet unter anderem, - daß ich durch Bibellese und Gebet in Verbindung mit Gott bleibe und mir von ihm Stärkung und Korrektur schenken lasse; - daß ich die Bibel auch in ihren ethischen und dem Zeitgeist widersprechenden Aussagen ernst nehme und danach zu leben versuche; - daß ich meinen Auftrag als Christ wahmehme, alle Lehr- und Lebensäußerungen meiner Gemeinde und Kirche an der Bibel als Maßstab zu prüfen; - daß ich zu unbiblischen Entwicklungen nicht schweige; - daß ich evangeliumswidrige Aktionen, von wem auch immer sie ausgehen, weder ideell noch finanziell unterstütze; - daß ich mich hinter Mitarbeiter meiner Kirche stelle, die wegen ihrer bibeltreuen Haltung und erwecklichen Verkündigung Probleme mit ihrer Kirchenleitung bekommen; - daß ich mich selber für einen missionarischen Gemeindebau und für bibeltreue Werke einsetze - so wahr mir Gott helfe.“ Kongreß „Reformation heute” Blick in die vollbesetzte Stephanus-Kirche in Berlin-Wedding während eines Podiumsgespräches. Die Teilnehmer am Podiums-Gespräch des Kongresses „Reformation heute” in der Stephanus-Kirche Berlin-Wedding. Von links nach rechts: Präsident Hans Müller. OStR. i. R. Gerhard K. Ulrichs. Prof, em Dr. Eta Linnemann, Prof. Dr. Dr. Thomas Schirrmacher, Missionar Ferry Jaegle, Dr. Thomas Sören Hoffmann. Dr. Jürgen-Burkhard Klautke, Präsident Fano Sibisi, Rev. Kjell Olsen, Dr. Heinz-Jürgen Fischbach, Prof. Dr. Dr. Peter Beyerhaus, Dr. Lothar Gassmann. Das Bekenntnis, die Kirche und die Bekennende Kirche Wir beschäftigen uns auf diesem Kongreß mit der Frage einer „Neuen Reformation“. Die Gründe, warum diese Frage heute aufgebrochen ist, Dr. phil. Thomas Sören Hoffmann Bonn, D, Lehrbeauftragter für Philosophie, Sprecher des Evangelischen Aufbruchs Mittelrhein sind uns allen bekannt - ja, mehr als nur bekannt: sie sind uns schmerzhaft ins Bewußtsein eingebrannt. Und in der Tat hat niemand ein Recht, nach einer Neuen Reformation zu rufen, der nicht am eigenen Leibe die bedrängende Not der Gemeinde Jesu durchgemacht hat, der nicht z.B. täglich erfährt, wie unter dem Schein des christlichen Gewissens in die Irre geführt wird. Ein epochales Ereignis aus der Geschichte der Kirche wie die Reformation kann man gewiß nicht einfach imitieren. Aber der Ruf nach einer „Neuen Reformation“ will keine müßige Zweitauflage, und er ist kein theologisches Glasperlenspiel. Es geht auch nicht um Struktur-, Effizienz- oder Machtfragen. Worum es vielmehr geht, ist das unverstellte und unverfälschte Bekenntnis zu unserem Herrn Jesus Christus, dem Bahn zu brechen ist gerade innerhalb von zunehmend nur noch fälschlich so genannter „Kirche“. Der Vortrag gliedert sich in drei Teile. Wir wollen uns zunächst in Erinnerung rufen, was „Bekennen“ und „Bekenntnis“ für uns Christen eigentlich heißt, inwiefern es unser ureigenstes Lebenselement ist und sich das „Bekennen“ abhebt gegen beliebige Rede von Gott und der Welt. Wir wollen sodann sehen, inwiefern die Gemeinde Jesu, die Kirche als die Gemeinschaft derjenigen, die Jesus den Herrn nennen, aus dem Bekenntnis stammt und in ihm sichtbar wird. Und wir wollen drittens erwägen, was in Zeiten, in denen deutlich und öffentlich zwischen wahrer und falscher Kirche unterschieden werden muß, aus der Rückbesinnung auf das Wesen von „Bekennen“ und „Bekenntnis“ für die konkrete Gestalt der Kirche als notwendig „Bekennender Kirche“ folgt. Ich werde in diesem Zusammenhang auch einige konkrete Entwicklungen im Bereich der evangelischen Kirche ansprechen, die im Rahmen der Arbeit des Evangelischen Aufbruchs Mittelrhein zu dem Konzept „Bekenntnisgemeinde“ geführt haben, zu einem Konzept, das in wenigen Tagen erste greifbare Umrisse gewinnen soll und von dem zu hoffen ist, daß es der Anfang einer größeren Bewegung, vielleicht ja in Richtung auf eine „Neue Reformation“, werden wird.' Vom Bekennen Ich muß Ihre Geduld zunächst etwas in Anspruch nehmen für eine Besinnung auf das, was mit dem Wort „Bekennen“ eigentlich gemeint ist. Das ist schon deshalb nötig, weil das alltägliche Vorverständnis des Sinns von „Bekennen“ heute in die Irre führen kann und insofern überwunden werden muß, wenn wir zum christlichen Kern der Sache gelangen wollen. Dem gängigen Vörverständnis zufolge ist „Bekennen“ nicht nur das Offenbaren von etwas, das bislang verborgen war - in diesem Sinne bekennt z.B. ein Angeklagter eine Schuld. Heute meint „Bekennen“ vielmehr auch das stolze, ja trotzige, in jedem Fall aber aktive Vertreten einer bestimmten persönlichen Meinung, Neigung oder Eigentümlichkeit. „Bekennen“ ist dann ganz subjektive Tat und beansprucht als diese emstgenommen zu werden. „Bekennen“ in diesem Sinne ist in der Regel Teil sogenannter Selbstverwirklichungsabsichten und es gibt sie reichlich, die Psycho-Pro-gramme und -Trainings, die zu nichts anderem ermuntern als dazu, doch einmal rücksichtslos „auszupacken“ mit dem, was in einem ist - mit dem, was „aus des Menschen Herz“ kommt und wovon Jesus sagt, daß es, eben weil es von keinem heiligeren Ort kommt als nur aus des Menschen Herz, auch wertlos, ja sündig ist (vgl. Mk. 7,21). „Bekennen“ kann so die Bedeutung des Eigensinns gewinnen. Es zeigt dann den Menschen als einen einzelnen, ja sich in seinem „Bekennen“ erst recht Vereinzelnden. Der christliche Sinn von „Bekennen“ ist, wenn man dies vor Augen hat, ein ganz und gar anderer. „Bekennen“ ist christlich verstanden nicht Entfaltung von Eigensinn, auch nicht von Gruppeneigensinn. „Bekennen“ besteht nicht darin, überhaupt die Stimme zu erheben, sondern darin, eine geistgewirkte Übereinstimmung auszusprechen. Das Wort, das im Neuen Testament für unser deutsches „Bekennen“ steht, das griechische homologem, heißt, ganz wörtlich genommen, nichts anderes als: in Übereinstimmung reden - oder auch: sich auf das Wort, den logos, der schon da ist, einlassen, ihm antworten. „Bekennen“ ist nicht irgendein Sprechen, sondern ein Ent-sprechen, ein Antworten. Der christliche „Bekenner“ ist nicht einer, der als erster das Wort ergreift, sondern einer, der zuerst einmal selbst gerufen und unter das Wort getreten ist. Der christliche Bekenner will auch nicht „originell“ oder „schöpferisch“ sein; er will nichts für sich. Dem christlichen Bekenntnis geht vielmehr ein schöpferisches „Und Gott sprach“ voraus. Wenn wir die erste Begebenheit betrachten, bei der im Neuen Testament von „Bekennen“ die Rede ist, wird das deutlich. Jesus Christus wird uns von dem Evangelisten Johannes als fleischgewordenes Wort Gottes bezeugt. Johannes der Täufer ist dann der erste, der von diesem fleischgewordenen Wort Zeugnis ablegt. Von diesem Zeugnis heißt es in Joh. 1,19f.: „Und er bekannte: Ich bin nicht der Christus“. So ist der Inhalt des Bekenntnisses aller christlichen Bekenner primär nicht der Bekenner selbst und auch nicht das, was ihn so oder anders „angeht“. Das Bekenntnis zeigt auf das Wort Gottes und auf den fleischgewordenen Gottessohn. Es weist von mir selbst weg auf Ihn, von dem ich mein Selbst neu empfange. Es war einer der größten Irrtümer in der Theologiegeschichte, als man - ausgerechnet im Raum des Protestantismus, der doch den festen Widerhalt an der Heiligen Schrift für sich beansprucht hatte - dazu überging, als eigentliches Zentrum der christlichen Rede und des christlichen Zeugnisses das „fromme Selbstbewußtsein“ und dessen unterschiedene Zuständlichkeiten anzusehen. Die Auswirkungen dieser Fehlorientierung haben wir heute in den mancherlei Psycho-Theo-logien und jener Legion von Irrlehren vor uns, die im Interesse höchst endlicher menschlicher Bedürfnisse den Apparat tradierter Religiosität bemühen, um aus ihm Energien zur Befriedigung dieser Bedürfnisse zu ziehen. Ein Glaube, der sich in seinen Inhalten als Rede von sich selbst versteht, verfällt aber immer mit Recht der Religionskritik. Der Vorwurf des Atheisten Ludwig Feuerbach an die Adresse der Christen, daß ihre fromme Rede ein Umweg für das Reden über sich selbst sei, ist zwar gänzlich verfehlt, wenn er auf echtes Bekennen zielt. Das echte Bekennen stammt und zeugt ja nicht von uns selbst, sondern ist die Antwort auf das vorgängig anredende Wort Gottes. Der Vorwurf Feuerbachs ist aber dann berechtigt, wenn der Glaube und das Bekennen tatsächlich nur als Vehikel gemeint sind, das eigene Ich auszudrücken und auszusteilen, ihm Geltung und Autorität zu verschaffen, ja seine innerweltlichen Zwecke des Wohlbefindens, des Rechthabens und der Eitelkeit voranzubringen. In den neuen 95 Thesen sind Beispiele genug aus emanzi- patorischen, feministischen oder sonst am Wort Gottes vorbeigehenden „Theologien“ genannt. Für ein Ich, welches das Bekenntnis in diesem Sinne subjektiv nimmt, ist „Gott“ und sein Wort nur Vorwand, gemeint ist der Mensch. Man sollte dann aber so ehrlich sein, gleich vom Menschen zu reden und Gott aus dem Spiel lassen. Man sollte dann sagen, daß man endliche, innerweltliche Ziele und Zwecke verfolgt aber noch soviel Gottesfurcht haben, daß man Gott selbst nicht vor den Karren dieser Zwecke spannt. Sehen wir aber noch etwas genauer hin, womit wir es beim Bekennen zu tun haben. Bekennen im neutestamentlichen Sinne ist immer ein mindestens dreifaches: ein Bekennen zu, ein Bekennen von und ein Bekennen, daß. Ich möchte das möglichst schlicht entfalten, indem ich diese drei Aspekte gleich mit Inhalt fülle. 1) Bekennen ist Bekennen zu Jesus Christus, also eine öffentliche Zugehörigkeitserklärung zu dem, den die christliche Gemeinde von allem Anfang an ihren Herrn genannt hat. Dieser Aspekt ist wichtig und der erste hier zu nennende, weil er uns sofort klar macht, daß das „Bekennen“ im christlichen Sinne nicht einfach heißt, bestimmte Positionen auszusprechen und offensiv zu bejahen. Das Gegenteil des Bekennens ist entsprechend nicht da gegeben, wo jemand andere Thesen oder Weltbilder vertritt als ein Christ, sondern im genauen Sinne dort, wo Jesus Christus verleugnet wird. Die Scheidung der Urgemeinde vom Judentum erfolgte nicht in theologischen Auseinandersetzungen über diese oder jene Frage, z.B. ob es Engel gibt oder nicht. Auf dieser Ebene hätten die Christen sehr wohl eine bloße Partei innerhalb des Judentums bleiben können, das ja selbst zerrissen genug in verschiedene Parteien war. Nein: die Grenzziehung erfolgte durch das Bekenntnis zu Jesus Christus als dem Sohn Gottes und verheißenen Erlöser. In ihm ist das Wort Gottes verpflichtend und in der ganz persönlichen Anrede ergangen: Willst du mir nachfolgen? Das Ja auf diese Frage, gerichtet an ein Du, das mich gefragt hat, ist bereits Bekenntnis. Denn dieses, Ja“ kann nur gesprochen werden, wenn ich dieser Person Jesus Christus uneingeschränkt glaube, d.h. ihr vertraue und mich ihr anvertraue für das lieben und das Sterben. Jetzt hat, sozusagen noch ehe ein Satz und eine Lehre ausgesprochen ist, das Leben bereits ein neues Zentrum. Dieses Zentrum ist nicht mein Ich, sondern das Du, zu dem ich ,Ja” gesagt habe, als es mich zur Nachfolge aufforderte. Wenn ich es einmal etwas wissenschaftlicher ausdrücken darf, worum es hier geht, dann wäre zu sagen: Die im Bekennen aktuell geschehende Affirmation (Bejahung) ist primär von ihrer Pragmatik, nicht von ihrer Semantik her zu verstehen. Damit soll gesagt sein: Der Inhalt des Bekenntnisses, der zunächst ein, Ja“ zu Jesus Christus und die Anerkennung seines unbedingten Herrschaftsanspruchs ist, ist noch kein Inhalt des Bekenntnisses, wenn er nicht als unbedingte Selbstverpflichtung, als Selbstübergabe an den Herrn, der da bekannt wird, gemeint und gelebt wird. Vielleicht kann ein Beispiel das hier Gemeinte verdeutlichen: Wenn ein Mann neben seiner Frau noch eine Geliebte hat, kann er sehr wohl zutreffend aussagen, daß Grete seine Frau ist. Denn der Sache nach, z.B. in personenstandsrechtlicher Hinsicht, ist das ja richtig. Aber der Satz ist so noch kein „Bekenntnis“ zu dieser Frau Grete. Das wird er erst, wenn es ganz unmittelbar heißt, daß er die Treue, also eine bestimmte Verpflichtung für die Praxis, einschließt. Erst jetzt, von dieser „Pragmatik“, d.h. praktischen Bedeutung des Satzes her handelt es sich um mehr als eine Richtigkeit, jetzt hat der Satz umfassende Wahrheit. Und das geht so weit, daß auch jetzt erst der Inhalt „das ist meine Frau“ plastisch, daß er voll und glaubwürdig ist. Ohne diese Dimension kann neben der ausgesprochenen Richtigkeit immer die Verleugnung des Inhalts bzw. der Person stehen. Vergessen wir also von allem Anfang an nicht: Das Bekennen beginnt als Bekennen zu, als „Ja“ zu einer Person, der ich mich im Bekenntnisakt selbst übereigne, an die ich mich verliere, um mich selbst zu empfangen und der ich folge, weil sie mich in schöpferischer Anrede zuerst gerufen hat. Vergessen wir das nie, denn nur so wissen wir auch, daß wir als Christen nicht einfach in der Konkurrenz möglicher Weltanschauungen, Ideologien und Religionen stehen, sondern in der Alternative, Jesus zu bekennen oder ihn zu verleugnen. Die Christen werden mit tausend Fragen bedrängt: Was sagt ihr zu diesem oder jenem Problem, das gerade auf der Tagesordnung der Welt steht? Was antwortet ihr den anderen Religionen? Was sagt ihr zu der Frage, warum Gott, wie es scheint, so viel Unrecht geschehen läßt und Leid nicht abwendet? Wir können uns auf alle diese Fragen durchaus einlassen, denn der christliche Glaube ist alles andere als sprachlos. Aber ganz am Anfang muß immer stehen: Mein Bekenntnis lautet, daß Jesus der Herr ist. Das weitere, was ich als Christ zu sagen habe, versteht sich nur von hier aus. 2) Das Bekenntnis ist nun - ebenfalls nach neutestamentli-chem Sprachgebrauch - auch Bekenntnis von, und zwar vor allem auch Bekenntnis der eigenen Schuld. Wenn wir das vor Augen haben, wird erneut deutlich, warum es christlich kein „Bekennen“ im Sinne des trotzigen Eigensinns, der provokanten Selbstbehauptung gehen kann. Das Bekenntnis von als Schuldbekenntnis läßt keinen Raum für Selbstverwirklichung und Geltendmachung des eigenen Herzens. Der Psalmist sagt: „Die Opfer, die Gott gefallen, sind ein geängsteter Geist, ein geängstetes, zerschlagenes Herz wirst du, Gott, nicht verachten“ (Ps. 51,19). Es ist klar, daß dieses Wort quer zu allem heutigen Zeitgeist steht. Übrigens quer zu einem Zeitgeist, der auch ganz liturgisch-praktisch die Kirchen erobert. Ich denke an einen Zeitungsbericht2 vom 7.10.1996, in dem von einem Treffen württembergischer Pfarrerinnen und Vika-rinnen die Rede war. Es ging dabei um das Verständnis und die Feier des Abendmahls. Und die „geistlichen“ Damen stellten den Sühnegedanken, der christlich mit dem Abendmahl ja unlöslich verknüpft ist, offen in Frage. Wenigstens für Frauen: denn es hieß, für Frauen sei „ein umfassendes Sündenbekenntnis beim Abendmahl fragwürdig geworden, es verletze ihr mühsam erworbenes Selbstwertgefühl“. Hier wird beides verweigert: das Bekennen der Schuld - und kein Mensch ist ohne Sünde, auch wenn Feministinnen geneigt zu sein schei nen, von sich selbst das Gegenteil zu behaupten -, aber auch und erst recht die tätige Buße und damit die Chance und Freude des Neuanfangs. Ja, das Psalmwort ist hart: Gott verachtet das zerschlagene Herz nicht. Und das echte Bekennen ist - jetzt in äußerstem Gegensatz zum Bekennen des Eigensinns - immer die Selbstentäußerung und Zerschlagung des eigenen Anspruchs, kurz: es ist der Tod des natürlichen Menschen. Vor der Realität Gottes zerschmilzt alles Pochen auf den eigenen Anspruch. Der Satz des Petrus: „Herr, gehe von mir hinaus! Ich bin ein sündiger Mensch“ (Lk. 5,8), ist Bekenntnis, Bekenntnis des zerschlagenen Herzens und bekennende Anerkenntnis des Herrn Jesus. Aber so, wie Jesus gerade den seine Sünden bekennenden Petrus beruft, ein Menschenfischer für ihn zu sein, so heißt es auch schon in unserem Bußpsalm, der vom zerschlagenen Herzen als dem Tor zu Gottes Gegenwart spricht: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist“ (Ps. 51,12). Das ist die Perspektive, die das Bekennen von als Eingeständnis der eigenen Heillosigkeit hat, daß der Ruf Gottes, der mich dieser Heillosigkeit auf meiner Seite gewahr werden ließ, auch die Berufung in einen Stand ist, in dem alles neu werden soll. Aus dem Herzen des Eigensinns wird das reine Herz, aus dem zerschlagenen der beständige, die Ewigkeit bezeugende Geist. Niemand kann zu diesem Geist gelangen, der nicht durch das Tor des Sündenbekenntnisses und der Buße gegangen ist. Es ist deshalb von großer Bedeutung, daß die Erneuerung der Kirche, die durch Martin Luther als einem Mann mit tatsächlich zerschlagenem Herzen geschehen konnte, mit Thesen zur Bedeutung der Buße und deren rechtem Verständnis begann. So war die Reformation eine Frucht der Besinnung auf das, was das Bekennen, jetzt auch im Sinne des Bekennens eigener Schuld, heißt. Wir wollen auch bei diesem Kongreß diese Zusammenhänge nicht vergessen. 3) Drittens ist Bekennen immer auch ein Bekennen, daß, d.h. eine inhaltlich bestimmte Rede von bestimmten Sachverhalten. Während die ersten beiden Aspekte, die ich behandelt habe - das Bekennen zu und das Bekennen von - Aspekte des Aner-kennens im Bekennen sind (ich erkenne den Anspruch Jesu Christi, Herr zu sein, rückhaltlos an, und ich akzeptiere, daß ich von mir aus nicht vor das Angesicht Gottes zu treten vermag, weil ich ein sündiger Mensch bin), so geht es nun, beim dritten Aspekt, um ein Erkennen, das aus jenem anerkennenden Bekennen folgt. Die Erkenntnisgehalte, die Lehren des christlichen Glaubens sind immer in bestimmter Weise an ein Bekennen zurückgebunden. Nicht, daß unser subjektiver Bekenntnisakt die Lehren und Glaubensinhalte erzeugte, aber doch so, daß auch hier wieder gilt: Gott muß mir zuvorgekommen sein, wenn ich ihn recht erkennen soll. Und ich erkenne ihn immer nur so, daß ich zugleich bekenne, daß er mir schon zuvorgekommen ist. Die Ordnung der Glaubenserkenntnis ist die von Paulus beschriebene: „Ich werde erkennen, gleichwie ich erkannt bin“ (1. Kor. 13,12). Daß mich Gott erkannt hat, bekenne ich als Christ immer als erstes. Und dann spreche ich aus, was mir als Erkenntnis zuteil wurde bzw. was ich jetzt bekennend erkennen kann, indem ich mein Erkanntsein erkenne und anerkenne. Ich möchte zu diesem Punkt, der der Sache, nach verwickelt genug ist, hier nur einige grobe Hinweise anschließen. a) Das Bekenntnis als Ausdruck der Bestimmtheit des Glaubens entspricht der Offenbarung Gottes, d.h., es ist selbst die Antwort an den offenbaren Gott. Zu einem Gott, der sich nicht offenbart, kann sich kein Mensch bekennen. „Bekenntnisse“ im Sinne bestimmter Rede von der Wirklichkeit und dem Wir- ken Gottes gibt es nur im Christentum. Sie sind selbst Dokumente der Offenbarkeit Gottes. b) Weil das Bekenntnis aber der Offenbarkeit Gottes in seinem Sohn und in seinem Wort antwortet, ist es immer auch ein Dokument der Freiheit. Übrigens auch ein Dokument der Freiheit des Denkens, soweit die menschliche Vernunft nicht selbstherrlich auf ihre endlichen Maßstäbe pocht, sondern bereit ist, bekennende Vernunft zu sein. c) Das Bekenntnis kann nicht damit rechnen, seinem Inhalt nach von allen und jedem verstanden oder gar akzeptiert zu werden. So wie dem Bekennen zu Jesus die Verleugnung Jesu gegenübersteht, so der Glaubenserkenntnis die Verstockung. Das zu bedenken, ist darum so nötig, weil es uns von der Illusion befreit, als könnten wir durch bloße Argumentation und durch Dialog mit den Nichtbekennenden das Einverständnis in der Sache des Bekenntnisses erzwingen. Das Bekennen der Glaubenserkenntnis ist kein Vermitteln derselben nur kraft allgemein einleuchtender Denkprinzipien. Der große Irrtum einer Schule wie derjenigen Rudolf Bultmanns bestand schon in der scheinbar gutgemeinten Absicht, dem „modernen Menschen“ die christliche Botschaft „plausibel“ und annehmbar machen zu wollen. Denn das hieß schon nichts anderes, als daß der sog. moderne Mensch oder besser das Phantombild dieses Menschen, das man sich selbst zurecht gemacht hatte, zur Bezugsgröße auffückte, auf die hin die Vermittlung der christlichen Botschaft kalkuliert werden sollte. Der Verkündiger, der Bekenner kommt dann in die Rolle des Werbefachmanns, der sich Tricks und Kniffe überlegt, um mit dem, was er absetzen will, auch bei möglichst vielen „anzukommen“ Im Effekt hat dies dazu geführt, daß ein rein endliches Bezugssystem zugrundegelegt wurde, als der Glaube neu zurechtgeschneidert wurde. Was Bultmann als christliches Kerygma vortrug, warein bestimmtes „Sprachspiel“, das sich in gängige andere Sprachspiele einfügen ließ, aber nicht mehr die reine Entsprechung des unendlichen Gegenstands, der dem echten Bekennen offenbar ist. Hüten wir uns davor zu meinen, man könnte mit einigem Geschick das Bekenntnis so reformulieren, daß es auf dem jeweiligen Markt der Möglichkeiten irgendwie plaziert werden kann! Natürlich geschieht das Bekenntnis immer öffentlich, d.h. ohne daß irgendjemand als Adressat ausgeschlossen wäre. Aber daß das Bekenntnis öffentlich geschieht, heißt nicht, daß es sich nach den Gesetzen der immer schon so oder anders geprägten Öffentlichkeit richtete. Das Bekenntnis richtet sich nach der Offenbarung, nicht nach dem ihr gegenüber immer engeren Raum der Öffentlichkeit. Selbstverständlich sind wir dankbar dafür, daß auch Öffentlichkeiten nach der Offenbarung Gottes geformt sein können. Lange Zeit konnte das, was in Europa Öffentlichkeit war, als Raum der Offenheit für Gottes Wort gewertet werden. Heute verschieben sich die Dinge und wir wissen noch nicht, welche Mächte die Gesetze von Öffentlichkeit in der nächsten Zukunft schreiben werden. Aber daran wird das Bekenntnis nicht scheitern. d) Die Glaubenserkenntnis, die im Bekenntnis eingeschlossen liegt, ist ein Siegel der Gotteskindschaft. Sie gehört zum Leben im Geist, der uns in alle Wahrheit leitet, untrennbar hinzu. Ein Geist, der nicht zum Bekennen, sondern nur zum Genießen führt, ist nicht Gottes Geist. In seinem Geist teilt Gott sich uns mit, und das Bekenntnis ist Mitteilung jener Erkenntnis, die in der Mitteilung Gottes liegt. Zum freudigen Bekennen tut Gott selbst uns den Mund auf, auch und gerade dann, wenn wir nicht wissen, was wir reden sollen. Die Kinder Gottes sind die eigentlich Mündigen, d.h. diejenigen, deren Rede Vollmacht verheißen ist. Die Kirche und das Bekennen Die 19. der neuen 95 Thesen „Reformation heute“ erinnert uns daran, daß nach reformatorischem Verständnis die Kirche „creatura verbi“, Schöpfung des Wortes Gottes ist. Kirche ist die Gemeinschaft derjenigen, die den Ruf des Wortes Gottes vernommen haben und ihm antworten. Der französische Philosoph Nicolas Malebranche hat die Frage nach dem Grund der Weltschöpfung wie folgt beantwortet: „Gott hatte bei der Erschaffung der Welt keine andere Absicht als die Errichtung seiner Kirche.“3 Insofern war schon das erste „Es werde“, das Gott sprach, abgezielt auf die Berufung der Gläubigen. Wir müssen uns über die Würde im klaren sein, die es bedeutet, von Gott Berufene und ihm Antwortende zu sein! Das ist mehr als Menschenwürde, es ist die Würde der Gotteskindschaft. Die Kirche (und ich möchte diesen Ausdruck jetzt immer gleichbedeutend mit „Gemeinde“ verwenden, d.h. ich denke nicht an bestimmte verfaßte Kirchtümer, insofern sie auf der soziologischen Ebene greifbare Größen sind), die Kirche also ist jener Teil der Menschheit, in dem sich Gottes schöpferisches Wort schon hier vollendet, insofern sie die berufene Schar jener ist, die diesem Wort im Bekenntnis antworten. Oder auch: die Kirche ist die Gemeinschaft derjenigen, denen das Offenbare offenbar ist - jedenfalls soweit offenbar ist, wie unser bruch-stückhaftes Erkennen bekennend das Offenbare anzuerkennen vermag. Darin wird nun der Zusammenhang von Bekenntnis und Gemeinschaft deutlich und dazu ist hier kurz etwas zu sagen. Beginnen wir beim Aspekt der „Gemeinschaft“! Seit der Antike ist immer wieder gesagt worden, daß der Mensch ein Gemeinschaftswesen sei. Schon durch den Sprachbesitz ist er darauf angelegt, seine Isolation zu durchbrechen und zu geistigem Austausch mit anderen zu gelangen. Selbst Gott reden wir im Gebet in unserer Sprache an, um mit ihm Gemeinschaft zu haben. Nun ist aber die Gemeinschaft, um die es bei der Kirche geht, nicht irgendeine Gemeinschaft. Sie ist kein Verein, kein Interessenverband, keine wie auch immer geartete Gruppierung zu gegenseitigem Nutzen. Nein: sie ist die Gemeinschaft denenigen, die sich innerlich auch dann noch nahe ste- hen, wenn sie äußerlich getrennt sind, ja nicht einmal voneinander wissen. Denn die Kirche ist der Leib Christi, d.h. die Gemeinschaft derjenigen, die ihr Selbst in Jesus Christus haben und dieses Selbst in der Predigt und im Sakrament von ihm empfangen. Die Christen erkennen aneinander den Christus und erkennen sich in ihm. Auch hier mag ein Beispiel das Verständnis erleichtern: So, wie wir Menschen auf zweierlei Weise miteinander reden können, so hebt sich die geistliche Gemeinschaft der Kirche ab gegen alle nur natürlichen Formen von Gemeinschaft. Wir können miteinander reden, wie es z.B. bei einem Geschäftsabschluß, einer Gerichtsverhandlung oder einer politischen Debatte der Fall ist - die Worte dienen hier dem Schlagabtausch oder bestenfalls der relativen Übereinkunft, während doch das eigene Ich in der Reserve bleibt. Wir können aber auch so miteinander reden, daß das Einverständnis das erste ist und jedes Wort, das der eine sagt, sozusagen schon aus dem Inneren des anderen kommt oder, daß das Innere des einen in das des anderen „überfließt“. So geschieht es beim echten Gespräch in der Familie, beim Austausch wirklicher Freunde oder dort, wo wirklich der eine lehrt, der andere lernt und beide in der Sache Übereinkommen. Die Gemeinschaft der Kirche ist aber in einer absoluten Sache, ist in dem Selbst Jesu Christi begründet, in dem sich Gott uns mitteilt. Die Kirche ist eine, sofern in Wahrheit dieses Selbst in ihrer Gemeinschaft zum Ausdruck kommt. Ihre Einheit wird nicht erst ermittelt, sie steht schon selbst in der Mitte und vermittelt die Gemeinschaft. Welche Rolle spielt nun hier das Bekenntnis der Kirche? Keine andere, als daß es diese Mitte, die von uns nicht erst zu bewirkende, sondern uns zuvorkommende Einheit in Wahrheit zum Ausdruck bringt. Insofern sind in einem weiten Sinne alle Äußerungen wirklicher Kirche in der Lehre wie in der Tat „Bekenntnis“. Im engeren Sinne sind es dagegen jene Bestimmtheiten unseres Glaubens, in denen der eigentliche Sachgehalt der Mitte der Gemeinschaft zum Ausdruck und auf den Begriff gebracht ist. Im Bekenntnis wird uns die Mitte gegenständlich. Und da diese Gegenständlichkeit uns selbst vorausliegt, ist es nur natürlich, daß sich am bestimmten Bekenntnis dann auch bemißt, wer zur Kirche gehört und wer nicht. Seit alters her steht z.B. das Bekenntnis im Zusammenhang mit der Taufe, d.h. der Aufnahme in die Gemeinde. Auch im Neuen Testament wird darauf hingewiesen, daß die Scheidelinie zwischen Gemeinde und Welt im Bekenntnis festgemacht ist. Wir lesen in 1. Joh. 4,2f.: „Ein jeglicher Geist, der da bekennt, daß Jesus Christus ist im Fleisch gekommen, der ist von Gott; und ein jeglicher Geist, der Jesus nicht bekennt, der ist nicht von Gott“. Wichtig ist, daß die „Sache“, um die es im Bekenntnis geht, auch hier wieder die Person Jesu Christi ist. Grundsätzlich haben alle weiteren Bekenntnisse der Kirchengeschichte immer Personalität, nicht tote Gegenständlichkeit zum Thema: die Personalität des dreieinigen Gottes etwa, die Personhaftigkeit des wahrhaften Gottes und wahrhaften Menschen Jesus Christus oder das personale Wirken des Gerechtigkeit schaffenden Gottes. Deshalb ist es auch durchaus verständlich, daß das griechische Wort für „bekennen“ auch den Sinn von „lobpreisen“ annehmen konnte. Denn das Bekenntnis zur Wirklichkeit und zum Wirken der Personalität des dreieinigen Gottes ist ja selbst ein Reden im Angesicht Gottes, also mehr als nur „informativ“. Die Kirche als Schöpfung des Wortes preist in ihrem Bekenntnis ihren Schöpfer. Bekennende Kirche heute Wenn man heute verstärkt die Frage hören kann: „Brauchen wir eine neue Bekennende Kirche?“, so ist darauf, wie aus allem Gesagten folgt, zunächst zu antworten: Es gibt keine Kirche, es sei denn eine bekennende, d.h. eine Kirche, die, mit Melanchthon zu reden, „nicht allein in Gesellschaft äußerlicher Zeichen stehet, sondern ... vornehmlich in Gemeinschaft inwendig der ewigen Güter im Herzen, als des heiligen Geistes, des Glaubens, der Furcht und Liebe Gottes“4. Niemand, der nicht Gott wahrhaftig bekennt, kann diese Güter im Herzen haben; sie sind nicht Ausstattung des natürlichen Menschen. Aber die Frage, ob wir heute eine bekennende Kirche brauchen, ist wohl auch anders gemeint. Sie kommt von der Erfahrung her, daß unter dem bloßen Namen von Kirche sich manches verbergen kann, was in der Tat Gott nicht bekennt, sondern ihn verleugnet. Sie kommt von der Erfahrung her, daß längst unter dem Namen von Kirche die Welt den Ton angibt, und zwar nicht nur hier und da, sondern geradezu allüberall und jedenfalls in einem Maße, daß in größtem Stile die Gewissen in die Irre geführt werden. Beispiele auch dafür sind in den neuen Thesen genannt. Die Frage, ob wir in dieser Situation eine „neue Bekennende Kirche“ brauchen, heißt dann: Muß nicht die Kirche, die ihrem Wesen nach immer „bekennend“ ist und im Bekennen ihr Lebenselement hat, jetzt auch deutlich den Trennungsstrich ziehen zwischen „wahrer“ und „falscher“ Kirche oder, um es mit einer Wendung Kierkegaards zu sagen, zwischen Christenheit und Christentum? Muß nicht auf den Etikettenschwindel, der mit dem Namen der Kirche getrieben wird, deutlich und vor allem auch sichtbar hingewiesen werden? Und muß es dabei nicht zu Trennungen kommen, die das institutionelle Ganze, als das sich Kirche, wie wir sie gewöhnt sind, auch darstellt, aufsprengt? Ich möchte an dieser Stelle die Antwort referieren, die der Evangelische Aufbruch Mittelrhein (EAM) für seinen Bereich zu geben versuchen wird, wenn am Reformationstag des Lutheijahres 1996 in Neuwied am Rhein die erste Predigtstelle einer Bekennenden Evangelischen Gemeinde (BEGN) ins Leben gerufen werden soll (diese Gründung ist inzwischen erfolgt; d. Hrsg.). Diese Predigtstelle oder Gemeinde versteht sich ausdrücklich nicht als „Separation“ oder als Stiftung einer neuen Freikirche. Der Anspruch ist ein ganz anderer: der, „church continuing“, legitime Sachwalterin der Reformation und Reformationskirche zu sein. In der Erklärung zur Errichtung der BEGN heißt es: „Die Gemeinde, die sich um diese Predigtstelle versammelt, versteht sich als Gemeinde in der rechtmäßigen Nachfolge der Reformation und des kirchlichen Widerstands zur Zeit der nationalsozialistischen und der kommunistischen Diktatur in Deutschland. In Treue und Kontinuität zur Alten Kirche, zur reformatorischen Wiedereinsetzung des Evangeliums und zu den rheinischen Christuszeugen ... vertritt sie den Anspruch, wahre evangelische Kirche im Rheinland zu sein.