Prof. Dr. Werner Gitt

Ein Auszug aus dem Buch: „Fragen, die immer wieder gestellt werden“

16. Auflage

 

Wäre es nicht wirtschaftlicher gewesen, wenn Jesus nur für die Sünden gelitten hätte, für welche die Menschen Vergebung erbitten, statt für die Sünde der ganzen Welt?

 

Nach dem Gesetz Gottes steht auf Sünde das Gericht des Todes (Römer 6, 23). Nehmen wir einmal an, es hätte sich aufgrund des Evangeliums von Jesus Christus in der gesamten Weltgeschichte nur ein Mensch bekehrt, dann wäre auch für diesen einen der Tod der Preis der Sünde. Dem Gedanken von Hermann Bezzel kann sich der Autor anschließen, dass die Liebe Jesu so groß war, dass er die Rettungsaktion auch für nur einen bußwilligen Sünder durchgeführt hätte. Die erwirkte Erlösungstat des Sohnes Gottes ist aber andererseits von einer solchen Dimension, dass sie für alle Menschen ausreicht. Darum konnte Johannes der Täufer sprechen: „Siehe, das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde trägt“ (Johannes 1, 29). Die Vergebung kann nun jeder annehmen, der es will. Die folgende Begebenheit kann uns dies verdeutlichen:

 

Ein wohlhabender irischer Großgrundbesitzer hielt den auf seinen Gütern beschäftigten Leuten einmal eine sehr originelle Predigt. Er gab an allen wichtigen Plätzen seiner weiten Ländereien folgende Meldung bekannt: „Am kommenden Montag bin ich in der Zeit von zehn bis zwölf Uhr im Büro meines Landhauses anzutreffen. In dieser Zeit bin ich bereit, alle Schulden meiner Landarbeiter zu bezahlen. Die unbezahlten Rechnungen sind mitzubringen.“ Dieses ungewöhnliche Angebot wird tagelang zum Gesprächsstoff. Manche halten es für einen üblen Schwindel, andere vermuten einen Haken darin, denn niemals ist bisher derartiges offeriert worden. Der angekündigte Tag rückt heran. Zahlreiche Leute finden sich ein. Pünktlich um zehn tritt der Gutsherr ein und verschwindet wortlos hinter seiner Bürotür. Niemand wagt es, einzutreten. Vielmehr diskutiert man unentwegt über die Echtheit der Unterschrift und die Motive des Chefs. Um halb zwölf schließlich erreicht ein altes Ehepaar das Büro. Der alte Mann mit einem Bündel Rechnungen in der Hand erkundigt sich mit zitternder Stimme, ob hier die Schulden bezahlt werden. Er wird verhöhnt: „Bis jetzt hat er noch nichts bezahlt!“ Ein anderer: „Es hat auch noch keiner versucht, aber wenn er es wirklich tut, dann kommt schnell und informiert uns.“ Dennoch wagen es die beiden Alten. Sie werden freundlich  empfangen, die Beträge werden addiert, und sie erhalten einen vom Gutsherrn unterzeichneten Scheck über die Gesamtsumme. Als sie gerade voller Dankbarkeit das Büro verlassen wollen, sagt er: „Bleiben Sie bitte noch bis 12 Uhr hier, wenn ich das Büro schließe.“ Die beiden Alten verweisen auf die wartende Menge da draußen, die von ihnen hören will, ob das Angebot wahr sei. Es bleibt beim strikten Nein: „Sie haben mich beim Wort genommen, und die da draußen müssen das gleiche tun, wenn sie ihre Schulden beglichen haben wollen.“ Das Angebot des Gutsbesitzers galt für alle seine Leute, und sein Konto reichte aus, um alle Schulden zu tilgen. Schuldenfrei wurde aber nur das eine Ehepaar, das seinem Wort vertraute.

(Quelle: F. König, „Du bist gemeint“, S. 127ff., stark gekürzt)

 

So würde der Tod Jesu zur Erlösung aller Menschen ausreichen: „Wie nun durch eines (= Adam) Sünde die Verdammnis über alle Menschen gekommen ist, so ist auch durch eines (= Jesu) Gerechtigkeit die Rechtfertigung zum Leben für alle Menschen gekommen“ (Römer 5, 18). Das Rettungsangebot gilt jedem, und darum darf es jedem Menschen verkündigt werden. Errettet werden aber nur so viele, wie es im Vertrauen auf das Wort Jesu wagen und ihn persönlich annehmen.