Rolf Scheffbuch

Gottes Wort - Teil 3/5 - Zurüstung zum Leiden

Kaiserbach

10.01.1984

 

Es gibt in der Bibel Linien, die Bibel ist ja ein Zusammenhang, nicht bloß eine Zusammenstellung von einzelnen Brocken, die zufällig zusammenkommen. Es gibt Linien. Vielleicht haben Sie beim Lesen schon gehört, fast die gleichen Worte: der Herr ist mit mir, wer will mich verdammen. Lasst ihn vortreten, wer will mit mir rechten, der Herr tritt für mich ein, wie kann ich da noch zu Schanden werden. Es ist fast das gleiche Wort wie Römer acht: Gott ist hier, der gerecht macht, wer will verdammen, wer will die Auserwählten beschuldigen? Christus ist hier, der gestorben ist, vielmehr, der auferweckt ist, welcher ist zur Rechten Gottes und tritt für uns ein. Nichts kann uns scheiden von der Liebe Gottes.

Linien. Dazu ist ja auch so eine Bibelwoche gut, dass wir hellhörig werden, interessiert, solchen Linien nachzugehen.

Vor langen Jahren, als ich in Ulm Pfarrer war, haben mich einmal ein paar amerikanische Offiziere und Zivilangestellte gebeten, ich soll doch ihren Kindern Konfirmandenunterricht geben, das waren Lutheraner, und sie wollten von einem lutherischen Pfarrer Unterricht. Ich habe mich gefreut, dass ich mein Englisch wieder ein bisschen aufpolieren kann, aber es kam dann viel mehr heraus, als ein bisschen aufpoliertes Englisch. Ich hab gemerkt, die wissen von der Bibel überhaupt nichts, sie kennen kaum eine biblische Geschichte. Damals war's bei unseren Schüler noch anders, die wussten noch was vom Zachäus, die Amerikaner wussten nichts. Heute ist es auch bei uns manchmal düster geworden, bei unseren Schülern. Und da habe ich einfach angefangen, biblische Geschichten zu erzählen. Und mit einem Mal sagte Linda Zeier, so ganz trocken vor sich hin, so einen Satz, den ich für den grandiosesten theologischen Satz halte, den ich je gehört habe: Everything builds up to the point that Jesus will be the important alone. Das strebt ja alles darauf hin, dass bloß noch Jesus wichtig ist. Das hat die erkannt. Dass da Linien in der Bibel sind, ein Gefälle hin zu Jesus. Das ist für uns Menschen wichtig, dass in der Bibel die Linien auf diesen einen Jesus zu gehen, denn es ist ganz eigenartige, welche Rasse wir haben, welche Hautfarbe, wer Menschenantlitz trägt und sich ein bisschen Gedanken macht, der wartet eigentlich immer auf den einen Menschen, der klüger ist als alle, die bisher mit der Not der Welt fertig werden wollten, der wartet, dass endlich einmal der Mensch kommt, der sich mit seinen Lösungsvorschlägen besser durchsetzen kann als alle, die sich bemüht haben, diese Welt zu ändern. Jeder, der sich ein bisschenGedanken macht, wartet auf die eine Gestalt, sie wird doch endlich einmal kommen, die mehr Kraft hat, in dieser Welt etwas anders zu machen, als alle, die es versucht haben, diese Welt zu ändern. Deshalb fallen wir Menschen ja so leicht darauf herein, einen Napoleon wie ein Gott anzubeten, oder Adolf Hitler oder Bismarck, es wird doch endlich einmal der eine kommen. Bei jedem Politiker, bei jeder Präsidentenwahl in Amerika, bei jeder Erwartung bei einer Partei bei uns steckt das dahinter: Vielleicht schafft der es, die Probleme der Welt zu lösen. Und deshalb suchen die Scheinwerfer der Menschheit nach dem einen großen.

