Wilhelm Busch

 

FUNDAMENTE

 

Eine Auslegung der 10 Gebote

 

 

Vorwort zur 1. Auflage

 

Es war im Jahre 1934. Da brach mitten in der Nacht auf dem Luxusdampfer „Morro Castle" ein Brand aus. Zunächst machte man sich keine großen Sorgen. Denn man war ja nahe der amerikanischen Küste. Man schickte nach dem Kapi­tän. Aber es stellte sich heraus, dass er tot in seiner Kajüte lag.

 

Da brach die Panik aus. Die widersprechendsten Befehle wurden gebrüllt. Die jammernden Reisenden flüchteten zum Achterdeck, wohin bei der rasenden Fahrt nun Flammen und Rauch getrieben wurden.

 

Und dann stand in all der Verwirrung auf einmal ein bisher kaum beachteter Passagier auf der Kommandobrücke. Mit ruhiger Stimme gab er Befehle, die vernünftig und sinnvoll waren.

 

Meint nun jemand, die Passagiere und Mannschaften hät­ten befremdet erklärt: „Von dem lassen wir uns nichts sa­gen!"? O nein! Jedermann empfand es als eine große Wohl­tat, dass einer da war, der klar sagte, was zu tun sei.

 

So ist es mit den Geboten Gottes.

 

Wir leben in einer sehr verwirrten Zeit. Die Katastro­phen, die über die Welt ergangen sind, haben eine Panik heraufgeführt. Tausende von Rezepten werden geschrieben, die der kranken Zeit helfen sollen. Und darüber wächst nur die Not. Und die Verwirrung wird größer.

 

Ist es da nicht eine herrliche Wohltat, dass einer ist, der klar und vernehmlich sagt, was jeder tun soll? Die Stimme des lebendigen Gottes gibt uns die ewigen und unverbrüch­lichen Gebote. Wie kämen die verwirrten Dinge zurecht, wenn man in dem brennenden Weltschiff dieser Stimme Gottes folgen wollte!

 

Nun hat es allerdings keinen Sinn, zu warten, bis die Welt sich dazu entschließt. Irgendeiner muss ja schließlich den An­fang damit machen. Warum sollten wir das nicht sein?

 

Gottes Gebote sind eine große Wohltat für die Welt und für unser Leben. Und der Sänger des 119. Psalms hat wohl recht, wenn er sagt: „Wo dein Gesetz nicht mein Trost ge­wesen wäre, so wäre ich vergangen in meinem Elend."

 

Darum sollen der Öffentlichkeit diese Predigten über die Gebote vorgelegt werden. Sie wurden im Jahre 1944 in Essen gehalten, nicht in einer Kirche — die war längst zerstört —, sondern in einem Saal, wo der Regen durch die Decke lief. Die Predigten wurden nur wenig verändert. Ich ging bei der Einteilung weder von der reformierten noch von der lutheri­schen Zählung der Gebote aus, sondern von dem Wort der Bibel, wie es 2. Mose 20 steht.

 

Möchten die Predigten viele zur Besinnung rufen!

 

Essen, im Februar 1947

Wilhelm Busch

 

 

 

„ICH BIN DER HERR, DEIN GOTT."

2. Mose 20, 2

 

In der letzten Zeit hatte ich eine ganze Reihe Gespräche mit den verschiedensten Leuten. Da war der Gesamteindruck der: Es herrscht eine grenzenlose Unkenntnis über Gott und die göttlichen Dinge. Unklare und verworrene Schlagworte verdecken die Tatsache, dass man keinen Frieden mit Gott hat. Man hat keine Ahnung, wie man mit dem lebendigen Gott eigentlich dran ist.

 

Das ist verwunderlich. Auf allen Gebieten geht es uns dar­um, Klarheit zu haben. Jeder weiß genau, was er verdient an Lohn oder Gehalt. Wenn man sich krank fühlt, hat man keine Ruhe, bis man genau weiß, was einem fehlt. Nur auf dem allerwichtigsten Gebiet hält es der Mensch jahrelang in Un­klarheit aus. Er redet sich ein, es sei alles in Ordnung zwischen Gott und ihm, obwohl ihm sein Gewissen das Gegenteil bezeugt.

 

Das hat mich veranlasst, einmal wieder über grundlegende Dinge zu reden und über die Zehn Gebote zu predigen. Wir gehen dabei nicht nach dem Katechismus, sondern nach 2. Mose 20. Dort fängt es so an:

 

„Ich bin der Herr, dein Gott."

 

1.      „Ich bin…!“

 

Als ich einem Freund erzählte, ich wolle über die Gebote predigen, meinte der: „In einer so geschlagenen und notvollen Stadt wie Essen sollte man lieber tröstlichere Texte bespre­chen." Ich erwiderte: „Es fällt schon noch genug Trost dabei ab."

 

Und seht, es fängt gleich sehr tröstlich an. Gott sagt: „Ich bin!" Es ist also keine fromme Selbsttäuschung, wenn wir aus all unseren tausend Nöten und Schwierigkeiten zu Ihm flüch­ten und unser Herz vor Ihm ausschütten. Wir sind also nicht weltfremde Träumer, wenn wir unser ganzes Vertrauen auf Ihn setzen.

 

Wir sind also nicht rückständige Narren, wenn wir vom Zeitgeist Abstand nehmen und die Sünde fliehen aus Furcht vor Gott.

 

„Ich bin" — sagt Gott. Das ist sehr tröstlich. Lasst mich dazu ein Gleichnis gebrauchen: Als Junge war ich einmal sehr krank. Aus jener Zeit habe ich nur ganz wenige Erinnerungen. Aber eine ist unauslöschlich. Ich hatte wohl entsetzlich Fieber. Und in dem Fieberwahn bedrängten mich furchtbare und schreckeinflößende Gestalten. Aber mitten in das Grauen hinein fühlte ich auf einmal die linde Hand meiner Mutter, die mir über die Stirn strich. Das war so unendlich friedevoll und tröstlich. Und wie diese Hand kommt mir hier Gottes Wort vor: „Ich bin!" „Sieh, dein Herr und Gott ist nah, Halleluja, Er ist da!"

