Einführung in
den 2. Petrusbrief
Thema: Gott gemässes
Glaubensleben im Licht der prophetischen Lampe
·
Der 2. Petrusbrief
richtet die Blicke der Gläubige auf das kommende messianische Königreich und
auf die damit verbundene Wiederkunft Christi. Das prophetische Wort, das diese
Hoffnung nährt, wird mit einer an einem dunklen Ort scheinenden Lampe
verglichen. Das verderbliche Werk von Irrlehrern wird ausführlich beschrieben,
um die Erlösten vor ihren Taktiken und Verführungen zu schützen. Petrus schrieb
diesen Brief kurz vor seinem Märtyrertod. Er ist daher gewissermassen
sein Testament. Dieser Umstand gibt diesem Schreiben einen besonders
feierlichen Charakter.
Autor
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Der Apostel
Petrus (2Pet 1,1).
·
In der liberalen
Theologie wurde die Echtheit des 2Pet in Frage gestellt. Die Liberalen haben
allerdings kein einziges stichhaltiges Argument für ihre Position.
·
Bezeugung der
Echtheit des Briefes durch:
o
Judasbrief (1,17;
vgl. die vielen Anspielungen auf den 2. Petrusbrief). Der 2. Petrusbrief
prophezeit schwere Missstände in der Christenheit. Der Judasbrief berichtet
über die Erfüllung dieser Voraussagen (vgl. Futurformen in 2Pet 2,1-3 und
Vergangenheitsformen in Jud 4).
o
Methodius von Olympus (Märtyrer des 2. Jh. in: De Rresurrectione)
o
Firmilian von Cäsaräa (gest. 268)
o
Athanasius
(298-373)
o
Katalog des Codex
Claramontanus (Text aus dem 3. od. 4. Jh.)
o
Kyrill von
Jerusalem (315-386)
o
Augustinus
(354-430)
o
Hyeronimus (um 404)
o
Synoden von Hippo (393), Laodizäa (363-364)
und Karthago (397). Sie verwarfen aber den Barnabasbrief und die Briefe des
Clemens von Rom, die nicht inspiriert waren, weil sie nicht von Aposteln oder
von ihnen anerkannte Propheten geschrieben waren (vgl. Eph
2,20).
·
Von den 686 hapax legomena (= Wörter,
die im NT nur 1x vorkommen) finden sich 62 im 1Pet und 54 im 2Pet. Nirgends im
NT kommen seltene Ausdrücke so oft vor wie in den Schriften des Petrus! è 1. Die beiden Petrusbriefe stammen vom selben Autor. è 2. Petrus besass einen sehr
reichen, umfassenden Wortschatz auf
Griechisch!
·
Übereinstimmende
Ausdrücke der Petrusreden in der Apg und im 2Pet
(z.B. „Lohn der Ungerechtigkeit“ [Apg 1,18; 2Pet
2,13.15]; „Gottseligkeit“ [eusebeia]: Apg 3,12; 2Pet 1,3.6.7; 3,11; „ohne Fehl und ohne Flecken“
(amomos kai aspilos; 1Pet 1,18), vgl. „ohne Flecken und fehlerlos“
(aspilos kai amometos; 2Pet 3,14), vgl. „Flecken und fehlbehaftet“ (spilos kai momos; 2Pet 2,13)
·
Seltene Ausdrücke
und Begriffe, die den 1. mit dem 2. Petrusbrief verbinden: „Gnade und Friede
sei euch vermehrt“ [2Pet 1,2; 1Pet 1,2]; Tugend („Tugend“ [1Pet 2,8; 2Pet 1,3];
„Kostbarkeit“ / „kostbar“: 2Pet 1,1; 2Pet 1,4; 1Pet 1,7.18; 2,4.6.7; 3,4;
·
Augenzeuge der
Verklärung Christi auf dem Berg (2Pet 1,16-19; vgl. Mat 17,1-8; Mark 9,2-8; Luk 9,28-36)
·
Jesus Christus
hatte Petrus prophezeit, dass er dereinst den Kreuzestod erleiden würde (2Pet
1,13-14; Joh 21,18-19).
Adressaten
·
Das Schreiben
richtet sich an dieselben Adressaten wie der 1. Petrusbrief (vgl. 2Pet 3,1).
