Roger Liebi – Überblick über die 27 Bücher des NTs - Teil 7/9

Details: Jakobus, 1. und 2. Petrus, 1. Johannes

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Nachdem wir nun die vier Evangelien, die Apostelgeschichte und die Paulusbriefe miteinander in der Übersicht angeschaut haben, kommen wir heute zu den sogenannten allgemeinen Briefen. Wir haben 14 paulinische Briefe, zwei mal sieben, und sieben allgemeine Briefe.

Wir beginnen mit dem Jakobusbrief. Jakobus 1, 1: „Jakobus, Knecht Gottes und des Herrn Jesus Christus, den zwölf Stämmen, die in der Zerstreuung sind, seinen Gruß!“ Der Autor ist Jakobus, und zwar Jakobus, der Bruder des Herrn. Ich habe eine ganze Reihe von Bibelstellen aufgeführt auf den Blättern. In Matthäus 13, 33 wird deutlich, dass einer der Brüder oder Halbbrüder des Herrn Jakobus hieß. Nach Johannes 7 war er zunächst, wie auch die übrigen Brüder, ungläubig. Das wird in den Versen 3-5 deutlich gesagt: „Es sprachen nun seine Brüder zu ihm: Ziehe von hinnen und geh nach Judäa, auf dass auch deine Jünger deine Werke sehen, die du tust; denn niemand tut etwas im Verborgenen und sucht dabei selbst öffentlich bekannt zu sein. Wenn du diese Dinge tust, so zeige dich der Welt; denn auch seine Brüder glaubten nicht an ihn.“ Er kam aber doch schließlich zum Glauben, 1. Korinther 15, 7. Der Herr, der Auferstandene ist insbesondere Jakobus erschienen. Und dieser Jakobus hatte dann in der Gemeinde in Jerusalem eine besondere, führende Rolle eingenommen. In Apostelgeschichte 15, 13 auf dem Apostelkonzil hat er auch ein besonders klärendes Wort gesprochen und in Kapitel 21, 18 wird deutlich, wie er in der Gemeinde in Jerusalem führend war. Er wird dann noch in Galater 1, 19 und 2, 9.12 erwähnt. Interessant ist ja, vor kurzem wurde ein Ossuarium, ein Beinhaus, gefunden, von denen man schon eine ganz stattliche Zahl aus dem 1. Jahrhundert gefunden hatte, und zwar mit der Aufschrift in aramäisch: «ja’akov ben joseph achui d’jeschua’», Jakob, Sohn des Joseph, Bruder Jesu. Und das ist doch sehr erstaunlich, weil normalerweise auf diesen Ossuarien üblich wäre, das da eben noch der Name des Vaters steht, ja’akov ben joseph, aber das da noch der Name des Bruders steht, ist höchst ungewöhnlich. Und wenn das gemacht worden ist, dann weil der Bruder besonders bekannt war. Und so hat man wirklich gute Gründe anzunehmen, dass dies das authentische Ossuarium von Jakobus ist, aus dem Jahr 62 oder 63 nach Christus. Etwa um das Jahr 62 ist er gestorben, ich habe hier verwiesen auf die Dezemberausgabe 2002 von „Biblical Archaeology Review“. Dort ist dieser Fund ausführlich besprochen worden. Also ganz eindrücklich, dieser Hinweis auf den Herrn Jesus.

Der Jakobusbrief richtet sich, wie wir gelesen haben, an die zwölf Stämme Israels in der Zerstreuung. Gemeint ist hier natürlich an Judenchristen aus den zwölf Stämmen Israels. Ich muss dazu vielleicht noch folgendes klärend sagen: Nach Salomo wurde das Reich ja in zwei Nationen gespalten, nämlich in das Nordreich der zehn Stämme, Israel oder Ephraim genannt, und das Südreich der zwei Stämme Juda und Benjamin, das Reich Juda genannt. Aber es ist wichtig, in der Zeit der Könige gab es immer Überläufer von den zehn zu den zwei Stämmen hin, weil sie erkannten, dass Gott mit ihnen ist. Zum Beispiel kann man nachlesen in 2. Chronika 15 in der Zeit von Asa, dann in 2. Chronika 31 unter Hiskia, dass Leute aus verschiedenen Stämmen erwähnt werden, die übergegangen sind ins Südreich. Das heißt also, dass es schließlich im Südreich auch Leute aus allen zwölf Stämmen gab. Und so ist ja zum Beispiel die Prophetin Anna in Lukas 2 aus dem Stamm Asser, was uns ja dort berichtet wird. Und Paulus sagt in der Apostelgeschichte 26, 7: unser 12-stämmiges Volk dient Gott Tag und Nacht. Also man spricht zwar nominell von den Juden, auch damals schon, aber es gab Leute aus allen zwölf Stämmen.