Johannes der Täufer hat bei Jesus gefragt: Bist du, der kommen soll? Bist du der eine kommende Mann? Die Bibel sagt uns: dieser eine Mann, den Gott zur Lösung der Weltnot geschickt hat, ist Jesus. Die biblischen Linien, wenn die Scheinwerfer der Menschheit suchen nach dieser einen Gestalt, die biblischen Linien weisen auf diesen Jesus hin. Beim Jesaja wird immer von dem einen gesprochen: du bist mein Knecht, mein Erwählter. Durch dich will ich es ausrichten. Wer ist der eine? Im neuen Testament wird erzählt, dass ein etwas bekümmerter reicher Mann auf dem Heimweg war von Jerusalem. Er hatte eine weite Reise gemacht von Äthiopien, von Eritrea, da, wo jetzt die Flüchtlinge herkommen, nach Jerusalem. Ob er den wahren Gott findet. Wahrscheinlich hat er noch nicht mal aufs Tempel-Gelände gedurft, denn er war ein Eunuch, ein Verschnittener, der hatte keinen Zugang. Vielleicht hatte er am Schriften-Tisch des Tempels so eine Buchrolle gekauft. Jedenfalls, er saß in seinem Wagen, der hat gelesen in einer Rolle des Propheten Jesaja. Da stand ein Anhalter am Weg, einer, den der Geist Gottes dorthin geschickt hat, mitten auf die Wüsten-Straße bei Gaza, und dieser Philippus, von Gott gesandt, hört, wie dieser Mann auf seinem schönen Wagen liest: Er ist wie ein Schaf, das Schlachtbank geführt wird. Und da fragt er so zum Wagen hinauf: Verstehen Sie auch, was Sie lesen? Da sagt der: Ich verstehe überhaupt nichts mehr, wie soll ich das verstehen? Können Sie mir's erklären? Dann kommen Sie doch bitte, steigen Sie ein. Da fing Philippus an, von Jesus: der ist der Knecht, von dem der Jesaja mit den Augen Gottes gelehrt gesprochen hat, der eine, auf den es zuläuft, der ist in unsere Welt gekommen, wir müssen nicht mehr auf ihn warten, der ist es. Aber nun ist erstaunlich, in dem Abschnitt heute, da wird nicht gesagt, der ist mächtig. Der wird die Völker beherrschen. Der wird die Fäden der Weltgeschichte in den Griff bekommen. Da steht nichts davon da. Das steht in anderen Abschnitten. Hier steht da: der hat eine gelehrte Zunge, dass er mit den Müden zur rechten Zeit reden kann, ihm ist das Ohr geöffnet, dass er hören kann, wie ein Jünger. Und er ist bereit, ins Leiden hineinzugehen, und sein Angesicht hart zu machen wie ein Kieselstein, nicht nachzugeben, die Streiche, den Speichel aufzufangen und zu erdulden. Was soll denn das, was soll denn das? Brauchen wir so einen? Ich brauche so einen, der zu mir reden kann, dass ich in meiner Müdigkeit verstanden bin, und dass ich Trost bekomme. Die großen Herren in den Regierungszentren, die sind mir nicht so wichtig, wie, dass es einen Menschen gibt, der mich versteht, und das rechte Wort für mich hat. Das sieht der Prophet Jesaja, der, den Gott schicken wird, der kann dir das richtige Wort geben, dir, dem Müden. Er hat von Jesus gesprochen, der seine schwachen Jünger um sich hat, und die gedacht haben, ja, Bäume können wir nicht ausreißen, wir sind froh, dass uns diese Jesus angenommen hat, was will er mit uns anfangen? Da hat Jesus gesagt: Ich bin der Weinstock, ihr seid Reben. Wir in unserer Gegend wissen, was Reben sind, so dünn, fast wie ein Faden, wenn wir das erste Mal Reben sehen würden, einer sagen würde, da werden Trauben dran wachsen, sagen wir, du spinnst, technisch unmöglich, das halten die gar nicht aus, die fallen runter. Was soll da raus kommen, aus diesem dünnen Ding? Ja, so sind wir, ganz schwache, zarte Geschöpflein, wir Männer erst recht. Wir sind doch leicht verletzlich, Frauen halten was aus. Schwache Leute. Jesus sagt, ja, so seid Ihr. Wie Reben, und ich bin der Weinstock. Ich hole aus der Erde Kraft für euch heraus, dass ihr schwachen Leute Frucht bringt, schaut doch einen Weinstock an, der holt aus der Erde die Kraft, und die Flüssigkeit heraus, und gibt sie in die Reben hinein, dass Frucht wachsen kann, deftige schwere Frucht. Großartiges Wort für müde Leute.

