25. Ludwig-Hofacker Konferenz 1981 Stuttgart Bad Liebenzell Bernhausen Reutlingen Schwäbisch Gmünd Schwäbisch Hall Weingarten/Württ. Jesus ist Herr — Ihm wollen wir dienen Ansprachen der 25. Ludwig-Hofacker-Konferenz in Stuttgart, Bad Liebenzell, Bernhausen, Reutlingen, Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Hall, Weingarten 18. Juni 1981 Herausgegeben von Winrich Scheffbuch Im Auftrag der Ludwig-Hofacker-Vereinigung (Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Bibel und Bekenntnis) Saalstraße 6, 7015 Korntal-Münchingen als Manuskript gedruckt und herausgegeben vom Evangelischen Pfarramt der Ludwig-Hofacker-Gemeinde Dobelstraße 14, 7000 Stuttgart 1 INHALT Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen Bescheidener, aber zugleich getroster und gewisser Fritz Grünzweig 7 Wählt, wem ihr dienen wollt! Dr. Helmut Lamparter 13 Wir sind in die Entscheidung gestellt Dr. Heiko Krimmer 17 Gottes Tun und unser Dienen Walter Schaal 24 Ein Landtag des Glaubens Dr. Helmuth Egelkraut 31 Eine dreifache Dienstanweisung Dr. Gerhard Maier 38 Im Namen Jesu leben Klaus Vollmer 47 Nur nichts Halbes Edgar Schmid 53 Wollt ihr auch Weggehen? Auch Jünger Jesu können fallen Friedhelm Böker 59 Gott ist's, der es schafft Klaus Scheffbuch 65 Eine eigene Antwort ist nötig Dr. Bodo Volkmann 78 Wer bietet mehr? Gerhard Röckle 72 Gottes Angebot bleibt wertbeständig Gerhard Horeld 83 Wer bekennt, bleibt Helmut Bentz 91 Wir haben zu wählen Die Liebe gehört mir wie der Glaube Dr. Peter Beyerhaus 96 Sprecherfolge zum 100. Todestag von Johann Hinrich Wiehern Rolf Scheffbuch 103 So wirst du ein guter Diener des Herrn Jesus sein Jesus kann Untaugliche tauglich machen Der Herr Jesus braucht dringend Rolf Scheffbuch 110 gute Diener Dr. Gerhard Bergmann 119 Ihm zu dienen — welch ein Stand! Lienhard Pflaum 131 Wir sind zum Dienst berufen Horst Marquardt 153 Wie wird man ein guter Diener? Kurt Feuerbacher 124 Gott befähigt die Berufenen Kurt Heimbucher 142 Gottes Wort ist Richtschnur Dr. Fritz Laubach 147 Aufräumarbeit in der Gemeinde Volker Steinhoff 161 Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen (Josua 24) Bescheidener, aber zugleich getroster und gewisser 1. Die Frage (1) Das war damals der sogenannte „Landtag von Sichern“. Der altgewordene Josua hatte ein letztes Mal die Stämme Israels zusammengerufen; im selben Kapitel noch wird von seinem Tod berichtet. Die Sippen kamen von allen Seiten herzu, an der Spitze ihre Oberhäupter. Der weite Platz füllte sich. „Sie traten vor Gott“, sagt der Bericht ausdrücklich. Josua hatte sie zusammengerufen, um sie vor seinem Abschied zu fragen, wem sie nun eigentlich in Zukunft dienen wollten, um sie klar vor Gott in die Entscheidung zu stellen und um ihnen dazu zu helfen, daß „sie es jetzt mit Gott festmachten“. Soll da unser Hofacker-Tag nicht auch etwas sein wie dieser „Landtag zu Sichern“? In einer Zeit verwirrend vieler Stimmen, Besorgnisse, Hoffnungen, Aufforderungen, die an uns gerichtet, und Ansprüche, die an uns gestellt werden, wollen auch wir uns die Frage ins Bewußtsein heben lassen, wem wir denn nun in Zukunft dienen wollen, für wen wir uns entscheiden, auf wessen Seite wir treten. (2) Vielleicht haben die Leute zu Josua gesagt: Wir, die Stämme Israels, haben doch längst Gott verbindlich unsere Antwort gegeben. Damals in der Wüste am Sinai (2. Mose 19). Auch damals lenkte Gott zunächst die Blicke zurück auf ihren bisherigen Weg: „Ihr habt gesehen, daß ich euch getragen habe wie auf Adlerflügeln und habe euch zu mir gebracht.“ Und dann machte er das große Angebot, daß Israel „sein Eigentum“ sein dürfte vor allen Völkern, ein „Königreich von Priestern“. Und auch damals gab das Volk ein rundes und klares Ja: „Alles, was der Herr geredet hat, wollen wir tun.“ „Warum“, so mögen die Leute in Sichern gesagt haben, „werden wir denn nun wieder gefragt und sollen wieder eine Antwort geben?“ Weil es nötig ist, daß man unter veränderten Verhältnissen neu antwortet, daß man sich neu festlegt. Damals in der Wüste hatte Israel nichts und niemand als nur seinen wunderbaren Bundesgott. An wen sollten sie sich denn sonst halten, wenn nicht an ihn? Nun aber hatte das Volk sein Land, seine wirtschaftliche Sicherung, nach all seinen Siegen seine politische Position. Werden sie sich auch nun so eindeutig, so einfältig, so ausschließlich an Jahwe, den Bundesgott Israels, halten? Vielleicht denken auch wir: „Ich habe schon bei der Konfirmation Gott ein klares Ja gegeben.“ „Ich habe mich bei einer Jugendevangelisation schon mit siebzehn Jahren entschieden.“ „Ich habe mich bereits vor zwanzig Jahren bekehrt.“ Doch wir leben nicht von Entscheidungen von vor zehn Jahren. Das kann bei uns längst eine tote Tradition geworden sein. Wir können uns längst von Jesus wieder distanziert haben, längst weit abgekommen sein. Es ist nötig, uns heute auch unter veränderten Verhältnissen eindeutig, einfältig, vorbehaltlos und ausschließlich zu Jesus zu stellen und mit ihm ins Morgen hinein zu gehen. (3) Es war nun für die Stämme Israels noch dringlicher geworden, sich selbst unmittelbar an Gott zu halten. Mose war nicht mehr da, der für Israel die Verbindung mit Gott hielt. Bald würde nun auch Josua, der treue Mitarbeiter und Nachfolger Moses, nicht mehr da sein. Nun trugen sie selbst vermehrt die Verantwortung dafür, daß Israel nicht von Gott und seinem Wort und Weg abkam. Betende Mütter, geistlich klar gerichtete Väter sind hinter uns zurückgeblieben oder bleiben demnächst hinter uns zurück. Um so mehr müssen wir selber darauf achten, daß wir unbeirrbar bleiben in der festen und steten Gemeinschaft mit unserem Herrn und klar Kurs halten in seiner Nachfolge, in seinem Dienst nach seinem Wort. Gerade dann, wenn so viele neben uns abzweigen, ausscheren und umkehren, ja wenn überhaupt der Gegenverkehr derer, die sich von Gott absetzten so stark ist, daß es kaum noch ein Durchkommen zu geben scheint. (4) Josua gibt in auffallender Weise zur Entscheidung Raum; er stellt sie frei: „Erwählt euch heute, wem ihr dienen wollt.“ Warum denn das? Josua sagt einige Sätze später: „Neiget euer Herz zu dem Herrn, dem Gott Israels.“ Es geht also um Zuneigung, um Liebe. Glaube ist ein Verhältnis der Liebe zu Gott. Und zum Wesen der Liebe, auch unter Menschen, gehört, daß der, dem das Angebot der Liebe gemacht wird, die Freiheit haben muß, dazu ja oder auch nein zu sagen. Im alten römischen Recht aus vorchristlicher Zeit bestand eine Ordnung, die das besonders deutlich machte: Es gab damals zwei Arten von Ehen: Die Halbehe, bei der die Frau halb Magd und halb Gattin war; dabei handelte es sich häufig um Nebenfrauen. Und dann gab es die Vollehe, bei der die Frau in einer für die damalige Zeit erstaunlichen Weise neben dem Mann stand. Und nun war für den Fall, daß einer seine Sklavin ehelichen wollte, in dieser Rechtsordnung vorgeschrieben: Wenn er sie nur in eine Halbehe führen wollte, so konnte er das ohne weiteres tun. Wollte er aber mit ihr eine Vollehe eingehen, dann mußte er sie zunächst bedingungslos aus der Sklaverei entlassen und dann um sie als einer freien Frau werben. Die alten Römer hatten ein klares Rechtsempfinden und wußten, rechte Liebe ist nur möglich, wo die Freiheit besteht, zu dem Angebot der Liebe ja oder auch nein zu sagen. In diesen Freiraum stellt Gott auch uns, seine Menschenkinder, weil er uns in die Gemeinschaft seiner Liebe ziehen und zu seinem „Du“ machen möchte. Laßt uns den Ruf zu diesem unausdenklich hohen Adel mit einem dankbaren und vollen Ja beantworten! Wer Gott in Jesus Christus und seine Liebe will, hat ihn in Ewigkeit, und das ist der Himmel. Wer ihn dagegen nicht will, hat ihn mit aller Konsequenz in Ewigkeit nicht, und das ist die Hölle. II. Die Klarstellung Die Leute waren wohl stolz auf die Ergebnisse ihres Kampfes um dieses Land, in dem sie nun saßen, und ihre Aufbauarbeit, die sie hier schon geleistet hatten. Da stellte Josua im Auftrag Gottes einiges klar und richtig: (1) Mit auffallender Häufung und Eindringlichkeit sagte Josua von dem, was Gott tat, damit es zu dem Ergebnis kam, auf das sie nun so stolz waren: „Er gab.“ „Er sandte.“ „Er führte.“ „Er brachte.“ „Er rettete“. In Ehren eure Tapferkeit, euer Fleiß, eure Ausdauer; aber was wäre das alles gewesen ohne Ihn. So redet unser Herr auch mit uns an diesem „Landtag zu Sichern“ heute. Was haben da wir doch alles vor Augen: Wir haben eine lange Zeit verhältnismäßigen Friedens. Wir haben unser Auskommen, weitestgehend unsere Arbeitsplätze, Ausbildungsmöglichkeit für unsere Jugend, politische Freiheit, Freiheit zu glauben, zu verkündigen, Werke der Liebe aufzubauen, Mission zu treiben. Wir haben Mitchristen, unsere Kreise, Gemeinschaften und Gemeinden und viele gute Kräfte auch in unseren Kirchen. Wir haben gutes geistliches Schrifttum, den Evangeliumsrundfunk, unser Albrecht-Bengel-Haus und die Bibelschulen ... Wir haben unsere großen, ermutigenden Zusammenkünfte, auch diese Konferenz. Wir wissen beim Aufzählen ja nicht, wo anfangen und aufhören. Auch bei uns heißt es: „Er gab, gab, gab.“ Was wäre unser schwaches Bemühen gewesen, wenn er nicht etwas daraus gemacht hätte? Das macht uns auch sehr getrost im Blick auf die Zukunft. Wenn wir da allein auf uns angewiesen wären in einer Welt, in der so viele andere Kräfte und Geister, widergöttlicher und antichristlicher Art vorhanden sind, da müßten wir verzagen. Aber weil unser Herr bei uns und für uns ist, der morgen geben wird wie gestern, der sich und uns treu bleibt, deshalb gilt auch für uns: „Fürchte dich nicht! Glaube nur!“ (2) Eine weitere Klar- und Richtigstellung erfolgt hier. Erinnerung vergoldet. Hier wird „entgoldet“: „Eure Väter haben vorzeiten jenseits des Stromes Euphrat und in Ägypten andern Göttern gedient.“ Nein, die Durchhilfe Gottes ist nicht etwa die selbstverständliche und von uns verdiente Antwort auf unsere Frömmigkeit und Treue. Es wird dabei hier nicht nur von den Götzen in der Umwelt gesagt, von den „Göttern der Amoriter“, sondern auch von den Götzen aus der eigenen Geschichte. Das sind auch heute nicht nur die Götzen in unserer Umwelt und die Sünden, sich ihr anzupassen. Das sind auch die spezifischen „frommen“ Sünden, die schon lange bei uns mitliefen und leicht auch weiter mitlaufen: der „fromme“ Dünkel, „etwas Besonderes“ zu sein, der Richtgeist im Blick auf andere, die Eigenliebe und Selbstgefälligkeit, die unterschiedliche Bewertung verschiedener Sünden. So sagte der Leiter einer altpietistischen Gemeinschaft: „Einen offenkundigen Ehebrecher und Trunkenbold würde man schon gleich gar nicht in unseren Kreis hereinlassen. Wenn einer aber stinkt vor Geiz, was nicht besser ist — ,denn der Geiz ist ja die Wurzel allen Übels“ —, der könnte sogar hier am Brüdertisch mitsitzen und -reden.“ Auch was Gott uns gab, ist ein pures, unverdientes Geschenk seiner Gnade. Um so mehr wollen wir dafür danken. Und um so mehr wollen wir seine Güte recht beantworten, uns für ihn entscheiden und uns ihm hingeben. III. Die Antwort (1) Die Leute haben Gott ein rundes, klares Ja gegeben: „Wir wollen dem Herrn dienen; denn er ist unser Gott.“ Es ist gut, wenn auch bei uns Gottes Wohltaten im Äußeren und Inneren und alle seine Durchhilfen zu solchen Konsequenzen führen. Ein Mann, Mitte dreißig, machte gerne Touren im Hochgebirge. Nach anstrengenden Arbeitswochen sagte er zu seiner Frau: „Ich muß nun einmal wieder in die Berge. Bitte verstehe, wenn ich über dieses Wochenende hinfahre!“ Es war am Fuß eines der hohen Berge der Schweizer Zentralalpen. In der Hütte dort fand er keinen, der mit ihm diesen Berg erstieg. Auch einen Bergführer wollte er nicht nehmen. Er meinte, er kenne ja den Weg gut genug. Er blieb dann lang auf dem Gipfel. Als er an den Abstieg dachte, umgab ihn plötzlich eine dichte Wolke, wie es manchmal im Hochgebirge zu gehen pflegt. Und es begann so zu schneien, daß fast die Hand vor dem Gesicht nicht mehr zu sehen war. Es hielt ziemlich lange an, bis der Mann schließlich in große Not geriet. Er dachte: „Zum Biwakieren hier oben bin ich nicht eingerichtet. So werde ich den Morgen nicht erleben. Und meine Frau und meine Kinder warten auf mich und warten, und ich liege da oben erfroren und zugeschneit.“ Da kam ihm der Gedanke zu beten. Er hatte das eigentlich noch nie getan. Nun kniete er in den Schnee und sagte: „Gott, wenn du bist, dann laß mich jetzt wieder hier herunterkommen. Mein Leben soll dann dir gehören.“ Fast im nächsten Augenblick, so berichtete er, setzte plötzlich ein kräftigerer Wind aus einer anderen Richtung ein. Die Wolke war weg; die Sonne schien. Schnell nahm er seine Sachen zusammen. Der Abstieg war nicht leicht zu finden, weil alles mit Neuschnee bedeckt war. Doch das entscheidende Wegstück hatte er zurückgelegt als es wieder zu schneien begann. So fand erden Weg zur nächsten Hütte und war gerettet. „Nachher sagte ich mir“, so erzählte der Mann, „so etwas erlebst du nicht alle Tage und kannst das auch nicht von Gott erwarten. Da will ich gleich die Folgerung ziehen. Ich will mich von jetzt an an Gott halten und ihm gehören. Und ich will gleich auch die Verbindung zu anderen suchen, die sich ebenfalls an ihn halten wollen.“ (2) Doch nun sagte Josua ein Wort, das die Leute, die eben eine so klare und vielleicht eine etwas zu flinke und zu sichere Antwort gegeben hatten, treffen mochte wie ein kalter Wasserstrahl ins Gesicht: „Ihr könnt dem Herrn nicht dienen.“ Ja, wer sich ein wenig kennt und wer schon einige Erfahrung mit seinen eigenen guten Vorsätzen gemacht hat, der wird dem recht geben: Wir können von uns aus dem Herrn nicht dienen. Josua sagte demgegenüber: „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen.“ Josua damals und seine Familie und Sippe waren auch Menschen; sie werden gewiß dem Herrn nicht rein gedient haben. Aber das Wort des Josua war mehr als nur ein eigener Entschluß. Es ist Prophetie: „Josua“, ist eine frühere Sprachform des Namens „Jesus“. Jesus ist der große, neue Josua. Und auch der neue Mose. Er hat uns mit seinem Blut und Leben aus der Herrschaft des großen Pharao, des Feindes Gottes und der Menschen, freigekämpft. Er hat sich mit uns auf den Weg gemacht durch diese Welt. Und er wird uns zu dem großen verheißenen Ziel, zur „Ruhe des Volkes Gottes“ führen. Zu seinem „Haus“, zur Familie der Leute Jesu, der Kinder Gottes, dürfen wir als Glaubende gehören. Seine Gemeinde ist dieses „Haus“. Er nimmt uns mit hinein in den großen, neuen, wahren Gottesdienst auf dem Weg und am Ziel. Er gibt uns teil an seinen Auferstehungskräften und an seinem Heiligen Geist; er selbst ist dieser Geist (2. Kor. 3, 17). Als Glaubende sind wir in Christus. Und Christus ist in uns. So sind wir eine neue Schöpfung (2. Kor. 5, 17). Unser Herr spricht: „Bleibet in mir, dann bleibe ich in euch, und so bringet ihr viele Frucht. Ohne mich könnt ihr nichts tun“ (Joh. 15, 5). Die Leute in Josuas Tagen haben ein zweites Mal geantwortet: „Wir wollen dem Herrn dienen.“ Im Vertrauen auf den großen Josua, unseren Herrn Jesus Christus, können wir nun erst recht erneut anworten, bescheidener und zugleich getroster und gewisser: „Wir wollen dem Herrn dienen.“ „Herr, du kennst meine Schwäche, nur deiner harre ich. Nicht das, was ich verspreche, was du sprichst, tröstet mich.“ Fritz Griinzweig, Korntal Wählt, wem ihr dienen wollt! Noch einmal hat er alles Volk um sich versammelt. Josua, der Diener und Nachfolger Moses, der die zwölf Stämme Israels nach dem langen Zug durch die Wüste in das gelobte Land geführt hat. Es war das letzte Mal, daß er das Wort nahm vor allem Volk. Wenige Verse hernach wird uns berichtet, daß diese seine Rede auf dem Landtag in Sichern ein endgültiger Abschied war. „Es begab sich nach dieser Geschichte, daß Josua, der Knecht des Herrn, starb, da er 110 Jahre alt war.“ Er ahnte wohl, daß seine Tage gezählt waren. Was er dem Volk sagte, ans Herz legte, war ein letztes Vermächtnis. Noch einmal hat er dem Volk die gewaltigen, herrlichen Taten Gottes vor Augen gestellt, die er selbst miterlebt hatte: „Ihr habt gesehen, wie der Herr, euer Gott, seine Verheißungen erfüllt hat. Wohlan, entscheidet euch heute, wem ihr künftig dienen wollt: den selbsterdachten Göttern, deren Gunst und Beistand die heidnischen Völker durch ihre Opfer erkaufen wollen, oder dem lebendigen Gott, der durch seinen Knecht Mose zu euch geredet hat!“ Ihr habt die Wahl Die Eindeutigkeit, mit der Josua das Volk vor die Entscheidung stellt, ist ebenso wohltuend wie eindringlich. Wir leben heute in einer Zeit, in welcher es die große Mode geworden ist, alles zur Diskussion zu stellen und aus allem ein Problem zu machen. Auch im Raum der Kirche und auf den Gefilden der Theologie ist man von dieser Seuche merklich infiziert. Wir alle sind wohl dazu geneigt, bei diesem eindringlichen Aufruf Josuas zunächst einmal gewisse Vorbehalte anzumelden. Kann denn ein Volk sich als ganzes so für den lebendigen Gott entscheiden? Ist dies nicht die Sache jedes einzelnen? Kann man solch eine Gewissensfrage auf einem öffentlichen Landtag abhandeln? Haben wir nicht immer (bis zum Überdruß!) gehört, daß ein jeder diese Entscheidung jeweils immer neu zu vollziehen habe? Ist es nicht äußerst fragwürdig, daß und wie Josua so merkwürdig unkompliziert alles Volk aufruft: Erwählet euch heute (heute!), wem ihr dienen wollt? Stellt sich Josua diese Wahl nicht viel zu einfach vor? Nun, es ist wahr und offenkundig: Dieser Josua ist kein Mann, der hinter allem Probleme wittert. Er hat weder Theologie noch Philosophie noch Juristerei studiert. Ein alter, im Kampf ergrauter Heerführer steht vor uns, auf den Griff seines Schwerts gelehnt. Man spürt es ihm ab: Er hat eine klare Linie in seinem Leben verfolgt, obwohl der Marschkompaß und der Richtstrahler damals noch nicht erfunden waren. Und er macht kein Hehl daraus vor allem Volk, wie er sich entschieden hat: „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen.“ Nun ist's an euch, so erklärt er vor allem Volk, eure Wahl zu treffen. Ihr könnt, wenn es euch danach gelüstet, dem Herr, dem lebendigen Gott, der euch zu seinem Volk erwählt hat, den Bund aufkündigen. Ihr könnt Ihm aus der Schule laufen, den Rücken kehren. Nur eins könnt ihr keinesfalls: Ihm und den fremden Göttern, mit denen ihr liebäugelt, zugleich dienen! Dasselbe Entweder-Oder hat hernach der Prophet Elia auf dem Berg Karmel auf gerichtet: „Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten? Ist der Herr Gott, so wandelt Ihm nach; ist's aber Baal, so wandelt ihm nach.“ Genauso klar und eindeutig hat es Jesus Christus, dieser „Heerführer“ des neuen Gottesvolkes, der Christenheit, ausgesprochen: „Niemand kann zwei Herren dienen. Ihr könnt nicht (zugleich!) Gott und dem Mammon dienen. Nicht nur Josua, nicht nur Elia, vielmehr die ganze Heilige Schrift widersetzt sich dem Versuch, dieses Entweder-Oder zu entschärfen oder gar durch ein Sowohl-Als-auch zu ersetzen. Sie erlaubt uns nicht, aus der Frage, ob wir dem Herrn, dem lebendigen Gott, Ihm allein dienen wollen, ein Problem zu machen. Mit gutem Grund! Jeder Soldat wußte und weiß, auf welcher Seite er kämpft. Jeder Knecht kennt seinen Herrn, jeder Arbeiter seinen Chef, jeder Matrose den Kapitän, der ihn angeworben hat und der auf der Kommandobrücke steht und den Kurs bestimmt. Wohl ist es wahr, daß der Gehorsam gegen die Befehle des Herrn, der uns erkauft und angeworben, in seinen Dienst gestellt hat, jeden Tag neu eingeübt und bewährt sein will. Aber die Antwort auf die Frage, wer das Kommando führt, ergibt sich nicht von Fall zu Fall. Sie steht eindeutig fest. Keiner kann unter zwei Flaggen zugleich segeln. Die Frage, wem wir dienen wollen, kann nur mit einer eindeutigen Antwort entschieden werden. Wohl ist es mit einer einmaligen Entscheidung nicht getan. Auch dann, wenn diese Entscheidung gefallen ist, bleibt noch immer der tägliche Kampf zwischen Geist und Fleisch, wie ihn Paulus im Römer- und Galaterbrief beschreibt. Aber dieser tägliche Kampf liegt innerhalb der Entscheidung, die es zu vollziehen gilt. Weder ihre Eindeutigkeit noch ihre Notwendigkeit wird dadurch in Frage gestellt oder gar außer Kraft gesetzt. Somit hat Josua völlig recht, wenn er alle, die seiner Rede lauschen — damals und heute — auf- fordert: Trefft eure Wahl! Und bedenkt dabei, daß ihr, wie immer ihr euch entscheidet — dienen müßt. Wollt ihr dem Herrn, dem lebendigen Gott nicht dienen, dann sind es andere Götter und Mächte, denen ihr den Tribut eurer Freiheit bezahlen müßt: Die Götter der Amoriter oder der Kanaaniter, modern gesprochen, die Geldgier, die Ehrsucht, die Machtgier, die Habsucht, die Lust und die Angst oder wie immer all diese Mächte und Süchte, diese Sklavenhalter des Teufels heißen. Dienen werdet und müßt ihr auf jeden Fall! Es fragt sich nur, wem ihr dienen wollt! Wohlan, trefft eure Wahl! Wißt, was ihr tut Dem Herrn, diesem Herrn dienen, sich Ihm zur Verfügung stellen — dies ist freilich zu jener Haltung, die wir einnehmen, wenn wir uns, in einen bequemen Sessel gekuschelt, vor den Fernsehapparat setzen, das strikte Gegenteil. Man kann hier nicht nach Belieben ein- und abschalten. Mit Ernst und Nachdruck stellt Josua dem Volk, das sich zum Landtag versammelt hat, vor Augen, daß es wahrlich keine harmlose Sache ist, sich mit Ihm, dem lebendigen Gott einzulassen. ER ist ein heiliger, ein eifernder Gott, der eure Übertretungen und Sünden nicht ungestraft lassen wird. Nur der kann Ihm dienen, der ernstlich gewillt ist, fest und treu in seinem Dienst zu bleiben. „Wenn ihr den Herrn verlaßt und fremden Göttern dient, so wird seine Gnade sich in Zorn verkehren. Er wird euch nicht mehr wie bisher von einem Sieg zum andern führen und Völker vor euch vertreiben, sondern diese Völker werden euch zum Strick, zum Fangnetz, zur Geißel und zum Stachel in euren Augen“ (Kap. 23. 13). Ja, der Herr selbst wird euch aus dem guten Land, das Er euch gegeben hat, wieder hinausjagen und euch umbringen. Diese Warnung Josuas liest sich heute wie eine unheimliche Prophetie. Wir wissen, wie leichtfertig sich in der Folgezeit das Gottesvolk mit den heidnischen Göttern eingelassen und die Gebote Gottes in den Wind geschlagen hat. Was war die Folge? Gott der Herr gab die Bundbrüchigen in die Gewalt ihrer Feinde. Ja, das ganze Alte Testament hallt wider von der Donneraxt göttlicher Gerichte! Wir, die wir zum Gottesvolk des Neuen Bundes gehören, sollten uns dies zur Warnung dienen lassen. Wohl ist es wahr, daß wir in Jesus Christus einen „Heerführer“ haben, der selbst die Strafe für unsren vielfachen Ungehorsam auf sich genommen und mit seinem Tod am Kreuz dafür bezahlt hat. Aber dies gibt uns kein Recht, die ernste Warnung Josuas in den Wind zu schlagen. Denn „so wir mutwillig sündigen, nachdem wir die Erkenntnis der Wahrheit empfangen haben, haben wir hinfort kein anderes Opfer mehr für die Sünden, sondern (nur noch) ein schreckliches Warten des Gerichts“ (Hebr. 10, 26). Wer Ohren hat zu hören, der höre! Mit einem Bekenntnis der Lippen — so wichtig auch dieses ist — gibt sich der lebendige Gott keinesfalls zufrieden. Daß wir IHM dienen, treulich und ernstlich, dies ist's, was Er auch von uns — mit Recht — erwartet. Nicht weniger als elfmal ist in dieser Abschiedspredigt Josuas auf dem Landtag zu Sichern vom „Dienen“ die Rede! Gott dienen, das heißt mit seinem tagtäglich gelebten Leben sich seiner Herrschaft unterstellen, seinem Willen gehorsam sein. Daß uns dies nicht so gelingt, wie wir wohl möchten, daß hier viel Schwachheit, Versagen und Versäumnis mit unterläuft, ist wohl wahr. Aber weniger wollen können wir nicht, wenn wir's mit Gott redlich meinen! „So tut nun von euch die fremden Götter und neiget euer Herz zu dem Gott Israels.“ Dies — nichts weniger — tut not, wenn der lebendige Gott in unsrem täglich gelebten Leben zu seinem Recht und zu der Ehre kommen soll, die Ihm gebührt. Bei der Wahl, die hier zu treffen ist, genügt es nicht, daß wir einen Stimmzettel ausfüllen und abgeben. Wer Gott wählt, muß gleichsam sein Herz in die Wahlurne legen. Auf Parteigänger legt Er keinen Wert. Was Er sucht und braucht, sind Leute, die Ihm aufs Wort gehorchen. O daß doch mein und dein Leben seine Rechte mit ganzem Ernst hielte! Dr. Helmut Lamparter, Tübingen Wir sind in die Entscheidung gestellt Der französische Präsident hatte die Wahl verloren. Am Vorabend der Amtsablösung hielt er im Fernsehen eine Abschiedsansprache. Doch dabei legte er eine stolze Leistungsbilanz vor: Er zählte auf, was alles in seiner Amtszeit verbessert worden sei. Dann erklang noch einmal die Nationalhymne. Das Fernsehbild zeigte noch den leeren Stuhl. Eine beeindruckende Schlußszene. Auch unser Bibeltext ist solch eine Schlußszene: Ein großer Führer nimmt Abschied von seinem Volk. Josua hat die Männer Israels in Sichern zusammengerufen. Tief bewegt und schweigend blicken sie auf ihren greisen Führer. Er hatte sie damals in das Land gebracht und sie in vielen Schlachten siegreich geführt. Er regierte das Volk mit Gerechtigkeit und Weisheit. Seine Verdienste waren unbestritten. Doch in dieser seiner letzten Rede legt Josua keine Erfolgsbilanz vor. Er beruft sich nicht auf seine Leistung und verweist nicht auf seine Taten. Nein, Josua weist weg von sich und rühmt den Herrn, den Gott Israels. Ihm gebührt alle Ehre. Er ist der eigentliche Führer Israels. Seine Treue hat Israel in das Land gebracht, Sieg gegeben und dem Volk Frieden, Wohlstand und Gedeihen geschenkt. Deshalb ist das der Grundton der letzten Rede Josuas: Er rühmt die durchhaltende Treue Gottes gegenüber seinem Volk. Wir dürfen miteinstimmen. 1. Wir rühmen Gottes Treue Josua rühmt Gottes Treue. Dabei ruft er dem Volk ganz konkrete, geschichtliche Ereignisse ins Gedächtnis. Die Treue Gottes ist an seinem Handeln sichtbar. Deshalb erinnert Josua Israel an seinen Anfang. Es ist ein schlichter Satz, doch er bezeichnet den Anfang der Heilsgeschichte Gottes mit Israel: „Da nahm ich euren Vater Abraham ...“ So handelte Gott, als seine Schöpfung unter der Lawine der Sünde zu verderben drohte. Gegen den Untergang setzte er den Neuanfang der Erwählung. Er nahm Abraham, das hebräische Wort zeigt die ganze Tiefe dieses „Nehmens“, denn es kann auch als „heiraten“ übersetzt werden. So umfassend, so rückhaltslos und in solcher Liebe erzeigte Gott seine Treue zu den Menschen: „er heiratete Abraham“, er verband sich unlösbar mit ihm und verpfändete ihm gegenüber sein Wort der Treue. Gott nahm den Abraham — darin wird eine erste Grundlinie der Erwählung Gottes deutlich: Abraham besaß keine besonderen Vorzüge, die ihn für Gottes Zugriff anboten. Er kannte den lebendigen Gott nicht einmal, sondern diente, wie seine Väter, anderen Göttern. Er konnte sich nichts auf die Erwählung einbilden. Erwählung ist und bleibt ganz Gottes Tat und Gottes Ruf. Das galt für Abraham. Das gilt für Israel. Nie können sich Menschen auf ihre Vorzüge oder Qualitäten berufen, als müßte Gott gerade sie lieben. Gottes Liebe, sein erwählender Ruf trifft uns Menschen ohne alles eigene Verdienst. Das macht demütig und bewahrt vor allem geistlichen Hochmut. Gott ließ Abraham wandern — das ist die zweite Grundlinie: Er führte Abraham, so kann das hebräische Wort auch übersetzt werden. Wen Gott erwählt, den nimmt er in Beschlag und führt ihn. Abraham steht unter der Leitung Gottes und damit unter seinem Auftrag. Er ist für Gott in Dienst genommen. Er wird zum „Ausländer auf Befehl“. Erwählung ist nie Bevorzugung, sondern immer Dienstbeauftragung. Wen Gott erwählt, dem gibt er einen Auftrag. Das galt für Abraham, das gilt für Israel. Gottes Kinder sind seine Arbeiter in dieser Welt. Gott mehrte Abrahams Samen und gab ihm Isaak — darin liegt die dritte Grundlinie des Erwählungshandelns Gottes: Gott verwirklicht sein Verheißungswort im Leben des Erwählten. Der Glaubende erlebt das Handeln Gottes in seinem täglichen Leben. Isaak ist das Kind der Verheißung. Wider alles menschliche Erwarten wurde er geboren. Als lebendiger Erweis der Treue Gottes zu seinem Verheißungswort. Gott steht zu seinem Wort. Das galt für Abraham. Das gilt für Israel. Das gilt für uns. Darauf können wir uns gründen. Davon lebt Israel bis heute: Gott hält sein Wort. Er bleibt treu; auch wenn sein Volk untreu wird. Davon leben aber auch wir alle, Christen und Nichtchristen. Gott hat sein Wort damals nach der Sintflut verpfändet und zugesagt, er wolle Leben erhalten und nicht mehr vernichten „solange die Erde steht. . .“ Davon leben wir alle, ob wir es zugeben oder nicht. Wieviel Grund zum Rühmen dieser erhaltenden Treue Gottes haben gerade wir: Wir dürfen leben. Gott ist es, der Leben gibt und erhält. Wir leben gut. Die vielen Klagen heute übersehen weithin unseren Wohlstand, gemessen an den meisten anderen Menschen. Wir dürfen im äußeren Frieden leben, seit 36 Jahren schon. Wir dürfen in Freiheit leben. Noch nie gab es auf deutschem Boden einen Staat mit größerer Freiheit und stabileren Verhältnissen als unseren jetzigen demokratischen Staat. Wir rühmen Gottes Treue — ganz bewußt auch für diese äußeren Wohltaten. Josua weist sein Volk darauf hin, daß aller äußere Segen nicht ihrem Können, ihrem Fleiß und ihrer Anstrengung zugeschrieben werden können. Gott hat das getan: „Ich habe euch ein Land gegeben, daran ihr nicht gearbeitet habt, und Städte, die ihr nicht gebaut habt, daß ihr darin wohnt und esset von Weinbergen und ölbäumen, die ihr nicht gepflanzt habt“ (V. 13). Ist deshalb heute so wenig Rühmen Gottes unter uns, weil wir über unserem Wirtschaftswunder und Wiederaufbau so ganz anders denken? Weil wir selbstbewußt sagen, „wir haben das alles aufgebaut?“ Wer gab Gesundheit, Kraft, Gelingen und Frieden? Sind das wir gewesen? Wir nehmen das alles zu selbstverständlich als eigene Leistung. Nein — das müssen wir wieder lernen: Wir leben von Gottes Treue. Wir rühmen Gottes Treue zu seinem Wort. Er hat seine Verheißung Abraham gegeben: „In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“ Gott will diese Welt nicht nur erhalten; er will retten und segnen. Wir leben als Kinder Gottes von seiner Treue: Daß Gott uns begegnet ist; daß wir glauben können und unser Glaube wachsen und gründen darf, gerade auch auf solchen Konferenzen. Haben Sie eigentlich heute morgen, bevor Sie hierher kamen, Gott gedankt für solch eine Gelegenheit? Wir rühmen Gottes Treue, daß wir Jesus kennen. In ihm nämlich sind alle Verheißungen „Ja“ und „Amen“. 2. In Jesus ist Gottes Treue verwirklicht Josua ruft sein Volk zusammen und rühmt vor ihnen Gottes Treue. Josua verkörpert solchen Ruhm Gottes schon mit seinem Namen — Gott ist Rettung. Heute, bei dieser Hofacker-Konferenz versammelt der „neue Josua“, Jesus = „Gott ist Rettung“, sein Volk und läßt den Ruhm seines Vaters verkünden. Gott hat in Jesus Christus sein Verheißungswort verwirklicht. Er ist der lebendige Erweis der suchenden und rettenden Treue Gottes zu seinen verlorenen Geschöpfen. „Er wird sein Volk retten aus seinen Sünden“, so kündigt der Engel dem schwankenden Joseph die Geburt Jesu an. Das ist das Programm Gottes: Rettung, Rettung aus den Sünden. Ein Kriegsteilnehmer im 2. Weltkrieg erzählte folgendes Erlebnis: Zusammen mit einigen Kameraden waren sie eingekesselt worden. Die feindlichen Truppen hatten sie vollständig umzingelt und nur die hereinbrechende Nacht bewahrte sie vor dem Tod. In Verzweiflung saßen sie beieinander, der Morgen würde das Ende bringen. Da hörten sie ein Geräusch: Ein Melder ihrer Kompanie hatte sich durch den feindlichen Ring geschlichen und kündigte für die Zeit kurz vor Morgengrauen Hilfe von außen an. „Immer noch saßen wir im Kessel“, so sagte der ehemalige Soldat, „aber alles war ganz anders. Wir hatten wieder Mut gefaßt, waren voller Hoffnung und blickten gespannt dem Morgen entgegen. Rettung war angekündigt worden.“ Ist das nicht unsere Lage? Wir Menschen sitzen im Kessel, umzingelt vom Feind, das sichere Ende vor Augen. Wir sind in der Gewalt des Feindes, dem Satan ausgeliefert, den Tod vor Augen. In solche Umzingelung haben wir uns selbst gebracht. Unsere Sünde liefert uns dem Satan aus; derTod ist der verdiente Lohn unsererSünde. Doch es ist Hilfe gekommen. Gott hat Mitleid mit uns. Doch nicht so, wie sonst die „hohen“ Herren ihr Mitleid ausdrücken, daß sie einen kurzen Informationsbesuch machen, aufmunternde Reden halten und Durchhalteparolen ausgeben. Nein — Gottes Mitleid führt zum Mit-leiden. Er sendet seinen Sohn Jesus Christus, hinein in unsere Gefangenschaft, mitten in unsere umzingelte, aussichtslose Situation. So beginnt die Rettung. Das haben wir im Namen Gottes auszurufen: Es gibt keine aussichtslose Gefangenschaft mehr. Keiner muß verzweifeln. Jesus ist gekommen. Er hat unsere Lage völlig verändert. Er hat den Umklammerungsring des Feindes an seiner stärksten Stelle aufgebrochen, denn er hat den Tod besiegt. Am Kreuz hat Jesus die feindlichen Kräfte vernichtend geschlagen. In seiner Auferstehung weist er uns den Weg aus dem Kessel. Er befreit uns aus der Gefangenschaft zur Freiheit der Kinder Gottes. Solche Befreiung gibt es schon hier und jetzt, denn in Jesus Christus haben wir die Vergebung der Sünden. Unsere Sünde führt uns in die Gefangenschaft. Unsere Sünde zwingt uns auf den Weg der Vernichtung. Die Bibel sagt: „Die Sünde ist der Leute Verderben.“ Rettung durch Jesus Christus geschieht durch seinen Opfertod am Kreuz, deshalb bezeugt Paulus: „Denn Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung“ (2. Kor. 5, 19). Solche Befreiung hat Jesus gebracht. Da predigte er in Kapernaum. Die Menschen umdrängten das Haus, in dem er sprach. Kopf an Kopf standen sie und hörten seinen Worten zu. Vier Männer eilen herbei. Auf einem Strohsack tragen sie einen Gelähmten. Sie wollen ihn zu Jesus bringen, denn sie haben gehört: Er kann helfen. Wegen der Leute können die vier nicht bis zu Jesus Vordringen. Kurz entschlossen steigen sie auf das Flachdach, decken es ab und lassen den Kranken an Seilen hinunter, direkt vor Jesus hin. Und Jesus schaut ihn an: Einen Menschen im Kessel, umzingelt von seiner Krankheit, gefangen in seinem Leiden. Doch der Herr sieht tiefer: „Was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne“ — wenn Krankheit, Armut, Hunger, Unglück und Ungerechtigkeit abgeschafft wären — „und nähme doch Schaden an seiner Seele?“ Deshalb spricht er diesen geschlagenen Menschen völlig unerwartet an: „Mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben.“ Das ist Befreiung, das ist die Rettung. Auch wenn sich die frommen Besserwisser ärgern. Nur einer, Jesus, der Menschensohn, hat solche Macht. Er kann Sünden vergeben. So wird ein Mensch frei. Der Gichtbrüchige damals wurde auch von seiner Krankheit geheilt. Das war aber nicht der eigentliche Durchbruch. Gott begnügt sich nicht mit Teilreparaturen. Er sprengt die Gefangenschaft der Sünde. „Wen der Sohn frei macht, der ist recht frei.“ Darin erweist sich Gottes Treue; eben in dieser völligen Befreiung von Sünde, Tod und Teufel, die Jesus bringt. Gottes Treue ist in Jesus erwiesen. Nun sind wir gefragt: 3. Gottes Treue fragt nach unserem Vertrauen Josua ruft sein Volk zusammen und rühmt vor ihm Gottes Treue. In diesem seinem Testament aber ruft er sein Volk in die Entscheidung. Gottes große Taten zielen auf unsere Entscheidung. Gottes Treue fragt nach unserem Vertrauen. „So fürchtet nun den Herrn und dienet ihm“ — damit redet Josua Israel ganz klar an. „Fürchtet den Herrn“ — nicht die zitternde Furcht vor dem Rächer oder strafenden Gott ist gemeint, sondern vielmehr die sich beugende Furcht, die die Größe, Gewalt und Liebe Gottes anerkennt. Keine Furcht, die zur Flucht in ein schützendes Versteck treibt, die Furcht des Flerrn ist die Ehrfurcht, die den Menschen zu Gott hinleitet. „Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang“ sagt die Bibel. Solche Furcht, die in demütigem Bekenntnis das eigene Versagen und die eigene Schuld eingestehen kann. Solche Furcht, die in hoffendem Ver- trauen die durchhaltende Treue Gottes rühmt. Solche Furcht, die erschrecken kann über die Folgen des eigenen Weges und alle Rettung vom Weg der Nachfolge erwartet. Es ist die Furcht, die über Israel kam, damals auf dem Karmel. Als Gott sich zu seinem Boten Elia bekannte und die Götzenpriester des Baal vernichtet wurden. Furcht ist der Weisheit Anfang, aber „die Liebe treibet die Furcht aus“ — das ist der Weisheit Fortgang. Deshalb rief Josua damals und Elia dann auf dem Karmel Israel hinein in die bergende Liebe Gottes. „Wie lange hinket ihr auf beiden Seiten?“, so fragte Elia das wankelmütige Israel, „erwählet euch heute, wem ihr dienen wollt“, fragt Josua. Die großen Taten Gottes kann niemand nur zur Kenntnis nehmen, sie als interessante Begebenheiten abhaken. Wo der lebendige Gott handelt, da sind wir in die Entscheidung gestellt. Es ist keine Entscheidung ins Blaue hinein. Gott hat ja schon längst gehandelt. Seine Taten sind doch Zeugnisse seiner Treue. Israels Weg von Abraham, über Ägypten, der Zug durch die Wüste, bis hinein in das gelobte Land war doch gekennzeichnet von der Macht seines Gottes. Nun kommt die Frage: „Verdient nicht dieser Gott euer ganzes Vertrauen?“ Es ist eine Entscheidung auf Grund der erfahrenen Treue Gottes, eine Entscheidung ermöglicht durch sein vorhergehendes Liebeshandeln. Gott macht uns die Entscheidung leicht. Wir haben Jesus Christus vor Augen. War sein Leben nicht ein einziges Werben um das Vertrauen der Menschen? Bezeugt uns nicht die ganze Bibel, daß Gott unser Vertrauen verdient? Neben dem „alten“ Josua, bezeugt es uns der „neue“ Josua: Gott will dich retten. Er will dich führen und leiten und dein Leben segnen. Freilich — diese Entscheidung für Gott bedeutet eine klare Absage an die alten Götter. Immer wieder stand Israel in der Versuchung, Götzen zu vertrauen. Die Vorväter dienten den Mondgöttern des Zweistromlandes und erhofften von ihnen Hilfe. Die Fruchtbarkeitsgötter Kanaans lockten Israel; die menschlichen Götzen wie eigene Frömmigkeit, eigene Kraft und Leistung verführten Israel zu falschem Vertrauen. Vertrauen auf Gott und Götzendienst schließen einander aus. Wie viele Menschen setzen auch heute ihr Vertrauen auf solche falschen Sicherheiten. Wir wollen es klar und eindeutig bezeugen, wie Jesus es uns aufgetragen hat: „Niemand kann zwei Herren dienen. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon“ — dem Hauptgötzen unserer Gesellschaft. „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen“ — Josua bezieht eine eindeutige Stellung. Er will von niemand und nichts sich abbringen lassen, sein Vertrauen ruht ganz auf Gott. Ihm will er dienen; alle seine Kraft, seine Arbeit, sein Streben und sein Bemühen ihm zur Verfügung stellen. In allem geht es ihm allein um Gottes Ehre. „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen“ — Jesus hat uns dieses bedingungslose Vertrauen auf den Vater, dieses völlige Gott-zur-Verfügung-Stehen vorgelebt. Er sagt: „Meine Speise ist die, daß ich tue den Willen des, der midi gesandt hat“ (Joh. 4, 34). Er wollte und will nichts für sich selber, er sucht in allem die Ehre Gottes. „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen“ — das ist die Einladung an uns alle. Du hast die großen Taten Gottes gehört, erlebst seine Treue in deinem täglichen Leben. Nun „laß dich erretten von diesem argen Geschlecht“ und vertraue dieser erwiesenen Treue Gottes in Jesus Christus: Daß dein Glaube gegründet werde, wachse und Frucht bringe zur Ehre Gottes. „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen“ — Jesus gibt uns klare Anleitung zu solchem rechten Gottesdienst, wenn er sagt: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das übrige alles zufallen.“ So sieht solche Dienstbereitschaft aus. Sind wir bereit, so ungeteilt unserem Herrn zur Verfügung zu stehen und seine Boten zu sein? „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen“ — darauf wartet doch unsere Welt heute, daß sie solche Menschen sieht, die wirklich Gott dienen. Die Menschen leiden in der Knechtschaft des Satans, sie sind gebunden im vergeblichen, tödlichen Dienst für die falschen Götter. Sie werden betrogen, ausgebeutet, ausgenützt und mißbraucht. Sie warten auf das Zeugnis der Freien, auf das hoffnungsgebende Beispiel der Kinder Gottes. Dr. Heiko Krimmer, Holzgerlingen Gottes Tun und unser Dienen Josua war der erste, von dem uns die Bibel berichtet, daß er den Namen trug, den einmal im Neuen Bund jener andere trug, „Jesus“. Dieser Name ist ein Programm und bedeutet „der Herr ist Hilfe, Rettung“. Dieser Josua begegnet uns in diesem Kapitel als Zeuge für Gottes große Taten und als der Seelsorger und Verkündiger, der um das rechte Tun des Volkes Gottes ringt. 7. Gottes Tun Gottes Volk war nicht immer Gottes Volk. „Vorzeiten dienten sie anderen Göttern.“ „Da nahm ich euren Vater Abraham.“ Geschichte des Volkes Gottes fangen nicht Menschen an. Gott fängt selbst die Geschichte an, deren Fernziel die Rettung durch Jesus, den anderen Josua ist. Gott fängt diese Geschichte klein an. Gott fängt diese Geschichte mit einzelnen an. Gott fängt diese Geschichte nach seiner Wahl an. Gott fängt diese Geschichte oft so mit Menschen an, daß sie selbst noch gar nicht merken, daß Gott am Werk ist. Vater Tharah wußte noch nicht, warum er mit seiner Familie mit Abraham, Nahor und Lot aus dem Kulturland zwischen Euphrat und Tigris nach Kanaan aufbrach. Verborgen, verhüllt und still kann Gott seine Geschichte mitten in einer Familie anfangen, mit solchen, die miteinander unter einem Dach wohnen und deswegen in der Bibel immer wieder „Haus“ genannt werden. Aber Gott meinte noch nicht Tharah, er meinte auch nicht Nahor und Haran, die Brüder Abrahams, auch nicht Lot, den Sohn des früh verstorbenen Haran. Es gehört zu Gottes Souveränität, seinem Herrsein, daß er beruft, erwählt, in seinen Dienst nimmt, wen er will. Noch diente jene Familie anderen Göttern, den Göttern Babels, den Göttern dieser Welt. Josua lenkt den Blick des versammelten Volkes, seiner Ältesten, Obersten, Richter und Amtleute auf dieses Tun Gottes. „Da nahm ich euren Vater Abraham von jenseits des Stromes ...“ Gottes Tun ist das Fundament der Existenz des Volkes Gottes und seiner Geschichte in dieser Welt. Dies.es Tun Gottes, dieses majestätische „Ich“ steht dann über der ganzen weiteren Geschichte und dem weiteren Leben Abrahams und des Volkes Gottes. Ich ließ ihn umherziehen im ganzen Land Kanaan. Fremd lebte er im verheißenen Land, aber mit Stunden, in denen er zeichenhaft den Namen Gottes in diesem Land anrief und ausrief. Ich mehrte sein Geschlecht und gab ihm Isaak Gottes Volk hat seinen Grund nicht im menschlichen Wollen. Isaak, der in Gottes Volk hineingeboren und ein Segensträger wurde, ist ein Wunder Gottes. Gott gab dem Abraham den Isaak entgegen allen menschlichen Voraussetzungen. Sarah war unfruchtbar, und Abraham und Sarah waren längstens über die Zeit hinaus, in der ein Kind empfangen und geboren werden konnte. Sie mußten so lange auf die Erfüllung der Verheißung Gottes warten, daß es ihnen geradezu lächerlich war, als Gott durch seine Boten die Geburt Isaaks unmittelbar ankündigte. So ging das weiter in dieser Familie Gottes. „Isaak gab ich Jakob und Esau.“ Eigenartigerweise heißt es nicht: Ich gab Jakob und seiner Familie dann in der Zeit der Hungersnot Ägypten zum Ort der Zuflucht. Da zogen sie allein von sich aus hin. Aber wieder leuchtet Gottes Gnade auf. Er ließ sein Volk nicht für immer im knechtischen Joch Ägyptens. „Ich sandte Mose. Ich führte euch und eure Väter aus Ägypten. Ich setzte eine Finsternis zwischen euch und die Ägypter. Ich ließ das Meer über sie kommen. Ich habe euch gebracht in das Land jenseits des Jordans. Ich gab die Amoriter in eure Hände. Ich wollte Bileam nicht hören, er mußte euch segnen. Ich errettete euch aus seinen Händen, aus diesen Händen eines Zauberers. Ich gab euch Jericho in die Hand. Ich sandte Angst und Schrecken vor euch her.