Zeit und Ort der Abfassung. Da Jakobus über Jahre hinweg eine führende Rolle in Jerusalem spielte, ist anzunehmen, dass der Brief aus Jerusalem stammt. Es wird überhaupt nicht auf Probleme mit den Gläubigen aus den Heidenvölkern eingegangen und das könnte ein Hinweis sein, dass dieser Brief noch vor diesem aufgebrochenen Problem aus Apostelgeschichte 15 geschrieben worden ist, das heißt also vor 49 nach Christus. Aber genau können wir das unmöglich festlegen. Es könnte also auch deutlich früher gewesen sein, aber wohl nicht später als 49 nach Christus.

Die Grobstruktur sieht so aus: I.) In Kapitel 1 geht es um den Glauben in der Prüfung. Jakobus beginnt damit: „Achtet es für lauter Freude, meine Brüder, wenn ihr in mancherlei Versuchungen fallet.“ Und er spricht dann über die Prüfung des Glaubens, die eben gute Früchte bringt. Also, der Glaube in der Prüfung. Dann II.), das stimmt mit Kapitel 2 überein, der Glaube und seine guten Werke. Jakobus macht deutlich, wenn man sagt: ich glaube! und es hat keine Auswirkung im Leben, dann ist das kein wirklicher Glaube. Der Glaube zeigt sich in guten Werken. Er verweist dabei auf Abraham und auf Rahab. Das ist sehr erstaunlich, denn Abrahams gutes Werk war die Bereitschaft, seinen Sohn zu opfern, und das gute Werk Rahabs war, dass sie Landesverrat begangen hatte, die hat die Kundschafter aufgenommen. Das ist eigentümlich, oder? Aber der Fall Abrahams war Gehorsam gegenüber einem ausdrücklichen Gebot Gottes an ihn. Und im zweiten Fall war es die Erkenntnis, dass Israel Gottes Volk ist und die Kanaaniter nun unter Gottes Gerichtsurteil stehen. Also der Glaube, der sich Gottes Gebot vollumfänglich unterstellt, auch wenn das gegen den guten Ton der Menschen gehen würde. III.) Der Glaube und die Zunge, umfasst das ganze Kapitel 3. Also auch im Sprechen zeigt sich der wahre Glaube, im Umgang mit der Zunge. IV.) Der Glaube und die Trennung von der Welt, Kapitel 4. Jakobus verdeutlicht, Freundschaft mit der Welt ist Feindschaft gegen Gott. Vielleicht hat man hier ein Problem, wenn man daran denkt, dass der Herr Jesus ja ein Freund der Zöllner und der Sünder war, wie man ihm vorwarf. Wie kann man das denn zusammen bringen? Das ist doch vorbildlich und hier wird ganz deutlich gemacht, das geht nicht zusammen, Freundschaft mit der Welt. Nun, der Unterschied ist der: Der Herr Jesus war ein Freund der Sünder, da geht es um die Menschen, die er gewinnen wollte für die Wahrheit Gottes. Aber bei der Freundschaft mit der Welt geht es um ein satanisches System. Mit Welt ist das System gemeint, das Satan benutzt, um die Menschheit zu beherrschen. Das hat ein Dreipunkteprogramm nach 1. Johannes 2, 15-16: „Liebet nicht die Welt, noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt liebt, so ist die Liebe des Vaters nicht in ihm; denn alles, was in der Welt ist, die Lust des Fleisches und die Lust der Augen und der Hochmut des Lebens, ist nicht von dem Vater, sondern ist von der Welt.“ Das ist das Dreipunkteprogramm der Welt. Und die drei Überschriften am Kreuz machen auch deutlich, welche Kategorien die Welt umfassen. Die Überschriften waren: Hebräisch, Latein und Griechisch. Hebräisch war die religiöse Sprache, aber die der Religiösen, die Christus verwarfen. Griechisch war die Sprache der Philosophen und der Wissenschaft und Latein war die Sprache der Politik. Und Satan beherrscht alle diese Sparten. Obwohl Wissenschaft an sich nicht schlecht ist und Religion nicht an sich, wenn der Mensch sich unter Gottes Wort stellt und auch nicht Politik an sich. Aber in all diesen Bereichen herrscht Satan durch das genannte Dreipunkteprogramm und da müssen wir uns ganz klar trennen. Also Liebe zum verlorenen Menschen, Liebe zum Sünder, aber Hass gegenüber der Welt als System. Freund der Sünder, das findet sich in Lukas 7, 34. V.) Der Glaube und das geduldige Ausharren, Jakobus 5, 1-12. Da wird über soziale Ungerechtigkeit gesprochen, Arbeitgeber, die den Lohn vorenthalten. Die schreien zu den Ohren des Herrn Zebaoth. Und es geht um das Ausharren und warten bis die Wiederkunft Christi erfolgt. VI.) Der Glaube und das wirksame Gebet, Jakobus 5, 13-20. Da steht dann besonders Elia im Blickfeld, Elia, der gleiche seelische Gemütsbewegungen hatte wie wir und trotzdem im vollen Glauben betete und Erhörung erfuhr. Der Jakobusbrief betont also den Glauben, der sich praktisch im Leben, im Alltag, auswirkt.