Auch der Hebräerbrief wurde als Rundschreiben an dieselben Leser bzw. Hörer
versandt (2Pet 3,15-16). Der 1. Petrusbrief richtete sich an Judenchristen in
verschiedenen Provinzen im Gebiet der heutigen Türkei (1Pet 1,1; 2,11-12;
„Zerstreuung“ = griech. diaspora
= Fachausdruck für Zerstreuung von Juden unter den Heidenvölkern)
Zeit und Ort der Abfassung.
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Ca. 67 n. Chr.;
aus der Todeszelle in Rom (2Pet 1,14; vgl. Joh 21,18-19)
·
Kreuzigung unter
Kaiser Nero (Eusebius: Kirchengeschichte, Buch II,25.4-5)
Struktur
Grobstruktur
- I. Ermahnung
zu Wachstum im Glauben (1,1-11)
- II. Zur
Bedeutung der Prophetie (1,12-21)
- III. Warnung vor Irrlehrern (2,1-22)
- IV. Prophetischer Ausblick (3,1-18)
Ein kurzer Gang durch die 3
Kapitel
·
Die Gottheit
Christi: 1Pet 1,1: „unseres Gottes und Heilandes Jesus Christus“ (griech: tou theou hemon kai
soteros Jesou Christou = des Gottes (A) unseres und
Heilandes (B) Jesu Christi). Sharp’s Rule:
o
Zwei Nomen (A und
B)
o
keine Eigennamen
o
in der Einzahl
o
mit „und“
verbunden
o
der best. Artikel
nur vor dem ersten Nomen
o
è A = B; Regel ohne 1 bekannte Ausnahme!
è Die Wörter „Gott“ und „Heiland“ beziehen sich auf
dieselbe Person: Jesus Christus (vgl. Joh 1,2; 20,28; Apg
20,28; Röm 9,5; 1Tim 3,16; Tit
2,13 [Sharp’s Rule]; Hebr 1,8; 1Joh 5,20).
- 7x „Erkenntnis“; griech.
epignosis: 2Pet 1,2.8; 2,20 und griech. gnosis: 2Pet
1,6.6.; 3,18; è Das Vermächtnis des Petrus: 2Pet 3,18
- Kostbare Dinge: 2Pet 1,1: kostbarer Glaube;
2Pet 1,4: kostbare Verheissungen; vgl.
1Pet 1,7: kostbare Bewährung des Glaubens; 1Pet 1,18: kostbares Blut
Christi; 1Pet 2,4: der kostbare lebendige Stein; 1Pet 2,6: der
kostbare Eckstein; 1Pet 2,7: die Kostbarkeit des Ecksteins für
die Gläubigen; 1Pet 3,4: der kostbare verborgene Mensch des Herzens
/ der unverwesliche Schmuck des sanften und stillen Geistes der
gottesfürchtigen Frauen
- Die Kette des geistlichen Wachstums (2Pet 1,5-7):
1. Fleiss; 2. Glaube; 3. Tugend (Tüchtigkeit;
geistliche Kraft / Energie; Entschiedenheit); 4. Erkenntnis; 5.
Enthaltsamkeit; 6. Ausharren; 7. Gottseligkeit (Frömmigkeit /
Gottesfurcht); 8. Bruderliebe (griech. philadephia); 9. Liebe (griech.
agape)
- 2Pet 1,17: 7x: „Dieser ist mein geliebter Sohn!“
(Mat 3,17; 17,5; Mark 1,11; 9,7; Luk 3,22; 9,35)
- Das Vermächtnis der Verklärung Christi auf dem
Berg (2Pet 1,12-21): Sehr wichtige Bestätigung, dass der leidende Messias
noch als der herrschende Messias kommen wird (è 2Pet 1,19): „… so besitzen wir das prophetische
Wort befestigter…“
- Jakobus, einer der drei Zeugen der Verklärung
Christi wurde bereits um 47 n. Chr. ermordet (Apg
12,1-2). So blieben noch 2 Zeugen, das Minimum für ein glaubwürdiges
Zeugnis (5Mo 19,15). Als Petrus gleich auch noch ermordet werden sollte,
kam es zu einer ganz ungewöhnlichen göttlichen Intervention (Apg 12,3-19), sodass wenigstens 2 weitere Zeugen
dieses Ereignisses ihren Dienst noch viele Jahre ausführen konnten. Der
letzte Augenzeuge, Johannes, blieb bis zum Jahr 100 (vgl. Joh 21,22-23).
Er starb als der Letzte der Apostel.