“ Worauf ist damit abgezielt? Zumindest auf ein Dreifaches: Zum einen wird nicht beansprucht, daß mit dieser Gemeinde das Christusbekenntnis erst anfängt oder es einen irgendwie neuen Aspekt bekommt. Im Gegenteil soll an den Reichtum tatsächlich entfalteten und gelebten Bekenntnisses angeschlossen, soll dieser Reichtum heute zur Geltung gebracht werden; ich blende an dieser Stelle die Frage nach der konfessionellen, also mehr lutherischen oder mehr reformierten Ausrichtung aus, weil sie einerseits ein Thema für sich und andererseits durch das rheinische Umfeld inzwischen selbst zugunsten der „Union“ entschieden worden ist. Zweitens aber ist darauf abgezielt, daß die Heilige Schrift und die von dieser normierten Bekenntnisse auch tatsächlich, d.h. verbindlich als Richtschnurfür Glauben, Leben und Lehre der Gemeinde zur Geltung kommen. Das Dilemma ist heute ja vielfach, daß, zumal in den verfaßten evangelischen Landeskirchen vieles Gute und Richtige auf dem Papier steht, das, was auf dem Papier steht, aber nicht nur keine wirkliche Verbindlichkeit mehr für die kirchliche Wirklichkeit hat, sondern auch gar nicht verbindlich gemacht, d.h. eingeklagt werden kann. Sogar Synoden setzen sich mit Mehrheiten, die man nur aus den früheren Ostblockparlamenten kennt, über eindeutige Weisungen der Heiligen Schrift hinweg Das bedeutet aber, daß bei vielleicht intakter theoretischer Grundlage das praktische Kirchenregiment versagt oder, schlimmstenfalls, willentlich das Gegenteil dessen tut, was seine Aufgabe wäre. Der Notstand, der hier eintritt, ist nur so zu beheben, daß die von der Reformation in ihrer Gesamtheit für mündig erklärten Christen dem falschen Kirchenregiment den Gehorsam aufkündigen und eigenverantwortliche „kirchenleitende“ Schritte ergreifen. Die Gemeinde hat, um eine Formulierung des Gießener Systematikers Bernhard Kaiser aufzunehmen, immer ein ,JRecht auf evangeliumsgemäße Predigt“, und sie hat das Recht, dem falschen Kirchenregiment das Recht zu bestreiten, sie in der Wahrnehmung ihres Rechts auf evangeliumsgemäße Predigt zu hindern. Die Gemeinde in Neuwied weiß natürlich, daß sie nicht für sich alleine stehen kann. Sie erklärt deshalb, daß sie sich dankbar verbunden weiß vor allem mit den „in der Konferenz Bekennender Gemeinschaften zusammengeschlossenen Vereinigungen, welche sich im heute zu führenden Glaubenskampf gemeinsam bemühen, das durch Bibelkritik, ideologische Überfremdung und Moralauflösung entstellte oder außer Kraft gesetzte Christusbekenntnis ... hochzuhalten“. Die Gemeinde ist weiterhin froh, daß sich bereits jetzt einige internationale Partnerschaften, z.B. zu niederländischen oder amerikanischen Kirchen, abzeichnen. Und sie hofft natürlich, daß sich im Ausgang von dem Zeichen, das der Gründungsgottesdienst am 31.10.1996 auch sein soll, Weiterungen ergeben werden, die jetzt noch nicht zu überschauen sind. Dabei ist an folgende Möglichkeiten gedacht: 1. Es kommt zu weiteren Gründungen von Predigtstellen oder Gemeinden. 2. Presbyterien, Gemeinden oder auch Gemeinschaften innerhalb bestehender kirchlicher Strukturen übernehmen für sich den Status, bekennende Gemeinde zu sein. Sie formulieren untereinander und gemeinsam mit den neu entstehenden Bekennenden Gemeinden eine verbindliche Form der Kir- chengemeinschaft, wobei für klare theologische und geistliche Orientierung gesorgt sein muß. Damit könnte ein Gedanke fortgeführt werden, den Prof. Beyerhaus in den achtziger Jahren vorangetrieben hat und der ganz gewiß noch immer auf die Tagesordnung gehört. 3. Es kommt zur Einberufung einer Bekenntnissynode, die dann evtl, auch von sich aus die weitere Regelung des Aufbaus der Neuen Bekennenden Kirche in die Hand nehmen könnte. Auch in diese Richtung gibt es Bestrebungen, die, zum Teil noch unter Ausschluß der Öffentlichkeit, Vorbereitungen treffen. Diese weiteren Perspektiven können hier nur benannt werden. Verschwiegen werden darf allerdings nicht, daß hierbei eine ganze Reihe nicht zu unterschätzender Schwierigkeiten zu bemeistem sein werden. Diese reichen von Fragen des konkreten Bekenntnisses bis hin zu der ganz realistisch und ohne jeden Vorwurf zu treffenden Feststellung, daß Gehaltsabhängige von den verfaßten Kirchen sehr schnell unter Druck geraten können, wenn sie sich in der Richtung des Aufbaus einer Neuen Bekennenden Kirche engagieren. Wie man weiß, beginnen die Fälle von Pfarrerabberufungen, etwa im Gebiet der rheinischen Kirche, inzwischen auch die weltlichen Medien zu interessieren. Die weitgehende Rechtsautonomie der Kirchen, durch die ein abberufener Pfarrer z.B. daran gehindert ist, ein ordentliches Arbeitsgericht anzurufen, läßt indes nicht erwarten, daß öffentlicher Druck alleine schon den nötigen Spielraum schaffen wird, so daß sich bekenntnistreue Pfarrer wirklich frei werden einbringen können. Das ist zugleich ein Appell an alle, die als „Laien“ hier mit-arbeiten wollen. Die Laien sind aufgerufen, alle Spielräume, die sie haben, voll auszunutzen und, auch im Interesse kirchlicher Amtsträger, in die Bresche zu springen und Vorhutgefechte zu führen. Die Laien müssen dazu begreifen, daß sie selbst die Kirche sind und nicht die Objekte einer Kirchenverwaltung, wie wir sie nun einmal vorfinden Auch das Fällt unter das Stichwort „stellvertretendes Kirchenregiment“ und gehört zu Bekennender Kirche. Noch einmal zurück zu der Bekennenden Gemeinde Neuwied: Das Modell, das hier verfolgt wird, ist insofern neu, als einerseits evangelische Vollgottesdienste durchgeführt werden, andererseits die Frage nach der Zugehörigkeit der Mitglieder zu einer verfaßten Landeskirche offengelassen wird bzw. der Gewissensentscheidung des einzelnen überlassen bleibt. Die Gemeinde wirbt nicht für den Kirchenaustritt, aber sie empfängt Personen, die aus Gewissensgründen den Kirchenaustritt vollzogen haben, nicht minder in den eigenen Reihen wie solche, die weiterhin in einer Landeskirche verbleiben wollen. Dieses Modell der „Überlappung“ mag auf den einen oder anderen als Verunklarung der Frontlinie und damit letztlich auch des Bekenntnisses wirken, entspricht aber zum einen dem Nachfolge- und Kontinuitätsanspruch in Beziehung auf die Reformation, zum anderen der heutigen Situation, in der die zerstreute Herde von allen Ecken und Enden her neu gesammelt werden muß. Kommen wir noch einmal zurück zu der Frage: Brauchen wir heute eine Bekennende Kirche? Was wir heute brauchen, sind zunächst einmal einzelne, die der Stimme des guten Hirten bedingungslos vertrauen und ihr gehorchen; die Frage, in welchen Ställen die Schafe untergebracht sind, ist erst die zweite. Was wir aber dann brauchen, sind deutliche Zeichen, die vor den falschen Hirten warnen. Und es sind Hürden, die vor den Wölfen wirksam schützen. Wir brauchen die Demarkationslinie zwischen wahrer und falscher Kirche, soweit sie irgend gezogen werden kann. Natürlich weiß zuletzt Gott allein, wo diese Linie verläuft, wo sie auch in unseren eigenen Herzen verläuft. Aber wir haben zugleich von Gott nicht umsonst die Heilige Schrift empfangen. Wir haben das auf sie und Gottes Offenbarung antwortende Bekenntnis. Wenn ich mit einem Bild schließen darf, möchte ich sagen: Die Heilige Schrift ist die Landkarte, in der die Demarkationslinie ein für alle Mal verzeichnet ist, und das Bekenntnis ist der Kompaß, mit dem wir die Linie aufsuchen und deutlich benennen. Tun wir das mit Emst, so sind wir „Bekennende Kirche“. Gebe Gott seinen Segen zu unserem Suchen und Finden! Anmerkungen 1 Die Gründung der Bekennenden Evangelischen Gemeinde Neuwied ist inzwischen vor gut 300 Gottesdienstbesuchem erfolgt; vgl. den Bericht in idea-Spektrum 45/96. 2 Vgl. Stuttgarter Zeitung vom 7.10.1996, S. 22. 3 N. Malebranche, Abhandlung von der Natur und der Gnade 1,1, Hrsg. St. Ehrenberg, Hamburg 1993, S. 12. 4 Ph. Melanchthon, Apologie der Augsburgischen Konfession, Art. VII, BSLK, S. 234. Anhang: Aus: Martin Luther, „Daß eine christliche Versammlung oder Gemeine Recht und Macht habe, alle Lehre zu beurteilen und Lehrer zu berufen, ein- und abzusetzen: Grund und L'rsach aus der Schrift“ (1523): „In solchem Handel, nämlich Lehre zu beurteilen, Lehrer und Seelsorger ein-und abzusetzen, muß man sich in gar nichts kehren an Menschengesetz, Recht, altes Herkommen. Brauch, Gewohnheit usw., Gott gebe es, es sei vom Papst oder Kaiser, von Fürsten oder Bischof gesetzt, es habe die halbe oder ganze Welt also gehalten, es habe ein oder tausend Jahr gewähret! Denn die Seele des Menschen ist ein ewiges Ding, über alles, was zeitlich ist; darum muß sie nur mit ewigem Wort regiert und gefaßt sein. Denn es ist gar schimpflich, mit Menschen Recht und langer Gewohnheit die Gewissen vor Gott zu regieren. Darum muß man hierinnen handeln nach der Schrift und Gottes Wort. Denn Gottes Wort und Menschenlehre, wenn es die Seele regieren will, so kanns nimmer fehlen, sie streiten widereinander. Das wollen wir beweisen klärlich in diesem gegenwärtigen Handel, nämlich also: Menschen Wort und Lehre haben gesetzt und verordnet, man solle die Lehre zu beurteilen nur den Bischöfen und Gelehreten, und den Concilien lassen: Was dieselben beschlössen, solle alle Welt für recht und für Artikel des Glaubens halten, wie das genugsam ihr täglich Rühmen über des Papsts geistlich Recht beweiset. Denn man höret fast nichts von ihnen, als solchen Ruhm, daß bei ihnen die Gewalt und das Recht stehe, zu urteilen, was christlich und ketzerisch sei. und der gemeine Christenmann solle auf ihr Urteil warten und sich dasselbe halten. Siehe, dieser Ruhm, womit sie alle Welt eingetrieben haben, und ihr höchster Hort und Trotz ist, wie unverschämt und närrisch er stürmet wider Gottes Gesetz und Wort! Denn Christus setzt das Widerspiel, nimmt den Bischöfen, Gelehrten und Concilien, beides, Recht und Macht zu urteilen die Lehre und gibt sie jedermann und allen Christen insgemein, da er spricht Johannes am 10., Vers 4: „Meine Schafe kennen meine Stimme.“ Item, Vers 5: „Meine Schafe folgen den Fremden nicht, sondern fliehen von ihnen; denn sie kennen nicht der Fremden Stimme.“ Item, Vers 8; „Wie viel ihrer gekommen sind, das sind Diebe und Mörder; aber die Schafe höreten sie nicht.“ Hie siehest du klar, wes das Recht ist, zu urteilen die Lehre. Bischof, Papst, Gelehrte und jedermann hat Macht zu lehren; aber die Schafe sollen urteilen, ob sie Christi Stimm lehren, oder der Fremden Stimm.“ Confessio Augustana Art. 28 „Von der Bischöfe Gewalt“: „Derhalben ist das bischöflich Ambt nach göttlichen Rechten das Evangelium predigen, Sünde vergeben, Lehr urteilen und die Lehre, so dem Evan-gelio entgegen, verwerfen und die Gottlosen, dero gottlos Wesen offenbar ist, aus christlicher Gemein ausschließen, ohn menschlichen Gewalt, sonder allein durch Gottes Wort. Und desfalls seind die Pfarrleut und Kirchen schuldig, den Bischöfen gehorsam zu sein, lauts dieses Spruchs Christi, Lucä am 10.: „Wer euch höret, der höret mich.“ Wo sie aber etwas dem Evange-lio entgegen lehren, setzen oder aufrichten, haben wir Gotts Befehl in solchem Falle, daß wir nicht sollen gehorsam sein, Matth, am 7.: „Sehet euch für für den falschen Propheten.“ Und Sankt Paul zun Galat, am 1.: „So auch wir oder ein Engel vom Himmel euch ein ander Evangelium predigen wurd, dann das wir euch gepredigt haben, der sei verflucht“; und in der 2. Epistel zun Korinth am 13.: „Wir haben kein Macht wider die Wahrheit, sondern für die Wahrheit“; item: „Nach der Macht, welche mir der Herr zu bessern, und nicht zu verderben gegeben hat.“ Also gebeut auch das geistlich Recht 2, q.7, im Kap. „Sacerdotes“ und im Kap. „Oves“. Und Sankt Augustin schreibt in der Epistel wider Petilianum, man soll auch den Bischöfen, so ordentlich gewählet, nicht folgen, wo sie irren oder etwas wider die heilige göttliche Schrift lehren oder ordnen.“ Allein Jesus Christus Religionsvermischung und falsche Ökumene in den Kirchen überwinden Synkretismus - ein zentrales Thema der Bibel Dr. Dr. Thomas Schirrmacher, Bonn (D), Professor für Ethik, Missions- und Religionswissenschaft, Leiter des Instituts für Weltmission und Gemeindebau „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ (2. Mose 20,3), heißt es in den Zehn Geboten. Dieses Verbot wendet sich nicht an die Anhänger anderer Religionen, sondern an das Volk Gottes. Es geht nicht vor allem um Verehrung anderer Götter an sich, sondern um die Verehrung anderer Götter neben1 dem wahren Gott. Die größte Gefahr des Volkes Gottes war und ist schon immer, daß es sich nicht ganz und ausschließlich an den Schöpfer des Himmels und der Erde hält und allein auf ihn vertraut, sondern andere Größen, Mächte, Kräfte und Götter neben Gott Einfluß gewinnen läßt. Das Alte Testament berichtet schonungslos über die Vermischung der Religionen in Israel, über den „Synkretismus“ (von „syn“ = mit, zusammen und „kreo“ = mischen), um den aus dem griechischen abgeleiteten Fachbegriff zu gebrauchen. In der Geschichte Israels kam es nur selten vor, daß es die Verehrung Gottes in Stiftshütte und Tempel völlig einstellte. Die Gefahr war vielmehr, daß Israel neben dem Vollzug der Verehrung Jahwes gleichzeitig die Götter und Mächte seiner Umwelt in Gottesdienst und Alltag einziehen ließ. Der Abfall des Volkes Gottes von Gott läuft im Regelfall über den Synkretismus, nicht über eine sofortige Streichung aller Erinnerungen an den Gott der Bibel und eine ausschließliche Verehrung nichtchristlicher Götter. Als beispielsweise Israel das Goldene Kalb verehrte (5. Mose 32), dachte es, zugleich den wahren Gott Jahwe und die Götter Ägyptens zu verehren2 und war in Wirklichkeit völlig vom Glauben abgefallen, wie die furchtbare Strafe Gottes zeigt. Das Neue Testament warnt genauso wie das Alte Testament vor jeder Art der Religions vermischung, weil Gott sich nicht spotten läßt. Paulus hält in 1. Kor. 8-10 den Korinthern das negative Vorbild der Israeliten entgegen1: „Werdet auch nicht Götzendiener, wie einige von ihnen, wie geschrieben steht: Das Volk setzte sich nieder, um zu essen und zu trinken, und sie standen auf, um zu spielen“ (1. Kor. 10,7). Daß Paulus damit besonders jene korinthischen Christen meint, die im heidnischen Tempel zu Tisch lagen und an den Götzenopfer-feiem teilnahmen, wird ab 1. Kor. 10,14 vollends deutlich: „Darum, meine Geliebten, flieht vor dem Götzendienst...“ (1. Kor. 10,14). Nachdem Paulus erklärt hat, weshalb sich Götzendienst und die Verehrung Jesu nicht vertragen, zieht er in aller Deutlichkeit den Schlußstrich: „Ihr könnt nicht des Herrn Kelch trinken und der Dämonen Kelch; ihr könnt nicht am Tisch des Herrn teilnehmen und am Tisch der Dämonen. Oder wollen wir den Herrn zur Eifersucht reizen? Sind wir stärker als er?“ (1. Kor. 10,21-22). Was hält Paulus dem Argument entgegen, daß Götzendienst nicht so gefährlich sei, da es ja nur einen Gott und keine Götzen“ gebe? Dies stimmt ja durchaus mit dem Alten Testament überein (z. B. 1. Sam 2,2)! Paulus stellt natürlich nicht in Frage, daß es nur einen Gott gibt. Er stimmt sogar darin überein, daß alles Äußerliche an den Götzen nichts ist, also etwa das Göt- zenbild oder das vor ihnen geopferte Fleisch. Aber hinter dem Götzendienst steht für ihn die Verehrung des Teufels und seiner Dämonen: „Was sage ich nun? Daß das einem Götzen Geopferte etwas sei? Oder daß ein Götzenbild etwas sei? (Nein,) sondern daß das, was sie opfern, sie den Dämonen opfern und nicht Gott“ (1. Kor. 10,20). Die Lehre, daß hinter dem Götzendienst Dämonen stehen (Offb. 9,20-21), findet sich ebenfalls schon im Alten Testament (3. Mose 17,7; 5. Mose 32,17; 2. Chr. 11,15; Ps. 106,37). Schon das Alte Testament warnt wie später Paulus schärf-stens vor jedem Götzendienst, wie es im 1. Gebot zum Ausdruck kommt (2. Mose 20,1 ff; 5. Mose 5,6-10), macht sich zugleich aber in bitterster Ironie über die Götzenbilder lustig, die nicht reden, hören oder helfen können (Ps. 115,4-7; 135,15-17; Jes. 44,9-17; Jer. 10,3-9; Hab. 2,18-19; 2. Mose 32,4; 1. Kön 12,28).5 Dagegen wird in der Bibel verboten, über die Dämonen oder den Teufel zu spotten (vgl. 2. Petr 2,10-11; Jud. 9-10), die hinter dem Götzendienst stehen. Alle Religionen haben letzlich Satan als ihren Gott. Deswegen spricht Paulus von „den Ungläubigen, denen der Gott dieser Welt [also Satan] das Denken verblendet hat, damit sie den Lichtglanz des Evangeliums ... nicht sehen“ (2. Kor. 4,4). Aktuelle Beispiele Die Anrufung nichtchristlicher Götter ist in vielen christlichen bzw. kirchlichen Institutionen selbstverständlich geworden. Werfen wir einen kurzen Blick auf Ereignisse der letzten Zeit. In Stuttgart durften ein Buddhist und ein Muslim in der bekannten Hospitalkirche im Gottesdienst predigen6. Im Haus der Kirche in Düsseldorf beschwörten Anhänger des Voodoo-Kultes dämonische Mächte. Angeblich, so der haitianische Theologe Renald Clerisme, ergänzen sich Christentum und Voodoo, denn schließlich begännen „die meisten Zeremonien mit einem Marien-Gruß, Glaubensbekenntnis und Gebeten“7. Die Beispiele ließen sich beliebig vermehren. Wir wollen uns im folgenden in wenigen Beispielen auf die Vermischung des christlichen Glaubens mit Buddhismus und Islam in Deutschland beschränken. Buddhismus im christlichen Gewand Katholische Ordensleute haben die Techniken der buddhistischen Zen-Meditation längst in ihre Gebets- und Meditationsübungen integriert. Evangelische Kirchen bieten buddhistische Kurse an8, und das Tibetische Totenbuch (,Bardo Thö-doT), von niemand geringerem als von C. G. Jung in einem eigenen Buch wohlwollend kommentiert (,Psychologischer Kommentar zum Bardo ThödoT), ist seit Jahren ein Renner im Westen, auch unter Christen.9 An die Stelle der „Zen-Begei-sterten der fünfziger und sechziger Jahre“10 tritt gegenwärtig vor allem der „Zauber der tibetischen Kultur“", ausgelöst durch die an die Papstreisen erinnernden Weltreisen des 14. tibetischen Dalai Lama, der namentlich auf kirchlichen Veranstaltungen herumgereicht wird, so vor allem auf dem Evangelischen Kirchentag in München 1993. Der bekannte katholische Papstkritiker Eugen Drewermann hat zusammen mit diesem angeblich gottgleichen Oberhaupt des tibetischen Buddhismus, dem Dalai Lama, ein Buch veröffentlicht12. Darin berichtet er über seine „Bekehrung zum Buddhismus“13, die er erlebt haben will. Er schreibt: „Buchstäblich nahm ich damals meine Zuflucht zum Buddha, zum dhamma, zu seiner Lehre. Und daß ich bis heute, unentschlossen, meine Zuflucht nicht nahm zum sangha, zur buddhistischen Gemeinde, liegt einzig an der Überzeugung, daß es fast gleichgültig sei, welch einer Religionsform jemand äußerlich zugehört, wenn er sie denn nur lebt. Wir, die wir uns Christen nennen, müßten weit buddhistischer werden, um christlich zu sein“14. Drewermanns Weg zum Buddhismus begann schon früh: „Um die Wahrheit zu sagen, begann meine Bekehrung zum Buddhismus im Alter von 16 Jahren“15. Sie wurde dann aber vor allem durch das Lesen der Schriften von Arthur Schopenhauer verstärkt.16 Buddhismus und Christentum auf diese Weise zu vermengen, ist für Drewermann kein Problem, weil er die biblische Offenbarung sowieso nicht stehen läßt und den universalen Heilsanspruch von Jesus Christus ablehnt. Stattdessen hat er sich mit Hilfe bibelkritischer und psychologischer Neuinterpretationen der Quellen längst seinen eigenen Jesus zurechtgezimmert, der gut mit dem Buddhismus in Einklang zu bringen ist. Nur deswegen kann er schreiben:, Jesus wollte keine neue Religion gründen; was er wollte, nicht anders als der Buddha, war die erlösende Vermenschlichung jeder Religiosität.“17 Reinhart Hummel nennt Intellektuelle wie Drewermann in seinem Artikel„Der Dalai Lama, Eugen Drewermann und die Buddhismusbegeisterung“'8 treffend „Zweidrittelbuddhisten“ und schreibt zu Recht: „Solche,Zweidrittelbuddhisten1 dürfte es häufiger geben.“19 Aber es handelt sich nicht nur um ein katholisches oder volkskirchliches Problem. Das Evangelische Missionswerk in Deutschland (EMW) in Hamburg, das neben den evangelischen Landeskirchen unter anderem auch von den Baptisten-und Brüdergemeinden (Bund Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden) mitgetragen wird, veröffentlichte kürzlich in seiner Reihe „Weltmission heute“ den Band „Wege zu einer gerechten Gesellschaft: Beiträge engagierter Buddhisten zu einer internationalen Debatte“20, in dem führende Vertreter eines sozialpolitisch engagierten Flügels des Buddhismus ihre Sicht der Dinge einem christlichen Publikum anbieten. Die durch Kirchensteuern finanzierte Textsammlung wurde im Rahmen eines christlich-buddhistischen Dialogprogramms der Missionsakademie an der Universität Hamburg erstellt, das die kirchliche Entwicklungshilfeorganisation „Dienste in Ubersee“ (DIU) finanziert hat21. Das Evangelische Missionswerk hat damit nicht nur die klassische Mission beendet und deswegen seiner Zeitschrift „Mission“ einen neuen Titel, nämlich „Eine Welt“, gegeben, sondern beginnt nun umgekehrt Christen mit buddhistischem Gedankengut zu missionieren. Daß das Evangelische Missionswerk in einem Arbeitsheft für den Missionssonntag „Rogate“ für eine Einladung an alle Anhänger nichtchristlicher Religionen, namentlich Buddhisten und Muslimen, am christlichen Abendmahl plädiert und einem Muslim Raum für die Darstellung muslimischer Gebete gibt, ist da nur konsequent.22 Die Öffnung der Kirchen für den Islam Damit sind wir bei Beispielen für die Vermischung von Islam und Christentum angelangt. Kirchliche Veranstaltungen in Moscheen werden immer beliebter. So tagte der monatliche Pfarrkonvent des Evangelischen Kirchenkreises Bonn zum Thema „Islam“ im September 1995 kurzerhand in der Bilal-Moschee in Aachen. „Wir können sicher auch an einem Gebet teilhaben ...“, hieß es im Einladungsschreiben des Superintendenten. Die „Beratungsstelle für Islamfragen der Evangelischen Kirche in Rheinland und Westfalen“ führte am 14.10.1995 zusammen mit dem Zentralrat der Muslime in Deutschland einen Christlich-Islamischen Studientag beim Verband der Islamischen Kulturzentren in Köln durch. Typisch: Im Dialogprogramm findet zwar um 12.30 Uhr ein „Islamisches Mittagsgebet“ statt, ein christliches Gebet sucht man im Programm jedoch vergeblich. Es wäre auch erstaunlich, wenn die Muslime Christen in ihren Räumen zu Jesus Christus beten lassen würden. Typisch auch das Seminar „Kirchenkunde für Muslime“, da es „von muslimischer Seite aus das Bedürfnis“ gebe, „mehr über die Struktur der Evangelischen Kirche zu erfahren“. Ware es von christlicher Seite aus nicht wichtiger, das Evangelium von Jesus Christus darzustellen, als die doch recht wechselhafte Struktur einer evangelischen Kirche? Synkretismus auf höchster Ebene Diese wenigen Beispiele ließen sich beliebig vermehren. Sie finden nicht am Rande der christlichen Kirchen statt, sondern auch auf hoher und höchster Ebene. Unvergessen sind der „Weltfriedensgebetstag“ des Papstes zusammen mit Vertretern von Weltreligionen und animistischen Gruppen im italienischen Assisi am 26.10.1986 (der seither jährlich wiederholt wird), die Geisterbeschwörung durch die koreanische Theologin Hyun-Kyung Chung auf der Ökumenischen Vollversammlung des ÖRK im australischen Canberra im Jahre 199123 oder die Berufung zweier radikaler Feministinnen, die die Verehrung heidnischer Muttergottheiten fördern und praktizieren, in die Leitung des Frauen-Studien und Bildungszentrums in Gelnhausen durch den Rat der EKD im Jahre 1994. Wie ist das zu erklären ? Der zunehmende Trend liberaler Kirchen in Deutschland, andere Religionen zu studieren, sich mit anderen Religionen zusammenzutun, ja, deren Angebote in die Angebote der Kirchen zu übernehmen, kommt nicht von ungefähr. Je weniger die Bibel in einer Kirche gilt, desto offener wird sie für andere „Offenbarungen“. Ob es nun Islam, Hinduismus oder der buddhistische Dalai Lama, ob Göttinnen, Feminismus oder germanische Runen, ob östliche Meditation oder okkulte Charaktereinteilungen, ob Philosophien jedweder Spielrichtung oder naturwissenschaftlich verbrämte Weltanschauungen: Sie alle scheinen für viele Kirchenvertreter interessanter zu sein, als die schriftliche Offenbarung des Gottes Abrahams, Isaaks und Jakobs. Dieselben Kirchen, die bibeltreue Pfarrer hinausdrängen, laden Muslime zum Beten und Predigen ein. Es steckt immer dasselbe Prinzip dahinter: Kritik an der Bibel = Kritiklosigkeit gegenüber widergöttlicheni Denken. Dieselben Theologen und Kirchenführer, die sich in der Kritik an der Bibel überbieten, können angesichts anderer Religionen im Namen der Toleranz jede Kritik verbieten und vor Ehrfurcht erstarren. Das ganze Elend der Menschheit begann mit der Frage: „Hat Gott wirklich gesagt?“ (1. Mose 3,1) oder wie es Luther unübertroffen wiedergibt: „Sollte Gott gesagt haben?“. Als die Schlange diese Frage stellte, folgte sie mehreren Prinzipien, die der Teufel heute noch anwendet und anwenden muß, wenn er den Glauben an Gott zerstören will. Das erste Prinzip lautet: Wenn man den Glauben an und das Vertrauen in den ewigen Schöpfer und Gott zerstören will, muß man den Glauben an und das Vertrauen in das Wort des Schöpfers zerstören. Dies ist besonders für Deutschland von großer Bedeutung, da seine Theologen das Vertrauen von Millionen Menschen in die Bibel durch historisch-kritische Methoden zerstört haben und da es in Deutschland immer noch viele Evangelikale gibt, die meinen, sie könnten den christlichen Glauben und die christliche Ethik in Deutschland wieder aufbauen und Erweckung erleben, ohne die in unserer Kultur scheinbar allgegenwärtige Bibelkritik bekämpfen zu müssen. Das zweite Prinzip führt uns von der Bibelkritik direkt zur Verehrung anderer Mächte und Götter neben Gott: Man kann den Glauben an und das Vertrauen in Gott nur zerstören, wenn man einen Glauben an etwas anderes als Ersatz anbietet. Entsprechend unserer modernen, ,neutralen1 Denker hätte Eva zur Schlange sagen können: „Es könnte tatsächlich sein, daß Gott nicht vertrauenswürdig ist und uns nicht die Wahrheit gesagt hat. Aber was ist mit dir? Wenn ich Gottes Wort kritisch hinterfrage, mußt du mir gestatten, dich ebenso kritisch zu hinterfragen. Ich glaube im Moment einfach erst einmal niemandem, sondern warte ab!“ Dies geschah nicht nur nicht, sondern hätte auch nie geschehen können. Denn Eva konnte ihren Glauben an Gott nur fahren lassen, weil sie stattdessen dem Teufel glaubte. Sie konnte Gottes Wort nur deswegen für Lüge halten, weil sie etwas anderes, nämlich die Worte des Teufels, für Wahrheit hielt. Es gibt „keine Neutralität“24, weder für kritische Untersuchungen, noch für ethische Entscheidungen. Eva konnte sich eben nicht erst einmal beide Parteien in Ruhe anhören und dann abwarten. Sie mußte weiterleben, mußte handeln, mußte sich entscheiden. Sie konnte nicht beiden glauben und nicht beiden gehorsam sein. Jesus unterstreicht das in der Bergpredigt sehr deutlich: „Niemand kann zwei Herren dienen, denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird einem anhangen und den anderen verachten“ (Mt. 6,24). Er bezieht dies dort auf Gott und den,.Mammon“ (Mt. 6,24), also auf eine Religion des Geldes ohne eigentliche Gottheit. Nur durch eine bedingungslose Abkehr von jeder liberalen wie von der „frommen “ Bibelkritik und durch eine Hinkehr zu dem Gott, der sich unfehlbar in seiner Heiligen Schrift offenbart, können die Kirchen, ja kann das ganze christliche Abendland vor dem Untergang bewahrt werden. Deswegen ist auch die ständige Mahnung, Gottes Wort ernst zu nehmen und der Kampf gegen die Bibelkritik kein Kampf gegen die Gemeinde Jesu, sondern ein Kampf für ihre wahre Zukunft. Katholischer Synkretismus und Synergismus Die römisch-katholische Kirche war seit jeher für Synkretismus anfällig. Die Einbeziehung der griechischen Philosophie ist für viele Sichtweisen der katholischen Kirche seit Jahrhunderten die einzige Erklärung, weswegen Luther nicht zufällig neben Bannbulle und Kirchenrecht auch den griechi- sehen Philosophen Aristoteles ins Feuer warf. Die antike Volksfrömmigkeit25 beeinflußte die katholische Kirche. Bis heute hat sich die katholische Kirche vielerorts mit animistischen Kulten vor Ort verquickt, wie namentlich der lateinamerikanische Katholizismus zeigt. Der Glaube an einen „Stellvertreter Christi“26, an Maria als „Miterlöserin“27, die Verehrung der Heiligen28 und die Anbetung der Abendmahlselemente29 sind alle nichts anderes als Synkretismus - hier die Verehrung von Menschen neben dem dreieinigen Gott. Dieser Synkretismus ging seit jeher mit dem Synergismus (von „syn“ = mit und „ergo“ = wirken, tun) einher, womit man die Mitwirkung des Menschen an seinem Heil bezeichnet. Der neue Weltkatechismus der katholischen Kirche erklärt allen anderslautenden Gerüchten zum Trotz unmißverständlich, daß der Mensch weiterhin an seinem Heil mitwirkt30. Dies ist ebenso eine tödliche Bedrohung des „Allein Jesus Christus“, wie die Verehrung anderer Götter neben Jesus. Da wir aber nicht die Möglichkeit haben, dieses Thema hier im Detail zu verfolgen, wollen wir uns stellvertretend mit dem Thema des Ablasses beschäftigen, das die protestantische Reformation auslöste. Ist die Ablaßfrage noch aktuell? Die Reformation begann damit, daß Martin Luther in seinen 95 Thesen von 1517 den Ablaß hinterfragte'1. Luther schrieb zum Ablaß: „Wir wissen von keinem andern Ablaß, denn den uns Unwürdigen der Sohn Gottes erworben hat und denselben reichlich ausgetheilt, aus Gnaden umsonst ...“32; „Wer sich auf den Ablaß vertröstet und verläßt und so gestorben ist oder gelebt hat, der hat damit den Heiland Jesus Christus fahren lassen müssen, hat (ihn) verleugnen, vergessen und gar keinen Trost an ihm haben können. Denn wer auf etwas anderes seinen Trost setzt als auf Jesus Christus, der kann keinen Trost an Christus haben“33. Ähnlich schrieb Johannes Calvin: „Aber all diese Ablässe sind ... tatsächlich eine Entweihung des Blutes Christi. Denn wie könnte man Christi Blut schändlicher entweihen als durch die Behauptung, es sei zur Vergebung der Sünden, zur Versöhnung, zur Genugtuung nicht vollgenügend 7“34 Der Streit um den Ablaß führt in das Herz des Unterschiedes zwischen evangelischem und katholischem Glauben. Daß damals wie heute für den Ablaß noch zusätzlich Geld genommen wurde und wird, ist dabei allerdings nicht das entscheidende Problem, sondern nur eine - wenn vielleicht auch typische - Folgeerscheinung35. Was ist „Ablaß“? Das neue katholische Kirchenrecht von 1983, das der gegenwärtige Papst verabschiedet hat36, definiert den Ablaß sehr treffend: „Ablaß ist der Nachlaß zeitlicher Strafe vor Gott für Sünden, deren Schuld schon getilgt ist; ihn erlangt der entsprechend disponierte Gläubige ... durch die Hilfe der Kirche, die im Dienst an der Erlösung den Schatz der Sühneleistungen Christi und der Heiligen autoritativ verwaltet und zuwendet.