Dann kommen wir zum 1. Petrusbrief. Kapitel 1, 1 macht deutlich, wer der Autor ist und auch gleich die Adressaten. 1. Petrus 1, 1-2: „Petrus, Apostel Jesu Christi, den Fremdlingen von der Zerstreuung von Pontus, Galatien, Kappadocien, Asien und Bithynien, auserwählt nach Vorkenntnis Gottes, des Vaters, durch Heiligung des Geistes, zum Gehorsam und zur Blutbesprengung Jesu Christi: Gnade und Friede sei euch vermehrt!“ Der Apostel Petrus ist der Verfasser und er richtet sich an Leute, an Gläubige in der Zerstreuung, griechisch Diaspora. Das ist der Fachausdruck für Juden, die zerstreut im Ausland leben. Also der Ausdruck Diaspora macht schon deutlich, dass es hier um Juden geht. Das entspricht auch den Erklärungen in Galater 2, 7-9, dass der Apostel Petrus speziell unter den Juden seinen Auftrag hatte. Paulus war in Jerusalem, hat Petrus und andere getroffen. Also Galater 2, 7-9: „Sondern im Gegenteil, als sie sahen, dass mir das Evangelium der Vorhaut anvertraut war, gleichwie Petrus das der Beschneidung, (denn der, welcher in Petrus für das Apostelamt  der Beschneidung gewirkt hat, hat auch in mir in Bezug auf die Nationen gewirkt) und als sie die Gnade erkannten, die mir gegeben ist, gaben Jakobus und Kephas und Johannes, die als Säulen angesehen wurden, mir und Barnabas die Rechte der Gemeinschaft, auf dass wir unter die Nationen, sie aber unter die Beschneidung gingen.“ Also die Adressaten leben in verschiedenen Provinzen, wie wir gelesen haben, und zwar in Provinzen, die sich in der heutigen Türkei befinden.

Zeit und Ort der Abfassung. Das war ca. 63/64 nach Christus, denn Petrus spricht ausdrücklich über das Feuer der Verfolgung. 1. Petrus 4, 12-14: „Geliebte, lasst euch das Feuer der Verfolgung unter euch, das euch zur Versuchung geschieht, nicht befremden, als begegne euch etwas Fremdes; sondern insoweit ihr der Leiden des Christus teilhaftig seid, freuet euch, auf dass ihr auch in der Offenbarung seiner Herrlichkeit mit Frohlocken euch freuet. Wenn ihr im Namen Christi geschmäht werdet, glückselig seid ihr! denn der Geist der Herrlichkeit und der Geist Gottes ruht auf euch.“ Unter Kaiser Nero begann ja die erste Christenverfolgung und so könnten wir dieses Schreiben auf diese Zeit ansetzen. In Kapitel 5, 13 grüßt Petrus: „Es grüßt euch die Miterwählte in Babylon und Markus, mein Sohn.“ Babylon ist also der Ort der Abfassung. Es gibt Ausleger, die sagen, das ist wahrscheinlich ein versteckter Hinweis auf Rom. Petrus wäre also damals in Rom gewesen und hätte aus Sicherheitsgründen eben nicht Rom, sondern Babylon geschrieben. Es ist aber zu sagen, dass Babylonien in dieser Zeit ein sehr wichtiger Ort war mit einer großen jüdischen Konzentration. Das Wort Babylon kann die Stadt Babylon bedeuten, die es übrigens damals noch gab, oder das Land Babylonien, das heißt der heutige Südirak. Es ist wirklich gekünstelt, dass Petrus nicht Rom schreiben könnte in dem Brief, sondern stattdessen Babylon setzen müsste, denn das trägt ja nicht wirklich zur Sicherheit bei. Wenn er in der Gemeinde in Rom predigte, dann war das sowieso bekannt, er konnte ja nicht versteckt sein. Und wenn der Brief ja weg ging von Rom, was schützt das ihn, wenn man dann in der Türkei nicht recht weiß wo er ist. Denn der Gefahrenort ist ja in Rom selber. Also das wirkt ein bisschen gekünstelt. Man könnte also durchaus davon ausgehen, dass Babylonien gemeint ist, weil dort eine große, wichtige jüdische Gemeinde war, unter der er seinen Aposteldienst der Beschneidung ausüben konnte.