 

Dies „Ich bin" Gottes hat für uns Gestalt gewonnen in Jesus Christus. Das Wort „Ich bin" ward Fleisch und wohnte unter uns (Johannes 1, 14). So legt es der Herr Jesus gleichsam aus, wenn Er sagt: „Ich bin das A und das O, der Erste und der Letzte" (Offenbarung 1, 11). Oder: „Ich bin bei euch alle Tage." Und wenn ich eben sagte: „Dies ,Ich bin' ist wie eine starke, tröstende Hand", so ist diese Hand eben die durchbohrte Hand des Herrn Jesus, der für uns verlorene Sünder am Kreu­ze hing.

 

„Ich bin" - so fängt Gott Seine Zehn Gebote an. Das ist sehr tröstlich. Aber auch sehr ernst. Dann sind wir also Nar­ren, wenn wir nicht mit Ihm rechnen, - dann muss es sich in unserem Leben furchtbar rächen, wenn wir es unterlassen, Sein Angesicht zu suchen. Dann müssen wir ja mit Recht un­ter Seinem Gericht stehen, wenn wir Seine Gebote in den Wind schlagen. Dann muss es ja zu einer Katastrophe führen, wenn Er — für uns zu spät — uns in den Weg tritt und uns Sein „Ich bin!" entgegenschleudert.

 

 

2.      „Ich bin der Herr…!"

 

Wörtlich steht da im Urtext: „Ich bin Jahwe" oder „Jehova". Es wurde mir immer unheimlich zumute, wenn man während des „3. Reiches" behauptete: „Jahwe ist ein jüdischer Stammes- und Rachegott." O nein, das ist der Name, den der lebendige Gott sich selbst gegeben hat. Und er bedeutet zu deutsch: „Der Seiende", „Der wirklich Existierende". Er lebt wirklich — gegenüber all den Gottesbegriffen und selbst-ausgedachten Göttern, die nur in der Einbildung existieren.

 

„Ich bin der Herr." Wie ein gewaltiger Fanfarenstoß leitet dieser lapidare Satz die Zehn Gebote ein. Und was er sagen will, mache ich am besten an einem Gleichnis klar:

 

Der griechische Dichter Homer erzählt von dem Helden Odysseus. Der hatte bei Troja gekämpft. Und als er heim­fuhr, wurde er vom Sturm verschlagen. Da widerfuhren ihm umständliche und gefährliche Abenteuer, die ihn zehn Jahre lang festhielten. — Derweilen saß sein treues Weib Penelope zu Hause auf Ithaka und wartete. Als nun Odysseus gar nicht kam, stellten sich neue Freier ein. Penelope wies sie ab. Aber immer mehr Freier kamen. Und immer frecher wurden sie. Ja, sie nisteten sich im Hause des Odysseus ein, schalteten und walteten nach ihrem Gutdünken, verschwendeten sein Hab und Gut und bedrängten Penelope. Man wusste zuletzt nicht mehr, wer Herr im Hause war.

 

Und da ist es eine großartige Szene, wie ganz unvermutet Odysseus zurückkehrt, wie der Held unter die erschrockenen Freier tritt: „Ich bin der Herr!!" — Da war die Sache klar. Wie jauchzte Penelope auf!

 

So jauchzt die Gemeinde auf, wenn sie aus dem Mund ihres Gottes es hört: „Ich bin der Herr!" Gott sei Dank! Nun ist alles klar! Es sah ja so aus, als wären Menschen die Her­ren. Oder es sah aus, als sei der Tod der Herr der Welt. Oder es sah aus, als sei der Teufel der Herr.

Nun aber klingt's gewaltig: „Ich bin der Herr." Und wenn wir uns umsehen, wer so gewaltig redet, dann sehen wir wieder den Herrn Jesus, der sagt: „Mir ist gegeben alle Ge­walt im Himmel und auf Erden." Und wenn einer meint, er könne darüber lächeln, dann wird ihm das vergehen, wenn der Herr Jesus sichtbar kommen wird in Herrlichkeit. Wir warten auf die Wiederkunft des Herrn Jesus mit größerer Gewissheit, als Penelope auf ihren Odysseus wartete.

 

Inzwischen wünsche ich uns, dass der Herr durch den Hei­ligen Geist in all die Unordnung unsres Lebens und die Verworrenheit unseres Herzens träte und es vernehmbar uns sagte: „Ich bin der Herr."

 

 

3.      „...dein Gott!"

 

Im Urtext steht hier das Wort „elohim". Dies Wort ist die Bezeichnung einer Mehrzahl. Und es wird doch wie eine Ein­zahl gebraucht. Ein geheimnisvolles Wort, das wir nur ver­stehen, wenn wir wissen: Hier spricht die Heilige Dreieinig­keit Vater, Sohn und Heiliger Geist. Hier spricht der Schöpfer, „von dem und durch den und zu dem alle Dinge sind" (Rö­mer 11, 36). Hier spricht Gott, der Sohn, der Erlöser, der Ver­söhner, der Heiland der Sünder. Hier spricht Gott, der Heilige Geist, der gute, neuschaffende, belebende, tröstende und strafende Heilige Geist.

 

Das größte Wunder aber in unserm Text scheint mir das Wörtlein „dein" zu sein: „Dein elohim — dein Gott." Da beugt sich die Allmacht zu mir verlorenem Menschen herab und gibt sich mir ganz zu eigen. Ehe ich sagen konnte: „Dein eigen will ich sein", sagt die Allmacht zu mir: „Dein eigen will Ich sein."

 

Wer hat so ein Herz von Stein, dass er da nicht niederfällt, all seinen bisherigen Wegen, ja, sich selbst absagt und anbetet:

 

„Liebe, dir ergeb ich mich, dein zu bleiben ewiglich."

 

 

 

„DU SOLLST KEINE ANDEREN GÖTTER NEBEN MIR HABEN."

2. Mose 20, 3

 

Es war im Jahre 1915. Ich war zum ersten Mal an der Front und gerade eine halbe Stunde in der Batterie. Da brach ein furchtbarer Feuerüberfall über uns herein. Ich war völlig verwirrt und rannte herum wie ein gescheuchtes Huhn. Ein Unteroffizier packte mich und riss mich in einen Unterstand. Und dann donnerte er mich an, dass mir Hören und Sehen verging. Aber dabei hatte ich nun ein seltsames Erlebnis:

 

Während der Unteroffizier noch redete und mich mit Wor­ten gleichsam zerschmetterte, merkte ich ganz deutlich: Der kann mich gut leiden. Der meint es gut mit mir. Der wirbt ja förmlich um mich, dass ich ein tüchtiger und furchtloser Soldat werde. Mitten im Donnern seiner Worte hörte ich den Ton der Liebe.