Eine andere Szene von Jesus: Da haben sie eine Frau mit einem verpfuschen Leben gepackt und vor Jesus hingeworfen, war wie der letzte Dreck, mitten im Ehebruch ertappt. Los, Jesus, was sagst du jetzt zu diesem Häuflein Elend? Und Jesus neigte sich und schrieb in den Sand, und sprach, wer von euch ohne Sünde ist, der darf den ersten Stein auf die Frau werfen, und er neigte sich wieder und schrieb in den Sand. Da gingen sie alle hinaus, einer um den anderen, nur die Frau war bei Jesus, und Jesus sprach: wo sind deine Verkläger? Und da sagte sie: Nicht mehr da. Jetzt Sollten wir warten, dass Jesus sagt, aber mein liebes Mädchen, das hört jetzt auf, also, was du mit deinem als Ebenbild Gottes gemacht hast, das ist schon eine Schande. Nein Nein Nein Nein Nein: Dass ich wüsste, mit den Müden zur rechten Zeit zu reden. So verklage ich dich auch nicht, sündige hinfort nicht mehr. Zwei Sätze, ohne Vorwurf, voll Ermutigung, komm, pack's, ein neues Leben. Ich verbann dich nicht, komm. Nicht mehr, wie bisher.

Dass ich wisse mit den Müden zur rechten Zeit zu reden, das gilt auch bis heute. Da sagt eine Frau in meiner Schorndorfer Gemeinde, sagt, also, Herr Scheffbuch, da haben Sie was falsch gemacht, als Sie Krankenbesuch gemacht haben, da haben Sie offenbar keine rechte Zeit gehabt für den einen Kranken, der ist bitter enttäuscht von Ihnen. Da müssen Sie mal vorbeigehen. Ich bin hingegangen, hab gesagt, es tut mir furchtbar leid, haben Sie mir etwas sagen wollen... Ach, hat er gesagt, vergessen wir's, ich muss Ihnen erzählen, was ich erlebt habe. Ich war wirklich fix und fertig, als ich vom Krankenhaus kam, ich dachte, mein Leben ist vorbei. Dann schau ich samstags das Programm an, damit ich wenigstens da in der Einsamkeit meiner Wohnung überhaupt was flimmern habe, und da kommt das Wort zum Sonntag, ein katholischer Priester, der erzählt die Geschichte vom Elia, wie der unterm Dornstrauch liegt, und sagt, lieber Gott, nimm mein Leben, es lohnt sich nicht mehr, und Gott sagt, steh auf, du hast noch einen weiten Weg vor dir. Iss, komm, ich hab für dich die Stärkung bereit. Und da hab ich gedacht, vielleicht gilt das auch mir, dass Gott für mich noch einen Weg bereit hat. Und da habe ich gedacht, die Geschichte will ich lesen, aber da habe ich gemerkt, dass ich gar keine Bibel zuhause habe, da bin ich in die Buchhandlung Schmidt gegangen, und hab eine Bibel gekauft. Und da habe ich gesucht, wo die Geschichte steht. O, Herr Scheffbuch, hat er gesagt, ich habe lange gebraucht, was denken sie, was der geblättert hat, bis er erste Könige 19 gefunden hat, was ich bei dem Blättern für herrliche Gottesworte für mich gefunden habe. Und dann hat er so die Handbewegung gemacht, und hat gesagt, aller Trost von Psychotherapeuten reicht doch nicht zu gegen ein Wort Jesus: in der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. Da hab ich als Seelsorger nicht mehr viel machen müssen, da war ich getröstet, weil Jesus bis heute durch sein Wort Ermutigungen zuteilt. Weil er mit den Müden zur rechten Zeit reden kann. Und wenn ich meine Bibel ansehe, wo ich mir Worte unterstrichen habe, und oft ein Datum daneben geschrieben habe, waren solche Worte Jesu, bei denen er mit mir müdem, geschlagenem, leerem geredet hat. Solch einen Herrn haben wir, der uns versteht, und bis heute mit uns redet, und der auch ganz mit Gott verbunden ist. Gott weckt mir alle Morgen das Ohr, dass ich auf ihn höre, wie ein Jünger. Wir verstehen das vielleicht heut nicht mehr, ich hab zurzeit einen Vikar, wie viele junge Vikare patente junge Leute, aber meine Frau sagt immer, siehst du nicht, wie der Herr Trick aufpassen kann, wenn du was sagst, der hört zu, wie wenn er es aufsaugen wollte, wie wenn er alles von deiner Pfarramtlichen Erfahrung mit kriegen wollte, jedes Wörtle. So ist es bei Jüngern, die wollen was mit kriegen, die möchten die Erfahrung die ich noch nicht habe, vom andern mit bekommen. So konnte Jesus lauschen wie ein Jünger, wie ein Untergebener, wie einer, der erst noch etwas erfahren muss beim Vater. Schon als zwölfjähriger, als Maria und Josef ihn gesucht haben, wo bist du denn, ich muss doch dort sein, wo mein Vater ist, wo ich sein Wort höre. Und als der Petrus sagt, Herr Jesus, du gehst doch nicht hinauf nach Jerusalem, da musst du dich totschlagen lassen, und da hat Jesus gesagt, Petrus, geh weg, du meinst nicht, was göttlich ist, sondern, was menschlich ist. Ich hab schon auf den Vater gehört, was sein Wille ist. Das ist bei Jesus nicht selbstverständlich gewesen, dass er das von seiner Geburt in Bethlehem an gewusst hat, noch im Garten Gethsemane war die Frage Jesu: Vater, ist es möglich, dann gehe dieser Kelch von mir, muss ich diesen Weg wirklich gehen, muss ich ihn gehen?