Zur Grobstruktur. Es ist mir vor Jahren aufgefallen, dass der Brief sich eigentlich ausrichtet nach der Struktur der fünf Bücher Mose, also nach der Thora. Und zwar in dem ersten Abschnitt I.), in Kapitel 1, 1-12, das dem 1. Buch Mose entspricht, da geht es um Leben aus Gott. Also Gott, der neues Leben durch die Wiedergeburt bewirkt hat. Es geht hier um das Erbteil der Gläubigen und weiter um Glaubensprüfungen. Nun, das sind genau die Themen des 1. Buches Mose, wo Gott das Leben erschafft, das natürliche Leben, und Adam zu einer lebendigen Seele macht. Es ist das Buch, in dem das Erbteil Israels in vielen Verheißungen an Abraham gegeben und dann auch an Isaak und Jakob bestätigt wird. Und es ist das Buch, das das Kapitel hat mit dem Höhepunkt der Glaubensprüfung Abrahams. Das ist ja das Zentrum im 1. Buch Mose, 1. Mose 22.

Dann Teil II.), Kapitel 1, 13-25. Vers 13: „Deshalb umgürtet die Lenden eurer Gesinnung, seid nüchtern und hoffet völlig auf die Gnade, die euch gebracht wird bei der Offenbarung Jesu Christi.“ Also Lenden gürten, das heißt sich für den Aufbruch bereit machen. Die Kleider in der alten Welt waren ja weite Kleider. Zu Hause hat man den Gürtel offen gelassen, weil das angenehmer war. Aber sobald man aufbrach, hat man den Gürtel geschnallt, das heißt also Bereitschaft zum Aufbruch. Deshalb umgürtet die Lenden, heißt Bereitschaft zum Aufbruch im Blick auf die Wiederkunft Christi. Dann lesen wir in Vers 17b-19: „So wandelt die Zeit eurer Fremdlingsschaft in Furcht, indem ihr wisset, dass ihr nicht mit verweslichen Dingen, mit Silber oder Gold, erlöst worden seid von eurem eitlen, von den Vätern überlieferten Wandel, sondern mit dem kostbaren Blute Christi, als eines Lammes ohne Fehl und ohne Flecken.“ Das zentrale Opferkapitel in 2. Mose ist das Passahlamm. Und das musste man so essen, 2. Mose 12: Die Lenden gegürtet, den Stock in der Hand, in Eile. Und es ging darum, das Blut musste zum Schutz an die Türpfosten angebracht werden. Also Aufbruch, das Blut des Lammes, charakterisiert die Verse 13, 25.

Dann III.) Kapitel 2, 1-10. Da geht es um das heilige und königliche Priestertum. Kapitel 2, 4: „Zu welchem kommend, als zu einem lebendigen Stein, von Menschen zwar verworfen, bei Gott aber auserwählt, kostbar, werdet auch ihr selbst, als lebendige Steine, aufgebaut, ein geistliches Haus, ein heiliges Priestertum, um darzubringen geistliche Schlachtopfer, Gott wohlannehmlich durch Jesum Christum.“ Das 3. Buch Mose ist das Buch des Priesterdienstes und der Opfer. Da haben wir also das heilige Priestertum und in Vers 9a: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, eine heilige Nation“