“37 Nach der katholischen Lehre wird die ewige Schuld (einschließlich der ewigen Strafe) durch die Beichte und die folgende Absolution vergeben. Die zeitliche Strafe jedoch bleibt trotzdem erhalten. Sie kann bei kleineren Vergehen durch Rosenkranzgebete und Ave Maria usw. abgeleistet werden, an sich wird sie jedoch im Fegefeuer gebüßt. Diese Strafzeit im Fegefeuer wird durch den Ablaß verkürzt oder ganz gestrichen. Dazu verwendet die Kirche den erwähnten Schatz der Sühneleistungen Christi, der alle überschüssigen guten Werke der Heiligen enthält, die die Kirche beziehungsweise der Papst verwaltet und den Konten der Bittsteller gutschreiben kann. Vor diesem Hintergrund versteht man die genaue Formulierung des Zitates: „Ablaß ist der Nachlaß zeitlicher Strafe vor Gott für Sünden, deren Schuld schon getilgt ist“. Mit dieser kurzen Aussage von 1983 offenbart sich das Kernproblem der katholischen Theologie, das bis heute unverändert besteht. Sie schmälert den Kreuzestod Christi, der für sie demnach ja nur für die ewige Schuld, nicht aber für die zeitliche Strafe gilt. Die zeitliche Strafe muß abgearbeitet werden, auch wenn die ewige Schuld schon vergeben ist. Das gilt ja auch dann, wenn man sich die guten Werke der Heiligen zuschreiben läßt. Dann arbeitet eben ein anderer - jedoch nicht Christus - die zeitliche Strafe ab. Beichte, Ablaß, Fegefeuer und unblutige Wiederholung des Opfers Jesu in der Messe offenbaren, daß der Katholizismus gerade dort die biblische Sicht ersetzt hat, wo er es am allerwenigsten hätte tun dürfen: bei der Frage, welche Bedeutung der Tod Jesu am Kreuz hat. Schon das Alte Testament lehrt dagegen, daß der Messias als „Friedefürst“, der zugleich „Vater der Ewigkeit“ und „starker Gott“ (Jes. 9,5) ist, nicht nur die Schuld (Jes. 53,6) getilgt hat, sondern auch an unserer Stelle für die Sünden bestraft wurde (Jes. 53,4) und die Strafe auf ihm lag (Jes. 53,5), damit wir Frieden mit Gott haben können: „Die Strafe lag auf ihm zu unserem Frieden ..." (Jes. 53,5).38 Das Mitwirken des Menschen am Heil ist aber längst nicht mehr nur in Lehre und Praxis der katholischen Kirche zu finden. Im liberalen wie im frommen Gewand breitet sich die Sicht aus, daß der unabhängige und freie Mensch sich auf das Heil hin zubewegen oder es durch christliche oder nichtchristliche Leistungen erarbeiten kann. Die biblische Sicht, daß unser Heil allein in der gnädigen Erwählung des lebendigen Gottes begründet liegt, die dann natürlich in unserer aktiven Umkehr zum Ausdruck kommt, ist zu einer Minderheitenposition geworden. Erasmus von Rotterdam hat mit seiner Sicht vom freien Willen längst gegenüber Luther auch in den lutherischen und überhaupt in fast allen protestantischen Kirchen triumphiert, wie der Lutheraner Wilhelm Maurer treffend feststellt: Man muß „zugeben, daß die Konfession, die sich auf Luthers Namen berief, jenen Angriff nicht zum letzten sieghaften Ende durchgefochten hat, sondern daß auch in ihrem Bereiche Erasmus schließlich triumphierte“39. Luthers Schrift „Vom unfreien Willen1140 gilt den meisten Protestanten heute als peinliche Entgleisung. Luther selbst hielt seine Schrift „Vom unfreien Willen“ („De servo arbitrio“) degegen neben seinem Katechismus für seine wichtigste Schrift41. Wie überwinden wir Synkretismus und Synergismus? Wie überwinden wir nun aber den zunehmenden Synkretismus und Synergismus in Kirche und Gesellschaft? Ich möchte 12 Punkte nennen und jeweils mit einem Bibeltext unterstreichen. 1) Wir werden uns bewußt, daß die Verehrung fremder Götter im christlichen Gewand Gott angreift und herausfordert und es zunächst allein seine Sache ist, seine Ehre wiederherzustellen. „Du sollst dir kein Götterbild machen, auch keinerlei Abbild von dem, was oben im Himmel oder was unten auf der Erde oder was im Wasser unter der Erde ist. Du sollst [oder: du wirst] dich vor ihnen nicht niederwerfen und ihnen nicht dienen. Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott, der die Schuld der Väter heimsucht an den Kindern, bis in die dritte und vierte [Generation] an denen, die mich hassen, der aber Gnade erweist an Tausenden [von Generationen] an denen, die mich lieben und meine Gebote halten“ (2. Mose 20,4-6 = 5. Mose 5,8-10). 2) Wir werden uns bewußt, daß wir als Christen nichts zum Guten wenden können, wenn Gott nicht in seiner Gnade eingreift. Joh. 15,5: Jesus: „Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun.“ 3) Dies Wissen will uns in der Heiligen Schrift aber nicht zur Passivität und Gleichgültigkeit fuhren, sondern zur Aktivität in demütiger Abhängigkeit von unserem Herrn Jesus Christus. Wie können solche aktiven Schritte nun aussehen? 4) Wir selbst glauben einzig und allein an den Schöpfer Himmels und der Erden, den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs und den Vater Jesu Christi und vertrauen darauf, daß das ewige Heil allein in der von Jesus Christus am Kreuz von Golgatha erwirkten Versöhnung und Vergebung liegt. Apg. 4,12: „Und in keinem andern ist das Heil, auch ist kein andrer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, durch den wir sollen selig werden.“ Joh. 14,6:, Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ 5) Wir fragen uns selbst, ob wir ganz und ausschließlich dem lebendigen Gott dienen und tun Buße über jeden noch so unauffälligen Synkretismus. Jede Reformation im Alten Testament ebenso wie in der Kirchengeschichte war zuerst eine Bußbewegung, in der Menschen zum sola scriptura (allein die Schrift) und zum sola gratia und sola fiide (allein durch die Gnade Gottes und den Glauben an Jesus Christus) zurückfanden. Gal. 4,8-9: „Aber damals, als ihr Gott noch nicht kanntet, habt ihr denen gedient, die von Natur aus keine Götter sind. Aber jetzt habt ihr Gott erkannt, vielmehr seid ihr von Gott erkannt worden. Wie könnt ihr euch da wieder zu den schwachen und armseligen Elementen zurückwenden, denen ihr erneut dienen wollt?“ 6) Wir studieren die Heilige Schrift gründlich und andauernd, insbesondere mit Hinblick auf die Warnung vor Götzendienst und dem Infragestellen der Ausschließlichkeit der Gnade. Ps. 119,4-7: „Du hast deine Vorschriften geboten, daß man sic eifrig beobachte. Oh, daß doch meine Wege beständig wären, um deine Ordnungen zu halten! Dann werde ich nicht beschämt werden, wenn ich beachte alle deine Gebote. Ich will dich preisen mit aufrichtigem Herzen, wenn ich gelernt habe die Bestimmungen deiner Gerechtigkeit.“ 7) Wir verkündigen das Evangelium von dem einen wahren Gott und der allein in Jesus Christus zu findenden Erlösung eindeutig und kompromißlos. Ps. 96,2-5: „Singet dem HErm und lobet seinen Namen, verkündet von Tag zu Tag sein Heil! Erzählet unter den Heiden von seiner Herrlichkeit, unter allen Völkern von seinen Wundem! Denn der HErr ist groß und hoch zu loben, mehr zu fürchten als alle Götter. Denn alle Götter der Völker sind Götzen; aber der HErr hat den Himmel gemacht.“ 8) Wir informieren uns über die tatsächlichen Zustände und warnen wie die Propheten und die Apostel vor Götzendienst und Synkretismus. Dabei machen wir nochmals deutlich, daß es bei der Frage des Götzendienstes nicht darum geht, ob wir recht behalten oder unsere Sichtweise zum Tragen kommt, sondern darum, daß Jahwe, der Schöpfer der Welt, ein eifersüchtiger Gott ist und sein Volk nur zu seinem eigenen Schaden Synkretismus betreiben kann. 1. Kor. 10,22: „Ihr könnt nicht zugleich am Tisch des Herrn teilhaben und am Tisch der bösen Geister. Oder wollen wir den Herrn herausfordem? Sind wir stärker als er?“ 9) Wir verweigern die Teilnahme an jeder Form des Synkretismus und versagen Trägem synkretistischer Veranstaltungen und Aktivitäten jede Unterstützung. Es ist erschütternd zu sehen, wieviele synkretistische Aktivitäten in den Kirchen nach wie vor auch von gläubigen Kräften wenigstens anteilig mitfinanziert und geduldet werden. 2. Kor. 6,14-16+18: „Zieht nicht am fremden Joch mit den Ungläubigen. Denn was hat die Gerechtigkeit zu schaffen mit der Ungerechtigkeit? Was hat das Licht für Gemeinschaft mit der Finsternis? Wie stimmt Christus überein mit Beliar? Oder was für ein Teil hat der Gläubige mit dem Ungläubigen? Was hat der Tempel Gottes gemein mit den Götzen?... Darum ,geht aus von ihnen und sondert euch ab\ spricht der Herr“. 10) Wir sorgen dafür, daß jeder Christ Zugang zu wahren Got-tesdienstfeiem ohne synkretistische Beimengung hat, gegebenenfalls, indem wir synkretistischen Gottesdiensten eigene entgegenstellen. Synkretismus kann man nicht mit Worten und Protesten allein bekämpfen. Reformation hieß immer schon nicht nur Protest, sondern auch aktive Wiederherstellung des wahren Gottesdienstes, der allein auf Vater, Sohn und Heiligen Geist ausgerichtet ist. 1. Joh. 4,1: „Geliebte, glaubt nicht jedem Geist, sondern prüft die Geister, ob sie aus Gott sind; denn viele falsche Propheten sind in die Welt ausgegangen.“ 11) Wir sorgen dafür, daß die apostolische Kirchenzucht wieder eingeführt und insbesondere gegenüber dem Eindringen anderer Religionen in die Kirche angewandt wird. In den neu-testamentlichen Briefen ist die apostolische Kirchenzucht vor allem auch gegen das Eindringen fremder Religionen in die Gemeinde angewandt worden, wie etwa der 1. Korintherbrief, der Galater-, der Kolosser- und der Judasbrief zeigen. 1. Kor. 5,11: „Nun aber habe ich euch geschrieben, keinen Umgang zu haben, wenn jemand, der Bruder genannt wird, ein Unzüchtiger ist oder ein Habsüchtiger oder ein Götzendiener oder ein Lästerer...“ 12) Wir sorgen dafür, daß die apostolische Kirchenzucht gegenüber vollzeitlichen Dienern Christi wieder eingeführt wird, wie sie die Apostel ebenso wie ihre Nachfolger Timotheus und Titus ausgeübt haben. Pastoren brauchen Seelsorger über sich, die ihren Dienst für Gott unterstützen, sie warnen, aber gegebenenfalls auch - und dies vor allem wegen Synkretismus - aus dem Amt entfernen können. 1. Tim. 5,17+19-20: „Die Ältesten, die gut vorstehen, laß doppelter Ehre würdig geachtet werden, besonders die in Wort und Lehre arbeiten. Gegen einen Ältesten nimm keine Klage an, außer bei zwei oder drei Zeugen. Die da sündigen, weise vor allen zurecht, damit auch die übrigen Furcht haben.“ Jer. 2,8-9: „Die Priester fragten nicht: Wo ist der HErr? und die Hüter des Gesetzes achteten meiner nicht, und die Hirten des Volks wurden mir untreu, und die Propheten weissagten im Namen des Baal und hingen den Götzen an, die nicht helfen können. Darum muß ich noch weiter mit euch und mit euren Kindeskindem rechten, spricht der Herr.“ (Anmerkungen am Ende des Buches). Allein die Heilige Schrift Das Monopol der Bibelkritik überwinden Wie entstand die Bibelkritik? Dr. theol. Eta Unnemann, Leer (D), emeritierte Professorin für Neues Testament. „In Christus sind alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen... Seht zu, daß niemand euch einfange durch die Philosophie und leeren Betrug nach der Überlieferung der Menschen, nach den Elementen der Welt und nicht christusgemäß. “ Kol. 2,3-4+8. Die Bibelkritik entstand, weil man gegen diese Mahnung aus Gottes Wort die menschliche Philosophie zum Fundament der Theologie gemacht hat. Gottes Wort durfte nur noch die Fassade schmücken. Die Philosophen wurden als Lehrer in der Christenheit respektiert. Was sie lehrten, übernahmen die Theologen wie Gottes Offenbarung. Sobald eine neue Philosophie aufkam, hieß es: So denkt der moderne Mensch. Aber in Wirklichkeit dachte so nicht „der moderne Mensch“, sondern jeweils nur ein einzelner, der im günstigsten Fall einige Anhänger um sich scharen konnte. Breitenwirksam wurden diese Ideen erst dadurch, daß sie von Theologen übernommen wurden, als seien sie Gottes Offenbarung. Wir müssen hier zunächst die Philosophie des Humanismus erwähnen. Einige wesentliche Grundgedanken unseres Jahrhunderts gehen auf sie zurück: Nach christlicher Überzeugung ist die Wahrheit darin begründet, daß der Allmächtige sie in Seinem Wort und in Seinem Sohn offenbart hat. Nach humanistischer Denkweise gibt es jedoch nur menschliche Wahrheit. Alles, was den Anspruch auf Wahrheit erhebt, kann als Strahl dieser menschlichen Wahrheit anerkannt werden. Wenn z.B. heute Theologen auf die abwegige Idee kommen, zusammen mit Buddhisten und Muslimen zu beten, dann beruht das auf einem humanistischen Denkansatz. Wenn Theologen mehr Offenheit für homosexuelle Praktiken von uns verlangen, geht das auf denselben Ansatz zurück, für den Gottes Wort keine verbindliche Autorität besitzt. Für den Humanismus ist der Mensch das Maß aller Dinge. Er steht im Mittelpunkt der von ihm produzierten Kultur. Zu dieser wird auch die Religion gerechnet, und das Christentum gilt als ein Teil von ihr. Da aus dieser Sicht der christliche Glaube einschließlich der Heiligen Schrift ein Produkt des Menschen ist, hält sich der Mensch für berechtigt, Kritik daran zu üben. Die Bibelkritik wurde durch die Philosophie der Aufklärung etabliert. Eines ihrer Instrumente war die Definition. Angefangen mit Francis Bacon (1561-1626) wurde mit diesem Mittel willkürlich festgelegt, daß Gottes Wort - die Quelle der Wahrheit - außerhalb der Wahrheit stand und keinen Raum im Bereich des Denkens finden sollte. Rene Descartes (1596-1650) erhob den Zweifel zum Erkenntnisprinzip. Die historisch-kritische Theologie hat das übernommen und zur Grundlage der Bibelauslegung im Alten wie im Neuen Testament gemacht. Wenn man heutzutage meint, man müsse „alles hinterfragen“, dann hat man sich das Prinzip des Zweifels von Descartes zu eigen gemacht. Die Wunder-Kritik wurde begonnen von Thomas Hobbes (1588-1679) und David Hume (1711-1776), fortgesetzt von Baruch de Spinoza (1632-1677) und Kant. Es war Spinoza, der als erster die Behauptung aufstellte, die fünf Bücher Mose könnten nicht von Mose geschrieben sein, womit er Raum schaffte, um die Frage nach ihrem Ursprung neu zu beantworten. Spinoza behauptete gleichfalls, daß in den Büchern der Propheten in jedem Kapitel nur einige Verse auf diese zurückgehen, was noch heutzutage an den theologischen Fakultäten in ähnlicher Weise gelehrt wird. Auch der Anfang der Kritik an den Evangelien geht auf Spinoza zurück. An der Tatsache, daß wir nicht ein Evangelium haben, sondern vier, könne man klar erkennen, daß die Evangelien nicht inspiriert seien, behauptete er. Spinoza begriff nicht, daß es Gottes Prinzip ist, daß „auf zweier oder dreier Zeugen Mund“ die Wahrheit beruht (5. Mose 19,15; Mt. 18,16). Immanuel Kant (1724-1804) stellte dann grundsätzlich die Möglichkeit einer Erkennbarkeit Gottes in Frage. In der Absicht, Empirismus und Rationalismus zu vereinigen - die beiden philosophischen Ansätze, die in der Aufklärungsphilosophie abwechselnd die Vorherrschaft hatten - schweißte er sie zu einem System zusammen, das zu einem Käfig für das menschliche Denken wurde. Das Ergebnis von Kants Lehre ist in Goethes Faust auf den kürzesten Begriff gebracht: „Zum Jenseits ist der Ausblick uns verrammelt; ein Tor, wer dorthin seine Augen blinzelnd richtet.“ Seitdem heißt es, man könne über Gott nicht direkt reden. Mein Lehrer Bultmann sagte uns in einer Vorlesung, wir müßten doch respektieren, daß wir nach Kant leben, weshalb es uns nicht mehr erlaubt sei zu denken, wie es vor Kant noch möglich gewesen sei. Aber dem Herrn sei Dank - der Käfig von Kants Gedankengebilde vermag uns nur so lange gefangenzunehmen, wie wir selber bereit sind, es an die Stelle der Realität zu setzen. Wer ist denn Kant? Er ist doch nur ein Mensch! Wir sind nicht gezwungen, seine Gedanken mehr zu respektieren als Gottes Offenbarung. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Übernahmen aus der Philosophie durch die Theologie waren: 1. die Trennung von Glauben und Denken, 2. die Übernahme des Weltbildes der Aufldärungsphiloso-phie, des später so genannten „monistischen Weltbildes“. Anstatt am Weltbild der Bibel festzuhalten, das zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt unterscheidet (vgl. Kol. 1,16), entschied sich die historisch-kritische Theologie für das Weltbild des Monismus, das nur die eine, sichtbare Welt kennt und in dem Gott als handelndes und redendes Subjekt keinen Raum hat. Folglich bekam sie Schwierigkeiten mit der Bibel, in der Gott ständig als handelndes und redendes Subjekt zu Worte kommt. Deshalb münzte sie Gottes Selbstoffenbarung um zu menschlichen Aussagen über Gott und behalf sich, indem sie wesentliche Aussagen der Bibel als,.mythologisch“ deklarierte. Die Übernahme des Weltbildes der Philosophie führte folgerichtig zu Bultmanns Entmythologisierung und zur Verleugnung der Gottessohnschaft Jesu. Auf die Frage: Wer ist Gott?, vermag eine derartige Theologie keine Antwort mehr zu geben. Aber niemand hat die Theologie gezwungen, das monistische Weltbild zu übernehmen. Wie arbeitet die Bibelkritik? Ein Beispiel aus der Arbeit am Alten Testament Nachdem Spinoza die Verfasserschaft Moses für den Pentateuch (1.-5. Mose) in Frage gestellt hatte, war die Bahn frei für allerlei Unterstellungen. Jean Astruc, der Leibarzt Ludwigs XV., begann das Hypothesen-Spiel. Er meinte, zwei Quellen entdeckt zu haben, die er nach dem Gebrauch des Gottesnamens unterschied und als „Jahwisten“ und „Elohisten“ bezeichnete. Die Quellenscheidung ging nicht reinlich auf, sondern verlangte viele Konjekturen (Verbesserungsversuche). Dennoch setzte man dieses Hypothesen-Spiel fort und erfand zusätzlich den JDeuteronomisten“ und die,.Priesterschrift“ (P). Diese Vierquellenhypothese ist bis heute in Geltung, obwohl sie keine objektive Grundlage besitzt. Die zeitliche Einordnung der erfundenen Quelle P führte schließlich dazu, daß die ganze Geschichte Israels auf den Kopf gestellt wurde: 1835 hatte ein Theologie-Professor namens Eduard Reuß (1804-1891) eine Intuition, die er seinen Studenten im Tatsachenstil einprägsam mitteilte: Die Propheten seien älter als das Gesetz, und die Psalmen seien jünger als beide. Sein Schüler Gra/übernahm diese Intuition als Grundlage seiner Lebensarbeit, als wäre sie ein historisches Faktum. Keiner von beiden stellte sie zur Diskussion und setzte sie einer Prüfung aus. Das Risiko für ihre Karriere war ihnen zu hoch; denn es war ihnen bewußt, daß sie die Geschichte Israels auf den Kopf gestellt hatten und damit in Widerspruch zu Bibel und Bekenntnis standen. Der berühmte Theologe Julius Wellhausen (1844-1918) machte schließlich die ungeprüfte Intuition zur Grundlage für sein Hauptwerk „Die Geschichte Israels“. Diese wurde die Grundlage für Gerhard von Rads bis heute anerkannte Sicht. Durch diese Intuition wird Gottes Wort zum Lügner gemacht, denn danach darf David ebensowenig seine Psalmen geschrieben haben wie Mose die fünf nach ihm benannten Bücher. Und der Schöpfungsbericht wird zu einer priesterlichen Erfindung aus der Zeit des Babylonischen Exils. Zwei Beispiele aus der Arbeit am Neuen Testament: a) Das „synoptische Problem“ Das „synoptische Problem“ wurde zweimal erfunden: Zum ersten Mal im zweiten Jahrhundert von Celsus, einem der ältesten Gegner der Christenheit, zum zweiten Mal - abgesehen von einem Zwischenspiel bei Augustin - 1778 von dem Philosophen und Dichter Gotthold E. Lessing, der nahezu die gleiche Hypothese wie Celsus vertrat. Als diese posthum 1784 ver- öffentlicht wurde, folgten die Theologen Lessings Spuren mit wechselnden Hypothesen, übereinstimmend nur in der Behauptung einer Form von literarischer Abhängigkeit zwischen den drei synoptischen Evangelien. 1838 tauchte bei Christian H. Weiße zum ersten Mal die Zweiquellenhypothese auf. Weiße kehrte nicht nur zur Idee der Markus-Priorität zurück, er untermauerte sie noch, indem er die Autorität des berühmten Altphilologen Karl Lachmann in Anspruch nahm und behauptete, Lachmann habe den Beweis erbracht, daß Markus die Quelle von Mt und Lk gewesen sei. Was Lachmann geschrieben hatte, war jedoch das eindeutige Gegenteil: Er hatte festgestellt, daß Mt und Lk kein Exemplar des Markus-Evangeliums als Vorlage gehabt haben. Weiße hat also gelogen, und auf diese Lüge stützt bis heute die historischkritische Theologie ihre Zweiquellenhypothese. Obwohl sich 1977 H. H. Stoldt (Geschichte und Kritik der Markus-Hypothese, Brunnen-Verlag, Gießen/Basel 1977, 2. Auflage 1986) derer angenommen hat, die das lateinisch verfaßte Buch von Lachmann nicht lesen mögen, und den betreffenden Absatz in Latein wie in Übersetzung vorgelegt hat und es seitdem jeder besser wissen könnte, wird die Lachmann-Lüge noch in den neuesten Einleitungsbüchem verbreitet. Zeugt das für wissenschaftliche Arbeitsweise? Die zweite Grundlage der Zweiquellenhypothese ist ein her-meneutischer Irrtum, der auf Friedrich Schleiermacher (1768-1834) zurückgeht. Dieser zog aus der Aussage des Papias: „Matthäus stellte die Logien in (einem) hebräischen Dialekte zusammen“, den Fehlschluß, auf Matthäus gehe lediglich eine Sammlung von Reden Jesu zurück, die zur Quelle (Q) des später nach ihm benannten Evangeliums wurde. Er beachtete den Kontext nicht, aus dem klar hervorgeht, daß die Logien - wie zuvor in Bezug auf Markus - auch in Bezug auf Matthäus pars pro toto (als Teil) für das ganze Evangelium gemeint sind. Diesen hermeneutischen Irrtum hat Weiße nicht nur für das Matthäus-Evangelium, sondern auch für das Lukas-Evangelium übernommen, obwohl Schleiermacher ausdrücklich bestritt, daß Q die Quelle von Lukas gewesen sei. Es kam ihm gar nicht darauf an, Schleiermachers Autorität zu mißbrauchen. Die weltweit verbreitete Zweiquellenhypothese, die nicht nur jeder Theologiestudent, sondern sogar unsere Kinder in der Schule im 7. oder 8. Schuljahr lernen müssen, beruht also auf einem Irrtum und einer Lüge. So wissenschaftlich ist die „wissenschaftliche Theologie“. Gibt es Indizien für die literarische Abhängigkeit zwischen den Evangelien? Nein. Denn beispielsweise liegt die Zahl der identischen Worte nur bei etwa 22%. Auf 100 Mk-Worte kommen rd. 100 Unterschiede bei Mt und bei Lk. Bei solchen Verhältnissen dürfte kein Lehrer einem Schüler unterstellen, er habe abgeschrieben. (Weiteres in E. Linnemann, Gibt es ein synoptisches Problem? Hänssler-Verlag, Neuhausen-Stuttgart 1992, 2. Aufl. 1995). Die historisch-kritische Theologie hat drei wichtige Disziplinen: die Literarkritik, die Formgeschichte und die Redaktionsgeschichte. Da es keine Indizien für die literarische Abhängigkeit zwischen den Evangelien gibt, ist die Literarkritik (deren Hauptproblem das „synoptische“ ist) erledigt. Ihre „Geschichte der synoptischen Tradition“, aus der die Gesetzmäßigkeiten der Formgeschichte abgeleitet werden, beruht auf der zeitlichen Einordnung der Evangelien, die keine andere Grundlage hat als die Zweiquellenhypothese. Wenn es diese Abhängigkeit nicht gibt, ist auch die Formgeschichte erledigt. Gibt es keine literarische Abhängigkeit zwischen den Evangelien, dann können die Unterschiede zwischen ihnen nicht als bewußte Änderungen gedeutet werden und lassen sich deshalb nicht auf eine theologische Konzeption ihrer Verfasser zurückführen. Damit ist auch die Redaktionsgeschichte erledigt. b) Unechterklärungen Zehn von den 27 neutestamentlichen Schriften werden von der historisch-kritischen Theologie für unecht erklärt. Man nennt sie „Pseudepigraphen“, d.h. man erklärt es zur Lüge, wenn sie den angegebenen Verfasser beanspruchen. Eines der Argumente, die gegen die Echtheit mehrerer Briefe angeführt wird, ist die Menge der „hapax-legomena“, d.h. der Wörter, die im Neuen Testament nur einmal (hapax) genannt (legomena) sind. Diese Wörter werden aber nur bei z.B. drei verdächtigten Schriften gezählt, nicht einmal bei allen, die man für unecht hält, und schon gar nicht bei jenen, die nie unter Verdacht geraten sind. Das ist kein wissenschaftliches Verfahren! Zählt man diese Einmal-Wörter für alle neutestamentlichen Schriften und berechnet man ihren Prozentsatz von deren Vokabular, dann kommt man zu einem Ergebnis, das keine der Unechterklärungen stützt: Die zu den Pseudepigraphen gerechneten Briefe 2. Thessalonicher, Judas, Epheser, Kolosser, 1. Petrus und Jakobus, ja selbst der Titusbrief wären danach echter als der Römerbrief, dessen Echtheit niemals bezweifelt wurde. Das Argument, mit dem die Echtheit von neutestamentlichen Schriften in Frage gestellt werden soll, hält einer Nachprüfung nicht stand. Dasselbe gilt von den Listen theologischer Begriffe, deren Fehlen oder Vorhandensein gegen die Echtheit sprechen soll, für die Listen von Vorzugswörtem oder Stileigentümlichkeiten, für eine Vielzahl von geschichtlichen Zuordnungen und theologischen Einordnungen, die gegen die Echtheit der zehn neutestamentlichen Schriften voigebracht werden. Sie werden zwar im Brustton der Überzeugung als Tatsachen vorgetragen; sobald man sie aber einer Nachprüfung unterzieht, erweisen sie sich als unhaltbar. Inzwischen habe ich jedes Einzelargument überprüft, mit dem Udo Schnelle in seiner „Einleitung in das Neue Testament“ (UTB 1830, Göttingen 1994) die zehn neutestamentlichen Schriften zu Pseudepigraphien erklärt. Die Einzelprüfung hat ergeben, daß keines, wirklich keines dieser über hundert Argumente der Nachprüfung standhält und einen zureichenden Grund für die Unechterklärung einer dieser Schriften hergibt. Wir sollten uns - um Jesu willen, um unseres Glaubens willen - nicht von Gottes inspiriertem Wort wegtreiben lassen. Der Anspruch der Bibelkritik, Wissenschaft zu sein, besteht nicht zu Recht. Wir haben keinen Grund, uns diesem Anspruch zu beugen. Aber selbst wenn die Bibelkritik rechtmäßig als Wissenschaft gelten dürfte, wäre sie lediglich ein menschliches Unterfangen, das der Offenbarung Gottes zu weichen hat. Für jeden, der das begriffen hat, ist die Bibelkritik samt ihrem Monopol-Anspruch überwunden. Wie kann das Monopol der ßibelkritik praktisch überwunden werden? Gottes Güte leite uns zur Buße, auch zur Buße im Denken! Die Bibelkritik ist nicht nur durch ein Unterscheiden im Sinne des griechischen „krinein“ gekennzeichnet, sondern sie ist eine Wissenschaft ohne Gott mit der autonomen Vernunft als Maßstab und mit Methoden, die von fachfremden atheistischen Voraussetzungen ausgehen. Damit aber sind atheistische Ergebnisse vorprogrammiert. Bibelkritiker meinen, wissenschaftlich objektiv zu sein und neutral über allem Für und Wider zu stehen. Gott aber ist kein Objekt, er ist nicht objektivierbar. Atheistische Voraussetzungen sind in Bezug auf Gott keineswegs neutral. Buße des Denkens bedeutet: Wir lassen uns von Gott und Seinem Wort kritisieren. Gott ändert unsere Kritikrichtung um 180 Grad: gegen unsere autonome Vernunft, gegen unser von Gott emanzipiertes Denken. OStR i.R. Gerhard K. Ulrichs, Hann. Münden (D), 1. Vorsitzender der Initiative für bibeltreue Hochschulen Beispiel Plausibilität Jesus Christus ist „leibhaftig auferstanden“, bezeugt die Bibel. Er ist „nicht leibhaftig auferstanden“, sagen viele historisch-kritische Theologen. Aussage steht gegen Aussage. Für wissenschaftsgläubige Mitmenschen ist plausibel (einsichtig), was „Wissenschaftler“ sagen. Für Christen, die der Bibel vertrauen, sind deren Berichte überzeugender. Für diese Christen ist es durchaus nicht plausibel, „den Allmächtigen, den Schöpfer Flimmels und der Erden“, als Urheber von Wundem auszuschließen. Von atheistischen Voraussetzungen auszugehen, widerspricht z.B. der Grundregel in 1 .Kor 2,13f„ wonach geistliches „geistlich beurteilt werden“ muß. Kommt ein Mensch zum lebendigen Glauben, wird die Bibelkritik in dem Maße überwindbar, wie seine Bekehrung auch die Bekehrung seines Denkens nach sich zieht. Der Glaubende hat erfahren, daß Gott in sein Leben eingreift. Damit ist der Atheismus der Voraussetzungen individuell durchbrochen. Nun ist es für ihn plausibler, grundsätzlich dafür offen zu sein, daß Gott in diese unsere Welt eingreifen kann. Für den, der sich zur Buße seines Denkens leiten läßt, verlieren die atheistischen Voraussetzungen der Bibelkritik ihre Plausibilität. Er kann von ihren Denkzwängen frei werden. Die Bibelkritik ist überwunden - durch Gott und Sein Wort. Sie ist im Denken des Gläubigen in dem Maße überwindbar, wie er sich von Gottes Güte zur Buße seines Denkens leiten läßt. Da die Bibelkritik biblisch überwunden ist, hat auch ihre landeskirchenamtliche Monopolisierung keine Berechtigung. Beispiel „Weltbild": Gott hat eine sichtbare, vergängliche Welt und Sein unsichtbares, ewiges Reich geschaffen - das ist das Weltverständnis der Bibel (Kol. 1,16; 2. Kor. 4,18). Der Allmächtige wirkt aus Seiner Wirklichkeit in unsere Welt hinein: „Wenn er spricht, so geschieht’s“ (Ps. 33,9). Wenn Bibelkritiker dieses Weltverständnis von vornherein leugnen, wenn sie Gottes Offenbaren und Inspirieren grundsätzlich bestreiten, sind sie meist dem Weltbild der klassischen Naturwissenschaften des 19. Jahrhunderts verhaftet. Dies aber ist seit Beginn unseres Jahrhunderts als veraltet erkannt und durch das „Naturbild“ der Quanten-Physik ersetzt worden. Die Behauptung von Wissenschaftlern des 19. Jahrhunderts, es gebe Gott nicht, ist als unbewiesene Grenzüberschreitung durchschaut. Zwar sind Christen nicht darauf angewiesen, daß ihnen Wissenschaftler den Glauben bestätigen. Doch können wir dankbar sein, daß sie heute die Freiheit zugestehen, unter biblischen Voraussetzungen zu denken und zu forschen. Die Bibelkritik ist überwunden, weil das Weltbild, an das sie gebunden ist, wissenschaftlich widerlegt ist. Mit dieser Überwindung der Bibelkritik ist auch ihr Monopol-Anspruch hinfällig. Beispiel „ Voraussetzungen Meist verschweigen Universitäts-Theologen ihr „Dogma“: die atheistischen Voraussetzungen ihrer Wissenschaft. Dadurch machen sie sich unangreifbar. Ihre Studenten aber werden dadurch unmündig gehalten und können sich nicht wehren. Weithin bleibt Studenten auch verborgen, daß Voraussetzungen so gewählt werden müssen, daß sie Ergebnisse nicht von vornherein unmöglich machen. Kein Biologe käme auf die Idee, „Bios“ (das Leben) zu bestreiten. Obwohl es schwierig ist, Leben zu definieren, wäre es doch widersinnig, zu leugnen, daß es „ßios“ gibt, also vorauszusetzen ist. Die deutschen Universitäts-Theologen jedoch weigern sich, „Theos“ (Gott) vorauszusetzen. Sie vermitteln Bibelkritik, ohne ihre atheistischen Voraussetzungen offenzulegen und wissenschaftlich verantworten zu können. Gottlose Voraussetzungen sind für Gott unangemessen, nicht gottgemäß] - Angemessenheit ist nicht erst ein Prüfstein der modernen Wissenschaften, sondern schon der Bibel (vgl. 1. Kor. 2,14). Die herrschende historisch-kritische Theologie ist, was ihre Voraussetzungen angeht, wissenschaftlich überwunden. Also ist sie auch in ihren Ergebnissen wissenschaftlich überwunden. Ihre Monopolisierung ist wissenschaftlich nicht zu rechtfertigen. Die historisch-kritische Theologie hat ihre atheistischen Voraussetzungen dogmatisiert, was als wissenschaftlich unangemessen erwiesen ist. Lassen wir uns und unsere Kinder nicht länger von solchen „Theologien“ prägen! Sorgen wir für bibeltreue Alternativen! Die Bibelkritik ist gemeindlich nicht zu rechtfertigen Theologie ist nicht Selbstzweck, sondern hat der Gemeinde Jesu zu dienen. Theologen, die durch bibelkritische Ausbildung selbst nicht glauben, können bei den ihnen Anvertrauten keinen Glauben wecken. Sie haben kein Recht, in die Gemeinde Jesu bzw. in den Religionsunterricht einzudringen. Trotzdem haben die Kirchenleitungen die gesamte Ausbildung der Herrschaft von Bibelkritikem unterworfen. So sind in Gemeinde nach Gemeinde Christen heimatlos geworden, in Religionsklasse nach Religionsklasse Schüler um das unverfälschte Evangelium betrogen worden ... Daß die Kirchenverfassungen Bibel und Bekenntnis noch verbindlich nennen, daß das Glaubensbekenntnis im Gottesdienst noch vorkommt, daß Pfarrer und Religionslehrer noch auf Bibel und Bekenntnis verpflichtet werden - all das ist längst belanglos. Wer versucht hat, von bibelkritischen Pfarrern, Lehrern oder Kirchenführem die Achtung vor Bibel und Bekenntnis einzufordem, weiß: Es ist aussichtslos! Paulus urteilt: „Wenn jemand den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben, denn der Tempel Gottes ist heilig; der seid ihr“ (1. Kor. 3,17). Es gibt in der Bibel keine Aufforderung, unter bibelkritischen Kanzeln und Kathedern auszuharren oder gar die Jugend den Bibelkritikem auszuliefem. Spr. 19,27 mahnt ausdrücklich: „Laß ab, mein Sohn, auf Unterweisung zu hören, die abirren macht von den Worten der Erkenntnis.