“ „Nicht dein Schwert noch dein Bogen“ nahm diese Völker und dieses Land ein. Die Geschichte, die Josua hier in kurzen markanten Sätzen noch einmal aufleuchten läßt, ist die Geschichte des Tuns Gottes. Josua faßt sie in einem Satz zusammen. „Ich habe euch ein Land gegeben, um das ihr euch nicht gemüht habt, Städte, die ihr nicht gebaut habt, Weinberge und ölbäume, die ihr nicht gepflanzt habt. „Ich“ — nicht „ihr“. Das ist die Grundmelodie der Geschichte des Volkes Gottes im Alten und Neuen Bund. Was ist schon unser Tun für Gott im Vergleich zu Gottes Tun für uns. Das ist die frohe Botschaft der Bibel für uns in einer turbulenten Zeit, in der viele Grundfesten menschlichen Lebens hinfallen. II. Unser Dienen Jetzt kommt ein „So“. Weil eure Geschichte, euer Leben in den Familien und in den Versammlungen des Volkes Gottes von diesem Tun Gottes geprägt ist, gibt es dieses „So“. Unser Tun wächst aus Gottes Tun heraus. Das ist die Grundlinie, die sich durchs ganze Alte und Neue Testament zieht, wenn es um unser für Gott fruchtbares Tun geht. Unser aus dem Tun Gottes folgendes Tun ist in Josua 24 zusammengefaßt in dem einen Satz: dienet dem Herrn. Mit diesem „Dienen“ ist unser ganzes Leben im Volk Gottes umfaßt. Dieses Wort dienen kommt immer neu in diesem Kapitel vor. Unser Tun für Gott, unser Tun vor Gott, unser Tun an unsren Mitmenschen und unser Tun in Familie und Gesellschaft, unser Tun in der Stille und in der Öffentlichkeit, unser Tun in der Gemeinde und ihren Kreisen steht unter diesem uns heute oft fremd gewordenen Wort „dienen“. Nun begegnet uns in diesem Kapitel 24 in skizzenhaften Strichen, was Josua, der einstige „Diener“ Moses, darunter versteht, „dem Herrn zu dienen“. 1. Dieses Dienen ist nicht Knechtschaft Dienst als Knechtschaft hatte Israel in Ägypten erlebt. Dieses Dienen war Zwang, ohne Freiwilligkeit. Es war ein harter Dienst (5. Mose 26, 6). Es war Frondienst ohne Lohn, es war ein Dienst ohne Barmherzigkeit mit dem Ziel, den israelischen Familien jede Freude am Leben zu nehmen. In der Gluthitze mußten sie aus dem Schlamm des Nil und aus Stroh Ziegel formen. Es war ein Dienst unter Aufsehern. Es war ein Dienst ohne Sinn, ohne Freude, ohne Ziel. Solches Dienen meinte Josua in Sichern nicht. Solches Dienen will Gott nicht. 2. Dieses Dienen kommt nicht aus dem eigenen Können Wo können wir denn in dieser Welt überhaupt ablesen, was dienen heißt? Es ist schon eigenartig, daß Josua dem Volk sagt: „Ihr könnt dem Herrn nicht dienen.“ Der Unterschied zwischen dem heiligen Gott und uns sündigen Menschen ist so groß, daß von uns gilt, was Martin Luther singt: „Es ist doch unser Tun umsonst, auch in dem besten Leben.“ Solches Dienen ist nur aus der Vergebung heraus möglich, aus einem wiederhergestellten Gottesverhältnis. Es gibt eigentlich nur den Einen, dessen Leben ein vollkommener Dienst für Gott und für uns Menschen war. Es ist der, der von sich gesagt hat: „Des Menschen Sohn ist nicht gekommen, daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele“ (Matth. 20, 28). Wenn wir sehen wollen, was dienen ist, müssen wir eigentlich das Leben Jesu von seiner Kindheit bis zu seinem Tod ansehen. 3. Dieses Dienen kommt aus dem Hören „Wir wollen ihm dienen und seiner Stimme gehorchen“ (V. 24). Dieser Dienst ist dem Wesen nach ein „Gehorchen“. Es kommt aus dem „Horchen“, dem aufmerksamen Zuhören. Freilich, auch in Ägypten mußten sie dem Wort Pharaos und der Aufseher gehorchen, aber es kommt darauf an, wem wir gehorchen und was für einem Wort wir gehorchen. Bei diesem Dienen geht es um das Wort des Gottes, der alles Gute und Liebe für uns tut. Es geht um das Wort, das in Jesus Christus Menschengestalt angenommen hat. Es ist das Wort, das die Freude unsres Herzens ist. Die Befehle dieses Herrn sind richtig und erfreuen das Herz (Psalm 19, 9). 4. Dieses Dienen geschieht in Freiwilligkeit Da standen also die Tausende Israels in Sichern zwischen den Bergen Ebal und Garizim, wo schon der Vater Jakob einen Brunnen gegraben hatte und wo einmal Jesus auf dem Rand dieses Brunnens mitten im Samariterland sitzen würde. Hier wurde das Volk vor eine tiefgreifende Wahl gestellt: „Wählt euch heute, wem ihr dienen wollt.“ Gott will uns so begegnen, daß wir wollen, was Gott will. Gott will uns zu „frei-willigem“ Dienen helfen. So weit läßt sich dieser große Gott herab, daß er uns diese Entscheidungsfreiheit gibt, zu ihm und dem Dienst für ihn „ja“ oder „nein“ zu sagen. Es ist ein Dienst in der Freiheit, darum sagt das Volk: „Wir wollen dem Herrn dienen, denn er ist unser Gott.“ 5. Es ist ein Dienen im Bund mit Gott Aufgrund des „Ja“ des Volkes schloß Josua an jenem Tag mit Gott einen Bund für das Volk. Es war eine Erneuerung, eine Bestätigung des Bundes, der schon am Sinai unter Mose zwischen Gott und seinem Volk geschlossen worden war. Gott bindet sich an die, die ihm dienen wollen. Wir dürfen Tag um Tag in der Verbindung mit Gott unsren Dienst für ihn und unsre Mitmenschen tun. Statt Verbindung könnten wir auch sagen: in der Gemeinschaft mit ihm. Er steht zu uns in diesem Dienst, er sorgt für uns, er gibt uns die Kraft, die wir braudien, er ist unser Lohn. 6. Es ist ein Dienen in der Ehrfurcht vor Gott Und doch ist es ein Dienst, in dem Gott nicht unser Partner ist, sondern unser Herr. Es ist ein Dienst, der uns nie Gott gegenüber ein Recht verleiht. Es ist kein Dienst, in dem wir Gott gegenüber irgendwelche Ansprüche geltend machen können. Es ist ein Dienst, in dem wir letztlich Gott verantwortlich sind. Jeder steht und fällt seinem Herrn. Wir müssen über unsren Dienst einmal vor dem Richterstuhl Christi Rechenschaft geben. Es ist ein Dienst noch unter Versuchungen und Schwachheiten, unter den Gefahren der Verführung und des Abirrens. Es ist ein Dienst, der in einer Welt, in der satanischer Geist diesen Dienst hindern will, geschieht. Es ist ein Dienst, in dem uns Menschen in ihren Dienst unter ihrem Joch zwingen wollen. Die Furcht Gottes, das Wissen um die göttliche Herrschaft gibt uns für unsren Dienst, egal, wo und wie und wann wir ihn tun, die richtigen Maßstäbe. 7. Es ist ein Dienen, in dem Gott auf unsre Treue sieht „Dienet ihm treulich und rechtschaffen“ (V. 14). Jahrhunderte später hat Paulus das so ähnlich gesagt: „Nun erwartet man von den Haushaltern nicht mehr, als daß sie treu sind“ (1. Kor. 4, 2). Treu heißt doch, das Beste für seinen Herrn im Auge haben. Treu heißt doch, mit den Gaben für den Herrn etwas tun, die er uns gegeben hat. Treu heißt doch, seine Ehre, nicht die eigene Ehre suchen. Treu heißt doch, so arbeiten, als ob Gott uns jeden Augenblick sieht. Gott meint das wirklich so, daß wir für ihn mit seiner Hilfe in unsrem Leben etwas Rechtes schaffen. Jesus sagt: „Ich habe euch gesetzt, daß ihr hingehet und Frucht bringet“ (Joh. 15, 16). Gott verlangt nicht mehr als wir tun können, aber auch nicht weniger. 8. Dieses Dienen hat etwas von Einseitigkeit an sich Es kann kein Dienst für den lebendigen Gott und zugleich für die anderen Götter sein. Es ist kein Dienst des „sowohl als auch“, kein Dienst der Kompromisse. Es ist ein Dienst, bei dem wir auch etwas fahren lassen müssen. „Laßt fahren die Götter, denen eure Väter gedient haben“ (V. 14). Es ist ein Dienst, der uns unterscheidet von vielen Diensten, die sonst in der Welt getan werden. Dieser Dienst hat Israel klar unterschieden von dem Gottesdienst der Amoriter, in deren Land sie wohnten. Darum kann dieser Dienst auch zur Feindschaft dieser Welt führen. Darum kann dieser Dienst auch Verzicht auf manches bedeuten, was diese Welt und die Götter dieser Welt denen bieten, die ihnen dienen. Zu dem „Ja“ zu Gott gehört auch ein „Nein“ zu den Göttern dieser Welt. 9. Es ist ein Dienen in der Gemeinschaft Es fällt auf, daß Josua sagt: Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Und es fällt auf, daß das Volk dreimal einmütig sagt: Wir wollen dem Herrn dienen. Vielleicht ist es so, daß man nur in der Gemeinschaft mit anderen, die den gleichen Willen haben, auf Dauer in diesem Dienst stehen und ihn durchhalten kann. Josua spricht hier von seiner Familie. „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen.“ Es gibt viele Häuser, in denen dieser Spruch irgendwo im Hauseingang oder Flur hängt. Es gibt manche Eheleute, die sich dieses Wort als Trautext gewählt haben. Wer in die Geschichte des Volkes Gottes und der Gemeinde Jesu hineinsieht, weiß, wie wichtig diese Häuser, diese Familien für das ganze Volk Gottes, für eine Gemeinde am Ort sind. In solchen familiären Hausgemeinschaften versammelt sich Israel seit der Passahnacht. In solchen familiären Gemeinschaften kam die Urge-meinde zusammen neben dem Besuch der Gottesdienste im Tempel. Der kleine familiäre Kreis war die Urzelle des Pietismus, und heute ist ganz neu die Gemeinschaft im Hauskreis, auf Familienfreizeiten gesucht. Diese kleinen Zellen haben auch in China die Zeit der Kulturrevolution überlebt und sind vielleicht das Modell der Gemeinde Jesu von morgen in antichristlicher Zeit. Israel hat das damals von Josua aufgenommen. „Wir wollen dem Herrn dienen.“ 10. Es ist ein Dienen aus Liebe zu Gott „Neigt eure Herzen zu dem Herrn, dem Gott Israels“ (V. 23). Was wir aus Liebe tun, tun wir gerne. Als Geliebte setzen wir uns gerne für den ein, der uns liebt. Aus Liebe zu Rahel hat Jakob sieben Jahre mit solcher Freude gedient, daß ihm die Jahre wie Tage vorkamen (1. Mose 29, 20). Wer dem Herrn dienen will, sei es als Hausfrau und Mutter, als Diakon oder Pfarrer, als Schüler oder Angestellter, der muß immer wieder an den Quellort der Liebe Gottes in dieser Welt, unter das Kreuz Jesu. Dort leuchtet uns Gottes Liebe auf. Da können wir nicht anders, als dem unser Herz in Liebe zuzuneigen, der uns liebt wie kein anderer. Darum geht es, daß wir leben und dienen mit einem Gott zugeneigten Herzen. Das heißt dem Gott dienen, der für uns alles getan hat, tut und tun wird. Sollten wir nicht neu dem Herrn es sagen: „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen.“ „Wir wollen dem Herrn dienen.“ Das setzt dann die Prioritäten für all unser Tun fest und steckt den Rahmen für unser Tun in dieser Welt ab. Walter Schaal, Stuttgart Ein Landtag des Glaubens „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen. Der so in aller Öffentlichkeit redet ist weder Pfarrer noch Priester, sondern Politiker und General. Es ist sein letztes öffentliches Auftreten und sein abschließendes Bekenntnis angesichts einer neuen Generation. In meiner Bibel steht über dieser Szene: „Landtag von Sichern“. Was ein Landtag ist, wissen wir. Das Gebäude steht in Stuttgart an der B 14 gegenüber der Landesbibliothek. Glaskasten nennt man es. Dort treffen sich die gewählten Volksvertreter, machen Politik, formulieren Gesetze und rechnen einander die Fehler vor. Hier ist das ganze Volk versammelt. Es geht nicht um Politik. Jo-sua legt die eine Frage vor: Wie wollt ihr es in Zukunft mit Gott halten? Es ist ein Landtag des Glaubens! 1. Ein Landtag des Glaubens Versetzen wir uns einen Augenblick in die Situation. Nachdem Mose gestorben war, hatte Josua die Führung des Volkes übernommen. Unter seiner Führung hatten sie den Jordan überschritten, eroberten sie Jericho, nahmen in einem großen Zug das Südland ein, und schließlich konnten sie auch die Städte im Norden Palästinas überwinden. In all dem hatten sie erfahren, wie man Gott vertrauen kann. Dann verteilte Josua das Land unter den einzelnen Stämmen und Sippen. Endlich war die Wanderzeit vorbei, die Not gebannt, die Ruhe da, die Arbeit getan. Alles geschafft, so denken wir, und so dachte womöglich Israel. Alles geschafft — so dachte Josua nicht. Die Gefahr lag nahe, daß man gerade jetzt alles verspielte. Denn wozu bedurfte man Gott noch, wenn man am Ziel war und alles hatte? Deshalb rief Josua nochmals das Volk zusammen, das sich gerade jetzt, wo alles geschafft war, neu entscheiden mußte, welchen Weg es weitergehen wollte. Hier war eine neue Generation. Den Auszug aus Ägypten, den Weg durchs Meer, die Offenbarung am Sinai, die Bewahrung in der Wüste — das kannten sie alles nur vom Hörensagen. Erlebt hatten sie es nicht. Warum sollten dann die Jungen am Glauben der Alten festhalten? Hier war ein neues Land. Aus wandernden Hirten waren seßhafte Bauern geworden. Die Bedürfnisse hatten sich gewandelt und so die Wirtschaftsform, die Sorgen, die Nöte, die Gewohnheiten. Man lebte in einer neuen Welt. Sollte der alte Gott in diese neue Welt passen? Hier war eine neue Situation. Früher war man ein geschlossenes Volk. Jetzt war man über ein weites Land zerstreut, das nur z. T. erobert war. Zwischen den zerstreuten israelitischen Stämmen lebten kanaanäische Volksteile weiter. Sie beteten andere Götter an: Götter des Landes, Götter der Fruchtbarkeit für Menschen, Vieh und Acker. Im Gottesdienst wurde die Fruchtbarkeit verehrt, man konnte sich sogar sexuell ausleben. Hier konnte man leben, hier brauchte man auf nichts zu verzichten. Warum sich nicht verbrüdern, warum nicht, nachdem man ja bodenständig war, die bodenständigen Götter, die Götter des Bodens mit übernehmen? Wegen dieser Fragen rief der greise Josua das Volk zusammen; das sind aber nicht Fragen von gestern oder vorgestern. Es sind auch die Fragen von heute, morgen und übermorgen; jeder Generation stellen sie sich neu. Ist Jesus Christus auch der rechte Herr für den Platz am Fließband, im Labor, an der EDV-Anlage? Nicht die Heiden, das Volk Gottes muß sich immer wieder fragen lassen: Wollen wir noch Gottes Volk sein? Man kann diese Frage als Zumutung empfinden. Dann weicht man ihr aus oder muckt dagegen auf. Wer sich ihr aber nicht stellen will, ist schon dabei, im Heidentum zu versinken. Stellen wir uns doch selbst heute dieser Frage. Das ist ja mit der Sinn des heutigen Landtags des Glaubens, dieser Glaubenskonferenz. Das reißt uns aus dem alltäglichen Trott heraus und zwingt uns zugleich die Frage auf: Was gilt mir dieser Gott, und was gibt mir dieser Herr? Das führt uns zum zweiten Hauptsatz: 2. Der Gott der Güte Josua schaut zurück und läßt Gott zu Wort kommen: „So spricht der Herr, der Gott Israels.“ Und Gott geht mit dem versammelten Volk dessen eigene Geschichte durch. Es ist schon aufregend, wenn man sieht: Gehandelt hat hier nur Gott selbst! Da heißt es: „..., da nahm ich euren Vater Abraham; da gab ich Isaak; da führte ich aus Ägypten; ich habe euch in das Land gebracht.“ Und schließlich (V. 13): „Ich habe euch ein Land gegeben, um das ihr euch nicht gemüht habt, und Städte, die ihr nicht gebaut habt.. ., und Weinberge und ölbäume, die ihr nicht gepflanzt habt.“ Was Israel an Gutem hat, das hat es von Gott! Gott rechnet also ab. Aber es ist nicht eine Abrechnung der Schuld oder des Mangels, sondern eine Abrechnung der Guttaten Gottes. Ich wollte, wir hätten auch einen Josua, der uns sagen könnte: „So spricht der Herr . . um uns dann eine Abrechnung der Guttaten Gottes in unserem Leben vorzulegen. Ich wollte jetzt, jeder von uns nähme Papier und Bleistift und würde einmal anfangen aufzulisten, was er alles an Gutem empfangen hat. Wie würde dann das Jammern und das Neiden, die Unzufriedenheit und das Klagen, die Schwarzseherei und der Pessimismus zurückgedrängt. Was würde er mir nicht zu sagen haben? 35 Jahre darfst du ohne Krieg leben, in drei Erdteilen hat dir Gott dein Auskommen zuteil werden lassen, nie warst du so verlassen, daß du keine Freunde mehr hattest; Frau und Kinder hat er dir gegeben, Kraft und Mut zur Arbeit und dazu auch Tage der Ruhe — und was noch alles im natürlichen Leben. Ich habe geliebt, so würde er rechnen, bevor du geboren warst. Bei der Taufe schon ließ ich dir unter sichtbarem Zeichen meine Gnade zusprechen. Auch wo der Religionsunterricht Mängel hatte, ließ ich dir da Gottesworte und Liedverse beibringen, für die du später dankbar warst. Ich ließ dich nicht laufen, sondern stellte dir Christen in den Weg, die dich zu mir wiesen. Im Glauben erhielt ich dich bis auf diesen Tag. All das in dir angelegte Böse habe ich so gedämpft, daß es dich nicht zerstören durfte. Das kann man natürlich ausweiten auf die Fülle der Gaben Gottes, die wir heute haben, ob Kirche oder Gemeinschaften, Hauskreise oder Jugendgruppen, christliche Literatur oder Lieder. In einem englischen Lied heißt es: Count your blessings, name them one by one. .., d. h. zähle all die Segnungen Gottes, nenne sie einzeln beim Namen und du wirst staunen, was dir Gott alles getan hat. In diesem Katalog der Güte Gottes müßte dann aber auch all das Negative genannt werden, die Leiden, die uns im Glauben gründeten, die Anfechtungen, die uns demütigten; auch das ist Handeln Gottes. Gerade in schweren Führungen wurde ja deutlich, was ich an diesem Herrn habe, und gerade in den schwersten Stunden hätte ich nicht ohne ihn sein wollen. Erst nach diesen Katalogen der Wohltaten Gottes können wir so recht auf die Frage antworten: „Wollt ihr Gottes Volk bleiben“ bzw. „Wollt ihr auch Glied des Volkes Gottes werden?“ Das führt zum dritten Hauptsatz: 3. Eine Entscheidung der Freiheit Einem Mißverständnis ist freilich gleich entgegenzutreten. Es ist nicht so, daß Israel zwischen mehreren gleichwertigen Möglichkeiten nun die Wahl gehabt hätte, etwa wie wenn jemand in eine Cafeteria hineinschreitet und sich nun beschwerdelos aus dem Markt des Angebotenen heraussucht, was ihm gerade schmeckt. Bei Israel und bei uns ging schon etwas voraus! Wir haben schon geschmeckt, daß der Herr freundlich ist! Die Frage war nicht, wollt ihr diesen Gott wählen, sondern, wollt ihr ihn verwerfen? Die Forderung lautet nicht: Such dir aus der Menge der Götter und Religionen einen Gott aus ,der dir paßt, sondern, schlag ein in die Hand, die dich schon immer trägt und dir soviel Gutes zugewandt hat. Gerade an dieser Stelle könnte sich freilich Einspruch erheben. Ich weiß wohl, daß wir hier lauter fromme Menschen sind. Dennoch würde ich mich geradezu freuen, wenn ein Unfrommer dabei wäre, einer der rufen würde: „Bei mir stimmt das nicht! Ich kenne diesen Gott nicht.“ Wie sollte der wissen, daß dieser eine Gott besser ist als die anderen Götter, andere Religionen und andere Herren. Ja, daß er nicht nur besser ist, sondern daß er allein Gott und Herr ist? Das Angebot an Erlösungswegen ist doch so groß. Wer so fragt, den möchte ich einladen, mit mir zu kommen. Ich würde ihn hinführen nach Golgatha, wo einst Jesus von Nazareth, der von sich sagte, der Weg, die Wahrheit und das Leben zu sein, mit noch zwei anderen gekreuzigt wurde. Und nun sag, wo ist ein Gott, der so mit seinen rebellischen Geschöpfen verfährt. Wo ist ein Gott, der seinen Sohn sendet, um die Strafe der Rebellen zu tragen, um ihre Schuld abzuzahlen, um für ihre Sünden zu büßen. Wo ist einer, der so vergibt und so erlöst, daß er noch für seine Feinde bittet: „Behalte ihnen ihre Sünde nicht.“ So betet dieser Jesus auch über dich. Kann man ihn da wegstoßen? Ich möchte ihn aber auch hinführen an das Grab, in das man ihn legte. Und ich frage: Wo ist einer, der so stark ist, ja, der stärker ist als der Tod, stärker als das Grab, der nicht nur selbst lebt, sondern der sagt: „Ich lebe, und du sollst auch leben.“ Und ich bitte deshalb: Solange du niemanden weißt, der so vergibt und niemanden kennst, der so erlöst, bleibe bei diesem Herrn! Da sollte es nicht schwerfallen, wie damals Israel zu sprechen: „Darum will auch ich dem Herrn dienen, denn er ist mein Gott!“ (V. 18). Dieses Darum muß man sich dick unterstreichen. Es besagt, daß meiner Hinkehr zu ihm immer schon seine Hinkehr zu mir vorausging, daß meinem Ja zu ihm immer schon sein Ja zu mir vorausging: Das Ja am Kreuz, das Ja, das er mir bei der Taufe Zusagen ließ, das Ja, das er bei jedem Abendmahl wiederholte, als es hieß: Für dich gebrochen, für dich geflossen. So hat Gott Fakten über unser Leben geschaffen, lange bevor wir daran dachten. Und nun schaffen auch wir Fakten, indem wir uns so klar zu ihm stellen, wie er sich zu uns stellte und sagen: Ja, Herr Jesus, zu dir will ich gehören. Die Angst vor dieser Klarheit und Eindeutigkeit ist nicht angebracht. Sondern das ist Freude, Freude hier, Freude bei Ihnen, Freude im Himmel, wenn jemand so eindeutig klar macht: Ich will zu Christus und seiner Gemeinde gehören. Wie weit das reicht, müssen wir uns in einem letzten Punkt verdeutlichen. 4. Wer so spricht, übernimmt immer auch eine Verantwortung für andere Josua sagte: „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen.“ Zwei Worte sind hier zu unterstreichen, einmal das Aber und zum andern das Haus. Mit seinem „Ich aber“ läßt Josua keinen Zweifel daran aufkom-men, daß er seine Entscheidung nicht von der seiner Volksgenossen abhängig macht. Er geht voran. Und er geht notfalls den Weg seines Gottes auch allein. Er kann es tun, denn er weiß, was er an ihm hat. Und doch braucht niemand diesen Weg allein zu gehen. Nicht nur ist da immer der neue Josua, der sagt: „Siehe, ich bin bei dir alle Tage!“ Wenn wir uns umsehen, werden wir immer auch feststellen: Ich bin nicht allein, sondern da ist immer ein Kreis vor. Brüdern und Schwestern, die auch bekennen: „Ich aber und meir Haus ...“ Was wir aber brauchen, was unsere Kirche braucht tnd was unser Volk braucht, sind Menschen, die bereit sind, diese Entscheidung als erste zu treffen. Es gibt genug, die sehnsüchtig darauf warten, daß sie sich an jemand anders orientieren könntn. Nun das zweite unterstrichene Wort: Mein Haus. Das ist alttestamentlicht, aber auch neutestamentliche, schlicht biblische Redeweise. Da> Haus ist der engste Lebensbereich eines Menschen, seine Familie. Normalerweise steht niemand von uns auf der Welt allein. Wir werden in eine Familie hineingeboren, wachsen darin auf, und wenn wir ausscheiden, gründen wir eine neue Familie. Sicher gibt es Ausnahmen: Die gewollt oder ungewollt Ledigen. Aber das sind Ausnahmen, und hier wird allgemein der Mangel einer Familie als Verlust empfunden. Und nun höre ich immer wieder Eltern, gläubige Eltern sagen: Meine Kinder sollen ihren Glaubensweg frei wählen können — keine Beeinflussung. Das verstehe ich schlichtweg nicht. Wir sorgen sonst bei unseren Kindern für alles. Wir sorgen schon vor der Geburt, wir sorgen, daß bei der Geburt von Babybett bis Windeln alles nett gerichtet ist, wir sorgen für Gesundheit, für Nahrung, für Ausbildung, ja für was nicht noch alles bis hin zur Aussteuer-und Ausbildungsversicherung. Und im Blick auf Glauben und ewiges Leben wollen wir Skrupel haben? Im Alten Testament trägt der Vater die Verantwortung dafür, daß die Familienglieder den Weg zum Glauben an den lebendigen Gott finden. Im 1. Buch Mose gibt es eine schöne Szene (Kp 17). Gott sagt zu Mose: „Wandle vor mir und sei fromm.“ Im Hebräischen steht für „fromm“ das Wort tamim. Das ist schwer zu übersetzen. Es heißt zunächst nur ganz, ein Ganzer. Man müßte eigentlich übersetzen: Wandle vor mir und sei ein Ganzer, oder, und sei ganz mein. Zu diesem Ganzsein gehört nicht nur, daß Abraham selbst an Gott glaubt, sondern daß er sich und all die Seinen durch ein äußeres Zeichen auf den Bund mit Gott festlegt, die Seinen in den Glauben mit einbringt. Im Alten Testament ist es die Aufgabe des Vaters, den Söhnen zu erzählen, was Gott getan hat. Man muß das einmal nachlesen in 5. Mose 6, 20—25: „Wenn dich nun morgen dein Sohn fragen wird: Was sind das für Vermahnungen, Gebote und Rechte . . ., so sollst du deinem Sohn sagen: Wir waren Knechte des Pharao in Ägypten, und der Herr führte uns aus Ägypten mit mächtiger Hand ...“ und nun wird erzählt. Im Neuen Testament wird in einer Anzahl von Fällen ausdrücklich hervorgehoben, wie mit der Bekehrung des Vaters die ganze Familie zum Glauben geführt wurde. Und in der diesjährigen Nummer 12 unseres Sonntagsblattes in Württemberg war zu lesen, daß der Weg der Kinder zum Glauben weniger von der Mutter abhängt als davon, wie der Vater sich zum Glauben stellt („Der verlorene Vater“ von H. Keil). Der individualistische Zersetzungsprozeß, der zum fälschlichen Heilsindividualismus und Heilsisolationismus führt ist dem Neuen Testament nicht bekannt. Wir haben vergessen, welche Bedeutung die Familie als natürliche Keimzelle des Lebens für den Aufbau der Gemeinde hat. Sicher können Eltern Kindern den Glauben nicht aufnötigen, und mit der Muttermilch saugt man ihn auch nicht in sich ein. Aber das, was bei der Taufe versprochen wird, können wir tun, mit unseren Kindern in der Gemeinde leben, sie in unserem Glauben mit aufwachsen lassen — denn zunächst leben ja die Kinder den Glauben der Eltern mit — bis sie schließlich „zum eigenen Glauben kommen“. Daß Josua seine Entscheidung unabhängig von den andern getroffen hat, bedeutete also nicht, daß ihn nun das Heil der andern nicht mehr interessiere, sondern jetzt nimmt er erst die Verantwortung ernst, und in erster Linie für die, die ihm Gott als nächste zugeordnet hat: Frau und Kinder, das Haus, die Familie. Als Nebenoder Nachbemerkung sollte ich nur noch hinzufügen, daß es die Verantwortung der Gemeinde ist, daß die Gottesdienste und Jugendkreise so gestaltet sind, daß Kinder gerne hinkommen bzw. daß auch junge Ehepaare mit Kindern Gelegenheit haben, noch am Gottesdienst teilzunehmen. Überschauen wir zum Schluß nochmals die Szene, in die wir hineinsahen. Wir nahmen teil am Landtag des Glaubens, dort in Sichern unter dem alten Josua. Die Güte Gottes wurde uns deutlich vor Augen gestellt. Er will, daß wir uns ihm in Freiheit und Klarheit zuwenden, weil er sich uns zuwandte, und er will mit uns die sehen, die er uns anbefohlen hat. Bekennen wir es deshalb gemeinsam: Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen. Dr. Helmuth Egelkraut Eine dreifache Dienstanweisung Auf der dänischen Insel Samsö gibt es einen winzigen Fischerhafen, der aus ungefähr fünf Häusern besteht. Doch jeden Morgen radeln Dutzende von Einheimischen und Touristen herbei, die scharf sind auf die Spezialität: die in der Nacht gefangenen und lebendfrischen Schollen. Eines Tages stehe ich mit meinen Buben in einer ziemlich großen Schlange vor dem Fischerboot. Nur ein Fischer verkauft heute. Die Nacht war unruhig. Der Fang ist relativ klein. Und wenn man dem Vordermann über die Schulter spickt, dann sieht man, wie der Vorrat des Fischers schnell abnimmt. Ich zähle ab. Wir sind ungefähr Nummer 25 in der Schlange. „Komm,Papa“, sagen die Buben, „das reicht uns nicht mehr. Gehen wir heim!“ — „Nein“, sage ich, „wir warten und hauen jetzt nicht ab! Wer weiß, ob wir nicht doch Glück haben?“ Die Zeit verströmt. Und einer nach dem andern stiehlt sich schimpfend oder leise aus der Schlange davon. Urplötzlich sind wir an der Spitze. „Wieviel?“ fragt der Fischer. „Zehn!“ sage ich. Und wir bekamen alle zehn! Liebe Freunde! Es geht heute um unseren Dienst. Sind wir nicht in Gefahr, uns aus dem Dienst davonzustehlen? Nichts mehr da vorne zu erwarten? Zu murren? Zu schimpfen? Müde zu werden? Es einfach satt zu haben, Gott zu dienen? Wenn ein müder Mitarbeiter hier sitzt, dann sitzt er richtig. Denn so geht's uns auch, geht's auch mir! Was kann uns hier Josua, der Hundertjährige, helfen? Was der Bericht vom Landtag von Sichern, der gerade seine 3000 Jahre auf sich hat? I. Laß dir die Frische neu schenken! 1. Josua wurde nicht müde! Das ist eine unheimlich erstaunliche Tatsache. Nach V. 29 in unserem Kapitel wurde er 110 Jahre alt. Kurz vor seinem Tod lud er zum Landtag nach Sichern ein. Er ist also jetzt 100 Jahre alt. In seinem Leben war so viel passiert, daß er mit gutem Recht hätte sagen können: „Nun reicht's mir, lieber Herr!“ Von seiner Jugend an, sagt die Bibel (4. Mose 11, 28), hatte er Mose gedient. Hatte das Murren des Volkes in der Wüste erlebt (4. Mose 11). War eine Art „Wasserträger“ für Mose gewesen. Hatte sein Leben bei jenem berühmten Kundschaftergang von 4. Mose 13 riskiert, nur um zu Hause die maßlose Enttäuschung zu erleben, daß seine Kameraden von der gottbefohlenen Eroberung abrieten, daß das Volk schrie und weinte und Gott lästerte. Damals hörte er mit Mose zusammen als Echo auf seinen Dienst: „Ach, daß wir in Ägyptenland gestorben wären oder noch in dieser Wüste stürben!“ (1. Mose 14, 2). Wenn irgendeiner das Recht gehabt hätte, zu resignieren und zu erklären: „Herr, mir reicht's!“ — dann hätte Josua dieses Recht gehabt. Jahrzehnte verstrichen. Noch immer befand sich Josua im Dienst. Dann kam der Tag, als Mose starb. Und auf wem blieb die Last, das Volk über den Jordan zu führen, liegen? Auf Josua. Und so begann ein zweites Stadium seines Dienstes. Er war gewissermaßen dazu vorherbestimmt, die Nummer zwei zu spielen. Zu Lebzeiten Moses. Und auch jetzt, als er der Führer des Volkes geworden war. Denn die Bibel sagt eindeutig: „Es stand hinfort kein Prophet in Israel auf wie Mose“ (5. Mose 34, 10). Und Josua tat Jahr um Jahr seinen Dienst weiter, geduldig, treu. Noch einmal: Wenn irgend jemand das Recht gehabt hätte, zu sagen: „Herr, mir reicht's! Mir ist's genug!“ — dann hätte Josua dieses Recht gehabt. Nun ist Kanaan weitgehend erobert. Die Fluren liegen still. Das meiste ist getan. Ein Sterben in Ruhe wäre ganz und gar angebracht. Doch gerade jetzt staunen wir am meisten. Josua liegt nicht auf einem Ruhekissen. Er veranstaltet den Landtag von Sichern und stellt ihn unter die Losung: „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen!“ Nicht müde geworden! Das ist die erste Lektion, die uns Josua erteilt — uns, den Müden, den so schnell Resignierten. Es ist ganz klar, daß so etwas nicht aus eigener Kraft zu schaffen ist. Das wissen wir ja alle. Aber darum geht's doch heute morgen: Laß dir die Frische schenken, die zu neuem Dienst bereit macht. Bete darum! Und wenn Gott es einem Hundertjährigen geschenkt hat, die Müdigkeit zu überwinden, dann schenkt er es auch dir! Und sehr speziell möchte ich es den vielen „Nummer Zwei“ unter uns Zurufen: Nicht aufhören! Nicht verdrießen lassen! Laß dir auch für die Zukunft die Frische schenken! 2. josua hat die Zuversicht nicht verloren Kürzlich beobachtete ich einen Händler, der mit Teppichen hausierte. Es war glühend heiß, etwa um 12 Uhr mittags. Man sah, wie ihm der Schweiß in Strömen vom Gesicht rann. Der Teppich war schwer. Er läutete, er lächelte, bot seinen Teppich an. Ein paar Worte, dann schnappte die Tür wieder zu. Am nächsten Haus dasselbe. Er läutete, lächelte, bot seinen Teppich an. Die Tür sdmappte wieder zu. Er ging die ganze Straße rauf. Die ganze Straße runter. Aber er schien die Zuversicht zu haben: Irgendwo klappt's, irgendwann habe ich diesen Teppich verkauft. Er gab nicht auf. Zu diesen Leuten, die nicht aufgaben, gehört Josua. Er lebte inmitten eines Volkes, bei dem — wie man so schön sagt — Hopfen und Malz verloren schien. Sie murrten beim Durchzug durchs Schilfmeer. Sie murrten vor Hunger vor der Speisung mit Wachteln und Manna, sie murrten vor Durst bei Massa und Meriba, sie murrten beim Aufbruch vom Sinai, sie murrten nach der Heimkehr der Kundschafter (2. Mose 14, 16; 17; 4. Mose 11; 14). Zwei Psalmen, 78 und 106, haben 120 Verse lang dieses Thema: Israel hat gemurrt. Und Psalm 106, 7 zieht die Bilanz: „Unsre Väter in Ägypten wollten deine Wunder nicht verstehen. Sie gedachten nicht an deine große Güte und waren ungehorsam am Meer, am Schilfmeer.“ Josua hat als Begleiter Moses den Tanz ums goldene Kalb erlebt. Während Mose Gottes direkten und ewigen Willen in der Schrift der zwei Tafeln empfängt, macht sich das Volk in denselben Stunden den goldenen Götzen der Fruchtbarkeit zurecht. Und jetzt sind schon die Tendenzen der dritten Generation zu spüren, mit den einheimischen Götzen der kanaanäischen Völker den friedlich-schiedlichen Kompromiß zu schließen. Alle diese jahrzehntelangen Erfahrungen und Enttäuschungen haben Josua nicht fertiggemacht. Sie haben ihm die Zuversicht nicht genommen, daß dieses Volk doch noch die wahre Gottesgemeinschaft, den lebenumfassenden Gottesdienst finden kann. Daß es sich lohnt, um sie werben! In diesem Hundertjährigen brannte eine ganz junge, frische Retterliebe! Liebe Freunde, brennt sie bei uns auch? Wenn nicht, dann wollen wir uns von Gottes Barmherzigkeit darauf aufmerksam machen lassen, daß bei uns noch Glut ist! Eine Glut, die er wieder anfachen will. Es ist an der Zeit, daß wir uns wieder dienstfähig schreiben lassen. Um dienstfähig zu sein, müssen wir von Müdigkeit und vom Verlust der Zuversicht geheilt werden. Genau das will Gott heute tun, indem er uns das Beispiel Josuas vor Augen stellt. II. Stelle deinen Herrn vor! Vor-stellen heißt im Deutschen eigentlich: Jemand so vor aller Augen stellen, daß alle Blick auf ihn fallen und er in diesem Augenblick der Wichtigste ist, und damit allen bekannt wird. So stellt Josua in Sichern seinen Herrn vor. Das ergibt eine Grundlinie unseres Dienstes: Wer ihm dienen will, stellt ihn vor! Sagen wir gleich, was das nicht bedeutet: Von seinen eigenen Erfahrungen sprechen. Das Zeugnis über eigene Erfahrungen ist zweifellos wichtig. Ich denke noch heute an eine Konferenz, wo einer der Brüder in seinem kurzen Schlußwort berichtete, wie ihn einst die Frage traf: Paul, hast du den Heiligen Geist? Solche Stunden prägen. Oder ich denke daran, wie wir vor 14 Tagen mit einer befreundeten Familie und unsern schon 17- und 20jährigen Kindern zusammensaßen und ihnen erzählten, wie unsere Freundschaft durch eine unglaubliche Gebetserhörung begonnen hatte, als diese jetzt 17- bis 20jährigen noch kaum geboren waren. Das Zeugnis eigener Gotteserlebnisse ist wichtig. Aber es gibt etwas Wichtigeres: unter völliger Absehung von eigener Person den Herrn vorzustellen. Das ist das Stabile unseres Dienstes. Alles andere ist labil. Labil sind auch die Theologien, das Nachdenken der Menschen, die menschlichen Gottesbeweise. Stabil ist alleine das, was der Herr getan hat und was wir immer wieder verkündigen. Eines der interessantesten Bücher, die ich las, war das Buch von James Whit-taker: „Es war, als sängen die Engel“. Darin erzählt er, wie ihr Flugzeug im Pazifik wassern mußte und wie sie 40 Tage im Pazifik meist unter brütender Sommerhitze trieben, ein paar Orangen im Notgepäck. Dabei fanden Kameraden den Tod. Er fand Gott. Und er schließt das Buch mit dem Satz: „Davon werde ich immer wieder erzählen.“ Doch so etwas ist nicht das Wichtigste, was wir zu erzählen haben. Das Wichtigste ist, zu erzählen, was der Herr getan hat. Wie stellt Josua seinen Herrn vor? Unser kurzer Bibelabschnitt gibt uns sozusagen ein Sechs-Punkte-Programm an die Hand: 1. Gott ist einer, der uns nicht sitzenläßt Josua erinnert Israel daran, daß die Väter vorzeiten jenseits des Euphratstromes wohnten und anderen Göttern dienten. Das ist die absolut naturnotwendige Konsequenz unserer Sünde, daß wir „anderen Göttern dienen“. Denn den gottlosen, den atheistischen Menschen gibt es nicht. Mag sein, daß die Väter es gar nicht so übel hatten. Man muß nicht gleich an die Gosse denken, wenn man von der Sünde spricht. Sünde verträgt sich mit der feinsten Humanität. Mag sein, daß die Väter so manchen Abend gemütlich in Ur auf der Straße saßen und voll Stolz ihre Stadt betrachteten oder im Gefühl ihres großen Könnens abends im Zimmer ihre Goldstücke zählten. Aber Gottes Augen sehen tiefer. Sie sehen die Angst vor der Zukunft, sie sehen das Ahnen eines Jüngsten Gerichts. Geradezu symbolisch steht hier das Wort „jenseits“. Im Hebräischen kommt „jenseits“ von einer Wortwurzel, die eigentlich „überlaufen“ bedeutet. Darum geht es: Der Mensch ist über Gottes Gebot im Paradies hinausgelaufen, ist übergelaufen zum Bösen. Schuldhaft. Gott hätte tausend Gründe, ihn dort, wohin er überlief, sitzenzulassen. Er tat‘s nicht! Das ist ein Wunder! Vor einigen Jahren — zwei oder drei — war unsere Häsin trächtig. Wir wußten, jetzt mußten die Jungen kommen. Eines Tages sprang sie lustig im Garten herum. Aber wo waren die Jungen? Da läutete es. Eine Frau steht an der Haustür und sagt: Auf der Straße liegt ein winziges Häschen. Da hatten wir die Bescherung. Die Häsin hatte am Gartenzaun ihre Jungen zur Welt gebracht und dabei war eines buchstäblich auf die Straße gefallen. Uber den Zaun hinüber. Vielleicht hatte das junge Ding es als selbstverständlich betrachtet, auf der Straße zu liegen. Wir aber holten es, weil wir wußten: Dort muß es umkommen. So hat Gott nicht einfach zugesehen, als wir über den Zaun des Paradieses fielen. Er ist ein Gott, der uns nicht auf der Straße sitzen- oder liegenläßt, die Verderben bedeutet! Das ist das Erste, das Josua sagt. 2. Gott ist einer, der mißratene Menschen wieder annimmt „Da nahm ich euren Vater Abraham“ fährt Josua im Namen Gottes fort. Audi dieses Wort „nehmen“ hat im Hebräischen einen eigentümlichen Klang. Es bedeutet nämlich zugleich „kaufen“, „heiraten“ und „annehmen“. All das steckt an unserer Stelle drin. Greifen wir auf unser Beispiel noch einmal kurz zurück. Hätte die Häsin ihr Junges nicht angenommen, wäre es trotz künstlicher Fütterungsversuche sehr wahrscheinlich verhungert. Würde Gott den Menschen nicht mehr annehmen, dann könnten wir alles in ihn einspeisen, alle Fütterungsversuche unternehmen: er würde verhungern. Er verhungert doch in der Tat an seinen Leistungsbilanzen, seiner Kontaktlosigkeit, seiner Auflehnung und seinem brutalen und so wunderschön raffinierten Egoismus. „Es stinkt mir“ — sagt man heute, wenn man sich innerlich abwendet. Gott vollzieht die Gegenbewegung. Der gefallene Mensch stinkt ihm nicht. Er nahm ihn an, sagt unser Abschnitt. Er kaufte ihn frei. Er heiratete Israel gewissermaßen und heute ist die Gemeinde des Neuen Bundes seine Braut. Haben wir da nichts vorzustellen? 3. Gott ist einer, der in die Schule nimmt Es ist immer das Kennzeichen einer echten Botschaft, daß sie nicht auf rosa Wolken führt, daß sie die Kosten nicht verschweigt. Genau das geschieht hier. In Josuas Botschaft heißt es drittens: „Gott ließ euren Vater umherziehen im ganzen Land Kanaan.“ Der Satz hört sich ja sehr schlicht an. Er könnte fast eine Art Nomadenromantik vorgaukeln. Aber in dieser Richtung ist er nicht gemeint. Denn die Jahre des Umherziehens waren hart. Abraham hat menschliche Hungerjahre erlebt, die an die Existenz gingen. Er wurde ein Fremder. Aus dem angesehenen Bürger aus Ur und Haran wurde ein Spielball der Mächtigen im Lande. In der Angst ums Leben wurde Abraham zum Lügner. Und nichts vom Lande gehörte ihm. Am Ende freute er sich, einen kleinen Friedhof als Erbbegräbnis erworben zu haben. Als er aus Haran zog, sagt die Bibel, sei er 75 Jahre alt gewesen (1. Mose 12, 4). Als er starb, war er 175 Jahre alt (1. Mose 25, 7). Das heißt: 100 Jahre lang nahm ihn Gott in eine harte Schule. Eine Jahrhundertschule gewissermaßen. Am Ende aber war Abraham zu dem Glaubensvorbild geworden, von dem der Hebräerbrief sagt: „Gestorben im Glauben“ (Hebr. 11, 13). Er konnte sogar seinen einzigen Sohn aus der Ehe mit Sara auf den Altar legen, um ihn zu opfern (1. Mose 22). Wollen wir Menschen sein, die so opfern können? Die in der Schule des Glaubens die Reifeprüfung bestehen? Gott ist einer, der in die harte Schule führt, sagt Josua. 4. Gott ist einer, der mehrt Im württembergischen Gesangbuch stehen die Liedverse: „Doch wenn wir mit Vertrauen / ihm auf die Hände schauen, so nähret allerwegen / uns ein geheimer Segen. Wie dieses mag geschehen, das kann man nicht verstehen; allein man sieht am Ende: es ging durch Gottes Hände“ (545, 4 + 5). So ähnlich mag es Abraham empfunden haben. Schläge über Schläge prasseln auf ihn in jenen 100 Jahren seiner Schule ein. Mal von den Philistern, mal von den Ägyptern. Mal von Sara, mal von Ismael. Und Gott züchtigt ihn auch. Und doch steht am Ende jenes geheimnisvolle: Gott „mehrte sein Geschlecht“. Aus dem winzigen Trieb einer erstorbenen Wurzel, aus Isaak, wurden Nachkommen wie der Sand am Meer. Wer in Gottes Finger kommt, erlebt ein Mehr gegenüber allem Bisherigen! Früher fürchtete ich immer, ich müßte etwas aufgeben, müßte mich mit einem Weniger bescheiden, wenn ich Christ würde. Diese Furcht erwies sich als lächerlich. Zusammen mit Josua wollen wir unseren Herrn vorstellen als einen Gott, der mehrt! 5. Gott ist einer, der Zukunft gibt „Und ich gab ihm den Jizchak“ lautet der fünfte Punkt in Josuas Botschaft. Der Name kommt von Zachak. Zachak heißt „lachen“. Jizchak oder Isaak heißt auf deutsch: „er“ oder „sie lachte“. Ein merkwürdiger Name. Er nimmt Bezug auf ein ebenso merkwürdiges wie typisch-menschliches Geschehen. Als Gott den langersehnten Erben ankündigte, lachte zuerst Abraham (1. Mose 17, 17) und lachte dann audi Sara (1. Mose 18, 12). Was sie dachten, berichtet die Bibel ungeschminkt: „Soll mir mit 100 Jahren ein Kind geboren werden, und soll Sara, neunzig Jahre alt, gebären?“ (1. Mose 17, 17). Gott wurde also ausgelacht. Man kann schlecht sagen, welches Wunder größer ist: daß sich Gott von den Seinen auslachen ließ oder daß das Kind tatsächlich doch zur Welt kam. Es kam! Es lebte! Es überlebte den Brandopferaltar, als es der damals nicht mehr lachende Abraham blutenden Herzens auf das Holz legte und das Messer zückte. Dieses Kind trug alle Hoffnungen und Verheißungen der Väter, und — es trug sie durch! Uber Isaak laufen alle Verheißungen weiter. Daß es von einem 100jährigen Vater und einer 90jährigen Mutter abstammt, ist tief symbolisch: Gott gibt eine Zukunft, die Menschen niemals aus sich erzeugen können. Unendlich verwundbar und schwach sieht diese Zukunft aus! Wie mögen Abraham und Sara um dieses winzige junge Leben gebangt haben! Kein Kranz von Söhnen! Aber es war Gottes Kind, Gottes Zukunft! Wie lachen wir Menschen über Gott, wie geringschätzig beurteilen wir seine Verheißungen! Wir werden es erleben, daß die selbstgemachten Zukunftshoffnungen dahinwelken wie die Heublume. Die Zukunft, die Gott gibt, wird niemals welk. Wollen wir mit Josua nicht den Gott vorstellen, der Zukunft gibt? Wir stehen vor dem letzten Punkt: 6. Gott ist einer, der über Bitten und Verstehen tut Josua sagt, Gott habe „ein Land gegeben, um das ihr euch nicht gemüht habt, und Städte, die ihr nicht gebaut habt, um darin zu wohnen, und ihr eßt von Weinbergen und ölbäumen, die ihr nicht gepflanzt habt“ (V. 13). Israel zieht in einen fix und fertigen Lebensraum ein. Eine Luxuswohnung, eine Hochkultur, für die es keinen Spatenstich ausgeführt hat. So geht Gott mit den Seinen um. So kann er sie verwöhnen. Man muß das NT kennen, um zu begreifen, was das bedeutet. Denn im NT ist das gelobte Land die neue Schöpfung, ist die zubereitete Stadt das himmlische Jerusalem, ist der Weinberg die Mitarbeiterschaft Gottes, ist der Ölbaum die Gemeinde der Erlösten (Hebr. 3, 7ff.; 4, 1 ff.; Off. 21, 2; Mt. 20, 1 ff.; Röm. 1, 17 ff.) und ist Josua eben der, der denselben Namen trägt: Jeschua = Jesus! Hier kann man sehen, was Gnade ist. Ohne daß die Menschen einen Spatenstich hätten ausführen können, ist für sie die neue Schöpfung fertig, sind durch Jesu Tod am Kreuz die Tore des himmlischen Jerusalem aufgestoßen. Die Menschen haben nur ihre Sünde und das Holz zum Kreuz mitgeliefert! Du brauchst nur hinein. So wenig verlangt Gott, daß er sagt: „Glaube nur!“ Ja, es ist sogar sein Wille, daß du hineinkommst (1. Tim. 2, 4). Sehen Sie, das ist unsere Aufgabe, unser wichtigster Dienst, diesen Gott, der so unmöglich handelt, so unmöglich liebt, vorzustellen! III. Ermögliche eine Entscheidung! Es ist gut, daß unser ausgewählter Bibelabschnitt nicht mit Josua 24, 14 schließt, sondern bis V. 15 reicht: „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen!“ Er schließt also mit einer Entscheidung. Und hier wird eine dritte Linie sichtbar: Wer Gott dienen will, ermöglicht andern eine Entscheidung. So, wie er selbst von einer Grundentscheidung seines Lebens herkommt! Darüber wollen wir jetzt zuletzt sprechen. Es war nicht alle Tage im Leben Josuas Landtag von Sichern. Nicht alle Tage unseres Lebens sind solche Entscheidungen fällig. Gott hat in jedem Einzelleben Stunden der Entscheidung gesetzt. Deshalb können wir nicht jede Andacht und jede Predigt zur Ent- scheidungspredigt von Josua 24 machen. Aber es ist unsere Verantwortung, daß wir möglichst vielen Menschen unter der Leitung des Geistes Gottes Gelegenheit zu einer verbindlichen Entscheidung geben. Und je bindungsloser, je „zufälliger“ unsere Zeit wird, desto mehr ist das notwendig. „Wählt euch heute, wem ihr dienen wollt“, sagt Josua, „den Göttern jenseits des Stromes oder den Göttern der Amoriter ... Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen!“ Es wird immer „Götter jenseits des Stromes“ geben, Götter in der „Überlauf-Zone“, von der wir oben sprachen, zu denen der Mensch von Natur übergelaufen ist. Niemals wird es die Wahl so geben, daß da eben nur Gott und nicht zugleich der Böse auf der Bühne ist. Wahl ist immer eine Entscheidung zwischen zwei sich so gut als möglich darstellenden Möglichkeiten. Aber ob die „Stromgötter“, die wir in unserem Leben haben, uns nicht verhungern lassen? Hier, in der Nähe von Bad Liebenzell, nahm ich vor Monaten an einer Hochzeit teil, die sehr liebevoll ausgerichtet war. Beim Abendessen kam es zu einem kurzen, aber eindrücklichen Erlebnis. Ein wunderbares Gericht erschien auf der Tafel. Drei- oder vierfach lag das Besteck um den Teller. Und dann trat Stille ein. Nichts rührte sich. Warum? Weil die allermeisten nicht wußten, wie sie essen sollten! Welches Besteck wo eingesetzt werden mußte! Jeder sah auf seinen Nachbarn. Und schließlich klarte es auf: Ja, so macht man das .. . Wenn wir unseren Herrn vorgestellt haben, ist die Tafel gedeckt. Aber den Tisch und die Speisen zu sehen, macht noch nicht satt. Man muß zupacken! Das ist es, was Josua will. Packt im Glauben zu! Dankt, bedient euch, dient, wie es euer Herr will! Und dabei ist es eine Hilfe, wenn der andere an mir beobachtet: Auch der hat Hunger, und zweitens: Ah, so macht man das, so bedient man sich! Tun wir den andern diesen Dienst, daß wir durch unsere Botschaft und durch unsere Praxis zeigen, wie man das macht: „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen!“ Ob das nicht ganz praktisch schon die Gebetsantwort ist, durch die wir selber zupacken? Wer nicht zupackt, verhungert. Dr. Gerhard Maier, Tübingen Im Namen Jesu leben Wann immer ich mit jungem Volk zusammenkomme, fragen midi die Leute: „Was meinen Sie eigentlich, wenn Sie von Gott reden?“ Und dann sage ich immer drei Dinge. Erst sage ich, es hätte ‘mal ein Theologe gesagt: „Das, was mich unbedingt angeht, das ist Gott. Was mich unbedingt angeht, das ist meine letzte Instanz.“ Überlegen Sie einmal einen kurzen Augenblick: Was geht Sie unbedingt an? Wovon können Sie nie loslassen? Luther sagt: „Woran mein Herz hängt.“ Das ist Ihr Gott. Und die zweite Formulierung, die ich dann sage, heißt: „Wenn Du im höchsten Glück bist oder im tiefsten Unglück — woran Du dann denkst, das ist dein Gott.“ Sie sitzen gerade mit der Familie so schön im Auto, singen .Lobet den Herren' und dann rammt Sie einer. Was Sie dann sagen, das ist Ihr Gott. Lassen Sie sich doch einmal anballern bei Ihrem Auto. Was Sie dann sagen, das ist Ihr Gott. Oder wenn Sie im höchsten Glück sind, im höchsten, hinreißendsten Erlebnis, woran Sie dann denken, das ist Ihr Gott. Nicht das, was wir sonntags morgens so manchmal hinzelebrieren, nein! In den tiefsten Erschütterungen, in den schwindelndsten Höhen, was uns da bewegt, das ist Gott, das ist unser All-ein, darin sind wir allein, das ist unser Gott. Und die dritte Formulierung: „Wo kommst Du wirklich zur Ruhe? Wo kommst Du zu einer letzten, tiefsten Übereinstimmung, daß endlich mal das .schaffe, schaffe' weg ist, daß Du endlich sagen kannst: Jetzt bin ich zur Ruhe gekommen.' Wo ist das?“ Das ist Gott. Ich wollte, daß wir hier ehrlich würden, Sie und ich. Und ich gestehe Ihnen das: Ich weiß von Gründen und von Abgründen, die wenig mit meiner Überzeugung zu tun haben. Abgründe, von denen ich nicht wollte, daß sie da sind und sie sind doch da. Wieviel Gehässigkeit bricht auf, wenn man nur den entsprechenden Feind hat! Aber die Gehässigkeit war immer vorher da, man muß nur einen Feind haben, dann bricht die Gehässigkeit auf. Wieviel Gier — die Gier ist immer da, sie braucht bloß einen Punkt, an dem sie sich entzündet. Was sind das bloß für Mächte, für letzte Mächte, die uns da plötzlich bewegen? Es ist nie bestritten worden, daß es Mächtigkeiten, daß es Machtblöcke gibt, die über uns verfügen. Man nannte das früher Gottheiten, heute nennt man das Gesetzmäßigkeiten. Das sind Mäch- tigkeiten, die nach uns packen, die uns schütteln, die uns bestimmen, die uns in den höchsten und tiefsten Augenblicken erreichen und sich in uns offenbaren. Und Josua beginnt eine Schlacht, die durch die ganze jüdische Geschichte hindurchgeht, bis zur Stunde. Er sagt: „Wovon wollt Ihr euch bestimmen lassen hier in diesem Lande?“ Darf ich das einmal übersetzen? In diesem Lande, da wird der Regen uns bestimmen, da wird die Fruchtbarkeit uns bestimmen, heute heißt das Wirtschaft. Leute, tut nicht so, als sei der Baalskult vor 3000 Jahren lebendig gewesen. Baalskult heißt Wirtschaft, heißt Potenz. Und was sind sie alle am Zittern, daß womöglich die Wirtschaft langsam aber sicher bergab geht. Was bestimmt Sie eigentlich? Warum wollen wir nicht wieder arm werden? Warum nicht? Wovor habt Ihr Angst? Haben Sie jemals Golgatha vor Augen gehabt? Der Sohn Gottes hatte das nicht, was Sie haben. Wenn ich mit Männern in der Seelsorge sitze, wo langsam die Jahre kommen, die uns nicht gefallen mögen, wo die Kräfte dahingehen, auch die sexuellen Kräfte, wo dieser ganze jubelnde Zirkus zu Ende ist, da sagen mir Männer mit Tränen in den Augen: „Unsere Ehe ist jetzt kaputt.“ Dann sage ich immer: „Worauf haben Sie eigentlich gesetzt in Ihrer Ehe? War die Sexualität, die Lebenskraft, Ihr ein und alles?“ — „Ja, das war das ein und alles. Jetzt, wo es uns genommen wird, merken wir es.“ Wenn Ihr in das Land der Amoriter kommt, wenn Ihr in dies Deutschland kommt und in dies Jahrhundert, dann werden Mächtigkeiten Euch bestimmen, der Ost- und Westkonflikt wird uns bestimmen. „Nein“, sagt Josua, „ich aber.“ Er hat doch nie bestritten, daß es diese Mächte gibt. Wir wollen es doch nicht bestreiten, daß es diese Mächte gibt in Deinem Leben und in meinem Leben. „Ich aber“, sagt Josua, „ich werde diesen Mächten nicht folgen. Nein. Idi werde dem Herrn folgen.“ Ja, lieber Josua, jetzt bitte ich Dich um eines: 1. Josua, von welchem Herrn sprichst Du eigentlich, dem Du dienen willst? Wenn die Menschen von Gott reden, fragen Sie sie: „Welchen meinen Sie eigentlich?“ Es gibt mindestens 365, für jeden Tag einen. Indien hat 360 Millionen Götter! Einfach „Gott“ sagen, das kann Gottesgeschwafel sein. Welchen Gott? Seid an dieser Stelle unerbittlich. Sagen Sie mir, was für einen Gott haben Sie eigentlich? Josua sagt mir: „Du mußt wissen, daß es ein Volk der Erde gibt, und diesem Volk ist der Gottesname gesagt worden. Nur einem Volk. Dies ist der Grund, warum Israel bis zur Stunde das Geheimnis unter den Völkern ist. ,Du sollst den Namen des Herrn, Deines Gottes, nicht unnützlich führen“, das meint diesen Namen.“ Und „geheiligt sei dein Name“ im Vaterunser meint diesen Na-den. Und als Mose den Berg hinaufging und Gott ihn aus der Wolke ansprach, da sagte er: „Was soll ich den Kindern Israels sagen, wer schickt mich? Was ist dein Name?“ Der Name heißt Jahwe und das heißt „Ich bin da“. „Ich bin für euch da.“ Diesem Herrn will Josua dienen. „Ich komme euch in der Geschichte entgegen und werde nach euch rufen. Ich werde euch beim Namen rufen. Ich bin keine erhabene Gottheit hinter den Sternen, ich bin ein Gott, der sich herabläßt und der sich euch nähert. Und ich rufe euch und will euch etwas sagen, etwas offenbaren. Und ich werde euch führen. Und ich werde euch verwandeln. Und ich werde euch schlagen. Und ich werde euch lieben. Und ich werde euch hinführen zu einem Ziel, das ich, Jahwe, habe. Ich bin da.“ Das ist sein Name. Darf ich den Vorhang der Geschichte öffnen? „Ich werde sein, der ich David rufen werde, diesen Jungen vom Felde. Und ich werde sagen: ,Der Kleinste unter den Söhnen Isais, der wird mein König! Und ich werde da sein und werde einem König sagen: ,Von dir wird kommen, dessen Königreich ewiglich ist.“ Und ich werde das Volk zerbrechen und ich werde, während das Volk zerbrochen wird im Exil, da sein. Und ich werde einen Propheten ein Bild sehen lassen. Ich werde ihm das Bild meines Knechtes zeigen, des blutenden Knechtes, das kein Mensch erträgt. Und ich werde in diesem Blutopfer sein.“ Und dann kam er selber und wurde in eine Krippe gelegt und war ein Kind, und die Engel sagten: „Jetzt ist er da, der da ist.“ Und dann ging er über die Welt und lebte 33 Jahre unter uns. Und dann sahen wir ihn am Kreuz. Und da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte. Da war nichts, was uns beeindruckt hätte. Und da ist der da, der da ist. Da ist er! Er, der auf dem Berg Sinai sich offenbart hat. Da hängt er, da verblutet er, da stirbt er zu Tode und liebt sich zu Tode. Nie war Gott Dir so nah als dort, wo er schrie: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ Da ist er Zur Hölle gefahren, da war er in Deiner tiefsten Tiefe und in meiner Hölle. Und als er schrie: „Es ist vollbracht“, da hat er auf ewig sich mit uns Menschen geeint und hat gesagt: „Und ich bin jetzt da bei euch und ihr werdet mich nie mehr los. Ich werde euch rufen. Ich werde euch segnen. Ich werde euch zusammenführen. Ich werde ein ewiges Abendmahl mit euch halten.“ Josua sigt: „Diesem Herrn, der immer da sein wird, dem will ich dienen.“ Ist das Ihr ein und alles, dieser Gott, der immer da ist? Diesem Herrn und keinem andern will ich dienen, der soll mich bestimmen. 2. „Ich aber und mein Haus, wir wollen diesem Herrn dienen“ Diesem Herrn, der da ist. Diesem Herrn, der ruft, diesem Herrn, der verblutet. Diesem Herrn, der von den Toten aufersteht. Diesem Herrn, der den Kosmos in den Händen hat. Diesem Herrn, der in dieser Stunde alles durchzieht in diesem Raum. Dem will ich dienen. Was heißt das denn nun „dienen“? Ihm dienen heißt ja eigentlich, ihm einen Gefallen tun. Ihm einen Gefallen tun, heißt, ihn an mir dienen lassen. Hermann Bezzel sagt: „Das ist ein ganz und gar neuer Gedanke der Weltgeschichte, der niemals alt wird: Daß Gott immer nur dienstweise herrscht. Er herrscht dienend. Und ich lasse seinen Dienst an mir zu, so beginnt und vollendet sich aller Dienst.“ Ich gebe ihm den Jammer meines Lebens und sage: „Herr, das werfe ich dir unter das Kreuz und erwarte von dir, daß du mich zurecht-liebst.“ Damit beginnt Dienst. „Ich gebe dir meine Sorgen“, jenes moderne Heidentum, „und ich will, daß du in mein Leben hineinsteigst und mir meine Sorgen nimmst und an dein Kreuz hängst.“ So beginnt Dienst. „Ich habe nur ein Leben, Herr, und das ist bald vorbei und ich will, daß du dieses Leben füllst. Nicht mit der ewigen Kritisiererei an andern Menschen, ich will, daß du es füllst mit der Macht deiner Versöhnung. Herr, ich kann von mir aus nicht, ich bin neidisch, bin gehässig, bin kritiksüchtig. Ich bitte dich: Füll mich mit der Macht deiner Versöhnung. Herr, diene mir.“ Dienen heißt: Ich möchte in meinem Leben etwas denken, was mir schwerfällt: Gott hat ein Problem, Gott hat eine Not: Ob er wohl mit mir zu seinem Ziele kommt, das ist sein Problem. Zu suchen und selig zu machen, was verloren ist, das ist sein Problem. Tausende von Probleme kommen auf den Tisch, jeden Tag, aber der lebendige Herr hat ein Problem, Gott hat eine Frage: „Du Mensch, wo bist du? Ich, der lebendige Herr, möchte dich gerne bei mir haben. Ich möchte mit dir eins sein, ich möchte dich heira- ten und ich will, daß du mich heiratest.“ Dienst heißt, ich denke um. Ich lasse mir sagen, daß Gott auch eine Frage hat an mich und an die Menschheit. Ich lasse diese Frage bei mir zu und gehe unter das Kreuz und sage: „Herr, da bin ich. Ich will mich nicht mehr verstecken. Ich will nicht mehr sein, der ich gar nicht bin. Ich will sein, was du aus mir machst.“ So beginnt Dienst. Das zweite, was Dienst heißt, habe ich von meinen Vätern gelernt und habe es jahrelang nicht recht begriffen, ganz langsam komme ich nun dahinter. Dienst heißt, ich will den Namen Jesu hineintragen in die schwierigste Situation. Und die erste schwierige Situation ist und bleibt mein Herz. Laßt uns an dieser Stelle unüberbietbar nüchtern sein. Wenn ein Mensch in sich unerlöst ist, kann er niemals woanders Erlösung hintragen. Das geht nicht. „Herr, leg deinen Namen in mein unversöhntes Wesen.“ Und dann will ich mit diesem Namen hingehen, wo immer Menschen zerbrechen an sich oder an der Geschichte, oder an der Kirche oder an uns frommen Leuten. „Herr, laß mich deinen Namen in die Welt tragen.“ Und Jesu Name heißt: Ich bin immer richtend und aufrichtend da. Und ich komme euch immer richtend — in eurer Selbstherrlichkeit und aufrichtend — in eurer Zerbrochen-heit, ich komme euch immer von vorn entgegen. Dienen heißt, ich bringe diesen Namen, ich bringe Gericht und Gnade in eine Welt, wo immer ich hingeholt werde, bei den Kindern, bei den Eltern, in den Gemeinden, in den zerrissenen Ehen. Wir hatten eine Evangelisation in Norddeutschland und es kam einer von den vielen, die nicht mehr fertig wurden. Er wollte mir viel erzählen, wie alles zusammenhängt und wer eigentlich schuld sei und so. Da sagte ich diesem jungen Menschen: „Lassen Sie uns doch nicht mehr reden. Ich bitte Sie, tun Sie etwas, was Sie noch nie gemacht haben, knien Sie doch einmal nieder.“ Der schaute mich groß an und weil ich so bestimmt redete, kniete er nieder. Dann habe ich nichts weiter gesagt, ich habe ihm die Hände aufgelegt: „Im Namen Jesu, du bist sein.“ So begann eine neue Zeit im Leben eines jungen Menschen. Das ist Dienst. Darf ich einmal fragen: „Wo bei mir und in meinem Zuhause, in meiner Ehe, in meiner Fabrik, an meinem Studienort, an meinem Schulplatz, in meiner Gemeinde, wo bedarf es des Erbarmens Jesu? Wo bedarf es der Klarheit Jesu? Wo bedarf es des Ausrichtens und des Aufrichtens Jesu? Wo warten Menschen auf den Frieden, den sich die Welt nicht geben kann? Dann gehen Sie da heute abend oder morgen hin. Das ist Dienst.“ Eduard Weiß sagte zu mir: „Der schönste Dienst ist der, der nicht bemerkt wird, auf kleinstem Raum, mit bescheidensten Mitteln das Größte leisten ohne Dank zu erwarten. Das ist der Dienst, an dem die Gottlosigkeit zerbricht.“ 3. Josua sagt: Ich will. Josua sagt: Ich will, er sagt nicht: Ich möchte dienen — ich will. Dienst ist ein Kampf. Glauben ist Kampf. Jeden Morgen werde ich sagen: „Herr, heute möchte ich dir nicht folgen, heute will ich dir folgen.“ Und jeden Abend: „Herr, ich möchte dir nicht meine Sünde bringen, ich will sie dir bringen. Ich möchte nicht predigen, ich will auch predigen. Ich möchte nicht was Gutes tun, ich will es auch.“ Warum aber der Kampf? Dahinter steckt ein seltsames Geheimnis. Wann immer ich diene — an mir dienen lasse und andern diene, muß ich eine Fremdheit überwinden. Ich muß Jesus an mich heranlassen und das ist immer erst befremdend, denn damit bin ich nicht mehr Herr, damit bin ich nicht mehr herrlich. Wie war Jesu Dienst größer, als in dem Augenblick, als er sagte: „Warum hast du mich verlassen?“ Da mußte er in die letzte Fremdheit der Verlassenheit. Jeder Dienst, sei es eine Tat, sei es ein Wort, sei es eine Predigt, jeder Dienst hat mit diesem Überschreiten der Fremdheit zu tun. Ich muß auf das Fremde zugehn und ich bin ganz ungeschützt. Ich weiß nicht, was mir dann passiert, wenn ich dem andern begegne. Darum wird man immer wieder sagen müssen: Ich will das auch. Ich beschließe das auch. Ich will meine letzten und besten Kräfte hier hineinbringen. Und wenn ich keine Kräfte mehr habe, dann will ich betteln, bis ich sie kriege. „Herr, ich will auch dienen.“ Ich denke an einen jungen Missionar in Südafrika. Er wurde zusammengeschlagen von Schwarzen. Als er wieder aufwachte im Krankenhaus sagte er: „Jetzt will ich in dieses Land. Ich will Versöhnung predigen.“ Diesem Bruder wünsche ich, daß er das bis zur letzten Sekunde sagen kann: „Ich will dienen.“ Es gibt nichts Reicheres, als wenn man diese Fremdheit überwindet. Du wirst merken: Wer dient, der wird auf eine geheimnisvolle Weise die Welt mitbestimmen. Gott gebe Dir, daß Du von neuem diesen Mut hast, mit Josua zu sagen: „Ich und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.“ Klaus Vollmer, Hermannsburg Nur nichts Halbes Ich könnte gut verstehen, daß manche Besucher dieser Konferenz sich fragen, welche Beziehung denn dieser alttestamentliche Text habe zu dem Tagesthema: „Jesus ist der Herr — IHM wollen wir dienen.“ Die Frage wird oft gestellt: Was gibt es denn für den Christen im Alten Testament zu finden, und was kann die Gemeinde des Neuen Bundes mit dem Buch des Alten Testaments anfangen? Eine überzeugende Antwort gibt uns der Völkermissionar Paulus. Als Christen lesen wir das Alte Testament, weil seine Geschichten „uns zum Vorbild geschehen“ sind, zu unserem Nutzen und zu unserer Belehrung (1. Kor. 10, 6). Die Wege, die Gott mit dem Volk des Alten Bundes ging, die Zerreißproben, Engpässe und Kesselsituationen, von denen uns berichtet wird, haben auch für uns heute ihre Bedeutung und ihren Stellenwert. Sie sind Vorbilder und Modelle für den geschichtlichen Weg, die Erfahrungen und das Leiden, für die Korrekturen, Freuden und Ermutigungen der Gemeinde Jesu Christi. Die Beispiele im Alten Testament helfen uns, unsere eigene Wanderung durch die Zeiten, von der Geburt Jesu bis zu seiner Wiederkunft, zu verstehen und uns entsprechend auszurichten. Die Verantwortlichen dieser Konferenz waren sicher gut beraten, diesen Text als biblische Grundlage zu wählen. In diesem Buch wird besonders auf den Gott hingewiesen, der seine Verheißungen hält und der der Befreier- und Helfer-Gott ist, der „Geber aller guten und vollkommenen Gaben“. Diese Wahrheit aber ist kein Ruhekissen. Wir dürfen nicht übersehen, daß Gott sein Werk auf dieser Erde mit Menschen vorantreibt. Das bedeutet nicht, daß Gott auf uns angewiesen wäre. Gott hätte andere Möglichkeiten, mit seinem Werk zum Ziel zu kommen, als es ausgerechnet so problematischen Wesen wie uns Menschen anzuvertrauen. Daß er uns Menschen miteinbezieht in sein rettendes Werk und an diesem Vorstoß mitbeteiligt, ist Gnade. So besteht die Würde des Menschen darin, nicht nur Gottes Kind oder Gottes Freund, sondern sein Mitarbeiter zu sein. 1. Gedenket — der Guttaten Gottes! Der „Landtag zu Sichern“ ist eine sehr lebendige, ja packende Einzelerzählung. Stand Josua bisher in dem nach ihm benannten Buch als Persönlichkeit eher im Hintergrund, tritt er nun in den beiden letzten Kapiteln eindrücklich in Erscheinung als Feldherr, Volksführer und als profilierte geistliche Persönlichkeit. Als Wortführer des Herrn ruft er alle Gnadenbezeugungen ins Gedächtnis zurück, die das Volk seit Abrahams Berufung bis zur gegenwärtigen Stunde von Gott erfahren hat. Die Geschichte Israels ist ein Wunder, eine Kette, in der jedes Glied Zeugnis gibt von der unwandelbaren Treue, Langmut und Gnade Gottes. Der Unwürdigkeit des Volkes stehen die Wundertaten Gottes gegenüber. Diese Gottesgeschichte ist ein Beweis dafür: Die Untreue der Menschen hebt Gottes Treue nicht auf. „Das Wort des Herrn ist gewiß!“ (Tit. 1, 9). Geradezu leidenschaftlich fordert Josua das Volk an diesem Landtag auf: Gedenket! öffnet eure Augen für Gottes Handeln! Gott hat sich nicht unbezeugt gelassen! Gott ist ein lebendiger Gott! Diese Aussage hatte eine sehr kräftige, unmittelbare Bedeutung. Der „lebendige Gott“ stand in direktem Gegensatz zu den „toten Götzen“, die sich nicht rühren und nicht sprechen und deshalb nicht helfen konnten. Neben seiner Lebendigkeit hebt Josua noch besonders den zweiten Wesenszug des wahren Gottes hervor: Er ist der Gott, der bei euch „in eurer Mitte“ ist. Josua erinnert an fünf besondere Wohltaten, denen das Volk alles verdankt: 1. Gott hat die Erzväter erwählt, gesegnet und geleitet und ihnen das verheißene Land als ihr Erbteil bestimmt. 2. Gott hat Israel aus der Knechtschaft Ägyptens befreit durch sein machtvolles, wunderbares Eingreifen. 3. Gott hat den Sieg gegeben über die Großmacht der Amoriter-könige Sihon und Og. 4. Gott hat errettet von den Zauberkünsten Bileams. 5. Gott hat den Sieg über die Kanaaniter geschenkt und sich als Retter und Befreier erwiesen. Gegen alles Verdienst hat Gott dem Volk unter Wunderzeichen das verheißene Land gegeben. Es wäre schnöder Undank, das Gute, das der Herr getan hat, zu vergessen. Wenn wir in unserer Lebensgeschichte zurückblättern, werden wir alle auf „Aktivposten“ stoßen, die bestätigen: Gott hat auch uns viel Gutes getan! Ich denke an den einigermaßen gesicherten Arbeitsplatz, an den Arbeitsfrieden, an die Gesundheit und Hilfe in Krankheitsnöten, an die Aufmerksamkeiten und Freundlichkeiten, die uns zuteil wurden, an die geistliche Gemeinschaft, in der wir erfahren: „Längst vermißte Brüder, find“ ich nun in seinen Jüngern wieder.“ Wenn jeder von uns anfangen wollte, nachzudenken, wieviel Gutes er empfangen hat, dann könnte es Abend werden — und immer noch kämen uns Wohltaten in den Sinn, die Anlaß zu freudigem Dank und Lobpreis gäben. Jener Patient war ohne Zweifel ein Ausnahmefall, von dem ein Chirurg tief beeindruckt erzählte, er habe nach der Amputation eines Beines gesagt, er sei froh, daß der Mensch zwei Beine habe und daß er das eine jetzt noch gebrauchen könne. „Gedenket der Gut- und Wohltaten Gottes!“ 2. Gedenket — Halbheit taugt nichts! Ein Inder berichtete, wie in seiner Heimat viele seiner Landsleute bereit wären, das Evangelium anzuhören, die Bibel zu studieren, ja selbst an Jesus als an den Sohn Gottes zu glauben, wenn sie nur gleichzeitig ihre alten, angestammten heidnischen Volkstempel aufsuchen könnten. Diese Inder möchten beides miteinander verbinden: eine Doppeltür, eine Tür zur christlichen Gemeinde, und die andere zum Tempel ihrer angestammten Religion. Diese Vermischung von Gottes- und Götzendienst ist auch für uns eine Gefahr. Wie verstehen doch auch wir geschickt, uns anzupassen und das Unvereinbare zu vereinen! Es sind nicht gerade Buddhatempel, die wir uns neben der Gemeinde Jesu offen behalten. Es sind die Tempel und Götzen des Abendlandes. Wir kennen in unseren „christlichen Ländern“ Götzen, die eine viel größere Macht besitzen als Götzenbilder aus Stein und Metall. Götze ist alles, was wir neben Gott und Christus bewußt oder unbewußt mit göttlichem Glanz umkleiden. Götze ist alles, was uns Kraft geben soll neben und außer Jesus Christus. Götze ist alles, um das sich unsere Gedanken eingehender drehen als um Jesus Christus, was unsere Zeit mehr ausfüllt als Jesus Christus, was unseren Willen, unsere Gefühle, unsere Wünsche und Pläne regieren und gestalten will neben Jesus Christus. Lassen Sie mich einige Götzen nennen, und wir wollen uns prüfen, ob wir nicht den einen oder anderen von ihnen kennen und ihn lieben. Da steht der Götze des eigenen Ichs, zu dem der Stolz, Ehrgeiz und die Ruhmsucht gehören. Da sind die Götzen der Menschenvergötterung. Angebetet, gefeiert und gepriesen wird der Lauteste und vor allem der Schnellste. Da sind die Götzen Volk, Nation und Heimat, Blut, Boden, Rasse und Erbe. Wir wissen, was auf diesem Gebiet auch von der Christenheit an Entehrung Gottes geleistet wurde. Und da ist die Vergottung aller Produkte, die der menschliche Geist hervorgebracht hat in der Kunst, Literatur, Zivilisation und Kultur. Oder ich nenne den Götzen Schau- und Massensport. Wenn eine nationale Fußballmanschaft ein Spiel verliert, ist dies ein Landesunglück und Anlaß zu Volkstrauer. Bald wird es niemand mehr wagen, dagegen ein Wort zu sagen, da man als Feind des Vaterlandes, der Körperkultur und der Jugend an den Pranger gestellt wird. Oder ich nenne den Götzen „Toleranz“, der in unserer Epoche des sog. „Pluralismus“ an Einfluß gewonnen hat. Dabei drängt sich schon die Frage auf: Ist die Kirche in der Welt oder ist die Welt in der Kirche? Und der Götze der Bequemlichkeit und Trägheit, der es uns so wohl sein läßt in der Routine der Alltäglichkeit! Wir sind eigentliche Wechselbad-Künstler geworden mit unserem Dienen und Schielen nach beiden Seiten hin. Gegen alle diese Götzen erhebt nun aber der lebendige Gott den Anspruch auf Alleinherrschaft in unserem Leben. Es ist unmöglich, dem lebendigen Gott zu dienen und gleichzeitig irgendeinem Götzen. Warum ist das unmöglich? Gott allein ist der Herr der Geschichte und der Offenbarung. Unser ganzes Leben, Werden und Vergehen steht allein in seiner Gewalt. Er ist der Erste und der Letzte. Und er allein ist der Helfer-, Befreier- und Erlösergott. Seine ganze Größe ist in Jesus Christus zu schauen. „An Ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden“ (Kol. 1, 14). Durch Gottes erlösendes Handeln in Jesus Christus ist jedem Menschen, der glaubt, eine Neuschöpfung geschenkt. Von ihm gehen die Kräfte Gottes aus in das Leben derer, die sich seiner Führung unterstellen. Wer sich Jesus Christus als seinem Herrn und Gott unterstellen will, muß alle Ersatzmittel, und das heißt eben alle Götzen, fallen lassen. 3. Gedenket — Gottes Wohltaten stellen in die Entscheidung! „Erwählet euch heute, wem ihr dienen wollt!“ Josua stellt diese Entscheidungsfrage nicht für sich. Wie auch das Volk sich entscheiden mag — öffentlich und feierlich erklärt Josua: „Ich aber und mein Haus wollen dem Herrn dienen.“ Dem Volk aber sagt er in unmißverständlicher Deutlichkeit: Ihr müßt eine Entscheidung treffen, wem ihr dienen wollt. Hier gilt: Entweder — oder! Dieser Ruf zur Entscheidung geht durch die ganze Bibel. Wo immer wir sie anfassen, stoßen wir auf dieses gewaltige, oft auch ärgerniserregende Entweder — Oder: Gott oder Baal — Gehorsam oder Auflehnung — Himmel oder Hölle — Leben oder Tod — Seligkeit oder Verdammnis. Aus Liebe zum biblischen Schriftzeugnis können und dürfen wir diese Seite der Verkündigung nicht unterdrücken und verschweigen. Auch wir sind aufgefordert, eine persönliche Entscheidung zu treffen. Der Mensch ist durch das Entscheidenkönnen vor jeder anderen Kreatur ausgezeichnet. Der Aufruf des Offenbarungswortes zum Glauben verlangt eine verantwortliche Stellungnahme vom Menschen. „Entscheidung“ besagt das bewußte Heraustreten des Menschen aus seinem Getrenntsein von Gott, ein konsequenter Auszug aus den bisherigen Verhältnissen. Die Entscheidung verlangt eine persönliche Willenshaltung. Wille ist: Der ganze Mensch ist aktiv. Die Entscheidung macht nötig, auch liebgewordene oder als selbstverständlich erachtete Denk- und Lebensformen hinter sich zu lassen. Wir können uns nicht durchjonglieren. Und wenn wir es dennoch versuchen, müssen wir wissen: Dieser Versuch endet in der Sackgasse. Gott entzieht seine Huld und Zuwendung. Der Glaube ermattet. Das Gebet verdorrt. Die Liebe stirbt. Die Bibel verstummt. Die „lebendige Quelle“ versiegt. Die Gemeinschaft untereinander bekommt böse Risse und Sprünge. Das Leben wird zur sinnlosen Hetze. Wir leben nicht mehr, wir vegetieren höchstens, und in unserem Innern wächst die Wüste von Tag zu Tag. So ergeht es uns, wenn wir der Entscheidung ausweichen. Auf dem „Hinken auf beiden Seiten“ liegt kein Segen, sondern ein Fluch. Dabei sollen wir uns nicht nur mit unseren Lippen zu dem Herrn bekennen. Den Herrn erwählen und ihm dienen heißt: „von Herzen ihm nachwandeln“ (Ps. 84, 6), Gehorsamsentschlossenheit und verbindliche Nachfolge, d. h. Nachfolge ohne Abstriche. Dieser unausweichliche Akt der Entscheidung ist die Bekehrung. Sie ist das „Nein“ zu allen Lebensformen und -möglichkeiten ohne Gott und zugleich das „Ja“ zu der von Gott in Jesus Christus angebotenen Rettungsaktion der Welterlösung. Diese besondere Lebenswende kennzeichnet das „Einst“ und „Jetzt“. Und in diesem „Jetzt“ werden wir auch täglich die Abkehr von den Fremd- bindungen vollziehen und uns hinwenden zu dem Herrn, damit unser Glaube erhalten bleibt, sich mehrt, sich vertieft und Früchte bringt. Wir werden uns gewiß nie leichtfertig auf unsere Entscheidung berufen. Jeder Gedanke an Verdienstlichkeit des Glaubensstandes ist ausgeschlossen. Vielmehr wird es stets unser freudiges Bekenntnis und Zeugnis bleiben: „Gott hat zum Wollen das Vollbringen geschenkt!“ Meine Entscheidung für den Herrn ist nicht mein Werk, sondern allein Gottes Gnade. Ich schließe mit einem Wort, das für meine Entscheidung von großer Bedeutung war: „Entweder mußt du mit Gott es halten, von Ihm dich lassen umgestalten, oder der Welt zu eigen sein und ihr gehören ganz allein. Kalt oder warm — eins von den zwei'n, aber du darfst nicht Halbes sein!“ Edgar Schmid, St. Chrischona Wollt ihr auch Weggehen? Auch Jünger Jesu können fallen In meinem früheren Dienstort wohnte eine schon etwas ältere Dame mit uns im selben Haus. Wir beteten für sie und freuten uns sehr, als sie eines Tages unserer Einladung folgte und mit uns in die Gemeinschaftsstunde ging. Von da an besuchte sie immer wieder die Versammlung, und wir hatten den Eindruck: Gottes Wort und Geist sind bei ihr am Werk. Doch eines Tages kam sie nicht mehr. Auf unsere Rückfrage antwortete sie: „Ich habe gemerkt, mein Leben und das, was da in der Gemeinschaft verkündigt wird, passen nicht zusammen. Wenn ich sonntags abends das Wort Gottes gehört habe, kann ich nachts nicht schlafen. Aber ich brauche meine Ruhe.“ Sie hatte die Predigt des Evangeliums als eine harte Rede vernommen, war aber nicht bereit, ihr standzuhalten. Wir mußten ihr ihre Ruhe lassen, auch wenn es uns weh tat. Auch unserem Herrn tat es gewiß sehr weh, daß viele seiner Hörer damals die frohe Botschaft nur als harte Rede verstanden und sich einer nach dem andern zurückzogen. Anhand von drei Punkten wollen wir über unser Thema nach-denken: 1. Eine harte Rede Was war denn das für eine harte Rede, die Jesus verkündigte? Wir lesen es in Joh. 6, 51 bis 55. Die Härte, die in diesen Worten liegt, ist die Härte des Kreuzes. Jesu Fleisch essen — in V. 54 und 56 ist wörtlich sogar vom Zerkauen seines Fleisches die Rede — und sein Blut trinken, das ist nur möglich durch das Kreuz. Jesus gibt seinen Leib in den Tod. Er vergießt sein Blut, damit wir Versöhnung erlangen. Und das ist es, was wir brauchen: Versöhnung mit Gott, Rettung. Heute wird immer wieder der Ruf nach gerechteren Strukturen laut. Ich habe Respekt vor dem Bemühen um bessere soziale Verhältnisse in dieser Welt, vor der Sorge um Brot für die Hungernden, um bessere Wohnverhältnisse für Gastarbeiter, um Gleichstellung der Behinderten. Jesus hat sich selbst darum gemüht und — so wird uns am Anfang unseres Kapitels berichtet — die Hungernden gespeist. Aber wichtiger als irdisches Brot ist das Brot des Lebens. Wichtiger als unsere berufliche Karriere, unser Eigenheim, unsere Familie, unsere Freizeit oder unser Hobby ist das neue Leben avs Gott. Wichtiger als soziale Hilfe ist die Rettung vor dem ewigen Verderben. Darf ich es noch einmal sagen: Was wir am allernötigsten brauchen, ist Rettung aus der Verlorenheit. Und dazu kam der Sohn Gottes auf diese Erde. Dazu ging er ans Kreuz. Nur über den Gekreuzigten kommen wir zu Gott und zum ewigen Leben. Einen anderen Weg gibt es nicht. Das ist allerdings eine schwere Zumutung, eine nicht leicht zu verdauende Kost! Soll es so schlecht um uns bestellt sein, daß nur noch das hingegebene Fleisch und Blut des gekreuzigten Gottessohnes uns retten kann?! Haben Sie das schon verdaut, daß Sie so total verdorben sind, daß kein Aufpolieren möglich ist? Haben Sie begriffen, daß keine guten Werke, frommen Leistungen oder Spenden, auch kein alternativer Lebensstil Sie für Gott und das ewige Leben salonfähig machen können? Allein die Stellvertretung Jesu Christi vermag das. Nur wer dieser harten Rede standgehalten hat, begreift das Evangelium. Hier ist Brot, das satt macht, ein Trank, der den Durst nach Leben stillt. Der Gekreuzigte ruft uns zu: „Das tat ich für Dich. Du darfst meine Stellvertretung dankbar für Dich in Anspruch nehmen.“ Jesus annehmen — so sind wir Gott recht und angenehm. Doch das haben die Leute damals nicht erfaßt. Sie fühlten sich nicht so schlecht, daß sie auf Jesu Fleisch und Blut angewiesen gewesen wären. So gingen sie — einer nach dem andern. 2. Zurückweichende Jünger Wie schwer muß es unserem Herrn geworden sein, als die Reihen seiner Jünger sich lichteten und einer nach dem andern sich heimlich aus dem Staube machte. Aber erleben wir das nicht heute noch genauso? Da ist z. B. ein hoffnungsvoller Jugendkreis. Begeistert sind sie dabei. Eifrig diskutieren sie mit bei der Bibelarbeit. Doch dann — vielleicht auf einer Freizeit — merken einige: Gottes Wort trifft mich. Sein Anspruch gilt mir persönlich. Doch statt Jesus auf die Kommandobrüche ihres Lebens zu lassen, ziehen sie sich zurück. Sie kommen unregelmäßiger und schließlich gar nicht mehr. Das tut weh! Wirklich? Schmerzt es uns? Treibt es uns ins Gebet? Gehen wir solchen Leuten nach? Man kann es sich auch allzu leicht machen und sich damit trösten: Jesus konnte es auch nicht verhindern, daß viele Jünger damals den Rückzug der konsequenten Nachfolge vorzogen. Wir müssen uns auch die Frage gefallen lassen: Ist es nur das Ärgernis des Kreuzes, daß manche Weggehen? Oder ist es unsere verschrobene Art, die andere abstößt? Unsere gesetzliche Enge? Unsere Scheinfrömmigkeit? Eisheilige Kälte ist keine Werbung für den Herren. Unsere Schwatzhaftigkeit verschließt auch den Zugang zu Jesus. Sind unsere Gottesdienste und Versammlungen durchweht vom Lebensgeist aus Gott? Haben unsere Gemeinschafts- und Jugendstunden Atmosphäre, in der man sich wohlfühlen kann? Spürt man etwas bei uns davon, daß ein Leben mit Jesus sich lohnt, daß wir überzeugt sind, das Allerbeste gefunden zu haben? Wenn das nicht der Fall ist, brauchen wir uns auch nicht zu wundern, wenn unser „Häuflein“ kleiner wird und unsere Werbeaktionen und Evangelisationen niemand hinter dem Ofen hervorlocken. Wenn jemand weggeht von Jesus und seiner Gemeinde, so sind wir immer zuerst in die Selbstprüfung gerufen: Herr, bin ich's? Ist es meine mangelnde Liebe gewesen, die den andern ziehen ließ? Um so mehr überrascht es uns in unserem Text, daß Jesus die Jünger ziehen läßt. Er droht ihnen nicht mit Hölle und Fegefeuer. Wer sich nicht durch die Botschaft vom Kreuz retten läßt, läßt sich auch nicht durch die Drohung mit der Hölle in die Knie zwingen. Nein, unser Herr zwingt niemanden. Er gibt sogar dem kleinen Rest der Jünger, den Zwölfen, den Rückweg frei: „Wollt ihr auch Weggehen?“ Jesus will nur Freiwillige. Bei ihm gibt es keine Zwangsverpflichtung. Glaube und Nachfolge können nur auf dem Boden der Freiheit gedeihen. Niemand wird gezwungen zu bleiben, der sich bei ihm in seiner Freiheit zu leben eingeengt fühlt. Wer ihm nicht freiwillig folgen will, ist ohnehin keine gute Visitenkarte für den Herrn und sein Reich. An Jesus scheiden sich die Geister. Die einen stoßen sich an ihm, gehen weg und laufen in den Tod; die andern erkennen in ihm den Grundstein, das Fundament ihres Lebens und bauen auf ihn. Die einen hören sein Wort als harte Rede, als etwas Unzumutbares; die andern hören aus demselben Munde und derselben Rede Worte des ewigen Lebens. 3. Der bleibende Rest Petrus antwortet im Namen der Zwölf auf die Frage Jesu: Wollt ihr auch Weggehen: „Herr, wohin sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, daß du bist der Heilige Gottes.“ „Wohin sollen wir gehen?“ sagt Petrus. Er macht deutlich: Wer wegläuft, muß wissen, wohin, der muß etwas Besseres gefunden haben. „Es müßte einen Größeren als dich geben, Herr, wenn ich von dir fortgehen sollte.“ Freilich, Religionen, Sekten, Philosophien und Ideologien, die Menschen in ihren Bann ziehen wollen, gab es damals und gibt es heute zur Genüge. Wer aber Jesus, die Quelle des Lebens, gefunden hat, der mag mit nichts und niemand tauschen. Religionen und Ideologien überfordern den Menschen und binden ihn in ein knechtisches Joch. Gerade an den neuen Jugendreligionen wird das deutlich. Hier werden Menschen nicht nur ihres Besitzes beraubt, sondern ihrer Freiheit, ihres Willens, ja ihrer Persönlichkeit. Jesus dagegen beschenkt und befreit. Einer, der Jesus kennengelernt hat, hat es so ausgedrückt: Ich war in eine tiefe Grube gefallen und schien verloren. Da kam Buddha und forderte, ich solle mich anstrengen, um mich auf dem achtteiligen Weg der Tugend wieder herauszuarbeiten. Nach einiger Zeit kam Konfuzius. Dieser schalt mich wegen meiner Torheit und Unachtsamkeit, die mich in diese üble Lage gebracht hatte. Dann gab er mir den Rat, allem Irdischen zu entsagen und mich in das Ewige zu versenken. Schließlich kam Mohammed und forderte mich auf, durch Beten, Fasten, Almosengeben ein Stück höher zu kommen, damit er mich herausholen könne. Danach aber kam Jesus Christus. Ohne einen Vorwurf oder Appell ließ er sich in die Grube herab und zog mich heraus. Das ist Jesus, unser Retter. Wer ihn so kennengelernt hat, der mag nicht mehr ohne ihn leben. Aber wie lernt man ihn denn kennen? In Matth. 16 sagt Jesus zu Petrus: Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel. Jesus ist nicht auf dem Wege denkender Vernunft zu ergründen, sondern nur durch Offenbarung. Aber für den Weg der göttlichen Offenbarung werden uns in Johannes 6 zwei wichtige Dinge genannt: a) „Du hast Worte des ewigen Lebens“ Gott offenbart sich durch sein Wort. Nicht Zeichen und Wunder haben Petrus überzeugt. Wunder können beeindrucken, aber können keine Glaubensgrundlage bilden. Was trägt, ist allein das Wort. Wer es wagt, auf das Wort Gottes zu vertrauen und mit dem Wort zu leben, der erfährt seine göttliche Kraft, der erfährt, daß es ein Leben hat und vermittelt, das weit über das irdische Dasein hinausreicht. Es gibt Leben, das ewig ist, das kein Leid, ja selbst der Tod nicht rauben kann. b) „Wir haben geglaubt und erkannt, daß du bist der Heilige Gottes“ Glauben heißt vertrauen. Wer Jesus kennenlernen will, muß sich ihm anvertrauen. Wer sich nur theoretisch und aufgrund theologischer Abhandlungen mit Jesus befaßt, lernt ihn nie kennen. Er erfährt nie, wie reich Jesus macht, welche Geborgenheit er gibt. Als wir vor einiger Zeit mit unseren Kindern im Schwimmbad waren, forderte ich meinen Sohn vom Wasser aus auf, in meine Arme zu springen. Nach einigem Zögern wagte er es und erfuhr: Die Arme des Vaters lassen mich nicht sinken. Glaube ist wie ein Sprung ins Wasser. Aber wer sich Jesus anvertraut, erfährt, daß er nicht den Wellen preisgegeben ist, sondern von starken Armen getragen wird. Diese Erkenntnis und Erfahrung kommt aber immer erst nach dem Glauben, nie vorher. Darf ich Sie, die Sie noch zögern und nicht recht wissen, ob Sie ein Leben mit Jesus wagen sollen oder nicht, einladen: Wagen Sie den Sprung in seine Arme. Vertrauen Sie ihm und seinem Wort. Dann werden auch Sie erfahren: Du bist der Heilige Gottes. Der, in dem der allmächtige Gott selbst rettend und helfend uns begegnet. Wahrlich: Dem, der sein Leben für uns hingegeben hat, dem kann man sich vorbehaltlos anvertrauen. Er kann es nur gut mit uns meinen. Dennoch muß vor einer Illusion gewarnt werden: Nachfolge Jesu ist kein Spaziergang. Gott hat seinem Sohn viel zugemutet, als er über diese Erde ging. Er mutet auch uns einiges zu. Nachfolger Jesu gelten in dieser Welt als Fremdkörper und Störenfriede. Oft hält man sie für Schuhabstreifer. Jesus sagt: Ihr müßt gehaßt werden um meines Namens willen. Darf ich Sie erinnern an die Christenverfolgung im Osten oder an Paul Schneider und Dietrich Bonhoeffer, die im 3. Reich den Märtyrertod erlitten? „Es ist zum Davonlaufen“, sagte ein Missionar, der in China durch schwere Zeiten ging, „aber wohin soll ich denn gehen?“ Das ist das Erstaunliche: Da nehmen Menschen lieber Folter und Martyrium in Kauf, als Jesus die Treue zu brechen. Es muß doch etwas dran sein am Leben mit Jesus, wenn seine Leute lieber für ihn leiden oder gar sterben, als ihm davonzulaufen. Wenn Menschen sich auch durch Verfolgung und Martyrium nicht von Jesus wegbringen lassen, wieviel weniger darf das bei uns geschehen, denen es noch so unverdient gut geht! Aber Satan ist bei uns nicht weniger auf dem Plan. Er wendet hier zwar andere Methoden an als in den Ländern der Christenverfolgung. Da ist z. B. das Streben nach Karriere, nach Ehre und Macht. Da ist der autonome, selbstherrliche Mensch, der sich von niemand, auch von Gott nicht, „dreinreden“ lassen will. Da ist die fleischliche Zügellosigkeit und sinnliche Begierde. All das sind Lockvögel Satans, mit denen er uns von Jesus wegziehen will. Es ist schmerzlich um jeden, bei dem es ihm gelungen ist. Auch wir, Sie und ich, sind zur Wachsamkeit gerufen. Es ist zum Erschrecken: auch Jünger Jesu können Weggehen und fallen. Wer kann für sich die Hand ins Feuer legen? Darum wachet und betet! Ich muß Ihnen ehrlich gestehen: Ich kann nur immer wieder darüber staunen, daß ich noch dabei sein darf. Daß ich noch in seiner Nachfolge und in seinem Dienst stehe, geht nicht auf mein Konto. Nicht weil ich eine so gründliche Bekehrung erlebt hätte, nicht weil ich einen so festen Charakter und starken Willen hätte, bin ich noch dabei. Nein, nur, weil er mich festgehalten hat, weil er treu war und treu ist, darum. 1. Petrus 1, 5 heißt es, daß wir aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werden zur Seligkeit. Weil ich das weiß, darum will ich bei ihm bleiben und nicht weglaufen. Weil er allein den Weg zum Ziel kennt und die Macht hat, uns auf dem Weg zu bewahren, darum wollen wir nicht nach rechts und links schielen, sondern auf unsern großen Herrn schauen. Wer ihn wirklich kennengelernt hat, mag keinen Schritt mehr ohne ihn gehen. Friedhelm Böker, Stuttgart Gott ist's, der es schafft „Wollt ihr auch Weggehen?“ — Was für eine seltsame Frage ist das? Das steht doch im Augenblick überhaupt nicht zur Debatte. Unsere Teilnahme an dieser Konferenz ist doch ein deutliches Anzeichen dafür, daß wir zu Jesus gehören und mit ihm durchs Leben gehen wollen. Haben wir nicht eben aufs neue gehört und aufgenommen, wie viel Gutes uns Gott bisher getan hat. Wir würden uns schofel und undankbar Vorkommen, wenn wir nur mit dem Gedanken spielen würden, von Jesus wegzugehen. Es geht uns wie dem greisen Bischof Polykarp von Smyrna, der in einer Christenverfolgung aufgefordert wurde, Christus abzusagen und damit sein Leben zu retten; und der daraufhin ent-gegnete: „Schon viele Jahre diene ich meinem Herrn und er hat mir nur Gutes getan. Wie kann ich ihm absagen, der mich erlöst hat?“ Nein. Wir spielen nicht mit dem Gedanken, von Jesus wegzugehen. Im Gegenteil: Wir wollen heute aufs neue den Entschluß bekräftigen: „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen!“ Und doch ist und bleibt das Weggehen von Jesus eine ständige Versuchung und Wirklichkeit in unserem Leben. So wie ein Mensch, der sich in Liebe an einen anderen gebunden hat und der in der Eheschließung in aller Öffentlichkeit bekannt hat: „ich will zu diesem Menschen gehören“ dennoch immer wieder in Versuchung kommt, seine Bindung in Frage zu stellen oder gar wegzuwerfen. So wie diese Bindung zweier Menschen aneinander kein Besitz ist, sondern ein lebendiges Geschehen mit Wachstum und mit Krisen, mit zunehmendem Verstehen und mit Entfremdung voneinander, so ist auch unsere Bindung an Jesus ein lebendiges Geschehen: geprägt von Glaube und von Zweifeln, von Gewißheit und von Anfechtungen, von Dienen und von Versagen, von Nahesein und von Fernesein. Für mich ist Petrus das Urbild des Menschen in der Nachfolge Jesu. In ihm, in seinem Wollen und in seinem Versagen erkenne ich immer wieder mich selbst. An drei Stationen seines Weges in der Nachfolge Jesu ist mir nun eindrücklich, wie nahe Nachfolge und Weggehen beieinander liegen: 1. Station: Bei der Berufung des Petrus (Lukas 5) Petrus war bestimmt kein Gottesleugner und Heide. Sondern er war ein frommer Israelit. Erzogen im Glauben der Väter. Regelmäßiger Besucher der Synagoge an jedem Sabbat. Er wollte sein Leben im Gehorsam gegen das Gesetz und in der Verantwortung vor Gott gestalten. Und nun begegnet ihm Jesus. Petrus hält ihn wohl für einen der vielen Wanderprediger. Deshalb redet er ihn an mit dem Ehrentitel „Meister“. Er ist ihm behilflich und leiht ihm sein Boot als Kanzel. Aber als ihn Jesus direkt anredet und ihm den Auftrag gibt: „Fahret auf die Höhe und werfet eure Netze aus!