Verzeiht das unpassende Gleichnis. Aber es drängt sich mir immer auf, wenn ich 2. Mose 19 und 20 lese. Da fährt Gott gewaltig daher mit Donnern und Blitzen auf den Berg Sinai. Zermalmend und furchtbar treffen uns Seine Gebote. Und doch, wer genau hinhört, der hört in diesem Donnern und Blitzen den Ton der werbenden und suchenden Liebe.

 

Indem Gott Seinen Willen offenbart, wirbt Er um unser böses und abtrünniges Herz. So auch in unsrem heutigen Text:

 

 

„Du sollst keine anderen Götter neben mir haben."

 

1.      Du  sollst  Gott haben

 

Wir Menschen versuchen ja in der Tat immer wieder, ohne Gott zu leben. Bis zu diesem Tage ist nichts Gutes dabei herausgekommen.

 

Es gibt eine alte Fabel von einer Spinne, die ihr ausge­dehntes Netz daraufhin untersuchte, ob sich nicht etwas einsparen ließe. Modern ausgedrückt: Sie wollte ihren Betrieb rationalisieren. Da fand sie einen Faden, der offenbar zweck­los war. Er lief einfach in die Höhe und war ungeeignet, einen fetten Bissen einzubringen. Sie biss den Faden ab — und das Netz fiel in sich zusammen. Es war der Faden, an dem das ganze Gewebe hing.

 

Eine sehr tiefsinnige Fabel. Reißt nur ab den Faden nach oben, den Faden des Vertrauens auf Gott, den Faden der Furcht Gottes! Dann entsteht ein Chaos. Alles stürzt. Alles gerät in Verwirrung.

 

Das gilt ebenso für Völker wie für jeden einzelnen. Nach Beispielen brauchen wir nicht zu suchen. Es ging mir durch und durch, als ich hörte, dass es in Russland einmal eine Zeit gab, in der die Leute als tiefstes Urteil über ihr Leben sagten: „Es ist so traurig, ohne Gott zu leben." Da wird durch die Er­fahrung bestätigt, was Gottes Wort sagt: „Du musst er­fahren und innewerden, was es für Jammer und Herzeleid bringt, den Herrn, deinen Gott, verlassen" (Jeremia 2, 19). Es ist traurig, ohne Gott zu leben. Aber es ist schrecklich, ohne Gott zu sterben. Ich hörte von einer Frau, die im Sterben zu ihrem Mann sagte: „Du bist schuld daran, dass ich verloren gehe. Ich fühlte in mir einen Zug zum Ewigen; aber du hast ihn er­stickt. Jetzt fahre ich zur Hölle." — „Ach, das sind Grillen", sagte der Mann. „Nein!" schrie die Frau, „das sind keine Ein­bildungen! Ich gehe verloren. Und du bist schuld!" Und dann gab sie den Geist auf, um vor Gottes Richterstuhl zu erschei­nen.

 

„Du sollst Gott haben." So kann man das 1. Gebot aus­legen. Hört ihr darin nicht Gottes Liebeswerben? Es ist, als neige Er sich in diesem Wort zu uns herab, als zeige Er auf Seinen Sohn, den Herrn Jesus Christus, in dem Er sich uns ganz zu eigen gibt. Wer den Herrn Jesus gefunden hat, der hat Gott. Da ist man reich, glücklich und froh. — Ich will euch zwei Verse sagen, die einer gedichtet hat, der Gott in Jesus hatte. Paul Gerhardt singt:

 

„Herr, mein Hirt, Brunn aller Freuden, / Du bist mein, ich bin Dein, / niemand soll uns scheiden. / Ich bin Dein, weil Du Dein Leben / und Dein Blut mir zugut / in den Tod gegeben.

Du bist mein, weil ich Dich fasse, / und Dich nicht, o mein Licht, / aus dem Herzen lasse. / Lass mich, lass mich hinge­langen, / da Du mich und ich Dich / ewig werd' umfangen."

2.  Du  sollst  keinen  anderen Gott  haben als den Vater des Herrn Jesus Christus

 

Jetzt könnten wir von den Negern Afrikas reden, die sich einen Gott aus Holz schnitzen. Oder von den Chinesen, bei denen das Sprichwort geht: „Götter sind mehr als Sand im Flusse Hoangho." Oder von den Indern, bei denen es 330 Millionen Götter gibt. Das ist pro Kopf der Bevölkerung einer. — Doch ich meine: Bei uns ist es ähnlich. Denn jeder macht sich einen eigenen Gott nach seinem Kopf. Gott aber sagt: „Du sollst keine anderen Götter haben!" Soll ich so ein paar „andere Götter" nennen? Götter des Abendlandes? Da ist zu nennen „das Schicksal", — das ist ein anderer Gott als der Vater Jesu Christi. Kürzlich sagte mir einer: „Mein Gott ist die Urkraft des deutschen Volkes." Das ist ein anderer Gott als der Vater Jesu Christi. Da bekennt einer: „Die Natur ist mein Gott." Das ist ein anderer Gott als der Vater Jesu Christi. Eine Mutter bekam die Nachricht, dass ihr Sohn in einem Gefangenenlager gestorben ist. Sie war völlig verzwei­felt und schrie immer wieder: „Er war mein Abgott!" Ja, das ist ein anderer Gott als der Vater Jesu Christi. „Du aber sollst keine anderen Götter haben!!"

 

Für viele ist der irdische Erfolg, ihre Laufbahn der Gott geworden, dem sie Ehre, Wahrheit und Gewissen opfern. Es gibt weiter einen Götzen, der den meisten unbekannt ist. Man könnte ihn geradezu den „unbekannten Gott" nennen.

 

Und doch wird er von allen am meisten verehrt. Ihm wird gedient wie keinem anderen. Ihm werden erstaunliche Opfer gebracht. Dieser Gott ist das eigene „Ich". Ja, das ist das eigentliche Glaubensbekenntnis des ungebrochenen Herzens: „Ich bin der Herr, mein Gott. Ich will keine anderen Götter neben mir haben!" — Aber ich komme ins Gedränge, wenn ich die Götter des Abendlandes aufzählen will. Luther sagt: „Woran einer sein Herz hängt, das ist sein Gott." So will ich nur am Ende erwähnen, dass die Bibel den Teufel „den Gott dieser Welt" nennt (2. Korinther. 4, 4).

