Die 5 Bücher Moses - Teil 1/5

Roger Liebi

Audioabschrift – Bibelseminar 07.03.1998

 

 

Wir wollen uns also heute Morgen mit den fünf Büchern Mose beschäftigen und zwar in einer Übersicht. Dabei sollen wir vor Augen haben, dass das Gesetz Mose überhaupt die Grundlage der ganzen Bibel ist, die Ausgangslage der gesamten biblischen Offenbarung. Und diese Grundlage bildet in sich selbst wieder eine wunderbare Einheit. Aber, vielleicht um zu beginnen, wollen wir sehen, wie die ganze Bibel eigentlich eingeteilt ist und dabei erkennen wir dann, wie der erste Teil der Bibel eben das Gesetz Mose, die fünf Bücher Mose, ist. Wir haben da unter dem Titel zur Einteilung der Bibel zuerst das Alte Testament, das der Herr Jesus selbst in seiner Dreiteilung erwähnt in Lukas 24: das Gesetz, die Propheten und die Schriften. Und wir lesen dazu aus Lukas 24. Der Auferstandene erscheint den Emmaus-Jüngern und sagt in Vers 26: „Musste nicht der Christus dies leiden und in seine Herrlichkeit hineingehen? Und von Mose und von allen Propheten anfangend, erklärte er ihnen in allen Schriften das, was ihn betraf.“ Dann in der Mitte der Jünger in Vers 44: „Er sprach aber zu ihnen: Dies sind meine Worte, die ich zu euch redete, als ich noch bei euch war, dass alles erfüllt werden muss, was über mich geschrieben steht in dem Gesetz Mose und in den Propheten und Psalmen. Dann öffnete er ihnen das Verständnis, damit sie die Schriften verständen.“

Wir haben hier diese drei Ausdrücke: das Gesetz Mose, die Propheten und die Psalmen. Das entspricht genau der jüdischen Einteilung der Bibel. Unsere Einteilung folgt nicht der hebräischen Bibel, sondern der ältesten griechischen Übersetzung, der Septuaginta. Das ist nicht schlimm, aber man muss einfach wissen, dass es ein bisschen anders ist. Und zwar haben die Juden die Bibel wie folgt eingeteilt. Zuerst die fünf Bücher Mose, das wäre das Gesetz Mose. Und dann kommen die Propheten, wobei die Propheten unterteilt werden in die früheren und die späteren Propheten. Und das überrascht, zu den frühen Propheten gehören Josua, Richter, Samuel und Könige. Also das, was wir als historische Bücher bezeichnen, aber eben von Männern unter der Inspiration Gottes geschrieben und darum waren das bereits frühe Propheten. Und die späten Propheten sind das, was wir unter den Propheten verstehen, nämlich Jesaja, Jeremia, Hesekiel und die zwölf kleinen Propheten. Danach kommt ein dritter Teil. Im Allgemeinen nennen die Juden ihn die Schriften, oder, wie der Herr Jesus hier, die Psalmen, weil die Psalmen am Anfang standen von diesem letzten Teil. Dazu gehören dann die Psalmen, Hiob, Sprüche, Ruth, Hohelied, Prediger, Klagelieder, Ester, Daniel, – Daniel war eben nicht nur Prophet, sondern auch Staatsmann und deswegen hat man dies Buch wohl hier eingereiht. – Esra, Nehemia und am Schluss Chronik. Das wäre der dritte Teil.