“ — da hält dies Petrus für eine unangemessene Einmischung. Vom Predigen verstehst du etwas, mag er gedacht haben, aber vom Fischen ich. Der Glaube an Gott ist eine Sache, das Fischen eine andere. Bei Gott geht es um Glauben, im täglichen Leben dagegen geht es um harte Tatsachen. Als er aber dann dennoch dem Wort Jesu gehorcht und dabei gegen alle Erfahrung und Vernunft den riesigen Fang tut, da erkennt er: Jesus ist nicht irgendein berühmter Prediger, sondern hier begegnet mir Gott selbst. Jesus ist der Herr! Er begreift: Gott ist nicht irgendwo in der Ferne in den alten Geschichten von der Heranführung Israels aus Ägypten vor langer, langer Zeit. Gott ist nicht irgendwo in der Ferne, im Tempel in Jerusalem oder im Himmel. Sondern Gott ist in mein Leben eingebrochen, ist ungefragt und unbemerkt in die alltägliche Wirklichkeit dieses Tages hereingekommen und ist nun mitten in meinem kleinen und unbedeutenden Leben gegenwärtig. Diese Erkenntnis des Petrus wird im Evangelium deutlich in dem kleinen Unterschied, daß Petrus Jesus jetzt nicht mehr als „Meister“ sondern als „Herrn“ anredet. Er hat erkannt: Tesus ist der Herr. Aber für Petrus folgt daraus noch lange nicht, was die Losung dieses Treffens zum Ausdruck bringt: „Jesus ist der Herr — ihm wollen wir dienen.“ Sondern Petrus reagiert wie jeder Mensch reagiert, wenn er die Heiligkeit und gleichzeitig die Nähe Gottes erkennt. Petrus wehrt sich gegen den Einbruch Gottes in sein Leben: „Herr, gehe von mir hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch.“ Wir passen nicht zusammen: du mit deiner Macht und Herrlichkeit und ich mit meinem kleinen und in vielem fragwürdigen Leben. Laß mich in Frieden. Gehe du deiner Wege und laß mich meiner Wege gehen. Petrus erkennt also Jesus als Herrn — und bittet ihn deshalb, wegzugehen. Machen wir es nicht manchmal genauso, wenn der heilige Gott in unser Leben einbricht? Dann spüren wir: das paßt nicht zusammen — mein bisheriges Leben und diese unmittelbare Gegenwart Gottes. Wenn er bleibt, dann müßte ich mich ja ändern. Und das will ich nicht. Kein Mensch will sich ändern. Die Psychologen sagen: Der Mensch scheut die Veränderung seiner selbst mehr als den Tod. Und deshalb laufen wir den Herausforderungen auf Veränderung unserer selbst so gerne weg, ändern lieber die äußeren Verhältnisse als uns selbst. Aber so einfach läßt sich Jesus nicht wegschicken und läßt er uns nicht Weggehen. Denn der Grund dieser Begegnung, dieses Einbruchs in unser Leben ist ja nicht unser Wille und unsere Entscheidung, sondern seine Entscheidung, sein Wille, seine Erwählung. Er sagt: Fürchte dich nicht. Ich fordere nicht, sondern ich gebe. Ich will nichts von dir, sondern ich will etwas für dich tun. Du kannst dich nicht ändern. Aber ich will etwas Neues in dein Leben hineingeben. Ich will etwas in dir bewirken: das Wollen und das Vollbringen nach meinem Wohlgefallen. Ich will dich so wie du bist mit deinen Gaben in meinen Dienst nehmen: als Fischer. Aber von jetzt an als Menschenfischer — in meinem Auftrag und in meiner Kraft. „Da verließen sie alles und folgten ihm nach.“ Daß wir zu Jesus gehören und ihm dienen ist nicht unsere Entscheidung und nicht unser Wille; sondern es ist der Wille und das Werk Jesu: „Ich habe dich erwählt; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du gehörst zu mir!“ Aber damit bleibt die Möglichkeit des Weggehens offen. Dies wird an der 2. Station deutlich: hei der Speisung der Fünftausend. Es gibt viele Gründe, zu Jesus zu kommen: Nicht nur sein Ruf in die Nachfolge, sondern auch unsere Nöte treiben uns zu ihm. Wie viele Menschen wenden sich jetzt in diesem Augenblick im Gebet mit ihren Ängsten und Nöten an Gott und bitten ihn um Hilfe. Ich denke, das sind ungleich viel mehr, als wir uns vorstellen können. Auch die zwölf Jünger sind nicht mehr allein mit Jesus. Immer größer wird die Volksmenge, die hinter ihm herzieht. Wie ein Lauffeuer geht die Nachricht durchs Land: Hier ist einer, der hilft. Hier ist einer, der sich für unsere Not und unser Leiden interessiert und der die Macht hat, zu helfen. Und als Jesus sich dann auf dem Berg über dem See Genezareth niederläßt, da drängen sich mindestens fünftausend Menschen um ihn. Und Jesus verachtet sie nicht. Im Gegenteil: Es jammert ihn ihrer Not. Sogar ihre Erschöpfung und ihr Hunger wird von Jesus nicht übersehen. Und er speist die 5000 mit fünf Gerstenbroten und zwei Fischen. Nach dieser überwältigenden Erfahrung ist es für die Volksmenge klar: Er ist der Herr. Ihm wollen wir dienen. Er soll unser König sein. Bei ihm wird es uns gutgehen. Aber Jesus entzieht sich der begeisterten Volksmenge. Als sie ihn endlich am nächsten Tag nach langem Suchen in Kapernaum aufspüren, da sagt Jesus sehr schroff zu ihnen: Ihr kommt zu mir, weil ihr bei mir satt geworden seid; weil ich euch in euren äußeren Nöten geholfen habe. Aber darum geht es mir eigentlich gar nicht. All dies — die Speisung, die Heilungen — all dies sind nur zeichenhafte Zugaben zu dem Entscheidenden, das ich euch geben will: nämlich ewiges Leben. Ihr sucht nur meine Hilfe, meinen Rat, meinen Trost, irgend etwas, das ich für euch tue. — Ich aber will mich selbst euch geben. Wer mich in sich aufnimmt wie eine Speise, der wird leben in Ewigkeit. Wem ich alles bin, wer seine ganze Kraft von mir erwartet und nimmt, wer sich an mich hält, dem ist geholfen in Glück und Leid, im Leben und im Sterben. Ohne mich könnt ihr nichts tun. Viele nun, die das hörten, nicht nur die Mitläufer, sondern auch viele seiner Jünger, sprachen: „Was er da redet, geht zu weit! So etwas kann man nicht mitanhören. Er macht sich selbst zu Gottes Sohn. Da sagt Jesus: „Es kann niemand zu mir kommen, es sei ihm denn von meinem Vater gegeben. Das Kommen zu mir und das Bleiben bei mir hat keinen Bestand, wenn es nur auf eurem Willen beruht. Es muß von Gott gewirkt sein. Daraufhin wenden sich viele enttäuscht oder entrüstet ab. Grüpp-chen um Grüppchen geht erregt diskutierend weg. Und am Schluß steht Jesus mit den Zwölfen allein da. Nun sollte man erwarten, daß sich Jesus beschwörend an die Zwölf wendet: „Ach ihr Letzten, ihr Getreuen, ihr werdet mich doch nicht im Stich lassen!“ Aber nein. Jesus wendet sich zu den Zwölf und fragt sie: „Wollt ihr nicht auch Weggehen?“ Jetzt, jetzt wäre die Möglichkeit für Petrus wegzugehen. Die Gelegenheit ist günstig. Der Sog der Weggehenden ist fast unwiderstehlich. Offen liegt die Welt vor Petrus und tausend Wege führen hinein. Im Geist geht sie Petrus: Zurück in die ruhige Geborgenheit seiner Familie und seines Berufes; hinein in die Welt mit ihren verlockenden Angeboten; hinein in den Wettlauf um Freude und Bestätigung und Ehre und Macht. Aber im Geist sieht Petrus, wie alle diese Wege im Dunkel und in der Sinnlosigkeit enden. Und da wendet er sich an Jesus und sagt: „Weggehen, Herr? Wohin? Es gibt doch keine Alternative. Du hast Worte des ewigen Lebens und wir haben geglaubt und erkannt, daß du bist Christus, der Heilige Gottes.“ Wo gibt es Leben, das zu leben lohnt, außer bei dir? Wo gibt es Zukunft über den Tod hinaus, außer bei dir? Wo gibt es Nähe Gottes außer bei dir? Diese Antwort des Petrus, diese Entscheidung bei Jesus zu bleiben, hat nichts und auch gar nichts mit Gefolgschaftstreue und mit heroischem Willen zu tun. Sondern es ist Gott selbst, der Petrus die Augen öffnet über das Vordergründige hinaus. Es ist Gott, der der Faszination des Weggehens etwas anderes entgegensetzt: die Offenbarung der Herrlichkeit Jesu. Im Matthäusevangelium sagt Jesus an dieser Stelle zu Petrus: „Diese Antwort hast du nicht selbst gefunden. Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.“ Nicht durch unseren Verstand und unsere Erfahrung und unseren Willen können wir zu Jesus kommen und bei ihm bleiben. Sondern nur der kann zu mir kommen und bei mir bleiben, sagt Jesus, den Gott dazu befähigt hat. Ja es stimmt, was wir einst gelernt haben: „Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann. Sondern der Heilige Geist hat mich durchs Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten.“ (Luthers Erklärung zum 3. Glaubensartikel) Doch Gott bewirkt dies nicht aus heiterem Himmel. Der Weg, auf dem der Heilige Geist an uns wirkt, auf dem Gott uns befähigt, zu Jesus zu kommen und bei ihm zu bleiben, ist in der Antwort des Petrus gezeigt: Gott begegnet uns im Wort Jesu. Wer dieses Wort annimmt und glaubt, ihm vertraut und gehorcht, der erkennt auf diesem Weg die Herrlichkeit Jesu. Für den ist das Weggehen von Jesus keine Verlockung mehr, sondern ein Alptraum. Und doch bleibt auch nach diesem Erkennen für Petrus und für uns das Weggehen möglich. Dies wird an der dritten Station deutlich: in der Passion Jesu. Petrus glaubt, diese Versuchung überwunden zu haben. Er hat sich doch endgültig entschieden. Er hat doch geglaubt und erkannt, daß Jesus Gottes Sohn ist. Und so hält er es für unmöglich und ausgeschlossen, daß er noch einmal in die Gefahr kommt, von Jesus wegzugehen. Beim letzten Abendmahl Jesu sagt er deshalb aus voller Überzeugung: „Herr, ich werde dich nicht verlassen. Ich bin sogar bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.“ Und er sagt das nicht leichtfertig. Er ist bereit, dafür einzustehen. Er riskiert sein Leben, als er im Garten Gethsemane sein Schwert zieht, um Jesus zu schützen. Und doch hat er gerade in diesem Augenblick die Grundlage seiner Jesusnachfolge verlassen. Er rutscht von der Rolle des Empfangenden in die Rolle des Gebenden: Ich will dich nicht verlassen! Ich will für dich einstehen. Ich will etwas für dich tun. Und diser Weg endet bei Petrus und bei uns dort, wo er enden muß: im Bankrott, im völligen Versagen, im Scheitern, in der Verleugnung, im Dunkel und im Weinen. Wenn wir unsere Bindung an Jesus auf unser Wollen und Tun gründen, dann sind wir bald an dem Punkt, an dem die Verhältnisse stärker sind als unser Wille. Und dann führt der Weg in die Nacht und ins bitterliche Weinen. Das ist also möglich, daß wir jahrelang in großer Freude und Innigkeit Jesus nachfolgen. Daß wir ihn als Herrn erkennen und bekennen. Und dann kommt doch noch das Weggehen von ihm — trotz aller guten Vorsätze, trotz unserer Erkenntnis und Erfahrung — einfach aus Schwäche. Aber — Gott sei Dank — hängt unsere Zukunft nicht an unserem Wollen und Können, sondern allein an Gottes Willen und Erbarmen. Die Dunkelheit der Gottesferne, in die Petrus gegangen ist, wird von Jesus am Kreuz getragen und überwunden. „Die Strafe liegt auf ihm, auf daß wir Frieden hätten; und durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jes. 53). Und damit gibt es für den weggegangenen Petrus einen neuen Anfang. Der gekreuzigte und auferstandene Jesus geht ihm nach und holt ihn ein auf dem Weg, den er von Jesus weggegangen ist. Er fragt ihn: „Hast du midi lieb?“ (Joh. 21, 16) Und das heißt doch: brauchst du mich? Er fragt uns nicht: willst du mir dienen? Sondern er fragt: brauchst du midi? Und als Petrus dies bejaht, nimmt er ihn aufs neue in seinen Dienst. Als Weggegangene und Verlorene werden wir von Jesus eingeholt und zurückgeholt, angenommen und in Dienst genommen. — „Wo kam dies her, warum geschieht's? Erbarmung ist's und weiter nichts“ (Ph. Fr. Hiller). Und dann zeigt Jesus, daß er nicht gekommen ist, um sich von uns dienen zu lassen. Sondern daß er gekommen ist, um uns zu dienen, uns zu beschenken und zu leiten: „Bisher gingst du wohin du wolltest. Nun aber wirst du deine Hände ausstrecken und ich werde dich führen, wohin du von dir aus und mit deinem Willen gar nicht willst“ (Joh. 21, 18). Nicht an unserem Wollen und Laufen hängt es, sondern an Gottes Erbarmen und Wirken. Auf die Frage „wollt ihr auch Weggehen?“ — können wir uns nur an Jesus wenden und ihn bitten: Du mußt ziehen; mein Bemühen ist zu mangelhaft. Wo ihr's fehle, spürt die Seele; aber du hast Kraft, weil dein Wort ein Leben bringt und dein Geist das Herz durchdringt. Dort wird‘s tönen bei dem Krönen: Gott ist's, der es schafft! (Ph. Fr. Hiller) Klaus Scheffbuch, Esslingen/N. Eine eigene Antwort ist nötig Es hat alles sehr gut begonnen. Viele Leute wurden auf Jesus aufmerksam. Begeistert sind sie ihm nachgefolgt. Sie haben es miterlebt, wie er die Kranken heilte, und überhaupt, wie er mit Menschen sprach und umging. Anders, als sie es sonst gewohnt waren. Sie empfanden: hier ist einer, der uns nicht von oben herunter fertigmacht. Der versteht uns. Der meint es gut mit uns. So hängen sie an seinen Lippen. Sie achten nicht mehr auf die Stunden, die wie im Flug verrinnen. Das passiert nicht häufig. Nur dann, wenn mir Wesentliches gesagt wird, etwas, was mich im Tiefsten trifft und angeht. Das war geschehen. Hingerissen hörten sie ihm zu. Stunde um Stunde. Bis der Abend kam. Lind mit dem Abend der Hunger. Man kann ihn eine Zeitlang verdrängen. Aber dann meldet er sich zu Wort. Unüberhörbar. Er beginnt zu schreien. Wir brauchen dann etwas, das unseren Hunger stillt, Brot, das uns sättigt. Die Jünger kamen jetzt in Verlegenheit, in Bedrängnis: „Wir haben nichts, was wir den vielen Menschen geben könnten. Da ist nur ein Junge mit fünf Broten und zwei Fischen. Was hilft das bei so Vielen?“ Und im Bericht des Johannes lesen wir: „Und Jesus nahm die Brote, dankte Gott dafür und verteilte sie an die Menge. Mit den Fischen tat er dasselbe, und alle hatten reichlich zu essen.“ 1. Jesu Angebot, das Klarheit schafft Alle hatten Hunger, 5000 waren es. Und alle wurden satt. Übrig blieb eine überfließende Menge. Jesus wollte ihnen mit dem, was da geschah, ein Zeichen geben. Wie der Name sagt, zeigt ein Zeichen etwas an. Es weist über sich selbst hinaus. Aber die Menschen damals begriffen das Zeichen nicht. Sie sagten sich: wer die Brotfrage lösen kann, der ist unser Mann. Und im Taumel der Begeisterung rannten sie hinter ihm her. Aber er entwich. Er entzog sich ihrem Griff, der ihn einengen wollte auf einen König, der lediglich die Mägen sättigt. Er wollte den tödlichen Irrtum verhindern, als sei mit der Brotfrage — so wichtig sie ist — auch schon die Frage nach dem Leben gelöst. Am nächsten Tag stellt sich ihnen Jesus im Gespräch. Und da schafft er Klarheit. Jesus sagt ihnen: „Ihr alle hattet Hunger — und ihr alle seid satt ge- worden bei mir. Aber es gibt einen Hunger, der größer ist als ihr denkt. Es gibt einen Hunger nach Leben, der mit Brot nicht zu stillen ist. Dieser bohrende Hunger nach Leben ist da, auch wenn ihr satt seid. Und darum will ich euch Brot geben, aber anders als ihr ahnt. Ich will euch Brot geben, das gültiges Leben ist.“ Und als die Menschen halb ahnungslos sagten: Gib uns dieses Brot, sagte er ihnen offen und klar: „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ Jesus stellt sich mitten hinein in den wogenden Strom menschlicher Geschichte und bietet sich uns an: „Ich bin das Brot, das euch Leben gibt, ich allein.“ Ihr hungert nach Leben, nach Anerkennung, nach Liebe, ihr kennt die Sehnsucht nach einem Leben, das sich lohnt, die Sehnsucht nach einer Macht, die euch trägt, die Sehnsucht nach einem Ort der Geborgenheit, die Sehnsucht nach einem Du, dem man sich ohne Angst anvertrauen kann. Und Jesus bietet sich uns Menschen an. Keinen, den er ausnimmt, keinen einzigen. Er sagt: Wer mit seinem Hunger nach Leben zu mir kommt, dem wird der Hunger gestillt. Bei mir, bei mir allein, bekommt er gültiges Leben, ein Leben, das in die Ewigkeit hineinreicht. Man lese Johannes Kapitel 6 zu Ende. Die Wirkung der Rede Jesu ist verheerend. Eben noch waren sie zu Tausenden bereit, ihn zum Brot-König zu wählen. Aber jetzt schütteln sie die Köpfe. Sie erkennen die Herausforderung und die Zumutung, die in den Worten Jesu gipfelt: Ich bin's. Ich allein bin das Brot, das euch ewiges Leben gibt. Das ist eine harte Rede, sagen die einen. Unerhört dieser Anspruch. Und andere packen zögernd ihre Sachen zusammen und gehen weg. Das ist nicht mehr zu ertragen. Mitten in dieser allgemeinen Auflösung steht Jesus und sieht seine Jünger an, die Zwölf, die ihn bisher begleitet haben. 2. Jesu Frage, die auf Klärung zielt Jesus fragt: Wollt ihr auch Weggehen? Die Frage Jesu zielt auf Klärung bei den Jüngern. Wie wollt ihr's halten? Auffallend: Jesus versucht seine Jünger nicht gegen ihren Willen festzuhalten. Er redet jetzt auch nicht auf sie ein wie ein Vereinsvorsitzender, dem die Mitglieder wegzulaufen beginnen. Jesus verhält sich wie der Vater im Gleichnis von den verlorenen Söhnen. Ich habe mich schon manchesmal gefragt, wie es kommt, daß der Vater dort auf jeglichen Zwang seinem Sohn gegenüber verzichtet. Sie alle kennen diese Geschichte: wie der Sohn dem Vater den Rücken kehrt. Er will nicht länger in der Abhängigkeit dieses Vaters stehen. So macht er sich auf und davon. Und der Vater läßt den Sohn ziehen. Man kann die Frage stellen: Warum hat der Vater den Sohn nicht zurückgehalten? Warum hat er ihm nicht den Weg abgeschnitten? Warum hat er ihn nicht mit Gewalt zurückgeholt? Die Antwort des Evangeliums ist eindeutig: Der Vater im Gleichnis hat so gehandelt, weil er einen Sohn gewinnen wollte und keinen Sklaven. Gott handelt so, weil er Vater bleiben möchte und kein Sklavenhalter. So gibt auch Jesus seine Jünger frei. Denn er will Nachfolger gewinnen, die selber entdeckt haben, wer Jesus für sie ist und was sie an ihm haben in Zeit und Ewigkeit. Und noch eine weitere Frage habe ich mir gestellt: Warum nützt Jesus nicht besser die Stunde, als die Massen ihm schon begeistert folgten. Der gleiche Vorgang wiederholt sich ja bei Jesus immer wieder. Sein Verhalten ist also nicht zufällig, sondern bewußt so gewollt. Ich erinnere Sie an jenen glanzvollen Einzug, den er später in Jerusalem erlebte. Kurz vor dem großen Fest. Mit übersteigerten Erwartungen wurde er empfangen. Grüne Zweige brach man von den Bäumen. Rote Teppiche wären es heute gewesen. Laut gesungen wurde und wild geklatscht: Gelobt sei, der da kommt, im Namen des Flerrn. Der Jubel kannte keine Grenzen. Jetzt eine zündende Rede von ihm. Die Stunde genützt — und Jesus hätte sich mühelos an die Spitze einer Bewegung setzen können, die im Volk bereits angelegt war. Aber Jesus läßt ganz bewußt die große Stunde verstreichen. Er geht nicht auf den menschlichen Gipfel, sondern steigt hinunter in die Tiefe. In Galiläa wollte er kein Brot-König werden und in Jerusalem kein Volks-Held. Er wählt das Kreuz — im Gehorsam gegen Gott und im Blick auf uns Menschen. Er weiß, anders sind wir Menschen nicht zu retten. Angesichts des Festes mit seinen verlockenden Möglichkeiten bleibt er fest. Darum sagt er: „Jetzt ist die Stunde gekommen, daß ich in den Tod gehe. Das Kreuz wartet auf mich, um für die Sünden der ganzen Welt zu sterben. Ich gehe mit meinem Leiden und Sterben den Weg hinunter, aber damit preise ich den Vater im Himmel droben.“ Warum nimmt er das alles auf sich? Weil er eines weiß: Nicht die Liebe zur Macht kann uns Menschen retten, sondern allein die Macht seiner Liebe. Darum geht er aus Liebe zu uns den Weg hinunter in die Tiefe, dorthin, wo wir sind. So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen einzigen Sohn dahingab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verlorengehen, sondern das ewige Leben haben. Ein Christus allein mit umwerfenden Wundern und mit zündenden Reden wäre auch heute gefragt. Er hätte genügend Anhänger, die ihm zujubeln und ihn bewundern würden wie einen Trapezkünstler unter der Zirkuskuppel. Aber Jesus zielt nicht auf unseren Magen, den er befriedigen möchte, oder auf unsere Nerven, die er ein wenig kitzeln will, sondern auf unser Herz, das er uns in seiner Liebe abgewinnen möchte. Jesus begnügt sich nicht damit, daß wir ihn nur so von ferne kennen. Er will, daß wir ihn selber kennenlernen. Weniger will er nicht, als daß wir selber überzeugt werden: Ja, Herr Jesus Christus, du bist das Leben, und weil ich leben will, darum muß ich dich haben. Ich lebe am Leben vorbei, wenn ich dich nicht kenne. Mit seiner Frage: Wollt ihr auch Weggehen? will er seinen Jüngern zu einer Klärung verhelfen, die auch keinem von uns erspart bleibt. Wenn wir wissen wollen, wer Jesus in Wirklichkeit ist, dann kommen wir nicht kraft logischer Schlüsse dahinter, auch nicht auf Grund tiefen Nachdenkens. Da muß schon Gott selber den Nebel zur Seite schieben. In dieser Zuversicht stehe ich vor Ihnen, daß Gott selbst dies bei Ihnen tun kann und tun will, was einem Petrus in der Nähe der Stadt Cäsarea Philippi widerfuhr, daß einer zu glauben und zu danken anfängt: Ja, du Jesus von Nazareth, bist mein Herr und mein Gott. Worum es hier geht, möchte ich an einem Erlebnis zu verdeutlichen suchen. Wir waren mit einer Gruppe aufgestiegen im Gebirge. Da kamen wir in einen Regen, der Stunde um Stunde auf uns niederging. Je höher wir kamen, desto dichter wurde der Regen, und der aufkommende Nebel machte uns zu schaffen. Gegen Abend kamen wir nach etwa sechs Stunden in der ersehnten Berghütte an. Es war höchste Zeit, denn wir konnten nur noch wenige Meter weit sehen. Am Abend setzten wir uns zusammen und tauschten die Erlebnisse des Tages aus. Wenn man zum Fenster hinaus-schaute, sah man nichts als ein großes Nebelfeld. Wir Iahten, als wir die herrlihen Postkarten sahen, die es dort zu kaufen gab. Ih erinnere mih noh sehr gut an den andern Morgen. Als wir vor die Hütte traten, waren wir wie geblendet. Da stand die ganze Bergwelt vor uns in den Farben einer aufgehenden Sonne. Wir staunten über die Aussiht und freuten uns an der weiten Welt der Firne im Glanz einer frühen Sonne. Wir konnten uns anhand der Postkarten einige Vorstellungen machen, wie die Aussicht von der Hütte sein könne. Aber als die Nacht den Nebel zur Seite schob, war es doch unvergleichlich schöner und anders, als wir es uns je träumen ließen. Ich meine, es ist bei der Person und dem Werk Jesu nicht anders. Die Kraft unserer Vorstellung allein reicht nicht aus, um der Wirklichkeit Jesu gerecht zu werden, wenn der Nebel uns die Sicht nimmt. 3. Die Antwort des Jüngers Wie es bei Petrus zur eigenen Antwort kam, wer Jesus für ihn ist, das berichten alle vier Evangelien. Aber Matthäus und Markus fügen ihrem Bericht hinzu, daß das in der Nähe der Stadt Cäsarea Philippi geschah. So lesen wir es Matthäus 16, 13—17. Cäsarea Philippi, das scheint eine x-beliebige Ortsangabe zu sein. Aber schauen wir genauer hin. Die Stadt hieß früher einmal Pa-neas, Stadt des Pan, bis in die Zeit Jesu hinein. Da hat sie der Vierfürst Philippus zu Ehren des römischen Kaisers in Cäsarea Philippi umbenannt. Aber auch dann wurde der griechische Gott Pan weiterhin in den Hainen und Heiligtümern der Stadt verehrt. Der Gott Pan war in der griechischen Göttersage ein Hirtengott, der mit Bocksbeinen und einem halbtierischen Gesicht dargestellt wurde. Als Erfinder der Panflöte habe er durch seine plötzlichen Flötenlaute den panischen Schrecken, die Panik, hervorgerufen. Herodes der Große, der Vater des Philippus hat zu Ehren des römischen Kaisers Augustus hier einen Marmortempel errichten lassen, wo der Kaiser als Retter und Heiland der Welt verehrt wurde. Und schließlich liegt Cäsarea Philippi am Quellort des Jordan. Und dort in einer Grotte haben die Kanaanäer — ehe die Israeliten ins Land kamen — ihre Fruchtbarkeitsgötter verehrt. Gerade hier also, in einer Gegend, in der der griechische Gott Pan, der römische Kaiser als Heiland der Welt und die heidnischen Fruchtbarkeitsgötter verehrt wurden, da wird die entscheidende Frage von Jesus gestellt: Für wen halten mich die Leute? Mitten hinein in die Verwirrung der Geister, wo man bereit ist, die verschiedensten Götter, Mächte und Menschen auf den Thron zu setzen, um sie anzubeten, gerade hier soll Klarheit geschaffen werden. Für wen halten mich die Leute? Das ist kein Kniefall vor der Öffentlichkeit: Was habe ich für eine Presse? Wie ist mein Image? Das ist nur die Vorfrage für eine sehr persönlich gestellte Frage: Für wen haltet ihr mich? Man ist zunächst um Antworten nicht verlegen. Sie zeigen an, daß man sich irgendwie mit ihm beschäftigt hat. Man versucht, ihn irgendwo einzuordnen. Man hält ihn für einen Johannes den Täufer oder für einen Elia, einen aus der Reihe der großen Propheten. Man kann ihn auch als einen Revolutionär preisen oder ihn als leuchtendes Vorbild hinstellen. Damit schaut man nur Postkarten an, und die Wirklichkeit Jesu ist noch ganz anders. Das alles sind nur raffinierte Versuche des Menschen aller Zeiten, sich den wirklichen Jesus so weit als möglich vom Leib zu halten, der in mein Leben eingreift, um es umzugestalten, neu zu gestalten. Weil es ihm darum geht, deshalb fragt er so direkt: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Du aber, für wen hältst du mich? Wir können jahrelang in einer Gemeinde stehen und in einer Gemeinschaft leben, wir können als Mitarbeiter in Gruppen und Kreisen tätig sein — und uns dabei mit Postkarten begnügen. Wenn uns Jesus heute so direkt fragt, dann möchte er damit nur eines: daß es zu unserer eigenen Antwort kommt, die wir mit unserem eigenen Leben zu geben haben. Petrus hat gesagt: Wohin sollen wir gehen? Zu wem? An wen sollen wir uns halten? Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes. Du bist der Herr, dem ich mein Leben anvertraue. Dir will ich gehören. Dir, Herr, und nicht dem Gott Pan oder wie mein heimlicher Abgott auch heißen mag. Du, Herr, bist mein Retter und nicht Augustus oder sonst eine Macht dieser Welt. Vielleicht haben Sie bisher Ihren Glauben immer nur aus zweiter Hand bezogen und haben eben nachgeplappert, was andere Ihnen vorsagten. In klaren Momenten kamen Sie sich wie ein heruntergekommener Schauspieler vor, der eben seine Rolle spielt, so gut er es vermag. Vielleicht ist jemand unter Ihnen an diesem Punkt angelangt, den möchte ich um eines bitten: Begnügen Sie sich nicht mehr länger mit Ansichtspostkarten. Sie betrügen sich um das, was Ihr Leben ganz ausfüllen könnte. Denn Jesus sagt: Ich bin das Brot, das Leben gibt. Wie ein Brot schmeckt, werden wir erst dann beurteilen können, wenn wir davon essen. Jesus will Ihnen schenken, was wir zum Leben brauchen. Vergebung für den Schuldigen, Gemeinschaft für den Verlassenen, Trost für den Leidenden, Kraft für den Schwachen, Freude für den Trauernden. Lassen Sie mich zum Schluß die Bitte noch einmal wiederholen: Begnügen Sie sich nicht mit Postkarten, denn Sie dürfen der Wirklichkeit eines Herrn begegnen, der Ihr Leben trägt und ausfüllt. Gerhard Röchle, Stuttgart Wer bietet mehr? Jesus stand in der Synagoge von Kapernaum, vor ihm Hunderte von Menschen. Sie waren gekommen, um ihren Meister zu hören. Menschen, die von ihm begeistert, die ihm nachgefolgt waren — von Ort zu Ort, von Versammlung zu Versammlung. Sie berauschten sich an seinen Worten und Lehren und an der Hoffnung auf sein anbrechendes neues Reich. Doch dann kam ein Mißton auf. Denn Jesus verkündigte, dem Sinn nach: Mit etwas Begeisterung allein ist es nicht getan, weder mit religiöser noch allgemein-menschlicher. Jesus braucht vielmehr Nachfolger, die mit ihrem ganzen Leben für ihn da sind. Menschen, die sich so persönlich mit ihm verbinden wie mit einem Stück Brot, das man ißt, oder mit einem Becher Wein, den man trinkt. Menschen also, die seinen Leib, sein Blut voll annehmen zu ihrer eigenen Erlösung. Denn Jesus der Christus ist das von Gott gekommene „lebendige Brot“, nicht nur ein religiöses oder menschlich-moralisches Vorbild. Sein Opfer erfordert ganzen Glauben, volle Annahme und totale Hingabe statt oberflächlicher Begeisterung. Das klingt schrill, vielleicht anmaßend in vielen Ohren. Scharfe Enttäuschung, sogar Unwillen macht sich in der Menge breit. Lautes Murren ist zu hören über solche Forderungen eines Zimmermannssohnes. Statt politische Befreiung zu bringen und ein imposantes Königreich zu errichten, bietet er sein Blut zur Erlösung an und fordert Glauben. Manche verlassen den Raum, andere folgen in Gruppen. Sie kehren nach Hause zurück, wenden Jesus den Rücken zu, der ihren Vorstellungen nicht entsprochen hat. Die kurze Zeit der Begeisterung ist an diesem Punkt sofort zu Ende. Schließlich sind nur noch die zwölf Jünger übrig; der Raum ist leer geworden. Und nun stellt ihnen ihr Herr die einschneidende Frage: „Wollt ihr auch Weggehen?“ Das heißt: Ich halte euch nicht fest. Sollten eure Erwartungen auch enttäuscht sein, sollte euch der Preis für eure Erlösung zu hoch sein, so kehrt nur zurück zu eurem früheren Leben! Wir spüren, daß diese Begebenheit von Kapernaum ungeheuer aktuell ist, daß die Frage auch uns gilt. Was können wir daraus lernen? 1. Jesus kennt nur freiwillige Nachfolger Glaube, der echt ist, läßt sich weder erzwingen noch organisieren. Man hat immer wieder versucht, Menschen massenweise zu „Christen“ zu machen — ganze Bevölkerungen oder Jahrgänge: durch zwangsweise Christianisierung von Ländern, durch kirchliche Handlungen und Traditionen, durch Entleerung und Modernisierung der Botschaft vom Blut Jesu. Doch sind solche Bemühungen immer gescheitert. Denn nur der wird zum erlösenden Glauben kommen und darin bleiben, der sich freiwillig für Jesus Christus als seinen Herrn entscheidet — und zwar mit seinem ganzen Leben, im Bewußtsein der einschneidenden Konsequenzen, die dieser Schritt nach sich zieht. Gott drängt sich uns nicht auf. Er zwingt niemanden, in der Nachfolge zu bleiben. Auch jenen verlorenen Sohn, von dem das Lukasevangelium berichtet, ließ sein Vater schweren Herzens ziehen, als er sich eigenmächtig aus der Geborgenheit des Vaterhauses entfernen wollte. Gott hat uns nicht als Maschinen geschaffen, die ohne eigene Entscheidungsfreiheit das Programm des Konstrukteurs erfüllen mußten. Immer wieder, in den verschiedensten Situationen, wartet Gott darauf, daß wir seine Liebe freiwillig durch Gegenliebe beantworten, und das heißt: durch praktischen Gehorsam in der Hingabe unseres ganzen Lebens an ihn. Ob man sich von Jesus Christus wieder entfernen kann, das ist keine Denksportaufgabe für Thelologen. Unser Text spricht von dieser Möglichkeit, und wir erleben sie leider immer wieder in der Praxis, im Gemeindeleben und in der Jugendarbeit, vielleicht in unseren Familien. Wir kennen schmerzliche Beispiele von Menschen — älteren wie jüngeren — die eine Zeitlang Jesus nachgefolgt sind und dann nicht mehr zu kompromißloser Hingabe, zu kindlichem Vertrauen und Gehorchen bereit waren. Nur wer freiwillig bei Jesus bleibt und nicht von ihm weggeht, den wird er bewahren und ans Ziel bringen. 2. Wer Jesus kennengelernt hat, findet kein lohnenderes Ziel mehr Simon Petrus drückt das in seiner Gegenfrage aus: Wohin sollen wir denn gehen? Welche sonstigen Führer, welchen sinnvollen Lebensinhalt, welches Ziel für uns und die Gesellschaft könnten wir denn anerkennen? Das Wort des wirklichen, ewigen Lebens, so bekannte es Petrus, finden wir nur bei dir. Natürlich ist dieses Bekenntnis nicht so zu verstehen, als ob alle Glaubenden automatisch den Versuchungen ihrer Umwelt widerstehen könnten und würden. Im Gegenteil: Keiner von uns ist pauschal vor Anfechtungen und Krisen bewahrt, vor allem heute nicht. Auch Petrus kam noch nach diesem Bekenntnis an Tiefpunkte, an denen er sogar seinen Herrn verleugnete. Jesus bedingungslos nachfolgen? Lohnender erscheint es manchen, einer Ideologie anzuhängen, die persönliche Schuld leugnet und stattdessen die gesellschaftlichen Verhältnisse zu verändern sucht. Statt für den Frieden Gottes einzutreten, der mit Verzicht auf eigenes Recht und mit Feindesliebe im persönlichen Bereich einhergeht, scheint es manchen lohnender, für irgendeine politische Friedensbewegung einzutreten, auch wenn sie mit Haß und unfriedlichen Mitteln auftritt. Auch wenn dabei nicht das Reich Gottes gefördert wird, sondern womöglich die blutigen Erfahrungen von Afghanistan, Angola oder Mozambique drohen. Lohnender als Treue zu Jesus und ein Leben des Verzichts auf die Durchsetzung eigener Interessen, ein Leben im Geist der Bergpredigt, ist für manche jene Art von Engagement, die sich über klare Gebote Gottes wegen angeblich berechtigter Ziele hinwegsetzt — etwa bei Hausbesetzungen, bei Steinwürfen auf Polizeibeamte oder bei der öffentlichen Verhöhnung von führenden Vertretern des Staates. Lohnender als ein Leben nach den Maßstäben Gottes ist für manche ein Pochen auf ihre vermeintlichen Rechte der Selbstverwirklichung, auch wenn sie dabei Gottes Ordnungen für den Schutz des ungeborenen Lebens, der Ehe oder des fremden Eigentums mißachten. Die Versuchungen und gottfeindlichen Einflüsse sind intensiv und oft raffiniert getarnt in unseren Tagen. Lauter ist überall die Irrlehre von der Selbstverwirklichung und Selbstvergötzung zu hören als die Botschaft von der Sinnerfüllung unseres Lebens durch Hingabe an Jesus Christus. Aber wer es je mit ihm gewagt hat, der weiß, daß er das Höchste gefunden hat. „Wohin sollen wir gehen?“, so wird er fragen, „etwa von Jesus zu Marx oder zu den Drogen oder vom Reich Gottes zu irgendeiner Utopie, die doch nicht helfen kann und zu Haß, Blutvergießen und Stacheldraht führt? Die Zahl der Irrwege, die von Jesus Christus fort führen, scheint noch nie so groß und verführerisch gewesen zu sein wie heute unter dem Einfluß eines Zeitgeistes, der das geoffenbarte Wort Gottes pervertiert und sich dabei womöglich noch christlich gebärdet. Doch wer ihm verfällt, der erfährt bald die unausbleiblichen Enttäuschungen. Kein Wun- Fritz Grünzweig Klaus Scheffbuch Edgar Schmid Klaus Vollmer Gerhard Horeld Walter Schaal Winrich Scheffbuch Dr. Gerhard Bergmann Gerhard Röckle Horst Marquardt Dr. Helmuth Egelkraut Ernst Vatter Reinhard Jung der, daß sich heute zunehmende Resignation verbreitet unter denen, die noch vor wenigen Jahren begeistert auf solchen Irrwegen engagiert waren. Die beste Entscheidung aber, die wir nach solchen Erfahrungen treffen können, ist die Entscheidung des verlorenen Sohnes, der umkehrte zu seinem Vater. Denn echtes Leben, wahre Freiheit und Erlösung von Schuld ist nur bei ihm zu finden. Das wissen heute manche, gerade auch jüngere Menschen, die vorübergehend anderen Zielen verfallen waren. 3. Was uns zu Jesus Christus bringt, ist die Kraft Gottes, nicht eigene Leistung Denn Glaube und Geborgenheit, wie er sie uns verheißt, sind nie das Ergebnis unserer eigenen Anstrengung. „Nicht Fleisch und Blut haben dir dies offenbart, sondern mein Vater im Himmel“, sagt Jesus zu Petrus, als er bezeugt hatte, daß Christus der Sohn des lebendigen Gottes ist. Gott also bewirkt unseren Glauben, so sehr wir uns dabei bewußt selbst entscheiden müssen. Gott schenkt uns, wenn wir bereit sind, die Kraft zum täglichen Gehorchen. Gott vergibt uns unsere Schuld durch Jesus Christus, sofern wir bewußt zu ihm umkehren, ihm unser ganzes Leben anvertrauen und zu immer wieder neuer Unterordnung unter seine Herrschaft bereit sind. Deshalb liegt in der Frage „Wollt ihr auch Weggehen?“ zugleich eine mutmachende Verheißung für uns alle. Wir leben zwar in einer Zeit, da es nicht immer leicht ist, sich zu ihm zu bekennen und ihm nachzufolgen. Wer sich von der Meinung der Nachbarn oder Berufskollegen abhängig macht, wer seine Ansichten und Wertvorstellungen mehr aus dem Fernsehen oder aus Illustrierten als aus der Bibel bezieht, wer dem Zeitgeist verfällt mit seinem Streben nach Konsum, Genuß und Selbstverwirklichung um jeden Preis, statt sich dem Heiligen Geist zu öffnen, der wird von Jesus Weggehen, bewußt oder durch Erkrankung seines Glaubens. Wer aber bereit ist, seinem Herrn einfach zu vertrauen und sich kindlich an ihn zu halten, der findet echte Freiheit, Erfüllung und wahres Leben. Es lohnt sich, Jesus Christus zu dienen, damit sein Reich in dieser Welt gebaut und sein Wille verwirklicht wird. Nur ein solcher Glaube, der das Leben umfaßt, wird andere Menschen in dieser Zeit wirksam zu ihm rufen können — zur Erlösung und jenem Frieden, den unsere Gesellschaft zu ihrem Überleben braucht. Im Vertrauen auf das heutige und das zukünftige Wirken Gottes dürfen und wollen wir den Einsatz für ihn wagen; denn er selbst ist der Garant dafür, daß die Hoffnung der glaubenden Schar auf seine kommende Ewigkeit sich nach den Leiden und Wirren dieser Zeit mit ihren Zerfallserscheinungen in Herrlichkeit erfüllt. Dr. Bodo Volkmann, Möglingen Gottes Angebot bleibt wertbeständig 1. Viele wenden sich von Jesus ab Die meisten von uns wissen: Bayern München hatte wieder einmal Erfolg — sie wurden Deutscher Fußballmeister. Und zum letzten Spiel gegen den Tabellenletzten Uerdingen kamen sage und schreibe 65 000 Zuschauer ins Olympiastadion. Normalerweise kommen zu so einem Spiel höchstens 10 000 Leute. Aber — bei fortlaufendem Erfolg — da strömen die Massen. Jesus hat auch „fort-laufenden“ Erfolg — aber im wahrsten Sinne des Wortes. Die Massen laufen ihm fort. Jetzt steht er noch mit den Zwölfen da. Mit dem letzten Aufgebot der Getreuen. Es ist doch klar: Massenabwanderung bedeutet Mißerfolg, Niederlage. Massenabwanderung spricht doch immer gegen die Veranstalter: schlechtes Programm, mäßiges Spiel, schwache Leistung — Enttäuschungen auf der ganzen Linie. Massenabwanderung ist doch immer die Quittung für nicht erfüllte hochgespannte Erwartungen. Wir fragen uns erschrocken: Warum laufen Jesus, dem Sohn des lebendigen Gottes, die Massen weg? Dabei hatte es doch in unserem Kapitel — Joh. 6 — so „riesig“ begonnen. Nach der Speisung der 5000 konnte sich Jesus vor der Begeisterung tausender enthusiastischer Fans kaum retten. Er stand ganz knapp vor der höchsten Sprosse des Erfolgs. Sie wollten ihn zum König machen — zum „Brot-König“, versteht sich. Und jetzt — am Ende des Kapitels — laufen sie ihm scharenweise weg. Was ist passiert? Womit hatte Jesus sie denn so schrecklich verprellt? Zwischen der herrlichen Erfahrung der Speisung und der jetzigen Massenabwanderung muß doch eine einzige riesige Enttäuschung liegen — aber welche? Oder war alles vielleicht sogar nur ein ganz großer Irrtum? Beruhte die Massenabwanderung möglicherweise auf einer tragischen Kette von Mißverständnissen? Dann wäre jetzt das Motto: aufklären, beschwichtigen, beruhigen — nochmals ausführlich darüber diskutieren. Vielleicht hatte Jesus einfach etwas vom diplomatischen Fingerspitzengefühl gefehlt. Vielleicht hatte er zu wenig auf gruppenpsychologische Erkenntnisse geachtet. O Jesus — möchten wir sagen — wie kannst du dir diese einmalige Chance so kaputtmachen: wie viele Freunde, Gönner und Spender hast du damit verloren! Damit wir ganz klarsehen: es sind fromme Leute — Jünger — die weglaufen. Also Leute, die schon einige Wochen oder Monate, vielleicht sogar von Anfang an, mit ihm gegangen waren. Leute, die schon einiges von ihm gehört, die Krankenheilungen miterlebt hatten. Solche Leute laufen jetzt massenweise weg. Ich schlage vor, wir stellen uns mit unserem Kassetten-Recorder einmal an den Stadtrand von Kapernaum. Wir interviewen einfach 2 Leute, die da in ihre Häuser zurücklaufen. „Warum ich von Jesus weglaufe? Weil er Dinge sagt, die ich für absolut überspannt halte.“ „Was denn, zum Beispiel?“ „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an midi glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ — „Und warum laufen Sie von Jesus weg?“ „Er fordert Dinge, die kein Mensch erfüllen kann. Er sagte: Werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschensohnes und trinken sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch. Mein Fleisch ist die rechte Speise und mein Blut ist der rechte Trank.“ Merken wir etwas, liebe Freunde? Bei den Seligpreisungen, da sind sie noch alle dabei. Und die Wunder erleben sie staunend und begeistert mit. Aber in Joh. 6 spricht Jesus davon, daß er selbst noch wichtiger ist als das tägliche Brot. Daß man ihn in sein Leben voll und ganz aufnehmen muß, um echtes Leben, ewiges Leben zu haben. Um — jetzt ganz positiv gemeint — im Leben wirklich satt zu werden. Und Jesus spricht hier von seinem geopferten Leib und von seinem vergossenen Blut. Er spricht von der Dahingabe seines Lebens. Er spricht vom Kreuz. Und er macht klipp und klar deutlich, daß es ohne sein Opfer am Kreuz kein neues Leben, kein ewiges Leben gibt. Daß es ohne sein Kreuz keinen Weg zu Gott, keine Vergebung der Sünden — überhaupt nichts gibt! Und genau an diesem Punkt scheiden sich die Geister. Warum? Weil Jesus damit den frommen Juden klarmacht: eine beispielhafte Religiosität, eine vorbildliche Christenheit reichen nicht aus. Genauso hatte es Jesus auch dem Theologen Nikodemus gesagt: dein Fasten und Beten, dein Engagement für Gott, dein Zehntengeben reichen nicht aus. Du mußt von neuem geboren werden! Ahnen wir jetzt etwas davon, warum die Massen von Jesus abwandern? Weil er ihnen die Wahrheit sagt. Und wer hört schon gern die Wahrheit über sich? Und wer erträgt sie? Und wer stellt sich der Wahrheit rückhaltlos? — Und doch gilt bis heute das Wort Jesu: „Die Wahrheit wird euch freimachen!“ Und warum laufen heute viele von Jesus weg? Ist es — genaugenommen — nicht bei sehr vielen der gleiche Grund? Sie ärgern sich am Kreuz. Sie sagen oder denken: „Wegen mir hätte Jesus nicht sterben müssen. Ich habe eine einigermaßen reine Weste. Mit mir kann Gott wirklich zufrieden sein. Wenn alle so wären wie ich ...“ — Wer von uns hätte nicht schon heimlich zusammengezählt: Ich gehe zur Kirche, ab und zu zum Abendmahl, vielleicht sogar zur Gemeinschafts- oder Jugendstunde, ich singe im Chor mit und blase Posaune, ich helfe im Kindergottesdienst oder in der Jungschar mit — ich setze Kraft und Zeit und Geld für Gottes Sache ein. Und unterm Strich kommt heraus: Lieber Gott, du kannst mit mir wirklich zufrieden sein! Verstehen wir: Wo hat hier das Kreuz noch Platz? Nur noch am Hals als Maskottchen? Oder in Gedanken an Karfreitag? Das Kreuz macht doch deutlich: Du und ich, wir sind durch und durch verdorben durch die Sünde. Schlecht und total verunreinigt in Gedanken, Worten und Taten. Wir sind von dem heiligen Gott radikal getrennt. Da ist nichts von dem guten Kern im Menschen zu sehen — gar nichts. All unser Tun — auch unser frommes Tun — reicht vor Gott nie und nimmer aus. Wir sind durch und durch sündig: wir lügen und stehlen, wir neiden dem andern sein Hab und Gut, wir brechen die Ehe und wir töten. Und wenn das alles nicht handgreiflich — so doch in Gedanken und Phantasien. Ohne das Opfer des Leibes und des Blutes Jesu Christi bleiben wir auch hoffnungslos verloren. Aber wenn wir unsere Sünde erkennen, bekennen und bereuen, wird die vergebende Kraft des Blutes Jesus wirksam. Dann wird aus unserem Minus durch den senkrechten Balken des Kreuzes ein Plus. V. 47: „Wer an mich glaubt, der hat das ewige Leben!“ Wer im Glauben es annimmt, der erlebt: Kreuz erhöht (wie in der Musik). Die Juden — auch viele seiner Jünger — empfanden dies damals als unerhörten Skandal (so steht es V. 61 = Ärgernis). Nein, dann lieber weglaufen von Jesus. Dann lieber einen eigenen Weg zu Gott suchen. So radikal einseitig kann man es wirklich nicht sehen. Sicher führen auch andere Wege zu Gott — außer dem Kreuz. Und wie reagieren wir heute? Haben wir uns an das Kreuz schon so gewöhnt? Sind wir abgestumpft und immun geworden? Theoretisch akzeptieren wir die Worte Jesu durchaus. Aber in der Praxis suchen wir uns doch oft auch unseren eigenen Weg zu Gott. Fragen heute nicht auch sehr viele von uns: Ist Jesus wirklich die einzige Wahrheit? Und wie steht es mit Buddha, Mohammed, Konfuzius oder Karl Marx? Und was bietet Jesus gegenüber den Lusterlebnissen im Sex oder dem Bekanntheitsgrad und Ruhm eines Spitzensportlers? — Ist demgegenüber das Kreuz nicht wirklich eine Zumutung, unappetitlich und unästhetisch? Was sollte uns ein Gehenkter helfen? Vielleicht läufst du auch weg von Jesus, dem Gekreuzigten, weil du mit seinem Willen in deinem Leben nicht einverstanden bist. Weil du merkst, daß er mit seinem Kreuz deinen Eigenwillen durchkreuzt. Vielleicht tut er das im Blick auf deinen Freund, deine Freundin. Allerdings — und das muß hier auch noch gesagt werden — laufen auch manche von Jesus weg, weil sie sich an anderen Christen ärgern. Oft an solchen, die schon jahre- oder jahrzehntelang „laufen“. Sie sind ein Kreuz für sie. Sie ärgern sich an der distanzierten Kühle, an der gesetzlichen Enge, an der Lieblosigkeit und festgefahrenen Frömmigkeit, wo alles so steril und abgestumpft ist. Sie ärgern sich an unserem zweigleisigen Christenleben: daß wir in Kirche und Gemeinschaftsstunde ganz anders sind als in der Familie, in der Nachbarschaft oder im Betrieb. Ist da nicht manches wirklich skandalös? Wird unser christliches Miteinander von alt und jung in der Familie nicht so treffend beschrieben, wie einer einmal Elektrizität erklärte: morgens mit langer Leitung aufstehen, mit Widerstand in die Schule gehen, den ganzen Vormittag unter Hochspannung stehen, mittags geladen nach Hause kommen, dann den Vater oder die Mutter verkohlen und anschließend eine gewischt kriegen. Fassen wir zusammen: Es ist völlig normal, daß Leute von Jesus weglaufen. Wenn sich Leute in unseren Kreisen jahrelang als nicht Wiedergeborene halten, ist es eine ernste Anfrage, ob die Botschaft vom Kreuz wirklich noch unsere Mitte ist. Oder ob wir „bedürfnisorientiert“ arbeiten. Und wer empfindet das Kreuz schon als Bedürfnis? Aber, passen wir gut auf, daß die Scheidung der Geister wirklich nur an diesem Punkt erfolgt. Und nicht wegen unserer kalten und wenig appetitanregenden Art. Nur das Ärgernis des Kreuzes darf die Scheidung herbeiführen — sonst nichts! 