- Die prophetische Lampe an einem dunklen Ort: 2Pet
1,17
- Jesus Christus, der Morgenstern (2Pet 1,19; vgl.
Off 2,28; 22,16): Dies weist auf sein verborgenes Kommen für die Gemeinde
hin. Wenn er als Richter der Welt erscheinen wird, so wird er als „die
Sonne der Gerechtigkeit“ erscheinen (Mal 4,2 [3,20]).
- 2Pet 2,4 un der Tartarus:
- In 2Pet 2,4 wird das Gefängnis gefallener Engel
als „Tartarus“ bezeichnet („hinabstürzen“ = tartaroo = in den Tartarus
hinabwerfen). Dieser Begriff kommt im NT nur
hier vor. Bei den alten Griechen bezeichnete der Tartarus
den Ort der abgeschiedenen Gottlosen.
- Obwohl der Tartarus /
der Abyssus der gefallenen Engel mit dem Scheol / Hades der verlorenen
Menschen identisch ist (Jes 24,21-22) wird in Verbindung mit Engeln nie
vom Scheol / Hades gesprochen. Grund: Menschen gehen durch den Tod
an diesen Ort, Engel nicht, da
sie nicht sterben können.
- Off 20,1-3: Während des 1000-Jährigen-Reiches
wird der Teufel mit einer grossen Kette im
„Abgrund“ (= griech. abyssos
= die Tiefe, der Abgrund) gebunden sein.
- Die Dämonen fürchten sich vor diesem Augenblick,
an dem auch sie eingesperrt werden sollen (Luk
9,31; vgl. Jes 24,21-22: „Grube“ und „Gefängnis“ für Engel und Menschen).
- Die Engel, die sexuelle Beziehungen mit Menschen
eingingen, sind wegen der Schwere dieser Vergehen, schon vor dieser Zeit
im finsteren Abgrund mit ewigen Ketten gebunden worden (Jud 6; vgl. 1Mo 6,2.4). Da warten sie auf das
Endgericht der Hölle.
- Die Inspiration der Bibelschreiber (2Pet 1,21;
vgl. 2Tim 3,16)
- Die Heilige Schrift legt sich selbst aus, ein
Schriftabschnitt erklärt den anderen Abschnitt (2Pet 1,20).
- 3 Beispiele der Bestrafung: Engel (2Pet 2,4; vgl.
1Mo 6,1ff; Jud 4), Sintflut (2Pet, 2,5; vgl. 1Mo
6-9); Sodom und Gomorra (2Pet 2,6-8)
- Irrlehrer und ihr verheerendes Werk (2Pet 2,1-22)
- Kennzeichen der falschen Christen:
- Die
falschen Lehrer führen „verderbliche Sekten / Irrlehren“ ein (2Pet 2,1).
- Sie
verleugnen den Gebieter (2Pet 2,1).
- Sie
ziehen Gottes Gericht auf sich (2Pet 2,1.9.12.13.17)
- Sexuelle
Verirrungen (2Pet 2,2.10.14)
- Sie
verführen viele auf sexuellem Gebiet, sodass viele ihnen nachfolgen (2Pet
2,2.14.18.19).
- Ihretwegen
wird der Weg der Wahrheit verlästert werden (2Pet 2,2).
- Sie
sind habsüchtig (2Pet 2,3.14).
- Sei
verführen mit erkünstelten / betrügerischen Worten (2Pet 2,3).
- Sie sind Ungerechte (2Pet 2,9).
- Sie
spotten über den Teufel (2Pet 2,10-11)
- Schwelger
(2Pet 2,13); Flecken und Schandflecken (2Pet 2,13)
- Schwelgen
in ihren Betrügereien (2Pet 2,13)
- Halten
Festessen mit den Erlösten (2Pet 2,13)
- „Kinder
des Fluches“ (2Pet 2,15)
- Sie
haben den geraden Weg verlassen (2Pet 2,15).
- Sie
sind den Weg Bileams gegangen (2Pet 2,15).
- „Brunnen
ohne Wasser“, „Nebel, vom Sturmwind getrieben“ (2Pet 2,17)
- Sie
sprechen von Freiheit, sind aber Sklaven der Sünde (2Pet 2,19).