 

„Du sollst keine anderen Götter haben." Man kann den Urtext auch übersetzen: „Du sollst keine fremden Götter neben mir haben." Das ist ein wundervolles Wort. Ja, sie sind „fremde Götter", bei denen unsre Seele friert und hei­matlos bleibt. „Das Schicksal" und „die Natur" und „das Ich" und irgendwelche Menschen — fremde Götter sind es.

 

Lasst mich ein Bild gebrauchen. Da saß an einer belebten Straße ein Kindlein und weinte. Es hatte seine Mutter ver­loren. Reiche Leute nahmen es ins Haus. Sie setzten ihm Kuchen und Schokolade vor. Aber es weinte nur. Sie gaben ihm das schönste Spielzeug. Aber es weinte nur still und wollte nicht spielen. Man legte es in ein weiches Bettchen. Aber es weinte nur und wollte nicht schlafen. Da hörte man draußen eine Frauenstimme: „Mein Kind soll hier sein. Ich will es mir holen. "Nun fuhr das Kindlein auf. Noch waren die Tränen in seinem Gesicht. Aber mit einem Freudenschrei lief es in die Arme der Mutter.

 

Unsre Seele ist wie dies Kind. Man kann ihr die glänzend­sten Philosophien, funkelnde Weltanschauungen, die präch­tigsten Götter anbieten: Sie weint und friert — bis sie die Stimme des guten Hirten hört, der gekommen ist, dass wir Leben und volles Genüge haben. Wenn dein Herz sagen kann: „Der Herr ist mein Hirte" — dann ist dir geholfen. Augustinus sagt: „Unser Herz ist unruhig in uns, bis es ruht, Herr, in dir." — Das ist wahr!

 

3. Du  sollst kein geteiltes Herz haben

 

„Du sollst keine anderen Götter haben neben mir", sagt der Herr. In Jeremia 17, 9f steht: „Es ist das Herz ein trotzig und verzagt Ding; wer kann es ergründen? — Ich, der Herr, kann das Herz ergründen." Jawohl, das kann Er. Und darum weiß Er, dass wir schließlich auf den pfiffigen Einfall kommen, unser Herz zu teilen: wir fahren zweigleisig. Unser Bekenntnis wird: „Gott und...". Gott und mein Abgott! Gott und meine Lieblingssünde. Gott und mein Ich.

 

Wer einmal aufmerksam das Alte Testament liest, der weiß, dass dies die eigentliche Sünde der Gemeinde war, dass sie n e b e n den Altar Gottes den Altar Baals stellte. Ein Bild unserer Zeit: Man bekehrt sich nicht zum Herrn, aber man lässt seine Kinder taufen.

 

Als der Elia die alttestamentliche Gemeinde versammelt hatte, da fragte er sie mit erschütterndem Ernst: „Wie lange hinket ihr auf beide Seiten? Ist der Herr Gott, so wandelt Ihm nach. Ist's aber Baal, so wandelt ihm nach." — Ich möchte deutlich sagen, dass ein geteiltes Herz verloren ist. Denn es übertritt Gottes Gebot.

 

„Wer sich nicht ganz dem Herrn will geben, der führt ein wahres Jammerleben. Brich durch, es koste, was es will, sonst wird dein armes Herz nicht still!"

 

 

 

„DU SOLLST DIR KEIN BILDNIS NOCH IRGENDEIN GLEICHNIS MACHEN,

weder des, das oben im Himmel, noch des, das unten auf Erden, oder des, das im Wasser unter der Erde ist. Bete sie nicht an und diene ihnen nicht."

2.      Mose 20, 4—5 a

 

Bei dem ungeheuren Bedarf im Industriegebiet haben wir gelernt, welch kostbarer Stoff das Wasser ist. Ja, so notwen­dig ist das Wasser, dass kein Lebewesen ohne dasselbe existie­ren kann. — Im Morgenland ist das Wasser sehr rar. Darum machen sich die Leute gemauerte Brunnen, „Zisternen", in denen in der Regenzeit das Wasser aufgefangen und gesam­melt wird. Aber sie sind nur ein Notbehelf, diese Zisternen. Das Wasser wird faulig. Und oft sickert es durch Risse im Mauerwerk ab. Darum ist der gut dran, der eine lebendige, sprudelnde Quelle sein eigen nennt. Wer solch eine nie ver­siegende, lebendige Quelle hat, der braucht keine Zisternen zu graben. Und wenn er es doch tut, ist er ein ausgesproche­ner Narr.

 

Nun sagt Gottes Wort: „Solche Narren seid ihr." In Jeremia 2, 13 spricht der Herr: „Mich, die lebendige Quelle, ver­lassen sie und machen sich hier und da ausgehauene Brun­nen, die doch löcherig sind und kein Wasser geben." Vor solch einer katastrophalen, tödlichen Narrheit will uns unser heu­tiger Text warnen, wenn er sagt: „Du sollst dir kein Bild von Gott machen." Alle Gottesbilder, Gottesvorstellungen und Gottesbegriffe sind löchrige Brunnen. Du musst Ihn selber haben. Er ist die Lebensquelle.

 

 

 

 

 

„Du sollst dir kein Bild Gottes machen."

 

1.      Sonst erlebst du eine grenzenlose Enttäuschung

 

„Du sollst dir kein Bild von Gott machen." Ja, das ist ein unerhörtes Wort. Wenn die Menschen nicht so stumpf wären, müssten sie auffahren und sagen: „Das ist ja toll! Da geben wir uns die größte Mühe, uns eine Vorstellung von Gott zu machen. Und anstatt sich darüber zu freuen, verbietet Er es!"

 

Nicht wahr, es ist ja ein ganz munterer Religionsbetrieb auf der Welt: die Heiden machen sich ihre Götzen; die Philo­sophen knobeln am Gottesbegriff herum; die Politiker be­schwören den „Herrgott", sich auf ihre Seite zu schlagen; der brave Bürger entdeckt einen neuen Gott in seiner Mannes­brust; der Dichter Schiller singt: „Brüder, überm Sternenzelt muss ein lieber Vater wohnen." Und wieder andre stellen sich den „lieben Gott" wie einen geduldigen Opa mit langem Bart vor.