2. Wollt ihr auch Weggehenf Menschlich völlig unmöglich, was da Jesus macht. Da laufen ihm massenweise seine Anhänger weg. Da steht er mit den Zwölfen ziemlich verloren da. Statt daß er ihnen festes Monatsgehalt, geregelten Urlaub, genügend freie Zeit, bessere „Arbeitsbedingungen“ bietet, fragt er sie: „Wollt ihr auch Weggehen?“ — Einzig richtig wäre hier doch ein beschwörender Aufruf zur Treue (incl. Treueprämie) gewesen. Einen Appell zur Geschlossenheit, zum Durchhalten würden wir verstehen — nein, erwarten. Schon wieder liegen uns die Fragen auf der Zunge: „Jesus, verstehst du nichts von Werbepsychologie, von langfristiger Mitarbeiterbindung durch entsprechend lukrative Verträge? Weißt du nicht, daß man sich die besten Mitarbeiter um jeden Preis halten sollte? Hast du nicht Angst, daß du am Schluß ganz allein dastehst? Und was ist dann mit deiner weltweiten Mission?“ Das ist doch völlig unlogisch. Das ist doch so ähnlich, wie wenn VfB-Präsident Mayer-Vorfelder Trainer Sundermann und die Mannshaft freigibt, nachdem schon viele der treuesten Zuschauer vorher abgewandert sind. Das ist doch, wie wenn ein Offizier zu seinen Elite-Soldaten sagt: „Wer will, kann Weggehen!“ — Und können wir uns einen Jugendkreis- oder Gemeinschaftsleiter vorstellen, der zu dem kleinen Häuflein der Getreuen sagt: „Bitte-schön, wer gehen will, kann gehen!?“ Genau das Gegenteil ist doch der Fall: Wenn es nur noch wenige — und dazu wichtige — Leute sind, versucht man, sie mit aller Mäht zu halten. Wir merken: Jesus ist da ganz anders als wir Menshen. Er hat die Freiheit, seine 12 Getreuen freizugeben. Warum tut er das? — Weil er nur wirklih Freiwillige als Nahfolger will. Jesus weiß: Ehter Christusglaube kann nur in ganzer Freiheit der Entscheidung leben. Freiwillige Entsheidungen bedeuten in der Regel viel mehr: sie sind durhdaht — abgewogen — dauerhafter. — Weil es ihm niht um die Masse, sondern immer um den einzelnen geht. Er will niht begeisterte Fans, die nur Stimmung und Erfolge suhen. Er will gehorsame Nahfolger. Leute, die bereit sind, seinen Fußspuren zu folgen. — Weil er die Menshen nie für eigene egoistishe Zwecke ausnützt, sie als „nützlihes Stimmvieh“ mißbrauht, sondern sie immer als zum Ebenbild Gottes Geshaffene sieht. Weil es ihm um die Würde des Menschen, um die Entfaltung seiner Persönlichkeit geht. — Weil er uns unsagbar liebt, deshalb sagt er uns die Wahrheit. Er streut uns nicht Sand in die Augen, schmiert uns nicht Brei um den Mund. Er handelt nicht nach vielfacher menschlicher Devise: viel versprechen — nichts oder wenig halten! — Weil er letztlich ein konkurrenzloses Angebot hat: „Worte ewigen Lebens“ — ein erfülltes, spannendes, gesegnetes und ewiges Leben. Jesus weiß, wer ihn nicht ganz aufnimmt, wird auch nicht ganz satt. Seine Radikalforderung zielt auf Totalerfüllung. Und deshalb kann er den Preis nicht ermäßigen. Nicht ermäßigen — um des Menschen willen. Denn, wer weniger bezahlt, bekommt auch weniger oder gar nichts. Und das führt immer zu Enttäuschung und Frustration. Ob manche von uns vielleicht gerade heute in diesem Zustand stecken? Nur weil sie nicht bereit sind, den ganzen Preis zu bezahlen. Vielleicht machen wir dann Gott und den Menschen noch Vorwürfe — und warten selbst ständig auf Gottes „Sommerschlußverkaufs-Preise“. Höre es heute ganz deutlich: Gott tut es nicht. Er kann es nicht — um des Menschen willen. Aus Liebe zu dir und zu mir. Wir sollten aber dabei bedenken, daß der gebotene Gegenwert keinen Kursschwankungen unterliegt, keiner Inflation zum Opfer fällt. Über alle Jahrhunderte und Jahrtausende, über alle Wechselfälle der Geschichte und unseres eigenen kleinen Lebens, bleibt Gottes Angebot wertbeständig: Vergebung aller Sünde, Frieden und damit Gemeinschaft mit Gott, neues und ewiges Leben! Genau das hat Simon Petrus erkannt. Deshalb sagt er: 3. Zu wem sollen wir (weg-) gehen? Jesus gibt seine Jünger frei — ganz frei. Sie haben die freie Wahl, von ihm wegzugehen oder bei ihm zu bleiben. Einer von ihnen entscheidet sich ja bewußt fürs Weggehen: Judas. — Aber für sich und für die andern spricht es Petrus aus: „Herr, zu wem sollen wir Weggehen?“ In diesem Augenblick läuft wohl vor dem Auge des Petrus sein bisheriges Leben wie ein Kurzfilm ab: seine Zeit ohne Jesus — dann die Berufung am See Genezareth — die vielen, vielen Erlebnisse mit Jesus: sein Reden und Handeln. Petrus hat es am eigenen Leib erfahren, wie Jesus ein Leben verändern kann. Jesus hatte begonnen, aus dem wankelmütigen Simon einen Petrus, einen Felsenmann, zu machen. Und wie war das vor sich gegangen? Wie kommt Simon Petrus zu dem Bekenntnis: „Du bist der Heilige Gott?“ a) Petrus hatte Jesus Vertrauen geschenkt („Wir haben geglaubt“). Er war mit Jesus in eine Lebensgemeinschaft auf Gedeih und Verderb eingetreten. Er hatte mit ihm einen Bund auf Lebenszeit geschlossen. Genau das meint die Bibel ja mit „glauben“. b) Im Vollzug dieser Lebensgemeinschaft hat Petrus Jesus immer besser kennengelernt („wir haben erkannt“). Er hat ihn immer besser verstanden. Er hat immer mehr Erfahrungen mit Jesus gemacht. Er begriff: je mehr Vertrauen und Gehorsam — je mehr Erfahrungen mit Jesus (Beispiel: Fischfang — Luk. 5). — Die Worte des Zimmermannssohnes von Nazareth wurden für Petrus zu „Worten ewigen Lebens“. Er erlebte die Kraft und Vollmacht dieser Worte. Sie vergaben Sünde, heilten Kranke und weckten Tote auf. c) Jesus hat Petrus aber auch eine andere Wahrheit tief eingeprägt: Ihn, Jesus, als den verheißenen Messias und Christus Gottes erkennen, ist und bleibt Geschenk. Dies geschieht nur durch die Offenbarung, durch Selbstmitteilung Gottes, durch die Offenbarung seines Heiligen Geistes. („Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart...“) Und um den Heiligen Geist dürfen und müssen wir mit gehorsamen Herzen bitten. Verstehen wir jetzt die Antwort des Simon Petrus: Zu wem, Herr, sollen wir gehen? — Sollen wir zurück zu unseren Frauen und Kindern, unseren Eltern und Verwandten? Sollen wir zurück in den alten Beruf? Sollen wir zurück zu uns selbst? Zu wem sollen wir? Wer ist mit unserem Jesus vergleichbar? Welche Alternativen gibt es zu Jesus? Wenn schon Weggehen, dann doch nur zu einem Größeren, Bedeutenderen! — Zu wem sollen wir gehen? Zu Karl Marx, zu Buddha oder Mohammed, zu Konfuzius — oder zu Materialismus und Humanismus, zu Sexus oder Sport, zu Technik oder Wissenschaft? — Sollen wir unser Leben an sie binden — anstelle an Jesus? Können sie uns das bieten, was er uns bietet? Freunde, es ist schon so: Wer mit Jesus einmal eine Zeitlang gegangen ist und dann weggeht, kann nachher nie mehr so leben wie früher. Man kann Jesus nicht so leicht abschütteln wie ein paar Regentropfen. Zu vieles hat man gesehen, gehört, erlebt. Das alles hinterläßt seine Spuren. Für viele, viele, die sich dem gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus anvertraut haben, die begonnen haben, ihn kennenzulernen — für sie steht fest: Ein Leben ohne Jesus und sein Kreuz — unvorstellbar! Und die vielen, die von Jesus weggegangen sind? Vielleicht gehörst du auch dazu. Oder bist du gerade auf dem Sprung — weg von ihm? — Ich frage dich im Namen Jesu: Zu wem willst du gehen? Überlege dir die Alternativen zu Jesus genau! Prüfe die Angebote gründlich auf Echtheit und Wahrhaftigkeit. Laß dich nicht von irgendwelchen großen Führern oder Verführern mißbrauchen. Und wer schon weg ist? — Du darfst heute zurückkommen zu Jesus. Jesus ist ein guter Herr. Der gute Hirte. Er führt, versorgt und bewahrt seine Leute aufs Beste. Er ist kein Tyrann und Ausbeuter. Er läßt nicht andere für sich sterben, sondern gibt selbst sein Fleisch und Blut. Er läßt die Seinen keine Sekunde auf dieser Welt allein. („Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.“) Er hat sich verbürgt, sie ans Ziel zu bringen! („Niemand wird sie mir aus meiner Hand reißen.“) Jünger Jesu wissen, daß ihr Glaube Geschenk ist und bleibt. Und daß es lebenslang ein angefochtener Glaube ist. Simon Petrus hat einige Zeit später Jesus auch nicht mehr kennen wollen (bei Verleugnung). Durch Jesu Erbarmen kam er wieder zurecht. An Simon Petrus sehen wir ausgezeichnet, was Jesus fertigbringt. Deshalb dürfen wir demütig und dankbar, aber auch mit ganzem Willen mit Philipp Spitta singen, beten und bekennen: „Bei dir, Jesu, will ich bleiben, stets in deinem Dienste stehn; nichts soll mich von dir vertreiben, will auf deinen Wegen gehn. Du bist meines Lebens Leben, meiner Seele Trieb und Kraft, wie der Weinstock seinen Reben zuströmt Kraft und Lebenssaft. Könnt ich‘s irgend besser haben als bei dir, der allezeit soviel tausend Gnadengaben für mich Armen hat bereit? Könnt ich je getroster werden als bei dir, Herr Jesu Christ, dem im Himmel und auf Erden alle Macht gegeben ist? Wo ist solch ein Herr zu finden, der, was Jesus tat, mir tut, mich erkauft von Tod und Sünden mit dem eignen teuren Blut? Sollt ich dem nicht angehören, der sein Leben für mich gab? Sollt ich ihm nicht Treue schwören, Treue bis in Tod und Grab? Gerhard Horeld, Sielmingen Wer bekennt, bleibt Heute hier in der Stuttgarter Liederhalle an Jesus glauben, an Gemeinde Jesu glauben, heute, wo sich in mehreren Hallen hin und her im Land Menschen unter dem gleichen Thema versammeln, wo Lieder gesungen werden, Chöre auftreten, Zeugnisse gesagt werden, wo Busse, Pkws und Fußgänger unterwegs sind zum Hofackertag, ja da wird man mitgerissen, da kann ich gar nicht klagen über die sooo kleine Herde, die geringe Zahl derer, die zu Jesus gehören. Ja an solchen Tagen mitmachen, das fällt uns nicht weiter schwer. Wo Masse ist, da ist Begeisterung, da ist was los. Und dann in Galiläa? Da kam eine Gruppe von jungen Leuten angelaufen, sie fragen nach dem, der Kranke gesund macht. Da kamen drei Frauen in ihren langen Gewändern, etliche handfeste Fischer liefen auch herbei, der Schweiß rann ihnen durch den Bart und tropfte in den Sand, ja von allen Seiten kamen sie herbei, es wurden immer mehr Menschen. Den müssen wir gesehen haben, das ist ja etwas ganz Tolles. Hast du auch schon von dem Wanderprediger gehört? Die Leute sagen, er ist dort auf den Berg gegangen. Auf dem Berg steht Jesus. Du, Philippus, sieh mal da unten, da kommen ja die Leute, da von allen Seiten, du es werden immer mehr, die reinste Völkerwanderung. Ja, und es wird dann Nacht und die kommen doch zu uns, wir müssen ihnen doch zu essen geben. Jesus ordnet an, sich zu setzen. 5 000 Menschen, alle sollten essen. Du, Rabbi, da hat doch einer 5 Brote und 2 Fische, aber das ist ja gar nichts. Jesus aber nahm das Brot, dankte und gab es denen, die sich im Gras gelagert hatten, so machte er es auch mit den Fischen. Es wurde gar nicht alle, da blieben noch 12 Körbe übrig. Seltsame Blicke werden es gewesen sein. Ja das gibt es doch nicht, sind die wirklich alle satt geworden? Ja! Mensch, das ist ein Prophet, der kann uns aus unserer so miserablen Lage raushelfen. Wenn einer das alles kann, was der kann, dann wäre das ja der richtige Mann, ein Gesundmacher, ein Brotmacher, einer der aus Wasser Wein macht, das hat uns grad noch gefehlt. Der kann, ja der soll, unser König werden, den packen wir. Jesus aber hat das gespürt und entkam in die Berge. Die Jünger stiegen ins Schiff und fuhren Richtung Kapernaum. Sie erlebten überraschend Sturm und Furcht überfiel sie. Da stoßen sich die Jünger plötzlich an. Sieh mal da, da auf dem Meer, da geht doch Jesus. Mitten in ihre Furcht sagt Jesus: „Ich bin's; fürchtet euch nicht!“ Sie wollten ihn bei sich haben, aber plötzlich waren sie schon an Land. Völkerwanderung nach Kapernaum. Jesus müssen wir finden. Als das geschehen war und sie ihn gefunden hatten, begann er ihnen zu erklären, wer er sei. „Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das rechte Brot vom Himmel. Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben.“ „Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.“ „Alles, was mir mein Vater gibt, das kommt zu mir; und wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen“ (Verse 40, 47 + 48, 50 + 51 lesen). Leben in Ewigkeit, hat er gesagt, habt ihr das gehört? Anmaßend, Gotteslästerung, was nimmt der sich raus? Nein, diese 5 000-Men-schen-Situation ist nicht das, was üblich ist. Galiläa, Wunder, Massen, Hofackertag, Freizeiten, feierliche Stimmung. Alles schön und erfreulich, tut uns gut, wir wollen fröhlich sein, wir brauchen solche Höhepunkte. Nur haben wir durch solche Höhepunkte heute und hier, damals in Galiläa, nicht die Garantie, daß wir dabei bleiben. Jesus als Brotkönig, ja — aber Jesus als Brot des Lebens, einen Jesus, der die frommen, gesetzestreuen Juden in Frage stellt, der an der Fassade rüttelt, am frommen Gewand kratzt und auf Echtheit prüft, einen Jesus, der wehe tut, der unter die Haut geht, der uns nicht so „recht“ läßt wie wir sind, der nicht mit uns einig ist, nein, den wollen wir nicht. Bestätigung unserer Frömmigkeit, ja. Da, wo Jesus „die Katze aus dem Sack ließ“, da wo er seinen Auftrag sagt, da schwindet die Begeisterung, da werden die Zahlen kleiner, da verschwindet einer um den andern. Da, wo er deutlich wurde, da, wo er es auf das Wort abhebt, da ist er nicht mehr klasse und spitze, da wird er zum Ärgernis, da fangen sie an zu murren. Wo sie, die Frommen, die Jünger, die Nachfolger gut dabei wegkommen, in hellem Licht erstrahlen, da ist alles gut. Wußten wir das, fromme Leute lassen sich nicht gerne an ihr hochempfindliches Gewand kommen? Ja, da sind wir ja gar nicht mehr in Galiläa, da bin ich ja bei mir, bei uns. „Es sind etliche unter euch, die glauben nicht.“ Da kam es zur Scheidung, da sonderte sich der Weizen von der Spreu. Da stand Jesus mit den Zwölfen und einer davon war einer mit teuflischen Absichten. Da möchten wir fragen, wo war eigentlich keine Enttäuschung? Bei allen war sie wohl! Bei Jesus, bei den Jüngern, bei den Schriftgelehrten, bei den Massen. Der Feind stürzt gerne, indem er Menschen die Treppe nach oben fallen läßt. Der Teufel möchte Jesus gerne die Treppe nach oben fallen lassen, er will ihn zu Ehren bringen und dadurch den Weg des Gehorsams, den Weg ans Kreuz blockieren, Dein und mein Heil blockieren, ja das Heil der ganzen Welt blockieren. Gehe doch den bequemen Weg, richte dich doch nach der Masse. — Hier begegnen wir dem, der die Treue gehalten hat, dem, der nicht eigene Ehre suchte, sondern dem unser Leben ein, nein das Anliegen war. Jesus allein, nur über Jesus, das war den Alttestamentlern zuviel. Dieser Absolutheitsanspruch, dieses Ausschalten unserer eigenen Frömmigkeit, unseres Wandels, dieses „allein an ihm hängen“, nein das wollen wir nicht. Sehen Sie, und das tut Jesus nicht anders, er will nicht unsere Leistung, er will unser Unvermögen; er will nicht unsere Stärke, er will unsere Schwachheit; er will nicht nur Brot für den Leib geben, er will Brot für die Seele geben. Er will nicht König unter anderen Königen dieser Welt sein und werden, er will durch den Gang nach Jerusalem, durch das Kreuz, durch die Dornenkrone, König und Heiland der Welt sein, weil das so der Weg des Vaters ist. Wissen Sie, ich glaube, daß die Jünger, die vielen, die mit Jesus gingen, gemerkt haben, das gibt eine Katastrophe. Wir wollen uns absetzen, das Risiko können wir nicht auf uns nehmen. Wenn der so ins Fettnäpfle langt, dann verlieren wir unser Leben. „Von da an wandten seiner Jünger viele sich ab und wandelten hinfort nicht mehr mit ihm.“ Können wir das den Jüngern verdenken? Kann ich da sagen, das wäre mir nicht passiert? Ich hätte die Situation besser gemeistert! Wo würden wir stehen, wo würden wir hinlaufen? Wissen Sie, das ist ein ganz großes Wunder, daß einige wenige geblieben sind, durch die er die Welt verändert und umgedreht hat, durch die er unseren Sinn verändert hat; das ist nicht von unserem Glauben, von unserer Frömmigkeit, von unserem Elternhaus, von unserer Gemeinschaft oder Zugehörigkeit zur Hofackervereinigung abhängig, das ist von dem Heiligen Geist, von dem Geschenk des Glaubens, von seiner Gnade abhängig. Da sieht man eine Gruppe nach der andern abziehen und es hallt nach: „Ewiges Leben hat er gesagt, lebendiges Brot, vom Himmel gekommen, ja so hat er es gesagt.“ Nein, es war nicht so einfach, es war schon zum Weglaufen. Der ganze Weg war gepflastert mit Anfechtungen, und daß Jesus bleiben konnte, und daß einige Jünger bleiben konnten, das war nicht ihr Verdienst. Das ist schwer mitanzusehen, wenn Menschen sich abwenden; da sollte es uns packen, da sollte es uns zu neuer Liebe, zu ganzem Einsatz treiben. Das soll uns sehr betrüben, wenn Menschen eine falsche Wahl treffen. Da wollen wir um viel Phantasie bitten, um Einfühlungsvermögen, Verständnis. Der Heilige Geist arbeitet nicht wie ein Elefant im Porzellanladen, nein er tut es in der behutsamen, lok-kenden und ansprechenden Art, seine Werbung ist eine Werbung der Liebe und der Barmherzigkeit. Und wir, die wir dabei sind, uns braucht in keiner Weise ein Hochgefühl beschleichen —, Erbarmung ist's und weiter nichts. Es darf uns nie egal sein, wenn einer wegläuft. „Wir machen es schon“, das ist die Devise unserer Tage, Phantom, SF-16, Leopard, Roland, MX-Raketen, glitzernde Helme auf Köpfen, die es schon schaffen. Sichtbar muß es sein, groß, heldenhaft, faszinierend ... „Ich bin das Brot des Lebens“, hat er gesagt. „Ohne mich könnt ihr nichts tun“, hat er an einer anderen Stelle gesagt. Es entscheidet und entzündet sich also alles an Jesus. Den Frieden entwickeln, Macht, Stärke, Abschreckung, ja das ist einleuchtend, aber es ist nicht göttlich. Was geschah nun dort im Anblick der ganzen Misere? Jesus sagt nicht: „Reißt euch zusammen, ihr habt zu bleiben, wenn ihr nicht, dann aber ...“ Nein, Jesus stößt eine Tür auf: „Ihr könnt auch gehen, wenn ihr wollt.“ Das ist sicherlich aus tiefer Anfechtung heraus gesprochen, dieses „wollt ihr auch Weggehen“. Das ist Jesus. Kein Zwang wird ausgeübt. Entscheidet es in Freiheit. Jesus war auf die Jünger nicht angewiesen, er ist auf uns nicht angewiesen, aber sehen wir es nicht immer mehr, daß wir auf ihn angewiesen sind? Weggehen, d. h. sich vom Bösen überwinden lassen, auf das Sichtbare setzen, auf das, was in die Augen fällt, was uns blendet. Betriebsmacherei, keine Stille, der Druck auf den Knopf liefert uns alle sensationellen Ereignisse dieser Welt, wir werden bedient. Weil wir solche Menschen sind, die sich einfangen lassen, die weglaufen, wenn nicht mehr gejubelt wird, ging Jesus den Weg weiter, weiter nach Jerusalem, denn für ihn waren die nicht erledigt, die weggingen. Für ihn sind die nicht erledigt, die einmal weggingen, nein nicht abgeschrieben, sondern geliebt, nicht entlassen. Sie sind im Blickfeld, in Sichtweite, in Rufweite. Für die, die Weggehen, muß ich noch mehr tun, für die muß ich alles tun, die muß ich radikal lieben, für die gebe ich mein ganzes Leben. Sehen wir immer die Schuld bei denen, die Weggehen? Liegt es nicht auch oft an unserer eigenen Einfallslosigkeit, wenig Phantasie, wenig Liebe, an einer kalten Eistruhen-Frömmigkeit, lieblosen Gesetzlichkeit? Liegt es nicht auch so oft daran, daß Jesus sooo wenig an uns verändern konnte? Liegt es nicht oft auch an unserer Freudelosigkeit, so als hätten wir keine Hoffnung? In diesen Minuten der sehr großen Anfechtung bei Jesus und seiner Jüngerschar stellt Petrus nun die Frage: „Herr, wohin sollen wir gehen?“ und das Bekenntnis folgt: „Du hast Worte des ewigen Lebens.“ Das Bekenntnis zu Jesus rettet uns vor dem Weggehen von ihm. Petrus hat es gemerkt, daß Jesu Worte doch mehr sind als zeitliche Versprechungen, daß hinter den Worten Jesu doch mehr ist, daß es Jesus um ewiges Leben geht. Sicherlich hatte Petrus viele Fragen, sicherlich wollte er wissen, wie das alles aussieht. Trotzdem sagt er: „... aber wir haben erkannt, daß du der Heilige Gottes, der Christus bist.“ Merken wir, es steht nicht da: „du hast Taten des Lebens“ — nein „Worte“. In den Worten des Lebens steckt die Kraft, auch da, wo viele weglaufen, dennoch zu bleiben. Wir haben geglaubt, wir haben vertrauen können und sind mit dem Erkennen beschenkt worden. Das Bekenntnis zum Wort des Lebens, das hält ihn, das hält uns, das hält mich, das Wort Jesu, das Wort Gottes. Sein Wort ist eben ein besonderes Wort, es ist lebendiges Wort. Und nun wissen wir es aus der Geschichte des Petrus, daß das Glaubensbekenntnis von heute nichts aussagt über das, was morgen geschieht. Wir leben zwischen Satan und Christus. Trotz des Bekenntnisses hat Petrus doch wieder bitter enttäuscht: „Ich kenne ihn nicht.. .“ „Ich kenne ihn nicht“, aber dennoch wurde er gehalten. Tröstlich für uns, die wir Jesus auch so oft enttäuscht haben. Jesus nimmt das Bekenntnis des Petrus so ernst, daß er ihn nicht mehr losläßt. Können wir da so von unserem starken Glauben reden? Sind wir nicht in großer Schwachheit gehaltene Leute? Jesus wünscht das klare Bekenntnis unserer Lippen und unseres Herzens; er wünscht es, daß wir uns auf sein Wort verlassen, dem Wort anhangen, denn dieses sein Wort schafft Leben, ewiges Leben. „Wollt ihr auch Weggehen?“ Wohin? „Du hast Worte des ewigen Lebens und wir haben geglaubt und erkannt, daß du bist der Heilige Gottes.“ Haben wir das auch schon erkannt und bekannt? Wer bekennt, der bleibt, der wird gehalten, der geht nicht weg, der weiß es: durch Leid und Kreuz zur ewigen Freude. „Diesen Weg, Herr, diesen Weg laß uns gehen ... Helmut Bentz, Schwäbisch Gmünd Wir haben zu wählen Welch eine eigenartige Frage wird uns auf dieser Ludwig-Hofacker-Konferenz gestellt?! Sind doch gerade heute wie nun schon Jahr für Jahr an jedem Fronleichnamstag die schwäbischen Frommen in so großen Scharen zusammengekommen, wie an keinem anderen Tage im Jahre. Nicht nur in diesem Raume, sondern in vielen anderen Hallen in verschiedenen Städten drängen sich die Menschen, um das Wort Gottes zu hören und um den Herrn miteinander zu loben. Ausgerechnet in einer solchen Lage werden wir gefragt: Wollt ihr auch Weggehen? Kann man sich denn eine unpassendere Frage überhaupt vorstellen? Aber halt! So ganz abwegig ist sie nun auch wieder nicht. Als Jesus seine engsten und ihm vertrautesten Jünger so fragte, hatte er gerade — nun rede ich einmal sehr menschlich — die größte Erfolgsbilanz seiner ganzen irdischen Laufbahn zu verzeichnen. 5 000 Männer waren ihm gefolgt — von den Frauen und Kindern wird hier gar nicht geredet (Mt. 14, 21) — um ihn zu hören. Sie haben ihm so gespannt gelauscht, daß sie darüber sogar das Vespern vergaßen und er sie speisen mußte. Nun aber ist eine jähe Wende eingetreten. Die meisten von ihnen sind fortgegangen, und nur ein kleiner Teil ist zurückgeblieben. Wie konnte das nur so schnell kommen, fragen sich betroffen die Jünger Jesu. Was war geschehen? Um das verstehen zu können, müssen wir ein wenig zurückschauen in die damalige Lage. Das Joch der Römer lastet schwer auf dem Volke, Israel dürstet nach Freiheit. Politische und religiöse Bewegungen formieren sich, um mitzuhelfen, daß endlich die alten messianischen Verheißungen vom großen Friedensreich des Sohnes Davids in Erfüllung gehen möchten. Die einen versuchen es auf dem Wege der strengen Gesetzesbeobachtungen; die anderen ziehen sich zurück in das Ritual und die Askese in einer mönchischen Gemeinschaft am Toten Meer; dritte wiederum scharen Guerilla-Bewegungen um sich, um den Feind mit Gewalt aus dem Lande zu jagen. Aber sie alle enttäuschen, keiner kann seine Versprechungen einhalten. Da aber kommt Er, Jesus, von Johannes angekündigt. Er predigt gewaltig und nicht wie die Schriftgelehrten und findet darüber doch Zeit, sich dem einzelnen liebevoll zuzuwenden: der Witwe ebenso wie dem Synagogenvorsteher. Seine mächtigen Wundertaten lassen seinen Ruhm überall in die Lande eilen. Und nun kommt ein Tag, an dem Jesus das allergrößte Wunder überhaupt vollbringt: Es gelingt ihm, viele tausend Menschen mit einigen wenigen Broten und Fischen zu sättigen! Als das geschehen ist, ist man sich einig: Das ist der Mann, auf den wir gewartet haben, den wollen wir zu unserem König machen! Aber Jesus, was tut er? Anstatt diesem Wunsche zu entsprechen, tut er genau das Gegenteil. Er zieht sich zurück in die Einsamkeit der Berge. Im Gebet sucht er erneute Bestätigung für den Leidensweg der Erlösung, den er zu gehen begonnen hat. Als die Massen das merken, daß er sich ihnen entzieht, da sind sie enttäuscht. Sie wenden sich ab. Nun ist für sie dieser Jesus bereits erledigt. Der äußere Kreis der von Jesus Angesprochenen löst sich im Nu auf. Von da an ist die Jesus-Bewegung in Israel keine Massenbewegung mehr. — Auch bei uns in Deutschland ist das Christentum ja schon längst keine Massenbewegung mehr. Wir dürfen uns darüber nicht täuschen; die Tausende, die hier Zusammenkommen, sind ja nur ein kleiner Prozentsatz der Millionen von Mitgliedern unserer Volkskirche, die dabei sein könnten, selbst wenn wir die 120 000 vom Kirchentag in Hamburg noch hinzuzählen wollten. Gewiß, Gott will alle Menschen beschenken; aber sie verschließen sich ihm. Massen sind an anderen Plätzen zu erwarten: in den Sportstadien, Vergnügungsstätten oder in den großen Einkaufszentren. Aber da gibt es nun einen zweiten Kreis, ich möchte ihn den mittleren nennen. Das sind die zeitweiligen Jünger Jesu, die Beinahe— Christen. Denn auch sie waren eine Weile Nachfolger Jesu. Sie wandelten mit ihm, wurden Zeuge seiner mächtigen Worte und Taten. Jesus hatte am Tage nach dem Wunder eine große Rede gehalten. Die Zuhörer aber empfinden: „Das ist eine harte Rede, wer kann sie ertragen?“ Warum sagen sie wohl so? In dieser Predigt deutet Jesus seinen Hörern vom Vortage das große Brotwunder. Er sagt den Menschen: Das, was ihr erlebt habt, war ein Zeichen. Es deutet über sich selbst hinaus auf ein viel größeres und wichtigeres Ge- schehen. Dieses Zeichen besagt, daß das wahre Brot, das jeder Mensch braucht, um das ewige Leben zu empfangen, nun erschienen ist. Es ist erschienen in ihm, Jesus, selber. Hören wir die entscheidenden Sätze dieser Predigt: Ich bin das lebendige Brot vom Himmel gekommen; wer von diesem Brote essen wird, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, das ist mein Fleisch, welches ich geben werde für das Leben der Welt. Da stritten die Juden untereinander und sprachen: wie kann dieser uns sein Fleisch zu essen geben? Jesus sprach zu ihnen: wahrlich, wahrlich, ich sage euch, werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschensohnes und trinken sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch. Was heißt denn das? Es bedeutet, daß Jesus sich anschickt, sein Leben uns zugute in den Opfertod zu geben, damit er der ganze Inhalt unseres Lebens werde. Jesus hat es mit seinem gebrochenen Leib und mit seinem vergossenen Blute erkauft, damit wir von nun an ganz sein eigen sind und nur noch für ihn leben. Täglich will er sich uns nun schenken. In seinem heiligen Worte, in den Gaben des Heiligen Abendmahles will er zu uns kommen und in uns Wohnung nehmen. Und wieso empfinden Jesu Hörer das als hart? Weil das bedeutet, daß Jesus mit diesem Angebot zugleich die Erwartung verbindet, daß du ihn in Zukunft nun wirklich zur alleinigen Kraftquelle deines Lebens machen wirst. Daß du deine Stärkung nur noch von ihm empfängst, in ihm deines Lebens Freude findest, in ihm allein den Sinn suchst, auf den du hinlebst. Es bedeutet, daß du immer wieder erneut seine Nähe suchst im Gebet, in der Bibellesung, in der Gemeinschaft mit anderen Christen. Er, Jesus, wird dein ganzer Lebensinhalt. Alle übrigen Äußerungen deines Lebens aber bekommen nur noch dienende Bedeutung im Blick darauf. Die leibliche Nahrung, der Umgang mit anderen Menschen, das berufliche Fortkommen, die Erholung, der Sport, die Musik, der Kunstgenuß, all das ist gewiß gut; aber es ist gut nur noch insoweit, wie es dich nicht von Jesus abzieht, sondern indem du es benutzt, um ihm, Jesus, mehr zu leben, um in seiner dienenden Nachfolge noch tüchtiger zu werden. Und nun, liebe Brüder und liebe Schwestern, frage ich: Wer von uns kann dies wirklich von sich sagen? Gewiß, wir hier alle bekennen Jesus als unseren Herrn und Erlöser. Wir nennen uns nach Christus die Christen, die Jesusleute. Aber steht er wirklich so ungeteilt im Mittelpunkt deines Denkens, Fühlens und Wollens? Oder stehst du inzwischen in der Gefahr, Jesus eher zu verstehen als eine wert- volle Zutat etwa nach dem Motto: „Wer Jesus hat, h«t mehr vom Leben?“ Nehmen nicht, wenn du es einmal ganz genau bedenkst, andere Dinge einen viel höheren Stellenwert in deinen Gefühlen ein: dein Beruf, der dich bis nachts erfüllt und dich totmüde zu Bett sinken läßt, vielleicht noch mit einem Stoßgebet kurz zuvor; dein Einkommen, dein Haus mit all den Sorgen das es bringt, dein Freundeskreis, deine Hobbies? Stehst du nicht in Gefahr — wie auch ich —, im Stillen ein Jesus-und-die-Dinge-der-Welt-Christen-tum zu entwickeln, und du merkst dabei gar nicht, daß dein Herz statt ganz am Herrn vielmehr an diesen letzteren Dingen hängt? Wer aber so lebt und handelt, der hält die Bewährungsproben des geistlichen Lebens nicht durch. Der wird, wenn ihm eines Tages der Ernst der Worte Jesu aufgeht, auch von ihm Weggehen, so wie die vielen anderen. Der Überdruß, die Verlockungen, die Bedrängnisse lassen ihn dann nicht mehr in dieser Nachfolge durchhalten. Jesus weiß von dieser Anfechtung. Er weiß, daß sie sich immer wieder einfinden werden, und darum stellt er selber die Frage: Wollt ihr auch Weggehen? Er erweist sich dabei als ein ganz wunderbarer, feiner Seelsorger. Beachten wir, was er tut. Er bedroht seine Jünger nicht: „Ihr dürft aber auf keinen Fall gehen!“ Er drängt sie nicht, er bettelt sie nicht an, er setzt sie auch nicht unter psychologischen Druck; denn er weiß, all das würde ja nur zu Scheinergebnissen führen, die in den Prüfungen nicht standhalten. Denn daß Prüfungen kommen werden und sich gegen das Ende hin steigern werden, das weiß Jesus, das hat er seinen Jüngern vorhergesagt. Wir leben heute wie nie zuvor in einer solchen Zeit der Anfechtungen; der heimliche oder offene Abfall hat längst begonnen. Ideologien der Selbstverwirklichung beherrschen das öffentliche Leben. Sie zerstören unsere Gemeinschaftsordnungen bis hin in den Familienkreis, die Moral zerbricht darüber. Auch unsere Kirchen werden weltanschaulich unterwandert, damit sie in ihrer Mission rein diesseitigen Zielen dienen. Ein Scheinchristentum entsteht, und viele entdecken das überhaupt gar nicht. Das alles führt dazu, daß auch heute viele Beinahe-Christen die Nachfolge Jesu verlassen. Darum also fragt uns Jesus, die wir meinen, im engsten, in seinem innersten Kreis, ganz dicht bei ihm zu stehen: Wollt ihr auch Weggehen? Die Jünger stehen da und schauen einander betroffen an. Was sollen sie antworten? Wer wagt es jetzt, wo er vielleicht seine besten Freunde, seine nahen Verwandten mit den anderen wegziehen sieht, zu sagen: „Ich bin nicht wie die anderen, ich werde bei dir aushalten!?“ So schweigen sie einen Augenblick. Doch da tritt Simon, der Sohn des Jonas vor. Er macht sich zum Sprecher der anderen. Ich glaube, dies geschieht nicht aus einem Kraftmeiertum, weil er meint, charakterlich zuverlässiger zu sein als die anderen. Er redet nicht aus dem Bewußtsein geistlicher Überlegenheit, nein, es ist der Heilige Geist, der ihm vom Vater in dieser Stunde gegeben wird. Dieser legt ihm die entscheidenden Worte auf die Lippen, so wie das dann auch wenig später in der Stunde zu Cäsarea Philippi geschieht, als der Jünger seinen Meister voll bekennt als den Christus, den Sohn Gottes. Denn da antwortet Jesus ihm: „Selig bist du, Simon, Sohn des Jona, denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel“ (Mt. 16, 17). Gott der Vater hat dem Simon Petrus die Erkenntnis geschenkt und ihm die Antwort eingegeben, die er nun stellvertretend für diejenigen erteilt, die bei Jesus auch in den Prüfungen aushalten. Was sagt er, Simon Petrus? „Herr, wohin sollen wir gehen?“ Er dreht also die Frage Jesu einfach um. Jesus hat gefragt: Wollt ihr auch Weggehen? Petrus antwortet: Wohin sollen wir gehen? Allerdings übersetzt Luther hier nicht ganz wörtlich. Petrus fragt nämlich: „Zu wem sollen wir eigentlich gehen?“ Vor seinem inneren Gesicht passieren noch einmal all diese Guerilla-Führer Revue, diese politischen Pseudo-Propheten, die dem Volk das Heil versprochen haben und dann ihre Anhänger in den Abgrund gezogen haben. Solche Menschen haben wir auch heute in unserer Mitte, Ideologen, Anführer von Bewegungen, die uns den alleinigen Weg weg von der drohenden Katastrophe in die sichere Zukunft zu weisen versprechen, Modeschriftsteller, Sexidole oder Popsänger. Menschen begeistern sich eine Weile für sie, obwohl sie ihnen doch keinen festen Halt, keinen bleibenden Lebensinhalt bieten können. Nein, wenn wir Jesus gesehen haben, dann verblassen sie im Wesenlosen. Zu wem könnten wir noch gehen, wenn wir Jesus wirklich kennengelernt haben? Petrus antwortet dann weiter: Du hast Worte des ewigen Lebens. Ja, von dem Tage an, wo Jesus den Simon und seinen Bruder Andreas und ihre Mitfischer Johannes und Jakobus von den Netzen weggerufen hatte und sie begonnen haben, ihm nachzufolgen und ihn zu hören, seitdem können sie gar nicht mehr müde werden, zu lauschen und immer wieder neu seine erleuchtenden Worte aufzunehmen. Denn es sind wirklich Worte, die ihr Leben verwandelt haben, die ihnen eine ganz bestimmte Ausrichtung verliehen haben, ihnen Gewißheit und ein echtes Ziel geschenkt haben. Es sind Worte, die sie getröstet haben in Stunden der Anfechtung. Das gleiche, was Petrus erfahren hat, das wird auch heute jeder erfahren, der Jesu Wort auf sich wirken läßt, der sich jeden Tag die Muße nimmt, es zu durchforschen, es in jeder schwierigen Lage um Rat zu fragen. Es schenkt uns Leben, Durchblick, es tröstet in Sorge und Not. Verglichen mit allen menschlichen Worten sind die Worte des Herrn die einzigen, die das Fundament darstellen können, auf das wir getrost das Haus unseres Lebens errichten können. Das darf ich auch von mir selber bezeugen. Wenn ich mich nachträglich frage, woran es wohl liegt, daß ich trotz vieler kritischer Theorien, die in meiner theologischen Ausbildung an mich herangetragen worden sind, doch niemals in Zweifel darüber geraten bin, daß das Wort Gottes lautere Wahrheit ist, und daß die Wunder, von denen es berichtet, so geschehen sind, und daß Gott auch noch heute Wunder tun kann, dann denke ich zurück an diejenigen, die mir das Wort selber einmal gesagt haben: meine Eltern, meine Religionslehrer oder auch meine jetzt 85jährige Tante. Ihr war es wie wenigen anderen Menschen gegeben, schon kleinen Kindern das Wort Gottes lieb zu machen und das hat sie auch bei mir getan. Sie er-erzählte mir neulich von jenem Zweitklässler Werner, der in ihrer Religionsstunde zum ersten Male den Namen Jesus gehört hat. „Von welchem Herrn reden Sie?“, fragte er ahnungslos unbefangen zurück. Als die anderen Kinder lachen, ermahnt die Lehrerin die Klasse: „Warum lacht ihr eigentlich? Dieser Junge kommt von einer anderen Schule; er hat dort nicht dasselbe gelernt, was wir hier behandelt haben.“ Und schon erzählt sie weiter, und Werner saugt begierig die aufregende Geschichte von der Sturmstillung auf. In der nächsten Religionsstunde will er sie gleich nacherzählen, und dann lernt er weiter, daß Jesus gekommen ist, um auch die Kinder lieb zu haben. Bald darauf aber geschieht etwas Tragisches: Der kleine Werner wird von einer galoppierenden Schwindsucht ergriffen. Er stirbt innerhalb von einer Woche. Seine Mutter erscheint schwarz gekleidet in der Schule. Und doch ist sie nicht vom Schmerz gebrochen; denn sie darf berichten: „Fräulein Beyerhaus, uns ist etwas ganz Ungewöhnliches widerfahren. Unser Sohn hat in den letzten Lebenstagen eine innere Wandlung durchgemacht. Er hat immer nur von Jesus gesprochen; ja er hat zu ihm gesprochen und gebetet. „Lieber Herr Jesus“, hat er gesagt, „ich weiß, daß du mich liebhast. Ich weiß, daß du mich jetzt rufen wirst und ich freue mich darauf, daß ich zu dir in den Himmel kommen darf.“ Und so wurde der Tag der Beerdigung für diese Klasse eine Feier, eine Weihe ihres Lebens an den Herrn, zu dem Werner gegangen war. Das Wort Gottes hat diese Jungen und Mädchen in einer ganz anderen Weise durch ihr Leben begleitet als das sonst der Fall gewesen wäre. Ja, ihre Lehrerin konnte Menschen das Wort Gottes liebmachen, weil es ihr selber so lieb war. Deshalb wird sie auch heute nicht müde, immer wieder biblische Traktate zu verteilen und das Gemeindeblatt in die Häuser zu tragen und mit den Menschen über den Inhalt zu sprechen. So zeigt uns ihr Beispiel: Auch wenn du ins hohe Alter gekommen bist, das Wort Gottes als das Wort des Lebens weiterzugeben, dafür findest du immer eine Gelegenheit. Aber wir haben die Antwort des Simon Petrus noch nicht bis zu ihrem Ende bedacht: Er fährt nämlich fort und kommt damit zum Höhepunkt: „Und wir haben geglaubt und erkannt, daß du bist der Heilige Gottes.“ Petrus hat auf dem Antlitz seines Meisters Jesus das Licht der Herrlichkeit Gottes des Vaters aufleuchten sehen. Mit ihm, Jesus, ist in irdischer Knechtgestalt der allmächtige Gott selber in unsere Welt getreten. In ihm, Jesus, hat sich seinen Jüngern ein Fenster zur himmlischen Welt aufgetan. Wer ihn, Jesus, sieht, der blickt hinein in seine himmlische Heimat, er erblickt den, an dessen Anblick wir uns dereinst in der Ewigkeit erfreuen dürfen, zusammen mit Petrus und mit jenem Werner und mit vielen anderen, die es gewagt haben, auf Jesus hin zu leben und zu sterben. Ja, wer ihn, Jesus, sieht, den Heiligen Gottes, der sieht auch schon die Gestalt, die er selber als ein jüngerer Bruder, als eine jüngere Schwester, dereinst in der Auferstehung tragen darf, denn dann werden wir seine Lichtgestalt widerspiegeln. Johannes, der Lieblingsjünger Jesu, dem wir diesen Bericht verdanken, stimmt in dieses Zeugnis seines Mitapostels Petrus ein, indem er schon im ersten Kapitel seines Evangeliums (Vers 14) schreibt: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Bitten wir den Herrn, daß wir ihn, Jesus, im Geiste schon heute so schauen dürfen: in seiner Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit. Dr. Peter Beyerhaus, Tübingen Die Liebe gehört mir wie der Glaube Sprecherfolge zum 100. Todesjahr von Johann Hinridi Wiehern (gest. 7.4. 1881) Personen: Amalie Sieveking (Rüschenhaube, langer Rock) Hafenarbeiter Ludwig Burmester (Schiffermütze, offenes Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln) Diakon Josef Baumgartner (mit Eckenkragen, einfacher schwarzer Kittel) Hofprediger Friedrich-Wilhelm Krummacher (Gehrock, lange weiße Haare) Felddiakon Mackskemper (Dienstmütze, Feldflasche, sonst Zivil) Amalie Sieveking: Wir alle (Handbewegung) sind einem besonderen Mann begegnet. Er hieß Johann Hinrich Wiehern. Vor genau hundert Jahren ist er in Hamburg gestorben. Bei ihm war es so, wie es im Johannes-Evangelium heißt: „Wer an Jesus glaubt, von des Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ Das Wasser spielte bei Johann Hinrich Wiehern immer eine Rolle. Getauft wurde er in der Michelskirche, hoch über dem Hamburger Hafen. Vom Handelsbetrieb im Hafen lebte der Vater, der Notar war. Die Wichern-Familie mußte sich unter armseligen Verhältnissen durchschlagen, als die Schiffahrt in der napoleonischen Zeit fast ganz stillag. Danach starb der Vater jung. Was Armut ist, das hat Johann Hinrich seit Kindertagen am eigenen Leib erfahren. — Bei einem Brunnen und einem Fischteich draußen vor den Toren von Hamburg hat er aus einer alten Scheune ein Kinderrettungshaus geschaffen. Es hieß das „Rauhe Haus“. Es war das erste dia-konische Brüderhaus in Deutschland. Am geliebten Strom der Elbe, nämlich in Wittenberg, stieß er 1848 seinen unvergeßlichen, aufrüttelnden Ruf zur „Inneren Mission“ aus. Aber zuerst muß ich mich selbst vorstellen: Ich heiße Amalie Sieveking. Mein Leben lang wollte ich eine Anstalt barmherziger Schwestern, evangelischer barmherziger Schwestern aufbauen. Ge- lungen ist es mir nicht. Aber ich konnte Anregungen geben, Anstöße, die nachher aufgenommen wurden. Etwa von Theodor Fliedner in Kaiserswerth oder von Johannes Goßner in Berlin. Und Anstöße habe ich wohl auch gegeben für den jungen Johann Hinrich Wiehern. Man hatte mich auf den 19jährigen Theologiestudenten hingewiesen. Er sei in Geldverlegenheit. Außerdem sei er von furchtbaren Kopfschmerzen geplagt. Die haben ihn sein Leben lang nie mehr losgelassen. Aber finanziell konnte ich ihm wenigstens helfen. Für seine Universitätsjahre sicherte ich ihm jährlich 60 Mark — und das war damals viel Geld! Aber wichtiger war wohl das andere: Ich wollte ihn nicht beschämen und ihm das Geld einfach schenken. Darum bat ich ihn, er solle mir doch die Zitate der Kirchenväter aus der Römerbrief-Auslegung von Tholuck und aus dessen Auslegung des Johannes-Evangeliums herausschreiben und die Zitate aus dem Griechischen und Lateinischen ins Deutsche übertragen. Ich weiß, daß dies für ihn die große Grundlage dafür wurde, den Glauben und die Liebe zusammenzuhalten; den Glauben, wie er im Römerbrief so zentral zusammengefaßt ist — und die Liebe, wie sie der Apostel Johannes so wichtig macht. Die „Gerechtigkeit und die Güte Gottes“, so wie sie beim Kirchenvater Origines zusammengehalten sind, wurden zum Lebensthema Wicherns. Ludwig Burmester (unterbricht — nicht flüssig reden) Ja, lieb hat er uns gehabt. Mich, den Ludwig Burmester. Und uns vom „Spinnhaus“. Der junge Kerl. Damals. Mich hatten sie ins Hamburger „Spinnhaus“ eingebuchtet. „Bessern“ wollten sie mich. „Bessern!“ Daß ich nicht lache! Wie Verbrecher hat man uns behandelt. Was hatte ich denn getan? Arbeit hatte ich keine. Sieben Kinder waren zu Hause. Unten am Hafen war ja nichts los. Meine Ältesten haben Kartoffelschalen zusammengesucht. Daß wir wenigstens etwas zu essen hatten. Da hat mich der Koller gepackt. Auf dem Jahrmarkt habe ich einen Schal mitlaufen lassen. Mein Freund, der „Teppe“, hat mich angehauen: „Mann, du hast ‘n schönes Stück. Gib's mir, ich mach dir's zu Geld.“ Da hab ich‘s ihm gegeben. Aber er kam nicht zurück. Dafür kam die Wache. Rips-raps, haben‘se mich verurteilt. Wie einen Knastbruder. Sie haben gesagt, ich hätte Glück, daß ich bloß ins „Spinnhaus“ muß und nicht gleich ins Zuchthaus. Da lag ich nun — mit zwölf Mann, wie im Keller. Naß war‘s und kalt. Und schaffen mußten wir. Wie Tiere. Und angeschrien haben'se uns. Wie, wenn w‘r Kanaillen (Kanal-jen) wären. Aber einmal war's anders. Das war fast wie im Himmel. Im großen Saal stand vorne ‘en ganz junger Kerl. Im schwarzen Habit. Der „Racke“ sagte: „Jetzt wollende uns auch noch relijös ummodeln.“ Aber ich hab immer auf die Augen geschaut. Ich hab gemerkt: Der hat uns lieb! Es war'en ganz junger Kerl. Höchstens 25 oder 26. Und dann sprach er. Daß der Jesus ein Hirte ist und daß er eine Tür ist, die offensteht. Und daß wir durch die Tür gehen sollen. Daß sogar wir durch diese Tür gehen können. Eigentlich hab ich drauf gewartet, daß er vom verlorenen Sohn erzählt. Davon reden die Pastoren sonst, wenn sie zu uns kommen. Aber nichts davon! Sondern daß es einen Himmel gibt. Und daß da ganz viele sein werden. Nicht alle Menschen, aber ganz viele. Und daß auch wir dazugehören können — ich weiß noch, wie er‘s gesagt hat, ist mir's durch und durch gegangen — (feierlich) „die Jesus anbeten und vor ihm niederfallen und selig geworden sind“. Und als er dann „Amen“ sagte, da hab ich gedacht: „Ja, so soll's auch bei mir sein!