Dass ich höre, wie ein Jünger. Was ist dein Weg, ich möchte nicht selber tun, ich möchte nicht heroisch hineingehen und sagen: Seht, was ich erdulde, ich möchte deinen Willen tun. Wir können uns bei Jesus darauf verlassen, dass er keinen Schritt aus eigenem Ermessen gegangen ist. Wir sicher, wir machen viele Dummheiten. Jesus war ganz angebunden am Vater: dass ich lausche, wie ein Jünger hört. Gott weckt mir das Ohr, dass ich höre. Für mich ist es immer besonders eindrücklich, wenn ich den Psalm 118 lese: es ist gut, auf den Herren sich verlassen, nicht sich verlassen auf Menschen. Das war das letzte Loblied, mit dem man in Israel das Passah-Mahl geschlossen hat, so wie wir nach dem Abendmahl oft singen "im Frieden dein, o Herre mein, lass ziehn mich meine Straßen". So hat man in Israel gesungen Psalm 118. Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.

Es ist gut, auf den Herrn vertrauen, nicht sich verlassen auf Menschen. In der Angst rief ich den Herrn an, und der Herr erhörte mich, und tröstete mich. Was können wir Menschen tun. Es ist gut, auf den Herrn vertrauen, nicht sich verlassen auf Fürsten. Man stößt mich, dass ich fallen soll, aber der Herr hilft mir. Man führt mich hinein in den Tod, aber Gott gibt mich nicht dem Tod preis. Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden, das ist vom Herrn geschehen, ich werde nicht sterben, sondern leben und des Herrn Werke verkündigen. Das haben die Jünger auch gesungen, aber zwei Stunden später im Garten Gethsemane hatten sie es schon wieder vergessen gehabt, es ist gut, auf den Herrn vertrauen. Aber da war der eine, in dem das nachgeklungen hat, der Herr hat mir das Ohr geöffnet, das ich höre. Da als die Häscher kamen, und die Jünger geflohen sind, ist Jesus den Häschern entgegengetreten, der Herr ist mit mir, was können mir Menschen tun. Da als nachher der Herodes sagte, komm, ich kann dir doch einen Weg öffnen, es ist gut, auf den Herren vertrauen, und nicht sich verlassen auf Menschen, als der Pilatus sagte, ich hab doch Macht, dich freizugeben, es ist gut, auf den Herrn vertrauen, nicht sich verlassen auf Fürsten. Man stößt mich, dass ich fallen soll, aber der Herr hilft mir. Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist. Das hat Jesus Ernst genommen bis in sein Leiden hinein, das Wort Gottes, davon hat er gelebt, ich will mich nicht mehr selber führen, du sollst als Hirte mich regieren. Verstehen Sie, das gibt dem Weg Jesu diese Verlässlichkeit, da ist einer, den Gott bestimmt.