“ Nicht fruchtlose Diskussionen, sondern Gehorsam ist gefordert. Die Bibelkritik hat Glauben zersetzt, Gemeinden zerstreut, Entchristlichung und Entsittlichung vorangetrieben. Sie ist -samt ihrem Monopol-Anspruch - von allen Christen kompromißlos zurückzuweisen. Wie können wir das Monopol praktisch überwinden? Das Monopol der Bibelkritik ist noch ungebrochen, weil nur eine Minderheit der Evangelikalen gründlich Buße im Denken getan hat. Die Mehrheit gehört zu einer „Grauzone“ zwischen Bibelkritik und Bibeltreue: Sie will der Bibelkritik nicht grundsätzlich mißtrauen oder gar absagen, sondern lieber in der sicheren gemäßigten Mitte stehen, statt an unbequemen Außenfronten zu kämpfen. Was ist dazu zu sagen? Die Mitte ist dort, wo unser Herr steht. Dort aber scheiden sich die Geister, d.h. genau um diese Mitte tobt der Kampf, dem die Mehrheit der Evangelikalen unbedingt ausweichen möchte. Der Mittelweg zwischen Bibel- treue und Bibelkritik, ist - biblisch beurteilt - der Ort der Unentschiedenheit, wo man auf beiden Seiten weiterhinken möchte (vgl. 1. Kön. 18,21). Diesen Mittelweg mag es in den Wünschen vieler Evangelikaler geben, biblisch und wissenschaftlich gibt es ihn nicht. Wir können nur entweder mit den unangemessenen atheistischen Voraussetzungen der Bibelkritik an Gott und Sein Wort herangehen oder mit biblischen. Einen dritten, neutralen Standort gibt es nicht. „Wer sich Gott nahen will, muß voraussetzen, daß es ihn gibt“, kann in Anlehnung an Hebr. 11,6 formuliert werden, d.h. atheistische Voraussetzungen bringen uns Gott nicht näher. Und genau dieser Entscheidung für „Gott allein“ weichen viele Evangelikale aus - deshalb gilt der Ruf zur Buße im Denken auch uns Evange-likalen. Das Monopol der Bibelkritik ist nur zu überwinden, wenn mehr Evangelikale als bisher a) der Bibelkritik kompromißlos absagen, b) sich geistliche Heimat in Gemeinden mit bibeltreuer Predigt und Seelsorge suchen, c) mehr bibeltreue Bekenntnisschulen (samt Lehrerbildung!) gründen, d) ein Netz bibeltreuen Religions- und Konfirmanden-Unterrichts knüpfen, e) das Studium an bibeltreuen Akademien bevorzugen. Allein aus Gnaden Feministisch-humanistische Selbsterlösungs-Ideologien und moralische Verwahrlosung in den Kirchen überwinden Das Thema stellt Weltanschauungen or. theoi. Jürgen-Burkhard wie den Feminismus der in der Heili- Dozent für christliche Ethik und gen Schrift bezeugten Botschaft, daß Reformierte Theologie. der in Gottfeindschaft lebende Mensch allein aus Gnaden gerechtfertigt wird, gegenüber. Mehr noch: Dieses Thema bringt zum Ausdruck, daß Selbsterlösungsideologien wie der Feminismus durch das Evangelium, also durch die Botschaft, daß der Mensch allein aus Gnaden gerechtfertigt wird, überwunden wird. Ist die Entgegensetzung zwischen humanistischen Selbsterlösungsideologien und der Botschaft, daß der Mensch allein aus Gnaden gerettet wird, richtig? Mit welchem Recht, so fragen wir, wird von einem Gegensatz zwischen dem Feminismus einerseits und der befreienden Botschaft des Evangeliums andererseits gesprochen? Wäre es nicht zutreffender zu sagen, daß der Feminismus auf Befreiung zielt, in diesem Fall auf die Befreiung der Frau? Geht nicht aus dem 8. Kapitel des Evangeliums nach Johannes hervor, daß der Christus gekommen ist, um zu befreien („Wen der Sohn freimacht...“)? Man kann auch an das Wort denken, das der Apostel Paulus an die Gemeinde in Galatien schreibt: „Ihr seid zur Freiheit berufen.“ Muß man aus diesen Aussagen nicht eine völlig andere Folgerung ziehen? Nämlich, daß der Feminismus geradezu eine Konsequenz der Botschaft der Heiligen Schrift ist? Beide wollen doch die Freiheit! Oder wie ist das? Oder will man mit der Formulierung dieses Themas sagen, es sei nicht richtig, daß man in unserer Zeit für die Beseitigung der Herrschaft des Menschen über den Menschen einsteht? Wenn man sich heute weigert, zu akzeptieren, daß Menschen unterdrückt und diskriminiert werden, dann wird doch niemand behaupten wollen, Drangsalierung sei mit dem Evangelium in Übereinstimmung zu bringen. Wenn man sich heute darüber empört, daß Frauen durch Männer unterdrückt werden, dann wird man eine derartige Weigerung doch nicht als falsch bezeichnen dürfen. Wie ist das zu sehen? Antwort: Dort, wo Menschen unterdrückt werden, wo sie diskriminiert werden, ist es richtig, sich für ihre Befreiung einzusetzen. Im Blick auf das Thema der Befreiung der Frau ist unbestritten, daß Frauen heute vielfach bedrängt, gequält und kaputt gemacht werden. Der Umstand, daß es heute in jeder größeren Kreisstadt, von Großstädten ganz zu schweigen, ein Frauenhaus gibt, spricht Bände. Nach vorsichtigen Schätzungen sind inzwischen eine halbe Million Frauen aus Osteuropa, Ostasien und der Karibik nach Westeuropa als Prostituierte eingeschleust worden, die ohne Paß, ohne Rechte in der schamlosesten und brutalsten Weise ausgebeutet werden. Dieses ist Sünde! Sich dafür einzusetzen, daß Frauen nicht schikaniert, tyrannisiert, mißhandelt, unterdrückt und ausgebeutet werden, ist im Licht des Wortes Gottes richtig und gut. Aber der Feminismus hat nur scheinbar etwas mit Frauenbefreiung zu tun. ln Wahrheit zielt der Feminismus nicht darauf, der Frau einen Freiraum für ihre Entfaltung in dieser Gesellschaft zu erstreiten, so daß die Frau den ihr von Gott zugewiesenen Platz erhält, sondern diese Ideologie will eine andere Gesellschaft, eine andere Kultur. Sie will eine neue Realität! Was ist damit gemeint? Die Selbsterlösungsideologie des Feminismus Die Grundüberzeugung des Feminismus ist, daß die Frau nicht von Natur aus Frau ist, sondern daß sie durch die Zivilisation, durch die Gesellschaft zu dem Wesen namens Frau gemacht worden ist. Der Geschlechtsunterschied, so verkünden Femi-nistinnen seit mehr als 40 Jahren, ist nicht vorrangig biologisch bedingt, sondern sozial. Simone de Beauvoir, eine Vordenkerin und Vorkämpferin des Feminismus, proklamierte: ,Man wird nicht zur Frau geboren, sondern man wird dazu gemacht!“ (Das andere Geschlecht, 1949). Sie meinte damit: Nicht die Natur ist schuld daran, daß die Frau so ist, wie sie leider jetzt ist, sondern die Kultur, die Zivilisation, die Umwelt hat sie zu ihrem Sosein gezwungen. Hinter dieser These steht die damals weit verbreitete Existenzphilosophie im Sinn von Jean Paul Sartre. Dieser Philosoph lehrte: Es gibt keine von Gott gesetzten, für alle Zeiten gültigen Ordnungen. Vielmehr ist es der Mensch selbst, der die Ordnungen, in denen er lebt, in freier Entscheidung wählt und sich selbst schafft. Frauen sind nicht von Natur und nicht für alle Zeiten auf ihr Frausein festgelegt, sondern eine böse männlichkeitsbezogene („androzentrische“) Unkultur hat die Frau zu dem gemacht, was sie heute ist. Aus der These, daß die Frau keine Schöpfung der Natur ist, sondern ein Zivilisationsprodukt, folgt, daß die Frau sich selbst abschaffen kann. Unmißverständlich formuliert die Feministin Shulamith Firestone ihren Protest: Menstruation, Zeugung, Schwangerschaft und Geburt sind Geißeln der Frau (Frauenbefreiung und sexuelle Revolution, 1978). Michael Levin vertritt in seinem umfangreichen Werk „Feminismus und Freiheit“ eine ähnliche Meinung: Abgese- hen von kleineren unbedeutenden anatomischen Unterschieden sind Mann und Frau gleich. Mann und Frau haben die gleichen Fähigkeiten, so daß, wenn man sie in gleicher Weise erziehen würde, sie auch die gleichen Funktionen ausüben würden. Wenn sich Mann und Frau nun doch unterschiedlich gebärden, dann liegt das nicht daran, daß der Mann wesensmäßig anders als die Frau ist, sondern an der Gesellschaft: Während kleine Mädchen erzogen werden, auf Menschen orientiert zu sein, wird Jungen beigebracht, sich durchzusetzen. Somit bestehen zwar Unterschiede zwischen Mann und Frau, aber diese sind nicht biologisch erklärbar, sondern sie sind erziehungsbedingt. Aus dieser These folgert Levin: Erziehe deine kleine Tochter ebenfalls dazu, aggressiv zu sein, dann wird sie genauso werden wie ein Junge, und schließlich werden Leiter und Führer gleichmäßig auf die beiden Geschlechter verteilt sein. Alle Analysen der Feministinnen zielen auf die Forderung: Man darf sich nicht mehr als Mann oder als Frau sehen, sondern als mann-weiblicher Mensch, als androgyn. Daß es zu einer Gesellschaft androgyner Menschen kommt, ist, so der Feminismus, nur auf dem Weg über den Klassenkampf möglich, das heißt auf dem Weg des Kampfes der Frau gegen den Mann. Denn der Zielvorgabe, der Erschaffung des androgynen Menschen, steht der Mann, so wie er ist, im Wege. Dabei wird die Bezeichnung „Mann“ austauschbar mit dem Begriff „Herrschaftsstruktur“ verwendet. Der Mann gilt als deijenige, der für alles Böse verantwortlich ist, für Unterdrückung, Diskriminierung. Haß und Gewalt. Außerdem, so wird man in feministischer Literatur informiert, ist der Mann zur Kommunikation unfähig. Er ist nicht in der Lage, sich in andere Menschen „hineinzuversetzen“, sie zu verstehen, mit ihnen in eine Beziehung zu treten oder sich in eine Gruppe einzuordnen. Vor allem aber gelingt es ihm nicht, aus der Emotionalität einer Gruppe, eines Kollektivs heraus zu leben. Darum kann erst dann, wenn der Mann so wie er ist - man kann auch sagen, die Herrschaftsstruktur - abgeschaftt ist, das Weib- liehe triumphieren und der Idealmensch, der mann-frauliche (androgyne) Mensch erstehen. Abgesehen vom publizistischen Kampf gegen das Männliche meint der Feminismus, das Ziel einer androgynen Gesellschaft durch das Einsetzen sämtlicher technischer Mittel und Möglichkeiten zu erreichen, die die Frau von den „Geißeln“ ihres bisherigen Lebens „erlösen“ können, das heißt, die ihre Sexualität von Ehe, Kind und Familie befreit. Die weibliche Sexualität muß, so die feministische Doktrin, von der geschlechtlichen Begegnung zwischen Mann und Frau befreit und zum Lesbismus geführt werden. Bereits in den 70er und 80er Jahren fanden in Long Island große Konferenzen nor-damerikanischer Feministinnen statt, in denen bezeichnenderweise ein Drittel der Zeit mit Diskussionen über den Lesbismus zugebracht wurde. Auch das Muttersein muß um des feministischen Zieles der Gleichheit aller Menschen willen abgeschafft werden. Schwangerschaft gilt als plump und ineffizient. Kinder sollen am besten im Reagenzglas entstehen. Ihr Geschlecht soll durch technische Manipulation bestimmt werden. Mittlerweile ist zwar die anfängliche Begeisterung in der Fortpflanzungsmedizin einer Ernüchterung gewichen, aber die Euphorie über die Fcrtpflanzungsmedizin wird ohne die feministischen Ideale nicht einsichtig. Auch die Legalisierung der Abtreibung, die Fristenlösung, wurde seit Anfang der 70er Jahre mit dem aus feministischer Überzeugung entlehnten Argument propagiert, die Frau habe ein Recht auf den eigenen Bauch („Mein Bauch gehört mir!“). Man denke in diesem Zusammenhang an die durch Alice Schwarzer initiierte Selbstbezichtigungskampagne in der Illustrierten „Stern“. (Siehe auch ihr Buch: Frauen gegen den § 218, 1971). Somit sind es Feministinnen, die entscheidend dafür verantwortlich sind, daß die göttliche Norm der Unantastbarkeit des Lebens zugunsten dessen, was man heutzutage gern als „Lebensqualität“ bezeichnet, eingetauscht wird: Wenn die Frau durch das Austragen eines Kindes eine Verschlechterung ihrer Lebensumstände befürchtet, meint sie ihr Kind töten zu dürfen. Indem der Feminismus von der Vorstellung getrieben ist, daß das Heil der Menschheit darin liegt, den Mann als Mann und die Frau als Frau abzuschaffen und den androgynen Menschen zu formen, der sein Glück in einem spannungslosen Kollektivismus finden wird, klagt er das Christentum an. Daß Gott als „Vater“ verstanden wird und Jesus als „Mann“, bedeutet für Feministinnen, daß das Christentum eine männlich strukturierte, eine androzentrische Religion ist, die Herrschaft ausübt und damit die Frau unterdrückt. Vertreterinnen des Feminismus, die die Meinung vertreten, der christliche Glaube sei prinzipiell frauenfeindlich und ihm deswegen nur mit Wut, Haß, Verachtung und Groll begegnen, sind zum Beispiel Simone de Beauvoir (Das andere Geschlecht, 1949), Betty Friedan (Der Weiblichkeitswahn, 1970) und Alice Schwarzer (Der „kleine Unterschied“ und seine großen Folgen, 2. Aufl. 1977). Da die Frau nur im Kampf gegen die herkömmliche, christlichabendländische Tradition befreit werden kann, muß das Christentum um der Befreiung der Frau willen verneint werden. Dann aber gibt es noch eine andere Form des Feminismus, der als „religiöser Feminismus“ oder als „theologischer Feminismus“ bezeichnet wird. In diesem Programm wird der Versuch unternommen, das Christentum zu entpatriarchalisieren und zu verweiblichen. Vertreterinnen dieser Form des Feminismus sind: Elisabeth Moltmann-Wendel (Menschenrechte für die Frau, 1974; Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit, 1978); Catharina Halkes (Gott hat nicht nur starke Söhne, 1980), Theres Wacker (Hrsg.) (Theologie feministisch. Disziplinen, Schwerpunkte, Richtungen, 1988). Dieser religiöse Feminismus fordert, man dürfe nicht mehr von „Gott, dem Vater“, sprechen, sondern man müsse sprechen von: „Gott, dem Vater und der Mutter“, oder gleich von: „Gott, der Mutter“, oder von: „der Göttin“. Es darf nicht mehr heißen: „Unser Vater, der du bist im Himmel“. Nun muß es heißen: „Unser Vater und unsere Mutter im Himmel“. Daß Jesus als „Sohn Gottes“ bezeichnet wird, muß geändert werden. Statt „Sohn Gottes“ soll es in Zukunft geschlechtsneutral heißen: „Kind Gottes“. Bezeichnenderweise meint man nur eines beibehalten zu dürfen: das männliche Geschlecht Satans. Es darf weiterhin „der“ Satan heißen. Nicht nur in der Terminologie, auch durch das Postulieren einer Göttinnenspiritualität („Goddess Movement“) versucht der Feminismus sein Ziel einer androgynen Gesellschaft zu erreichen. (Mary Daly, Jenseits von Gottvater, Sohn & Co, 1980). Diese Form des Feminismus sucht in die Dreieinigkeit noch eine Göttin einzuführen und scheut sich nicht, Aspekte aufzunehmen, die aus der vor- und außerchristlichen Religionsgeschichte stammen. Dabei greift man auf antik-griechische Göttinnen zurück wie Demeter, Aphrodite, Athene, Artemis und ruft ohne Skrupel dazu auf, zu diesen Göttinnen zu beten oder sie zu beschwören. Oder man sucht den Weg zum Heil mit Hilfe von Feen und Hexen und experimentiert mit „Hexenkraft“, „Vollmond-Zeremonien“ u.ä. Es kommt durchaus vor, daß Hexen und solche, die sich dafür ausgeben, zu theologischen Seminaren oder Kirchentags-Workshops eingeladen werden. Bekannte Vertreterinnen dieser „spirituellen“ Form des Feminismus sind in Deutschland die ehemalige Theologin und heutige New-Age Propagandistin Elga Sorge sowie Luise Schottroff, Rut Rohrandt und Jutta Voss. In kirchlichen Kreisen, die noch nicht in eine derartige syn-kretistische Religiosität abgerutscht sind, unternimmt der Feminismus es, „theologisch“ gegen das Hauptsein des Mannes in der Ehe zu kämpfen und dafür zu streiten, daß das Amt der Wortverkündigung für Frauen offensteht („Frauenordination“). Zur Beantwortung der Frage, wie im Licht der Heiligen Schrift der Feminismus zu beurteilen ist, seien drei Punkte herausgegriffen: Ein zentraler Kritikpunkt am Feminismus ist dessen tiefe Feindschaft gegen Gott, der sich in der Heiligen Schrift offenbart als Gott, der Vater, der Allmächtige, Schöpfer Himmels und der Erde. Aus dem dieser Welt frei gegenüberstehenden Gott, der sich in seiner Gnade uns geoffenbart hat und uns zuruft „Adam, wo bist du“, macht der Feminismus eine Kraftquelle, etwas, mit dem man nicht durch Hören auf das Wort Gottes in Verbindung tritt, sondern durch Mystik, meditative Praktiken oder Ekstase. Ferner weiß die Bibel nichts davon, daß der Mensch Gott erfühlen kann, mit ihm durch Ekstase oder durch ein gruppendynamisches Erlebnis in Verbindung treten kann. Und wenn bereits in den achtziger Jahren auf Weltgebetstreffen der Frauen von der „Mutter Erde“ gesprochen wurde und vom „großen Geist“ bzw. von der großen „Geistin“, der „Sophia“, der „Befreierin“, dann ist zu betonen, daß das Wort Gottes absolut nichts von einer mit Gott verschmelzenden „Mutter Erde“ weiß („Gaiatheologie“; „Gyn/Ecology“). Vielmehr lehrt die Heilige Schrift, daß der Mensch durch das Hören auf das Wort Gottes mit Gott in Verbindung tritt und ihm im Gebet, das heißt im Reden des Herzens in Lob, Dank und Bitte antwortet. Ein weiterer Kritikpunkt am Feminismus ist dessen rigorose Verneinung der von Gott gegebenen Unterscheidung zwischen den Geschlechtern und der damit zusammenhängenden Ablehnung der Schöpfungsordnungen. Bereits die ersten Kapitel der Heiligen Schrift lehren, daß der Mann das Haupt der Familie und die Frau dem Mann untergeordnet ist. Das Hauptsein des Mannes ist nicht eine Folge des Sündenfalls, sondern es folgt aus der Schöpfung. Wenn das Hauptsein des Mannes aus dem Fall abzuleiten wäre, könnte man behaupten, die Überordnung des Mannes sei nicht das Ideal. Von Anfang sei es nicht so gewesen. Das Ideal sei Gleichheit. Aber die ersten Kapitel der Heiligen Schrift lehren, daß Gott Adam als Haupt eingesetzt hat. Auch sonst lehrt die Heilige Schrift dieses (z. B. 1. Kor 11.8-9). Daß eine Frau in der Gemeinde nicht lehren darf, begründet der Apostel Paulus ebenfalls mit der Schöpfung (1. Tim. 2,12-13). Die Folge des Sündenfalls ist nicht die Unterordnung der Frau, sondern die Zerrüttung der Beziehung von Mann und Frau. Die Erlösung in Christus ändert nicht die Schöpfungsordnung, sondern macht das wieder heil, was durch den Sündenfall destruiert worden ist. Dagegen könnte man einwenden, in Gal. 3,28 lehre der Apostel Paulus, in Christus seien weder Jude noch Grieche, weder Sklave noch Freier und weder Mann noch Frau, sondern alle seien einer in Christus Jesus. Diese Aussage mache doch klar, daß zwischen Mann und Frau Gleichheit bestehe. Muß man nicht daraus die Schlußfolgerung ziehen, daß die Heilsordnung in Christus im Widerspruch zur Schöpfungsordnung steht? Tatsächlich ist es feministische Überzeugung, daß Gleichheit mit Über- bzw. Unterordnung nicht in Übereinstimmung gebracht werden kann. Aber dieser Gedankenführung liegt ein Mißverständnis zugrunde. Verdeutlicht werden kann dieses anhand eines Aspektes der Dreieinigkeit: In l.Kor. 11,3 schreibt der Apostel: „Das Haupt jedes Mannes ist Christus, und Gott ist das Haupt Christi.“ Aus anderen Aussagen der Schrift geht hervor, daß Christus wesensgleich mit dem Vater ist. Christus, die zweite Person der Dreieinigkeit, ist genauso Gott wie der Vater, die erste Person der Dreieinigkeit. Wie kann der Apostel Paulus aber dann in der genannten Bibelstelle behaupten, daß der Vater das Haupt Christi ist? Ist das nicht ein Widerspruch? Die Antwort lautet: Nein! Vielmehr geht es dem Apostel in 1 .Kor. 11 darum, auf unterschiedliche Ämter und Aufgaben hinzuweisen. Während der Sohn und der Vater wesensmäßig gleich sind, ist Christus in seinem Amt als Mittler dem Vater untergeordnet. In diesem Sinn sagt der Sohn unmittelbar nachdem er sich als gottgleich ausgewiesen hat (Joh. 5,17-18), daß er nichts von sich selbst tun kann, außer was er den Vater tun sieht (Joh. 5,19). Die Beziehung zwischen Gott, dem Vater, und Gott, dem Sohn, kann veranschaulichen, daß Gleichheit und Unterordnung nicht notwendigerweise ein Widerspruch sein müssen. Auch in der Beziehung zwischen Mann und Frau besteht zwischen Gleichheit und Über- bzw. Unterordnung keine Unvereinbarkeit. Beide, Mann und Frau, sind von Gott geschaffen worden, beide sind gefallen und beide gehen ohne das Heil in Christus in gleicher Weise verloren. Wenn ein Mann an Christus glaubt, dann wird er vor Gott gerechtfertigt, wenn eine Frau an Christus glaubt, dann wird sie nicht weniger gerechtfertigt. Kurzum: Beide haben unterschiedslos vor Gott denselben Stand, sowohl als Geschöpfe als auch als Sünder und auch als Gerechtfertigte. Hier besteht völlige Gleichheit: „In Christus sind weder Mann noch Frau.“ Aber in der Aufgabenverteilung bestehen Unterschiede. Diese Unterschiede bleiben, solange diese Schöpfung besteht. Der Feminismus meint, den bösen Sexismus beseitigen zu können. In Wahrheit aber macht er sich auf, die Geschöpf-lichkeit von Mann und Frau zu zerstören. Indem der Feminismus die von dem Schöpfer gegebenen Ordnungen beseitigen will, lebt er im Schöpfungshaß. Von daher überrascht es nicht, daß im Zusammenhang mit ihm nicht nur die Gleichgeschlechtlichkeit, der Lesbismus, propagiert, sondern auch zum Kampf gegen Ehe und Familie auf gerufen wird. Die Ehe sei ein „dunkles Ehetal“. Während das Single-Dasein idealisiert wird, wird der Wert der Familie verachtet. Ohne die Ideologie des Feminismus wären auch Ehescheidungen nicht so weit verbreitet. Man muß kein Prophet sein, um zu befürchten, daß, wenn der Feminismus sich durchsetzt, diese Welt noch kälter, zynischer und unbarmherziger wird, als sie es jetzt schon ist. Schließlich ist zum Feminismus zu sagen, daß er das Heilswerk Christi, daß der Mensch allein aus Gnaden gerechtfertigt wird, rigoros ablehnt. Mir ist keine einzige Feministin bekannt, die an das Versöhnungswerk Christi auf Golgatha glaubt, die glaubt, daß Christus durch sein Blut, das Sühneopfer, für ihre Schuld am Kreuz bezahlt und einen freien Zugang zum Vater eröffnet hat. An die Stelle des heiligen Gottes tritt bei den Feministinnen die Mutter, die nicht versöhnt zu werden braucht, sondern in die man eintaucht, um so seine Individualität zu verlieren. An die Stelle des Christus, der die Feindschaft des Menschen gegen Gott durch seinen Tod und seine Auferstehung getragen hat und den Tod in seinem Tod und in seiner Auferstehung überwunden hat, tritt das Gruppenkollektiv. Es wird der Gruppenbruder Jesus propagiert, der die Menschen in ein kampfloses, spannungsloses Verhältnis zu Gott bringt. Wenn der Apostel Paulus das Leben eines Christen im Kern dadurch gekennzeichnet sieht, daß der Geist gegen das Fleisch kämpft und das Fleisch gegen den Geist, wenn der Apostel sagt, daß der Christ sein Fleisch kreuzigen muß, und daß dieses Kreuzigen die Auferstehung zu einem neuen Leben ist, dann vermögen Feministinnen darin nur eine männliche (and-rozentrische) Denkweise zu erkennen. Indem der „theologische“ Feminismus das Versöhnungswerk Christi unnachgiebig bestreitet, ist diese Ideologie ein Instrument im Kampf gegen das Eigentliche des christlichen Glaubens Feminismus ist nicht nur Häresie, sondern Apostasie, Abfall vom Christentum. Insofern kann an der Selbsterlösungsideologie des Feminismus deutlich werden, wie gegenwärtig in der Kirche das Evangelium zutiefst verneint wird. Die Selbsterlösungsideologie des Humanismus Dabei soll nicht vergessen werden: Der Feminismus ist nur eine von vielen Selbsterlösungsideologien. Auch sonst spricht man gerne davon, daß es nicht darum geht, nach dem gnädigen Gott zu fragen, sondern nach dem gnädigen Nächsten, nach der gnädigen Gesellschaft. Statt, daß man danach fragt, wie der Mensch, der Feind Gottes, vor Gott bestehen kann, klammert man sich an seinen Mitmenschen, oder man begibt sich auf die Suche nach der eigenen Identität. Anstatt, daß in der Kirche bezeugt wird, daß der Mensch von Natur aus Sklave der Sünde ist, total verloren, und in totaler Gottfeindschaft lebt, so daß er einzig und allein durch das gnädige Handeln Gottes das Heil findet, fordert der Mensch, daß Gott sich gefälligst vor dem mündigen Menschen rechtfertigen möge und sich anstrengen solle, daß der autonome Mensch ihm die Gnade gewährt, an ihn zu glauben. Damit ist die Kemaussage der Reformation auf den Kopf gestellt. Es war im Jahr 1525. In diesem Jahr kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen Luther und Erasmus von Rotterdam. In dieser Kontroverse ging es um die Frage, ob der Mensch einen freien Willen habe. Damit ereignete sich schon damals die Auseinandersetzung zwischen dem modernen Selbstverständnis des Menschen und der biblischen Sicht über den Menschen. Erasmus war der Meinung, es sei eine äußerst abstoßende Idee, daß Gott die gesamte Menschheit für die von Adam und Eva begangene Sünde bestrafte, zumal die ersten Menschen schon während ihres eigenen Lebens schwer an dem Leben außerhalb des Garten Edens zu tragen und sich ja auch irgendwie gebessert hätten. Erasmus verneinte die Ursünde, die Urfeindschaft des gefallenen Menschen gegen Gott. Er ging stattdessen von den natürlichen Möglichkeiten des Menschen aus: Es sei dem freien Willen des Menschen anheim gegeben, darüber zu befinden, ob er Gott annehmen wolle oder nicht. Genau an diesem Punkt liegt der tiefgreifende Gegensatz zwischen Christentum und Humanismus. Während Erasmus der Meinung war, daß Luther übertreibe, daß er die Bedeutung der Sünde überschätze und die edelsten Fähigkeiten des Menschen übersehe und während er Luthers Meinung, der Mensch könne Gott nicht aus sich heraus erkennen, er habe keinen freien Willen, um von sich aus an Gott zu glauben, nur als töricht und ärgerlich bewertete, hatte Luther eines begriffen: Letztlich haßt jeder Mensch Gott, weil jeder Mensch zutiefst selbst Gott sein will. Luther wußte, daß der Mensch nicht Sünde hat, in dieser oder jener moralischen Untat, sondern daß er Sünder ist, und zwar durch und durch. Da ist kein Rest im Menschen, durch den er an Gott anknüpfen oder mit dessen Hilfe er Gott erahnen oder ihn erfühlen kann. Nicht nur der Feminismus, sondern alle Ideologien sind in ihrem Wesen der Versuch des Menschen, das Heil und den Weg in die Freiheit selbst zu schaffen. Wenn aber der Mensch dieses versucht - man denke an Aussagen des Herrn in Joh. 8 wird er eine Beute des Menschenmörders, des Teufels. Ohne die Befreiung in Christus bleibt der Mensch ein Sklave der Gottfeindschaft, der Sünde. Die Notwendigkeit der Umkehr Aus diesem Grund muß in diese sanfte Zeit hinein gesagt werden: Wenn ihr euch nicht bekehrt, bleibt ihr unter dem Zorn Gottes, unter dem jeder Mensch von Natur aus steht (Röm. 1 und 5). Ohne Glauben an die durch Christus bewirkte Versöhnung geht ihr dem Untergang, dem Verderben entgegen! Bei dem Verkündigen dieser Botschaft sollte man sich keinen Illusionen hingeben: In einer Zeit, in der der Mensch umschmeichelt und umworben wird, in einer Gesellschaft, in der die Bedürfnisse und die Wünsche des Menschen im Mittelpunkt stehen, ist die Botschaft der Heiligen Schrift, nämlich, daß der Mensch in radikaler Feindschaft gegen Gott lebt, eine harte und unerhört ärgerliche Sache. Und weil der Mensch in der abgrundtiefen Empörung gegen Gott lebt, darum, so lehrt die Heilige Schrift, und die Reformatoren haben es unbeirrt bezeugt, ist der Sünder ganz und gar von der Gnade Gottes abhängig. Da bleibt nichts vom Menschen, den man heute so gerne als mündig qualifiziert, übrig. Diese harte Botschaft ist keineswegs nur an die Gesellschaft zu richten, sondern sie gilt auch für eine Kirche, in der Selbsterlösungsideologien wie der Feminismus heute eine Plattform gefunden haben wie sonst kaum in dieser Gesellschaft. Angesichts dieser Situation können wir Gott nur demütig darum bitten, daß er uns eine Kirche schenkt, die zum Wort der Wahrheit zurückkehrt und gedrängt von der Liebe Christi den Menschen wieder verkündet: Kehrt um, bekehrt euch, damit ihr dem Zorn Gottes entflieht. Laßt euch versöhnen mit Gott\ Im Vergleich mit diesem Ziel ist die Frage, ob diese Kirche sich innerhalb der verfaßten Landeskirchen oder außerhalb von ihnen bilden wird, zweitrangig. Ich persönlich vermute, eine Kirche, die Pfeiler und Grundfeste der Wahrheit ist (1. Tim. 3,16), wird über kurz oder lang nur außerhalb der verfaßten Landeskirchen möglich sein. Abschließend bitte ich Sie, folgendes nicht zu vergessen: Erstens: Niemals ist im 16. Jahrhundert in der Kirche dazu aufgerufen worden, zu heidnischen Göttern oder Göttinnen zu beten oder Hexenkulte in theologische Seminare oder Kirchentage einzuführen. Derartiges blieb dem 20. Jahrhundert Vorbehalten. Im 16. Jahrhundert meinte man lediglich als Mittler gegenüber Gott fungierende Heilige verehren zu sollen. Aber schon damals beharrten die Reformatoren kompromißlos darauf: Christus allein, Solus Christus! Zweitens: Niemals ist im 16. Jahrhundert gelehrt worden, es komme nicht auf den historischen Jesus an, sondern entscheidend sei der verkündigte Christus. Niemals ist im 16. Jahrhundert behauptet worden, die Evangelien seien nicht Tatsachenberichte, sondern der Niederschlag subjektiver Erlebnisse und Reflexionen (enttäuschter) Jünger, das Ergebnis (fragwürdig tradierter) Gemeindetraditionen und subjektiver Deutungen apokalyptisch aufgeheizter Menschen. Im 16. Jahrhundert stellte man lediglich die Kirche, das kirchliche Lehramt, über die Schrift und vermischte diese mit Mythen und Legenden, wie zum Beispiel der Idee des Fegefeuers, des Ablasses u.ä.. Damals blieben die Reformatoren dabei, daß in der Kirche gelten solle: Die Schrift allein, Sola Scriptural Drittens: Niemals ist im 16. Jahrhundert gelehrt worden, daß das Evangelium eine in die jeweiligen Fragestellungen der Zeit hinein zu kontextualisierende Größe sei, die der mündige, emanzipierte Mensch kraft seiner Autonomie annehmen oder ablehnen könne, je nach dem, ob sie ihm Zusage, ihn anspreche oder nicht. Im 16. Jahrhundert lehrte die römisch-katholische Theologie lediglich, daß der Mensch nicht heil sei, sondern geschwächt und krank und der Gnade bedürfe. Sogar Erasmus war am Ende seiner Schrift „Über den freien Willen“ (De lihero arbitrio) bereit, gegenüber Luther einzuräumen: Luther, im Grunde gebe ich dir ja recht. Aber du bist über das Ziel hinausgeschossen. Du bist zu hart, zu radikal. Luther, sei doch bereit, dem Menschen wenigstens ein bißchen freien Willen zuzugestehen, nur ein bißchen, ein ganz, ganz kleines bißchen freien Willen! Dann können wir die Streitaxt begraben und uns praktischen Aufgaben zuwenden. Aber Luther blieb dabei: Nichts, absolut nichts vermag der Mensch zu seinem Heil beizutragen: Die Gnade allein, Sola Gratial Viertens: Niemals ist im 16. Jahrhundert gelehrt worden, daß es nicht um den Glauben an Gott gehe, sondern daß der Kern des Christseins Mitmenschlichkeit, Solidarität, Schaffung der heilen Gesellschaft durch Klassenkampf sei. Im 16. Jahrhundert hatte man lediglich gelehrt, daß zu dem Glauben gute Werke als Bußleistungen (satisfactiones) hinzukommen müßten. Aber Luther blieb kompromißlos dabei: Keine Werke, keine Bußleistungen können das Heil bewirken: Aus Glauben allein, Sola Fidel Möge der allmächtige Gott Gnade schenken, daß wir in dieser notvollen Zeit die Reformation nicht als historische Reminiszenz abhaken, sondern die Bedeutung des Evangeliums, des „Allein Christus“, „Allein die Schrift“, „Allein die Gnade“, „Allein der Glaube“ erkennen und aus dem Erkennen zum Handeln gelangen. Allein durch den Glauben Für Mission und Erweckung in Landesund Freikirchen Was ist Erweckung, was ist Reforma- Missionar Ferny Jaegle, tion? Es ist nichts anderes als die Rück- Frankre,ch kehr Gottes in seine Gemeinde, individuell und kollektiv. Denken wir nur an die Apostelgeschichte. Da war ein großer Unterschied zwischen Jesus mit den Jüngern (vor Pfingsten) und Jesus in den Jüngern (nach Pfingsten). Es war derselbe Gott, aber er hat sich auf unterschiedliche Art offenbart. Und als Johannes auf Patmos den erhöhten Jesus gesehen hat, fiel er wie tot zu Boden. Das bedeutet nicht, daß dann, wenn Jesus sich offenbart, jeder unbedingt „auf den Boden geschlagen“ werden muß. Es gibt ja Bewegungen, die behaupten, wenn du „vom Geist erschlagen“ wirst, dann kannst du nicht mehr stehen. Nicht alle, die Umfallen, sind aber vom Geiste Gottes geschlagen, sondern viele von einem anderen Geist. Die Frage ist nicht so sehr: „Wer hat die Person geschlagen“, sondern: „Wie steht sie nachher auf und wie geht sie weiter?