 

Und da fährt nun Gottes Wort dazwischen: „Du sollst dir kein Bildnis von Gott machen!" Wie eine Sense ist dies Wort, die, von kräftiger Hand geschwungen, in eine bunte Blütenwiese fährt und alles umlegt.

 

„Du sollst dir kein Bild von Gott machen." Denn all unsere Bilder sind löchrige Brunnen. Sie führen zu einer großen Enttäuschung.

 

Ich will das an einem Beispiel deutlich machen:

 

Tief im Herzen steckt uns allen noch ein Gottesbild aus der Aufklärungszeit: Gott, der gute Vater, dem man auf der Nase herumtanzen kann und der mild lächelnd Bonbons verteilt. So, — und nun fielen Atombomben; Städte versanken in Schutt; grauenvolle Geschehnisse spielten sich bei den Flüchtlings-Trecks ab: Tausende verhungerten und erfroren. Da fuh­ren die Menschen verstört auf: „Wie kann Gott das zulas­sen?!" Hätten sie die Bibel gelesen, dann wüssten sie, dass Gott Sein Angesicht verbergen kann — um der Sünde willen; dass Gott „dahingehen" kann. Aber so sehr hat ihr falsches Gottesbild sie verführt, dass sie nun in Verzweiflung stürzten.

 

Seht, da könnte ich hundert Beispiele bringen aus meiner Seelsorge, wie die Menschen enttäuscht wurden, weil sie sich ein falsches Bild von Gott gemacht hatten. Wie werden erst am Jüngsten Tage alle die harmlosen Gottesvorstellungen zusammenbrechen!

 

Und nun denkt nicht: „Die anderen haben ein falsches Bild von Gott. Ich habe das richtige." Gottes Wort sagt: „Du sollst dir überhaupt kein Bild von Gott machen."

 

 

2. Gott  offenbart Sein Bild im Herrn Jesus

 

Nun müssen wir aber genau lesen. Hier steht: „Du sollst dir kein Bild von Gott machen." Warum nicht? — Weil Gott selbst uns Sein Bild offenbaren will. Er will uns — verzeiht den Ausdruck — Seine richtige Photographie schenken. Und dies richtige Bild Gottes ist der Herr Jesus. Es gibt überhaupt keine richtige Erkenntnis Gottes ohne den Herrn Jesus. In 2. Korinther 4, 4 und Kolosser 1, 15 lesen wir: „Christus ist das Eben­bild Gottes." In Johannes 14 wird uns eine ergreifende kleine Epi­sode erzählt: Es war ein paar Stunden vor Jesu Tod. Der Herr hatte mit Seinen Jüngern das Abendmahl gefeiert. Wie ein dumpfer Druck lag es auf allen. Da sagt Philippus — und es ist, als höre man aus seinen Worten die Klage des Psalmisten: „Wie der Hirsch schreiet nach frischem Wasser, so schreit meine Seele, Gott, nach Dir" —: „Herr, zeige uns den Vater, so genügt uns." — Und da antwortet ihm der Herr Jesus: „Wer mich sieht, der sieht den Vater." Jesus ist das zur Welt gekehrte Antlitz Gottes. O lasst uns nur recht das Bild Jesu studieren, wie es uns die Evangelien zeigen! Dann kennen wir Gott.

 

Ich will nur ein paar Züge schildern:

 

Es gibt keine Geschichte, in der Jesus eine Sünde leicht ­nahm oder gering achtete. So schließt Gott keinen Frieden mit irgendeiner Sünde.

 

Es gibt aber ebenfalls keine Geschichte, wo Jesus einen Sün­der verstoßen hätte, der zu Ihm kam. So hat Gott ein offenes, barmherziges Herz für alle Sünder.

 

Es gab keine Brücke von den stolzen, selbstgerechten Phari­säern zu Jesus. So widersteht Gott den Hoffärtigen und Un­bußfertigen.

 

Es gab nichts, was dem Herrn Jesus unmöglich gewesen wäre: Er heilte Aussätzige, speiste Tausende und erweckte Tote. So ist Gott die Allmacht.

 

Jesus schwieg, als Herodes Ihn mit seinem Hofgesinde ver­spottete. So schweigt Gott still, wenn die Narren reden.

 

Seht nur recht den Herrn Jesus an! Wir haben das heute nötig. Denn wir sind alle geplagte Leute. Und nun ist es so, dass ein Blick auf Jesus die Seele unendlich erquickt, weil man dadurch Anschluss an die lebendige Quelle hat, an Gott. „Welche auf ihn sehen, die werden erquickt" (Psalm 34, 6). Ja, nicht nur erquickt, sondern errettet. In Jesaja 45, 22 heißt es (wörtlich): „Sehet auf mich, aller Welt Enden, so werdet ihr errettet!"

 

 

3. Wir brauchen kein Bild, weil wir den Heiligen  Geist haben

 

Vor Jahren sprach ich in einer Studentenversammlung in Berlin über das Gebet. Nachher kam ein junger Student zu mir und sagte: „Ich möchte gern beten. Das Gebet ist doch ein Gespräch. Nun sehe ich aber meinen Gesprächspartner nicht. Also suche ich, ihn mir vorzustellen. Doch da beginnt meine Not. Wie soll ich mir meinen Gesprächspartner im Gebet vorstellen?" — „Oh, Sie armer Mensch!" rief ich aus. „So wird Ihr Gebet nichts! Nun reden Sie ja nicht mit Gott, sondern mit Ihrer Vorstellung von Gott. Sie denken sich eine Fata Morgana aus und mit der reden Sie. Es heißt aber: Du sollst dir kein Bild von Gott machen. Bete es nicht an und diene ihm nicht.

 

„Ja, wie kann ich dann beten?" fragte er, und da nannte ich ihm das wohl größte und geheimnisvollste Gebetswort Jesu: „ ... die ihn anbeten, müssen ihn im Geist und in der Wahrheit anbeten" (Johannes 4, 24).