IV.) Dann kommt inhaltlich wieder ein neuer Abschnitt, der Wandel unter den Heiden, Kapitel 2, 11-3, 7. Hier beginnt es mit: „Geliebte, ich ermahne euch als Fremdlinge und als die ihr ohne Bürgerrecht seid, dass ihr euch enthaltet von den fleischlichen Lüsten, welche wider die Seele streiten, indem ihr euren Wandel unter den Nationen ehrbar führet.“ Das 4. Buch Mose ist das Buch der Wüstenwanderung, das Buch des Wandels. Und hier wird gesprochen über den Wandel, den ehrbaren Wandel unter den Nationen. Die Verbindung von Wüste und Nationen kann man sehr direkt machen. In Hesekiel 20 wird der Begriff «die Wüste der Nationen» gebraucht. Und hier geht es also um konkrete Anweisungen, wie sich Christen in dieser Welt verhalten sollen gegenüber der Obrigkeit, gegenüber Arbeitgebern, in der Ehe, gerade dann wenn es schwierig ist zwischen den Ehepartnern. Das ist das Buch des Wandels durch die Wüste.

V.) Das wird abgeschlossen in Kapitel 3, 8 mit einer ganz präzisen Auflistung von einzelnen Geboten: „Endlich aber seid alle gleichgesinnt, mitleidig, voll brüderlicher Liebe, barmherzig, demütig, und vergeltet nicht Böses mit Bösem, oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern im Gegenteil segnet, weil ihr dazu berufen worden seid, dass ihr Segen ererbet.“ Im 5. Buch Mose geht es um die acht Abschiedsreden des Gesetzgebers. Da werden noch einmal die Gebote aufgeführt und auf die neue Situation im Land angewendet. Also Gottes Gebote werden hier abschließend nochmals neu vorgestellt und aktualisiert. Das entspricht also hier diesen ganz konkreten Ermahnungen bis Vers 12.

I.) Dann beginnt ein neuer Zyklus mit Kapitel 3, 13-22. In diesem Abschnitt geht es um die Sintflut und ihre geistliche, neutestamentliche Bedeutung, also Noahs Arche aus dem 1. Buch Mose wird hier geistlich ausgedeutet.

II.) Kapitel 4, 1-6. Verse 1-2: „Da nun Christus [für uns] im Fleische gelitten hat, so waffnet auch ihr euch mit demselben Sinne; denn wer im Fleische gelitten hat, ruht von der Sünde, um die im Fleische noch übrige Zeit nicht mehr den Lüsten der Menschen, sondern dem Willen Gottes zu leben. Denn die vergangene Zeit ist [uns] genug, den Willen der Nationen vollbracht zu haben, indem wir wandelten in Ausschweifungen, Lüsten, Trunkenheit, Festgelagen, Trinkgelagen und frevelhaften Götzendienereien.“ Also jetzt ist genug mit dem Leben in Ägypten, jetzt beginnt etwas ganz Neues. Entspricht also sehr schön dem 2. Buch Mose, wo wir zuerst die Versklavung der Israeliten unter dem Pharao in Ägypten finden und dann die Befreiung durch das Opfer des Lammes. Und hier ist auch der Wendepunkt: Da nun Christus für uns gelitten hat. Also da gibt es eine Wende, ein völlig neues Leben.

III.) Dann kommen wir zu Kapitel 4, 7-11. Es geht hier ganz konkret um den Dienst für Gott und das entspricht wieder dem Priesterdienst im 3. Buch Mose.

IV.) Kapitel 4, 12-19. Da geht es um Verfolgung, das Feuer der Verfolgung und es geht auch darum, dass das Gericht Gottes am Haus Gottes anfängt. Also Gott richtet sein Volk. Das ist genau das Thema des 4. Buches Mose, wo Gott in der Wüste immer wieder Israel als das Volk Gottes richtet, weil es ungehorsam war.

V.) Das entspricht dem Kapitel 5. Da wird nochmals an verschiedene Gruppen in der Gemeinde konkrete Ermahnungen abgegeben und das entspricht dem 5. Buch Mose.

Das heißt übrigens nicht, dass das die einzig mögliche Einteilung ist. Denn Gottes Wort ist nicht nur ein- oder zweidimensional. Man muss sich die Bibel vielmehr dreidimensional vorstellen, so dass auch die Strukturierung der Bücher unter verschiedenen Gesichtspunkten möglich ist, so dass nicht eine Strukturierung die andere zwingend ausschließt. Aber das ist eine Einteilung, die sich effektiv aus der Struktur des Textes in Vergleich mit den fünf Büchern Mose ergibt.