Übrigens hat man auch unter den Handschriften in Qumran, unter den Handschriften, die man erst vor einigen Jahren endlich veröffentlicht hat, auch eine gefunden, wo genau diese Einteilung gemacht wurde: Das Gesetz, die Propheten und die Psalmen. Also aus vorchristlicher Zeit. Also der Herr Jesus hat hier keine neue Einteilung gemacht, sondern eine Einteilung, die eben üblich war. Und weiter ist zu sagen, dass die 2. Chronik am Schluss der Bibel steht, überrascht eigentlich auch nicht, denn der Herr Jesus sagte ja in Lukas 11 in seiner Gerichtsankündigung an die Pharisäer, dass Gott sie zur Rechenschaft ziehen wird. Lukas 11, 50-51: „Auf dass das Blut aller Propheten, welche von Grundlegung der Welt an vergossen worden ist, von diesem Geschlecht gefordert werde: von dem Blut Abels an bis zu dem Blut des Sacharja, der zwischen dem Altar und dem Haus umkam; ja, sage ich euch, es wird von diesem Geschlecht gefordert werden.“ Nun, der Mord an Abel steht ja im 1. Mose 4, also im ersten Bibelbuch, und dann haben wir hier noch Sacharja, der umkam zwischen dem Altar und dem Tempelhaus, und das ist eine Ermordung, die uns in 2. Chronik berichtet wird. Und damit sagt der Herr gewissermaßen, indem er eine Ermordung aus dem ersten und letzten Buch des Alten Testaments erwähnt, alles früher vergossene Blut der Zeugen Gottes wird von euch gefordert werden. Das macht also deutlich, dass der Herr Jesus selbst von dieser Einteilung ausging. Gut, das wäre also eine Dreiteilung für das Alte Testament.

Jetzt hat aber der Herr Jesus auch das Neue Testament angekündigt und zwar an diesem denkwürdigen Vorabend, als die Schatten von Golgatha bereits auf ihn gefallen waren, Johannes 14-16. Der Herr Jesus kündigte das Kommen des Heiligen Geistes an. Und da lesen wir Johannes 14, 26: „Der Sachwalter aber, der Heilige Geist, den der Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ Der Herr Jesus sagte also, der Heilige Geist würde kommen und die Jünger erinnern an seine Worte. Und das hat sich unter anderem – das bezieht sich nicht allein darauf, aber unter anderem – in der Abfassung der vier Evangelien niedergeschlagen. Denn da haben wir insbesondere die Worte des Herrn hier auf Erden. Der Heilige Geist hat die Schreiber inspiriert und erinnert an diese Dinge, damit diese vier Evangelien verfasst werden konnten. Darum können wir also die Evangelien als einen ersten Teil des Neuen Testaments bezeichnen, die Erinnerung.

Weiter Johannes Kapitel 15, 26: „Wenn aber der Sachwalter gekommen ist, den ich euch von dem Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der von dem Vater ausgeht, so wird er von mir zeugen. Aber auch ihr zeuget, weil ihr von Anfang an bei mir seid.“ Der Heilige Geist sollte das Zeugnis ablegen über den Erlöser. Und dieses Zeugnis finden wir schriftlich insbesondere in der Apostelgeschichte. Denn da haben wir als einziges, kirchengeschichtliches Buch der Bibel, die ersten drei Jahrzehnte der Missionsgeschichte beschrieben. Das Zeugnis von dem gestorbenen und auferstandenen Messias. Und wieder, dieser Vers beschränkt sich nicht darauf, aber in der Apostelgeschichte ist das ganz besonders in Erfüllung gegangen.

Weiter Johannes Kapitel 16, 7: „Doch ich sage euch die Wahrheit. Es ist euch nützlich, dass ich weggehe, denn wenn ich nicht weggehe, wird der Sachwalter nicht zu euch kommen; wenn ich aber hingehe, werde ich ihn zu euch senden. Und wenn er gekommen ist, wird er die Welt überführen von Sünde und von Gerechtigkeit und von Gericht.“ Und dann Vers 12: „Noch vieles habe ich euch zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten, denn er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wir er euch verkündigen.“ Also der Heilige Geist sollte kommen und neue Offenbarungen bringen, die bis dahin noch nicht gegeben worden waren. Nun das finden wir ausgesprochen erfüllt in der Abfassung der 21 Briefe im Neuen Testament, die Briefe von den Aposteln und Propheten des Neuen Testaments. Die ganze Wahrheit, die volle Offenbarung. Und da können wir auch besonders denken an all die Geheimnisse in den Paulusbriefen, all die Enthüllungen von Dingen, die im Alten Testament völlig verborgen waren.

Und weiter Vers 13 der letzte Satzteil: „und das Kommende wir er euch verkündigen. Er wird mich verherrlichen.“ Die Zukunft wird uns im Neuen Testament ganz ausgesprochen im letzten Buch der Bibel mitgeteilt, in der Offenbarung. Natürlich gibt es auch andere prophetische Teile im Neuen Testament, aber das einzige Buch mit hundert Prozent Prophetie ist die Offenbarung. Und damit bildet sie einen Teil für sich.