 

Dies Wort sagt, dass der Heilige Geist die Gläubigen so kräftig der Gegenwart Gottes versichert, dass sie auf alle lügenhaften Bilder und Vorstellungen verzichten und vor Gott selbst stehen. Im Heiligen Geist kommt Gott uns so real und wesenhaft nahe, dass ich es anbetend weiß: „Gott ist gegenwärtig..."

 

Wohl dem, der davon weiß! Der kennt die Quelle des Lebens.

 

Gott ist gegenwärtig.

Lasset uns anbeten und in Ehrfurcht vor ihn treten.

Gott ist in der Mitten.

Alles in uns schweige und sich innigst vor ihm beuge.

Wer ihn kennt, wer ihn nennt,

schlag die Augen nieder; kommt, ergebt euch wieder.

Herr, komm in mir wohnen,

lass mein Herz auf Erden dir ein Heiligtum noch werden;

komm, du nahes Wesen,

dich in mir verkläre, dass ich dich stets lieb und ehre.

Wo ich geh, sitz und steh,

lass mich dich erblicken und vor dir mich bücken.

 

 

 

„DU SOLLST DEN NAMEN DES HERRN,

DEINES GOTTES, NICHT MISSBRAUCHEN,

denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen,

der seinen Namen missbraucht."

2.      Mose 20, 7

 

Im Hohelied Salomos steht das Wort (Kapitel 1, 3): „Dein Name ist eine ausgeschüttete Salbe."

 

Dies Wort wurde mir groß gemacht durch meinen Vorgän­ger in der Essener Jugendarbeit, Pastor Weigle. Man feierte damals ein Jugendfest in der Kreuzeskirche. Da erzählte P. Weigle, er habe das Festprogramm einem Konsistorialrat ge­zeigt. Der aber habe entsetzt ausgerufen: „Diese vielen Lie­der, Ansprachen und Bibelworte müssen doch für einen Jun­gen langweilig sein!" Weigle aber hat gelächelt und gesagt: „Wenn der Name Jesus' genannt wird, dann ist es, als wenn eine köstliche Salbe ausgeschüttet sei. Da wird alles erfüllt vom Wohlgeruch."

 

Wie hat er recht gehabt! Hunderte, ja Tausende von Esse­nern freuen sich bis heute an diesen herrlichen Jugendfesten. Es ist also schon etwas Besonderes um den Namen des Herrn. Er ist eine Macht in der Hand dessen, der ihn recht gebraucht. Darum hat Gott es für nötig befunden, Seinen Namen vor Missbrauch zu schützen.

 

 

„Du sollst den Namen des Herrn nicht missbrauchen."

 

1. Warum ist der Name Gottes so wichtig?

 

Die Menschen sind im Allgemeinen der Ansicht, der Name Gottes sei gar nicht wichtig. Wie oft hörten wir den Satz: „Nennt ihn Gott, Vorsehung, Allmacht, Schicksal oder wie ihr wollt. Das ist gleichgültig." — Und Goethe sagt: „Gefühl ist alles; Name ist Schall und Rauch." Aber so kann nur re­den, wer nie ernstlich das Angesicht Gottes gesucht hat.

 

Ich will das an einem ganz einfältigen Gleichnis klar­machen: Da ist auf der Straße eine Frau so unglücklich ge­fallen, dass sie den Fuß gebrochen hat. Die Leute laufen zu­sammen: Was soll man tun? Da drängt sich ein Mann durch. Energisch sagt er: „Ich bin Arzt!" Und mit großer Ge­schicklichkeit nimmt er sich der Frau an, schient den Fuß und leistet die erste Hilfe.

 

Ein Jahr später passiert dem Mann dieser Frau ein gleiches Missgeschick. „Oh", sagt die Frau, „da müssen wir den Arzt. haben, der mir damals die erste Hilfe leistete. Der war so ge­schickt." — „Das ist richtig. Wie heißt er denn?" — „Wie er heißt? Ach, danach habe ich ihn nicht gefragt. Nun kann ich ihn nicht zu Hilfe holen."

 

Ich muss den Namen kennen, wenn ich jemand anrufen will. Der Name ist gleichsam der Schlüssel zum anderen. Das muss man wissen, um die Geschichte zu verstehen, die 2. Mose 3 steht:

 

In der Einsamkeit der Steppe weidet Moses die Herden. Auf einmal sieht er einen brennenden Busch, dessen Feuer still brennt, ohne den Busch zu verzehren. Erstaunt will er hinlaufen. Wir kennen die Geschichte, wie Gott ihm in die­ser Flamme begegnet und ihm den Auftrag gibt, das Volk des Alten Bundes aus Ägypten zu führen. Da sagt Moses: „Wenn ich zu dem Volk Israel gehe, so werden sie mich nach deinem Namen fragen, Herr! Du musst mir deinen Namen offen­baren." — Und da nennt Gott Seinen Namen: Jehova, d. h. „Ich werde sein, der Ich sein werde." — Nun können Moses und sein Volk jederzeit den Herrn anrufen, weil sie Seinen Namen kennen. Im Laufe der Heilsgeschichte hat der Herr dann immer neue Namen offenbart, mit denen wir Ihn an­rufen können. Der klarste, hellste und schönste Name ist der Name „Jesus".

 

Dreimal steht in Gottes Wort: „Wer diesen Namen anru­fen wird, soll selig werden." Und dazu will ich gleich das Wort aus Sprüche 18 stellen: „Der Name des Herrn ist ein festes Schloss; der Gerechte eilt dahin und wird beschirmt."

 

 

2. Wie  der Name  Gottes missbraucht wurde

 

Wenn ich in die Ferien fahre, dann gebe ich meinen Haus­schlüssel einem guten Freund und bitte ihn, auf meine Woh­nung aufzupassen. Das ist ein Vertrauensbeweis. Und ich nehme an, dass der dann nicht gleich meine Wohnung „auf den Kopf stellt".

 

Indem uns Gott Seinen Namen offenbart, gibt Er uns den Schlüssel zu Seinem Herzen. Weh uns, wenn wir das missbrauchen!

Die hebräische Sprache kennt nicht das Wort „missbrauchen". Sie umschreibt: „Du sollst den Namen des Herrn nicht zum Bösen hintragen."