“ Der junge Pfarrer hat mich richtig aus dem Dreck geliebt! Amalie Sieveking: Ja, lieber Herr Burmester. Vielen Dank, daß Sie uns das so gesagt haben. So war er, der junge Johann Hinrich Wiehern. Aber nun ist der Bruder Josef Baumgartner da, eigentlich der erste richtige Diakon. Vorher waren Sie Bäckergeselle. Und an der Elbe sind Sie auch nicht groß geworden. Erzählen Sie uns auch ein wenig! Ich weiß, daß Sie viel sagen könnten, Bruder Baumgartner. Jetzt erzählen Sie einfach das Wichtigste! Josef Baumgartner (schwäbisch-alemannisch): Jaaa, ich bin vom Rhein an die Elbe geholt worden. Gleich am Rhein, in Beuggen, hat mich Vater Zeller ausgebildet, der Gründer der Armenschullehranstalten und Rettungshäuser. Wie gerne haben wir dort das Zeller-Lied gesungen: „Zeige deines Wortes Kraft an uns armen Wesen, zeige, wie es neu uns schafft, Kranke macht genesen. Jesu, dein allmächtig Wort, fahr in uns zu wirken fort bis wir ganz genesen.“ Am liebsten wäre ich immer in Beuggen geblieben. Dort war ein fröhlicher Geist! Basel war nahe mit seinem Missionshaus, mit dem Christian Friedrich Spittler, der gar nicht genug bekommen konnte mit dem Gründen von Missionen und Diakonissenhäusern und Taubstummenanstalten und so fort. Wie sehr hat es uns Zeller eingeschärft: „Leute, erziehen könnt ihr junge Menschen nur dann, wenn ihr euch selbst täglich von Jesus ziehen und erziehen laßt.“ Eines Tages sagte Vater Zeller zu mir: „Bruder Josef, du bist der Mann für das Rauhe Haus in Hamburg.“ So bin ich nach Hamburg gekommen, zu Vater Wiehern. Angst habe ich gehabt. Ich war doch schwach und wußte, daß ich nichts kann. Aber Vater Wiehern gab mir gleich die zweite „Knabenfamilie“, damals im sogenannten Schweizerhaus. Ich weiß nicht, wie es kam. Aber eines Tages sagte Vater Wiehern: „Josef, wir brauchen noch viel mehr solche Leute wie dich. Es müssen praktische Leute sein, Handwerker. Ich denke, sie sollten freie Station haben und nicht mehr als 100 Mark Jahresgehalt. Sie sollen ja Diener Jesu sein. Darum sollen sie von Anfang an wissen, daß sie keinen Anspruch haben werden auf einen freien Sonntag oder Feiertag, daß sie die Anstaltskost mit den Kindern teilen müssen, daß sie keine eigene Wohnung haben, sondern mit den Kindern Zusammenleben müssen.“ Das war die Idee! So bin ich der erste neuzeitliche Diakon geworden. Ich blieb drei Jahre dort. Dann bin ich als Leiter eines neuen Rettungshauses nach Mitau in Estland berufen worden. Aber zwei Erlebnisse darf ich doch noch — (ängstlich-fragender Blick zu Frau Sieveking) — sagen: Das erste: Gleich am Tag, als ich im Rauhen Haus in Hamburg ankam, sah ich, wie im Teich zwei Kinder am Ertrinken waren. Wie froh war ich, daß ich sie retten konnte. Aber das andere Erlebnis ist für mich noch viel schöner. Wiehern konnte noch viel besser retten. Da hatten wir einen Jungen, der war durch und durch böse. Eines Tages war große Aufregung, weil er entlaufen war. Wiehern ging selbst los, ihn zu suchen. Und er fand ihn, auf dem Hamburger Weihnachtsmarkt. Die andern Jungen waren furchtbar zornig auf den Ausreißer. Aber Wiehern sagte in großer Liebe: „Jesus verdammt dich nicht — und ich auch nicht!“ In den nächsten Monaten wurde der junge Bursche ein ganz anderer Mensch, von der Macht der Liebe Wicherns überwunden. Aber Wiehern sagte: „Der ist doch nicht von meiner Liebe überwunden worden. Gottes Kraft kann und wird auch im Leben dieser Burschen sich siegreich erweisen. Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat!“ Amalie Sieveking: Ja, dies war Wicherns Wort! — Ich bitte Sie, Herr Hofprediger Dr. Krummacher um Entschuldigung, daß wir Sie haben so lange warten lassen. Sie haben 1848 den Kirchentag in Wittenberg miterlebt. Sie haben Wiehern dabei erlebt. Bitte erzählen Sie uns davon. Hofprediger Friedrich-Wilhelm Krummacher In einem meiner Erweckungslieder heißt es: „Es ist ein froh Ge-töne ringsum im Land erwacht. Das hat uns, deine Söhne, vom Schlafe wach gemacht!“ So ging es uns auf dem Wittenberger Kirchentag. Das war eine Versammlung von etwa 500 Kirchenmännern. Wir waren von niemanden delegiert. Aber es ging uns um die Kirche in Deutschland, daß sie aus der Zersplitterung und dem Unglauben und der Untätigkeit herauskomme und wieder wirklich Kirche Jesu Christi werde. Aber der Anfang war entsetzlich! Schrecklich! Wir gerieten uns in die Haare wegen Formfragen und Verfahrensfragen. Da ergriff am Nachmittag der erst 40jährige ewige Hamburger Kandidat Wiehern, der kaum jemandem von uns bekannt war, das Wort. Es war wie ein frischer Windstoß, als er sagte: „Ich bin hierher gekommen, weil die Kirche eine Schuld zu tilgen hat! Wir müssen wieder eine Kirche für das Ganze werden. Wir sind nur dann Volkskirche, wenn wir wirklich das ganze Volk durch das Evangelium erneuern und mit einem neuen Lebensodem aus Gott durchdringen lassen!“ Dabei hatte der Mann, man konnte es ihm ansehen, quälende Kopfschmerzen! Es war ja ein ganz schmächtiger Mann. Und oft war er richtig schwermütig. Auf ihn paßt mein Liedvers, den ich damals gedichtet habe: „Das war ja, Herr, dein Wesen von alten Tagen her, daß du dir hast erlesen, was schwach, gebeugt und leer, daß mit zerbrochnen Stäben du deine Wunder tatst und mit geknickten Reben die Feinde untertratst.“ Leute, dann kamen Sätze, frei gesprochen, aber wie druckreif formuliert, ich habe sie mir mitgeschrieben in meiner Kladde (zieht ein schwarzes Notizbüchlein heraus und liest): „Die Kirche hat den eigentlichsten, den rein kirchlichen Notstand ins Auge zu fassen ..daß Hunderttausende, namentlich in den größeren Städten, dahinleben, ohne je das Wort Gottes zu hören ... Die Kirche muß sich die Aufgabe setzen, nicht zu ruhen, bis wieder alle die Verkündigung von dem Sohne des lebendigen Gottes vernehmen ... Kommen die Leute nicht in die Kirche, so muß die Kirche zu den Leuten kommen. Wir müssen Straßenprediger haben, vornehmlich in den großen Städten ... Die Straßenecken müssen Kanzeln werden, das Evangelium muß wieder zum Volk dringen.“ Und Wiehern sagte weiter — schwungvoll sage ich Ihnen, mitreißend, vom Geist Gottes getrieben: „Meine Freunde, eines tut not: die evangelische Kirche in ihrer Gesamtheit muß anerkennen: Die Arbeit der inneren Mission unseres Volkes ist mein! Und auf diese ganze Arbeit der inneren Mission muß sie als ein großes Siegel den Satz setzen: Die Liebe gehört mir wie der Glaube! Die rettende Liebe muß ihr das große Werkzeug werden, womit sie die Tatsache des Glaubens erweist. Diese Liebe muß in der Kirche als helle Gottesfackel flammen, die kund macht, daß Christus eine Gestalt in seinem Volk, der Kirche, gewonnen hat. Der ganze Christus offenbart sich im lebendigen Gotteswort. Aber ebenso muß er sich auch aus Gottestaten predigen. Und die höchste, reinste, kirchlichste dieser Taten ist die rettende Liebe.“ Sie müssen ja wissen: 1848 war ein schlimmes Notjahr! Wiehern war von der preußischen Regierung nach Oberschlesien gerufen worden, um dort im Hungertyphusgebiet die Hilfe zu organisieren. Mittlerweile war im März 1848 in Berlin die Revolution ausgebrochen. Die Revolution war wie ein Blitz, der mit einem Mal hellzuckend erleuchtete, wie weit das Verderben im ganzen Volk fortgeschritten war. Aber Wiehern war nicht der Mann, der meinte, daß sich nun die Christen ins Hinterstübchen zurückziehen sollten Wie Sie, Frau Sieveking, und wie Sie, Bruder Baumgartner, zuvor mit Recht betonten: Wiehern hielt sich an das Wort: Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat!“ Alles, aber auch alles, was danach auf Wicherns Ruf hin entstand, das ganze Netz der Inneren Mission, die preußische Gefängnisreform, die Diakonenanstalten, voran das von Wiehern gegründete Berliner Johannesstift und die Felddiakonie im Deutsch-Französischen Krieg — aber Vergebung, ich sehe hier einen Bruder Felddiakon, der uns sicher darüber noch berichten wird —, kurz: all dieses hat uns in den deutschen Kirchen vom Schlafe wachgemacht; es hat uns gezeigt, wie ein Mann, im Glauben verankert, mit der Hilfe Gottes einem neuen Aufbruch Bahn machen kann. Amalie Sieveking: Haben Sie Dank, „Bruder“ Hofprediger — ich darf doch so sagen? —, daß Sie uns noch einmal deutlich machten: „Die Liebe gehört mir wie der Glaube — und der Glaube gehört mir wie die Liebe!“ Aber nun wartet wirklich hier noch Bruder Mackskemper, unser lieber Felddiakon. Sie mußten es oft ertragen, daß man über Sie lächelte. Aber jetzt sagen Sie uns doch noch etwas über Wiehern aus Ihrer Sicht! Felddiakon Mackskemper: Liebe Brüder und Schwestern, Soldaten machen nicht viele Worte! Zwar sind wir Felddiakone keine Soldaten. Aber wir arbeiten unter Soldaten. Unter Feind und Freund. Wiehern hat oft gesagt: „Der Krieg ist ein Bußprediger. Wer Gottes Mahnen nicht im sanften Säuseln versteht, muß es im Sturm des Krieges zu hören lernen.“ Ich habe es von Wiehern immer so verstanden, lassen Sie es mich in meinen Worten sagen: Krieg ist eine Not. Er bringt Zerstörung und Tod. Aber mitten im Zerstören muß die Kirche erweisen, daß sie Kräfte des Lebens vermitteln kann, die stärker sind als Not und Tod. Darum ließ ich mich von Wiehern 1870 rufen. Und mit mir 360 freiwillige Felddiakone, die unter Franzosen und Deutschen, als Krankenpfleger und als Gehilfen der Lazarettpfarrer, als Schriftenverteiler und als Seelsorger in den französischen Kriegsgefangenenlagern tätig waren. Ende! Amalie Sieveking (lachend): Das war wirklich vorbildlich kurz und klar. Vielen Dank! Ich sehe, daß noch viele (sie sieht nach rechts und links) kommen wollen, um über Wiehern zu berichten. Aber Wiehern würde uns das verbieten. Er wollte nicht, daß man über ihn berichtet und damit zurück-blickt. Er wollte, daß wir alle hellwach um uns herum die Welt sehen — die Welt in all ihrer Bosheit, Zerstrittenheit und Not, und daß wir dann seinen Ruf aufnehmen: Die Liebe gehört mir! Der Glaube gehört mir. Ich gehöre Jesus. Ihm will ich dienen! Rolf Scheffbuch, Schorndorf So wirst du ein guter Diener des Herrn Jesus sein Jesus kann Untaugliche tauglich machen Wie muß das gewesen sein, als der junge, ängstliche, zurückhaltende, kränkliche Timotheus in dem persönlich an ihn gerichteten Brief des Apostels Paulus an diesen einen Satz kam: „Du wirst ein guter Diener unseres Herrn Jesus sein!“ Ich denke, ihm muß das Herz für einige Schläge ausgesetzt haben. Ihm muß es im Kopf geschwirrt haben, wie wenn er gerade einen Viertausender erklommen hätte, vor den Augen muß es ihm schwindlig geworden sein „Ich, ich soll ein guter, wirklich ein guter Diener unseres Herrn Jesus sein können!?“ Ich weiß noch sehr gut, wie mir's zumute war, als ich einst von einem unserer württembergischen Bischöfe gebeten wurde, sein „Diener“ zu werden, sein persönlicher Mitarbeiter. „Das kann ich doch nicht! Dazu bin ich nicht fähig! Mann, wie viel würde ich falsch machen! Da gibt's doch andere, die das viel besser können als ich!“ Wenn man das schon so empfinden kann, wenn man in das Vorzimmer eines Kirchenfürsten gerufen wird, dann kann jeder von uns erst recht so denken, wenn es darum geht, ob wir zu persönlichen Mitarbeitern Jesu taugen, des von Gott für alle Ewigkeit eingesetzten Herrn der Welt. Es ehrt unsere Nüchternheit, wenn wir da auf dem Teppich bleiben und in ehrlicher Zurückhaltung sagen: „Nein, beim besten Willen geht das nicht! Dazu reicht mein Verstand nicht aus. Dafür bringe ich keine rechte Erfahrung mit. Mit mir wäre die Sache Jesu höchstens blamiert. Ich will gerne für alle beten, die im Dienst Jesu stehen und dafür auch Gaben mitbringen. Aber mich laßt, bitte, im Hintergrund! Ich würde mehr kaputtmachen als helfen, ich würde mehr stören als fördern.“ Es ehrt unsere Nüchternheit, wenn wir so denken. Aber zugleich schmäht es Jesus. Jesus kann dich doch anders machen! Ein Bischof kann seinen Sekretär nicht anders machen; er bleibt, wie er ist. Ein Personalchef kann seinen Mitarbeiter nicht ändern; er muß ihn eben nehmen, wie er ist und bleibt. Aber Jesus kann Menschen ändern. Und wenn er sie nicht ändern will, dann kann er trotzdem durch den Einsatz von kranken, schwachen, ungeeigneten und ängstlichen Menschen hindurch etwas Gutes und Vollkommenes schaffen. In den Evangelien wird uns berichtet, wie Jesus fünftausend Menschen, also eine ganze Hofacker-Regionalkonferenz, am Ufer des Sees Genezareth mit fünf Gerstenkipfen und zwei geräucherten Sardinen gespeist hat. Wenn ein Reporter von heute ein Interview mit einem dieser Gerstenbrote gemacht hätte, dann hätte das so anfangen können: Reporter: „Liebes Gerstenbrot, was sind Ihre Eindrücke vom heutigen Tag?“ Gerstenbrot: „Ach, ich bin in der Hitze hier drin im Rucksack ganz verschrumpelt. Heute morgen habe ich wenigstens noch ein bißchen besser ausgesehen. Aber jetzt bin ich ganz hart geworden. Es kann sogar noch sein, daß mich der junge Bursch, der mich heute morgen eingepackt hat, ausspuckt, selbst wenn er arg hungrig sein sollte. Und wenn ich an die vielen hungrigen Menschen denke, die hier versammelt sind: Da bin ich leider keine Hilfe, höchstens eine Verlegenheit.“ Aber da wäre auch schon das Interview zu Ende. Denn Jesus nahm die fünf Brote, die verschrumpelten, ausgelaugten, hart gewordenen Brotfladen in seine Hand. Und Jesus sah auf gen Himmel, dankte Gott und brach die Fladen und gab sie den Jüngern und die Jünger gaben es dem Volk. Und sie wurden alle satt und brachten zusammen die Brocken, die übrig waren, zwölf Körbe voll. Weil es diesen Jesus gibt, der Armseligkeiten verwandeln kann in Herrlichkeiten, der Fluch wandeln kann in Segen, der menschliche Begrenztheiten umwandeln kann zu Gottesqualitäten, darum kann jeder von uns ein guter Diener Jesu sein. Die Bibel macht keine Sprüche, sie tradiert nicht geistreiche Gedankenhäkeleien. Sie berichtet, sie erzählt vom Handeln des lebendigen Gottes und sie lädt ein, daß auch wir diesem handelnden Gott trauen. Ja, sie erzählt von einem Timotheus und von seinem kranken Magen. Weil wir Magenkranke kennen, wissen wir, wie Magenkranke drunter leiden, daß sie keine richtigen „Kerle“ sind, daß ihnen nichts schmeckt und nichts Freude macht, daß sie oft mit einem wortwörtlichen „sauren“ Gesicht herumlaufen müssen und für sich selbst und für andere oft eine Last sind. Aber diesem Timotheus sagt sein väterlicher Freund Paulus: „Keine Angst, ich bin felsenfest davon überzeugt, daß du ein guter, ein ausgezeichneter, ein bewährter Diener Jesu sein wirst. Ja, von deinem Magen weiß ich. Und ich weiß, daß genug daran herummäkeln, daß du noch unerfahren und arg jung bist. Und ich weiß darüber hinaus auch noch, daß du oft genug Angst hast. Aber das alles, was dich beschwert, sind doch Kinkerlitzchen verglichen etwa mit alledem, was mich für den Dienst Jesu ungeeignet sein ließ: Ich war ein Lästerer und Verfolger und Frevler — ich war unter allen Sündern die .Nummer 1‘. Aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren. Jesus hat mich Sünder gerettet. Er hat mich stark gemacht und treu geachtet und mich sogar in das Amt eines Apostels eingesetzt. Damit ist ein .Vorgang' geschaffen: Für Jesus gibt es kein Hindernis, keine Panne, keine Armseligkeit, die er nicht überwinden könnte!“ Dieser Apostel Paulus, der dies seinem Nachfolger Timotheus eingeschärft hat, hat zugleich in den beiden Timotheusbriefen der Bibel, in denen dies alles zu finden ist, dem Timotheus einen Ekel geweckt vor Leuten, die den Schein eines gottesfürchtigen Wesens haben, aber seine Kraft verleugnen. Das Entscheidende an unserem Herrn Jesus Christus ist seine menschenverwandelnde Kraft: daß er einen verbrecherischen Mörder am Kreuz zum ersten Heimkehrer in das Paradies Gottes machen kann, daß Jesus einen ängstlich-kranken Timotheus zu einem guten Diener Jesu machen kann, daß er einen ewigkranken und nie ein richtiges Pfarramt erreichenden Kandidaten Johann-Hinrich Wiehern zum Herold und Vater der Diakonie in Europa machen kann, daß er die mit allen modernen Wölfen heulende junge Frau umdrehen und zur Evangelistin und Segensträgerin ihres Ortes machen kann. Wir müssen doch unserem lieben Herrn Jesus Zutrauen, daß ihm ein solcher Totalumbau von Menschen Freude macht. Denken Sie einmal an einen fähigen Architekten. Der steht vor Ihrem Haus und sagt: „Da gehört aber auch einiges umgebaut!“ Was macht er wohl für ein Gesicht, wenn Sie sagen: „Ach, das ist nicht nötig; für uns genügt es so, wie es ist!“ Was macht er wohl für ein Gesicht, wenn Sie antworten: „Ja, Sie können's ja probieren. Aber es soll eben nicht viel anders werden, als es bis jetzt ist!“ Ich bilde mir wohl nichts ein, wenn ich meine, er mache wohl ein Gesicht wie der magenkranke Timotheus. Aber ich kann mir auch vorstellen, daß er über das ganze Gesicht strahlt, wenn er alles neu machen darf. Das allein ist ein Auftrag, der sein Können ehrt. Es macht Jesus unbändig Freude, es ehrt ihn und sein menschenveränderndes Können, wenn wir uns ihm anvertrauen, daß er uns zu guten Dienerinnen und Dienern macht. Jesus kann Untaugliche tauglich machen! Jesus will durch uns in die Welt hineinwirken Wir leben ja heute wieder einmal in einem atemberaubenden Ge-woge christlicher Meinungen und Parolen. Mir tun so viele Mitchristen leid, denen es eigentlich ähnlich geht wie Schwimmern, die am Rand der Nordsee bei Hochflut von den anlaufenden Wellenbergen mitgerissen werden: die eine Woge, die schon wieder abläuft, zieht ihnen die Beine weg, und die nächste Woge, die gerade wie ein Berg aufläuft, reißt sie in ihren Strudel und Gischt und läßt sie schließlich als halbe Wasserleiche auf dem Strand liegen — sofern sie überhaupt so glimpflich davonkommen. Seit 1966 hatten wir als mächtige Woge, die sich auswirkte bis hinein in christliche Blättchen, in evangelische Morgenfeiern im öffentlichen Rundfunk, in Religionsunterrichtsentwürfe, die Parolen: „Christen müssen die Welt verändern! Christen müssen die Strukturen der Ungerechtigkeit, des Unfriedens und der Ausbeutung bekämpfen und Strukturen der Gerechtigkeit, des Friedens und einer wirklich sozialen Weltwirtschaft aufbauen!“ Wenn nicht alles trügt, dann ist diese Woge schon wieder im Ablaufen, aber so, daß sie noch vielen die Beine wegzieht. Aber schon ist die nächste Woge weltweit mächtig da mit einem krönenden Schaumstrudel. Es ist die Woge einer verführerischen, packenden, mitreißenden Frömmigkeit voll von neuen Lehren, die keinerlei Anhalt in der Bibel haben. „Siehe, hier ist Christus, siehe, da ist Christus!“ Die Ausprägungen sind ja heute sehr vielgestaltig. Wir dürfen sie nicht alle über einen Kamm scheren. Wir dürfen auch nicht versuchen, sie einfach mit dem gleichzusetzen, was der Timotheus damals zu seiner Zeit vor Augen hatte, als Menschen die Ehelosigkeit als das eigentliche, vollkommene christliche Ideal bezeichnet und bestimmte Speisen und Lebensstile als „Verwerfliches“ gemieden haben. Aber wir können auf die klare Weisung des Paulus, des Apostels Jesu hören, die er mitten in jenen Wellenstrudel hinein damals gegeben hat: Alles, was Gott geschaffen hat — einschließlich der Ehe — ist gut, und nichts ist verwerflich, was mit Danksagung empfangen wird; denn es wird geheiligt durch das Wort Gottes und durch das Gebet“ (1. Tim. 4, 4). Da wird nicht das Signal gegeben zum Rückzug aus der „bösen“ Welt. Da wird überhaupt nicht so arg pauschal von der „bösen Welt“ geredet. Wohl weiß auch Paulus, daß es mitten in der von Gott geschaffenen Welt — bis hinein in die Gemeinde Jesu — „böse Geister, Verführer und Lügenredner“ gibt; aber dadurch wird nicht alles in dieser Welt, die Gott geschaffen hat, einfach so vergiftet, daß man gottselig eigentlich nur noch als Einsiedler am Holzfeuerchen bei einem Glas Ziegenmilch und einem Teller Brennesselsalat leben kann. Also kein Signalruf zum Rückzug aus der bösen Welt! Aber auch keine Fanfare zum Kreuzzugsgeist, der die Welt für gerechtere Strukturen erobern will. Zu etwas ganz anderem wird Mut gemacht: „Was mit Danksagung empfangen wird, wird geheiligt durch das Wort Gottes und das Gebet.“ Gut, da mögen Bereiche in unserer Welt sein, die können gefährlich und sogar verwerflich aussehen. Wenn ich unser moder nes Gymnasialwesen ansehe, dann denke ich oft: Da kann man eigentlich nicht mit gutem Gewissen seine Kinder hineinschicken. Aber dann darf ich sie Morgen um Morgen unter die Macht des Gebets stellen, hineinbetten in die Fürbitte. Auch erlebe ich es, wie von kleinen Schülerzellen aus, von Schülergebetskreisen aus sich eine Atmosphäre des guten Geistes, der Wahrheit ausbreitet. Daß wir uns recht verstehen: Nicht ganze Gymnasien werden für Jesus gewonnen! Es hört nicht jeder geistliche Widerstand gegen solche Gebetsgruppen auf! Das alles wären viel zu steile Ziele! Es geht darum, daß wir treu sind in der Danksagung, im Daheimsein im Wort Gottes, im Gebet. Das können wir tun! Das kann dann unser lebendiger Herr dazu benützen, daß seine heiligenden Kräfte weiterwirken, anstecken, andere und anderes ergreifen. Es hat mich einmal wachgerüttelt, als mir ein Oberbürgermeister sagte: „Ich bin dankbar für die Christen in unserer Stadt. Das brauchen wir mehr als vieles andere, daß in dieser Stadt gebetet wird und daß auch für die Verantwortlichen dieser Stadt in Bürgermeisteramt und Stadtrat gebetet wird.“ Mein Vater war als junger Mann im heimischen CVJM zum Glauben gekommen. Aber bewußt wollte er nicht Pfarrer werden, sondern, wie er oft sagte, seinem „Herrn im weltlichen Bereich dienen“. Und das tat er als Lehrer und Stadtrat, als Landtagsabgeordneter und als Ministerialbeamter. Aber wenn er oft todmüde und erschöpft spät in der Nacht aus schwierigen Sitzungen heimkam, dann konnte er uns oft vorwurfsvoll fragen: „Habt ihr denn nicht für mich gebetet?“ Denn das wußte er, daß man in einer Welt von so viel Lüge nur dann recht Jesus dienen kann, wenn dieser Einsatz und Dienst getragen und umgeben ist von einer Macht des Gebetes. „Nichts ist verwerflich; es wird geheiligt durch das Wort Gottes und Gebet.“ „Es wird geheiligt!“ Ohne „wenn“ und „aber“ und „eventuell“ stellt dies Paulus fest. Weil er mit dem lebendigen Gott rechnet, der ein Heiland aller Menschen, in ganz besonderer Weise aber der Heiland der Glaubenden ist. „Dafür arbeiten und kämpfen wir!“ Gott ist nicht auf dem Rückzug! Jesus ist auf dem Weg der endgültigen Erlösung der Welt. Gott will und Gott wird heinein-wirken in diese Welt, durch euch, mit euch, über eurem Bibellesen, Beten und Danksagen! Dies — und nichts anderes — ist der Zusammenhang, in dem Paulus seinem Timotheus sagt: „Wenn du den Brüdern vorhältst, so wirst du ein guter Diener Jesu Christi sein!“ Ein rechter Diener kann es seinem Chef an den Augen ablesen, was heute „dran“ ist. So viel habe ich bei aller meiner Unfähigkeit einst im Bischofsvorzimmer dann doch noch fertiggebracht, daß ich gemerkt habe, ob mein damaliger Chef, unser verehrter Landesbischof D. Dr. Haug, in einem einzigen Schwung den Schreibtisch aufarbeiten wollte oder ob er zur Vorbereitung einer wichtigen Sitzung in Ruhe gelassen werden wollte. Ein rechter Diener weiß, was „dran“ ist. Für uns Diener und Dienerinnen Jesu ist „dran“, daß Jesus durch uns in die Welt hineinwirken will durch die stille heiligende Kraft Gottes, die bei Leuten des Gebetes, des Wortes Gottes und der Danksagung sein kann. Praktische Tips für heute: In diesen Briefen, die helfen wollen, daß wir Jesus recht dienen, daß wir ihn durch uns in die Welt hineinwirken lassen, spielt das „Haus“, die Familie eine ganz unübersehbare Rolle. Die Familie ist sogar ein Ubungsfeld für künftige Bischöfe; nur wer seinem eigenen Haus recht vorzustehen weiß, kann auch die Gemeinde Gottes recht versorgen! Wir sollten es uns wirklich einmal klar machen: Eine einzige intakte christliche Familie wirkt mehr in die Welt von heute hinein als ein ganzes Bündel von Synodalerklärungen und Oberkirchenratserlässen. Ich denke an meine heimatliche Kirchengemeinde und an die Kirchengemeinden, die ich als Pfarrer erlebt habe. Die eigentlichen Säulen waren immer ein paar Fami- lien, in denen man miteinander auf Gottes Wort hörte, Gottes Lob sang und miteinander die Hände faltete. Es ist ein besonderer Segen, wenn die Familie als Gottes geschätzte Schöpfungsordnung multipliziert wird mit dem Segen, daß Jesus dort ist, wo zwei oder drei versammelt sind in seinem Namen! Dort können Alleinstehende, die ihren Platz in dieser Welt und ihren Segensauftrag von Gott haben, Anschluß und Ermutigung finden, dort können Schwermütige aufatmen, dort können Dienste übernommen werden, dort können Suchende begleitet werden. Wir freuen uns, daß Jesus Menschen zu sich ruft — auch gerade junge Menschen, die aus ganz kirchenfremden und gottentfremdeten Familien kommen. Aber sie sollten sich an Familien anschließen können, um den Erfahrungsschatz christlichen Wissens und Handelns ohne Belehrung, einfach so „unter der Hand“, mitzubekommen, um zu wissen, wie man beten kann, wie man Gott loben kann, welche Vielfalt christlicher Lebensstile es gibt. Wo es unter uns noch christliche Familien gibt, da sollten sie ganz neu die Türen aufmachen. Wo junge Christen sich überlegen, mit wem sie die Ehe schließen sollten, da sollten sie keinen Augenblick meinen, man könne seinen zukünftigen Lebensgefährten zu Jesus bekehren. Genau dies ist etwas, was nur in ganz seltenen Fällen als Wunder des Geistes Gottes möglich ist. Unsere Glaubenskraft soll durch das Heiraten verdoppelt und nicht halbiert werden! Die offenen Türen amerikanischer Familien haben in der Missionsstrategie Gottes garantiert noch mehr bewirkt als der ganze großartige Einsatz von Zehntausenden amerikanischer Missionare. Wie viel könnte unter uns an geistlichem Leben aufbrechen, wenn wir wieder Häuser und Familien hätten, in denen ausländische Studenten und Praktikanten eine zweite Heimat finden würden — in denen sie nicht eben nur von Jesus „hören“, sondern in denen sie ein Leben mit Jesus in aller Stille einüben können. Als mein Vater als junger Student nach Frankfurt kam, da fand er schließlich auch noch einen christlichen Kreis. Aber er suchte auch eine Christenfamilie, wo er Sonntagnachmittags hingehen konnte, um nicht in der fremden Stadt allein und verloren zu sein. Er fand eine Familie, in der er christliches Familienleben kennen und lieben lernte und in der er seiner zukünftigen Frau begegnete, mit der zusammen er dann — auch in finanziell schlechten Zeiten und in beengten Wohnverhältnissen — neben uns sechs Kindern schließlich im Lauf der Jahre einem ganzen Heer von Vizetöchtern und Vizesöhnen Heimat und Einladung zum Glauben gab. Er konnte das nur machen, weil meine Mutter, die das Zeug gehabt hätte, durch Vorträge oder gesellschaftliches Engagement in die Welt hineinzuwirken, den Platz in der Wohnung als strategischen Platz Gottes ansah, an den sie mit Gebet und Lobpreis gestellt war. Vom Haus Habsburg wird behauptet, daß es schließlich durch eine Fülle richtiger Heiraten zu seiner Macht gekommen sei. „Mögen andere Krieg führen, aber du, glückliches Österreich, heirate!“ Ob's wirklich für Habsburg und Österreich gestimmt hat, mag dahingestellt bleiben. Aber in Gottes Strategie zur Durchdringung der Welt spielen die „Häuser“, die richtigen Ehen, die geheiligten Lebensgemeinschaften einer intakten Familie, die offenen Türen einer Hausgemeinschaft die entscheidende Rolle. „So wirst du ein guter Diener Jesu Christi sein!“ Dann aber wird in den Timotheusbriefen ganz unüberhörbar von uns gesprochen: Dort, wo von den Reichen geredet wird. Das sind doch wir! So reich, wie wir heute sind, gab's wohl noch nie eine Zeit, noch nie ein Volk: Reich an Geld, an Versicherungen, an Renten, an Krankenhäusern, an ärztlicher Versorgung, an Kleidung. Darum gilt uns ganz praktisch: Gott hört dort auf zu wirken, wo Reiche ihren Reichtum für sich behalten; Gottes Wirken aber ist dort Begleitaktion, wo Reichtum weggegeben wird, um zu helfen. „Den Reichen dieser Welt gebiete/“ So messerscharf sagte es Paulus dem Timotheus. Wenn wir gute Dienerinnen und Diener Jesu sein und bleiben wollen, dann müssen wir es uns vornehmen, einander in die Ohren zu rufen: „Gib's doch weg den Bedürftigen!“ Christian Friedrich Spittler, der große Pionier der Mission und Diakonie, sagte es den reichen Basler Patrizierfamilien, wenn sie über Spittlers Betteln unwillig werden wollten: „In der Ewigkeit werdet ihr mir noch dankbar sein für jedes Fränkli, das ich euch abgeknöpft habe!“ Er selbst war ein guter Diener Jesu, der es mit seiner eigenen Genügsamkeit vorlebte, daß man entweder auf den lebendigen Gott hoffen kann, oder auf den ungewissen Reichtum. Drittes gibt es nicht! Der dritte praktische Hinweis: Oft und klar wird in den Timotheusbriefen gesagt: „Meide die un-geistlichen, losen Geschwätze und das theologische Gezänke!“ Wenn Gott uns als seine rechten Diener gebrauchen können soll, dann müssen wir die haarfeine Grenze erkennen zwischen dem guten Bekenntnis zur rechten und sogar zur Unrechten Zeit und zwi- sehen den unnützen zänkerischen Wortkriegen mit Menschen, die zerrüttete Sinne haben und der Wahrheit beraubt sind. Wenn uns Wahrheit Gottes anvertraut ist, dann sollen wir sie so sagen, daß sie gehört und angenommen werden kann, daß Gott sie als Anruf und Angebot für Menschen benützen kann. Aber wenn widersprochen wird, dann soll es uns nie darum gehen, daß schließlich wir recht behalten. Lieber entsteht für viele der Eindruck, daß man's uns Arroganten „gegeben“ hat, als daß wir die Wahrheit Gottes zu einem öffentlichen Zankapfel machen wie etwa einen umstrittenen Bebauungsplan oder eine umkämpfte Oberbürgermeisterwahl. „Ein rechter Diener des Herrn soll nicht zänkisch sein, sondern freundlich gegen jedermann, zum Lehren geschickt, der Böses ertragen kann und mit Sanftmut zurechtweise die Widerspenstigen, damit sie wieder nüchtern würden aus des Teufels Strick“ (2. Tim. 2, 24 f.). Sooft ich an dies Wort komme, muß ich tief durchatmen. Mir geht es wie dem Timotheus, als er zum erstenmal dies las: „Du wirst ein guter Diener Jesu sein.“ Soll das bei mir möglich sein? Bei mir? Ja, weil Jesus schon mitten dabei ist, Untaugliche tauglich zu machen. Auch mich. Auch Sie. Rolf Scheffbuch, Schorndorf Der Herr Jesus braucht dringend gute Diener In meinem sauerländischen Heimatdorf Halver bei Lüdenscheid, in der Nähe Hägens, lebten und wirkten so von 1890—1925 ein origineller Arzt und ein nicht weniger origineller Pfarrer. In meinen Kinderjahren habe ich sie noch beide kennengelernt. Im Dorf erzählte man sich: Da begegnen sich beide hoch zu Roß auf einem Bauernhof unserer Gemeinde. Der Arzt hatte einen Besuch gemacht und der Pfarrer wollte einen Besuch machen. Beide begrüßen sich freundlich. Da meinte der Arzt: „Nun, Herr Pastor, was machts Geschäft?“ Darauf der Pfarrer: „Aber, Herr Sanitätsrat, bei mir geht es doch nicht ums Geschäft. Und ich nehme an, bei Ihnen doch auch nicht.“ Der Arzt darauf: „Ach was, Geschäft ist Geschäft. Sie auf Ihre Weise, ich auf meine Weise.“ Meine Freunde, der Arzt sagte es mehr scherzend und herausfordernd. Denn gerade er war als sehr wohltätig und selbstlos bekannt. Aber wir verstehen. An diesem Erlebnis wird deutlich: Der Herr Jesus braucht für seine Gemeinde und für die Welt Diener, aber er braucht keine Funktionäre der Kirche. Ein Funktionär der Kirche ist jemand, für den die Bemerkung des Arztes zutrifft: „Geschäft ist Geschäft.“ Funktionäre kann es in vielen Bereichen geben. Ob nun als guter Job in der Institution Kirche oder einer Partei oder wo auch immer — sei's im Staat, in Verbänden oder in der Wirtschaft. Der Herr Jesus aber braucht nicht Funktionäre, sondern Diener, denen es in lauterer Gesinnung um die Verkündigung geht und nicht um eine gesicherte Stellung oder hochdotierte Positionen. Der Herr Jesus braucht Diener, wie sie uns z. B. in den Ländern der Verfolgung begegnen. Schon durch ihre Opferbereitschaft wird ihre Dienstbereitschaft erkennbar. Im Februar dieses Jahres war ich auf Einladung zu Vorträgen bei unseren evangelischen Glaubensgeschwistern in Griechenland. Dort bekommen die evangelischen Pfarrer ein derart niedriges Gehalt, daß schon diese Tatsache sich als eine Sperre auswirkt und Funktionäre abhält. Echte Dienstbereitschaft — das gilt aber nicht nur für Pfarrer, Pastoren und Prediger. Das gilt ebenso für alle Kirchen- und Gemeindeälteste, für alle Religionslehrer und Jugendwarte. Gute Diener braucht der Herr Jesus. Das gilt besonders auch für jeden Vater und jede Mutter in der Familie. Besonders dort: Ihr Väter und Mütter, was habt ihr doch für eine hohe Aufgabe! Euere Kinder werden es euch über das Grab hinaus danken, wenn ihr ihnen gegenüber Diener Jesu Christi gewesen seid und nicht religiöse Rabeneltern. Ich bin meinen Eltern so dankbar, daß sie sich nie mit uns sechs Kindern an den Tisch gesetzt haben, ohne daß nicht der Vater mit uns gebetet hätte. Er war ein Priester der Familie. „So wirst du ein guter Diener des Herrn Jesus sein.“ Auch in der Jugendarbeit braucht der Herr Jesus dringend gute Diener. Die letzte Zeltarbeit hatte ich in Kitzingen bei Würzburg. Dort bin ich mit etlichen Rauschgiftsüchtigen zusammengekommen. Der gläubige Religionslehrer, der außerhalb seines Berufes in der Jugendarbeit ehrenamtlich tätig ist, sagte zu mir: „Wir brauchten 15—20 Leute, die sich um die jüngeren Menschen kümmern und ihnen nachgehen.“ Diener Jesu. — Das gilt auch für den Bereich der Schule und des Elternbeirats. Um ein guter Diener des Herrn Jesu zu sein, gilt es, bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. Der Apostel Paulus schreibt seinem Schüler Timotheus: „Wenn du den Brüdern solches vorhältst — wir dürfen auch übersetzen: wenn du den Brüdern dies klarlegst —, so wirst du ein guter Diener Jesu Christi sein.“ Da drängt sich die Frage auf: Was denn vorhältst, was denn darlegst und klarlegst? Was sind das denn für bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt werden müssen? 1. „Übe dich in der Gottseligkeit“ In den Versen 7 und 8 lesen wir: „Der ungeistlichen Altweiberfabeln entschlage dich; übe dich selbst aber in der Gottseligkeit. Denn die leibliche Übung ist wenig nütz, aber die Gottseligkeit ist zu allen Dingen nütz.“ Das Wort Gottseligkeit dürfen wir auch mit Gottesfurcht und Frömmigkeit wiedergeben. Was brauchen wir gerade heute mehr als elementare Gottesfurcht, heute, wo wir einen bedrohlichen Ansturm auf die christliche Wertordnung erleben, heute, wo „alles wackelt“. Da gilt für uns der Entschluß: „Übe dich in der Gottesfurcht.“ Gottesfurcht d. h.: Übe dich darin, ein Leben im Gehorsam unter Gottes heilige Zehn Gebote zu führen. Mir ist folgendes klar geworden: Es begann mit dem Ansturm auf die Autorität der Bibel, dann auf die Autorität der Dogmatik, d. h. auf die christliche Lehre. Heute hat sich der Ansturm ausgeweitet auf die Ethik, d. h. auf die christliche Lebensauffassung. Die Folge: Keiner weiß mehr so recht, was gut und böse ist. Angesichts dessen müssen wir es klar bezeugen: Je stärker der Ansturm ist, desto entschlossener müssen wir zur unaufhebbaren Gültigkeit der heiligen Zehn Gebote Gottes rufen. Wir brauchen Gottesfurcht vor dem allmächtigen Gott und vor seinen Ordnungsbestimmungen, wie sie uns elementar in seinen heiligen Zehn Geboten gegeben sind. Heute gehört zur Verkündigung des Evangeliums auch der Ruf zur Gottesfurcht und zur Zustimmung seiner Gebote. Darum „übe dich in der Gottesfurcht“. Die Frage richtet sich an jeden einzelnen von uns: Sind Sie dazu bereit? Sie müssen es an ihrem Teil sein, wenn Sie nicht wollen, daß Gottesfurcht und Gottes gute Ordnung unter uns immer mehr abnehmen. Sie müssen es auch deshalb sein, wenn anders Sie ein guter Diener Jesu Christi werden und sein wollen. Wir sagten, das Wort unseres Textes Gottseligkeit könnten wir auch mit dem Wort Frömmigkeit wiedergeben. Dann heißt unser Text: „Übe dich in der Frömmigkeit.“ Nun ergibt sich folgendes: Das Wort Gottesfurcht steht beim heutigen Zeitgeist niedrig im Kurs. Das Wort Frömmigkeit hingegen steht hoch im Kurs. Da gibt es fromme Moslems, fromme Buddhisten, fromme Hindus, so gibt es auch fromme Christen. Das Wort Frömmigkeit kommt der sogenannten ökumenischen Theologie sehr entgegen. Aus zeitlichen Gründen können wir uns damit jetzt nicht beschäftigen. Aber um die Tatsache sollten wir wissen. Darum habe ich sie auch erwähnt. Paulus fordert Timotheus auf: „Über dich in der Frömmigkeit.“ Die Frömmigkeit steht nicht mit irgendwelchen Göttern in Verbindung. Sie darf auch nicht mit religiösen und feierlichen Stimmungen verwechselt werden, die man bei Kerzenschein und stimmungsvoller Musik haben kann. Sondern, wenn Paulus schreibt: „Übe dich in der Frömmigkeit“, dann meint er damit das Verhältnis des Timotheus zu dem Gott der Bibel, der sich vollends in Jesus Christus geoffen-bart hat, dem Gott, der in seinen heiligen Zehn Geboten fordert „du sollst“, den Gott, der in Jesus Christus uns seine Gnade und Vergebung anbietet. „Übe dich in dieser Frömmigkeit“, in diesem Verhältnis zu dem dreieinigen Gott. „Übe dich in der Frömmigkeit“ — damit ist immer der Gottesbezug gemeint, Ihr Gottesbezug und mein Gottesbezug. „Übe dich in der Frömmigkeit“, damit ist gemeint: Übe dich gerecht zu sein. Und zwar in dem Sinne gerecht zu sein, wie das Recht von Gott gesetzt ist. „Übe dich in der Frömmigkeit“ heißt auch: übe dich, treu und gerecht zu sein. Jesus sagt: „Ei, du frommer und getreuer Knecht, du bist über wenigem getreu gewesen; ich will dich über viel setzen; gehe ein zu deines Herrn Freude“ (Matth. 25, 21). Wenn wir uns die Aufforderung des Wortes Gottes „übe dich in der Frömmigkeit“ selber zu Herzen nehmen und diese Aufforderung auch in unsrem Wirkungskreis weitergeben, dann gilt für uns das Zeugnis „so wirst du ein guter Diener des Herrn Jesus sein.“ 2. Weise Irrlehren zurück Um ein guter Diener des Herrn Jesus zu sein, gehört immer das Ja und das Nein in der Verkündigung. Das Ja bestand in der Aufforderung zur Gottseligkeit, zur Gottesfurcht und Frömmigkeit. Das Nein besteht in unserem Text in der Ablehnung einer unbiblischen Askese. Ohne Fremdwort in der Ablehnung einer gesetzlichen und unnatürlichen Heiligkeit. Noch anders ausgedrückt: Das Nein besteht in der Ablehnung der Selbstheiligkeit. Paulus warnt vor zweierlei: 1. Vor einer gesetzlich verlangten Ehelosigkeit und 2. vor gesetzlich verlangten Speiseverboten. Vor bei-dem warnt Paulus im Vers 3: „Die da gebieten nicht ehelich zu werden und zu meiden die Speisen, die Gott geschaffen hat.“ Das Aufschlußreiche hierbei ist: Vor der Ehelosigkeit warnt derjenige, der an anderer Stelle an die Korinther — schreibt: „Ich wünschte, daß alle wären wie ich“ (1. Kor. 7, 7.). Aber warum denn nun an Timotheus ganz anders? Und sogar noch in dieser Schärfe? Er schreibt nämlich, daß diejenigen, die die Ehelosigkeit und den Speiseverzicht fordern, „verführerischen Geistern und Lehren der Teufel“ anhangen. Nochmals: Warum diese Schärfe? Weil die Betreffenden das Erlösungswerk Christi antasten. Wieso das denn? Nun, wenn meine Heiligkeit in meiner Eigenleistung wurzelt — z. B. in der gesetzlich verordneten Ehelosigkeit oder in gesetzlich verordneten Speiseverzichten —, dann besteht meine Heiligkeit in einer selbstgemachten Erlösung, aber nicht mehr in dem Erlösungswerk Jesu Christi von Golgatha, nicht mehr in dem „allein aus Gnaden“. Darum werden durch diese Forderungen die Betreffenden zu Irrlehrern und Sektierern. Außerdem: Diese Sektierer verachten mit ihren gesetzlichen Verboten von Ehe und bestimmten Speisen Gottes Gabe. Im Gegensatz dazu erklärt die Heilige Schrift: „Alle Kreatur Gottes ist gut.“ D. h.: Es ist alles gut, was Gott erschaffen hat und nichts ist verwerflich .. . (V. 4.). Es geht um Gottes Schöpfung. Sie ist gut. Es geht um das Erlösungswerk Jesu Christi. Es reicht aus. Wir brauchen dem nichts hinzuzufügen. Wenn wir dies beides, da wo wir stehen, den Brüdern ... in Gemeinde und Familie, am Arbeitsplatz und im öffentlichen Leben — Vorhalten, d. h. darlegen, „dann erfüllen wir auch die zweite Voraussetzung zu einem guten Diener unseres Herrn Jesus“. 3. Empfange Gottes Gabe mit Danksagung Auf die Danksagung hinzuweisen ist gerade heute geboten — auch und gerade im Blick auf das Tischgebet. Denn nun muß ich Ihnen etwas Beschämendes sagen: Während meiner Vikariatszeit haben der Pfarrer und ich 233 Kinder in unserem Konfirmanden-Unter-richt gefragt: „Wird bei euch zu Hause vor dem Essen und nach dem Essen gebetet?“ Von den 233 Kindern antworteten 176: Nein, bei uns wird vor dem Essen nicht gebetet und 208 antworteten: Auch nach dem Essen wird nicht gebetet. Das Ergebnis ist erschütternd. Aber das soll uns um so mehr anspornen, unsere Verantwortung zu erkennen. Und erst recht ein guter Diener unseres Herrn Jesu zu werden. Nichts brauchen wir dringender — in unseren Familien, in unseren Gemeinden und Gemeinschaften, in unserem Volk. Ich möchte keine Zweifel darüber aufkommen lassen: Für einen Diener Jesu Christi gibt es keinen gleichwertigen Ersatz, weder durch Sozialhelfer, noch durch Fürsorger. Gerade unsere fiebrigkranke Zeit braucht Diener Jesu Christi, die unabhängig machen von der Welt und dem Zeitgeist. Sie braucht dich, sie braucht mich. Wer dies erkenntnismäßig einsieht, aber selber noch nicht für sich diese Einsicht mit Leben gefüllt hat, der möge sich dazu entschließen. Dann stehen wir gemeinsam dem EINEN zur Verfügung, in dem allein das Heil liegt: Unserem hochgelobten HERRN. IHM wollen wir unsere Kräfte weihen. Es gibt nichts Schöneres und nichts Notwendigeres als dies. Dr. Gerhard Bergmann, Halver Der Pfarrer war beliebt in seiner Gemeinde. Er war sehr fleißig und machte viele Hausbesuche. Es war ihm wichtig, Gemeinde zu bauen. Besonders bemühte er sich um die Konfirmanden. Ein Höhepunkt waren jedes Jahr die Konfirmandenfreizeiten. Da nahm er dann immer die Mitarbeiter aus der Jugendarbeit mit. Möglichst viele wurden eingespannt und bekamen Verantwortung übertragen. Um das Geländespiel oder den bunten Abend kümmerte sich der Pfarrer wenig. Das taten die jungen Mitarbeiter des CVJM, die davon mehr verstanden. Für die Bibelarbeit hatte er Fragen vorbereitet, die in Gruppen besprochen wurden. — Kurz — es war ein erfreuliches Miteinander. Nach 10 Jahren intensiver Gemeindearbeit wurde er vom Oberkirchenrat auf eine andere Pfarrstelle berufen. Der Tag des Abschieds kam. Das Gemeindehaus war voll besetzt. Die Liebe und Wertschätzung der Gemeinde wurde durch viele Beiträge, schöne Reden und ein Geschenk zum Ausdruck gebracht. Zuletzt ergriff der Pfarrer selbst das Wort. Seine Worte klangen fast wie ein Mißton in der harmonischen Versammlung. Er sagte: „Wenn ihr alles getan habt — aber wir haben ja nicht alles getan — dann sprecht: Wir sind unnütze Knechte, wir haben nur getan, was wir zu tun schuldig waren.“ Durch dieses Wort wurden wir auf den Boden der Nüchternheit zurückgeholt. Wir sind unnütze Knechte. Wir sind entbehrliche Knechte. Wir sind gar nicht wichtig. Diese Sprache ist offenbar die richtige Haltung der Diener Jesu Christi: Wir sind entbehrlich, wir sind nicht wichtig. Uns braucht man nicht. Nur einer ist unentbehrlich: Unser Herr. L. Hofacker: Jesus ist der Allerunentbehrlichste. Diener Jesu Christi sind Herolde, die in dieser Welt, wo so viele Namen eine Rolle spielen und sich so furchtbar wichtig Vorkommen, einen Namen ausrufen: Jesus Christus. „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, darin wir sollen selig werden als allein der Name Jesus.