Einführung in den Kolosserbrief

 

Der Kolosserbrief  ist eine Antwort auf die Gefahr der Verführung durch eine mystische Irrlehre mit griechischen und jüdischen Elementen. Er zeigt die überragende Herrlichkeit der Person Jesu als wahrer Gott und wahrer Mensch auf. Wer den Sohn Gottes kennt und des Christen  Stellung in ihm, darf deutlich feststellen, dass all die verführenden Angebote mystischer und judai­sieren­der Bewegungen als völlig wertlos verblassen müssen, neben dem, was ein Gläubiger in Christus als reines Geschenk besitzt.

Autor

·          Der Apostel Paulus (1,1)

Adressaten

·          Die Gemeinde in Kolossä (1,1); Entstehungsgeschichte: wohl durch Epaphras gegründet (1,7; 4,12‑13); erfreulicher geistlicher Zustand (1,3-6; 2,5). Kolossä (1,1), Laodizäa (2,1; 4,13.16.16) und Hierapolis (4,13) bildeten eine Städte-Dreiheit im Lykustal. è über­örtliche Gemeinschaft unter Gemeinden

Zeit und Ort der Abfassung

·          62 n. Chr.; erste Gefangenschaft in Rom (Apg 28,16-31; Kol 4,3.10.18b); Lukas und Aristar­chus, die Begleiter auf der Romreise (Apg 27,1-2) sind bei ihm (Kol 4,10.14; vgl. Phlm 24)

·          Übermittler: Tychikus (Eph 6,21-22; vgl. Kol 4,7)

·          Übermittlung zusammen mit: Epheser- (Eph 6,21-22) und Philemonbrief (vgl. Kol 4,7-9)

·          Briefe der ersten Gefangenschaft: an die Epheser (Eph 3,1; 4,1; 6,20), Philipper (Phil 1,7.12‑13.17), Kolosser (Kol 1,24; 4,10.18), an Philemon (Phlm 1,9.10.22) und an die Hebräer (Heb 13,24)

·          Nach der Freilassung:[1] Reise nach Spanien (vgl. Röm 15,24), nach Kreta (Tit 1,5), Nikopolis (Tit 3,12); Mazedonien (1Tim 1,3); Verhaftung in Troas (2Tim 4,13); zweite Gefangenschaft: 66/67 n. Chr., im Gefängnis zu Rom, kurz vor dem Märtyrertod (2Tim 1,16‑17; 4,6‑8)

Kolosser 1,16-20: Die gewaltige Grösse des Sohnes Gottes

16 Denn durch ihn[2] sind alle Dinge erschaffen worden, die in den Himmeln und die auf der Erde, die sichtbaren und die unsichtbaren, es seien Throne oder Herrschaften oder Fürstentümer oder Gewalten: alle Dinge sind durch ihn[3] und für ihn geschaffen. 17 Und er ist vor allen, und alle Dinge werden durch ihn zusammengehalten.  18 Und er ist das Haupt des Leibes, der Gemeinde, welcher der Anfang ist, der Erstgeborene aus den Toten, auf daß er in allem den Vorrang habe;  19 denn es war das Wohlgefallen der ganzen Fülle,[4] in ihm zu wohnen  20 und durch ihn alle Dinge mit sich zu versöhnen, indem er Frieden gemacht hat durch das Blut seines Kreuzes, durch ihn, es seien die Dinge auf der Erde oder die Dinge in den Himmeln. 

Struktur

         I.          Die Lehre von der Erhabenheit des Sohnes Gottes (1 - 2)

          Begrüssung (1,1-2)

          Gebet: Dank für die Kolosser (1,3-8)

          Gebet: Bitte um geistliches Wachstum der Kolosser (1,9-15)

          Die Erhabenheit Christi als Gott und Mensch (1,16-23)

          Der Dienst des Apostels Paulus (1,24 - 2,3)

          Widerlegung der Irrlehre in Kolossä (2,4-23)

      II.          Praktische Konsequenzen der Lehre (3 - 4)[5]

          Das neue Leben des Christen (3,1-17)

          Der Christ in Ehe, Familie und Arbeit (3,18 - 4,1)

          Abschliessende Ermahnungen und Grüsse (4,2-18)

Besonderheiten

·          Griech. kolossai (Kolossä) > kolossaios = riesengross, gigantisch, gewaltig. In Kolossä gibt es gigantische Felsformationen. Der Kolosserbrief beschreibt die gewaltige Grösse des Herrn Jesus Christus.