 

Ich will nun so ein paar Fälle nennen, wo man den Na­men des Herrn zum Bösen hinträgt. Z. B. beim Fluchen. Wie leichtsinnig wird geflucht! Mancher junge Mann denkt, das sei ein Zeichen von Männlichkeit. Und mancher Mann denkt fälschlich, das Fluchen erleichtere das Herz. Wir müs­sen aber wissen, dass Gott den nicht ungestraft lassen will, der Seinen Namen missbraucht. — Vor kurzem geschah fol­gendes in einem Essener Haus: Ein Gasmann wollte die Gas­uhr ablesen. Er fand sich nicht zurecht und fluchte laut: „Gott verdamm' mich!" Da kam ein alter Mann heraus und fragte: „Warum beten Sie hier laut?" - „Ich? Beten?! Fällt mir gar nicht ein! Ich bete doch nicht!" — „Doch, Sie haben Gott so­eben gebeten, Sie zu verdammen. Und ich kann Ihnen sagen: Er wird Sie gewiss erhören." — Da erschrak der Gasmann. Er hatte sich nichts dabei gedacht.

 

Ja, das ist es! Die Leute denken sich auch nichts dabei, wenn sie jeden zweiten Satz mit dem Ausruf: „Ach Gott" an­fangen. „Ach Gott, wie ist es kalt. Ach Gott, wie ist es heiß." — Das ist Missbrauch des Namens Gottes. Lasst uns Acht haben auf unsere Rede!

 

Luthers Erklärung zu diesem Gebot nennt auch das Z a u b e r n als Missbrauch. Ich verstehe von diesen dunklen Din­gen nichts. Ich kann hier nur bezeugen, dass alle Zauberer, Wahrsager, dass „Sympathie" und „Besprechen" unter Gottes Gericht fallen. Ja, aller Aberglaube (Talisman, schwarze Katze, Zahl 13, „Unglückstage" u. a. m.) ist Sünde.

 

Dann denkt unser Gebot an das S c h w ö r e n im Namen Gottes. Wir alle müssen je und dann einen Eid schwören. Da heißt es aufpassen, dass wir Gottes Namen nicht zum Bösen tragen. Wie viele Meineide werden geschworen! Der Jüngste Tag wird sie offenbar machen.

 

Alles  S p o t t e n  und  L ä s t e r n  gehört hierher. Trennt euch von den Spöttern und Lästerern! In 3. Mose 24, 16 sagt der Herr: „Welcher des Herrn Namen lästert, der soll des Todes sterben."

 

Und nun will ich euch noch eins nennen: Ist es nicht ein Missbrauch des Namens des Herrn, wenn wir Ihn anrufen ohne den ernstlichen Willen, Ihm zu gehören und Seinen Willen zu tun? Es gibt viel lästerliche Wortgebete oder ge­dankenlose Gebete, wo man den Herrn anruft, aber wo das Herz es nicht aufrichtig mit Ihm meint.

 

 

3. Wie  der Name des Herrn recht gebraucht wird

 

Der Herr hat sich und Seinen Namen offenbart, womit wir Ihn anrufen können. Damit ist alles gesagt. „Der Herr ist nahe allen, die Ihn ernstlich anrufen." Lasst uns das tun!

 

Ein Schriftsteller hat erzählt, wie er im Traum einmal in der Hölle war. Da sah er auf einer trostlosen Ebene eine Menge Menschen grübelnd sitzen. Er fragte die Verdammten: „Was tut ihr hier?" - „Wir denken nach." — „Worüber denkt ihr nach?" — „Über einen Namen." — „Was ist das für ein Name?" — Da sagten die Elenden: „Es gibt einen Namen, der ist so stark, dass wir sogar aus der Hölle errettet werden könnten, wenn wir ihn anriefen. Aber — er fällt uns nicht mehr ein."

 

Seht, das ist das Wesen der Hölle, dass man den Jesus­namen nicht mehr anrufen

k a n n.

 

Wir können es noch. Und wenn einer noch so gottlos und noch so böse gewesen wäre — es gilt ihm die Verheißung, die dreimal in der Bibel steht: „Wer den Namen des Herrn Jesus anrufen wird, soll errettet werden." Das ist doch ein leichter und für jeden zugänglicher Weg zum Heil. Dabei kann man eine wunderbare Erfahrung machen. Der Name Jesus hat eine große Macht. Wenn der Teufel und seine fin­steren Geister etwas fürchten, dann ist es eben dieser Name. Wenn wir mitten in Anfechtungen sind, dann dürfen wir erleben, wie die Mächte der Finsternis vor dem Namen Jesus zurückweichen. Eine wundervolle Erfahrung mit dem Anru­fen des Namens spricht David im 138. Psalm aus: „Du hast deinen Namen über alles herrlich gemacht durch dein Wort. Wenn ich dich anrufe, so erhörst du mich und gibst meiner Seele große Kraft."

 

Es gibt aus der Zeit der ersten Christenverfolgung ein schönes Beispiel dafür: Ein römischer Kaiser ließ 80 treue Christen auf ein Schiff bringen. Das Schiff wurde in Brand gesteckt, und dann ließ man es brennend aufs Meer hinaus­treiben. Die Heiden, die lästernd und hohnlachend am Ufer standen, erwarteten jetzt ein großes Jammergeschrei. Aber wie staunten sie, als die Sterbenden anhüben zu singen: „Herr, nun lassest du uns in Frieden fahren; denn unsere Augen haben deinen Heiland gesehen."

 

Der Heilige Geist gab ihnen die Kraft, in dieser dunklen Stunde den Namen des Herrn anzurufen. Und dieses Anru­fen gab ihnen die Kraft, getrost durch das Todestal ins Leben zu gehen.

 

Wohl dem, der es gelernt hat, den Namen des Herrn an­zurufen !

 

Alle Sorgen, alles Leid

soll der Name uns versüßen;

so wird alle Bitterkeit

uns zur Freude weiden müssen.

Jesu Nam sei Sonn und Schild,

welcher allen Kummer stillt.

 

 

 

„GEDENKE DES SABBATTAGS, DASS DU IHN HEILIGEST."

2. Mose 20, 8

 

Es ist eine dumme Sache, wenn man etwas Wichtiges vergisst. Weil mir das in letzter Zeit öfter passierte, schrieb ich mir jeden wichtigen Termin auf. Aber dann geschah es doch noch häufig, dass ich vergaß, ins Notizbuch zu sehen. Darum bin ich sehr dankbar, dass liebe Freunde mir einen großen Notizblock geschenkt haben. Der steht nun auf meinem Schreibtisch. Und jetzt kann ich einfach nicht übersehen, was ich mir notiert habe.