“ Denn man erkennt den Baum an seiner Frucht. (...) Wir Christen sind das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack geben will, muß es sich auflösen. Wenn wir Christen unseren Geschmack Jesu Christi übermitteln wollen, dann müssen wir „verschwinden“, unser altes Ich preisgeben. Man kann doch nicht das Salz, das man in der Salzbüchse hat, so lassen, wie es ist. Es muß schmelzen, es muß verschwinden, sonst ist es wie Sand - und dann ist es unangenehm zwischen den Zähnen. Wir können nicht Christen sein in dieser Welt, ohne bereit zu sein, unsere Identität abzugeben. Wir müssen alles abgeben, so daß wir diesen Geschmack, diesen Geruch Jesu Christi in die Welt hineinbringen können. Und da bleiben wir oft stecken. Wir wissen zuviel über Christus, und die Welt weiß zuwenig über ihn. Warum? Es ist nicht der Fehler der Welt, es ist unser Fehler. Weil wir nicht sterben und unsere Identität verlieren wollen. (...) Die Grundlage des Denkens und Wirkens der Reformation läßt sich in einem Satz zusammenfassen: Der Gerechte wird aus Glauben leben. Was ist Glaube? Glaube ist nichts anderes als das, was Jesus Christus in uns verwirklicht. Glaube ist eine Person. Es ist nicht eine Ware, die ich irgendwo kaufen oder mir aneignen könnte. Nein, es ist Jesus Christus, der in mein Fleisch kommt. Nicht in das sündige Fleisch, das muß sterben, sondern in den neuen Menschen, so, daß ich abnehme und Jesus zunimmt, daß ich verschwinde, und daß Jesus in den Vordergrund kommt. Und daß er wirken kann, wie, wo und wann er es will. Über den Glauben sagte Luther: „Der Glaube ist der Christen Reichtum. Er ist größer als Himmel und Erde, Tod und Leben. Glaube und Liebe ist das ganze Wesen des Christenlebens.“ Und weiter: „Der Glaube hängt am Worte. Er ist der Heiligen Schrift Schlüssel. Der Glaubensgrund ist Gottes recht verstandenes Wort. Der Glaube ist ein Gottesdienst, der Gott am meisten gefällt (,..)Glaubst du, so redest du. Redest du, so mußt du leiden. Leidest du, so wirst du getröstet, denn Glauben, Bekenntnis und Kreuz gehören zueinander und stehen einem rechten Christen zu. Wo der Glaube anfängt, da läßt die Versuchung nicht lange auf sich warten. Auf den Glauben folgen die Werke, gleich wie der Schatten dem Leibe folgt. Mit den Werken geben wir Gott Zinsen, aber durch den Glauben empfangen wir das Erbe. Das erste und höchste, alleredelste, gute Werk ist der Glaube an Jesus Christus.“ „Wo der Glaube ist,“ so sagte Luther weiter, „da ist auch das Lachen. Die Freude ist der Doktorhut des Glaubens. Der Glaube, der kann von Herzen lachen.“ Warum? „Weil er frei ist von Sünde, von Angst und vom Tode. Glaube bringt Hoffnung.“ Jch glaube an eine heilige christliche Kirche“, sagt das apostolische Glaubensbekenntnis. (...). Luther schrieb: „Die christliche Kirche ist ein Heer, eine Versammlung oder ein Feldlager. Wir stehen alle im Kampf und Kriege und erobern den Sieg durch das göttliche Wort.“ Also, Wort und Kampf bringen die Gemeinde, die lebendige Gemeinde, hervor. Die Kirche ist das einzige Rettungsboot für eine im Sturm verlorene Menschheit ohne Gott. Die Welt befindet sich in einem gewaltigen Sturm. Jeder versucht sich irgendwo an etwas festzuhalten, und dann kommt eine Welle nach der anderen. Und die Kirche, die Gemeinde Jesu, hat die einzige Berufung, in diesem Sturm ein Rettungsboot zu sein. Vielleicht habt Ihr die Geschichte von der Estonia gelesen, wie sie innerhalb weniger Minuten gesunken ist und wie ein paar Leute von diesem sinkenden Schiff abgesprungen sind und sich an irgendeinem Boot festgeklammert haben. Etliche sind sogar im Boot umgekommen, weil es zu viele waren. Aber einige wurden dann nachher mit dem Helikopter aus diesem Rettungsboot herausgerissen, herausgezogen. Das ist Gemeinde. Das ist unsere Berufung: Rettungsboot der verlorenen Menschheit zu sein. Die Kirche ist auch Operationssaal. Es gibt wenige Chirurgen, die lebensrettende Operationen durchführen können. Ohne daß man vollkommen „steril“ ist, kann man hier nicht einmal beiwohnen, geschweige denn operieren. Es braucht heute geistliche „Ärzte“, die reine Hände haben, reine Lippen, die reines Herzens sind, die von Gott gebraucht werden, um da zu „operieren“. Ferner ist die Kirche die Hochschule der Jünger Jesu. Sie ist nie eine Endstation. Das Ziel ist nicht primär, die Menschen in die Kirche zu bringen, sondern Menschen zu schulen in der Jüngerschaft, so, daß sie mit Jesus wandeln und in sein Ebenbild umgestaltet werden. Das Ziel ist, daß ich „wie Jesus“ bin in dieser Welt, daß Sie „wie Jesus“ sind in dieser Welt. Das bedeutet nicht, daß man vollkommen wird oder gar Zeichen und Wunder tut, wie Jesus sie getan hat. Selbst Johannes der Täufer hat keine Zeichen getan, aber alles, was er von Jesus gesagt hat, war wahr, war echt, war unvergeßlich. Wenn Johannes der Täufer irgendwo auftrat, dann hat das Feuer zu brennen begonnen. (...) Und das braucht die Welt heute: Menschen, die ein Feuer anzünden, ein Licht, das von weitem gesehen wird, „Terroristen“ in dem Sinn, in der geistlichen Welt, daß der Teufel zittert, daß die Hölle zittert, wenn ein Christ aufsteht und anfängt, Zeugnis zu geben von diesem Jesus Christus, der in ihm ist. (...) Nun einige Bemerkungen über die Notwendigkeit einer Erweckung. Der erste Grund ist der zu beobachtende Rückgang des Christentums. 1945 bekannten sich ca. 35 % der Menschheit zu christlichen Werten, heute sind es wesentlich weniger. Wenn der Trend so weitergeht, werden es im Jahr 2000 kaum noch 10 % sein. Das bedeutet, daß 90 % der Menschheit sich im Jahr 2000 von christlichen Werten vollkommen distanziert haben könnten. (...) Der zweite Grund ist die zunehmende Verweltlichung der Christenheit. Man sieht ganz deutlich, daß sich verführerische Geister in die Kirchen eingeschlichen haben. (...) Das Wort Gottes wird vielerorts verwässert. Hinzu kommt der rapide moralische Zerfall. Ich hatte in Haiti ein Erlebnis. Nach einer Predigt sind zwei junge Leute zu mir gekommen mit der Bibel in der Hand und haben gesagt: „Glauben Sie auch, daß die Hure von Babylon die katholische Kirche und der Papst der Antichrist ist?“ Ich dachte: „Herr, sei mir gnädig, was soll ich diesen jungen Leu- ten antworten? Was soll ich da sagen?“ Und dann kam ganz klar in meinem Herzen eine Antwort: „Sag ihnen, die Hure Babylon sitzt in ihrem Herzen.“ Ich sagte: „Herr, da weiß ich aber nicht, wie dieses kurze Gespräch ausgehen wird.“ Ich habe diese jungen Leute geliebt, ich hatte nichts gegen sie, ich kannte sie ja gar nicht. Und dann habe ich zu ihnen gesagt:, Ja, wissen Sie, die Hure Babel, die sitzt zuerst in Ihrem Herzen.“ - ,Ja, wieso? Wie kommen Sie darauf?“ - „Ist Ihre Gedankenwelt gereinigt worden von aller Unzucht? Oder trinken Sie von diesem Wein der Hure Babels? Und wenn ja, haben Sie sich davon getrennt?“ Sie haben mir keine Antwort gegeben. Sie haben ihre Bibel geschlossen und sind weggelaufen. Ich habe sie nie wieder gesehen. Ich dachte, wieso ergibt sich jetzt solch eine Reaktion? Natürlich ist es ganz einfach zu sagen: „Babel ist da und da und da“. Es ist eine andere Sache zu bekennen: „Nein, die Hure Babel, die sitzt in meinem Herzen und die schaut durch meine Augen.“ Wir können uns ja testen. Was zieht unsere Augen an? Du bist nicht von der schlechten Frau verführt. Nein, du schaust sie an, weil dieser Geist des Ehebruchs schon im Herzen ist. Deswegen sagte ja Jesus: „Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen“ (Mt. 5,28). Die Sünde sitzt schon im Herzen. Also muß die Buße bei mir anfangen. (...) Ich will nicht die Sünde bei den anderen sehen, sondern bei mir beginnen. (...) Leider existiert oft ein schlechtes Vorbild der Christen. Auch deswegen ist eine Erweckung notwendig - eine Erweckung, die unter Christen beginnt. Wir geben der Welt ein Trauerbild mit unseren Spaltungen, mit der Heuchelei, mit der Lauheit, mit der Undankbarkeit. In Jeremia 23,15 klagt der Prophet darüber, daß die Ungerechtigkeit in das Land hinausgegangen ist durch die Propheten, durch die Leiter. Die Leiter sind blind geworden. Die Leiter haben Kompromisse gemacht. Sie reden, um dem Volk zu gefallen. Natürlich, wenn man etwas redet und es dem Auftraggeber nicht gefällt, dann kann man nicht mit einem Gehalt rechnen. Aber wenn ich das „Gehalt“ (die Gnade und die Gaben) von Gott bekomme, da werde ich Gottes Wort sagen und werde keinen Menschen fürchten. (...) Martin Luther wurde ja „vogelfrei“ gesprochen. Vogelfrei bedeutet: Der Vogel fliegt vorbei und weiß nicht, von welcher Seite er abgeschossen wird. Wenn wir Erweckung erleben wollen, müssen wir bereit sein, von irgendwoher Schüsse zu bekommen. Vielleicht kommen wir dabei um. Durch Gottes Gnade und für Gottes Ehre ist dies das größte Vorrecht. (...) Luther sagte: „Tyrannen sind böse, Häretiker sind schlechter, am schlimmsten aber sind die falschen Brüder.“ Wurden nicht die Reformatoren sowie die Apostel und Jesus selbst vom eigenen Volk bekämpft und getötet? Was ist Erweckung? Es ist nichts anderes als das Folgende: Gott kommt, wirkt und lebt unter seinem Volk, wie er will, wo er will und mit wem er will. Er nimmt alles unter sein Regiment (...) Erweckung, sagte ein Gottesmann, ist die natürliche Folge eines gereinigten, geheiligten Lebens. Wo sind heute die Prediger, die weinen über den Zustand der Kirche, die weinen über sich selbst. Tränen sind die Salbe für Gottes Offenbarung. (...) Bei einer Erweckung werden Menschen erfaßt von Sündenerkenntnis und bringen rechtschaffene Buße. Nicht nur Buße mit den Lippen, sondern Buße mit der Tat. Und das werden die Menschen, unter denen sie leben, sofort sehen. Erweckung muß in der Familie beginnen. Wenn meine Frau nicht sehen kann, daß etwas in meinem Leben geschehen ist, warum sollte ich dann als Missionar nach Japan, nach Brasilien oder sonstwohin gehen? Zur Erweckung gehört Reinigung des Lebens durch Beichte, entschiedene Nachfolge trotz Opposition, Führung durch den Heiligen Geist, Einmütigkeit des Herzens, durchhaltendes Gebet (...) Erweckung heißt nicht, daß wir den Menschen nachlaufen und sagen: „Ihr braucht Jesus!“, sondern daß die Menschen den Christen nachlaufen und bitten: „Erzählt uns mehr von eurem Jesus! Wir brauchen ihn.“ Jesus ist den Menschen nicht nachgelaufen. Aber sie haben ihn gesucht. (...) Nun schließe ich mit ein paar Beispielen von Erweckung heute. Da war in Südfrankreich ein Gottesdienst in einer reformierten Kirche. Der Pfarrer ging auf die Kanzel wie gewöhnlich, hielt seine Ansprache - und als er fertig war, stand hinten ein Mütterchen auf und rief: „Bitte, Herr Pfarrer, dürfte ich etwas sagen?“, Ja, bitte.“ Da sagte sie: „Ich möchte euch hier um Verzeihung bitten - meine Nachbarin zuerst und alle Leute in der Gemeinde - daß ich solch eine schlechte Frau bin.“ Wenn der Blitz in die Kirche hineingeschlagen hätte, hätte es keinen stärkeren Effekt gehabt. Und die Nachbarin war da und sagte: „Nachbarin, ich vergebe Ihnen gern, bitte verzeihen Sie mir auch.“ Und das führte zum Ausbruch einer der größten Erweckungen in Südfrankreich am Anfang dieses Jahrhunderts. Ein Mütterchen, das sich gebeugt hat über sein schlechtes Reden, über das Richten, über die Worte, die sie gesagt hat über eine Nachbarin. Oh, Geschwister, wollen wir uns nicht prüfen. Sind es nicht unsere Worte, die Gottes Wort im Weg stehen können? Ein zweites Beispiel: Es war in Wales, als einige junge Männer gebetet haben für eine Erweckung. Sie sprachen: „Herr, bewege die Stätte, greife du ein.“ Und plötzlich fragte einer von ihnen: „Brüder, sind unsere Lippen rein? Sind unsere Hände rein? Ist unser Herz rein?“ Nach dem 24. Psalm haben sie sich geprüft und festgestellt: Da muß ein Reinigungsprozeß beginnen. Dann haben sie ihr Leben bereinigt. Und was geschah? Gott bewegte die Stätte und brachte solch ein starkes Geisteswehen, wie sie es noch nie in ihrer Geschichte erlebt hatten. Und der Auslöser war, daß einige junge Leute ihr Leben bereinigt hatten. (...) Ich schließe mit dem Beispiel eines jungen Mädchens, das vom Geist Gottes ergriffen und buchstäblich aus ihrem Eltem- haus nackt vertrieben wurde. Das Beispiel stammt aus der Zulu-Erweckung in Südafrika. Die Brüder prügelten sie, die Mutter vertrieb sie, das Kind wurde aus dem Haus gejagt. Da ging sie zu einer Tante, bekam Kleider und fing an zu arbeiten. Das erste Gehalt schickte sie nach Hause zu der Mutter. Das zweite Gehalt wieder, das dritte Gehalt wieder, bis schlußendlich die Mutter sie rufen ließ und sagte: „Mein Kind, was tust du da? Ich verstehe nicht. Wir vertreiben dich und du schickst uns dein Gehalt.“ Dann antwortete sie: „Mutter, du kannst mir alles nehmen. Aber eines kannst du mir nie nehmen - und das ist die Liebe Jesu, die ich für dich habe.“ Und da brach die Mutter zusammen. Sie konnte solch einem Wort nicht widerstehen. Und eine Person nach der anderen wurde von diesem Geist ergriffen. Was kann Gott mit Ihnen, durch Sie tun? Durch Glauben allein, so, daß Landes- und Freikirchen erweckt werden, und daß Jesus Christus in seiner Gemeinde heute offenbar wird, nicht nur im Wissen, sondern in der Tat. Daß wir beten können: Herr Jesus, offenbare du dich heute in mir. Offenbare deine Kraft durch uns, daß wir Licht und Salz der Erde werden. Die Selbstzerstörung des Christentums überwinden Was heißt Selbstzerstörung des Chri- Dr. Dr. Georg Huntemann, stentums? Ich möchte mit einem ganz ZTZttZZÜStZ konkreten Beispiel beginnen. Fundamentaltheologie, wäh- . . „ . rend seiner Rede. An einem Samstag des Frühjahrs 1992, genau am 29. April 1992, wurde vom höchsten theologischen Amtsträger der Bremischen Evangelischen Kirche ein Brief an die erste lutherische Bischöfin, Maria Jepsen in Hamburg, der Öffentlichkeit übergeben. In diesem Brief bekannte der Schriftführer der Bremischen Evangelischen Kirche (es war fast auf den Tag 35 Jahre nach meiner Ordination zum Pastor in Bremen), daß er, der Schriftführer, das höchste geistliche Amt der Bremischen Evangelischen Kirche, sich meiner „schämt“, daß er über das „unsachgemäße sektiererische Beschwören von Bibel und Bekenntnis“, so wie ich es ausübe, traurig sei und daß ich ein „fleischliches Bild von der Kirche“ hätte. Er sei betroffen von einer unheilvollen theologischen Denktradition, mit der ich wütend um mich würfe, und daß durch mich an die Stelle sachlicher theologischer Auseinandersetzung nunmehr Agitation, Hetze und niederträchtige Kirchenbeschimpfung getreten seien. Zudem wurde öffentlich bekannt gemacht, daß ich Töne von mir gäbe, wie sie nicht schlimmer von,feinden der Kirche“ kommen könnten. Ohne vorher mit mir ein Gespräch gesucht zu haben, wurde mir, dem „sehr verehrten Bruder Huntemann“, der drei Jahrzehnte der Bremischen Evangelischen Kirche gedient hatte, hinter die Ohren geschrieben, daß er schlimmer sei als ein Feind der Kirche. Warum bin ich schlimmer als ein Feind der Kirche? Was war der Anlaß dieses Briefes? Ich hatte in einem evangelischen Nachrichtendienst (in „idea“, dem Informationsdienst der Deutschen Evangelischen Allianz) anläßlich der Jubelwahl von Frau Maria Jepsen zur Bischöfin von Hamburg im Jahre 1992 ein scharfes, ein aus der Bibel begründetes „Nein!“ ausgerufen und bekannt, daß der Bibel und dem Bekenntnis der Kirche treue Christen mit dieser Frau keine Abendmahlsgemeinschaft haben könnten. Dennoch, als Christ liebe ich - wie Sie alle - auch meine Feinde. Und ich war durchaus bereit, mit ihr, auch wenn sie die Bibel anders auslegt, zu sprechen. Natürlich war ich darum auch bereit, mich 1992 zu einer Talkshow des Westdeutschen Rundfunks, in der es keine Absprachen geben sollte und jeder ungehindert seine Meinung vertreten dürfe, einladen zu lassen und mit ihr öffentlich zu sprechen. Es war alles mit dem Sender abgemacht und in Köln schon ein Zimmer für mich reserviert. Aber einen Tag nach dem eben zitierten Bremer „Bannfluch“ wurde ich vom Westdeutschen Rundfunk wieder ausgeladen mit der Begründung: „Die Bischöfin, Frau Maria Jepsen, wünscht nicht, mit Ihnen gemeinsam aufzutreten.“ Das reichte, um einen, der anders denkt als diese Frau, verstummen zu lassen. Ich war bereit, mit ihr zu reden. Sie aber wollte nicht mit mir reden. Was man immer schon gewußt hat, was aber trotzdem nicht sein darf und nicht sein kann - weder in einer offenen pluralistischen, demokratischen Gesellschaft noch in einer von der Brüderlichkeit zu prägenden Kirche - das geschah wieder einmal. Mit der Macht, mit der kirchenpolitischen Gewalt wurde ein Andersdenkender zum Verstummen gebracht. Unser Bruder Lothar Gassmann und viele andere haben das ähnlich erlebt. Die vollmundig erklärte Bereitschaft der erwähnten lutherischen Bischöfin von Hamburg, mit allen in einer „offenen Kirche“ zu reden, „die nicht dialogfähige Männerstruktur“ abzuschaffen, niemanden auszugrenzen, für alle da zu sein -diese Bereitschaft gilt anscheinend für Homosexuelle, für Lesben, für Wehrdienstverweigerer, für in unehelicher Partnerschaft lebende Pfarrer, für Deserteure, für Prostituierte und Kriminelle; aber keineswegs für solche, die sich zu Bibel und Bekenntnis bekennen. Warum diese reale Story in dem real existierenden evangelischen Kirchenleben unserer Zeit? Weil ich zweierlei gleich zu Anfang dieses Vortrages deutlich machen möchte: 1. ) Ich erhebe die Anklage, daß in der Evangelischen Kirche dieses zu Ende gehenden 20. Jahrhunderts ein Selbstzerstörungsprozeß des Christentums abläuft, wie ihn die Geschichte des Christentums noch nie erlebt hat. 2. ) Ich erhebe die Anklage, daß in der Kirche wenig oder überhaupt nicht mündige Christen und Gemeinden die Möglichkeit haben, offen miteinander zu reden und zu streiten. Es wird mit kirchenbehördlichen Mitteln geregelt, was eigentlich im geistlichen Kampf durchgetragen werden müßte. Um zur Sache zu kommen, aber auch gleichzeitig ganz konkret zu bleiben, stelle und beantworte ich die Frage, warum ich die sogenannte Bischöfin Frau Jepsen als ein Beispiel für die qualvolle Selbstauflösung des Protestantismus in Deutschland bezeichnet habe. Wobei ich - und das möchte ich ganz deutlich sagen - subjektiv nicht bezweifle, daß sie das Beste will. Aber es stellt sich uns als Christen die Frage, ob sie das Beste will unter dem Wort Gottes oder gegen das Wort Gottes. Ich bleibe bei diesem Beispiel, denn die Wahrheit ist konkret. Die Bischöfin von Hamburg repräsentiert den Typ eines gesellschaftlichen Anschlußverfahrens des Christentums an die moderne Realität dieser Gesellschaft. Das Christentum soll mit der Gesellschaft, so wie sie ist, in Einklang gebracht werden. Um dieses zu erreichen, pervertiert sie das Neue Testament. So werden die Aussagen, die das Bischofsamt für eine Frau ausschließen, ohne irgendeinen überzeugenden Beweis als „unecht“, „gesetzlich“ und „zeitbedingt“ ausgeklammert. Zwar hat Gott sich nach ihrer Meinung an die biblischen Grundaussagen so fest gebunden, daß diese wesensmäßig zu ihm gehören und daß sich alle neueren Worte und Träume daran messen lassen müssen. Aber wenn diese biblischen Grundaussagen den Träumen der Bischöfin von Hamburg widersprechen, sind es eben keine Grundaussagen, sondern sie sind nur „gesetzlich“ und „zeitbedingt“. Es ist für jeden neutralen Religionshistoriker, der vorurteilslos religiöse Quellen betrachtet, umwerfend, mit welcher Willkür hier zwischen echt und unecht, gesetzlich und zeitbedingt nach purer subjektiver Manier ohne hinreichende wissenschaftliche Begründung unterschieden wird. Aber es wird an den urchristlichen Quellen, die ja die Grundlage unseres Glaubens sind, nicht nur operiert und selektiert, sondern biblische Aussagen werden in einer selbstzerstörerischen Art und Weise interpretiert, so, daß genau das Gegenteil von dem herauskommt, was ursprünglich in der Bibel steht. Dafür ein Beispiel: Eva sei im Gegensatz zu Adam die Aktivere gewesen im Paradies, um die Frau aus den Mauern des Paradieses herauszubringen. Das mag eine persönliche Erfahrung und Traumvorstellung von Maria Jepsen sein. Diese Auslegung ist aber unbiblisch und sinnverdrehend. Denn nach dem Text in 1. Mose 3 verliert der Mensch die paradiesische Nähe zu Gott, weil er mächtig sein will wie Gott und weil er selbst aus sich heraus bestimmen will, was gut und was böse, was wahr und was unwahr ist, so wie Frau Jepsen dieses bestimmen will. Wenn sie sagt, daß ohne die Frauen der Garten der Welt verdorren und veröden und Opfer von Überflutungen und Katastrophen würde, dann steht das nicht in der Bibel. Sie behauptet, der Eigentumsbegriff sei keine christliche Katego- rie. Aber das könnte sie nur sagen, wenn die Zehn Gebote, die ja in der Bibel stehen und ausdrücklich das Eigentum schützen („Du sollst nicht stehlen. Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus“) als „gesetzlich“ und „zeitbedingt“ abgeschafft werden sollten. Genau das aber hat Jesus nicht getan. Er hat die Zehn Gebote nicht abgeschafft. Die Urgemeinde, die Reformatoren, sie alle haben es nicht getan. Sie haben unbeirrbar, im Gegensatz zu Frau Jepsen, an den Zehn Geboten festgehalten. Sie dreht also die Bibel einfach um, wenn es mit ihren Träumen nicht übereinstimmt. Zum Beispiel den Satz im Schöpfungsbericht „Macht euch die Erde untertan und herrscht über die Erde“ (1. Mose 1,28) will sie umkehren in „Macht euch der Erde untertan“. Nicht Gott im Himmel, sondern die Erde soll über uns herrschen. Anders kann ich diesen Satz nicht verstehen. Diese Art und Weise, biblische Aussagen auf den Kopf zu stellen und den biblischen Herrschaftsauftrag an den Menschen mit all seinen Konsequenzen abzuqualifizieren, ist schlichtweg, sowohl wissenschaftlich als auch theologisch beurteilt, pervers. Das Lukasevangelium paßt der Bischöfin darum nicht ins Konzept, weil es in ihm offenkundig nur männliche Nachfolger gibt und die Jüngerinnen bei ihm nur noch am Rande Vorkommen. Mit der Familie hat Frau Jepsen so wenig im Sinn, daß sie die absurde Theorie aufstellt bzw. der Urchristenheit unterschiebt, in der Gemeinde Jesu Christi seien tatsächlich alle bisherigen Familienbindungen gelöst worden. Die Bischöfin von Hamburg, die von allen anderen Bischöfen in allen anderen Landeskirchen Deutschlands anerkannt wird, übersieht bewußt oder in sträflicher Unkenntnis, daß in der Nachfolge Jesu im Martyrium notfalls auf das eigene Leben, auf Eigentum und Familie verzichtet werden muß. Sie übersieht, daß diese Werte, die da geopfert werden, eben wirklich Werte sind und eben darum auch als Werte geopfert werden können. Sie verkennt völlig die Unterscheidung Dietrich Bonhoeffers zwischen dem Letzten und dem Vorletzten. Das Vorletzte aller irdischen Dinge und Daseinshaltungen kann um des Letzten, um des Bekenntnisses zu Christus willen, geopfert werden. Aber Leben, Familie und Eigentum verlieren darum nicht ihre eigene Sinnhaftigkeit und ihre eigene Werterfüllung. Wenn ich auf etwas verzichte in der Nachfolge, muß das nicht wertlos sein, sondern im Gegenteil: Es ist wertvoll. Zu der Zeit, als die Bischöfin Jepsen 1995 solche und andere glaubensverfremdende Aussagen formulierte, hatte sie bereits 35 Pastorinnen und 31 Pastoren ins Amt der Kirche ordiniert. Das unternahm sie, wie sie von sich selbst sagt, als Bischöfin „damit beauftragt, christlichen Glauben hier zu festigen“. Aber wie kann eine Bischöfin, die nach dem in Hamburg immer noch geltenden lutherischen Bekenntnis den Auftrag hat, über die wahre Lehre zu wachen, aus sich selbst neue Lehre setzen? Das wäre eine Möglichkeit, die selbst dem Papst in Rom verwehrt war, ist und sein wird. Für Frau Jepsen ist Gott nicht nur Vater, sondern auch Bruder und Schwester und vieles mehr. Aber davon steht nichts in der Bibel. Und doch ist dies ihr Schlüssel für ein neues Miteinander, mit dem sie die hierarchischen männlichen Strukturen knacken und eine „neue Kirche von unten“ etablieren will. Allerdings: ganz unten wird in Frau Jepsens Kirche derjenige bleiben müssen, der ihr widerspricht, etwa weil er an der Theologie des Kreuzes festhält. Nach dem Urteil der Hamburger Bischöfin sehen Frauen das Kreuz als Unterdrückungswerkzeug und finden darum zu der Kreuzestheologie kaum noch Zugang. So ist für diese Frau, hochangesehen von allen anderen Hierarchien der Landeskirchen in Deutschland, das Kreuz ein Unterdrückungswerkzeug der Frauen. Ist aber nach biblischer Lehre das Kreuz nicht das Zeichen unserer Versöhnung mit Gott? Die Bischöfin, die christliche Frauen aufruft, so feministisch wie möglich zu sein und aus den Erfahrungen des Feminismus zu lernen, die sich energisch dafür einsetzte, daß öffentlich für den Lesbismus eintretende Frauen Leiterinnen eines gesamtkirchlichen Studienwerkes wurden, tut sich schwer mit dem Kreuz, obwohl sie es als Bischöfin sichtbar auf ihrer Amtsbrust trägt. Das Kreuz ist für sie „nicht biblisch verankert“. An die Stelle des gefolterten Mannes will sie „ein fröhliches Frauenkreuz“ setzen mit Szenen aus El Salvador und mit einer Frau in der Mitte, die „in preisendem Jubel ihre Arme öffnet“. Ich will keinem Menschen den Jubel verwehren. Laßt die Menschen doch jubeln, wenn ihnen zum Jubel zumute ist. Aber am Kreuz hing eben vor 2000 Jahren wirklich ein Mann, den die Urgemeinde als Sohn Gottes bekannte. Und gerade diese Botschaft vom Kreuz ist Kern jener Botschaft vom Frieden mit Gott, wie sie im Neuen Testament enthalten ist. Es stand keine jubelnde Frau vor dem Kreuz. Es standen weinende Frauen vor dem Kreuz. Und es hing wahrhaftig ein Mann, der die Sünde dieser Welt durchlitt, am Kreuz. Für Frau Jepsen sind unterschiedliche Glaubensaussagen als „Reichtum“ der Kirche und nicht als Gefährdung zu betrachten. Wichtig ist ihr, „gegen die Tradition zu handeln“. Aber ihr Kampf gegen Tradition ist nicht Kampf gegen menschliche Tradition, sondern gegen die Überlieferung aus dem Urchristentum selbst, gegen die Basis unseres Glaubens. Jeder Religionshistoriker, jeder, der sich mit Religion beschäftigt, gleichgültig, ob er Hindu, Moslem, Jude oder auch Atheist ist, wird bei ruhiger, sachlicher und vorurteilsfreier Sichtung und Prüfung biblischer Inhalte, insbesondere neutestamentlicher Aussagen, bestreiten müssen, daß die sich „evangelisch-lutherisch“ nennende Bischöfin von Hamburg, die nach geltendem Bekenntnis ihrer Landeskirche über die wahre Lehre zu wachen hat, noch auf der Basis des christlichen Gottes-, Welt-, Menschen- und Erlösungsverständnisses steht. Anders und kürzer formuliert: Es stellt sich die Frage, ob diese Frau eben nicht mehr der christlichen, sondern einer neuen, zweifellos äußerst aktuellen, aber eben postmodernen Religiosität verpflichtet ist. Noch einmal, ich bezweifle dabei nicht, daß sie das subjektiv mit Überzeugung, Engagement und gutem Wil- len tut. Die Frage ist nur, warum dieses Engagement sich noch als „christlich“ verstehen will. Zumal man doch nicht annehmen möchte, daß das alles nur geschieht, indem sie sich um ihrer Selbstverwirklichung willen des kirchlichen Apparates bedient. Selbstzerstörung des Christentums beginnt mit dem Ungehorsam gegenüber dem Worte Gottes. Ein bedeutender Kirchenmann schrieb unlängst in aller Offenheit über die Bedeutung der Bibel im evangelischen kirchlichen Christentum heute: „Aus einem Buch mit offenbarter Lehre wurde eine Bibliothek menschlicher Schriften mit zeitgebundenen, sich wandelnden und kontrastierenden Aussagen.“ Die Bibel sei für den nachdenklichen und mündigen Christen von heute eben zeitgebunden und widerspruchsvoll. Ich frage, warum liegt sie dann noch auf dem Altar? Warum berufen wir uns dann noch auf sie? Ein sehr bedeutender und aktueller Mann der Kirche, hoch angesehen, namens Günter Kegel, meint, daß man das Schriftprinzip, nach dem die Kirche in allem, was sie lehrt, sich auf die Bibel berufen müsse, abgeschafft werden sollte. Er meint, damit entfalle der Zwang, zu einer Maskerade der Interpretation zu greifen. Auch eine Mitte der Schrift, von der aus man die übrigen weniger bedeutsamen Partien der Bibel interpretieren könne, gebe es im Grunde nicht, (obgleich alle Kirchenleute und Theologen davon reden). Und nun kommt das Schockierende: Würde man von der Unfehlbarkeit der Bibel ausgehen, so folgert dieser rheinische Theologe, dann wäre „die ganze akademische Theologenschaft eine einzige Bande von Irrlehrern “. Und wenn man heute konsequent aufgrund der Aussagen von Bibel und Bekenntnis Lehrzuchtverfahren durchführen würde, dann würde dieses Verfahren „zum Gerichtsurteil über weite Teile der deutschen Theologieprofessorenschaft werden“. Das sagt ein in kirchlichen Kreisen hoch angesehener Theologe. Ich wiederhole, das habe nicht ich. das hat ein Mann der Kirche gesagt. Wenn wir das zusammenfassen, dann lebt also eine ganze „Bande“ von Theologen außerhalb der in den Landeskirchen geltenden Legalität, widerspricht den Inhalten der Bibel und den verpflichtenden kirchlichen Bekenntnissen und müßte eigentlich rechtens durch Lehrzuchtverfahren außer Amt gesetzt werden. Aber man tut es nicht. Es sind ja schon zu viele, was bleibt da noch übrig? Wer will da noch der Behauptung entgegentreten, daß dem Christentum in den Evangelischen Landeskirchen die Selbstzerstörung droht. Sollte es denn unmöglich sein, hier von einem Verrat des Christentums, eben von einer verratenen Religion zu reden? Ist in der Kirche alles möglich? Kann alles geglaubt, gepredigt, bekannt und auch getan werden? Werden keine Grenzen mehr gesetzt? Wir müssen jetzt etwas mehr in die Tiefe gehen, wir können ja nicht nur schimpfen. Welcher Grundsatz evangelischen Christentums ist hier brutal zerstört worden? Ein reformatorisches Kemanliegen war unbestreitbar: daß Christenmenschen keine andere Autorität, ob Papst oder Konzil, anerkennen dürfen, die sich über das Wort Gottes stellt. Es war doch gerade diese Bindung des Gewissens an Gottes Wort, die Luther jenen Urschrei vor dem Reichstag in Worms am 18. April 1521 ausstoßen üeß. Es ging doch darum, daß eben nicht Päpste oder Konzilien oder Synoden oder Pröpste oder Bischöfe oder Theologieprofessoren oder Oberkirchenräte oder Oberlandeskirchenräte oder Landeskirchenräte oder Landessuperintendenten oder Superintendenten bestimmen können, wie das Wort Gottes ausgelegt wird. Richtlinien mit dem Umgang der biblischen Wahrheit können eben nicht von irgendwelchen Institutionen oder Ämtern aufgestellt werden. Das ist ein reformatorischer Grundsatz. Und ich frage nun auch im Blick auf das, was Lothar Gass-mann und anderen widerfuhr: Wo bleiben jene 1934 gegen die NS-Ideologie formulierten Sätze von Barmen, in denen es heißt: „Wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und müsse die Kirche als Quelle ihrer Verkündigung außer und neben die- sem einen Wort Gottes auch noch andere Ereignisse und Mächte, Gestalten und Wahrheiten als Gottes Offenbarung anerkennen. Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben unter dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugung überlassen. Und wir verwerfen die falsche Lehre, als könne und dürfe sich die Kirche abseits von diesem Dienst besondere mit Herrschaftsbefugnissen ausgestattete Führer geben oder geben lassen.“ So ist eigentlich alles schon einmal gesagt, was gesagt wurde. Und was fehlt? Es fehlt bei uns angesichts grassierender Selbstzerstörung und Entchristlichung in Deutschland und in Europa der Widerstandskampf. Wir widerstehen, ja, wir hier schon. Wir widerstehen, sonst wären wir nicht hierhergekommen. Aber es gibt auch viele, die sich evangelikal nennen und sich für sehr fromm halten, die aber nicht widerstehen. Denen widme ich im allgemeinen meine ganz besondere Aufmerksamkeit. Die Geschichte des Christentums ist die Geschichte der Konfrontation mit dem Widerstand der Welt und dem Abfall von der Wahrheit in der Kirche. Mose kämpfte gegen und für sein Volk. Er kämpfte nicht nur gegen den Pharao für den Exodus aus Ägypten, sondern zerschmetterte auch das goldene Kalb, das ein halsstarriges Volk als sichtbaren Götzen betasten, anbeten und vor sich hertragen wollte. Die Propheten Israels streiten nicht mit selbstgewählten, sondern geoffenbarten Worten um Gottes Ehre und seine Gerechtigkeit. Die Propheten drohen Gerichte und Züchtigungen an, durch die vor allem der frevlerische Hochmut gebrochen werden soll, auch der frev-lerische Hochmut der sogenannten Frommen, die nicht kämpfen. Die Propheten sind keine Erfüllungsgehilfen einer nach Ruhe trachtenden Bedürfnisreligiösität. Sie verkaufen keine Träume und Illusionen, sondern kämpfen gegen eine Religiosität, die das Wort Gottes vergessen machen will. Und im Neuen Testament sehen wir Jesus im Kampf gegen die pharisäische und priesterliche Frömmigkeit stehen. Er ent- larvt die Heuchelei der Pharisäer und reinigt mit Gewalt den Tempel. Halten wir den Frommen, die nicht kämpfen wollen, dieses vor Augen und vor Ohren: Jesus bekennt offen, daß er nicht gekommen sei, um Frieden zu bringen, sondern den Kampf und das Schwert. Und daß seinetwegen bis in die Familie hinein der Kampf zwischen Lüge und Wahrheit entbrennen werde (vgl. Mt. 10,34). Und der Apostel Paulus weiß es und hat es eindeutig erfahren, daß die gute Botschaft von Jesus, dem Christus, nicht ohne Kampf zu verkündigen ist. Er spricht vom „guten Kampf des Glaubens“ (1. Tim. 6,12). Und Paulus weiß auch, daß er letztlich nicht mit Fleisch und Blut, sondern mit den letzten Konsequenzen, mit dem Bösen selbst zu kämpfen hat. Und er bittet die Gemeinde darum, daß sie ihm in diesem verordneten Kampf mit ihrem Gebet zur Seite steht. Im Evangelium nach Johannes lesen wir, daß das Licht in die Finsternis scheint, aber daß die Finsternis es nicht überwältigen kann (Joh. 1,4f). Diese heute von modernen Theologen so verneinte Polarität von Himmel und Hölle, Licht und Finsternis, Gnade und Gericht, ist das Charakteristikum der biblischen Religion von Mose bis Jesus und bis Paulus. Und aus dieser Polarität entsteht immer wieder der Kampf, solange diese Welt besteht. Und nun möchte ich ganz persönlich aus der Tiefe meines Herzens bekennen: Evangelisten oder Pfarrer, die in der Kirche, im Missionsfeld oder im Betsaal den Versammelten Gott als den „Weihnachtsmann der Welt“, als eine Idylle, und Jesus als einen „metaphysischen Osterhasen“ verkaufen, reden an der christlichen Wahrheit vorbei. Immer lächelnde evangelikale Publikumsstars, die in einer Art Bedürfnisreligiösität aus Gott eine Projektionswand allzu menschlicher Bedürfnisse nach egoistischer Selbstverwirklichung machen, die Konfrontation mit der Selbstzerstörung des Christentums aber grundsätzlich vermeiden, weil sie ihre religiöse Kundschaft bei der Stange halten wollen, reden nicht nur am Christentum vorbei - sie umgehen die Wahrheit vom Kreuz und den Schmerz der Wiedergeburt. Sie können gar nicht überwinden. Warum können sie nicht überwinden? Weil sie nicht verwundet sind. Nur wer durch die Selbstzerstörung des Christentums innerlich zutiefst verwundet ist, kann noch überwinden und wird überwinden. Die elektronisch verstärkten Sonnyboys unter den Evangelisten sollten sich aus den 95 Thesen Luthers von 1517 besonders diese merken: „Mögen also alle die Propheten verschwinden, die da sagen zu der Gemeinde Christi .Friede, Friede und ist doch kein Friede1. Den Propheten aber müsse allein es wohlgehen, die da sagen zur Gemeinde Christi,Kreuz, Kreuz und ist doch kein Kreuz1. Man soll die Christen vermahnen, daß sie ihrem Haupte Christus durch Kreuz, Tod und Hölle nachzufolgen sich befleißigen und sich mehr darauf verlassen, durch Trübsal ins Himmelreich einzugehen, als im sorglosen Wahn, es sei Friede“ (Thesen 92 bis 95). Es geht um das Zeugnis und nicht darum, daß wir durch „Glattstellungen“, wie es der Christentumskritiker Franz Bubel einmal ausgedrückt hat, „everybodys darling“ werden wollen. Was meint diese Konfrontation ganz konkret, ganz praktisch im Sinne des Neuen Testamentes und der Reformatoren? Zunächst einmal ist es ein Gerede, von mündigen Christen zu sprechen, solange es keine mündigen Gemeinden gibt, die selbst ihre Pastoren wählen, aber auch abwählen, und ihre Gottesdienste und deren Ordnung in sich selbst beschließen (ohne daß eine Zentralbehörde von Kirchenbeamten dazwischenkommt). Luther wollte im Grunde die selbständige Gemeinde, die ihre Pastoren selbst wählt und die Lehre prüft. Und die Calvinisten haben dieses Uranliegen noch weiter entfaltet und verwirklicht. Man ist auch heute noch einmal daran erinnert, was auf der Bekenntnissynode in Emden am 4. Oktober 1571 von der unter dem Kreuz stehenden und in Deutschland und in Ostfriesland verstreut liegenden reformierten Kirche beschlossen wurde: „Keine Gemeinde darf über die andere Gemeinde das Primat oder die Herrschaft an sich reißen, kein Prediger über die anderen Prediger, kein Ältester über die übrigen Ältesten, kein Diakon über die Diakone. Jede und jeder hat sich sorgfältig vor dem Verdacht solcher Anmaßung und vor dem Versuch, sich das Regiment anzueignen, zu hüten.“ Und im ersten Artikel heißt es dann, Absatz 16: „Die Diener am Wort werden von denen geprüft, von denen sie gewählt werden. Wird ihre Lehre und ihr Leben gebilligt, so werden sie mit feierlichem Gebet und Auflegung der Hände in ihrem Dienst bestätigt“. Aber von dieser Wirklichkeit sind wir weit entfernt. Die Evangelischen Landeskirchen in Deutschland sind mehr oder weniger von oben gesteuerte Landeskirchen, in denen nicht die Gemeinden, sondern höhere Beamte das entscheidende Sagen haben. Es wird daran zu erinnern sein, welch traurige Erfahrungen die Evangelische Kirche sowohl unter dem Nationalsozialismus als auch unter dem realen Sozialismus mit diesen Typen von Hierarchien gemacht hat. Diese haben sich gerade gegenüber den Obrigkeiten um der Erhaltung des Ganzen willen eher als Ohnmachtsstrukturen erwiesen. Und es ist für mich ein trauriges Symbol, wenn Kirchenführer das Kreuz auf der Brust tragen, statt es zu schultern. Überwindung der Selbstzerstörung heißt also konkret: Die Konzentration aus dem Ursprung des Evangeliums gebietet, dieses System, das landeskirchliche System, in dem wir heute leben, muß nach dem Motto „Alle Macht den Gemeinden “ aufgebrochen werden. In den Gemeinden und nur hier konzentriert sich der Leib Christi als bruderschaftliche Gemeinde. Da kämpfen wir für die Freiheit, damit sich die Wahrheit Bahn brechen kann. Aber mit diesem Kampf zur Überwindung der Selbstzerstörung ist es natürlich nicht getan. Das wäre nur ein Kampf gegen die Strukturen. Es geht um etwas anderes, um etwas Wesentlicheres. Weder Jesus noch die Urgemeinde haben je gedacht, geglaubt oder behauptet, daß diese bestehende Welt so geschaf- fen sei, daß sie sich auf eine Welt des Friedens, der Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung hinbewegen würde. Man kann noch schärfer formulieren und in völliger Übereinstimmung mit den Schriften des Neuen Testamentes behaupten, daß Jesus und die Urgemeinde an den Sinn dieser Welt und des Lebens auf dieser Welt nicht geglaubt haben. Eine Sinnerfüllung im Diesseits bleibt für Jesus und die Urgemeinde ausgeschlossen. Sigmund Freud, der atheistische Psychologe, hat es in seinen Worten einmal so ausgedrückt: „Es ist nicht vorgesehen, daß der Mensch auf dieser Welt glücklich wird.“ Er hat recht. Die Erfüllung unseres Lebens erfahren wir im Jenseits unseres Lebens. Aber gerade dieses, daß einmal ein neuer Himmel und eine neue Erde kommen, genau das wird von der modernen Theologie und von den modernen Pastoren energisch bestritten. Wir sollen ja an die Mutter Erde glauben. Die Mutter Erde ist ja das Letzte. Die Erde selbst ist Gott. Da ist kein Gott mehr im Himmel, sondern die Erde selbst ist Gott. Das ist die Aussage, die letzte Aussage, die die moderne Theologie in der Umkehrung, in der Verfälschung der christlichen Botschaft, uns zu vermitteln hat. Inhalt der Verkündigung Jesu dagegen ist das Reich Gottes, das sich nicht in dieser Geschichte, nicht in dieser Welt entwickelt, sondern durch einen totalen Bruch auf dem Tiefpunkt dieser Welt anbrechen wird, wenn Jesus wiederkommt. Jesus und die Gemeinde glaubten an einen neuen Himmel und eine neue Erde, in welcher Friede und Gerechtigkeit in einer neuen Schöpfung wohnen. Die urchristliche Gemeinde lebte in der Hoffnung und Gewißheit, daß sie hier keine bleibende Stadt hat, sondern auf eine zukünftige Herrlichkeit hoffen dürfe. Diese Welt war für sie in jeder Weise nicht das Letzte und Endgültige, sondern nur, wie Bonhoeffer es formulierte, das Vorletzte und Vorläufige. Diese Endzeiterwartung der urchristli-chen Gemeinde steht so sehr im Zentrum ihres Glaubens, daß die Verneinung ihrer Enderwartung, die wir ja bei der iiber- wiegenden Mehrheit der „Bande von Theologen“ heute finden, die Preisgabe des Christentums in seinem Wesenskem bedeutet. Aber wir werden gefragt: Wie steht es mit der Welt, in der wir heute leben? Was meint der biblische Schöpfungsbericht eigentüch, der mit den Worten beginnt:, Am Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Und die Erde war wüst und leer, Finsternis lag über dem Urmeer und ein Gottessturm schwebte über die Wasserfläche. Da sprach Gott: Es werde Licht, und es ward Licht. Gott aber sah das Licht, daß es gut war. Dann schied Gott zwischen dem Licht und der Finsternis.“ (1. Mose 1,10 Im Gegensatz zu der modernistischen Theologie, die diese Erde als göttliche Mutter verehren und den Himmel verneinen will, müssen wir bibeltreu und realistisch klarstellen: Die Tatsache, daß nur das Licht im beginnenden Schöpfungswerk das Prädikat „gut“ erhält, ist Ausdruck für die kosmische Bezwingung der Nacht. Am Ende der Zeit, so sagt Jesus es voraus, kommt die Nacht, da niemand mehr wirken kann (Joh. 9,4). Und der neue Himmel und die neue Erde sind dann der neue Tag einer neuen Schöpfung, in der keine Nacht mehr sein wird. Und jetzt kommt das Entscheidende: Die Schöpfung, in der wir heute leben, steht zwischen hell und dunkel, Tag und Nacht. Die Finsternis als Macht der Zerstörung kann in diese Welt einbrechen mit Krankheit, Katastrophe und Tod. In der Heilung der von dämonischen Mächten Besessenen kämpfte Jesus gegen das satanisch Absurde in dieser Welt. Aus dieser Erfahrung kann Jesus sagen, daß er wirkt, so wie sein Vater bisher wirkt, nämlich im Kampf der Schöpfung für die Überwindung des Bösen, das immer wieder über diese Schöpfung herfällt. Sinn der Schöpfungsgeschichte im Alten Testament ist gar nicht die Antwort auf die Frage, woher die Welt gekommen ist. Vielmehr geht es darum aufzuzeigen, daß diese Welt, die in ihrem Bestand unausgesetzt durch das „Meer“, durch die Chaosmacht bedroht ist, von Gott erhalten und bewahrt wird. In gewaltigen Bildern wird in der Bibel aufgezeigt, daß diese Welt keine paradiesische Welt ist, daß diese Welt nicht die Mutter Erde ist, daß wir in dieser Welt nicht die Sinnerfüllung finden, sondern daß wir in dieser Welt kämpfen müssen auf der Seite des Lichtes gegen die Chaosmacht des Bösen, daß wir immer wieder verwundet werden und immer wieder überwinden müssen. Und daß wir daran glauben, daß ein Gott im Himmel ist, losgelöst von dieser Erde, über dieser Erde stehend. Und die Katastrophe, die sinnhafte, unsinnhafte Katastrophe der modernen Theologie besteht darin, daß sie dieser Erde, diesem Leben, dieser Gesellschaft einen Sinn beimessen will, den die Bibel ihr nicht beimessen kann. Das ist das Entscheidende. Man will den Himmel auf die Erde holen. Der in der Bibel offenbar gewordene Gott ist aber - ganz im Gegensatz zu den Göttern rings um das alttestamentliche Gottesvolk herum - nicht dieser Erde verhaftet. Er ist kein Erdgott. Der Welten, der Ewigkeit, der Zeiten ist ER der Herr. Weil Gott die Zeiten aller Zeiten beherrscht, nennt ihn Jesaja auch „den Ersten und den Letzten“ (Jes. 41,4). Noch einmal: Darum ist es eine radikale Perversion der Bibel, wenn die Bischöfin von Hamburg, Frau Maria Jepsen, fordert: „Seid der Erde untertan“. Das ist die entsetzlichste Herausforderung des Christentums, die man sich vorstellen kann. Wir sind nicht der Erde untertan, sondern wir sind dem allmächtigen Gott im Himmel untertan, der uns die Kraft gibt, auf dieser Erde immer wieder die Wunden zu überwinden, die uns die Erde schlägt. Die Verweltlichung ist der Urgrund aller Irrlehre. Diese Welt - und das wollen die modernen Theologen in dieser degenerierten, lustbetonten Zivilisation nicht wahrhaben - steht im Schatten des Bösen. Darum hören wir den Satz: „Gebirge schmelzen, Täler spalten sich, der Himmel bebt, die Erde erschreckt, Berge beben und Hügel wanken, die Sterne verblassen, Sonne und Mond verfinstern sich“ (2. Petr. 3,10). Hier geht es nicht um überholte mythologische Bilder, sondern um die Erkenntnis, daß auf dieser Welt das Leben des Menschen ungesichert ist, daß es aber auch einbezogen ist in die Geborgenheit Gottes. Wir leben in einem Kampf. Von daher versteht sich der Sinn der prophetischen Sprache: „Denn es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer“ (Jes. 54,10). Wo finden wir noch Spuren dieser Frömmigkeit in der offiziell programmierten Theologie der Hierarchen? Das Volk Gottes, Israel, und die christliche Gemeinde weiß, daß wir durch dieses Leben verwundet werden und daß wir als Verwundete überwinden. Wer von „gesetzlich“ oder „zeitbedingt“ redet, der steht auf der Seite des Chaos und der Dämonie gegen den Gott, der das Leben und die Ordnung dieses Lebens retten will. Leben im Glauben meint nicht, daß man immer „high“ ist. Auch im Leben eines Christen gibt es Verwundete und Geschlagene, unter die Räder Gekommene wie Hiob. Grundlos kann der Mensch unter die Räder kommen, aber dann bleibt ihm wie Hiob die Gewißheit:„Ich weiß, daß mein Erlöser lebt; und als der Letzte wird er über dem Staube sich erheben“ (Hiob 19,25). Daß eben die Macht des Bösen niemals das Letzte, sondern immer nur das Vorletzte ist, das ist die Hoffnung jener, die dem Gott der Bibel nachfolgen. Man achte auf den Realismus, der sich in dem Psalmwort spiegelt: „Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde. Wenn mir gleich Leib und Seele verschmachten, so bist du doch, Gott, allezeit meines Herzens Trost und mein Teil“ (Ps. 73,25-26). Dieser biblische Realismus wird zerstört von einer Theologie, die nach ihren eigenen Wünschen und Träumen und Illusionen lebt. Diese Theologie reißt uns los von dem Erlöser und Überwinder, durch den wir unser Leben überwinden. In seinem persönlichen Leben wird ein jeder, der an der Revolte Gottes gegen die Absurdität teilnimmt, in jeder Phase seines Lebens das Sinnhafte durchkämpfen müssen. Dabei ist es ganz gleichgültig, ob es um die Liebe zwischen Mann und Frau, ob es um einen politischen Auftrag, ob es um ein berufliches Ziel oder alle Möglichkeiten zwischenmenschlicher Beziehungen geht. Immer ist die Macht des Bösen im Sprung und will zerstören, was sinnvoll leben soll. Darum ist das Leben des Glaubenden, Liebenden, Hoffenden und Bekennenden immer Kampf, der nie aufhört, solange er lebt. Und dabei wird er immer die Erfahrung machen, daß auch das Schönste, dem er in seinem Leben begegnet, immer nur das Vorletzte und niemals das Letzte ist. Er wird immer wieder erfahren und entdecken müssen, daß alles Gute, Wahre und Schöne, dem er in dieser Welt begegnet, die letzte Sinnerfüllung seines Lebens nicht bringen kann. Sie liegt nicht im Diesseits, sondern im Jenseits. Das Jenseits, das bestritten wurde von den Marxisten, von den Kommunisten, von den Nazis und von der modernen Theologie. Hier die Sinnerfüllung im Diesseits zu erwarten, den Himmel auf die Erde zu bringen, bedeutet, daß man die Hölle auf die Erde bringt. Weil wir das wissen, sind wir weder Pessimisten noch Weltverächter. Das wird uns immer wieder untergeschoben. Das ist absurd. Wir sind zwar nur Gäste und Fremdlinge auf dieser Welt, aber wir freuen uns auf dieser Welt, weil wir alle Wunden, die sie uns schlägt, überwinden. Denn wir glauben an den Mann, der am Kreuz hing und auch für uns die Welt überwunden hat. Ich fasse jetzt in 4 Punkten das zusammen, was ich sagte: 1.) Mit den Wertungen „gesetzlich“ und „zeitbedingt“ sowie mit den wissenschaftlich ganz und gar fragwürdigen Methoden einer sogenannten historischen Kritik wird die Bibel heute selektiert und relativiert und dem Grundsatz reforma-torischen Christentums, daß das biblische Wort allein Grund unseres Glaubens und Inhalt der Verkündigung und Maßstab von Gut und Böse sei, abgeschworen. Der sich daraus ergebende Prozeß der Selbstzerstörung des Christentums ist so radikal, daß er in der 2000jährigen Geschichte des Christentums einmalig und tödlich ist. 2. ) Die Selbstzerstörung des Christentums führt konsequenterweise zur Selbstzerstörung herkömmlicher evangelischer Kirchlichkeit. Im Gegensatz zum lutherischen und calvinisti-schen Verständnis der Gemeinde als Basis der Evangelischen Kirche bestimmen heute bürohierarchische und synodale Machtstrukturen und staatliche Theologenbeamte, eine einzige „Bande von Irrlehrem “ (so sagt höhnisch der moderne Theologe Günter Kegel) den Irrweg gegenwärtiger evangelischer Christlichkeit. Würden Bibel und Bekenntnis in den Landeskirchen nicht nur auf dem Papier heute noch gültiger Verfassungen stehen, sondern wirksame Geltung haben, dann würden diese Theologen (wieder nach dem Selbstzeugnis des prominenten, modernen Theologen Günter Kegel) zum „ Gerichtsurteil“ über weite Teile der deutschen Theologen- und Professorenschaft werden. Stattdessen werden bibel- und bekenntnistreue Theologen einem dem reformatorischen Christentum Hohn sprechenden Gewissensdruck ausgesetzt. 3. ) Das Gerede von mündigen Christen ist nur Gerede, solange es keine mündigen Gemeinden gibt, die nach Luthers ursprünglicher und nie aufgegebener Absicht ihre Pfarrer nach Schrift und Bekenntnis prüfen und diese selbst wählen oder abwählen und das geistige und geistliche Leben unabhängig von kirchlichen Machtstrukturen prägen können. Die Losung heißt darum ganz bescheiden: Freiheit für die Gemeinden, damit der Wahrheit eine Gasse gebaut wird. Und: Alle Macht den Gemeinden und Kampf den Hierarchen, die Schrift und Bekenntnis verleugnen. 4. ) Der Kernprozeß gegenwärtiger Selbstzerstörung des Christentums realisiert sich heute in dem träumerischen, realitätsverlorenen und wesentlich matriarchalisch motivierten Unternehmen, ohne Glauben an die Wiederkunft Christi und die Erschaffung eines neuen Himmels und einer neuen Erde im Diesseits, heute „ Mutter Erde “ genannt, die letzte Erfül- lung individuellen und gesellschaftlichen Daseins zu finden. Wer aber den Himmel auf die Erde holen will (das haben wir in diesem 20. Jahrhundert zur Genüge ausgekostet, gerade wir in Deutschland) bereitet der Welt eine Hölle. Dagegen lehren und bekennen bibeltreue und reformatorisch denkende Christen mit Dietrich Bonhoeffer, daß alles Glück und Unglück, alle Freude und aller Schmerz auf dieser Welt das Vorletzte, aber niemals das Letzte menschlichen Daseins sind, das erst in der Ewigkeit seine Erfüllung finden wird. Deswegen verfallen Christen nicht in Weltpessimismus, sondern leben in der frohen Zuversicht, daß sie das Vorletzte im Lichte des Letzten leben und erleben, die Freude dankbar hinnehmen und den Schmerz im Vertrauen überwinden. Eben im Vertrauen auf das Wort des Apostels: „ Von ihm, durch ihn und zu ihm sind alle Dinge und ihm allein sei Ehre in Ewigkeit“ (Röm. 11,36). Copyright für diesen Beitrag bei: Prof. Dr. Dr. G. Huntemann. Bremen „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Predigt „ Von der Zeit an fing Jesus an, zu predigen und zu sagen: Tut Buße; denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen! “ (Mt. 4,17) / / ts Rev. Fano Sibisi. Südafrika, Präsident von „Christians for Truth International“ Wenn wir die Tiefe dieses Wortes verstehen wollen, dann müssen wir Johannes den Täufer betrachten. Johannes der Täufer trat nach einer langen Zeit des Hungers, der geistlichen Dürre in Israel auf. Und es wird uns berichtet, daß er in der Wüste war, und daß ganz Jerusalem und Judäa zu ihm hinaus ging, um ihn zu hören. Was sagt uns das? Warum wurden die Leute hinausgezogen zu Johannes? Wenn wir seine Kleider betrachten, dann waren diese nicht sehr attraktiv. Sie bestanden nur aus Kamelhaaren und einem ledernen Gürtel. Wenn wir sein Essen betrachten, dann sah das schrecklich aus: Heuschrecken und wilder Honig. Es wird uns ein Bild von einer sehr harten Persönlichkeit aufgezeigt mit einer harten Botschaft - und trotzdem gingen die Leute zu ihm. (...) Was tun wir heute nicht alles, um die Leute in die Kirche zu ziehen? Manchmal versuchen die Gemeinden viel Vergnügliches anzubieten, damit die Menschen in die Kirche kommen. Aber betrachten wir Johannes. Was hatte er Attraktives, um die Leute anzuziehen? Nichts anderes als die Kraft Gottes. Er sprach draußen in der Wüste - und die Leute kamen zu ihm. Hatte er eine schöne, sanfte, weiche Botschaft? Nein. Sie lautete: „ Tut Buße!“ „Hört auf und kehrt um! Geht in die umgekehrte Richtung!“ (...) Buße bedeutet eine 180-Grad-Umkehr: in eine Richtung zuerst gehen, umkehren und dann in die andere Richtung gehen. Könnt ihr an Leute denken, die so umgekehrt sind? Ich kenne einige. Ich kann mich an meinen Vater erinnern. Ich ehre meinen Vater. Er ist 1984 gestorben. Aber für mich ist er ein gutes Beispiel für jemanden, der umgekehrt ist. Als der Herr ihn fand, war er am Ende. Er war ein Alkoholiker. Sein Körper konnte nichts mehr aufnehmen. Er hatte ein Geschäft. Er hatte alles verloren. Und zu dieser Zeit ist Gott in sein Leben gekommen. Er hat die Botschaft Jesu Christi gehört. Er hat die Botschaft der Erweckung gehört. Und es wurde ihm Zeit gegeben, darüber nachzudenken. Und dann traf er die Entscheidung. Ich erinnere mich gut. Er nahm sich 5 Tage Zeit, darüber nachzudenken. Aber ich erinnere mich an diesen Tag, als er gesagt hat: „Jetzt habe ich mich entschlossen“. Und das war ein Wendepunkt in unserer Familie. Er hat nie wieder getrunken. Er hatte einige Verhältnisse mit Frauen, und das war das Ende davon. Er hatte ein schwieriges Verhältnis in der Ehe mit meiner Mutter. Es besserte sich. Und ich weiß, er hatte viele Zaubereigegenstände. Diese vernichtete er. Unser Zuhause war nicht mehr dasselbe. Johannes der Täufer sprach: „Tut Buße, denn das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen!“ Und nun gingen viele Menschen zu ihm. Sogar die Pharisäer und die Sadduzäer. Und diese haben ihm gesagt: „Ja, wir kommen auch, wir wollen auch Buße tun.“ Aber er antwortete ihnen: „Ihr seid eine Generation von Otterngezücht.“ Auf heute angewandt könnte man es so formulieren: „Wir sind auch Christen. Wir haben auch Buße getan. Taufe uns auch.“ Er aber antwortet: „Nein, ich werde euch nicht taufen. Denkt ihr, daß ihr so in den Himmel kommt, wie ihr seid? Das kann so nicht geschehen.“ Andere kamen nämlich, bekannten ihre Sünden und bereinigten ihr Leben. Gott hat mit ihrer Vergangenheit abgerechnet. Das wollten die Pharisäer und Sadduzäer nicht. Wir finden heute auch Christen, die diesen Weg gehen wollen, aber sie können es nicht. Warum können sie es nicht? Wegen des Zeitgeistes, der sie im Griff hat. Viele Leute sind einfach „in der Kirche“. Aber man kann nicht sehen: Wann hat diese Person wirklich Buße getan? Einige sind in die Kirche „hineingeboren“. Sie waren immer Teil der Kirche. Aber man kann sich nicht erinnern, wann sie gekommen sind und mit ihrer Vergangenheit gebrochen haben. Und dann ist es kein Wunder, wenn man irgendwie den Eindruck hat, daß diese Leute es im christlichen Glauben nicht schaffen. Weil sie nie einen Grund im Glauben gelegt haben. Johannes lehrt uns, daß man irgendwo beginnen muß. Du mußt mit der Vergangenheit brechen. Wenn man seine Sünden bekennt, dann steht man vor seiner Sünde. Man sieht sich selbst so, wie man ist. Es muß ein Bruch mit der Vergangenheit stattfinden. Man muß sich selbst begegnen. Und man muß die Situation in der Familie sehen. Die, die verheiratet sind unter uns, sollten sich prüfen: Wie ist mein Verhältnis zu meiner Frau? Wenn ihr mit euren Frauen nicht in Vernunft zusammen sein könnt, dann können eure Gebete schwer zum Himmel kommen. Wenn ihr aber Buße tut und eure Sünden bekennt, dann erfahrt ihr, daß das Licht Gottes in jeden Winkel eures Herzens hineingeht. Und wenn deine Sünden vor dir sind, erkennst du: Ich bin ein böser Mensch. Wir können nicht wirklich erkennen, was Errettung ist, wenn wir nicht zu diesem Punkt gekommen sind und erkannt haben, wie sündig wir sind. Wo wir nicht geweint haben und traurig über unsere Sünde waren. Wo wir nicht erkannt haben: Ich muß von meiner Sünde befreit werden. Tut ihr das, dann werdet ihr das Kreuz lieben. Denn ihr werdet wis- sen: Da ist der Platz, wo ich gereinigt wurde. So sagt uns Johannes: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!“ Und Jesus kommt mit genau derselben Botschaft. Jesus möchte, daß das ganze Leben des Gläubigen Bekehrung, Buße ist. So wird es auch in These 1 der alten und neuen 95 Thesen zum Ausdruck gebracht. Bedeutet das, daß wir jeden Tag gebeugt und traurig umher gehen sollen? Ich denke nicht, daß das die Botschaft ist, sondern es erinnert mich daran, was Asaph gesagt hat in Psalm 73: „Jeden Morgen wurde ich gezüchtigt“. Jeden Morgen bin ich Gott so nahe, bin ich so in Gemeinschaft mit Christus, daß er zu mir redet bezüglich meines Lebens, daß er mich zum Kreuze ruft und ich gereinigt werden kann. Erinnert euch an Offenbarung 7. Wir lesen dort von einer großen Schar von Menschen aus den verschiedenen Nationen, die vor dem Thron Gottes stehen. Und was sind das für Leute? Es sind die, die durch die große Trübsal gegangen sind und ihre Kleider gewaschen haben im Blute des Lammes. Also soll das ganze Leben des Christen ein Leben in der Buße sein. In These 3 der neuen 95 Thesen heißt es: „Wenn die Buße ernsthaft ist, führt sie dazu, daß der einzelne und die Kirchen das falsche Verhalten, die Sünde hassen und lassen - nicht aus eigener Kraft, sondern durch die Gnade und Kraft Jesu Christi.“ Sollten wir dafür Gott nicht danken und ihn preisen? Die Kraft, um Sünde zu überwinden, die Kraft, um Sünde zu hassen, ist nicht unsere Kraft, sondern sie kommt von Gott.(...) „Das Königreich ist nahe herbeigekommen”, hörten wir in Mt. 4,17. Wir möchten dieses Königreich Gottes in unseren Kirchen sehen. Wir möchten sehen, daß sich unsere Kirchen vor dem Willen Gottes beugen. Aber es muß mit dir und mit mir beginnen, mit deiner Familie und mit meiner Familie, in deiner Kirche und in meiner Kirche. Und nur in dieser Art und Weise werden wir die Gesellschaft beeinflussen. (...) Wir sind in diesen Tagen zusammengekommen, weil wir viel Falsches sehen, was umhergeht in unseren Gemeinden. Und manchmal sind wir voller Scham, wenn wir hören, was Christen tun. Wenn wir sehen, wieviele Ehescheidungen in unseren Kirchen stattfmden. Und wenn wir erkennen, wie wenig in vielen Kirchen von dem Worte Gottes da ist. Wenn wir sehen, wie homosexuelle „Eheschließungen“ gesegnet werden. Darüber sind wir beschämt und wir schreien zu Gott. Ja, natürlich, wir möchten, daß ganze Kirchen Buße tun und umkehren. Darum rufen wir die Leute zurück zum Worte Gottes. Wir rufen die Leute zurück zu Jesus Christus. Das ist die Botschaft der neuen 95 Thesen. Und das werden wir deutlich in Wittenberg sagen. (...) Aber Jesus lehrt uns, daß wir nicht zuerst mit dem Finger auf andere zeigen sollen, sondern wir sollen zuerst auf uns selbst zeigen. Tut Buße, weil das Königreich nahe herbeigekommen ist. Kehrt um, kehrt zurück zu Gott! Nicht nur heute, auch morgen, auch übermorgen. Nicht, weil es eine Last ist, sondern weil es ein Vorrecht ist, mit Gott zu wandeln, die Augen auf ihn gerichtet zu haben. Und diese Gewißheit möchte ich euch mitgeben, liebe Freunde. Wenn wir, ein jeder individuell, eine jede Person von hier Weggehen und dieses bewahren, was wir gehört haben, wenn wir zuhören und Buße tun von ganzem Herzen und mit der Vergangenheit brechen - mit dem Haß, mit den Vorurteilen, mit dem Stolz - und in eine neue Gemeinschaft mit Christus kommen - dann wird etwas geschehen in unserem Leben. Dann werden wir Zeugen Jesu Christi sein. Dann werden wir Salz und Licht sein. Und in unseren Familien wird etwas geschehen. Es wird nicht immer einfach sein. Aber wenn wir zu Gott stehen und ihm treu bleiben, dann wird sich etwas verändern. Und auch in euren Kirchen und Gemeinden und in eurer Gesellschaft wird sich etwas verändern. Wenn ihr sprecht, wird Autorität da sein. Wenn wir dann als Gemeinde sprechen, dann wird die Welt es hören. Dann wird die Welt kommen mit Fra- gen, und wir werden die Antwort haben. Und wenn sie uns dann fragen: „Sagt uns, in welcher Autorität, in welchem Namen sprecht ihr?“, dann können wir ihnen sagen: Jm Namen Jesu.“ Kundgebung am 27.10.1996 in der Lutherstadt Wittenberg vor dem Anschlag der neuen 95 Thesen Der Thesen-Anschlag in Wittenberg Presseberichte Thesen-Anschlag in Wittenberg 500 Jahre nach Luther Wittenberg/Berlin- Eine Reformation ist heute nötiger als zu Zeiten Martin Luthers vor fast 500 Jahren. Mit dem Anschlag von neuen 95 Thesen an historischer Stätte in Wittenberg haben am 27. Oktober 1996 theologisch konservative protestantische Organisationen diese Auffassung unterstrichen. Mit den in über 100 Ländern und 20 Sprachen verbreiteten Thesen wollen sie Kirche und Gesellschaft zur Buße rufen. Sie beklagen, daß die evangelische Kirche ihre Grundlage, die Bibel, weitgehend verlassen habe; dies führe zur Auflösung klarer ethischer Maßstäbe in der gesamten Gesellschaft. So würden Abtreibung, Unzucht, Homosexualität und Drogenmißbrauch weitgehend geduldet. Initiator der neuen 95 Thesen ist der in Gießen lehrende evangelikale Theologe Dr. Lothar Gassmann. Er sagte, die Mißstände seien heute schlimmer als im Jahr 1517, als Luther seine Thesen an der Wittenberger Schloßkirche anschlug. Damals habe die katholische Kirche durch den Ablaßhandel eine „billige Gnade“ verkündet. Heute toleriere die evangelische Kirche eindeutige Verstöße gegen biblische Normen; „Hieß es damals: ,Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegfeuer springt“, so heißt es heute:,Alles ist erlaubt - und die Kirche segnet es ab.