Wir können also das Neue Testament wie folgt einteilen: die Erinnerung in den Evangelien, das Zeugnis in der Apostelgeschichte, die Einführung in die ganze Lehre in den 21 Lehrbriefen und das Kommende in der Offenbarung. Und schon fällt auf, drei plus vier ergibt sieben. So haben wir also für die ganze Bibel eine von der Schrift selber herzuleitende Einteilung in sieben Teile. Und damit wird durch die Zahl der Vollkommenheit auch ausgedrückt, dass der Kanon, die schriftliche Offenbarung Gottes vollendet und abgeschlossen ist. Also es wird uns deutlich: das Gesetz Mose steht ganz am Anfang und im Kern finden wir hier eigentlich alles verborgen, was dann in der späteren Offenbarung der Schriften entwickelt und ausgeführt wird.

Bis dahin irgendeine Frage? Das ist ja ein Seminar und nicht ein Vortrag. Und der Unterschied zwischen einem Seminar und einem Vortrag ist, dass bei einem Vortrag einer spricht, und bei einem Seminar sprechen alle.

Könntest du etwas zu den Apokryphen sagen, die ja in manchen Bibeln enthalten sind?

Ja. Bei den Apokryphen da handelt es sich ja um einige Bücher, die vor allem in katholischen Bibelausgaben eingefügt sind, als Anhang zum Alten Testament. Das sind Bücher, die nach Maleachi entstanden sind, dem letzten Schriftpropheten der Bibel, aber vor dem Neuen Testament. Die katholische Kirche hat diese Bücher schon in der lateinischen Übersetzung eingefügt, in der Vulgata, die ja um 400 nach Christus gemacht worden ist. Aber Hieronymus, der Übersetzer damals, hat gesagt, dass sie eben nicht der Heiligen Schrift gleich zu achten sind. Jedoch in der Gegenreformation, nachdem die Reformatoren betont hatten, dass allein die Schrift Autorität und Gültigkeit hat und in keinster Weise die Konzilien und päpstlichen Entscheidungen, sofern sie nicht durch die Schrift untermauert sind, musste die katholische Kirche Argumente finden, um wenigstens einige ihrer Lehren zu stützen. Und da wurde auf dem Konzil von Trient im 16. Jahrhundert betont, dass, wer die Apokryphen als Gottes Wort ablehnt, verflucht sei. Also da wurde das wirklich zum eindeutigen Dogma erhoben. Damit haben sie ihren heiligen Hieronymus verflucht, weil der Übersetzer der Vulgata hat ja klar gesagt, sie sind nicht der Schrift gleich zu achten. Nun, das macht nicht viel aus. Also so können wir sagen, nach 2000 Jahren kommt plötzlich die römisch-katholische Kirche und erklärt Bücher, die im Judentum nicht zur Schrift gerechnet wurden, zur Heiligen Schrift.

Was man nämlich bedenken muss, in Römer 3, 1 heißt es ja, dass Israel die Aussprüche Gottes anvertraut worden sind. Und so war es also nicht die Aufgabe der römisch-katholischen Kirche über das Alte Testament zu bestimmen, welche Bücher dazu gehören und welche nicht, sondern das war Aufgabe des Volkes Israel, den Kanon zu erkennen. Im Talmud steht an zwei Stellen folgendes: Nach den letzten Propheten Sacharja, Haggai und Maleachi wich der Heilige Geist von Israel. Also mit dem Weggang von Maleachi wurde in Israel deutlich, dass sie keine Propheten mehr mit dieser Autorität hatten, wie die früheren Schriftpropheten sie hatten. Sogar in einem der Apokryphenbücher, 1. Makkabäer 9, – da wird die Verfolgungszeit der Makkabäer im 2. Jahrhundert vor Christus beschrieben – heißt es: Und war in Israel so große Trübsal, dergleichen nicht gewesen ist, seitdem man keine Propheten mehr hat. Eindrücklich, nicht wahr? Also das war ein allgemeines Bewusstsein, dieses Fehlen von Schriftpropheten. Kommt also in den Apokryphen selbst zum Ausdruck. Weiter ist zu beachten, die Apokryphen behaupten auch gar nicht Gottes Wort zu sein. Zum Beispiel der Schreiber des 2. Buches der Makkabäer schreibt am Schluss: Es ist nicht immer lustig Wein zu trinken, auch nicht immer Wasser, sondern ab und zu Wein und ab und zu Wasser. Und so hoffe er quasi mit seinem Buch auch zur Abwechslung beigetragen zu haben. Also sein Buch sollte nicht Gottes Wort sein, sondern lediglich höhere, geistliche Unterhaltungslektüre.