“ Jesus ruft Menschen mit Fehlern und Gebrechen in seinen Dienst. Timotheus war ein ängstlicher Mann. Der Herr hat ihn deswegen nicht fortgeschickt. Er war noch verhältnismäßig jung. Paulus ermutigt ihn: Niemand verachte deine Jugend. Er war oft krank. Aber auch das ist kein Hinderungsgrund zum Dienst für Jesus: Welch ein Herr! Er ruft keine Elite, sondern will jeden Menschen mit seinen Gaben und trotz seinen Schwächen gebrauchen. Eines freilich fordert der Herr von seinen Leuten, die Bereitschaft, mit ihm durch dick und dünn zu gehen. Leute, die immer nur oben drauf schwimmen wollen, wie das Fett in der Suppe, die sind nicht geeignet für Gottes Reich. Es geht da nicht immer auf Höhenwegen, sondern es geht mitunter tief hinab. Timotheus hat davon schon in jungen Jahren etwas mitbekommen. Da kam Paulus und Barnabas bei der ersten Missionsreise auch in die Heimat des Timotheus. Sie predigten das Evangelium von Jesus und sagten den Menschen: Jetzt geht es darum, daß ihr euch bekehrt von den falschen Göttern zu dem lebendigen Gott. Die Leute waren aufgeschlossen und sehr beeindruckt. Die Sympathie schlug allerdings um, als von den Orten, wo Paulus und Barnabas vorher waren, Juden kamen, die dem Evangelium und seinen Boten feindselig gegenüberstanden. Sie wiegelten das Volk auf gegen die Botschaft von Jesus und steinigten Paulus und schleiften ihn zur Stadt hinaus. Das Häuflein der Getreuen stand um den leblosen Körper des Paulus herum. Wie soll es nun weitergehen? Das ist ihre bange Frage. Da regt sich der gesteinigte Paulus, steht auf und geht erneut in die Stadt. Das alles hat der junge Timotheus miterlebt. Er wurde dadurch nur fester mit seinem Herrn verbunden. Er bekam teil am Leiden um Jesu willen und sagte bewußt ja dazu. Als Paulus bei seiner zweiten Missionsreise wieder nach Lystra kommt, da hatte sich der Timotheus bereits bewährt. Er hatte einen guten Ruf bei den Brüdern in Lystra. Paulus denkt: das ist der richtige Mitarbeiter für mich, den nehme ich mit. Timotheus hatte es mit eigenen Augen gesehen, wie gefährlich es ist, im Team des Paulus mit dabei zu sein. Er ist von Natur ängstlich, aber er sagt trotzdem ja. Er geht ganz einfach zusammen mit Paulus und Silas ins Ungewisse. Das bringt der Herr Jesus fertig: Er macht Ängstliche mutig, er macht Leidensscheue bereit zum Leiden. Er weiß um die Schwächen seiner Leute: Sind wir schwach — der Herr hat Stärke, sind wir arm — der Herr ist reich. Wer ist unserem König gleich? Er wird auch mit denen fertig, die sich seinem Namen und seiner Botschaft entgegenstellen. Jesus Christus hat den ärgsten Verfolger seiner Gemeinde zu seinem Boten gemacht. Paulus schreibt davon an seinen Mitarbeiter Timotheus: „Ich danke unserem Herrn Jesus Christus, der mich stark gemacht hat und treu geachtet und gesetzt in das Amt, der ich zuvor war ein Lästerer und ein Verfolger und ein Frevler. Aber mir ist Barmherzigkeit widerfahren.“ Die Gemeinde in Jerusalem zitterte noch, als sie den Namen Saulus hörte, aber der war schon umgewandelt durch Christus. Der war schon ausersehen für eine große Aufgabe. „Dieser ist mir ein auserwähltes Rüstzeug, daß er meinen Namen trage vor Heiden und vor Könige und vor das Volk Israel.“ Paulus bezeugt dem Timotheus seine Erfahrungen, die er mit dem Herrn Jesus gemacht hat. Nun kommt es darauf an, daß Timotheus es diesem Herrn zutraut, daß er für die Aufgaben auch die Kraft gibt. „Sei stark, nicht durch eigene Kraft, sondern durch die Gnade in Christus Jesus. Der Herr wird dir in allen Dingen Verstand geben.“ Das ist der Ruhm der Leute Jesu, der Herr führt, der Herr hilft, der Herr segnet. Wir brauchen nicht krampfhaft alles selber machen. Nein, Gott ist's, der es schafft. Der Herr bietet seine Kraft an. Seine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Ludwig Hofacker war ein schwacher Mann. Er war so krank, daß er in seinem Dienst als Pfarrer oft aussetzen mußte. Mit 29 Jahren ist er schon gestorben. Und wie hat der Herr dieses schwache Werkzeug gebraucht. Was hat Gott in dieser kurzen Zeit durch L. Hofacker gewirkt. Was wirkt er noch heute durch diesen treuen Zeugen! Welch ein Herr! Mandier hat schon große Hoffnungen in einen Beruf oder in einen Arbeitgeber gesetzt und ist bitter enttäuscht worden. Vielleicht konnte er aus gesundheitlichen Gründen die seitherige Arbeit nicht mehr tun oder seine Firma kam in wirtschaftliche Schwierigkeiten und mußte aufgeben. Niemand vermag mit Sicherheit vorauszusagen, ob die Entscheidung für einen bestimmten Beruf, für eine bestimmte Firma in 20 Jahren auch noch richtig ist. Wir leben in einer schnellebigen Zeit. Der Wechsel geht oft sehr schnell vor sich. Was heute noch so sicher und zukunftsträchtig scheint, ist morgen schon überholt. Das Leben ist wie ein Mühlrad. Mal oben, mal unten. Es gibt nur einen, der bleibt im Wechsel der Zeiten. Die Bibel sagt: Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Er ist der beste Arbeitgeber, den es gibt. Er zahlt am besten. Kein Becher kalten Wassers bleibt unbelohnt. Bei ihm gibt es auch keine Arbeitslosigkeit. Er stellt Leute in seinen Dienst, Hauptamtliche und Nebenamtliche, Junge und Alte, Gesunde und Kranke. Er sagt: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstoßen. Die Entscheidung für Jesus ist die beste Entscheidung, die ein Mensch in seinem Leben treffen kann. Diese Entscheidung hat Timotheus getroffen und er wurde ein guter Diener Jesu Christi. Dieser ängstliche junge Mann, der oft krank war, wurde der beste Mitarbeiter des Apostels Paulus. Dieser schreibt an die Gemeinde in Philippi von Timotheus: „Ich habe keinen, der so ganz meines Sinnes sei und der so herzlich für euch sorgt.“ Und an Timotheus selbst schreibt Paulus 2. Tim. 3, 10—12: „Du aber bist nachgefolgt meiner Lehre, meiner Weise, meiner Meinung, meinem Glauben, meiner Langmut, meiner Liebe, meiner Geduld, meinen Verfolgungen, meinen Leiden, welche mir widerfahren sind zu Antiochien, zu Ikonion, zu Lystra. Welche Verfolgungen ertrug ich da! Und aus allen hat mich der Herr erlöst. Und alle, die gottesfürchtig leben wollen in Christus Jesus, müssen Verfolgungen leiden.“ Die Entscheidung für Jesus hat dem Timotheus kein bequemes und geruhsames Leben eingebracht. Er mußte viel leiden um Jesu willen. Aber er wußte, dieser Zeit Leiden sind nicht der Rede wert gegenüber der Herrlichkeit, die an uns soll offenbar werden. Im Dienst für Jesus wird es niemand langweilig. Man kann freilich dem Herrn Jesus nicht recht dienen, wenn man ihm nicht persönlich angehört. Kurz bevor ich zum Glauben kam, hat es in meiner Heimatgemeinde sehr an Mitarbeitern gefehlt für die Kinderkirche. Der Pfarrer bat mich inständig, ich solle doch mitmachen. Aber ich kriegte die Kurve nicht. Das wurde anders, als ich mein Leben bewußt Jesus übergab. Da brauchte der Pfarrer nicht mehr viel bitten. Es war im Oktober. Als im November die Weihnachtsfeier der Kinderkirche vorbereitet wurde, war ich schon dabei. Zusammen mit meinem Freund wollte ich bald auch in der Jugendarbeit mithelfen. Mit großem Eifer hielten wir unseren Jungenkreis. Wir waren noch ziemlich jung. Eine Mutter war recht kritisch über unsere Mitarbeit und sagte: Was kennet se au bei deane Buaba lerne? Menschlich gesehen mag sie wohl recht gehabt haben, aber ich bin überzeugt, der Herr Jesus freut sich über junge Leute, die mit Eifer am Werk sind. Einer meiner Jugendfreunde hatte Verwandte im Steinlach-Bezirk, ganz in der Nähe von Reutlingen. Wir fuhren mit der Jungenschaft gelegentlich rüber zu einer Monatsstunde. Ein alter Bruder ist uns Jungen da ans Herz gewachsen. Ich besuchte ihn einmal in seinem Haus. Im Verlauf des Gesprächs sagte er: „Jetzt fehlt dir bloß noch eins. Jetzt brauchsch bloß no a reachte Frau.“ Er fügte hinzu: „D'Frau sott no a weng frömmer sei als dr Ma.“ Er wußte, wovon er sprach. Mancher junge Christ ist durch seine Heirat im Dienst für Jesus nicht gefördert, sondern gelähmt worden. Die Mutter von St. Chrischona sagte zu einem jungen Mann, der sich verlobt hatte: „Mögen Sie mit verdoppelter, nicht mit halbierter Kraft Ihrem Herrn und Meister dienen und gemeinsam mit Ihrer Braut seine Befehle ausrichten.“ Was kann ein Ehepaar, eine Familie, ein Haus bedeuten für den Dienst für Jesus. Es gibt Häuser im Lande, die sind Stützpunkte Gottes mitten in der Welt. Wir sind dankbar, daß wir solche Menschen haben, die mit ihrem Leben, mit ihren Gaben, an ihrem Platz dem Herrn Jesus dienen möchten. Bei uns im Schwarzwald lebte ein einfacher Schuhmacher. Er war klein von Person und im Alter ein wenig bucklig. Aber er war zu Hause in der Bibel und gab, was ihm aus der Bibel geschenkt wurde, treulich weiter im Jugendkreis, in der Stunde, im Kirchenbezirk. Besonders während des Krieges war er oft mit dem Fahrrad unterwegs, um als Lektor Gottesdienste in den Kirchen der Nachbarschaft zu halten. Da stellte ihn während des dritten Reiches der nationalsozialistische Ortsgruppenleiter seiner Gemeinde voller Spott zur Rede. Der Ortsgruppenleiter sagte: “Johann, du solltest dich umstellen, du solltest mit der Zeit gehen. Du bist ja hoffnungslos rückständig. Du mußt bei uns mitmachen. Das hat Zukunft. Euer Sach mit der Kirch hat doch kei Zukunft mehr.“ Der Johann war ein tapferer Mann. Er ging auf das Angebot des Ortsgruppenleiters nicht ein, sondern entgegnete ihm: „Unser Sach hot no a Zukunft, wenn de euer scho lang keine mehr hat.“ Dieser Satz hätte ihn Kopf und Kragen kosten können. Aber wie hat er recht behalten! Jesu Reich hat eine Zukunft, wenn alle Reiche dieser Welt am Ende sind. Darum hielt er unbeirrt daran fest, auch in einer Zeit, wo er deswegen verspottet und angefeindet wurde. In der vergangenen Woche war ich in einer Firma. Da war alles da. Eine schöne, große neue Halle. Ein riesengroßer Hof schön mit Betonsteinen gepflastert. Darum herum noch Grünflächen mit Rasen eingesät. Das wurde alles in den letzten 10 bis 15 Jahren gebaut. Alles ist in Ordnung. Aber die Firma ist pleite. Es geht nichts mehr. Die Halle ist leer. Es arbeiten keine Menschen mehr drin. Aber nicht nur Firmen machen pleite und verschwinden. Regierungen, die heute große Ansprüche erheben, sind morgen nicht mehr da. Im 3. Reich sprach man vom 1000jährigen Reich. Nach 12 Jahren war alles kaputt und Deutschland lag in Schutt und Asche. Wir brauchen etwas, was Zukunft hat, etwas, das die Wechselfälle dieser Zeit überdauert. Wir brauchen eine Sache, die Zukunft hat, wenn alle Reiche und Ideologien dieser Welt am Ende sind. Wir können unser Leben nicht auf schwankenden Grund bauen. Wir können uns nicht auf den Augenblick verlassen. Wir brauchen einen Helfer über die Zeit dieses Lebens hinaus. Das finden wir nur bei Jesus. Jesu Sache hat Zukunft, wenn alle anderen Reiche längst am Ende sind. Der Herr Jesus sagt: Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende. Darum ist es der beste Stand auf dieser Welt. Der Herr ist gut und sieht in Gnaden an den armen Dienst der Knechte, die ihn lieben. Welch ein Herr — Ihm zu dienen, welch ein Stand! Kurt Feuerbacher, Ebhausen Psalm 100 ruft uns zu: „Dienet dem Herrn mit Freuden!“ Dieser Aufruf gilt dem Volk Gottes. Als Glieder am Leib Jesu Christi, das ist seiner Gemeinde, sind wir zum Dienst aneinander und zum Zeugendienst in dieser Welt berufen. Lebendige Gemeinde ist dienende Gemeinde! Von Natur aus können wir Gott gar nicht dienen. Dazu müssen wir erst befreit werden. Der badische Erweckungsprediger Alois Henhöfer gebrauchte einmal das biblisch vorgegebene Bild vom Baum für unser Leben. Er sagte etwa so: Von Natur aus sind wir Holzapfelbäume, unedle Apfelbäume, deren Frucht nichts taugt. Nun können wir zum Holzapfelbaum hundertmal sagen: Bringe Boskop! Bringe gute Äpfel! Er bringt nach wie vor Holzäpfel; denn er kann gar nichts anderes hervorbringen. Erst dann, wenn sein Holz durch ein Wunder in das Holz eines Boskop-Apfelbaumes verwandelt wird, kann er Boskop, gute Äpfel, bringen. — Mit diesem Vergleich wies Henhöfer auf die Unmöglichkeit hin, daß der Mensch von sich aus, durch des Gesetzes Werke, sich wandeln und Frucht des Geistes hervorbringen könne. Nur das Evangelium kann das Wunder der Umwandlung des Menschen bewirken. Nur Gott kann die Wiedergeburt von oben schenken. Dieser Vergleich Henhöfers gilt auch im Blick auf den Dienst des gefallenen Menschen für seinen Gott und für Jesus Christus den Herrn. Der Mensch ist von Natur aus der gefallene Mensch. Er hat sich von Gott nicht nur losgelöst, sondern er ist an die Gottesferne auch gebunden. Paulus spricht sogar von einer tief im Herzen wurzelnden Feindschaft des Menschen gegen Gott. Wir können dem Menschen immer wieder Zurufen: Diene dem Herrn mit Freuden! Aber er kann es nicht tun. Zum Dienst müssen wir erst durch Jesu Erlösungstod und die Kraft seiner Auferstehung befreit werden. Wir leben in einer Zeit vieler christlicher Aktivitäten. Ist aber der christliche Aktivismus an sich schon Dienst für Jesus? Der unerlöste Mensch, der Christ ohne Heilsgewißheit, kann Gott nicht wirklich dienen. Aufs Ganze gesehen, geht die Heilsgewißheit in christlichen Kreisen zurück. Es ist die Gewißheit der Vergebung der Sünden, der Lebensgemeinschaft mit Jesus, des Wartens auf die Wohnung in des Vaters Haus nach dem Sterben und die Hoffnung auf die zukünftige Herrlichkeit. Der Mensch, der noch nicht wiedergeboren ist und darum auch noch keine Heilsgewißheit hat, kann Jesus nicht dienen. Muß man heute nidit sagen: Viel christliche Aktivität, aber wenig Dienst für Jesus? Liegt hier nicht die Ursache dafür, daß die Zahl der Schwestern und Diakonissen zurückgeht und die Diakonie in dieser Hinsicht Not leidet, daß wir zu wenig Menschen für die Äußere Mission zur Verfügung haben, daß die Gemeinden Jesu — seien es Kirchengemeinden, freikirchliche Gemeinden, Gemeinschaften, Hauskreise oder andere Gruppen — so wenig auferbaut und ihrerseits wieder zum Dienst zugerüstet und auf die Wiederkunft Jesu Christi vorbereitet werden? Was aber ist Dienst? Das griechische Wort für Dienst heißt „diakonia“ und für Diener „diakonos“. In diesem Wort schwingt die Bedeutung mit: durch den Staub kriechen. Der Diener Christi Jesu dient nicht sich selbst, sondern seinem Herrn. Er sucht nicht seine Ehre, sondern die des Herrn. Er will den Willen seines Herrn erkennen und ihn tun. Er spricht mit Johannes dem Täufer (Joh. 3, 30): „Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen.“ Der Diener Jesu Christi sucht nicht in erster Linie seine persönliche Erbauung, sondern die Auferbauung der Gemeinde als des Tempels des lebendigen Gottes. Sein Dienst gilt den Gliedern der Gemeinde, dem Wachstum der Gemeinde und ihrer Zurüstung zum Dienst und zur Wiederkunft des Herrn. Der Diener Christi Jesu dient in Selbstverleugnung, in Demut und in Liebe. Nun ist es jedoch nicht entscheidend, daß wir dienen, sondern wie wir dienen. Im Blick auf unser Leben in der Kampfbahn des Glaubens ermahnt der Apostel Paulus seinen Freund und jungen Mitarbeiter Timotheus (2. Tim. 2, 5): „Wenn jemand kämpft, wird er doch nicht gekrönt, er kämpfe denn regelrecht.“ Im Blick auf den Dienst für Jesus gibt Paulus dem Timotheus die Anweisung (1. Tim. 4, 6): „... so wirst du ein guter Diener Christi sein.“ „Dienet dem Herrn mit Freuden!“ Doch sollen wir darauf achten, daß unser Dienst dem Willen des Herrn entspricht. Darum: Wir sollen gute Diener Christi sein Ein guter Diener dient seinem Herrn nicht nach eigenen, frommen Vorstellungen, sondern nach dem Willen und nach der Platzanweisung des Herrn in der Zeit ,in die der Jünger hineingestellt ist. Darum gibt der Apostel Paulus Timotheus zu dem Thema des guten Dienstes für Jesus drei Hinweise: Der gute Diener Christi dient seinem Herrn: — in endzeitlich wirren Verhältnissen, — in persönlicher Heiligung, — im Ringen um die Glieder der Gemeinde. I. Der gute Diener Christi Jesu dient seinem Herrn in endzeitlich wirren Verhältnissen Der Heilige Geist gibt uns in Gottes Wort deutliche Hinweise auf die letzten Zeiten. „Der Geist aber sagt deutlich, daß in den letzten Zeiten ...“ (V. 1). Der Heilige Geist weist uns mit „ausdrücklichen Worten“ auf die wirren, letzten Zeiten, die dem Zweiten Kommen Christi vorangehen, hin. Er spricht in Gottes Wort darüber nicht andeutungsweise, nicht schemenhaft oder gar zweideutig, sondern in verständlichen Worten und klaren Aussagen. Unser Herr will, daß seine Gemeinde die Situationen und Anfechtungen, in die ihr Weg hineinführt, klar erkennt. In den letzten Wochen berichteten Illustrierte im Zusammenhang mit dem Attentat auf Papst Johannes Paul II. von Wahrsagungen des mittelalterlichen französischen Astrologen, Arzt und Okkultisten Nostradamus und über die Fatimabotschaften von 1917, die alle von einem dritten Weltkrieg und den damit verbundenen Katastrophen am Ende unseres Jahrhunderts sprechen. Die Gemeinde Jesu sollte sich davon nicht beeindrucken lassen. Der Geist Gottes zeigt uns im Wort Gottes eindeutig, was kommen wird. Und es werden Entwicklungen einsetzen, die für die Gemeinde gefährlicher sind als ein dritter Weltkrieg. „Der Geist aber sagt deutlich, daß in den letzten Zeiten werden etliche von dem Glauben abfallen und anhangen den verführerischen Geistern und Lehren böser Geister“ (V. 1). Die letzte Zeit beginnt mit dem Erdenleben Jesu Christi, mit seiner Erlösungstat am Kreuz von Golgatha und am Auferstehungsmorgen sowie mit seiner Himmelfahrt und der Ausgießung des Heiligen Geistes an Pfingsten. Diese letzte Zeit verstärkt und verdichtet sich zunehmend zu den — so wörtlich — „letzten Fristen“. Von diesen Zeiten sprechen unser Herr Jesus Christus und die Apostel unseres Herrn öfters. Es sei hingewiesen auf Stellen wie Matthäus 24, 24; 2. Thess. 2, 3; 2. Tim. 3, 1; 1. Joh. 2, 18; Judas 17, 18. Diese Zeiten werden für die Gemeinde Jesu besonders notvoll. Der frühvollendete Pfarrer Ernst Willauer verfaßte in dem Jahr, da er im Zweiten Weltkrieg auf hoher See starb, das Lied: Du weißt die Not der letzten Zeiten, du hörst den Ruf, der zu dir schallt, der sich entringt aus schweren Leiden: o komm, Herr Jesu, komme bald! Du bist der Herr auch dieser Zeiten, du übst auch darin die Gewalt und kommst mit Macht, für uns zu streiten: o komm, Herr Jesu, komme bald! Du kennst den Weg durch diese Zeiten, bist selbst das Licht, das tröstlich strahlt, und willst uns mit den Augen leiten: o komm, Herr Jesu, komme bald! So gehn den Weg wir durch die Zeiten, die Schar, die dir entgegenwallt, zu jener Stadt der ewgen Freuden: o komm, Herr Jesu, komme bald! Der bekannte und gesegnete Theologieprofessor Adolf Schiatter, Tübingen, schrieb in seinen „Erläuterungen zum Neuen Testament“ einleitend zum vierten Kapitel des ersten Timotheusbriefes: „... von da richtet sich sein — des Paulus — Auge mit scharfer Wendung auf die Zukunft der Kirche hinüber, und was er hier sieht, ist ein düsteres Bild. Ihr steht ein harter Kampf und schwere Not bevor. Paulus rechnet für sie nicht auf einen reinen Zustand, sondern auf schlimme Verirrungen ... die kommende Zerrüttung der Kirche macht es schon für die Gegenwart wichtig, wer jetzt in ihr die Arbeit übernehme und wie er diese tue, und macht es denen, die wie Timotheus tüchtige Arbeit tun können, zur heiligen Pflicht, dafür zu sor- gen, daß in der Kirche das gesunde Wort regiere, soweit es in ihrem Vermögen steht.“ In 2. Tim. 3, 1 spricht Paulus von diesen schlimmen Zeiten: „Das sollst du aber wissen, daß in den letzten Tagen werden greuliche Zeiten kommen . ..“ Solches erleben wir zunehmend mehr. Um nur auf eines hinzuweisen: Zur Zeit brandet wieder eine große Welle der Homosexualität auf. Der Paragraph 175 StGB soll nun ersatzlos gestrichen werden. Das bedeutet, daß auch die Päderastie — sprich: Knabenliebe, Knabenschändung — freigegeben werden soll. Menschen, die sich in seelsorgerlicher Verantwortung dieser Flut entgegenstellen — ich denke an die Mitarbeiter des Weißen Kreuzes und besonders an seinen Generalsekretär, Pfarrer Gerhard Naujo-kat, sowie an Frau Christa Meves —, werden von homosexuellen Gruppen angegriffen. Sie sollen fertiggemacht und ausgeschaltet werden. Der Apostel Paulus nennt eine besondere Not der letzten Zeiten in der Gemeinde Jesu: den Abfall vom Glauben. Im zweiten Kapitel des zweiten Thessalonicherbriefes spricht der Apostel Paulus von dem Abfall, der dem Kommen des Herrn vorausgehen wird. Auch Timotheus weist er darauf hin. Es werden Christen nicht mehr vertrauensvoll an Gott und Gottes Wort fest-halten. Sie werden nicht mehr auf Jesus und sein Heil allein bauen und ihrem Herrn nicht mehr in der ersten Liebe und im stillen Gehorsam gegen sein Wort nachfolgen. Dabei werden sie keinesfalls unreligiös. Sie können sogar noch frömmer als zuvor erscheinen. Sie verfallen jedoch den von unten inspirierten Lehren und Bewegungen. Adolf Schlauer schrieb dazu: „Der Kampf gegen den Glauben wird vom Geisterreich ausgeführt.“ Es sind täuschende, trügende, irreführende Geister. Sie bringen Bewegungen in Gang und lassen Lehren aufkommen, die fromm-christlich erscheinen, aber sich nicht mehr mit Gottes Wort voll decken. Dazu benutzen sie Menschen als ihre Werkzeuge. Der Apostel Paulus charakterisiert sie so: — sie reden Lügen und nicht die göttliche Wahrheit; — sie verstellen sich zu Dienern Christi bewußt oder unbewußt; — sie haben in ihrem Gewissen ein aufgedrücktes Brandmal, nämlich das Zeichen, daß sie von den Mächten der Finsternis in Beschlag genommen worden sind. Diese Lehren und Bewegungen führen von Gottes Wort weg und verändern göttliche Ordnungen. Sie treten in verschiedenen Formen auf. Hier, im ersten Timotheus-Brief, sind es fromm-asketisch auftretende Lehrer: Man soll nicht mehr heiraten und man soll auf gewisse Speisen verzichten. Nun gibt es einen lebenserfüllenden Dienst für Jesus auf dem Weg des Ledigseins. Auch gibt es einen Verzicht auf Annehmlichkeiten des Lebens um Jesu willen. Aber hier, bei den vom Apostel Paulus angesprochenen endzeitlichen Bewegungen, handelt es sich um einen frommen, selbsterwählten Weg, heilig zu werden, und womöglich in mystischer Weise die Gemeinschaft mit Gott zu erreichen. Wir leben heute in zunehmenden endzeitlichen Nöten. Die Fülle der Bewegungen und Lehren, die christlich und fromm erscheinen, aber nicht vom Heiligen Geist inspiriert sind, treten in verwirrender Fülle auf: Meditationspraktiken; Gruppendynamik in schillernder Bandbreite; Versuche, mit kosmischen Kräften in Verbindung zu kommen; charismatische Erneuerungsversuche; Seelisches statt Geistliches; moderne Wege; Musik, die nicht mehr Träger geistlicher Wirklichkeit sein kann usw., usw. Wie bewährt sich der gute Diener Christi )esu angesichts dieser Situationen? „Wenn du den Brüdern solches vorhältst, so wirst du ein guter Diener Christi Jesu sein“ (V. 6 a). Der gute Diener Christi Jesu bezeugt die göttliche Wahrheit. Die wahrhaft Gläubigen erkennen die Wahrheit. Wer das Wort der Bibel erkennt, erkennt auch Gott, erkennt Jesus und erkennt damit die Wahrheit. Mit diesem Wort der Wahrheit, dem Wort der Bibel, begegnen wir den irreführenden Geistern und den Lehren der Dämonen. So hat es auch der Herr bei der Versuchung getan. Er begegnete dem Satan mit: „Wiederum steht geschrieben ..." Es war Luthers Erfahrung im Kampf mit den Schwärmern: Das Wort muß es tun! Wenn es das Wort nicht tut, gibt es keinen anderen Weg der Hilfe. So dienen wir einander mit dem Wort der Heiligen Schrift. Wovon reden wir, wenn wir als Jünger Jesu miteinander gehen, zusammenstehen oder beisammensitzen? Reden wir von alltäglichen Dingen oder über Themen, die keinen Ewigkeitswert haben? Oder sprechen wir von Jesus, über Gottes Wort und über die Reichssache unseres Herrn? Dienen wir einander mit dem Wort des Lebens? In den Versammlungen und in der Einzelseelsorge geschieht dieser Dienst mit einer dreifachen Akzentsetzung. Wir sollen das Wort der Wahrheit „Vorhalten“ (V. 6). Dies bedeutet: wir sollen das Wort der Schrift unseren Gesprächen zugrunde legen, aber auch dem anderen ans Herz legen und ins Herz hinein geben. Wir sollen das Wort der Wahrheit „gebieten“ (V. 11). Dieses Gebieten meint, daß wir das Wort der Bibel als Botschaft weitergeben und dabei deutlich machen, daß es ein verpflichtendes, unseren Gehorsam heischendes Wort ist. Wir sollen das Wort der Wahrheit „lehren“ (V. 11). Wir zeigen das einzelne Wort im Zusammenhang der Schrift auf. Es ist wichtig, daß wir die Grundwahrheiten der Schrift und ihre Zusammenhänge erkennen und damit innerlich gefestigt werden gegenüber fremden und falschen Lehren. Hier zeigt uns der Apostel Paulus, wie wir das Wort der Bibel in unseren Kreisen behandeln sollen. Das Ziel dieses Dienstes aneinander. In der alten badischen Trauagende heißt es in einem Traugebet von den Eheleuten: „. .. daß sie einander redlich beistehen auf dem Wege zu ihrem himmlischen Ziele.“ Wir sollen einander helfen, das himmlische Ziel, die ewige Herrlichkeit zu erlangen. II. Der gute Diener Christi Jesu dient seinem Herrn in persönlicher Heiligung Dienst ohne persönliche Heiligung ist nicht möglich. Der Hebräerbrief sagt uns deutlich (Hebr. 12, 14), daß ohne Heiligung niemand den Herrn sehen wird. Ebenso kann niemand ohne Heiligung dem Herrn dienen: „Reinigt euch, die ihr des Herrn Geräte tragt“ (Jes. 52, 11). Der Apostel Paulus spricht auch hier von Heiligung, nämlich von der Hingabe an den Herrn. Irdische Gaben werden durch das Wort Gottes und das Gebet geheiligt (V. 5). Auch der Diener Jesu Christi soll sich selbst heiligen, nämlich dem Herrn ganz zur Verfügung stehen. In einer Zeit des Abfalls vom Glauben ist die Heiligung um so wichtiger. Das Leben in der persönlichen Heiligung. Es ist einmal ein Leben mit dem Wort Gottes, in dem Wort Gottes und aus dem Wort Gottes. Der Apostel Paulus spricht Timotheus an als einen, der in den Worten des Glaubens ernährt und erzogen worden ist. Heiligung heißt, sich aus dem Wort Gottes Tag für Tag nähren und sich von diesem Wort erziehen lassen. So sprach es der Liederdichter Karl Johann Philipp Spitta, ein Theologe, der im Geist der Erweckungszeit diente, in seinem Lied „Es kennt der Herr die Seinen“ aus: Er kennet seine Scharen am Glauben, der nicht schaut, und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut; der aus dem Wort gezeuget, und durch das Wort sich nährt, und vor dem Wort sich beuget, und mit dem Wort sich wehrt. Die Worte des Glaubens sind die Worte der Heiligen Schrift. Wer aber an Gottes Wort festhält, muß andere, fremde Lehren abweisen: „Aber die ungeistlichen Altweiberfabeln weise ab“ (V. 7). Diskussion hat keinen Wert. Sie lohnt sich nicht. Sie ist sogar gefährlich. Das Leben in der persönlichen Heiligung ist sodann ein Leben in der Übung. Paulus empfiehlt dem Timotheus das Einüben in der „Gottseligkeit“. Es ist ein Einüben in den Willen Gottes, in das Annehmen des Wesens Jesu, in das tägliche Ablegen des alten Menschen und das Anziehen des neuen. Diese Übung ist eine innere, aktive Haltung, die dann auch das Äußere bestimmt, so daß wir Vorbilder der Gemeinde Christi werden. Auch spricht Paulus davon, daß wir in dieser Heiligung sichtbar zunehmen werden. Das griechische Wort, das Paulus hier gebraucht, findet sich in dem deutschen Wort „Gymnastik“ wieder. „Tue Gymnastik in der Gottseligkeit.“ Mit der sportlichen Gymnastik trainieren wir unseren Körper. Mit dieser geistlichen Einübung machen wir Fortschritte in der Heiligung. Dieses Einüben ist das Gegenteil eines passiven, undisziplinierten Christenlebens, das sich treiben läßt, womöglich in einer falschverstandenen Freiheit. Oswald Chambers schreibt in seinem Andachtsbuch „Mein Äußerstes für Sein Flöchstes“ unter anderem: „Wir müssen Gewohnheiten ausbilden, durch die wir zum Ausdrude bringen können, was Gottes Gnade an uns getan hat. Es handelt sich nicht darum, daß wir vor der Hölle errettet worden sind, sondern daß wir erlöst worden sind, um das Leben des Sohnes Gottes in unserem sterblichen Fleische darzutun.“ „Wir schieben alles auf den Teufel, anstatt es auf unser eigenes, undiszipliniertes Wesen zu schieben. Bedenke, was wir sein können, wenn wir uns aufraffen!“ Diese persönliche Heiligung ist wichtig, damit wir gute Diener Christi Jesu sein können. III. Der gute Diener Christi Jesu dient seinem Herrn im Ringen um die Brüder und die Gemeinde Dieses Ringen ist biblisch geboten und für das Leben der Gemeinde nötig. Die Gemeinde Jesu ist von innen und von außen gefährdet. Darum bedarf es des gegenseitigen Beistandes und des seelsorgerlichen Hel-fens, damit die Gemeinde zugerüstet werde und ihre Glieder das Ziel nicht verfehlen. Der Apostel Paulus legte es beim Abschied von den Ältesten der Gemeinde in Ephesus, mit denen er in Milet zusammengetroffen war, ihnen ans Herz: „So habt nun acht auch auf euch selbst und auf die ganze Herde, unter welche euch der Heilige Geist gesetzt hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeinde Gottes, welche er durch sein eigen Blut erworben hat. Denn das weiß ich, daß nach meinem Abscheiden werden unter euch kommen greuliche Wölfe, die die Herde nicht verschonen werden. Auch aus euch selbst werden aufstehen Männer, die da verkehrte Lehren reden, die Jünger an sich zu ziehen. Darum seid wachsam und denket daran, daß ich nicht abgelassen habe drei Jahre, Tag und Nacht, einen jeglichen mit Tränen zu vermahnen. Und nun befehle ich euch Gott und dem Wort seiner Gnade, der da mächtig ist, euch zu erbauen und zu geben das Erbe unter allen, die geheiligt sind“ (Apg. 20, 28—32). Auch Timotheus soll sich in dieser Weise der Gemeindeglieder annehmen. Es ist dies sein Auftrag, aber auch der Auftrag an die einzelnen Glieder der Gemeinde bis zur Wiederkunft des Herrn. Es ist ein geistliches Mühen und Kämpfen. Paulus nennt seine Arbeit ein Mühen (V. 10). Der seelsorgerlidie Dienst am Bruder kann nur getan werden, wenn wir es uns etwas kosten lassen, bis hin zu den Tränen der Liebe und der Sorge. Dienst ist eben ein „durch den Staub kriechen“. Weiter spricht Paulus vom Kämpfen (V. 10). Er gebraucht das Wort für die letzten Anstrengungen auf der Kampfbahn im Stadion. Auch für das Gebetsringen Jesu in Gethsemane wird dieses Wort gebraucht. Wir haben beim seelsorgerlichen brüderlichen Auftrag am andern nicht nur mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern auch mit den Einflüssen aus dem Bereich der unsichtbaren Welt. Wären die Nöte beim Bruder und bei der Schwester nur in ihnen selbst begründet, dann könnte man hart und richtend werden. Doch wenn wir erkennen, daß die Gläubigen neben uns immer wieder angegriffen und angegangen werden aus dem Geisterreich, werden wir barmherzig und sind bereit zu einem geistlichen Ringen, das mit dem Gebet für den anderen beginnt und dann weiterführt zum persönlichen, liebevoll helfenden, aber auch ermahnenden Gespräch. Der Herr wird uns einmal nach unserem Bruder und nach unserer Schwester fragen. Zusammenfassend darf ich vier Fragen stellen: Haben wir schon persönliche Heilsgewißheit, so daß wir unserem Herrn Jesus dienen können? Erkennen wir unseren Dienst als eine Aufgabe in endzeitlichen Entwicklungen und Nöten, nämlich als einen Dienst mit dem Wort Gottes? Sind wir bereit, in der persönlichen Heiligung zu leben? Ist es uns ein Anliegen, daß der Bruder und die Schwester neben uns auch das Ziel der Vollendung der Gemeinde und des ewigen Heiles erreichen? Laßt uns beten: In die Wirrnis dieser Zeit fahre, Strahl der Ewigkeit; zeig den Kämpfern Platz und Pfad und das Ziel der Gottesstadt. Mach in unsrer kleinen Schar Herzen rein und Augen klar, Wort zur Tat und Waffen blank, Tag und Weg voll Trost und Dank. Herr, wir gehen Hand in Hand, Wandrer nach dem Vaterland; laß dein Antlitz mit uns gehn, bis wir ganz im Lichte stehn. Amen. Lienhard Pflaum, Bad Liebenzell Wie wird man ein guter Diener? Jeder Mensch hat seine eigene Lebensgeschichte und seine eigene Lebensführung. Dabei ist unsere Lebensgeschichte stark mitbestimmt und geprägt von Menschen, die uns eine Zeitlang begleiten oder uns begegnen. Die Lebensgeschichte des Timotheus: In der Stadt Lystra aufgewachsen, von Kind an ist er von Mutter und Großmutter in das Alte Testament eingeführt worden. Als Paulus nach Lystra kam, wurde er an den Herrn Jesus gläubig. Er wurde ein bewährter junger Mann in der Gemeinde Jesu. Und dann, als Paulus wieder nach Lystra kommt, nimmt er ihn mit und stellt ihn in ein weites Dienstfeld. Der entscheidende Punkt in unserer Lebensgeschichte und Lebensführung war der, als Jesus unser Herr wurde und wir das Bekenntnis aussprechen konnten: „Du, Herr Jesus, bist mein Herr und mein Gott.“ Als er uns gefunden hatte und unser armes, verschuldetes Leben neu gemacht hatte durch seine Vergebung, da hat er uns in seinen Dienst gestellt. Als Timotheus Christ wurde, wurde er Diener Jesu, als Wiehern Christ wurde, wurde er Diener Jesu, so ist es bei mir und so ist es bei Ihnen. Dabei ist nicht entscheidend, wie groß oder wie klein die Aufgabe ist oder wie die Dienstplätze aussehen. Wir sollten es uns abgewöhnen, in der Gemeinde Jesu vom besonderen Dienst zu sprechen. Der unscheinbarste Dienst ist geadelt dadurch, daß er für Jesus getan wird. Wir sind nur danach gefragt, ob wir treu sind in dem, was uns anvertraut ist, und unser Leben dienend ausgerichtet ist auf unseren Herrn hin. Das Christenleben ist ein einziger Gottesdienst, sagt Paulus (Römer 12, 1). Wir gehen nicht zum Gottesdienst, wir sind im Gottesdienst. Wir gehen nicht für eine Stunde am Sonntag in den Gottesdienst oder in die Versammlung der Gemeinschaft und dann zurück in unsere weltlichen Berufe, wo wir unseren irdischen Herren dienen — nein! Gebet eure Leiber, euer prallgefülltes Leben Gott zum Opfer hin, dazu ermahne ich euch durch die Barmherzigkeit Gottes, das ist der dem Wort gemäße Gottesdienst. Paulus sagt (Kolosser 3, 23): „Alles, was ihr tut, das tut von Herzen als dem Herrn und nicht den Menschen.“ Und dann war ich ganz erstaunt, als ich im 3. Kapitel des Kolosser-Briefes las, wie Paulus zu den Sklaven spricht, die damals ein sehr schweres Leben hatten und in ihren Augen sicher manches Sinnlose tun mußten, oft drangsa- liert von ihren wunderlichen und bösen Herren. Dazu sagt Paulus in Vers 24: „Ihr dient dem Herrn Christus!“ Damit reißt er ihre Augen weg von allen wunderlichen Herren und allen schwierigen Umständen. Wir leben von Jesus her und auf Jesus hin, er ist unser Herr. Da ist der Dienstplatz einer gläubigen Mutter in ihrem Zuhause, unser Dienstplatz in dem Beruf, in dem wir stehen, in der Gemeinde Jesu als Kirchengemeinderat, als Chorleiter, als Bezirksfrau in der Gemeindehilfe, in der Jugendarbeit — immer und überall gilt: Ihr dienet dem Herrn Christus, dem ihr gehört. Paulus sagt nun zu seinem jungen Mitarbeiter Timotheus: „... so wirst du ein guter Diener Jesu Christi sein.“ Das Wort „gut“, das hier steht, könnte zu Mißverständnissen Anlaß geben. Es kann nie und nimmer bedeuten: „Dann wirst du ein perfekter Diener Christi sein.“ Es gibt auch in der Gemeinde Jesu Menschen, die von sich sehr überzeugt sind und die dies kopfnickend bejahen und sagen: „Jawohl, das bin ich. Ich setze mich ein und ich bin da.“ Aber es gibt auch die andern, zu denen ich gehöre, die sagen: „Ich bin nicht gut.“ Timotheus hätte das auch von sich gesagt. Wer die Timotheusbriefe liest und studiert, dem geht auf, daß Timotheus im Dienst ein ängstlicher junger Mann gewesen ist, daß er viel an-gefochten war und manches Mal verunsichert in seinem Dienst. Er war von Krankheiten umgetrieben. Wer unter leiblichen Krankheiten und mancherlei seelischen Störungen zu leiden hat, der weiß, was dies für Anfechtungen im Glauben und Dienen bedeuten kann. Man hat ihm seine Jugend vorgeworfen, Paulus muß ihm den Rücken stärken und sagen: „Niemand verachte deine Jugend!“ Er hatte sich herumzuschlagen mit den falschen Brüdern, die mit ihren selbstgemachten Dogmen so überheblich und strahlend aufgetreten sind, so überzeugend, und die ihre Lehrsätze so absolut in die Gemeinde hineingesagt haben. Und da waren die großen Aufgaben, die Timotheus vor sich sah und er sah so oft sein Versagen, seine Müdigkeit und seine Anfechtung und Paulus muß diesem jungen Mann in diesen beiden Briefen Mut machen: „So wirst du ein guter Diener Christi Jesu sein.“ Ein guter Diener Jesu Christi wirst du sein und werden, 1. wenn du dich geistlich gesund ernährst. Wenn du auf die lebendige Stimme des Evangeliums hörst, auf die gute Lehre, dann wirst und bist du ein guter Diener Jesu Christi. Die gute Lehre war für Timotheus mit Paulus gegeben. Wir haben die Väter des Glaubens. Im Hebräerbrief steht der Satz „gedenket an eure Lehrer“ oder „gedenket an eure Führer“, „gedenket an eure Vorsteher, die euch das Wort Gottes gesagt haben.“ Haben wir nicht ein reiches Erbe? Wir nähren unseren Glauben heute oft von frommen Zuckerbroten, die uns im letzten nicht satt machen, dabei haben wir das Schwarzbrot der gesunden Lehre der Väter. Ob es eine Hofacker-Predigt ist, die ich lese, oder bei Johann Albredit Bengel, ob ich die Andachtsbücher von Christlieb in die Hand nehme oder ob ich mich wieder neu in Martin Luther vertiefe, wer bei den Vätern in die Schule geht, ist gewappnet gegen den theologischen Modernismus und gegen die theologische Schwärmerei von rechts und links. Worte des Glaubens und gute Lehre, die geschöpft ist aus dem Wort, die die Tiefen der Schrift auslotet und die uns wachsam und nüchtern erhält. Nähren wir uns aus der Schrift und aus der guten Lehre der Väter? 2. wenn du recht mit den Brüdern und Schwestern umgehst. Im biblischen Zeugnis sind ja oft die Zeitworte die Hauptsache. Erstes Zeitwort: sich recht ernähren, zweites Zeitwort: wenn du den Brüdern solches vorhältst, darlegst, ans Herz legst. Studiert einmal in einem Bibelkreis die beiden Timotheusbriefe daraufhin, was Paulus alles darüber sagt, wie Timotheus mit den Brüdern und Schwestern, in ihren verschiedenen Gruppierungen (die Witwen, die Alten, die Jungen usw.) umgehen soll. Wir könnten daraus eine Menge lernen für unsern Umgang in der Gemeinde Jesu. „Wenn du den Brüdern und Schwestern das ans Herz legst“ — das sagt Paulus im Blich auf solche Brüder und Schwestern, die sich offenbar von Lehren imponieren ließen, die dem Evangelium nicht gemäß waren. Da heißt das ans Herz legen: ihnen helfen, daß sie den Weg finden, daß sie auf dem Weg des Evangeliums bleiben, wenn sie abgeirrt sind, daß sie auf die Wege des Evangeliums zurückfinden und sie ermahnen vor dem falschen Weg. Das rechte Wort haben und finden in der rechten Stunde, im Umgang mit den Brüdern und Schwestern, so daß sie spüren und merken: er will uns weder drangsalieren noch poussieren, sondern er will uns helfen. Es gibt ja in der Gemeinde Jesu so große und kleine Päpste, die uns andauernd drangsalieren wollen. Und es gibt heute auch einen Zug in der Gemeinde Jesu des Poussierens. Es geht darum, daß wir uns im Umgang miteinander gegenseitig helfen. Dann wirst du ein rechter, ein guter Diener sein. 3. wenn du dich trainierst in der Gottesfurcht, der Gottseligkeit, der Frömmigkeit. Ohne Training geht nichts. Wenn einer ein Spitzensportler werden will, muß er verzichten und sich üben. Trainieren in der Frömmigkeit, damit wir rechte Dienstleute Jesu werden. Daß unser ganzes Leben, so wie es ist, mit all seinen Schwachstellen, die jeder von uns hat, unter die Zucht des Heiligen Geistes kommt. Daß wir dem Heiligen Geist gestatten, daß er in unserem Leben aufdeckt, was nicht in Ordnung ist, daß er uns korrigiert, wo wir schiefliegen, daß er unser Ratgeber ist, der uns führt und leitet, so daß wir ein Vorbild werden dürfen (1. Tim. 4, 12) den Gläubigen. Trainieren in der Frömmigkeit heißt auch, die geistlichen Lebensregeln für uns ganz persönlich zu beachten. Gerade in einer wild gewordenen Welt, wo wir kaum mehr zur Ruhe und zur Stille kommen. Die geistlichen Lebensregeln bestehen darin, daß ich im Wort lebe, daß ich genügend Zeit habe zum Gespräch mit Jesus, daß ich echt lebe in einer geistlichen Gemeinschaft, daß ich ringe um ein Leben aus der Stille, denn nur, wer aus der Begegnung mit Jesus kommt, in der Frömmigkeit wächst, hat Einfluß auf die umgebende Welt. 4. wenn du aus der Dankbarkeit lebst. Es gehen so viele Menschen in frommen Gewändern herum, die uns alles vermiesen wollen und die damit im Namen Gottes auf-treten und den Anspruch auf eine höhere Heiligkeit für sich erheben. Ich erinnere an ein Wort Paul Deitenbecks: „Wir sind als Jünger Jesu nicht Miesmacher, sondern Mutmacher in unserer Umgebung und Welt.“ Menschen, die in die Gemeinde hineinkommen und verführerischen Geistern zum Opfer gefallen sind, die die Ehe miesmachen und die die Speise miesmachen und die den Jüngern neue Gesetze auferlegen wollen. „Das dürft ihr nicht und jenes dürft ihr nicht und wenn ihr darauf verzichtet, dann steht ihr höher im Glauben als die andern, die darauf nicht verzichten.“ — Nun möchte ich den Verzicht nicht madig machen, das Verzichten gehört zum Christenleben, z. B. um des Bruders willen. Wenn ich weiß, daß ein Bruder durch den Alkohol gefährdet ist, werde ich keinen Alkohol trinken in seiner Umgebung und Nähe, wenngleich ich vielleicht die Freiheit dazu hätte. Verzicht um des eigenen Glaubenslebens willen, Verzicht um eines bestimmten Auf- träges willen, den mein Gott mir geben hat. — Aber das Verzichten darf nicht Gesetz sein, das für jeden Gläubigen verbindlich gemacht wird und das von frommen Mensdien erdacht worden ist und das keinen Grund im biblischen Evangelium hat. Dem stellt Paulus das dankbare Leben gegenüber. Er lenkt den Blick hin auf den gütigen Gott mit seinen guten Gaben. Mit Danksagung nehmen. Dies heißt, zufrieden leben, verantwortlich leben, nüchtern leben, fröhlich leben in dem Wissen: wir sind beschenkt durch unseren Herrn. „Das Leben des Christen ist ein Sein in der Dankbarkeit“ (Heinrich Vogel). Wenn ich daran denke, wie ich beschenkt bin, dann weiß ich nicht mehr, wo ich aufhören soll mit dem Danken. Und wenn ich am Krankenbett meiner Mutter stehe, deren Leben nun über Monate hinweg zerbrochen wird und bei Paulus lese: „Saget Dank für alles, für alles Gott“, dann will ich auch für diese Führung danken und danken dafür, daß unter all der schweren und notvollen Pflege mein inneres Leben reifen darf und ich an diesem Leidensbett meiner geliebten Mutter neu unendlich viel lernen darf in der Schule meines Gottes. Ein guter Diener, das bin ich eigentlich nicht, auch wenn ich diese vier Dinge beachte. Ich bin immer nur ein gut gemachter Diener, den Jesus selbst gut gemacht hat, einer, der Tag für Tag senkrecht unter dem Kreuz stehen darf und der aus der Vergebung meines großen Herrn leben darf, der ein Leben lang an mir nicht irre wird, sondern der es aushält mit mir und der mich sein Kind und seinen Diener sein läßt. Kurt Heimbucher, Nürnberg Gott befähigt die Berufenen Jeder von uns, der bewußt dem Herrn Jesus Christus nachfolgt, kennt den Wunsch. Vielleicht lebt er nur ganz verborgen in unserem Herzen; möglicherweise haben wir ihn in einem vertrauten Kreis auch schon geäußert: Ich möchte das Prädikat, dieses „Gütesiegel“ erhalten — „Ein guter Diener des Herrn Jesus!