Ich komm grad aus einer Diskussion, da war der Landrat dabei, und Politiker und Arbeitgebervertreter und Gewerkschaftsvertreter, wir haben uns über Werte unterhalten. Da wurde gesagt, wir diskutieren, was Werte sind, Toleranz und Freiheit, und jeder legt es nach seiner Parteimeinung aus, ihr von der Kirche müsstet doch von Gott her wissen, was wirklich ein Wert ist, was wirklich gültig ist. Jesus hat das von Gott her gewusst, was das richtige ist, auch das Leiden. Deshalb habe ich mein Angesicht hart gemacht wie einen Kieselstein, mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmach und Speichel, ich bot meinem Rücken dar denen, die mich schlugen, meine Wangen denen, die mich rauften, denn ich weiß, dass ich nicht zu Schanden werde, er ist nahe, der mich gerecht spricht. Siehe, der Herr hilft mir, wer will mich verdammen. Ich bin doch nicht in der Gottverlassenheit, sondern jetzt führt mich Gott diesen Weg. Als die Jünger von Emmaus dann sagten, ach, wie ist denn das passiert, diese Panne, dass... Da hat Jesus gesagt, musste nicht Christus leiden, um zu seiner Herrlichkeit einzugehen, das war doch der Weg Gottes. Das ist der Weg Gottes mit all seinen großen Leuten. Bevor der Mose der Befreier war, war er 40 Jahre vergessen und verlassen, ein Ziegenhirt in der Wüste, was denken sie, was der sich in seinem Kopf ausgedacht hat. Bis zum 80. Lebensjahr auf die Seite gestellt, jeder, der heute arbeitslos ist, mitten aus dem Arbeitsprozess raus, der wird schon nach zwei Monaten schier verrückt, werde ich denn nicht mehr gebraucht. Der Mose hat es 40 Jahre erlebt, hat Gott mich vergessen, dann hat ihn Gott aus dem Elend herausgeholt, und ihn zum Befreier gemacht. Der Josef, der den ganzen vorderen Orient aus der Hungersnot rettete, der der Gesandte Gottes war, einer, mit dem Gott etwas ausrichtete, der war von den Brüdern verstoßen, in die Sklaverei verkauft, in der Sklaverei noch mal ins Gefängnis geworfen von der Frau Potiphar, im Gefängnis vergessen vom Mundschenk, schlimmer geht's nicht mehr, aber der Herr war mit ihm. Als der Elia da am Horeb war, gesagt hat, jetzt ist es aus, ich möcht nicht mehr leben, das hat doch so gar keinen Sinn, ich habe sieben Jahre lang Fanatik für Gott, aber es hat keinen Wert. Jetzt hat Gott gesagt, jetzt komm, ich hab einen Auftrag für dich, komm, komm. Gott führt seine Leute ins Zerbrechen hinein, und der Jesus, der dem Vater gelauscht hat, war bereit, in das Leiden zu gehen. Die Auserwählten Gottes werden bereit zum Leiden, nicht einfach vom Schicksal, das ist der Unterschied, die Menschen sagen, das ist das Schicksal, das jetzt mich getroffen hat, wer sein Leben Gott anbefohlen hat, weiß, dass auch Not und Krankheit und Einsamkeit und Arbeitslosigkeit und Schwermut dazugehören können. Aber der Herr ist bei mir, es ist sein Weg. Nochmal, wer seinen Weg durch Gott bestimmt sein lässt, wer zu Gott gehören will, der weiß, dass das bei Mose und Elia und Josef und Jesus dazu gehören kann: Krankheit, Einsamkeit, Arbeitslosigkeit, Not, Schwermut, Krebs, Tod, Scheitern der Kinder, Sorgen um die Zukunft. Aber wenn ich gesagt habe, du bist mein Gott, dann weiß ich, dass er auch in Not bei mir ist. Sie haben sicher heute die Losung schon gelesen, die herrliche Losung, und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, im finstern Tal, fürchte ich mich nicht, denn du bist bei mir, und du wirst mich auch wieder heraus holen, das wird nicht das letzte sein. Ich werde nicht sterben, sondern leben, und des Herrn Werke verkündigen. Er ist nahe, der mich gerecht spricht, mein Weg ist nicht zu Ende, auch dann, wenn sie mich schaukeln, hinaustragen im Sarg, ist doch unser Weg mit Gott noch nicht zu Ende. Dann ist die erste Etappe zu Ende, und dann kommt das eigentliche, das große, das wirkliche Leben