Der Wert der einzelnen Bücher ist sehr unterschiedlich. Zum Beispiel ist das 1. Buch der Makkabäer geschichtlich extrem wertvoll und wichtig. Das zweite weniger, denn es ist stärker gefärbt von pharisäischen Ideologien. Dann sind andere Bücher wieder völlig wertlos, also Märchenbücher, wie Daniel und der Drache in Babel und solches Zeugs. Wenn man das liest, das ist so wie ein Märchen, ja ist eben auch eins. So kann man die Bücher also einteilen in verschiedene Kategorien, zum Teil wertvoll, zum Teil völlig wertlos. Und dann gibt es auch einige dazwischen, zum Beispiel das Buch Sirach. Es ist eigentlich nichts anderes als Werk eines Rabbiners, der das Gesetz Mose, die Propheten und die Schriften – so heißt es in der Einleitung – studiert hat und aufgrund seiner Weisheit, die er dadurch bekommen hat, in Israel lehren wollte, wie man das praktisch ausleben soll. Also das Buch Sirach ist in dem Sinn ein praktischer Kommentar. Ich glaube das macht deutlich, dass wir starke Argumente haben, um diese Bücher nicht mit der Bibel in Verbindung zu bringen. Das reicht als Antwort, ja?

Wie sieht das denn mit dem Neuen Testament aus? Gibt es da auch solche Bücher?

Ja, aber dort ist es unproblematischer, weil eigentlich keine der großen Kirchen irgendwelche Apokryphen als neutestamentliche Schriften anerkennt. Also das sind dann schon ganz extreme Sekten, die solche Bücher aufnehmen. Es gibt ganz viele Bücher unter falschem Namen, wie zum Beispiel das Thomasevangelium oder die Petrusapokalypse. Das Thomasevangelium stammt etwa aus dem Jahr 140 nach Christus, da war der Apostel Thomas schon längst gestorben. Das ist also eine Fälschung unter falschem Namen. Und das ist gerade das Eindrückliche, nämlich zu sehen, wie die alte Kirche sehr sorgfältig vorgegangen ist und alle diese Fälschungen hinausgeworfen hat. Man hat manchmal so naive Vorstellungen, dass die Leute vor 2000 Jahren nicht so kritisch gewesen wären oder so scharf denkend, wie heute die wissenschaftlichen Menschen. Aber das Gegenteil davon ist wahr. Also man hat sehr genaue Nachforschungen angestellt und hat solche Fälschungen samt und sonders abgelehnt und verworfen. Und was hinein gekommen ist in den neutestamentlichen Kanon, das sind ausschließlich die nachweislich echten Schriften. Es gab natürlich schon im 14. Jahrhundert Fälschungen. Paulus schreibt ja im 2. Thessalonicher 2, die Thessalonicher sollen sich nicht durcheinander bringen lassen durch Briefe als durch uns. Die hatten also schon gefälschte Briefe bekommen. Und dann sagt er aber am Schluss, im vorletzten Vers von 2. Thessalonicher: „Der Gruß mit meiner, des Paulus, Hand. Das ist ein Zeichen in jedem Brief, so schreibe ich.“ Also Paulus hat in jedem seiner Briefe die Schlusssätze eigenhändig geschrieben, als handschriftlichen Beweis für die Echtheit seiner Briefe. Also so war man schon vor 2000 Jahren sehr darauf aus, das ganz genau abzuklären und nur echte Bücher aufzunehmen. Und so haben wir eben diese Siebenteilung der vollkommenen Schrift, abgeschlossen und vollendet.