·          Titel und Namen Jesu Christi, die nur im Kolosserbrief vorkommen: der Sohn seiner Liebe (1,13); das Bild des unsichtbaren Gottes (1,15); der Erstgeborene aller Schöpfung (1,15); das Haupt des Leibes der Gemeinde (1,18); der Erstgeborene aus den Toten (Kol 1,18);[6] der Christus Jesus, der Herr;[7] das Haupt jedes Fürstentums und jeder Gewalt (2,10); Christus, unser Leben (3,4); der Herr Christus (3,24)

·          Besondere Namen, die auch anderswo vorkommen: der Anfang/Ursprung (1,18);

·          Christus ist der Schöpfer aller Dinge: 1,15 (vgl. Joh 1,3; 1Kor 8,6; Heb 1,2.10).

·          Der Sohn Gottes ist der Erhalter aller Dinge (1,17).

·          Die ewige Existenz des Sohnes Gottes (1,17)

·          Viele Parallelen zum Epheserbrief; Unterschied: Eph legt Akzent auf den Leib, Kol legt Akzent auf das Haupt.

·          Das Geheimnis[8] „Christus in euch“ (1,27). In dem Geheimnis Gottes und des Christus sind alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis verborgen (2,3).[9]

·          Warnung vor Philosophie (2,8)

·          Ablehnung der Einhaltung des Sabbats als Gebot für Christen (2,16)

·          Brief durch die Handschrift des Paulus beglaubigt (Kol 4,7; vgl. 2Thess 3,17)

Bibliographie

MAUERHOFER, E.: Einleitung in das Neue Testament, Vorlesungsscript, 2. Aufl., Basel 1988, S. 369ff.

MAUERHOFER, E.: Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments, 2 Bde., Neuhausen / Stuttgart 1995.

MACDONALD, W.: Kommentar zum Neuen Testament, Bd. II, Bielefeld 1989.

REMMERS, A.: Das Neue Testament im Überblick, Hückeswagen 1990.

UNGER, M.F.: Ungers großes Bibelhandbuch, Asslar 1987.

WALVOORD, J.F. / ZUCK, R.B.: Das Neue Testament erklärt und ausgelegt, Holzgerlingen 1990, Bd. V.



[1] MAUERHOFER, Bd. II, S. 180ff.

[2] W. in ihm; d.h. in der Kraft seiner Person.

[3] W. durch ihn; d.h. er war der Ausführende.

[4] Vgl. 2,8. die Fülle der Gottheit = der dreieine Gott.

[5] Beachte das Wort „nun“ in 3,1 (vgl. Röm 12,1; Eph 4,1).

[6] Vgl. Off 1,5: der Erstgeborene aus den Toten (Mehrheitstext).

[7] = der Messias Jesus, der Herr.

[8] Geheimnis = Wahrheit, die im AT verborgen war und erst im NT geoffenbart wurde (Kol 1,26-27; Eph 3,4).

[9] Vgl. 1. Das Geheimnis der Vollzahl aus den Nationen (Röm 11,25-27); 2. Das Geheimnis der Verwandlung (1Kor 15,51); 3. Das Geheimnis seines Willens (Eph 1,9); 4. Das Geheimnis der Einverleibung der Nationen (Eph 3,4-6); 5. Das Geheimnis der Frau des Christus (Eph 5,32); 6. Das Geheimnis Christus in euch (Kol 1,25-26); 7. Das Geheimnis der Gottseligkeit (1Tim 3,16); 8. Das Geheimnis der Gesetzlosigkeit (2Thess 2,7)