mit Gott. Er ist nahe, der mich gerecht spricht, wer will verdammen. Ich habe Ihnen versprochen, heute Abend ein wenig zu erzählen von Johann Jacob Moser, dessen Lied wir gesungen haben, der um 1750 einer der wichtigsten Leute in unserem württembergischen Herzogtum war, wir Württemberger sind ja gute Demokraten, wir sagen es nicht so laut anders wohin, aber wir haben eine ältere Demokratie als die Engländer, nicht. Die württembergischen Landstände haben sich nicht gefallen lassen, dass der Herzog einfach das Land regiert, und da haben sie gedrungen darauf, dass es die Landschaft gibt, die Vertretung der Bürger, so ein erster Anfang von Landtag. Und da brauchte man auch Rechtsberater, und da gab es den Landschaftskonsulenten, den Berater für die Landschaft, und da wurde der hoch begabte Johann Jacob Moser, ein Schwabe, der schon mit 19 Jahren Professor in Tübingen gewesen war, und dann über all in Deutschland herumgekommen war, auch als Berater des Kaisers, nach Württemberg zurückgeholt, man hieß ihn später den Vater des deutschen Staatsrechtes, ein ganz genialen Juristen, und er hat sofort Pläne entwickelt, wie das arme Württemberg zur Zeit vom Herzog Carl Eugen wieder auf die Beine kommen kann. Es muss sofort aufhören, dass Landeskinder, Soldaten, ins Ausland verkauft werden, als Kanonenfutter. Das haben die damals gemacht, schwäbische Soldaten, die in Ludwigsburg in der Kaserne waren, wurden verkauft, versklavt, damit der Herzog Geld hat, das muss aufhören, diese starken jungen Bauernburschen müssen im Land bleiben. Wir müssen sehen, dass mehr Geld im Land bleibt, dass der Hof vom Herzog Carl Eugen nicht soviel Geld ausgibt, das Land braucht selber, um Industrie und Landwirtschaft aufzubauen, Straßen zu bauen, brauchen wir das Geld selbst. Großartige Pläne von diesem Johann Jacob Moser entwickelt, Sie können sich vorstellen, dass der Herzog Carl Eugen sich nicht besonders gefreut hat, das war ja lauter Kritik an seiner Hofhaltung, seiner Wirtschaft, und da hat er den Landschafts-Konsulenten Professor Johann Jacob Moser nach Ludwigsburg beordert, im Jahr 1749, ins Schloss, man hat schon gemerkt, wie die Stimmung ist, und Moser konnte noch, bevor er hineingerufen wurde in diesen Audienzsaal, einem der Diener sagen: Unverzagt und ohne Grauen soll ein Christ, wo er ist, stets sich lassen schauen. Wollt ihn auch der Tod aufreiben, soll der Mut dennoch gut und fein stille bleiben. Diesen großartigen Vers aus dem Paul Gerhard Lied, das wir nachher singen wollen. Der Herzog hat ihn angebrüllt, wer denkt er denn, dass er ist, ich bin der Herzog, und er ist ein kleiner Mann, meint er, dass er mir Vorhaltungen machen kann. Aber jetzt will ich ihn der schärfsten Inquisition unterwerfen, alle seine Güter und Einkommen überprüfen lassen, ob nicht auch bei ihm ein schwarzer Punkt gefunden wird. Und da hat Johann Jacob Moser gesagt, euer Durchlaucht werden einen ehrlichen Mann finden. Das war genug, 15 min später ist die Kutsche mit dem gefangenen Johann Jacob Moser in Richtung Hohentwiel abgefahren, von Hohentwiel ist selten einer zurückgekommen. Ohne Prozess, ohne Urteilsspruch war Johann Jacob Moser sechs Jahre lang auf dem Hohentwiel gefangen. Zuerst hat er, weil er kein Schreibzeug hatte, zwei Jahre lang kein Schreibzeug, hat er mit der Lichtputzschere auf der einen Seite seiner Zelle staatsrechtliche Abhandlungen in die Wand geritzt, auf der anderen Seite angefangen, Lieder die ihm von Gott geschenkt wurden, dass ich höre wie ein Jünger, in die Wand geritzt, aber dann hat er gedacht, wenn ich hier mal frei komme, kann ich es ja nicht mitnehmen, und hat ein System erfunden, wie er mit einer ganz kleinen Nadel auf die freien weißen Stellen seiner Bibelseiten Buchstabe um Buchstabe einritzen kann, seiner staatsrechtlichen