Unterscheiden sich alle hebräischen Bibeln von den deutschen Ausgaben?

Ja, in allen hebräischen Bibeln sind die in dieser Dreiteilung aufgeführt. Darum nennen die Juden das Alte Testament auch Tanach, nach den drei Buchstaben T N K. Das T steht für Thorah, das Gesetz. Das N steht für Nevi’im, die Propheten. Und das K, weich ausgesprochen dann für Ketuvim, oder Chetuvim für die Schriften. Das sind die drei Teile. Also wenn man mit Juden spricht, sollte man es möglichst vermeiden, vom Alten Testament zu sprechen, denn das ist für sie wie eine Beleidigung, als wäre das irgendwie vorbei. Es ist gut wenn man über den Tanach spricht und dann, wenn man das Vertrauen hat, kann man darauf hinweisen, dass es einen alten Bund gibt, den Bund vom Sinai. Das ist der alte Bund, weil Jeremia ja von einem neuen Bund spricht. Und wenn Jeremia von einem neuen Bund spricht, dann hat er den ersten Bund vom Sinai alt gemacht. Also ist das nicht eine Erfindung von Christen, sondern das findet man selbst im Tanach. Gut, noch etwas?

Ja, dann gehen wir weiter und beginnen mit dem ersten Buch Mose. Die deutsche Bibelausgabe ist sehr phantasielos. Man hat einfach die Bücher so durchnummeriert von eins bis fünf. Im Französischen und im Englischen hat man wenigstens für jedes Buch einen Namen. Im Englischen heißt das erste Buch Genesis, also das Buch der Ursprünge. Das Zweite ist Exodus, was so viel bedeutet wie Auszug, denn es beschreibt den Auszug aus Ägypten. Das dritte Buch heißt Leviticus und das drückt aus, es ist ein Priesterhandbuch, ein Buch der Opfer. Also speziell in Verbindung mit dem Stamm Levi. Das vierte Buch wird Numbers genannt, Anzahl, Zahlen, weil es am Anfang und gegen Ende eine Volkszählung darin gibt. Dieser Name ist ein bisschen phantasielos, denn das Buch umfasst ein bisschen mehr, als gerade zwei Volkszählungen. Dann kommt als fünftes Buch Deuteronomy und das heißt Wiederholung und zwar weil Mose Abschied nehmend in den Ebenen von Moab, also grad noch jenseits des Jordans, gegenüber von Jericho, nochmals das Gesetz vom Sinai ausgelegt und erklärt hat für die Verhältnisse im Land. Aber auch das ist ein bisschen phantasielos. Es ist nämlich nicht einfach nur eine Wiederholung, sondern eine massive Ausweitung und Erklärung in einem ganz neuen Kontext.

Aber in der hebräischen Bibel findet man noch bessere Namen. Und zwar hat man den Namen immer aus dem ersten Vers des Buches genommen. Und wir werden gleich sehen, wie treffend diese Namenswahl jeweils war. Das erste Wort im 1. Buch Mose heißt auf Hebräisch bere’schijt. Also wir werden jetzt gleich noch ein bisschen Hebräisch lernen und zwar nach der ganzheitlichen Methode, wir lernen nämlich grad ganze Wörter, ohne die Buchstaben zu lernen. Bere’schijt sind im Deutschen zwei Wörter, nämlich im Anfang. Be heißt im und reschijt heißt Anfang. Und wenn wir uns das gut überlegen ist das erste Buch Mose ja tatsächlich das Buch der Anfänge. Es wird uns nämlich dort berichtet über die Erschaffung, den Ursprung des Himmels, dann der Erde, der Pflanzen, der Tiere, der Menschen. Und weiter sehen wir, wie Gott die Ehe eingesetzt hat, also auch den Ursprung der Ehe. Das ist nicht eine Erfindung der Menschen oder eine künstliche Abmachung, sondern von Gott gestiftet. Dann die Familie als Zelle der Gemeinschaft. Das 1. Buch Mose berichtet uns auch über den Ursprung des Bösen, der Sünde, des Todes. Dort wird uns deutlich gemacht, dass der Tod nicht etwas ist, das schlechthin zum Leben gehört, sondern etwas ganz unnatürliches ist. Es wird uns erklärt, wie es überhaupt zum Tod gekommen ist, wie es überhaupt zum Leiden gekommen ist. Also die größten Fragen der Menschheit: Woher kommt das alles? werden uns in diesem Buch beantwortet.