“ In Wittenberg stieß der Thesenanschlag auf kirchlichen Widerspruch. Propst Hans Treu erklärte, die Aktion sei „dem Evangelium abträglich“. Reformationstag: Eröffnung der ersten „Evangelischen Bekenntnisgemeinde “ Die Thesen werden in Deutschland von 33 Gruppierungen unterstützt. Mit der Kundgebung in Wittenberg schloß ein dreitägiger Kongreß in Berlin mit über 500 Teilnehmern ab. Er wurde unter anderem von der internationalen Bewegung „Christen für die Wahrheit“ (Durban/Südafrika) und dem Evangelischen Aufbruch Mittelrhein (EAM) organisiert. Der EAM-Vorsitzende, der Leitende Medizinalrat Dr. Heinz-Jürgen Fischbach (Montabaur), rief zum Widerstand gegen kirchliche Fehlentwicklungen auf und kündigte die Gründung einer alternativen, unabhängigen Kirchengemeinde an. Die erste Evangelische Bekenntnisgemeinde wird in Neuwied (Rhein) am Reformationstag, dem 31. Oktober, eröffnet. Damit ziehe man die Konsequenz aus der „geistlichen Katastrophe“ in der Evangelischen Kirche im Rheinland. Deren Synode habe sich über ihre eigene „Verfassung“, das Wort Gottes, hinweggesetzt, indem sie mit 90prozentiger Mehrheit einen Beschluß zur Tolerierung der Sünde „praktizierter Homosexualität“ gefaßt habe. Durch diese „Respektlosigkeit“ habe die Kirche das eindeutige Nein der Bibel „über den Haufen geworfen“. Die „wahre Evangelische Kirche im Rheinland“ - „Mobbing“ gegen Pfarrer Die neue Gemeinde sei kein kirchlicher Verein, sondern verstehe sich als die „wahre Evangelische Kirche im Rheinland“. Laut Fischbach ist das Fernziel die Gründung einer „Bekennenden Evangelischen Kirche in Deutschland“. Der EAM-Vör- sitzende warf der rheinischen Kirchenleitung erneut vor, durch „Mobbing“ gegen unliebsame bibeltreue Pfarrer vorzugehen und dabei deren finanzielle Abhängigkeit auszunutzen. Beim Gründungsgottesdienst der Evangelischen Bekenntnisgemeinde Neuwied wird der Präsident des Theologischen Konvents der Konferenz Bekennender Gemeinschaften, der Missionswissenschaftler Prof. Peter Beyerhaus (Tübingen), predigen. In einem Grußwort auf dem Kongreß sagte er, der Kampf für Bibel und Bekenntnis sei nötig. Gott werde seine „kleine Schar“ durch „Wirrnisse und den Nebel des Zeitgeistes“ hindurchführen. Die Neuwieder Gemeinde ist offen auch für Christen aus anderen Regionen. Gassmann will sich ihr anschließen. Mit „Gemeindezucht“ gegen Irrlehrer auch Bischöfe zur Buße rufen Die neuen 95 Thesen sprechen sich auch für „Gemeindezucht“ gegen „Irrlehrer“ aus, die nicht zur Umkehr bereit sind. Diese Maßnahme, die im Extremfall den Ausschluß aus der Kirchengemeinschaft bedeutet, dürfe auch nicht vor „Gemeindeältesten, Synodalen und Kirchenführem“ haltmachen. Gassmann und Fischbach sagten vor Journalisten, nach ihrer Ansicht müßte sich beispielsweise der badische Landesbischof und EKD-Ratsvorsitzende Klaus Engelhardt (Karlsruhe) zur Buße rufen lassen. Engelhardt sei für die Besetzung des Frauen-Studien- und Bildungszentrums der EKD in Gelnhausen mit Feministinnen verantwortlich. Einige feministische Theologinnen verträten die Irrlehre, daß das Menstruationsblut anstelle des Blutes Jesu die Erlösung bringe. Das „Schiff der Kirche“ ist mit dem „Müll des Zeitgeistes“ überladen Gassmann betonte, daß sich der Bußruf zuerst an die eigene Adresse der bibeltreuen Christen richte. Er forderte die Kirchenleiter zur „Disputation“ auf: „Das Schiff der Kirche kentert, denn ihr selbst habt es mit dem Müll des Zeitgeistes überladen.“ Die Politiker mahnte er zur „geistig-moralischen Wende“: „Kehrt zu Gott und seinen guten Lebensordnungen um! Beendet den rapiden moralischen Zerfall in Staat und Gesellschaft und das daraus resultierende Massentöten im Mutterleib! Verbietet Gotteslästerung und Euthanasie!“ Evangelikale predigen ein „ Wohlfühlevangelium “ Beim Kongreß hieß es, nicht nur die Landeskirchen, sondern auch Freikirchen und Teile der übrigen evangelikalen Bewegung seien von Mißständen betroffen. So würden bisweilen die Kreuzesbotschaft und die Lehre von Gottes Gericht vernachlässigt. Statt dessen predige man ein „Wohlfühlevangelium“. Repräsentanten der Gruppen, die die Thesen unterstützen, riefen andere evangelikale Dachorganisationen, etwa die Deutsche Evangelische Allianz, auf, sich der Bewegung anzuschließen. Der internationale Generalsekretär der „Christen für die Wahrheit“, Kjell Olsen (Durban/Südafrika), informierte darüber, daß die Thesen inzwischen weltweit in Millionenauflage verteilt oder abgedruckt worden seien. Die erst 1990 in Südafrika gegründeten „Christen für die Wahrheit“ haben über 70.000 Mitglieder in 53 Ländern. (nach einer Meldung des IDEA-Pressedienstes vom 28.10.1996) Eine Woche nach dem Wittenberger Thesen-Anschlag: Reformations-Kongreß in Frankreich Paris. „Wir brauchen eine Reformation der Herzen. Nur durch die Umkehr vieler einzelner Menschen zu Gott können sich Kirchen und Staaten positiv verändern“. Mit diesem Appell endete ein dreitägiger Kongreß unter dem Thema „Reformation heute“ Anfang November in Paris. Eingeladen hatte der französische Zweig der internationalen Bewegung „Christen für die Wahrheit“. Die Veranstaltung fand eine Woche nach dem gleichnamigen Kongreß in Berlin und dem Anschlag der neuen „95 Thesen zur Situation von Kirche und Gesellschaft“ an der Schloßkirche in Wittenberg statt. Waren in Berlin und Wittenberg etwa 500 Dauerteilnehmer zu vermelden, so waren es im überwiegend katholischen Frankreich immerhin rund 400. Hauptredner war der deutsche Theologe Dr. Lothar Gassmann (Wetzlar/Gießen), der Initiator der „neuen 95 Thesen”. Er rief dazu auf, auch in Frankreich um eine Bußbewegung zu beten und im eigenen Leben damit zu beginnen. Bei einem Podiumsgespräch erörterten Jean-Pierre Coulin (Präsident von „Christen für die Wahrheit“ in Frankreich), Albert Watto (Pastor der Afrikanischen Gemeinden in Paris) und der Mediziner Andre Maghakian, wie eine reformatorische Erneuerung in Frankreich beginnen könne. Unter den Kongreß-Teilnehmern befanden sich viele Pastoren und Gemeinde-Verantwortliche aus Frankreich, z.B. der Präsident der dortigen Selbstständigen Lutherischen Kirche, und ausländische Gäste, etwa der ehemalige Ministerprädident des Tschad, Fidel Manga. Sie erklärten ihr grundsätzliches Einverständnis mit den neuen 95 Thesen, die inzwischen in über 100 Staaten verbreitet sind und in Frankreich an 4.600 Pastoren und Gemeindeleiter geschickt wurden. Nach den Kongressen in Berlin und Paris sind weitere Kongresse über das Thema „Reformation heute“ in anderen Ländem(z.B. im Januar 1997 in Holland) geplant. Neue Reformation auch in den Niederlanden „Der zunehmende wirtschaftliche Verfall in vielen Staaten hängt mit dem Ausbleiben der geistig-moralischen Wende zusammen. Wo Gottes Gebote nicht mehr emstgenommen werden, zieht er seinen Segen zurück.“ Diese düstere Diagnose stellte der deutsche Theologe Dr. Lothar Gassmann (Gießen) bei dem Kongreß „Reformation heute“ in Zeist bei Utrecht (Niederlande) am 11. Januar 1997. Und er sagte: „Wir mfen die Verantwortlichen in Kirche und Gesellschaft auf: Kehrt zu Gott und seinen Ordnungen um!“ Auch der niederländische Parlamentsabgeordnete Leen von Dijke, Fraktionsvorsitzender der Reformatorischen Politischen Föderation (RPF), beklagte die rapide Auflösung christlicher Wertmaßstäbe: „Viele Menschen wissen nicht mehr, was gut und was böse ist. Eine christliche Politik auf der Grundlage der Zehn Gebote kann dazu beitragen, ihr Gewissen zu schärfen und das Leben und Überleben zu sichern.“ P. J. Stam, Pfarrer der Niederländisch-Reformierten Kirche, beschrieb die „zerstörerische Wirkung der Bibelkritik“: „Die Bibelkritik ist heute das Symptom, das zu Luthers Zeiten der Ablaß war. Sie ist genauso tödlich für den Glauben und kann nur durch bibeltreue Alternativen überwunden werden.“ Nach Südafrika, Deutschland und Frankreich waren die Niederlande der vierte Staat, in dem der Kongreß „Reformation heute“ stattfand. Veranstalter war die Vereinigung „Christen für die Wahrheit“, die inzwischen rund 80.000 Mitglieder in 54 Ländern zählt. Sie hatte 1996 neue „95 Thesen zur Situation von Kirche und Gesellschaft“ veröffentlicht und in mittlerweile 25 Sprachen fast weltweit verbreitet. In den Niederlanden sind die Thesen an alle evangelischen Pfarrer und Prediger geschickt worden. Namhafte Persönlichkeiten haben sich hinter sie gestellt, so etwa Dr. J. van der Graaf (Sekretär des Reformierten Bundes in der „Hervormde Kerk“), B A. Ramaker (Direktor der Internationalen Bibel- gesellschaft), die Parlamentarier G. J. Schutte, L. van der Waal und L. van Dijke sowie die Theologieprofessoren E. J. Ouweneel, A. de Reuver, E. Schuurman, W. van’t Spijker und C. A. Tukker. Die Thesen sollen auch in den Niederlanden zu einer Bußbewegung, zu einer neuen Reformation, beitragen. Dr. Lothar Gassmann und Präsident Fano Sibisi nach dem Anschlag der deutschen Thesen. Ablauf Der Anschlag der neuen 95 Thesen erfolgte am Sonntag, den 27. Oktober 1996, zwischen 15.30 Uhr und 16.00 Uhr in der Lutherstadt Wittenberg. In dieser Zeit wurden die Thesen in 20 Sprachen an eine Holztüre angeschlagen, die unmittelbar vor der bronzenen Kirchentür der Schloßkirche mit den 95 Thesen Dr. Martin Luthers aufgestellt wurde. Die Sprachen, in welchen die neuen 95 Thesen von jeweils zwei Vertretern der jeweiligen Kultur oder der jeweiligen Länder angeschlagen wurden, sind die folgenden (in dieser Reihenfolge): Deutsch, Englisch, Französisch, Russisch, Spanisch, Zulu, Holländisch, Tschechisch, Italienisch, Ungarisch, Schwedisch, Norwegisch, Afrikaans, Portugiesisch, Japanisch, Koreanisch, Indonesisch, Griechisch, Polnisch, Rumänisch. Der neue Thesen-Anschlag wurde von einer Kundgebung (sie dauerte von 15 bis 17 Uhr) umrahmt, der über 500 Gläubige sowie Vertreter der internationalen Presse beiwohnten. Sie begann mit dem gemeinsam gesungenen und von Bläsern begleiteten Reformations-Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ und einem Gebet von Pfarrer Engemann von der Evangelisch-Lutherischen Bekenntnisgemeinschaft Sachsen. Danach sprach der Kulturreferent der Stadt Wittenberg, Herr Pfingsten, ein Grußwort. Ein Nachkomme Martin Luthers, Direktor W. Lie-behenschel, Mitglied der Lutheriden-Vereinigung, der ebenfalls ein Grußwort sagen wollte und auf dem Programm stand, war leider verhindert. Die Abfolge der nachfolgend abgedruckten Referate entspricht dem zeitlichen Verlauf der Kundgebung. Sie wurde von Georg Grau, dem Sekretär von CFT Deutschland, moderiert. Der Thesen-Anschlag erfolgte vor der Ansprache von Dr. Lothar Gassmann. Sie wurde mit Posaunen-Stücken und dem Lied „Die Sach ist dein, Herr Jesus Christ“ umrahmt. Vor den Ansprachen drucken wir zunächst einige Grußworte ab, die nicht in Wittenberg, sondern bereits vor oder während des Kongresses „Reformation heute“ an die Veranstalter und Teilnehmer gerichtet worden waren. Grußworte Janis Vanags, Riga, Erzbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche Lettlands: „Wir senden unsere besten Wünsche an alle Teilnehmer des Kongresses Deformation heute1 und beten um Gottes Leitung und Segen für Sie.“ Prof. Dr. Dr. Peter Beyerhaus, Tübingen, Präsident der Internationalen Konferenz Bekennender Gemeinschaften: „Die christustreuen Christen sind heute eine kleine Minderheit geworden. Oft kommen sie sich vor wie die 7 000 übriggebliebenen Getreuen zur Zeit Elias und fragen sich: Gibt es denn überhaupt noch eine Zukunft? Aber gerade diesen Brüdern und Schwestern gilt das Wort des Herrn: »Fürchte dich nicht, du kleine Herde! Denn eurem Vater im Himmel hat es gefallen, euch das Reich zu geben. ‘ (Lukas 12, 32) Es kommt also darauf an, gerade in dieser Stunde nicht den Mut zu verlieren, sondern ganz gewiß zu sein, daß der Herr seine ihm getreue Gemeinde durch diese gegenwärtigen Wirrnisse, durch die Nebel des Zeitgeistes hindurchführen will. Aber dazu ist es nötig, daß wir als eine Herde Seine Stimme erkennen, die Stimme des guten Hirten, und daß wir diese unterscheiden von den verlockenden Stimmen der Mietlinge. Es ist schön, daß es immer wieder Brüder und Schwestern gibt, denen es geschenkt ist, in klarer Weise zu Organen der Stimme Jesu Christi zu werden, wie das ja auch in den neuen 95 Thesen geschieht. Ich freue mich, daß diese sich eindeutig in die Tradition der evangelischen Reformation Martin Luthers stellen und daß dies seinen Höhepunkt finden soll in einer Rückkehr zur Flanunstätte der Reformation, nach Wittenberg. Nicht erst heute beginnt unser gemeinsames Bekennen, sondern schon seit 30 Jahren fühlen sich Brüder und Schwestern herausgefordert, gegen den antichristlichen Zeitgeist das Wort zu erheben. Leider ist es so, daß es auch in unserer Mitte Zeichen von Ermüdung gibt. Es werden sogar die Stimmen derjenigen laut, die sagen, kein Bekenntniskampf könne über eine ganze Generation hinweg geführt werden. Irgendwann einmal gehe uns die Kraft aus. Liebe Geschwister, laßt uns nicht auf diese Stimmen hören! Laßt uns nicht wanken und nicht müde werden, denn der Herr will uns hindurchhelfen! Und wenn wir IHM folgen, werden wir das Ziel erreichen.“ Prof. Dr. Dr Ernst Lerle, Erlangen (D) „Gott der Herr gebe seinem Volk Kraft und Freudigkeit, sich den Lügen und der UnWahrhaftigkeit zu widersetzen, mit denen jetzt das Evangelium verfälscht und das menschliche Zusammenleben vergiftet wird!“ EC-Verband, Rumänien „Im Namen des EC-Verbandes von Rumänien und der Pfarrer, die dazu gehören, grüssen wir alle, die sich zur Konferenz „Reformation heute“ versammeln. Viele Pfarrer der ungarischen reformierten Kirche von Rumänien haben Ihren Brief mit den 95 Thesen und mit der Einladung zum Kongreß erhalten. Viele der Empfänger sind mit dem Inhalt dieser Schrift einverstanden. Den Mitgliedern des EC-Verbandes in Rumänien (und auch noch vielen anderen) liegt die biblische Erneuerung der Kirche, in Hinsicht auf die Lehre und das Leben, am Herzen. Obwohl kein Vertreter unseres Verbandes an der Konferenz teilnehmen kann, möchten wir Ihnen versichern, daß es für uns eine große Freude ist, zu wissen, daß eine solche Manifestation stattfindet. Darum beten wir auch, daß Gott Ihre Bemühungen und Ihre Konferenz segne, daß das Wort der Wahrheit - gleich wie in Luthers Zeit - offene Ohren und Herzen findet. Das nachfolgende apostolische Wort soll unsere guten Wünsche und Gebete begleiten: „Darum, meine lieben Brüder, seid fest, unerschütterlich und nehmt immer zu in dem Werk des Herrn, weil ihr wisset, daß eure Arbeit nicht vergeblich ist in dem Herrn.“ (1. Kor. 15,58)“ Ansprachen Präsident Fano Sibisi (Mitte) während seiner Ansprache in Wittenberg. Links: Jörg Laderach Präsident von CFT Schweiz, der ihn übersetzte. Rechts: Georg Grau, Sekretär von CFT Deutschland, der die Kundgebung moderierte. Rev. Fano Sibisi, Südafrika, Präsident von „ Christians for Truth International“: Die Flamme von Wittenberg Liebe Freunde! Ich erinnere mich, wie ich aufgewachsen bin in Tibini, als kleiner Zulujunge in Südafrika. Wißt Ihr, daß wir in unserer Geschichtslehre über Martin Luther informiert wurden? Und wißt Ihr, daß wir sogar dieses Lied „Ein feste Burg ist unser Gott“ in Zulu gesungen haben? Aber ich habe mir nie vorgestellt, daß ich eines Tages hier in Wittenberg sein würde. Und ich habe es mir nie vorstellen können, daß ich eines Tages hier stehen würde als Präsident von „Christen für die Wahrheit“. Und daß ich hier stehen würde Hand in Hand mit so vielen Christen aus verschiedenen Gemeinschaften und Organisa-tionen.(...) Ein Mann, mit Gott auf seiner Seite, ist immer in der Mehrheit. Und Martin Luther ist dafür ein Zeuge. Und die zweite Tatsache ist: Wenn Ihr Martin Luther habt, braucht Ihr auch einen Melanchthon an seiner Seite und viele andere. Wenn Ihr Luther in Deutschland habt, braucht Ihr Calvin in der Schweiz, dann braucht Ihr auch Zwingli und Knox und viele andere mehr. Dann habt Ihr die neue Reformation. Was meine ich damit? Ich meine, daß wir alle, die wir hier sind, von hier hinausgehen sollten, wohl erkennend, daß wir nicht Luther sind, aber wissend, daß wir etwas bewegen können. Erinnert Euch an die Olympische Flamme in Atlanta 1996! Erinnert Euch, wie diese Ramme hinausgetragen wurde von einer Stadt zur anderen! Und das ist meine Herausforderung an Euch: Da ist diese Ramme, Reformation, die 95 Thesen - und nun die neuen 95 Thesen, die uns aufrufen, zurück zum Wort Gottes zu kommen. Zurück zur Buße zu kommen. Laßt uns diese ergreifen! Und laßt uns mit diesen laufen! Und möge Gott Euch segnen, wenn Ihr dieses tut. Danke auch für das Vorrecht, in Wittenberg sein zu dürfen. Das ist für uns eine Erfüllung unserer Träume. Dr. Heinz-Jürgen Fischbach, Montabaur (D), Vorsitzender des „Evangelischen Aufbruchs Mittelrhein“: Am Vorabend der neuen Bekennenden Kirche Ich möchte zum Thema sprechen: „Brauchen wir eine neue Reformation?“ (...) Worum ging es Martin Luther? Ich möchte einen Gedanken in den Vordergrund stellen, der allen Reformatoren gemeinsam ist, auch Calvin. Das ist die Ehre, die Heiligkeit und die Majestät Gottes. Sie wissen sicherlich, daß Luther in seiner Jugend umgetrieben war von der Frage: „ Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?“ Und es ist heute eigentlich Konsens: Diese Frage ist veraltet. Man diskutiert heute über die Frage: „Gibt es überhaupt einen Gott?“ - und viele diskutieren selbst über diese Frage nicht mehr. Aber für Luther war das die zentrale Frage. Und im Begriff „Gnade“ steckt ja sehr viel. Zunächst einmal, daß da eine Autorität ist, die auch anders verfahren kann, als gnädig zu sein. Es ist ja für viele selbstverständlich: Gott ist gnädig, er ist lieb, und ich mache weiter, wie ich will. Gott ist eigentlich harmlos. Ich meine, es war Heinrich Heine, der gesagt hat: „Pardonner c'est son metier“. „Gott muß ja vergeben. Das ist sein Beruf. Was bleibt ihm auch anderes übrig?“ Dazu kann ich als Christ nur sagen: Das ist eine gefährliche Illusion! So ist Gott nicht! Die Reformation begann im Bereich der Ethik, mit dem Emstnehmen des Willens Gottes - und damit mit dem Emstnehmen Gottes. Wie kam denn Luther zu dieser Lebenshaltung? Durch das Studium der Heiligen Schrift erkannte er den wahren Gott, den Vater Jesu Christi, den Gott Israels, den Gott, der durch die Propheten und durch Jesus Christus verbindlich und abschließend zu allen Menschen gesprochen hat. Und das war damals so wie heute und wie immer. Gott wird in dieser Welt an den Rand gedrängt. Sehen wir in den Bereich der Wissenschaft, in die Wirtschaft, in die Politik. Da veranstaltet man Kongresse mit weltweiter Zielsetzung: „Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung“. Das ist doch sehr gut, wer wollte etwas dagegen haben als vernünftiger Weltmensch. Aber was steckt denn als Voraussetzung dahinter? Es ist der Mensch, es sind seine Sorgen, seine Bedürfnisse, seine Erwartungen, seine Maßstäbe. Beliebt ist man immer, wenn man Hilfe für Probleme anbietet, erst recht, wenn man Erfolg damit hat. Wenn man die Not des Menschen thematisiert, steht man im Mittelpunkt. Man ist sich des Beifalls gewiß, des Beifalls der Politiker. Machen sie einen Kongreß zu irgendeinem brennenden Thema, meinetwegen Aids, sie können sicher sein, die politische Prominenz ist da. Sprechen sie dagegen über die Ehre Gottes - wer kommt? Oder über die Gültigkeit seiner Gebote, was ja eng damit zusammenhängt - wer kommt? Wir haben in diesem Jahrhundert eine Reihe von Götzen erlebt. Was sind Götzen? Wir sollten hier nicht an irgendwelche altorientalischen Kulte denken, sondern wir haben den Begriff weiter zu fassen. „Götze“ ist jede innerweltliche Größe, die sich an die Stelle Gottes setzt. Das kann „Nation“ sein, „Rasse“, „Materie“, das können Ideologien, Philosophien, Religionen sein. „Götze“ ist alles, was dem Schöpfer die Ehre raubt. Und solchen Götzen sind Millionen Menschen nachgelaufen. Ich meine damit die geistigen Mächte und Kräfte, die unser Jahrhundert bewegten. Häufig wurden Schöpfung und Schöpfer vertauscht. (...) Was uns nun aber tief schmerzt und einer der Gründe ist, warum wir bekennenden evangelischen Christen uns hier treffen und auf die Straße gehen, ist die Tatsache, daß unsere Evangelische Kirche, die wir lieben, in der wir das Wort Gottes kennenlernten, in der viele oder die meisten unter uns konfirmiert wurden, ihre eigentliche Botschaft preisgibt. Ich meine, wir Christen haben kein Recht, die Welt anzuklagen. Wir sollten zunächst einmal auf uns selbst schauen. Wir haben eine Verantwortung für uns selbst und für unsere Kirche. Die Evangelische Kirche ist auf das Wort Gottes gegründet. Das weiß mehr oder weniger jeder. Und was könnte Schlimmeres passieren, als wenn dieses eigentliche Fundament zerstört, unterminiert, unterspült wird? Das ist leider der Fall, nicht erst seit gestern, sondern verstärkt schon seit über 200 Jahren. Der selbstherrliche Mensch erklärt sich selbst zum Maß aller Dinge. Er erhebt seine Vernunft zur höchsten Autorität. Er setzt sich und seine Erkenntniskraft absolut und stellt sich damit über das Wort Gottes. Er beurteilt, was historisch glaubwürdig und nicht glaubwürdig, was wahr und falsch, was echt und unecht ist. Man wird an die Aussage im Schöpfungsbericht erinnert: „Ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist“ (1. Mose 3,5) - und ich ergänze: „Ihr werdet sein wie Gott und definieren, was Wahrheit ist und was nicht.“ Hier handelt es sich im Kern um Rebellion, Hochmut, Vermessenheit. Aus dieser Haltung resultiert, daß die Bibel, unser einziges Fundament, zerpflückt, zergliedert, zerstört und unterspült wird. Das ist viel schlimmer als alle Ideologien und Philosophien im außerchristlichen Bereich, die zum Teil in Gesellschaft und Politik ihr Unwesen treiben. Die Folge davon ist, daß die Kirche ihre eigentliche Botschaft, Menschen zum Glauben an Jesus Christus zu führen, damit sie dort Vergebung der Schuld, ewiges Leben, ewigen Frieden, ewige Geborgenheit haben, mehr und mehr verfehlt. Und dann versucht sie, das Vakuum zu füllen mit Philosophien, Ideologien, Politik, Sozialprogrammen. Das kann zum Teil gut sein, das kann aber auch gefährlich sein. Eine Kirche, die dabei ihren eigentlichen und primären Auftrag vergißt, macht sich aber überflüssig. Und diese Sorge haben wir leider in der Evangelischen Kirche heute. Bedingt durch die theologische Grundlagenkritik ist das Glaubensfundament bei vielen, vielen Trägem der Verkündigung - zu deutsch: evangelischen Pfarrern - weggespült, zerstört. Und es kommen nun andere geistige Mächte und füllen dieses Vakuum. Ich habe es eben schon angedeutet. Das können politische Ideologien sein, das können Sozialprogramme sein, es sind leider zum Teil auch erschreckende Dinge, die sich da breit tun, bis hin zu einer ethischen Verwilderung, die man noch vor 20 Jahren nicht für möglich gehalten hätte. Es ist einfach eine geistliche und kirchenpolitische Katastrophe, daß eine Landessynode, das höchste Leitungsgremium einer Landeskirche mit Millionen von getauften Mitgliedern, sexuelle Perversionen als normal erklärt. Daß sie Menschen, die in diesem Zustand leben und leben wollen, gewissermaßen als vollgültige Christen, wenn ich das so umschreiben soll, in diese Kirche integriert und von der Kirche erwartet, daß sie diesen Lebensstil hinzunehmen hat und widerspruchslos toleriert. Die Wahrheit wird sogar soweit auf den Kopf gestellt, daß wir uns zu entschuldigen hätten als Christen für das Unrecht, das wir ihnen getan hätten. Irgendwo ist aber für jedes Glied einer Gemeinschaft eine Grenze erreicht, wo zum Widerstand aufgerufen wird. Ich kann nicht in einem Kaninchenzüchterverein Mitglied sein und gleichzeitig für die Abschaffung der Kaninchenzucht plädieren. Das ist ein sehr triviales Beispiel, aber ich möchte es einfach sagen. Es steht in unserem demokratischen Staat jedem frei, Glied einer Kirche zu sein oder auch nicht. Der Staat hat keine Weltanschauungszensur auszuüben, und das ist auch richtig so. Wir kämpfen auch für diese Rechte und Freiheiten. Aber ich erwarte zum Wenigsten als Staatsbürger, daß eine Gemeinschaft sich an ihre Satzung und an ihre Grundlage hält, sonst ist es Etikettenschwindel. Und wenn man dann diejenigen, die einer Gemeinschaft angehören und bei der „Vereinssatzung“ bleiben, noch verfolgt und diskriminiert, dann spätestens ist der Zeitpunkt des Widerstandes gekommen. Bei der Kirche geht es natürlich um noch viel ernstere Dinge. Es geht um das ewige Heil des Menschen, aber auch um das zeitliche Wohl. Wenn eine Kirche das klare Evangelium von Christus verwässert, verfälscht, beiseite schiebt, dann haben wir eine Verantwortung für die Menschen, die dadurch verlorengehen können. Luther hat diese Verantwortung im 16. Jahrhundert sehr klar gesehen und erkannt. Damals gab es den Ablaßhandel. Mit der Seelenangst der Menschen wurden Geschäfte gemacht, weil es der verweltlichten Kirche um Geld und irdische Macht ging. Heute haben wir einen modernen Protestantismus, der Sünde namenlos macht, der die Sünde rechtfertigt anstelle des Sünders. Das ist die größte geistliche Katastrophe, die im Protestantismus denkbar ist - ein viel ernsterer Zustand als im 16. Jahrhundert! Ich möchte nicht darüber spekulieren, was Luther tun würde, wenn er heute wiederkäme. Die Frage hat sich sicher mancher von Ihnen schon gestellt. Diese geistliche Katastrophe, ich sage es so, hat selbstverständlich auch Auswirkungen auf unseren Staat und unsere Gesellschaft. Ich wage zu behaupten, daß eine freiheitliche politische Kultur und das, was wir heute Rechtsstaatlichkeit nennen, ohne den Kampf der Reformatoren in Europa nicht zum Zuge gekommen wäre. Ich erinnere an weite Teile Deutschlands, der Niederlande, der Schweiz und Großbritanniens. (...) Wenn Gott uns, beginnend mit uns und der Evangelischen Kirche, nicht eine Buße schenkt, daß wir uns von seinem Geist strafen und richten lassen, prophezeie ich heute hier, daß der Protestantismus und die evangelischen Kirchen in Europa die ersten Institutionen von geschichtlichem Rang sein werden, die im Europa der Zukunft verschwinden werden. Es wird einen Protestantismus als geschichtsmächtiges und gesellschaftsprägendes Phänomen nicht mehr geben. Das jedoch sollten wir um der Menschen Willen, die alleine in Christus Sinnerfüllung, Heil und Rettung erfahren können, nicht zulassen. Wir brauchen also eine neue Reformation und wir brauchen auch eine neue Bekennende Kirche in ganz Deutschland, die das Erbe Luthers glaubwürdig und mit öffentlichem Anspruch vertritt. Wir sind heute hierhergekommen, um ein Signal in dieser Hinsicht zu sein. Wir beten zu Gott, daß er uns allen und vielen Christen in unserem Lande den Rücken stärkt, uns von Trägheit und Menschenfurcht befreit (denn auch das kommt vor unter Christen) und uns die Glaubenszuversicht und den Mut gibt, auf dieses Ziel hinzuarbeiten. Hans Müllen Interlaken {CH), Präsident des „Schweizerischen Bundes Aktiver Protestanten Reformation damals - Reformation heute Wenn man von Wittenberg spricht, denkt man zuerst an Martin Luthers 95 Thesen. Dazu gehört aber ebenso Luthers Brief an den Erzbischof Albrecht von Mainz. Diese schlichten Zeilen zusammen mit den Thesen berichten uns das folgenschwerste weltgeschichtliche Ereignis der germanischen Kulturwelt, darunter ich auch meine Heimat, die Schweiz, zähle. Wie wenig übrigens Luther gewillt war, die alten geheiligten Bräuche der Kirche umzustürzen oder gar an ihren Glaubenssätzen zu rütteln, wie sehr es ihm nur darauf ankam, Mißbräuche der kirchlichen Gnadengüter aufzudecken und abzustellen, beweist der Brief, den er am Tage der Veröffentlichung seiner Thesen als Begleitschreiben an den Erzbischof richtete. Er schließt unter anderem mit dem Satz: „Er, Hochwürden, möge mit gelindem Gemüte dies Schreiben annehmen. Er tue es ganz und gar mit treuem Herzen und sonderlich, weil ich auch ein Schaf Ihrer Herde bin.“ Was wäre die Schweiz ohne einen Martin Luther! Die Reformation in Deutschland sandte durch Martin Luther Impulse in die Schweiz. So gab es auch in Bern einen Ablaßverkäufer namens Samson. Sein Unwesen löste bei vielen Unmut aus. Es mag dazu beigetragen haben, daß nach Samsons Ablaßhandel die Nachfrage nach Wahrheit gefördert wurde. Im Dezember 1518 brachte ein Buchträger aus Basel eine stattliche Anzahl von Lutherdrucken nach Bern. Man spricht von 2.000 Drucken, die innerhalb von drei Tagen ihre Abnehmer fanden. Die für damalige Verhältnisse unglaubliche Leistung zeigt, welcher Hunger nach Wissen und Wahrheit vorhanden war. In gleichem Maße brauchen wir heute wieder Orientierung. Wir müssen imstande sein zu unterscheiden. Wir müssen Unterschiede in Glaubensfragen mit Hilfe der Bibel und in Liebe aufzeigen. Wie oft schimpfen wir gegen die Sekten. Der beste Nährboden für das Wuchergewächs der Sekten sind vernachlässigte Gemeinden. Schuld sind wir mit der „Sowohl als auch - Theologie“. Ein Navigator braucht einen Kompaß, der anzeigt, wo Süden und Norden ist. Der Zürcher Theologe Prof. Dr. Oskar Fahmer hat nicht umsonst gesagt, man solle zuerst im Kirchengarten grasen, denn die Sekten sind die Insekten an den faulen Stellen der Kirche. Daß die Verbitterten und Schiffbrüchigen unter uns in den Sekten Schutz suchen und eine Heimat finden, sollte uns unruhig machen. Wie viele landen nicht einmal mehr in einer Sekte, sondern in der Gosse. Sollen nun die neuen 95 Thesen die alten von Martin Luther ersetzen oder sogar umstoßen? In keiner Weise! Sie sollen vielmehr der Kirche neue Impulse verleihen und dem Volk den Beweis erbringen, daß wir keine Kirche des Ausverkaufs sind. Es braucht Saft und Kraft, Mut und Ausdauer, die vielerorts entgleisten Züge wieder auf Geleise zu hieven und in Fahrt zu bringen. Es ist feige, davonzulaufen und in Ruhe und Gelassenheit gewissen kirchlichen Irrfahrten zuzuschauen. Wer schweigt, akzeptiert! Mit These 18 stimme ich in die Worte Zinzendorfs ein, der gesagt hat: „Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruhn? Mir ist’s nicht um tausend Welten, aber um dein Wort zu tun.“ Dr. Lothar Gassmann, Wetzlar/Gießen (D), Initiator der internationalen 95 Thesen: Aufruf zur Umkehr und Disputation (Ansprache nach dem Thesen-Anschlag) „Reformation heute“ - das ist ein großer Anspruch und ein gewagtes Unternehmen - und doch ist sie notwendiger denn je. Lassen Sie mich daher etwas zu Anlaß, Entstehung und Zielsetzung der neuen „95 Thesen zur Situation von Kirche und Gesellschaft im Lutherjahr 1996“ sagen. Der Anlaß ist bekannt: Vieles in Kirche und Gesellschaft liegt im Argen. Das Wort Gottes wird weithin nicht mehr emstgenommen - weder in der Lehre noch im Leben. Die Bibelkritik hat dem Zeitgeist den Weg geebnet. Die Gebote Gottes werden in Kirche und Gesellschaft in vielen Staaten der Erde aufgelöst. Diskussionen über Gotteslästerung, Abtreibung, Euthanasie, homosexuelle Praktiken, Drogenfreigabe und ähnliches, wie wir sie heute erleben, wären noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar gewesen. Man wäre zutiefst bestürzt gewesen und hätte sich geschämt. Auch die Religionsvermischung sowie die Teilnahme sogenannter evangelischer Christen an heidnischen Bräuchen fremder Religionen und anderer Konfessionen nimmt zu. In dieser Lage - so denken die christlichen Organisationen, die die neuen 95 Thesen unterzeichnet und herausgegeben haben - ist eine Reformation, eine Erneuerung genauso notwendig wie im Jahre 1517. Auch damals war die Kirche - die römisch-katholische Kirche - verweltlicht. Heute hat diese Verweltlichung viele protestantische Kirchen noch viel stärker erfaßt, als es damals bei der katholischen Kirche der Fall war. Hatte die katholische Kirche damals den Ablaß als eine billige Gnade verkündigt, so verkündigen heute viele Kirchen die Auflösung der Gebote Gottes als noch billigere Gnade. Hieß es damals: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus den Fegfeuer springt“, so heißt es heute: „Alles ist erlaubt - und die Kirche segnet es ab.