Wir gehen jetzt zum 2. Petrusbrief. Auch der ist von Petrus verfasst, Kapitel 1, 1, und zwar wieder an die gleichen Judenchristen in den verschiedenen Provinzen der heutigen Türkei. Kapitel 3, 1: „Diesen zweiten Brief, Geliebte, schreibe ich euch bereits, in welchen beiden ich durch Erinnerung eure lautere Gesinnung aufwecke.“ Also da merkt man, dass der zweite Brief an die gleichen Adressaten wie der erste Brief gerichtet ist.

Zeit und Ort der Abfassung: 66-67 nach Christus und zwar aus der Todeszelle in Rom. Kapitel 1, 13-14: „Ich halte es aber für recht, solange ich in dieser Hütte bin, euch durch Erinnerung aufzuwecken, da ich weiß, dass das Ablegen meiner Hütte bald geschieht, wie auch unser Herr Jesus Christus mir kundgetan hat.“ Also er wusste, ich stehe vor dem Tod. Genau so wie 66/67 nach Christus der Apostel Paulus im 2. Timotheusbrief wusste, dass das Martyrium vor ihm stand, Kapitel 4, 7: Ich habe den Lauf vollendet, fortan liegt mir bereit die Krone der Gerechtigkeit. Das war also in der gleichen Zeit, als Paulus geköpft wurde, dass Petrus dann gekreuzigt wurde, weil er eben kein römisches Bürgerrecht hatte wie Paulus. Weil Paulus römischer Bürger war, durfte er nicht gekreuzigt werden, sondern wurde gnädigerweise enthauptet. Aber Petrus wurde gekreuzigt. Und wir lesen da in Kapitel 1, 14: Wie auch unser Herr Jesus Christus mir kundgetan hat. Da bezieht er sich auf das prophetische Wort seines Herrn, das uns in Johannes 21 überliefert ist, wo der Auferstandene in Vers 18 sagt: „Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Als du jünger warst, gürtetest du dich selbst und wandeltest, wohin du wolltest; wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken, und ein anderer wird dich gürten und hinbringen, wohin du nicht willst. Dies aber sagte er, andeutend, mit welchem Tode er Gott verherrlichen sollte.“ Also Petrus wusste um dieses Wort und wusste nun um die bevorstehende Erfüllung. Und das gibt diesem 2. Petrusbrief ein sehr ernstes, feierliches Gepräge. Es ist das Testament des Petrus aus der Todeszelle. Ein letztes Vermächtnis des Erlösten.

Die Grobstruktur. I.) Kapitel 1, 1-11: Ermahnung zu Wachstum im Glauben. Man beachte diese Verkettung von verschiedenen Tugenden des Glaubens, die zum Wachstum gehören. II.) Kapitel 1, 12-21: Zur Bedeutung der Prophetie. Petrus macht Aufmerksam, wie wichtig es ist, auf das prophetische Wort zu achten, das wir haben als eine Lampe, die an einem dunklen Ort scheint. III.) Kapitel 2: Warnung vor Irrlehrern. Und insbesondere vor Irrlehrern, die Unmoral und einen leichten Lebenswandel in die Gemeinde hineinbringen. IV.) Kapitel 3: Prophetischer Ausblick. Petrus betont, dass es so wichtig ist auf das prophetische Wort zu achten, auf die Verheißung der Wiederkunft Christi und er geht dann über das Kommen des Herrn hinaus bis zur Auflösung des Kosmos und der Erschaffung eines neuen Himmels und einer neuen Erde.