Es wird uns auch erklärt, woher die Völker der Welt kommen. So nebenbei gesagt, die griechische Philosophie hat ihre Ursprünge im Nachdenken der alten Griechen über das Phänomen, dass es verschiedene Stämme gibt. Sie haben sich gefragt, woher das eigentlich kommt. Das war ein wesentlicher Auslöser, der zur griechischen Philosophie geführt hat. Das war natürlich spekulativ, sie konnten die Antwort nicht geben. Aber in 1. Mose wird uns auch das enthüllt. Es wird uns dort auch erklärt, warum es so viele Sprachen gibt und woher sie kommen. Und es wird uns auch erklärt, woher das auserwählte Volk kommt, das Volk Israel. Es ist also wirklich das Buch der Ursprünge, das uns auf eine der tiefsten Grundfragen des Menschen Antwort gibt, nämlich: Woher sind wir? So wie übrigens auch das letzte Buch der Bibel, die Offenbarung. Sie gibt uns nicht die Antwort auf das Woher, sondern auf das Wohin des Menschen und der Menschheit. Eine gewaltige Frage wurde von dem Engel des Herrn an Hagar gestellt, 1. Mose 16, 8. Sie war ja Hals über Kopf aus prekären familiären Schwierigkeiten in die Wüste geflohen. Und da begegnet ihr der Herr und er sprach: „Hagar, Magd Sarais, woher kommst du, und wohin gehst du?“ Das waren die Fragen auf ihre momentane Situation, aber es sind auch die tiefsten Fragen, die uns gestellt werden können: Woher kommst du und wohin gehst du? Und das sind genau die Fragen, die der Mensch durch eigenes Nachdenken, durch eigene Forschung, nicht beantworten kann. Die Frage der Ursprünge kann uns die Wissenschaft nicht beantworten, und zwar einfach aus dem Grund, weil es keine Zeitmaschinen gibt. Und es wird sie auch nie geben. Wir können nicht zurück gehen und schauen, wie die Welt entstanden ist. Und es gibt auch keine Zeitmaschinen, um in die Zukunft zu gehen, um uns die Frage zu beantworten, wohin wir gehen, wohin die Menschheit geht. Und so werden uns gerade diese tiefsten Fragen des menschlichen Herzens überhaupt im ersten und im letzten Buch der Bibel auf gewaltige Art enthüllt und beantwortet. Und das hilft uns dann ganz persönlich auch Antwort zu geben auf Gottes Frage. Es ist die erste Frage überhaupt in der Bibel, in 1. Mose 3, 9: „Und der HERR, Gott, rief den Menschen und sprach zu ihm: Wo bist du?“ Also ganz persönliche Standortbestimmung: Wo stehe ich in Bezug auf Gott? Das soll uns helfen, dass wir diese Frage ganz persönlich beantworten können. Ist bis dahin noch etwas?