Abhandlungen, und seiner geistlichen Lieder. Als er aus dem Gefängnis kam, hat er über 1000 geistliche Lieder mitgebracht. Eins davon haben wir vorher gesungen, und 500 staatsrechtliche Abhandlungen. Zwei Jahre lang Einzelhaft, erst nach einem halben Jahr durfte er den ersten Brief an seine Frau schreiben, da heißt es in diesem Brief, der uns erhalten ist: Teure geliebte Frau und Mitgenossin an der Trübsal, und auch am Reich Christi, das uns verheißen ist, fürchte dich nicht, glaube nur, und fürchtest du dich sehr, so glaube desto mehr. Alles, was mir bisher geschehen ist, ist nur zur Förderung meines Glaubens geschehen, ich habe mir vorgenommen, als ich hier in den Arrest abgeführt wurde, dass alles zur Reinigung meiner Seele und zur Stärkung meines Glaubens dienen soll, es ist nicht jeder Tag gleich, aber unser Gott hat in seiner Güte dafür gesorgt, dass ich keinen einzigen dieser Tage mehr hergeben wollte gegen viel. Der Spiegel ist wieder blank, und das Licht ist geputzt. Sehen Sie, wenn ein Spiegel beschlagen ist, dann sieht man nicht mehr recht, jetzt ist der Spiegel meiner Seele wieder sauber. Ich hab wieder auf Gott gehört, und das Licht, das vorher bloß schwarz rußig geblakt hat, ist wieder sauber. Was über meinen Leib zu berichten ist, ist ein Wunder, es heißt in dem Brief weiter, ich, der ich so viel Gichtanfälle hatte, hatte in diesem kalten Verließ vom ersten Tag an keinen einzigen Gichtanfall mehr. Es muss viel im Land für mich gebetet werden, nach dem unser Herr nun die erste Hälfte vom Psalmwort "ich bin bei dir in der Not" so herrlich erfüllt hat, wird er auch die zweite Hälfte nach seinem Wohlgefallen erfüllen, da heißt es nämlich, ich will dich herausreißen und zu Ehren bringen, und dir zeigen mein Heil. Das hat noch vier Jahre gedauert, vier ein halb Jahre, seine Frau, die Mitgenossin an der Trübsal, war inzwischen verstorben, aber es war ein Triumphzug durch Württemberg, von der letzten Ecke, der Hohentwiel war so letzte Zipfel des Herzogtums Württemberg, über Balingen, Tübingen, über all standen die Menschen an der Straße, man hatte sich's weiter gesagt, mit welchem Liedvers er in die Gefangenschaft gegangen war, bereit war zum Leiden, um seines christlichen Glaubens willen, um der Wahrheit willen, der Ehrlichkeit willen, so ging das Lied durch unser Land, unverzagt und ohne Grauen soll ein Christ wo er ist stets sich lassen schauen, wollt ihn auch der Tod aufreiben, soll der Mut dennoch gut und fein stille bleiben. Man könnte von dem Moser auch noch erzählen, vieles, was er hatte, er hatte wirklich ein ganz tolles Ohr, er hat den Kommandanten vom Hohentwiel einmal überrascht, dass er gesagt hat, ich höre alle ihre Verhandlungen mit, der sagt verrückt, ich bin doch mit meinem Zimmer im Nebenbau, aber der Mose hatte ein so großartiges Gehör, dass er das durch Mauern hindurch gehört hat, aber das Entscheidende war, dass er gemerkt hat, wenn mein Herr Jesus sich ins Leiden hinein führen ließ, und vom Wort Gottes gestärkt das Leiden ertragen hat, der Herr ist mit mir, wer will mich verdammen, dann kann auch ich mich hineinschicken lassen ins Leiden, und will die Zeit dazu benützen, jetzt erst recht zu lauschen und zu hören, was Gott mir zu sagen hat, damit der Spiegel wieder blank wird, dass das Licht, das blakende Licht wieder hell anfängt zu leuchten. Gottes Wort macht bereit, auch zum Leiden. Wir sollen nie Halleluja sagen, und sagen, ach das ist wunderbar, wenn‘s ins Leiden geht, unser Herr Jesus fing an zu zittern und zu zagen, das darf dabei sein, solange wir einen Körper haben, solange wir normal gebaut sind, haben wir Angst vor dem Leiden. Und das andere soll auch da sein: unverzagt und ohne Grauen soll ein Christ stets sich lassen schauen. Er ist nahe, der mich gerecht spricht, wer will verdammen. Amen.