“ Ja — und das nicht erst in der Ewigkeit, vor Gottes Thron. Heute, in der Welt, in der ich lebe, möchte ich meinen Glauben als guter Diener des Herrn Jesus bewähren. Ein solcher Wunsch ist nichts Außergewöhnliches. Er ist geradezu ein Stück Lebenshaltung jedes wiedergeborenen Menschen, jedes Christen, wie der Apostel Paulus es einmal formuliert hat: „Wir bemühen uns, daß wir dem Herrn Wohlgefallen“ (2. Kor. 5, 9). Aber wenn wir die Aussage des Apostels überdenken — „So wirst du ein guter Diener Christi Jesu sein“, dann werden einige Fragen in unserem Herzen lebendig — bange Fragen: Bin ich das wirklich — ein guter Diener Jesu? Werde ich einmal dahin kommen, daß Gott so über mich urteilen wird? Kann ich dies Ziel überhaupt erreichen? Ist die Befähigung, die der Apostel Paulus hier seinem Mitarbeiter Timotheus zuspricht, nicht einem Paar Schuhe vergleichbar, das sich Timotheus wohl anziehen konnte, das aber für uns ein paar Nummern zu groß ist? Und werden wir je da hineinwachsen? Wir sollten solche Fragen nicht verdrängen, aber doch eines bedenken: Paulus schrieb seine Worte — und sie sind nur Bruchstück eines Satzes, nicht um Timotheus zu verunsichern, sondern ihn zu ermutigen. Und so müssen wir die Mahnung des Apostels auch heute hören. Paulus will uns Mut zum Glauben und zum Dienst machen. Wenn wir die Worte einmal in den Zusammenhang der Lebensgeschichte des Timotheus stellen, wird uns dreierlei deutlich: 1. Gott beruft nicht die Befähigten, sondern befähigt die Berufenen Timotheus war offensichtlich noch verhältnismäßig jung, so daß Paulus ihm deshalb in seinem Brief Mut zusprechen mußte: „Niemand achte dich gering wegen deiner Jugend“ (1. Tim. 4, 12). Er verfügte noch nicht über das Maß an Lebens- und Diensterfahrung, das einem Christen erst im Lauf vieler Jahre treuen Dienstes zu- wächst. Doch auch ohne einen reichen Schatz von Erfahrung, selbst als Anfänger im Glauben kann man sich als guter Diener Jesu bewähren. Manchmal ist es sicher für einen Jüngeren schwer, sich an der Seite eines Älteren zu entfalten. Paulus hat es seinem jüngeren Mitarbeiter leicht gemacht. Er hat nicht eine Kette von Erfolgen im Beruf oder in der Gemeinde zur Voraussetzung gemacht, er hat nach der Bereitschaft des Timotheus gefragt und ihn an die Arbeit gestellt. Nicht graue Haare befähigen zum Dienst für Jesus, wohl aber ein brennendes Herz für den Heiland. Das ist eine Ermutigung für die jungen Christen, sei es, daß wir jünger an Lebensjahren oder jung in der Nachfolge sind: Nicht damit warten, etwas für Jesus zu tun, sondern heute damit anfangen — nur so sammeln wir Erfahrungen und wachsen in den Dienst hinein. Timotheus war wohl auch von Natur ängstlich, mindestens zurückhaltend. Ihm lag es nicht, sich nach vorne zu drängen. Das führte ihn vielleicht dazu, zu wenig mit den Verheißungen Gottes und d.er umgestaltenden Kraft des Heiligen Geistes zu rechnen. Darum schrieb Paulus ihm: „Gott hat uns nicht den Geist der Furcht, sondern der Kraft gegeben“ (2. Tim. 1, 7). Und „Laß die Gabe nicht außer acht, die dir durch eine Weissagung unter Handauflegung der Ältesten gegeben worden ist“ (1. Tim. 4, 14). Es gibt sicher die Gefahr einer falschen christlichen Bescheidenheit und Zurückhaltung, in der wir uns selbst zu wenig Zutrauen. Genauer gesagt: Wir meinen eben doch, es käme auf unsere menschlichen Befähigungen an und entdecken hier ein Defizit; und wir sehen nicht, daß Gott gerade leere Hände und Herzen füllen will, daß er — und er allein — uns geben muß, was wir in der Arbeit für Jesus brauchen, und es auch geben will! Gott möchte nur, daß wir ihm vertrauen, daß er auch unser geringes Leben zu etwas Großem in seinem Reich gebrauchen will. Und Timotheus war häufig krank. Paulus deutet das in einem Satz an: „Trinke nicht mehr nur Wasser, sondern nimm ein wenig Wein dazu wegen deines Magens und weil du oft krank bist“ (1. Tim. 5, 23). Hinter diesen Worten entdecken wir ein Stück Lebensproblematik. Wer kerngesund ist und immer aus dem vollen schöpfen kann, der weiß gar nicht, wieviel Not für Timotheus damit verbunden war. Wir erleben es doch manchmal im Alltag am Arbeitsplatz. Da ist ein Kollege, der seinen Beruf gerne ausübt, sich ganz einsetzt, aber immer wieder ist sein Arbeitsplatz leer, weil er wieder erkrankt ist. Und wie manche Brüder und Schwestern möchten gerne in der Gemeinde mitarbeiten, in der Jugendgruppe oder im Seniorenkreis, im Kreis junger Frauen oder bei der Schriftenmission. Aber sie stoßen immer wieder an die engen Grenzen ihrer körperlichen und nervlichen Kraft. Für Timotheus war das sicher oft deprimierend, und bestimmt hat er manchmal gedacht: Wenn ich nicht gesund werde, dann kann ich dem Fferrn Jesus nicht dienen. Er hat sicher darum gebetet, Gott möge ihn heilen. Aber Gott sagt: Nein. Du sollst es lernen, eine Wegstrecke lang mit deiner Krankheit zu leben. Geringe Lebenserfahrung, Neigung zu Minderwertigkeitsgefühlen und Hemmungen, und körperliche Schwäche — menschlich geurteilt sind das schlechte Voraussetzungen für den Dienst im Reich Gottes. Und manch einer unter uns mag sich selbst in der Wesensbeschreibung des Timotheus wiedergefunden haben. Aber Gott läßt uns durch den Apostel Paulus sagen: Nur Mut! Sieh nicht zuerst auf deine geringe Befähigung. All das ist kein Hindernis, ein guter Diener Jesu zu sein. Das können wir von Timotheus lernen: Dienst für Gott geht nicht ohne Belastungen — aber Dienst für Gott ist Freude. Gott mutet uns im Dienst manchmal viel zu, aber nie zuviel, so daß wir zwangsläufig verzagen müßten. Und wir sollen uns selbst nicht mehr abverlangen, als Gott will, auch nicht in falscher Askese, in ungeistlichem Verzicht. Wir können wachs-tümlich hinzulernen und werden entdecken, daß Gott uns einen weiten Rahmen für den Dienst steckt. Wie unterschiedlichen Menschen hat Timotheus dienen können: Jungen und Alten, Gemeindeleitern und Diakonen, Verheirateten und Witwen, Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Und Gott hat ihn dazu gebraucht, nicht aufgrund natürlicher Befähigung; sondern er hat ihn durch seinen Heiligen Geist zu einem guten Diener des Herrn Jesus gemacht. Martin Luther wird das Wort zugeschrieben: „Niemand lasse den Glauben fahren, daß Gott durch ihn eine große Tat tun will.“ Es bleibt dabei: Gott beruft nicht die Befähigten, sondern befähigt die Berufenen. Und er ruft jeden von uns zu seinem Dienst. 2. Wir sollen uns durch die zunehmende Verwirrung nicht verunsichern lassen Unser Bibelwort — nur Bruchstück eines Satzes — steht in Zusammenhang eines Abschnittes, der mit den Worten beginnt: „Der Geist sagt deutlich, daß in den letzten Zeiten einige ... irreführenden Geistern und teuflischen Lehren anhängen werden, verlei- tet durch Heuchelei der Lügenredner“ (1. Tim. 4, 1). Darum geht es: seinen Glauben auch in der Endzeit zu bewähren. Und was damals für Timotheus wichtig war, ist für uns heute in weit höherem Maß aktuell. Paulus warnt vor zunehmender Verwirrung. In die Gemeinden werden christlich getarnte Lehren eindringen, die dämonischen Ursprungs sind. Die biblische Botschaft wird verzerrt weitergegeben werden. Der Apostel deutet auf Menschen im Raum der christlichen Gemeinde, die biblische Aussagen aus dem Zusammenhang reißen, einzelne Worte verabsolutieren und den Blick für den Gang und die Ordnungen der Heilsgeschichte verloren haben; Menschen, die Verwirrung in die Gemeinde der Glaubenden hineintragen. Wir müssen fragen, ob es heute nicht auch im Raum der Christenheit Erscheinungen gibt, lehrhafte theologische Verführungen, die hier anzusiedeln sind. In der Theologie der ökumenischen Bewegung ist sicher manches, was zu Verwirrung und Not in den Reihen der Gläubigen geführt hat. Das ist wahr: Jesus hat um die Einheit seiner Gemeinde gebetet. Aber die Einheit der Gemeinde in der Gestalt einer Einheitsbewegung aller christlichen Kirchen sichtbar herbeiführen zu wollen, heißt dem Handeln Gottes vorzugreifen. Die Gemeinde Jesu, der Leib Christi, wird erst bei der Wiederkunft unseres Herrn Jesus Christus sichtbar in Erscheinung treten. Und wenn im Raum der charismatischen Bewegung immer wieder Stimmen laut werden, die sagen, daß mit der Kraft des Heiligen Geistes auch alle Nöte der Krankheit überwunden würden, dann ist das ein unberechtigter Vorgriff auf die neue Welt Gottes. In beiden Bewegungen möchte man heute schon das haben, was der Herr einer kommenden Zeit Vorbehalten hat. Und das schafft Verwirrung. Paulus aber mahnt, daß wir uns dadurch nicht verunsichern lassen sollen. Er gibt zwei Anweisungen: „Wir arbeiten und kämpfen“ (1. Tim. 4, 10). Das ist heute gefordert: Bei der schlichten Wahrheit des Evangeliums bleiben, sich dafür einsetzen, sich mit aller Kraft einsetzen, der Macht der Verführung widerstehen, sie beim Namen nennen, ihr keinen Raum im eigenen Leben und in der Gemeinde gewähren — darum geht es. Und Paulus schreibt in unserem Abschnitt: „Übe dich selbst aber in der Frömmigkeit!“ (1. Tim. 4, 7). Dafür gibt es ein Leitbild in der ersten Gemeinde in Jerusalem. Lukas bezeugt in der Apostelgeschichte von den ersten Christen: „Sie hielten fest an der Lehre der Apostel, an der Gemeinschaft, am Brotbrechen und am Gebet“ (Apg. 2, 42). Im Gottesdienst und im Hauskreis, in der prakti- sehen Mitarbeit in der Gemeinde und in der persönlichen Andacht sollen wir das verwirklichen, was Georg Neumark in die Verse gefaßt hat: Sing, bet und geh auf Gottes Wegen, verricht das Deine nur getreu und trau des Himmels reichem Segen, so wird er bei dir werden neu; denn welcher seine Zuversicht auf Gott setzt, den verläßt er nicht. 3. Gott gibt Regeln und Hilfen für den Dienst Paulus schreibt: „Wenn du die Brüder darüber belehrst, so wirst du ein guter Diener Christi Jesu sein und von den Worten des Glaubens und der guten Lehre leben, bei der du immer geblieben bist“ (1. Tim. 4, 6). Der Schlüssel zu einem „guten Dienst“ liegt im Wort Gottes. Wir sollen nicht nach besonderen Fähigkeiten oder Anlagen in unserem Leben Ausschau halten. Wir brauchen uns durch die zunehmende Verwirrung nicht verunsichern zu lassen; wir sollen zum Wort Gottes greifen. Mit der Bibel ist uns ein unermeßlicher Schatz gegeben, die Grundlage für unsere Nachfolge und der Maßstab für unseren Dienst. Wir können das Wort nie ausschöpfen, immer wieder entdecken wir Neues, lernen das Wort in neuen Zusammenhängen verstehen. Gott macht uns sein Wort durch seinen Geist immer neu lebendig. Durch Gottes Wort und Gottes Geist sind wir zum Glauben gekommen, mit dem Wort der Bibel können wir unseren Glauben täglich nähren. Hier liegen die Quellen unserer geistlichen Kraft. Das Wort der Bibel schärft unseren Blick, läßt uns geistlich urteilsfähig werden, so daß wir es lernen, zwischen dem zu unterscheiden, was dem Glauben der Gemeinde dient und was ihn hemmt. Paulus schreibt seinem jungen Mitarbeiter: „Fahre fort vorzulesen, zu ermahnen und zu lehren, bis ich komme“ (1. Tim. 4, 13). Er läßt den jungen Bruder nicht allein. Wir wollen uns gegenseitig einen ähnlichen apostolischen Dienst tun. Niemand soll seinen Weg als Christ einsam gehen. Gott stellt uns immer wieder Menschen zur Seite, die uns im Glauben „eine Pferdelänge“ voraus sind. Wir sollen Ausschau halten nach solchen Brüdern und Schwestern und sollen für die Jüngeren an unserer Seite barmherzige Helfer sein. Gottes Wort, Gemeinschaft, Gebet, praktische Frömmigkeit, das sind Hilfen für den Weg, auf den Gott uns gerufen hat und den wir miteinander unter der Zusicherung des Apostels gehen wollen: „So wirst du ein guter Diener Jesu sein.“ Dr. Fritz Laubach, Hamburg Gottes Wort ist Richtschnur Manche Pfarrer klagen: Es wird immer schwieriger, Mitarbeiter zu finden. Für den Kindergottesdienst z. B. stehen nicht mehr so viele Menschen bereit wie in früheren Jahren. Sonntag für Sonntag im Einsatz zu sein, das behagt vielen nicht. Eher bekommt man Helfer im Rhythmus von 14 Tagen. Ähnliche Erfahrungen machen manche Kirchenleitungen. Im Gespräch mit jungen Menschen, die einmal als Pfarrer Dienst tun sollen, überrascht die Dienstauffassung der Jüngeren. Die Bereitschaft, sich voll und ganz einzubringen, ohne auf Vorrechte und genügend eigene Freizeit zu sehen, wird seltener. Dabei kann die Kirche Jesu Christi — oder sagen wir besser die Gemeinde Jesu — nicht existieren ohne Diener, ja mehr noch, der Apostel macht seinem Mitarbeiter Timotheus Mut, ein „guter Diener Christi Jesu“ zu sein (1. Tim. 4, 6). 1. Warum werden gute Diener Christi Jesu gebrauchtf Paulus erklärt das in seinem ersten Brief an Timotheus. 1.1 Weil in den letzten Tagen manche ihren Glauben aufgeben werden (4, 1 a). Dabei ist sicherlich nicht nur an Besucher christlicher Veranstaltungen gedacht, noch viel weniger an solche, die nur dem Namen nach Christ sind. Es wird auch Jungscharleiter geben, Chorleiter, ja sogar Pfarrer, in denen langsam oder plötzlich der Entschluß reift, sich nicht länger für die Sache Gottes einzusetzen. Auf solche Entwicklungen sollte die Gemeinde Jesu vorbereitet sein. Die „Zeit des Abfalls“ ist im Neuen Testament prophezeit. Warum werden gute Diener Christi gebraucht? 1.2 Weil es Menschen gibt, die den Lehren dunkler Mächte folgen (4,1 b). Ein guter Diener Jesu Christi läßt sich nicht durch den wachsenden Aberglauben erschüttern. Er sieht sich auch nicht bedroht vom wachsenden Einfluß der Ideologien. Ein guter Diener des Herrn weiß, daß sich der Satan seine Religion schafft. Intelligente Irrlehrer werden Werkzeuge der satanischen Macht sein. Wer in der Heiligen Schrift zuhause ist, erkennt die Irrlehrer an heuchlerischer, überheblicher Scheinfrömmigkeit. Als Paulus dem Timotheus schrieb, gab es die Irrlehre der Gnostiker. Sie sprachen davon, daß nur der Geist gut sei, daß aber alles Stoffliche — also auch der Körper — böse sei. Heute zeigen die Irrlehrer oft eine politische oder geistliche Überheblichkeit. Sie wollen alles besser wissen. Auch als Minderheit üben sie gern Druck aus auf Andersdenkende. Ein weiteres Kennzeichen ist die Knechtschaft unter geheime Sünde, die sich äußert als Selbstsucht oder als Drang nach Selbstverwirklichung. Da wird „Freiheit“ von jeder Bindung propagiert, besonders auf sexuellem Gebiet. Man gewinnt junge Menschen dafür, keine Eheschließung vor dem Standesamt und in der Kirche einzugehen. Man „verkauft“ seine Anschauung sogar mit christlichen Vokabeln und will nicht wahrhaben, daß man statt in die Freiheit in die bindungslose Unverantwortlichkeit rennt. Knechtschaft unter geheime Sünde kann sich auch als Geldgier oder als Gier nach Macht und Besitz äußern. Paulus weiß Erschütterndes von denen zu berichten, die mit aller Gewalt reich werden wollen (1. Tim. 6, 9). Ein guter Diener Christi Jesu wird zu erkanntem Unrecht unserer Tage so wenig schweigen können wie es Paulus konnte. Das mag mitunter gar nicht populär sein. Das mag einem unter Umständen sogar die Schelte der eigenen Glaubensgeschwister eintragen. Ein guter Diener Christi Jesu muß den Mut haben, auch einmal unpopulär zu handeln. Warum werden gute Diener Christi gebraucht? 1.3 Weil es Menschen gibt, die Gottes Wort nicht hören wollen (4, 5). Das ist sicher am schwierigsten zu ertragen für jemanden, der von Jesus Christus reden will, der die Hilfe anbieten möchte, die Jesus Christus reicht. Es tröstet nicht einmal, daß es schon immer Menschen gegeben hat, die sich nicht heiligen lassen wollten durchs Wort und die einer Erneuerung ihrer Existenz auswichen. Diener Christi Jesu dürfen nicht müde werden, dazu zu ermuntern, dem Wort Gottes gehorsam zu sein. Dabei müssen sie einfach damit rechnen, daß sie immer wieder mit Menschen Zusammenkommen werden, die dem Wort Gottes nicht gehorsam sein wollen, die darum auch nicht alles mit Danksagung nehmen, sondern ihre eigenen Verdienste rühmen. Diener Christi Jesu sollen sich nicht erschüttern lassen von den Menschen, die Gottes Ordnungen einfach nicht befolgen wollen, sich dafür aber ihre eigenen Satzungen schaffen. Es werden in den letzten Tagen in wachsendem Maße Menschen da sein, die Gottes gute Ordnung nicht als gut anerkennen, die sie gewaltsam nach eigenen Vorstellungen verändern oder zerstören wollen. Aber weil das so ist, sagt der Apostel Paulus seinem Diener Timotheus, darum soll er ein guter Diener Christi sein. Paulus sagt geradezu: „Wenn du die Brüder darüber belehrst — daß in den letzten Tagen manche ihren Glauben aufgeben werden — daß es Menschen gibt, die den Lehren dunkler Mächte folgen — daß es Menschen gibt, die Gottes Wort nicht hören wollen, dann wirst du ein guter Diener Christi sein.“ Doch soll es ja nicht nur bei diesen negativen Warnungen bleiben, es ergeben sich auch ganz klare Aufgaben für den Diener Jesu Christi. 2. Die Aufgaben eines guten Dieners des Herrn Christus Jesus Sollten wir nicht zufrieden sein, wenn es möglichst viele Diener und Dienerinnen Jesu Christi gibt? Aber nun auch noch gleich ein guter Diener sein, was heißt denn das? 2.1 Gottes Wort als Richtschnur (als Maßstab) fürs Leben anerkennen (1, 11). Diener des Herrn Jesus sollen nicht müde werden, ihren Brüdern zu sagen, was Gottes guter Wille ist. Auf immer wieder neue Weise gilt es, den Menschen zu sagen, daß es nichts gibt, was über die Ordnungen Gottes zu stellen wäre, und wie gut diese Ordnungen sind. Ich mußte daran denken, daß selbst die fanatischsten Staatsgegner unserer Tage doch z. B. die Straßenverkehrsordnung anerkennen. Was wäre auch, wenn sich jeder seine eigene Verkehrsordnung gäbe, wenn man anfinge, statt auf der rechten Seite auf einmal links zu fahren; an einer Stelle, wo ein Stoppschild steht, einfach ohne zu halten weiterzufahren? Was würde wohl werden, wenn man das Rot der Ampel grundsätzlich als Einladung nähme, draufloszufahren? Wir spüren, daß selbst die von Menschen gegebene Straßenverkehrsordnung eine notwendige und gute ist, die sicherlich hier oder da verändert werden kann, aber die in sich ihren Wert hat. Gottes Ordnung bedarf keiner Veränderung. Gottes Ordnung ist gut. Seine Befehle sind richtig. Als Diener Jesu Christi haben wir keine Befehle zu erteilen, sondern Mut zu machen, daß Menschen die Befehle Gottes hören und danach tun. Wir sollen das in der Form des Anratens tun. Wir sollen unsere Zuhörer und auch die Menschen, die auf uns sehen, davon überzeugen, daß Gottes Ordnung gut ist. Wir wollen Gott bitten, uns zu helfen, nach seiner Weisung zu leben. Wer unseren Glauben beobachtet, für den müßte es sein, als würde er an etwas erinnert, das ihm bereits bekannt ist. Es wird auch einem Diener des Herrn Jesus Christus nicht immer leichtfallen, Gottes Wort anzuerkennen. Und doch liegt gerade in der bedingungslosen Akzeptierung des Wortes Gottes das große Geheimnis eines gelungenen Lebens. Glaube heißt darum wohl auch in erster Linie, sich im Gehorsam gegen Gott üben. Das ist übrigens gut, nicht nur für dieses Leben, sondern auch für das zukünftige. Luther sagte: „Die Gottseligkeit (oder die Frömmigkeit) ist zu allen Dingen nütze und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens“ (4, 8). Das erfuhr unlängst eine junge Lehrerin aus Süddeutschland, die ihre eigenen Vorstellungen von Leben und von der Entfaltung des Lebens hatte. Sie war eine glühende Anhängerin des Gedankens der Selbstverwirklichung. Seit ihrer Studienzeit, während der Referendarzeit und später als Lehrerin ging es ihr nur darum, sich selbst zu verwirklichen. Sie fragte nicht viel nach den Kindern, die ihr anbefohlen waren, kümmerte sich auch wenig um die Kollegen. Sie las, was sie zu dem Thema bekommen konnte. Ihr Unterricht war entsprechend. Eines Tages erkrankte diese Frau. Ihr Ehemann konnte ihr in keiner Weise helfen. Der Bruder allerdings, ein überzeugter Christ, war in den schweren Tagen in besonderer Weise für seine Schwester da. Er hatte schon vorher versucht, sie auf Christus aufmerksam zu machen, aber sie wollte nicht hören. Dann, in der Trostlosigkeit des Krankenhauses, öffnete sie ihr Herz und Ohr. Sie fürchtete eine niederschmetternde Diagnose und war sich dessen bewußt, daß ihr Leben unter Umständen nur noch eine kurze Zeitspanne dauern würde. Konfrontiert mit den Fragen der Ewigkeit, ließ sie sich von Jesus erzählen und wurde bereit, sich ihm anzuvertrauen. Sie betete und erfuhr zu ihrer großen Freude, daß sich die Ärzte, die sie bis dahin behandelt hatten, geirrt hatten. Sie war nicht sterbenskrank, sondern durfte nach einer Behandlung wieder nach Hause gehen. Es ehrt diese Frau, daß sie nicht nur in den schwierigen Stunden ihres Lebens nach Jesus fragte, sondern daß sie ihm treu blieb, ja, daß sie ihre Entlassung aus der Todesfurcht auf das freundliche Einwirken Gottes zurückführte. Sie änderte schlagartig ihr Leben und bezeugte nun auch in der Schule, vor den Kollegen und vor den Schülern, ihren Glauben an Jesus Christus. Auf dem nächsten Elternabend, der ihrer Genesung folgte, sprach sie mit den Eltern über ihr Erleben und fragte die Eltern, ob sie es gestatten würden, daß sie künftig mit den Kindern betete. Sie wollte die Eltern nicht bedrängen und ließ eine schriftliche Abstimmung durchführen, ohne daß die Eltern ihren Namen zu nennen hatten. Das überraschende Ergebnis: Alle Eltern waren dafür, daß diese Lehrerin am Beginn eines Schultages mit den Kindern beten sollte. 2.2 Gottes Wort unter die Leute bringen (4, 9). Paulus sagt: „Wenn du den Brüdern diese Anweisungen gibst, bist du ein guter Diener Christi Jesu.“ An anderer Stelle seines Briefes aber hatte Paulus darauf hingewiesen, daß es nicht nur um die Brüder geht, sondern eigentlich um alle Menschen (1. Tim. 2, 4), einschließlich der Menschen in leitenden Positionen des Staates. Ein guter Diener des Herrn Jesus bringt also Gottes Wort unter die Leute. Nicht nur innerhalb der Kirchenmauern, sondern vor allem auch außerhalb des Lebensraumes der Gemeinde. Dabei geht es darum, daß wir zeigen, daß die Lehre Jesu Christi wahr ist und daß es eine andere Quelle der geistlichen Erkenntnis als die Offenbarung Gottes in Jesus Christus nicht gibt. Wir wollen nicht nur Diener Christi Jesu sein, sondern gute Diener. Kennzeichen eines Dieners ist, daß er sich brauchen läßt, daß er seinem Herrn nützt und denen, die er bedient. Gerade weil Dienen in unseren Tagen so gut wie nichts mehr gilt, wollen wir uns von unserem Herrn die Kraft erbitten, ihm zu Diensten zu sein. — Dabei — das müssen wir uns deutlich machen — gehört nicht viel dazu, zu sagen: Herr Jesus, ich diene dir! Die Probe, wie ernst wir es mit diesen Worten meinen, wird sich immer dann stellen, wenn wir anderen Menschen gegenüber unseren Glauben ausleben sollen. Bewährung ist auch nötig, wenn es darum geht, mit Menschen zusammenzusein, die uns unsympathisch sind oder wenn wir in die sogenannten kritischen Situationen unseres Lebens hineingeführt werden. Eine mir bekannte Narkoseärztin erzählte, daß einige Patienten durch ihre Ruhe und Gelassenheit auffallen. Selbst vor schweren Eingriffen — sie liegen dann schon auf dem Operationstisch — haben sie noch ein freundliches Wort für Ärzte und Schwestern. Sie lassen erkennen, daß sie nicht die Furcht vor dem Unbekannten quält. Sie haben eine große, heitere Gelassenheit. Sie wissen sich getragen. Die Ärztin hat in einigen dieser Fälle herausgefunden, daß diese besonders durch ihre Ruhe auffallenden Patienten überzeugte Christen sind. Das ist dann noch eine ganz besondere Art, Gottes Wort unter die Leute zu bringen — ohne zu reden, einfach durch seine Existenz, durch sein „So-Sein“. Aber dazu muß man nicht erst auf dem Operationstisch liegen. Es kommt darauf an, in dieser Welt zu sagen, daß Gott uns in eine Existenz hineingestellt hat, in der eigentlich alles gut sein könnte. Es ist zwar keine heile Welt, aber wenn sie sich auf Gott besinnt, eine gute Welt. Das Unheil kommt von den Menschen. Darum müssen sie es wieder lernen, daß sie alle Gaben von Gott empfangen haben, daß sie ihm dafür danken sollen, daß sie ihm für diese Gaben verantwortlich sind, so daß sie diese Gaben mit anderen zu teilen haben. Mit anderen Worten: Es kommt eigentlich nur darauf an, zu tun, wozu Gottes Wort uns ermuntert. 2.3 Gottes Wort als Quelle der Hoffnung verkündigen (4, 10). Ein guter Diener Jesu Christi vermehrt nicht die Hoffnungslosigkeit der Welt, auch nicht ihre Ratlosigkeit oder Aussichtslosigkeit. Es gibt genug deprimierende Prognosen. Das sollen sich besonders alle die gesagt sein lassen, die nicht genug hören können über „endgeschiditliche Fragen“. Leider wird oft sehr unverantwortlich auf diesem Gebiet spekuliert. Zu den sehr sparsamen und nüchternen Aussagen der Schrift werden menschliche Erwartungen gesetzt, ja, in letzter Zeit ist es sogar vorgekommen, daß Menschen, die der Sache Jesu dienen wollen, sich astrologischer Vorhersagen bedienen, um möglichst mit sensationellen Ausführungen aufwarten zu können. Gott bewahre uns davor. Wir haben unsere Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt. Wir brauchen keine Spekulationen, die nicht durch das Wort Gottes abgesichert sind. Gottes Geist hält überall Ausschau nach Menschen, die seine Werkzeuge sein können. Der Satan übrigens auch. Der Geist Gottes bewirkt im Menschen begründete Hoffnung. Der Satan nimmt Freude, Hoffnung und Freiheit. Hoffnung, die Jesus Christus uns gibt, ist nicht gleichbedeutend mit Problemlosigkeit oder damit, daß wir unser Leben leichthin führen können. Hoffnung erfordert möglicherweise Verzicht und Ausharren. Wir hoffen nicht, daß dieses und jenes eintreffen möge, wir setzen unsere Hoffnung auch nicht auf diesen oder jenen, sondern auf den lebendigen Gott allein. Er ist der Retter aller Menschen und besonders derer, die Jesus Christus vertrauen (4, 10). In der Nähe von Wetzlar erlebten wir vor kurzem etwas, das unsere Herzen zutiefst erschütterte und doch auch frohgemacht hat. Ein 32jähriger Dolmetscher kehrte aus dem Norden des Landes in seine Heimat zurück, weil er unerträgliche Kopfschmerzen und Gleichgewichtsstörungen hatte. In der Nähe seines Heimatortes, nämlich in Giessen, gibt es eine gute Universitätsklinik, in der neurologisch einiges geleistet wird. Der Mann ließ sich untersuchen. Es stellte sich heraus, daß er drei Tumore im Kopf habe. Die Ärzte in Giessen erklärten, daß sie dagegen nichts tun könnten. Sie rieten ihm aber an, sich noch einmal in München untersuchen zu lassen. Auch das tat der Mann. Doch auch dort konnte man ihm nicht helfen. So kehrte er ins Elternhaus zurück. Auch seine junge Frau kam mit dem ersten Kind, das zweite erwartete sie gerade. Der Zustand des Mannes verschlimmerte sich zusehends. Das zweite Kindchen wurde geboren. Er freute sich darüber und konnte seine Hände noch auf das Köpfchen des Babys legen und es segnen. Die junge Mutter hatte alle Hände voll zu tun mit ihrem Kind und mit dem Baby. Sie stillte es. Währenddessen nahm sich die Oma ihres Sohnes an und fütterte ihn, da er immer kraftloser wurde und kaum noch Speise zu sich nehmen konnte. Schließlich kam seine letzte Stunde. Er schied aus dieser Welt mit dem Wort „Eben-Ezer“. Das wird nun manchem gar nichts sagen. Für solche, die dieses Wort auch kennen, ist es ein Hinweis darauf, daß es sich um einen gläubigen jungen Mann gehandelt hatte, der offensichtlich in der Bibel Bescheid wußte. Er erinnerte sich daran, daß es in der Zeit des Samuel ein geschichtliches Ereignis gab, in dem Israel seinen Herrn loben wollte. Damals wurde ein Stein aufgerichtet, der alle, die daran vorübergehen wollten, an Gottes große Taten erinnern sollte. Auf diesem Stein stand: Eben-Ezer — Bis hierher hat uns der Herr geholfen (1. Sam. 7, 12). Und eben dieser Satz nun „Bis hierher hat uns der Herr geholfen“ wählte jener junge Christ, der sterben mußte, weil er drei Tumore im Gehirn hatte, als seinen letzten Satz. Doch gerade dieser Satz tröstete seine Frau und die Eltern sehr und gab ihnen Hoffnung. Dieser junge Christ war ein guter Diener Christi Jesu! Gott schenke es uns, daß wir die Aufgaben eines guten Dieners Jesu Christi erkennen, Gottes Wort als Richtschnur für unser eigenes Leben anzuerkennen; daß wir Gottes Wort unter die Leute bringen und daß wir Gottes Wort als Quelle der Hoffnung verkündigen, heute und solange der Herr uns dazu Gelegenheit gibt. Horst Marquardt, Wetzlar Aufräumarbeit in der Gemeinde Ich hörte von dem 4jährigen Mädchen eines Missionars in Brasilien. Die Mutter hatte zu ihr gesagt, daß sie ihre Spielsachen wieder auf-räumen solle. Ein schweres Problem für dieses kleine Mädchen. Wer räumt schon gerne auf. Sie wollte nicht. Sie hatte keine Lust. Doch die Mutter bestand darauf. Das kleine Mädchen seufzte ganz tief vor sich hin. Und dann hörte die Mutter, wie ihre 4jährige Tochter vor sich hinsang: „Ich vermag alles durch den, der mich mächtig macht, Christus.“ Und dann fing das kleine Mädchen an, fröhlich aufzuräumen. Wir wollen uns mit einem Mann der Bibel beschäftigen, der vom Apostel Paulus den Auftrag bekommen hatte, Aufräumarbeit zu tun. Er sollte im Haus Gottes, in Ephesus, aufräumen. In der Gemeinde herrschte ein Durcheinander. Falsche Lehrer hatten sich breit gemacht und für Unordnung in der Gemeinde gesorgt. Paulus hatte davon gehört und sein geistliches Kind, den Timotheus, beauftragt, für Ordnung in Ephesus zu sorgen. 1. Timotheus soll in der Gemeinde aufräumen Seit die falschen Lehrer die Gemeinde unterwanderten, waren unfruchtbare und theoretische Diskussionen an der Tagesordnung. Man diskutierte über Lehren, die zwar in den biblischen Schriften einen Anknüpfungspunkt finden, aber über das hinausgehen, was für die Erlangung des Heils wichtig und notwendig ist. Nebensächlichkeiten werden zu Hauptsachen gemacht. Zweitrangiges wird an die erste Stelle gesetzt. Einzelheiten werden aus dem Zusammenhang gerissen und in den Mittelpunkt gerückt. Als ob man in der Gemeinde Jesu nichts anderes zu tun hätte! Aber — so geschieht es immer wieder in der Gemeinde Jesu. Der Widersacher will den Dienst der Gemeinde Jesu lahmlegen. Er bedrängt sie durch Menschen, die noch frommer sein wollen. Durch Menschen, die vorgeben, mehr zu haben, mehr zu sein, mehr zu wissen. Da sitze ich vor Jahren in London in einem christlichen Popkonzert mit Lary Norman, einem Führer der aufbrechenden Jesus-Bewegung. Neben mir sitzt ein Deutscher. Ich kenne ihn nicht. Er spricht mich an: „Hast du den Heiligen Geist?“ Ich sage: „Ja, und der Heilige Geist hat mich.“ „Du kannst mehr haben!“ „Mehr?“ frage ich erstaunt zurück. „Ja, mehr. Die Fülle des Geistes!“ „Die hab ich doch“, war meine Antwort. „Mein Leben gehört Jesus. In ihm wohnt die Fülle Gottes leibhaftig.“ Darauf er: „Ich meine, du kannst mit dem Heiligen Geist getauft werden.“ „Aber, das bin ich doch. Ich habe mich bekehrt zu Jesus. Da hat er mir den Heiligen Geist geschenkt. Also ich bin getauft mit dem Heiligen Geist.“ „Ja, aber kannst du in Zungen reden?“, fragte er zurück. Ich sagte nein. „Dann hast du auch noch nicht die Geistestaufe erlebt!“ erwiderte er triumphierend. „Wo steht denn das? In meiner Bibel wenigstens nicht“, gab ich zurück. Solche oder ähnliche Gespräche ereignen sich heute vielfach in der Gemeinde Jesu. Vertreter des jf/eir-Christentums, einer charismatischen Erneuerungsbewegung, bedrängen die Gemeinde Jesu. Sie bringen ein Durcheinander in die Gemeinden. Zweitrangiges — wie die Zungenrede — wird an die erste Stelle gesetzt. Der Erweis dafür, daß jemand mit dem Heiligen Geist getauft ist, so sagen Vertreter der charismatischen Bewegung, sei die Rede in Zungen. Einzelne Gaben wie die Gabe der Heilung, die Gabe der Prophetie, der Weissagung, die Gabe, Wunder zu tun, werden in die Mitte gerückt. Man weiß mehr. Man lehrt mehr. Man hat eine tiefere Erkenntnis (Gnosis). Viele — besonders junge Menschen — wenden sich dieser Bewegung zu, weil sie ein Verlangen nach erfülltem geistlichen Leben haben. Sie sehen die Unzulänglichkeiten in ihrem eigenen geistlichen Leben, alles bleibt beim alten. Sie machen keine Fortschritte in der Heiligung. Paulus und Timotheus sehen sich in Ephesus einer Bewegung gegenüber, die ebenso eine tiefere Erkenntnis vorgibt. Paulus sieht diese Gnosis als eine geistliche Lebensgefahr für die Gemeinde und den einzelnen an. Wenn sie sich nicht davon lossagen, bleiben sie eine Beute des Teufels. Das darf nicht mit angesehen werden. Zwei von ihnen haben schon Schiffbruch erlitten. Eigenmächtige Gedanken und Wege führen immer in den Schiffbruch. Ein Suchen nach besonderen Gaben bringt manchen in geistliche Lebensgefahr. Mancher erkennt das aber erst dann, wenn er dem Durcheinanderbringer übergeben ist, der ihn mit Fäusten schlägt. So muß also etwas dagegen getan werden, sonst wird das Durcheinander zu groß. Davon können auch wir lernen. Timotheus soll seine ganze Kraft zur Verfügung stellen. Paulus hofft, bald selbst nach Ephesus zu kommen. Er weiß aber nicht, wie lange es sich noch hinziehen wird. So lange soll Timotheus tätig werden und anfangen, in der Gemeinde aufzuräumen. 2. Timotheus will nicht auf räumen Was sind die Gründe? Hat er Angst vor dem Auftrag? Ist es Unlust? Ist er zu müde zu kämpfen? Zu müde, gegen den Strom zu schwimmen? Wir wissen es nicht genau, nur eines steht fest, Timotheus will sich der ihm gestellten Aufgabe entziehen. Er schützt dabei sein jugendliches Alter vor. Wir kennen das. Als Jeremia von Gott den Auftrag bekommen hatte, dem Volk Israel den Willen Gottes zu sagen, bringt er auch den Einwand: Ich bin zu jung. Als Mose das Volk Israel aus Ägypten führen soll, schiebt er den Auftrag Gottes von sich, indem er sagt: Ich kann nicht reden. Jona türmt sogar, als Gott ihn nach Ninive senden will. Was sind unsere Argumente? Was sind unsere Ausflüchte, wenn Gott uns in der Stillen Zeit einen Menschen zeigt, den wir besuchen sollen? Wie winden wir uns, wenn wir von Gott einen Auftrag bekommen, der uns nicht paßt oder vor dem wir Angst haben? Wir wollen ihn auf die lange Bank schieben — die lange Bank ist ja das beliebteste Möbelstüdc des Teufels — und lassen die Dinge laufen, wo wir eigentlich gefordert sind. Wenn Gott uns einen Auftrag gibt, dann müssen wir gehen. Wenn Gott uns in den Dienst ruft, dann können wir auch gehen, denn er gibt uns die ganze Ausrüstung für den Dienst: „Fürchtet euch nicht und sehet zu, was für ein Heil der Herr heute an euch tun wird!“ Dies zu lernen, ist immer wieder neu Aufgabe des Dieners. Timotheus gibt nicht nur sein jugendliches Alter vor, um diesem Dienst aus dem Weg zu gehen, er führt auch seine angeschlagene Gesundheit an. Er fühlt sich körperlich nicht auf der Höhe, leidet unter Magenschmerzen. Dieser Auftrag hat sich buchstäblich auf seinen Magen gelegt. Wir können das gut verstehen. Wenn Gott uns in einen Dienst ruft und wir fürchten uns vor diesem Dienst, dann merken wir es in unserer Magengegend und die körperlichen Beschwerden, die sowieso vorhanden sind, treten noch stärker hervor. Der eigentliche Grund aber liegt darin: Man will sich nicht dieser Aufgabe stellen. Timotheus will nicht kämpfen. Er will lieber den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Aber unser Auftrag als Jünger Jesu ist, sich voll einzusetzen für den Herrn und zu kämpfen. Johannes Busch hat einmal gesagt: „Gottes Segen kann nicht bei uns bleiben, wenn wir gemütlich zu Hause bleiben. Unser Gott ist mit denen, die sich für ihn in den Kampf wagen. Und wenn sie auch Nächte unterwegs sind und viel Entbehrung auf sich nehmen müssen, so wollte ich doch tausendmal lieber bei den Kämpfern Gottes stehen, als daß ich um der eigenen Bequemlichkeit willen auf die Stärkung Gottes verzichten müßte. ,So gebt dem Frieden gute Nacht, weil Gott den Kampf befohlen, er wird euch mitten aus der Schlacht in seinen Frieden holen.'“ So lautet der Befehl des Paulus an Timotheus und an uns: „Kämpfe den guten Kampf des Glaubens!“ Dazu sind wir als Diener Jesu berufen. Im Kampf machen wir die Erfahrung, daß wir einen großen Herrn haben. Im tiefen Brunnen, wo Jeremia der Schlamm bis zum Halse stand — seine Feinde hatten ihn dort hineingeworfen — machte er die Erfahrung, daß er einen starken Gott hat: „Weg hast du allerwegen, an Mitteln fehlt dir's nicht!“ Vor Pharao erlebte Mose, daß Gott das Sagen hat in dieser Welt: „Bist du doch nicht Regente, der alles führen soll, Gott sitzt im Regimente und führet alles wohl.“ In Ninive erfuhr Jona, wie Gott das Wort seines Dieners bevollmächtigt. Wer nicht kämpfen will und sich im Dienst nicht voll einsetzen will, erfährt wenig von der Macht des Herrn. Wer sich in seine vier Wände zurückzieht, bleibt ein „Museumsstück“ Jesu. 3. Timotheus bekommt ein Konzept fürs Aufräumen „Du wirst ein guter Diener — sprich Aufräumer — Jesu sein, wenn du dich selber nährst mit den Worten der Schrift und bei anderen immer wieder neu den Grund legst: Die gesunde Lehre.“ Denn das Grundlegende darf nie zur Grund-Legende werden. Falsche Lehre — Altweiberfabeln — zieht den Menschen den Boden unter den Füßen weg, macht sie bodenlos! Gesunde Lehre stellt unsere Füße auf einen weiten Raum, macht uns bodenständig. Aufgabe des Dieners ist es darum, sich immer wieder gründlich mit der biblischen Lehre zu beschäftigen, im Wort Gottes zu lesen. Wir sollen Menschen des Wortes werden. Das Wort soll sichtbar werden in uns und in dem Maße, in dem wir uns mit dem Wort beschäftigen, wird es in uns sichtbar. Wir sind einem Computer vergleichbar. Ein Computer wird programmiert, gespeist, gefüttert. Das, was er empfängt, spuckt er wieder aus. Womit lassen wir uns programmieren, womit nähren wir uns? Ist es das Wort Gottes, so schafft dieses Wort geistliche Persönlichkeiten, Diener Jesu, die ihren Herrn sichtbar machen in ihrem Leben. Bodelschwingh machte einen Rundgang durch seine Anstalten und kam in ein Haus, wo schnellerregbare Kranke wohnten. Kaum hatte er das Haus betreten, versetzte ihm einer der Kranken einen mächtigen Kinnhaken. In dieser Situation erwies sich Bodelschwingh als ein Mann des Wortes. Er schwieg einen Augenblick, wandte sich dann zum diensthabenden Pfleger und sagte zu ihm: „Bruder, wir haben ihn wohl noch nicht genug geliebt!“ Diener Jesu machen ihren Herrn auch in ihrem Haus sichtbar. Ich hatte mich fürs erste theologische Dienstexamen vorzubereiten. Ich wohnte im Studentenwohnheim und fand einfach nicht die Ruhe dazu. Auch in meinem Gebetsleben war ich sehr ungeordnet. Dann hatte mich einer der Studienleiter im Albrecht-Bengel-Haus mit einer Familie bekanntgemacht, die mir ein Zimmer in ihrem Haus zur Verfügung stellte. Ich kam in ein Haus, in welchem ich spürte: Hier wohnt der Friede Gottes. Sind unsere Häuser Segensorte, in denen der Friede Gottes wohnt? Abends kniete ich mit dem Familienvater in der Küche nieder, und wir legten unser Leben Jesus zu Füßen und erfuhren, daß er uns mit allem ausrüstete, was wir bedurften. — Neben meinem Pfarrhaus in Leuzendorf wohnt eine fast 95jährige Pfarrwitwe, deren Haus ist auch solch ein Ort des Friedens. Es geht wohl keiner aus ihrem Haus hinaus, der nicht gesegnet worden ist. Immer bindet sie den Menschen, der zu ihr kommt, mit all seinen Sorgen und Nöten an Gott. Wenn ich sie besuche und ihr manche Nöte der Gemeindeglieder nenne, so darf ich es oft erleben, daß sie mir sagt: „Dafür habe ich heute morgen schon gebetet.“ Ein Diener Jesu bekennt sich zu seinem Herrn. Im Bekenntnis macht er sichtbar, wie sehr er seinen Herrn liebhat. Wenn mein Sohn von mir etwas geschenkt bekommen hat, läuft er zu seinem Freund und zeigt es ihm sofort: „Das hab ich von meinem Papa!“ Er ist stolz auf seinen Papa. Im Stolz drückt er aus, wie sehr er seinen Papa liebhat und wie sehr er sich von ihm geliebt weiß. Wird das Geschenk von seinem Freund schlecht gemacht, dann verteidigt er das Geschenk und seinen Papa. Er bekennt sich damit zu seinem Vater, läßt nichts auf ihn kommen. Diese Gesinnung sucht Jesus bei seinen Dienern. Wir sollen stolz sein auf unsern Herrn, dem wir gehören. Luther hat einmal gesagt: „Wenn es um den Glauben geht, dann sei so stolz wie du kannst.“ Der Diener Jesu bekennt sich zu seinem Herrn, er läßt nichts auf seinen Herrn kommen. Wenn dieser Herr schlecht gemacht wird, wenn sein Wort verfälscht wird, dann verteidigt er diesen Herrn und bekennt sich zu seinem Wort. Sei stolz auf deinen Herrn, so wirst du ein rechter Diener des Herrn Jesus sein! Volker Steinhoff, Leuzendorf Ludwig-Hofacker-Kreis Walter Abele, Pfarrer Reichenecker Straße 57, 7410 Reutlingen 17 (Sondelfingen) Werner Bäuerle, Pfarrer Schlattstaller Straße 2, 7419 Grabenstetten Werner Baur, Gemeinschaftsinspektor Kreuznacher Straße 43 c, 7000 Stuttgart 50 Karl Beck, Fabrikant Schießmauerstraße 2, 7413 Gomaringen Dr. Peter Beyerhaus, Professor Stiffurtstraße 5, 7400 Tübingen Manfred Bittighofer, Missionsinspektor Jahnstraße 1, Unterweissach, 7153 Weissach i. T. Willi Böhm, Notar Steinbühlstraße 17, 7406 Mössingen 5 (öschingen) Christian Bosler, Notar Scharnhäuser Straße 15, 7024 Filderstadt 1 (Bernhausen) Joachim Braun, Pfarrer Zwehrenbühlstraße 31, 7400 Tübingen Hans Eißler, Richter Beim Schloß 1, 7417 Urach Kurt Feuerbacher, Schlossermeister Mindersbacher Straße 13, 7273 Ebhausen Ernst Förster, Landesjugendreferent Albblickstraße 2, 7401 Walddorfhäslach Alfred Gajan, Gemeinschaftsinspektor Postfach 1240, 7263 Bad Liebenzell Ernst Graichen, Prediger Griesbadgasse 1, 7900 Ulm/Donau Fritz Grünzweig, Pfarrer Ludwigsburger Straße 33, 7015 Korntal-Münchingen 1 Friedrich Hänssler, Verleger Bismarckstraße 8, 7303 Neuhausen/Filder Rolf Hille, Pfarrer Schulstraße 55, 6331 Steindorf Gerhard Horeld, EC-Bundeswart Katharinenstraße 27, 7024 Filderstadt 1 (Sielmingen) Fritz Hubmer, Gemeinschaftsinspektor i. R. Uhlandstraße 19, 7435 Hülben Dr. Heiko Krimmer, Pfarrer Bühlenstraße 85, 7031 Holzgerlingen Dr. Siegfried Kullen, Professor Achalmsteige 43, 7410 Reutlingen 26 (Oferdingen) Wilhelm Kunz, Missionsinspektor Karlstraße 47, 7306 Denkendorf Wolfgang Layher, Pfarrer Nordhaldenstraße 28, 7056, Weinstadt-Beutelsbach Günter Letsch, Kaufmann Kantstraße 3/1, 7024 Filderstadt 1 (Sielmingen) Edmund Lieske, Prediger i. R. Nauener Straße 11, 7000 Stuttgart 70 Walter Mader, Pfarrer Panoramastraße 11, 7962 Wolfegg 2 Dr. Gerhard Maier, Pfarrer Denzenberghalde 3, 7400 Tübingen Helmut Müller, Dipl.-Ing. Uhlandstraße 16, 7209 Aldingen Georg Müller, Gemeinschaftsinspektor i. R. Im Waager41, 7417 Dettingen/Erms Dr. Paul Müller, Studienrat a. D. Heslacher Wand 7, 7000 Stuttgart 1 Lienhard Pflaum, Missionsdirektor Postfach 1240, 7263 Bad Liebenzell Martin Rose, Pfarrer Salmbacher Straße 41, 7541 Schömberg-Langenbrand Johannes Sachse, Verwaltungsleiter Maßlerweg 5, 7170 Schwäb. Hall-Breitenstein Gerhard Saur, Gemeinschaftspfleger Wiesentalstraße 14, 7170 Schwab. Hall Dr. Oswald Seitter, Rechtsanwalt Friedrich-List-Straße 14, 7152 Aspach-Großaspach Walter Schaal, Pfarrer Furtbachstraße 16, 7000 Stuttgart 1 Karl-Heinz Schabei, Gemeinschaftsinspektor Landhausstraße 17, 7125 Kirchheim/N. Otto Schaude, Rektor Im Steingrüble 3, 7410 Reutlingen 25 (Altenburg) Rolf Scheffbuch, Dekan Burgstraße 42, 7060 Schorndorf Winrich Scheffbuch, Pfarrer Stitzenburgstraße 13, 7000 Stuttgart 1 Erwin Schempp, Oberamtsrat a. D. Oberer Grundweg 27, 7000 Stuttgart 80 Schwester Elisabeth Schlotterbeck Diakonissenmutterhaus, 7031 Aidlingen Werner Streib, Professor Albrecht-Dürer-Straße 11, 7920 Heidenheim Walter Tlach, Dekan Pommernstraße 3, 7033 Herrenberg-Gültstein Ernst Vatter, Missionsinspektor Postfach 1240, 7263 Bad Liebenzell Wilhelm Wagner, Prediger Blumenstraße 1, 7053 Kernen-Rommelshausen Schwester Lydie Wolfer Diakonissenmutterhaus, 7031 Aidlingen Es war ein Jubiläum. In der langen Reihe seit 1956 konnte nun am 18. Juni 1981 die 25. Ludwig-Hofacker-Konferenz abgehalten werden. Aufgefallen ist dies den meisten nicht besonders. Denn Konferenztage sind immer Festtage. Im Mittelpunkt steht die Freude am Herrn. So kam man auch jetzt nicht zusammen, um beschaulich Rückblick zu halten, sondern um sich neu senden zu lassen zum Dienst. Einer der Konferenzleiter begrüßte besonders herzlich unter den vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern an der Sache Jesu die treuen „Kanalarbeiter“, die in aller Stille mitten im Dreck stehen und die schwere Arbeit für die anderen tun. Da wünschte es dann ein Redner der Versammlung, daß man im Dienst für Jesus etwas sichtbar werden lasse von der noblen Art unseres Herrn. Wie die Stewardessen im Flugzeug darum so vornehm bedienen, weil sie es dem Ruf ihrer Luftlinie und dem Gerühmten Namen schuldig sind. So sollte die Art Jesu unser Wesen prägen. Da dieses Jahr auch wieder kein zentraler Versammlungsort für die 20 000 Besucher zur Verfügung stand, mußte man sich auf regionale Veranstaltungen verteilen. Zum ersten Mal fanden sogar acht Konferenzen statt. Aus dem Kocher- und Jagsttal und Hohenlohe und den Rändern des Schwäbischen Waldes kam man zur Hagenbachhalle in Schwäbisch Hall. Die Remstäler trafen sich in Schwäbisch Gmünd. Auf den Fildern ist die Rundsporthalle von Bernhausen schon mehrfach Ort einer regionalen Konferenz gewesen. Das große Zelt auf dem Missionsberg in Bad Liebenzell ist für die Schwarzwälder und die angrenzenden Gebiete schon lange eine Heimat auch für die Hofacker-Konferenz. In der Listhalle in Reutlingen fand zum fünften Mal eine Konferenz statt für den Raum zwischen Alb und Schönbuch. Sie war, wie jedes Jahr, völlig überfüllt. Aber auch das Oberland wurde nicht vergessen. In Weingarten kamen 950 Menschen und zusätzlich die Kinder in einer eigenen Konferenz zusammen. In der Stuttgarter Liederhalle wurden erstmals außer einer Kinderkonferenz noch zwei Konferenzen abgehalten, im Mozartsaal und im Beethovensaal. Im Jahr 1982 werden alle am 10. Juni beieinander sein können beim bundesweiten Gemeindetag unter dem Wort im Stuttgarter Neckarstadion.