- Abgefallene, die nur die Erkenntnis hatten, aber
nie wiedergeboren waren (2Pet 2,20-21; vgl. Luk
8,13; Heb 6,4; 10,26)
- In der Endzeit spotten unmoralische Menschen über
die Wiederkunft Christi (2Pet 3,3-4)
- In der Endzeit wird die Sintflut (1Mo 6-9) und
der Schöpfungsbericht (1Mo 1-2) geleugnet werden (2Pet 3,5-6). Bis 1800
glaubten die meisten Wissenschaftler an Schöpfung und Sintflut.
- Der Weltuntergang und Kernspaltung sowie
Kernfusion (2Pet 3,10-12). Kernspaltung und Kernfusion wurden erst durch
die Physik des 20. Jh. entdeckt!
- Die Relativität der Zeit (2Pet 3,8; vgl. Ps 90,4);
vgl. Einsteins Relativitätstheorie im 20. Jh.!
- Die neue Schöpfung (2Pet 3,13; vgl. Off 21,1ff.)
- Die Kanonizität der
Paulusbriefe, inkl. Hebräerbrief (2Pet 3,15-16)
- Verschiedene heilsgeschichtliche Tage:
- „Der Tag des HERRN“ (2Pet 3,10; vgl. Zeph
1,14ff): Von der Grossen Drangsal über die Wiederkunft Christi bis ans
Ende des 1000jährigen Reiches
- „Der Tag Gottes“ (2Pet 3,12): Die Zeit der Auflösung des
Weltalls
- „Der Tag der Ewigkeit“ (2Pet 3,18): Die künftige Welt nach Off 21,1-8
- Vgl. „Der Tag des Heils“ (2Kor 6,2): Die
gegenwärtige Zeit der Gnade
- Der Irrwahn der Ruchlosen / Gottlosen /
Gesetzlosen (2Pet 3,17; vgl. Mat 24,12); vgl. die Revolution der
1960er-Jahren
Exkurs: Sodom und Gomorra (zu Jud 7)
- Gottes Zerstörung von Sodom, Gomorra, Adama und Zeboim durch
Schwefel und Feuer; Hinweis auf die Hölle (19,23-29; 5Mos 29,23; 2Pet 2,6;
Jud 7)
- Archäologie von Sodom, Adama,
Zeboim und Zoar:
PRICE: The Stones Cry
Out, S. 109-124: W.F. Albright (1924, Entdeckung von Bab edh-Dhra, Datierung, Frühe Bronze è Zeit Abrahams); Ausgrabung in Bab edh-Dhra durch Paul Lapp (1965-1967), Walter Rast und
Thomas Schaub (1973ff): 6,80 m dicke Stadtmauern, Friedhof mit tausenden
von Menschen, kanaanitischer Tempel mit Altar,
Stadt mit ca. 2m dicker Ascheschicht bedeckt, Hinweise auf Feuer von oben
(!); Archäologe Briant
Wood: Bab edh-Dhra = Sodom. Südlich: es-Safi (seit byzant. Zeit
identifiziert mit Zoar; 19,19-23; nicht
verbrannt). Rast / Schaub fanden weitere 3 Städte mit Ascheschichten: Numeira (= Gomorra, über 2 m dicke Ascheschicht); Feifa = Adama; Khanazir = Zeboim; jede Stadt
an einem Wadi gebaut
- ausgebranntes Ölbecken, viel Schwefel und Salz è Explosion dieses Beckens führte zu einem Regen
mit Feure und Schwefel
Bibliographie
Arnold, B.T., Beyer, B.E., Elwell, W.A., Yarbrough, R.W.:
Studienbuch Altes und Neues Testament, Wuppertal 2005.
MAUERHOFER, E.: Einleitung in das Neue
Testament, Vorlesungsscript, 2. Aufl., Basel 1988, SS. 369ff.
MAUERHOFER, E.: Einleitung in
die Schriften des Neuen Testaments, 2 Bde., Neuhausen / Stuttgart 1995.
MACDONALD, W.: Kommentar zum
Neuen Testament, Bd. II, Bielefeld 1989.
PRICE, R.: The Stones Cry out, Eugene, Oregon 1997.
REMMERS, A.: Das Neue
Testament im Überblick, Hückeswagen 1990.
UNGER, M.F.: Ungers grosses Bibelhandbuch, Asslar
1987.
WALVOORD, J.F. / ZUCK, R.B.: Das Neue
Testament erklärt und ausgelegt, Holzgerlingen 1990, Bd. V.
Roger Liebi, November 2007