“ Das darf so nicht weitergehen! Deshalb sind die neuen 95 Thesen entstanden - und zwar in ihrer ersten Fassung genau am 18. Februar 1996, am 450. Todestag des Reformators Martin Luther, in Deutschland. Mehrere Christen unterschiedlicher Nationalität und Hautfarbe haben mitgeholfen, sie in ihre jetzige Form zu bringen - und zwar inzwischen in 20 Sprachen, in die sie innerhalb weniger Monate übersetzt worden sind. Weitere Übersetzungen sind in Vorbereitung. Die neuen 95 Thesen sind angeschlagen. Der Ruf zur Umkehr ist proklamiert. Nun sind die Adressaten zur Antwort herausgefordert - nicht nur in Deutschland, sondern in den über 100 Staaten dieser Erde, in denen die Thesen bisher verbreitet worden sind. Wer sind die Adressaten? Wer sind die Angesprochenen? Die Adressaten sind erstens wir selber, jeder von uns. Jedem einzelnen Menschen gilt der Ruf zur Umkehr, zur Buße im biblisch-christlichen Sinn. Martin Luther hat Buße als „völlige Veränderung der Gedanken und der Gesinnung“ definiert, die sich aus der Hinwendung zu Gott ergibt. Und in These 3 der neuen 95 Thesen heißt es, daß die Buße mit einer „Neubesinnung und Trauer über das bisherige falsche Verhalten“ beginnt. Jedem einzelnen Menschen gilt der Ruf und die Einladung: Kehre um zu Jesus Christus! Nimm ihn als deinen Retter und Herrn an! Die Adressaten sind zweitens die Kirchen der verschiedenen Denominationen und Staaten, nicht zuletzt die Evangelische Kirche in Deutschland. Sie sind aufgerufen, falsche Lehren und Lebensweisen zu hassen und zu lassen. Es kann nicht gutgehen, wenn eine Kirche in gewissen Bereichen das Gegenteil von dem verkündigt, was die Bibel sagt. Es kann nicht gutgehen, wenn sie segnen will, was Gott in der Heiligen Schrift als Sünde verwirft. Wir rufen die Verantwortlichen in den evangelischen Kirchen zur Disputation auf. Stellt Euch dem Gespräch! Weicht nicht länger aus! Das Haus der Kirche brennt - und Ihr habt selber das Feuer gelegt. Das Schiff der Kirche kentert, denn Ihr selber habt es mit dem Müll des Zeitgeistes überladen. Nehmt die neuen 95 Thesen als Chance an, über Euren Kurs nachzudenken! Kehrt um! Die Adressaten sind drittens die Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft. Sie sind aufgerufen, die Zehn Gebote als die guten Lebensordnungen Gottes emstzunehmen und auch in ihrer Gesetzgebung zu befolgen. Die Zehn Gebote lehren uns. Gott zu fürchten und zu lieben, den Feiertag zu heiligen, unsere Eltern zu ehren, nicht zu töten, nicht zu ehebrechen, nicht zu stehlen, kein falsches Zeugnis zu reden und nicht das zu begehren, was der andere besitzt. Werden diese Gebote nicht mehr beachtet, dann treten früher oder später Chaos und Anarchie ein. Viele Staaten stehen kurz vor dem Zusammenbruch. Auf das Ausbleiben der geistig-moralischen Wende folgt inzwischen zunehmend der wirtschaftliche Zerfall. Wo Gottes Ordnungen nicht emstgenommen werden, zieht er früher oder später seinen Segen zurück. Ihr Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft, wir rufen Euch auf: Kehrt zu Gott und seinen guten Lebensordnungen um! Beendet den rapiden moralischen Zerfall in Staat und Gesellschaft und das daraus resultierende Massentöten im Mutterleib! Verbietet Gotteslästerung und Euthanasie! Jeder einzelne Bürger, auch jeder Kirchenmann und Politiker ist eingeladen, umzukehren zu dem Gott hin, der uns geschaffen hat, der uns liebt und der deshalb seinen Sohn Jesus Christus in diese Welt gesandt hat, um uns von Sünde, Tod und Teufel zu erlösen. Die Reformation, zu der Gott den Augustinermönch und Theologieprofessor Martin Luther seit 1517 gebrauchte, war eine Bußbewegung. Und auch uns heute ist die Erkenntnis wichtig, daß jeder einzelne, die Kirche und die Gesellschaft Buße nötig hat. Jedem Menschen gilt der Ruf: Kehre um von Deinen bösen Wegen! Wende Dich Gott zu in Lehre und Leben! Die neuen 95 Thesen müssen wirkungslos bleiben, wenn wir sie nur als ein Stück Papier betrachten. Nein, so soll es nicht sein. Es soll vielmehr so sein, daß die Bußthesen zu einem Bußleben beitragen, zu einem Leben der Abwendung von den gottlosen Wegen und der Hinwendung zu Jesus Christus, zu seinem Evangelium und seinen Geboten. Jesus Christus spricht: „Wer mich liebt, der wird mein Wort halten ... Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist’s, der mich liebt“ (Johannes 14,21.23). Die Bußthesen sollen zu einer Bußbewegung führen - dann haben sie ihr Ziel erreicht. Und diese Bußbewegung fängt bei Ihnen und bei mir an. Zu dieser Buße helfe uns der dreieinige Gott. Amen. Prof. Dr. Eta Linnemann, Leer (D): Zurück zur Heiligen Schrift „ Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruhn?“, dichtete Nikolaus Ludwig Graf von Zinzen-dorf. Aber nun ist das Schreckliche, Entsetzliche geschehen, daß weithin in der Kirche, auch in der Kirche, die sich nach dem Namen Luthers nennt, Gottes Wort nicht mehr gelten darf. Woran liegt das? Da sind vor mehr als 200 Jahren die Weichen falsch gestellt worden. Da hat man das Gebäude der Theologie nicht auf Gottes Wort gebaut, sondern auf eine Philosophie, die gottfeindlich ist. Und die jungen Menschen, die wiedergeboren sind und Gott dienen wollen, zwingt man, diese verkehrte Theologie zu lernen. Machen wir uns doch einmal ganz klar, worin der Unterschied besteht. Die Bibelkritik glaubt an einen anderen Jesus als diejenigen, die Gottes Wort Glauben schenken. Jesus ist nach Gottes Wort Gottes Sohn. Für die Bibelkritik ist Gottes Sohn nur ein leerer Name. Jesus ist nach Gottes Wort geboren von der Jungfrau Maria. Für die Bibelkritik ist das nur eine Legende. Jesus ist nach Gottes Wort derjenige, der Wunder getan hat. Für die Bibelkritik hat Jesus vielleicht ein paar psychosomatische Heilungen vollbracht, aber keinen Toten auferweckt und keine Kranken geheilt. Jesus hat nach Gottes Wort all das gesagt, was wir in den Evangelien finden. Für die Bibelkritik hat er davon höchstens 15% gesprochen. Jesus ist nach Gottes Wort für uns ans Kreuz gegangen. Er hat für unsere Sünden da gehangen, und das ist die einzige Grundlage, auf der Gott uns gnädig sein kann, auf der er uns unsere Sünden vergeben kann. Aber für die Bibelkritik ist der Tod Jesu nur das Scheitern eines Sozialreformers. Nach Gottes Wort ist unser Herr Jesus auferstanden, und wäre Jesus nicht auferstanden, dann würden auch wir nicht auferstehen, dann gäbe es keine Erlösung, dann gäbe es kein ewiges Leben. In der Bibelkritik ist Jesus auferstanden in das „Wort des Kerygma“ hinein, das heißt, solange sich noch jemand findet, der, Jesus predigt“, ist er lebendig. Nicht anders als Plato, wenn seine Bücher noch gelesen werden. Für diejenigen, die an Gottes Wort glauben, ist Jesus aufgefahren gen Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes des Vaters, von dannen er wiederkommen wird zu richten die Lebendigen und die Toten. Für die Bibelkritik gibt es keine leibliche Himmelfahrt und Wiederkunft Jesu Christi. Jesus geht also jeden von uns etwas an, und unser ewiges Schicksal wird sich daran entscheiden, wie wir zu Jesus stehen. Nehmen wir die kostbare Gabe der Erlösung an, dann sind wir auch ewig gerettet. Wer den Sohn Gottes hat, der hat das Leben. Wenn wir aber das nicht annehmen, was unser Herr Jesus am Kreuz für uns getan hat, dann sind wir ewig verloren. Aber gerade das, diese entscheidende Botschaft von Gottes Wort, die teilt die Bibelkritik nicht mit. Da kann einer sein Leben lang jeden Sonntag zur Kirche gehen - und er erfährt das nicht und bleibt verloren. Diese schauerliche Situation herrscht jetzt in vielen Kirchen. Und wir müssen uns wirklich entscheiden. Man kann nicht das eine und das andere haben. Wenn man es für gleichgültig hält, das weiß sogar das weltliche Magazin „Der Spiegel“, dann ist einem Jesus gleichgültig, und dann hat man sich von Jesus verabschiedet. Wir müssen umkehren, umkehren zu Gottes Wort - und das heißt: eine bewußte Abkehr von der Bibelkritik vornehmen. Wir brauchen bibeltreue Hochschulen, wie es in den neuen 95 The- sen heißt. Laßt uns um diese Erneuerung der Theologie und Kirche beten. Missionar Ferny Jaegle, Frankreich: Treue zu Jesus bis ans Ende Das erste, was ich hier feststelle, ist, daß Martin Luther einfach nicht mehr in seinem Herzen behalten konnte, was das ganze Volk hören sollte - und zwar, daß er den gnädigen Gott gefunden hatte. Er hat ihn in der Gemeinde gepredigt und dann in die Öffentlichkeit gebracht. Wenn Gott seine Gemeinde erneuert, fängt er mit einem Menschen an, der das Geheimnis gefunden und den Preis bezahlt hat, um hindurchzubrechen. Das kann nicht verborgen bleiben. Es beginnt im Herzen, geht in die Gemeinde und dadurch in das Volk. Es wird immer so sein. Der zweite Punkt: Die Zeit Gottes war gekommen, daß eine Stimme sich erhoben hat. Es war die Stimme eines Predigers in die Wüste, in die verwüstete Kirche und Gesellschaft hinein mit einer Botschaft: zurück zur Quelle, zurück zum Wort. Wenn ich Ihnen als Franzose sage: „Ich trinke das Wasser des Rheins“, dann wird mich ein Holländer fragen: „Wie lange kannst du noch gesund bleiben?“ Auch jemand aus Köln wird mich warnen: „Es ist gefährlich, das Wasser vom Rhein zu trinken.“ Aber ich trinke das Wasser des Rheins klar und frisch am Gotthard -da, wo es aus dem Berg quillt. Luther sagte: „Wir müssen zum Worte Gottes zurückgehen“, und das hat er hier angeschlagen, sodaß die ganze Welt es hören konnte. Wir können nur beten, daß es auch von hier aus wieder so erklingt überall. Dritter Gedanke: Der Anschlag dieser Thesen war ein Bund, eine Vermählung, gleichzeitig auch ein Gelübde. Luther wollte damit seine Treue schwören dem, der ihm seine Sünden vergeben hatte. Und das ist auch für uns ein Bund, eine Vermäh- lung, ein Gelübde: daß wir bereit sind, mit Jesus Christus bis ans Ende zu gehen. Als Franzose kann ich nicht vergessen, daß ein paar Jahre, nachdem Luther die 95 Thesen hier angeschlagen hatte, die ersten Evangelischen in Paris öffentlich mit Luthers Werken verbrannt wurden. Auch heute müssen wir dem ins Auge sehen, daß Begeisterung allein nicht reicht. Wir brauchen Gottes Kraft. Luther sagte 1521: „Und wenn die Welt voll Teufel wäre, ich gehe doch zum Reichstag nach Worms.“ Und es sind nicht weniger Teufel geworden inzwischen. Aber hier stehen wir. Gott sei uns gnädig. Und das will ich auch hier ausrufen, daß wir nur mit Gottes Gnade und Hilfe bis ans Ende, bis in die Herrlichkeit hinein, stehen und hindurchdringen können. Missionar Michael Moser, Berlin (D): Ein Weckruf in dunkler Zeit Ich bin Missionar, weil ich meine, daß dieses „christliche Abendland“ ganz dringend den christlichen Glauben notwendig hat. Auch ich wollte einmal Theologie studieren und Pfarrer werden, aber ich habe resigniert aufgegeben, als ich erleben mußte, was in der Theologie aus meinem Glauben gemacht wurde. Ich habe nicht resigniert am Glauben, deshalb habe ich eine Mission aufgebaut, um Menschen zu erreichen. Denn wenn Menschen zum Glauben gelangen, dann finden sie eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus und kommen in Gemeinden hinein. Und dort sollte die junge Pflanze des Glaubens begossen und umsorgt werden. Statt dessen verhungern sie oft an der Sinnentleerung unserer Kirchen. Ich leide an einer Kirche, die sich zu allen Problemen der Welt äußert, aber vom Evangelium zu wenig redet. Ich leide an einer Kirche, die sich über Robbensterben Gedanken macht, aber zum tausendfachen Mord an ungeborenen Kindern im Leib ihrer Mutter schweigt. Und dennoch, ich liebe meine Kirche, ich habe große Hoffnung für meine Kirche. Kirche ist nicht tot! Auch wenn sie müde geworden ist. Deshalb ist es notwendig, sie aufzuwecken. Und ein Wecker sind diese neuen 95 Thesen, daß sich Kirche rufen läßt, zurückzufinden zu ihrem Auftrag. Davor zittert der Teufel. Davor zittern die Störenfriede selbsternannter Gurus und Sekten, die ihm dabei Schützenhilfe leisten. Kirche muß aufwachen in diesem Lande und sich wieder an die Menschen wenden, zurückzufinden zum Evangelium. Und dann muß sie dieses Evangelium verkünden, seelsorgerlich tätig sein und sich nicht an den Frömmigkeitsstrukturen zerfleischen. Kirche soll nicht zu allem etwas sagen, sie muß nicht für alles dasein. Wohl aber für alle. Und wenn Kirche nicht zurückfindet und die Botschaft bringt, dann ist es traurig. Auch als Luther damals seine Thesen brachte, wollte er die Katholische Kirche zurückrufen zu ihrem Auftrag. Er wollte keine Kirchenspaltung, sondern er wollte die christliche Kirche. Aus Liebe zu ihr hatte er die Thesen formuliert. Und ich appelliere an alle, die Verantwortung in Kirche und Gesellschaft tragen, doch zurückzufinden zu Gott und seinem Wort, damit es nicht immer fortwährende Spaltungen gibt. Denn die Bibel ruft uns zur Einheit, sie will uns am Evangelium vereinen. Wenn Kirche zurückfindet zum Evangelium, klären sich all die vielen Dinge, die wir kritisieren. Und dazu wollen diese Thesen Hilfe sein. Denn diese Kritik will helfen, daß es vorwärts geht, daß Fehler überwunden werden. Und deshalb ist dies auch ein Aufruf zur Mission, damit Menschen zum Glauben finden. Sie finden heute Begeisterung und Finanzen für alle möglichen karitativen und sonstigen Projekte der Welt. Recht und schön, aber warum fangen wir nicht vor der Haustüre an, Menschen von Jesus Christus zu erzählen und ihnen zu helfen. Denn dazu ist Kirche da. Dazu ist Kirche berufen. Rev. Kjell Olsen, Südafrika, Generalsekretär von „ Christians for Truth International“: Gebet Die 95 Thesen Martin Luthers hatten zu tun mit dem päpstlichen Ablaß. Und nun leben wir in einer Zeit des protestantischen „Ablasses“, in einer Zeit mit einer billigen Gnade, die keine Gnade ist. Und mein Gebet ist es, daß durch diese neuen 95 Thesen Gott seiner Kirche gnädig sein möge, indem sie zu ihm umkehrt. Wenn keine Verletzung da ist, kann keine Heilung stattfinden. Ich bete, daß diese 95 Thesen Wunden, Sünden aufdecken, damit Gott heilen kann. Denn wir leben in einer Zeit, in der billige Gnade zum Heilen verkündigt wird, aber keine Wunden zugegeben werden. Die 95 neuen Thesen sind nicht gegen die Thesen Martin Luthers gerichtet, sondern sie bestätigen diese und führen sie weiter. Gott konnte diesen einen Mann, Martin Luther, vor vielen Jahren benützen. Ich bete, daß Gott auch heute viele Männer und Frauen unter uns finden kann, die er gebraucht. Laßt uns unsere Häupter beugen und beten: Vater im Himmel, wir danken dir für diesen historischen Moment hier und jetzt. Und wir bitten, Herr, daß du dieses, was geschehen ist, was wir heute erlebt haben, benutzen mögest, um neues Leben hineinzubringen in deine Gemeinde. Möge es wie in einer Kettenreaktion immer größer werden. Bitte schenke, daß die Erneuerung hinausgeht in die ganze Welt. Amen. Nach dem Thesen-Anschlag Aus den vielfältigen Reaktionen nach dem Thesen-Anschlag am 27.10.1996 in Wittenberg geben wir als ein Beispiel nachfolgend einige Zeilen aus dem Brief eines Christen wieder, der schon jahrelang für eine neue Reformation gebetet hatte und in Wittenberg dabei war. „Denn siehe, Ich will ein Neues machen; jetzt soll es auf-wachsen, und ihr werdet’s erfahren, daß Ich Weg in der Wüste mache und Wasserströme in der Einöde“ (Jes. 43,19). Unvergessen werden in unseren Herzen die Tage der neuen Reformation in Berlin und Wittenberg sein. Möge der Geist der Buße und des Gebets in uns wirken und überfliessen, damit Ströme des lebendigen Wassers unser dürres, gerichtsreifes Land noch einmal heimsuchen. Da sehe ich Jona, als er endlich nach seinen Abwegen bereit war, Buße zu tun, und sich aufmachte nach Ninive, um dieser sündigen Stadt das zu predigen, was Gott ihm sagte. Die Wirkung dieser kürzesten von Gott gewirkten Predigt, die wir kennen, war gewaltig: 120.000 Seelen taten Buße - und Gott verlängerte die Gnadenzeit dieser Stadt. So wollen wir uns beugen wie einst die Israeliten zur Tempelweihe bei der zweiten Erscheinung Gottes (2. Chron.7), als sie mit ihrem Antlitz zur Erde aufs Pflaster fielen. Möge der Dreieinige Gott Sie stärken und bewahren nach Geist, Seele und Leib nach diesem Kampf mit der unsichtbaren Welt in Berlin und Wittenberg und für das, was noch kommt. Wir erbitten für Sie und Ihre Mitstreiter Weisheit und Gnade von Gott, um die Geister unterscheiden zu können. Unser Herz hat mit Ihnen den Heiligen Gott gelobt und gepriesen, als Sie die neuen 95 Thesen anschlugen, aber auch geweint über unsere und unseres Volkes Sünden. Prediger Joachim Naumann, Neuwallwitz Film: „Reformation heute“ „Christians forTruth International“ hat einen Dokumentarfilm über den Kongreß „Reformation heute“ vom 25.-27.10.1996 in Berlin und den Thesen-Anschlag am 27.10.1996 in Wittenberg gedreht. Er enthält Ausschnitte aus den wichtigsten Ansprachen sowie Informationen über die neuen 95 Thesen. Laufzeit ca. 30 Minuten. Originalfassung: deutsch. Der Film kann als Video-Kassette bestellt werden bei: Christen für die Wahrheit, Osterlängstr. 47, D-73527 Lindach, Tel. 07171-700430, Fax 700431. Bei dieser Adresse sind ferner erhältlich: - die neuen 95 Thesen in verschiedenen Sprachen; - Tonkassetten mit allen Ansprachen in Berlin und Wittenberg; - weitere Exemplare dieses Buches; - sowie weitere Literatur zum Themen-Bereich „Neue Reformation“ und „Erneuerung von Kirche und Gesellschaft“. Anmerkungen zum Beitrag von Thomas Schirrmacher (S. 89 -105) 1 Das ‘al ist wohl hier wie in 1. Mose 31,50 oder 5. Mose 19,9 als .neben1, ,dazu‘ zu verstehen. So übersetzt auch die griechische Übersetzung des AT (Septuaginta). 2 Das Kalb stellte für Israel die „Götter Ägyptens“ (2. Mose 32,4) dar, die es aus Israel geführt hatten, und zugleich nach den Worten Aarons , Jahwe“, den „HErm“ (2. Mose 32,5). 3 Siehe ausführlicher Thomas Schirrmacher. Ethik. Bd. 1. Hänssler: Neuhausen, 1994. S. 575-581. 4 Das Wort „Götze“ erscheint erstmals im Jahr 1376 in Frankfurt in Bezug auf den katholischen Heiligenkult („gotzendreger“ = „Straßenhändler mit Heiligenbildern“) - so Friso Melzer. Das Wort in den Wörtern: Die deutsche Sprache im Lichte der Christus-Nachfolge: Ein theo-philologisches Wörterbuch. J. C. B. Mohr: Tübingen, 1965. S. 193. Melzer fährt ebd. fort: „Luther wählte das Wort Götze, um ein hebr. Wortspiel im Deutschen annähernd wiederzugeben: Ps. 96,5 heißt es, die elohim der Völker seien elilim, wörtlich: die Götter der Völker sind Nichtse (hebr. el ,Gott‘, elil .mangelhaft1 von al .nichts1, -im ist die Plural-Endung). Diese Ausdrucks weise gebrauchten die Propheten im Kampf gegen die heidnischen Götter (z. B. Jes. 2,8 und 18 und 20; 10,10-11; 31,7). Da elilim so ähnlich klingt wie elohim, mußte das neue Wort sich ähnlich wie Götter anhören, zugleich aber abschätzige Bedeutung haben. Diese Bedingung erfüllte Götze durchaus.“ 5 Vgl. dazu meine Ausführungen in: Marxismus - Opium für das Volk? Schwengeler Verlag- Bemeck, 1990 S 26-29. 6 Idea-Spektrum 42/1996: 9. 7 Idea-Spektrum 42/1996: 10. 8 Vgl. z. B. Idea-Spektrum 39/1993: 15-16. 9 Reinhart Hummel. „Der Dalai Lama, Eugen Drewermann und die Buddhismusbegeisterung“. Materialdienst der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen 57 (1994) 5 (Mai): 129-135, hier S. 131. 10 Ebd. S. 130. 11 Ebd. S. 129. 12 Dalai Lama, Eugen Drewermann. Der Weg des Herzens: Gewaltlosigkeit und Dialog zwischen den Religionen. Walter Verlag: Olten (CH), 1992. 13 Eugen Drewermann. „Christentum und Buddhismus“. S. 47-112 in: Dalai Lama, Eugen Drewermann. Der Weg des Herzens: Gewaltlosigkeit und Dialog zwischen den Religionen. Walter Verlag: Olten (CH), 1992, hier S. 49; vgl. den gesamten Bekehrungsbericht S. 49-58. 14 Ebd.S. 52-53. 15 Ebd.S. 49. 16 Ebd.S. 51. 17 Ebd.S. 58. 18 Reinhart Hummel. „Der Dalai Lama, Eugen Drewermann und die Buddhismusbegeisterung“, a. a. O. (zusammengefaßt in Idea-Spektrum 18/1884: 7). 19 Reinhart Hummel. „Der Dalai Lama, Eugen Drewermann und die Buddhismusbegeisterung“, a. a. O. S. 133 20 Wege zu einer gerechten Gesellschaft: Beiträge engagierter Buddhisten zu einer internationalen Debatte. EMW: Hamburg 1996. 174 S. 21 Ebd.S. 21. 22 Vgl. Idea-Spektrum 19/1996, S. 15. 23 Vgl. Peter Beyerhaus. „Die synkretistische Bedrohung der Gemeinde durch den religiösen Pluralismus“. Diakrisis 17 (1996) 3: 136-148, hier S. 144. 24 So faßt Heinrich Berger, Calvins Geschichtsauffassung, Studien zur Dogmengeschichte und Systematischen Theologie 6, Zwingli Verlag: Zürich, 1956. S. 138 (vgl. S. 138-139) die Sicht Calvins zusammen. 25 Vgl. Alois Kehl. .Antike Volksfrömmigkeit und das Christentum“. S. 313-343 in: Heinzgünther Frohnes, Uwe W. Knorr (Hg.). Die Alte Kirche. Kirchengeschichte als Missionsgeschichte 1. Chr. Kaiser: München, 1974; Adolf Hamack. Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei Jahrhunderten. VMA-Verlag: Wiesbaden, o. J. (Nachdruck 1924,4. Aufl.). S. 324-331 und Thomas Schirrmacher. „Die Entstehung der christlichen Heiligenverehrung in der Spätantike“. Bibel und Gemeinde 90 (1990) 2: 166-175. 26 So Johannes Paul II. Codex Iuris Canonici: Codex des kanonischen Rechtes: Lateinisch-deutsche Ausgabe. Verlag Butzon & Bercker: Kevelaer, 1984, 2. Aufl. Ca. 331. Der Titel „Stellvertreter Christi“ wurde zwar bisher schon für den Papst verwendet, ist nun aber erstmalig kirchenrechtlich verankert. 27 Vgl. die Belege in James G. McCarthy. Das Evangelium nach Rom: Eine Gegenüberstellung der Katholischen Lehre und der Heiligen Schrift. CLV: Bielefeld, 1996. S. 221-224. 28 Vgl. Thomas Schirrmacher. „Die Entstehung der christlichen Heiligenverehrung in der Spätantike“, a. a. O. 29 Die Eucharistie ist weiterhin Mittelpunkt des Glaubens (Johannes Paul II. Codex Iuris Canonici, a. a. O. Can 528 § 2) und ein tatsächliches Opfer (Can 897; 904)! Die Gläubigen sollen die eucharistischen Elemente „mit höchster Anbetung verehren“ (Can 901). 30 Katechismus der katholischen Kirche. Oldcnbourg: München, 1993. bes. Abschnitte 1993 und 2008 31 Martin Luther veröffentlichte zunächst die 95 Thesen für die akademische Diskussion (leicht zugängliche Ausgaben: Martin Luther. Martin Luthers 95 Thesen nebst dem Sermon von Ablaß und Gnade 1517. Kleine Texte für Vorlesungen und Übungen 142. Walter de Gruyter: Berlin, 1983, 3. Aufl.; Martin Luther. Ausgewählte Schriften. Bd. 1. Insel-Verlag: Frankfurt, 1983,2. Aufl. S. 26-37; Martin Luther. Glaube und Kirchenreform. Martin Luther Taschenausgabe Bd. 2. Evangelische Verlagsanstalt: Berlin, 1984. S.24-33). Als die 95 Thesen gegen seinen Wunsch gedruckt und verbreitet wurden, verfaßte Luther 1518 auf Deutsch den allgemeinverständlicheren .Sermon von Ablaß und Gnade' (Text ebd. S. 35-40 und in der zuerst genannten Ausgabe der 95 Thesen). 32 Zitiert nach Martin Luther. Sämtliche Schriften, hg. von Johann Georg Walch. Bd. 23. Verlag der Lutherischen Buchhandlung: Groß Oesingen, 1986(Nachdruck von 1910,2. Aufl.). Sp. 12. (dortauchSp. 10-14zahl-reiche weitere Zitate von Luther zum Ablaß). 33 Zitiert nach Kurt Aland (Hg.). Lutherlexikon. Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen, 1989 (Nachdruck von 1983, 4. Aufl.). S. 11 34 Johannes Calvin. Unterricht in der christlichen Religion: Institutio Reli-gionis Christianae. Neukirchener Verlag: Neukirchen, 1988, 5. Aufl., S. 432-433. Calvin widmet dem Ablaß ein eigenes Kapitel in dieser seiner Hauptschrift (3. Buch, 5. Kap., Abschnitte 1-10), nachdem er bereits vorher die Unterscheidung zwischen Strafe und Schuld widerlegt hat (3. Buch, 4. Kap. Abschnitte 29-39) (alles ebd. S. 421-441). 35 Bereits das Konzil von Trient, das 1563 den Ablaß gegen Luther bestätigte, forderte dazu auf, bei der Verleihung des Ablasses Maß zu halten, um die Kirchenzucht nicht zu entkräftigen (Text: Josef Neuner, Heinrich Roos. Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündigung. F. Pustet: Regensburg, 1979, 10. Aufl., S. 434-435), ohne daß dies die Praxis wesentlich beeinflußt hätte. Zum Ablaß ist auch keine Reue zwingend nötig, denn die gegen Luther gerichteten Sätze von Papst Leo X. (Text ebd. S. 412-413), daß Reue nicht zur Buße notwendig sei und der Priester nicht danach zu fragen brauche, sind immer noch in Kraft. 36 Vgl. meine Beiträge zum neuen Katholischen Kirchenrecht: „Hat sich die katholische Kirche geändert?“ Bibel und Gemeinde 89 (1989) 2: 181-207; „Das neue katholische Kirchenrecht“. Licht und Leben 9/1984: 198-200; „Has Roman Catholicism Changed? An Examination of Recent Canon Law“. Antithesis: A Review of Reformed/Presbyte-rian Thought and Practice 1 (1990) 2 (März/Apr): 23-30. 37 Johannes Paul II. Codex Iuris Canonici, a. a. O. Can. 992; auch zitiert und übernommen in Katechismus der katholischen Kirche, a. a. O. S. 401-403. 38 Zur Begründung der Fortdauer der .zeitlichen Strafen' trotz Vergebung wird oft auf die zeitlichen Folgen der Sünde verwiesen, und zwar a) auf die notwendige Wiedergutmachung, b) auf die Folgen von Sünden und c) auf sichtbare Strafen Gottes, die trotz Vergebung eintraten. Zu a): Der Dieb mußte tatsächlich trotz Vergebung Wiedergutmachung leisten und andere Verbrechen hatten ebenfalls Schadensersatzleistungen zur Folge. Hier geht es aber 1. um staatliche Strafen, die von der Bibel für alle Fälle gleichbleibend verordnet sind, nicht um kirchliche Strafen, die die Kirche eigenmächtig und wechselnd festlegt und 2. um eine Wiedergutmachung nicht der eigenen Strafe, sondern des Schadens, der einem anderen zugefügt wurde. Zu b): Die bleibenden irdischen Folgen der Sünde, so etwa, daß das Mordopfer tot oder die Scheidung der Ehe eingetreten ist, sind meist trotz der ergangenen Vergebung nicht rückgängig zu machen. Daran ändert aber auch keine Handlung des Schuldigen - also auch kein Ablaß - etwas. Zu c): Gott hat in besonders schwerwiegenden Fällen eine irdische, sichtbare Strafe trotz Vergebung teilweise dennoch vollzogen. Auch hier ändert jedoch keine Handlung des Schuldigen - also auch kein Ablaß - etwas. Das berühmteste Beispiel ist David, dessen Ehebruch und Mord (2. Sam. 11) trotz Buße und Vergebung (Ps. 51; 2. Sam. 12,1-13, bes. 12,13) mit dem Tod des Kindes aus der ehebrecherischen Beziehung bestraft wurde (2. Sam. 12,14-25): „Nur weil du den Feinden des HErm durch diese Angelegenheit einen Grund zur Lästerung gegeben hast, muß der Sohn ... sterben“ (2. Sam. 12,14). Dieser Tod hatte mit einem Abarbeiten der Schuld nichts zu tun und war auch durch nichts zu verhindern. 39 Wilhelm Maurer. „Offenbarung und Skepsis: Ein Thema aus dem Streit zwischen Luther und Erasmus“. S. 366-402 in: Kirche und Geschichte: Gesammelte Aufsätze. Bd. 2. Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen, 1970. S. 402 40 Viele Ausgaben, z. B. Martin Luther. Vom unfreien Willen, hg. von Friedrich Gogarten. Chr. Kaiser: München, 1924; vgl. zum Streit zwischen Luther und Erasmus: Bernhard Lohse. „Von Luther bis zum Kon-kordienbuch“. S. 1-164 in: Bernhard Lohse u. a (Hg.). Die Lehrentwicklung im Rahmen der Konfessionalität. Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte 2. Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen, 1989 (Nachdruck von 1980). S. 33-39 und Emst-Wilhelm Kohls. Luther oder Erasmus: Luthers Theologie in der Auseinandersetzung mit Erasmus. Band II. Theologische Zeitschrift - Sonderband VIII. Friedrich Reinhardt Verlag: Basel, 1978. 41 Belege bei Martin Brecht. Martin Luther. Bd. 3. Calwer Verlag: Stuttgart, 1987. S. 145. Lothar Gassmann Evangelische Kirche wohin? Die Skandale in der Evangelischen Kirche sind kaum noch zu zählen. Bibeltreue Pfarrer und Vikare, die gegen solche Mißstände Stellung beziehen, werden mundtot gemacht oder an ihrem Dienstantritt gehindert. Ein Bußruf im Zeitalter eines geistverwirrenden Pluralismus! TB, 168 Seiten DM 9,80, sFr 10.60, öS 70 Best.-Nr. 841357 Lothar Gassmann Grün war die Hoffnung „Grün war die Hoffnung. Sie ist es für mich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr", schreibt Dr. Lothar Gassmann als jemand, der die Entstehung der grünen Bewegung hautnah miterlebt hat. Darstellung und Analyse der grünen Bewegung aus christlicher Sicht. TB, 240 Seiten DM 16,80, sFr 17.80, öS 118 Best.-Nr. 841343 Lothar Gassmann Fühlen Stephan«* € ' EDITION Lothar Gassmann Fühlen statt zu denken „Fühle, statt zu denken!" - „Laß alles los!" -„Lebe nur im Hier und Jetzt!" „Offne dich ganz der Gruppe!" Kaum einer kennt den Begriff, und doch ist sie fast überall gegenwärtig: die Gruppendynamik. Was steckt dahinter? Wo liegen Gefahren? Wie können wir ihnen begegnen? TB, 144 Seiten DM 15,80, sFr 16.80, öS 111 Best.-Nr. 841303 fetit*»*f %ur*it>r*ms Gefoltert für Christus Richard Wurmbrand Gefoltert für Christus Richard Wurmbrand gibt eine Botschaft weiter, die ihm die Märtyrerkirche Rumäniens aufgetragen hat. Ein Zeichen der Hoffnung für die leitende Kirche überall in der Welt. FAZ:„ Wurmbrands Buch ist ein erstaunliches Dokument. Man spürt: hier spricht ein aufrichtiger Mann." TB, 176 Seiten DM 3,90, sFr 4.40, ÖS 28 Best.-Nr. 841672 Richard Wurmbrand Christus auf der Judengasse Die selten klare Stellungnahme eines Judenchristen zu seinem Volk und zu Fragen der christlichen Mission unter Juden. Nur ein scharfer Denker wie Richard Wurmbrand kann so überzeugend dartun, wieviel verstandesmäßige Barrieren überwunden werden müssen, um endlich zum Herzensglauben zu kommen. GB, 288 Seiten DM 19,80, sFr 19.80, öS 140 Best.-Nr. 841372 Richard Wurmbrand Sieben Worte am Kreuz c Richard Wurmbrand Sieben Worte am Kreuz Dieses Buch zum Osterfest läßt uns am Fuß des Kreuzes Jesu verweilen, um seinen Worten zu lauschen und ihren Sinn zu erfassen. Sie offenbaren uns Gott, besser als alle Reden Jesu, weil sie am Kreuz spontan aus der Tiefe seines göttlichen Wesens strömten. TB, 360 Seiten DM 17,80, sFr 18.80, öS 125 Best.-Nr. 841340 500 Jahre nach Martin Luther sind neue 95 Thesen entstanden und fast tim die ganze Welt gegangen. 50 Jahre nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus wurde der Grundstein für eine neue Bekennende Kirche in Deutschland gelegt. Dieses Buch dokumentiert, wie es zu diesen Entwicklungen kam und worauf sie zielen. Es enthält: - die neuen 95 Thesen in deutscher Sprache - die Referate des internationalen Kongresses ,Reformation heute" in Berlin - die Ansprachen beim neuen Thesen-Anschlag am 27.10.1996 an historischer Stätte in Wittenberg (mit Fotos) Wegweisende Beiträge zu den Themen: „Bibelkritik" (Prof. Dr. E. Linnemann),,Feminismus" (Dr. J.-B. Klautke), „Selbstzerstörung des Christentums" (Prof. Dr. Dr. G. Huntemann), „Bekennende Kirche heute" (Dr. Th. S. Hoffmann), „Mission" (F. Jaegle), „Religionsvermischung" (Prof. Dr. Dr. Th. Schirrmacher) und „Fleue Reformation" (Dr. L. Gassmann). Ein mächtiger Ruf zur Umkehr in ernster Zeit!