Ja, dann gehen wir noch ein bisschen weiter. Wir finden in dem 1. Buch Mose, wie der Mensch erschaffen wird. In Kapitel 2, 7 wird uns gesagt: „Und der HERR, Gott, bildete den Menschen, Staub von dem Erdboden, und hauchte in seine Nase den Odem des Lebens. Und der Mensch wurde eine lebendige Seele. Und der HERR, Gott, pflanzte einen Garten in Eden, gegen Osten, und er setzte dorthin den Menschen, den er gebildet hatte.“ So beginnt also das 1. Buch Mose mit dem Menschen als lebendige Seele, hineingesetzt in die Weite des Gartens von Eden, in der Heimat, in der Gemeinschaft mit Gott. Gott wandelte ja im Garten und hatte Gemeinschaft mit dem Menschen. Und wie endet nun das 1. Buch Mose? Was ist der letzte Vers des 1. Buches Mose? Wir können das aufschlagen. Eigentlich ein Schock, es endet mit der Josephsgeschichte. Aber was steht da? In 1. Mose 50, 26: „Und Joseph starb, 110 Jahre alt, und sie balsamierten ihn ein und man legte ihn in eine Lade in Ägypten.“ Das Buch endet mit einer Leiche, in der Enge eines Sarges, in der Fremde in Ägypten, im Land der Götzendiener. Also krasser könnten Anfang und Ende des 1. Buches Mose gar nicht sein. Und dabei haben wir ein Kapitel, das gewissermaßen den Schlüssel gibt, den Wendepunkt anzeigt, der zu diesem Ende führen konnte. Und das ist 1. Mose 3, das Kapitel mit dem Sündenfall. Dort wird uns erklärt, wie diese Herrlichkeit, mit der das 1. Buch Mose beginnt, so verdorben werden konnte. Der Mensch in der Enge, in der Fremde, also entfremdet, im Land der Götzendiener und unter dem Schicksal des Todes. Und es wird uns gezeigt, dass alles damit begonnen hat, dass der Mensch dem Wort Gottes nicht geglaubt hat. Die Schlange hat Eva gesagt: Mitnichten werdet ihr sterben. Was so viel bedeutet, wie: Gott hat gelogen. Und Gott mag euch nicht mal Glück gönnen.

Übrigens können wir das ganz kurz aufschlagen, 1. Mose 3, 1: „Und die Schlange war listiger als alles Getier des Feldes, die Gott, der HERR, gemacht hatte; und sie sprach zu der Frau: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr sollt nicht essen von jedem Baume des Gartens?“ Hat jemand eine andre Übersetzung da? Ich habe jetzt die alte Elberfelder gelesen. Luther 1912: „Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von den Früchten der Bäume im Garten?“ Das ist eigentlich gleich wie die alte Elberfelder. Die revidierte Elberfelder sagt: „Hat Gott wirklich gesagt: Von allen Bäumen des Gartens dürft ihr nicht essen?“ Die haben das also nicht verbessert in der Revision. Hat niemand eine andere Übersetzung?[1] Ja, das ist ja gar nicht deutsch. Wir sagen doch nicht: Ihr sollt nicht essen von jedem Baum. Das sagt man doch nicht. Auf Deutsch sagt man: Ihr sollt von keinem Baum essen. Nicht von jedem Baum heißt von keinem. Das ist eigentlich die hebräische Ausdrucksweise um zu sagen, von keinem. Auch heute noch im modernen Hebräisch, in der Umgangssprache, sagt man anstatt: von nichts essen, von allem nicht essen. Und das ist doch viel, viel krasser. Die Schlange hat nicht nur gesagt: Ah, Gott hat euch einen Baum unterschlagen. Nicht das war die Aussage, das wäre schon hässlich genug gewesen. Aber die Schlange sagt: Was, Gott mag euch nicht mal einen Baum gönnen. Also sie ist völlig ins andere Extrem gegangen, um eben Misstrauen wecken zu können. Also die Schlage sagt: Gott hat euch überhaupt nicht lieb, der mag euch überhaupt nichts gönnen. Dabei war es nur ein Baum, der ausgeschlossen war. Sonst hatten sie all die lieblichen Bäume zur Verfügung. Und Eva ist darauf eingestiegen, hat sich Zweifel ins Herz säen lassen und aus dem Anzweifeln von Gottes Wahrheit, von Gottes Wort, ist die ganze Katastrophe, das ganze Elend der Menschheit, von einer Geschichte mit Blut und Tränen bis zum heutigen Tag, entstanden. Und das wird uns im 1. Buch der Bibel beschrieben, um zu zeigen, wie schlimm es ist, wenn wir Gottes Wort kein Vertrauen schenken. Da ist die Quelle von allem Unheil und aller Not der Menschheit. Gut, es ist Zeit für 10 Minuten Pause. Dann fahren wir weiter mit der Antwort auf das 1. Buch Mose und dann kommt das zweite Buch Mose.



[1] In der Schlachter 2000 steht: Sollte Gott wirklich gesagt haben, dass ihr von keinem Baum im Garten essen dürft?