Übrigens, interessant in dem Zusammenhang, Kapitel 3, 10: „Es wird aber der Tag des Herrn kommen wie ein Dieb,“ - Der Tag des Herrn ist die Erscheinung Christi als Richter dieser Welt. - „an welchem die Himmel vergehen werden mit gewaltigem Gekrach, die Elemente aber im Brande werden aufgelöst und die Erde und die Werke auf ihr verbrannt werden.“ Jetzt könnte man denken: Aha, bei der Wiederkunft Christi wird die Welt untergehen. Nein, sondern der Tag des Herrn dauert von dem Kommen des Herrn Jesus in Herrlichkeit bis an das Ende des 1000-jährigen Reiches. Das ist der Tag des Herrn, das heißt, dieser Zeitabschnitt in der Heilsgeschichte, wo Gott sich als Herr dieser Erde erweist. Und eben an diesem Tag, ganz am Ende, werden Himmel und Erde aufgelöst werden, die Elemente im Brand werden aufgelöst. Das ist schon interessant, weil die gescheiten, alten griechischen Philosophen ja an Atome glaubten. Das ist ja ein griechisches Wort, átomos, das Unteilbare. Die glaubten also, die Elemente sind die letzte Einheit. Aber Petrus schreibt, die Elemente werden aufgelöst werden. Und er gebraucht übrigens nicht das Wort átomos, átomoi für Elemente, sondern er gebraucht das Wort stoichoi. Dieses Wort kennen wir aus der Chemie, die Stöchiometrie. Das ist die Lehre der Zusammensetzung der Atome. Das kommt also von diesem Wort stoichoi. Und Petrus sagt, die werden aufgelöst werden. Das so nebenbei.

Nun kommen wir zum 1. Johannesbrief. Der Autor wird im Brief nicht genannt, aber wir wissen das aus der frühchristlichen Überlieferung, die uns eben sehr viel historisch wichtige Informationen darüber liefert, wer welche Schreiben verfasst hat, manchmal auch wann und wo. Wie man an diese Informationen herankommt, habe ich schon früher erklärt. Ich erinnere an die Bibliographie in dem letzten Teil (Überblick NT, Teil 2), die beiden Bände von Erich Mauerhofer Einleitung ins Neue Testament. Dort findet man all die Informationen schön zusammengestellt. Der Apostel Johannes ist der Autor. Die Adressaten sind Judenchristen, das entspricht Galater 2, 9. Das haben wir doch vorhin gelesen. Petrus, also Kephas, Jakobus und Johannes, die als Säulen angesehen wurden, hatten den Auftrag, unter der Beschneidung zu wirken, während Paulus und Barnabas unter den Heiden wirkten. Also das war der erste Auftrag des Johannes, die Judenchristen, ihnen zu dienen.

Und das hilft nun auch, die schwierige Stelle in Kapitel 2, 1-2 zu verstehen. „Meine Kinder, ich schreibe euch dieses, auf dass ihr nicht sündiget; und wenn jemand gesündigt hat, wir haben einen Sachwalter bei dem Vater, Jesum Christum, den Gerechten. Und er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die ganze Welt.“ Da kommen jetzt die Allversöhner und sagen: Seht ihr! Christus ist die Sühnung für uns Gläubige, aber nicht nur für uns Gläubige, sondern auch für die ganze Welt. Das ist Allversöhnung. Nun, aber Johannes schreibt an Judenchristen. Und er erklärt: Schaut, das Opfer des Jom Kippur ist Christus, aber nicht mehr nur für uns Juden, sondern auch im Blick auf die Heidenwelt. Nicht nur für die Judenchristen, sondern auch für Heidenchristen. Das ist die ganz einfache Lösung dieses Problems. So ist diese Stelle zu verstehen. Allversöhnung ist und bleibt eine schlimme Irrlehre.

Zeit und Ort der Abfassung. Wir müssen diese Briefe an das Ende des Lebens des Apostels setzen, das heißt so um 90-100 nach Christus, höchst wahrscheinlich aus Ephesus. Das ist zwar außerhalb von Israel, aber dort gab es ja viele Juden. Und da tat Johannes auch seinen Dienst weiterhin unter den Judenchristen. Also wir haben es hier zu tun mit einem alten Mann. Wenn er so alt war wie der Herr damals in den Evangelien, dann wäre er hier etwa 90-100 Jahre alt gewesen. Es könnte auch sein, dass er ein bisschen jünger war als der Herr, aber dann wäre er doch immer noch im Bereich von 80-90 Jahren, was natürlich weit über der allgemeinen Lebenserwartung stand. Denn Paulus nennt sich ja schon im Philemonbrief, als etwa 60jähriger, ich Paulus, der Alte. Es geht mir nur darum zu zeigen, Johannes, ein ganz alter Mann, der in einem Rückblick von etwa 60 Jahren, auf die Ereignisse, die er damals mit dem Herrn und den anderen Aposteln erlebt hatte, über diese Dinge ein letztes abschließendes Wort spricht.