 

Neben diesem Notizblock liegt ein anderer. Das ist die Bi­bel. Die Bibel ist ein Notizblock, auf dem Gott einige wich­tige Dinge notiert hat, die man auf keinen Fall vergessen darf, auf die Er uns gleichsam mit der Nase stoßen will.

 

Da steht z. B. in Psalm 103: „Vergiss nicht — was er dir Gutes getan hat" Wie oft vergessen wir das! Wir machen es wie die armen Weltmenschen: wir sehen nur das Böse, das Menschen uns tun, oder suchen krampfhaft, uns selber Gutes zu tun. Und so sind wir arg geplagte Leute. Dächten wir daran, „was Er uns Gutes getan hat", würden wir fröhlich in Seinen Gnadengaben ruhen.

 

Auch unser heutiger Text ist solch ein Notizblock-Vermerk Gottes, solch ein Nasenstüber für vergessliche Leute: „Ge­denke ... !" sagt Gott ausdrücklich.

 

 

„Gedenke des Ruhetages!"

 

1. Woher der Sonntag kommt

 

Der Sonntag ist nicht die Erfindung eines menschenfreund­lichen Mannes, der meinte, dass man sich auch ab und zu aus­ruhen müsse. Er ist auch keine kirchliche Sitte. Nein — er ist eine Stiftung des lebendigen Gottes. Dass der Mensch einen Ruhetag feiern soll — das gehört zu den geoffenbarten Geboten Gottes. Und wo die Offenbarung Gottes verdunkelt wird und in Vergessenheit gerät, da gerät auch die Sonntags­heiligung in Verfall. Das erleben wir ja heute.

 

Darum ruft uns Gott zu: „G e d e n k e des Ruhetages!" So kann man nämlich „Sabbattag" übersetzen. Das Wort „Sabbat" kommt von einem Tätigkeitswort „schabath", d. h. „ruhen", „feiern", „aufhören, etwas zu tun".

 

Also ist die Sonntagsheiligung Gottes Wille. Und wo man Gott gehorsam ist und den Sonntag heiligt, da will Gott Se­gen geben. Denn es liegt ein großer Segen auf dem einfälti­gen Gehorsam.

 

Die Welt will das nicht wissen. Sie rechnet nach ihrer Lo­gik so: „Mit 7 Arbeitstagen kommt man weiter als mit 6 Ar­beitstagen." Die Logik des Glaubens aber sagt: „Mit dem Gehorsam gegen Gottes Willen komme ich am weitesten."

 

Wer hat nun Recht?

 

Ich will eines zu bedenken geben: Europa hat seine Be­deutung bekommen, als es den Sonntag heiligte. Es verliert diese Bedeutung, seitdem es den Sonntag nicht mehr heiligt.

 

Wie hat unser Volk gearbeitet in den Jahren des 3. Reiches und besonders im Krieg! Da gab es keinen Unterschied zwi­schen Sonntag und Werktag. Was ist dabei herausgekommen? Glück und Aufstieg? Ach, seht unser Volk, seht unsre Fami­lien an!

 

Der Sonntag ist eine Stiftung Gottes. Was Gott uns gibt, ist sehr gut, ist immer gut. So ist auch der Sonntag sehr gut.

 

Der gesegnete Professor Tholuck sagte einmal bei Semesterschluss seinen Studenten: „Sie wandern jetzt nach Hause. Manche haben einen weiten Weg, vielleicht bis hinauf ins Fichtelgebirge oder bis hinunter in die Pfalz. Nun denken Sie, der ganze Weg wäre eine lange, staubige Landstraße ohne einen Ruheort oder Gelegenheit zur Einkehr. Wie ermüdend wäre das! So ist das Leben ohne Sonntag. Die Sonntage sind Gottes Herbergen an der Landstraße des Lebens." Unser himmlischer Vater hat uns mit dem Sonntag ein köstliches Geschenk gemacht.

 

Und wir müssen bedenken, dass er ein Gebot Gottes ist. Dass Ehebruch eine große Sünde ist, sehen wir alle ein. Nun, das Gebot der Sonntagsheiligung steht auf der gleichen Stufe. Da ist kein Unterschied gemacht. Wir haben es also genau­so ernst zu nehmen.

 

 

2. Was wir mit dem Sonntag anfangen sollen

 

Gott sagt uns klar: „Gedenke des Ruhetages, dass du ihn heiligst." Es gibt also einen Tag, den wir Gott „heiligen" dürfen. Was soll das heißen?

 

Der Herr Jesus erklärt es uns im Neuen Testament. Er sagt: „Des Menschen Sohn ist ein Herr des Sabbats." So heiligt man den Sonntag, dass man diesen Tag vom ersten Augen­blick an dem Herrn Jesus übergibt und sich den ganzen Tag über ganz bewusst unter Seine Leitung stellt. Bei den meisten Menschen ist der Sonntag nur ein Tag zum Ausruhen, oder um Sport zu treiben, oder um ins Kino zu gehen. Aber zu einer Begegnung mit dem Herrn kommt es nicht. So wird die­ser Tag, der der Stille und Sammlung dienen sollte, zu einem Tag der Zerstreuung und Ausleerung. Es ist auch dann nicht anders, wenn man am Morgen eine Predigt hört, aber den übrigen Teil des Tages dem Herrn entzieht und sich in den Zerstreuungen der Welt verliert. So soll's nicht sein. Der ganze Tag ist der Tag des Herrn. Ihm wollen wir ihn wei­hen, jede Stunde.

 

Nun wird man einwenden, dass doch jeder Tag dem Herrn Jesus gehören soll. Ganz gewiss ist das so. Aber — ich will das an einem Bilde klarmachen: Ich wollte einmal über einen Fluss schwimmen. Doch während des Schwimmens merkte ich, wie die Strömung mich abtrieb. Dazu nahm mir hohes Schilf am Ufer alle Sicht auf mein Ziel. Ich war froh, dass mitten im Fluss ein Inselchen war, auf das ich steigen konnte, um mich von da aus neu zu orientieren. — So reißt uns die Alltagsströmung immer wieder aus der Bahn. Und da ist der Sonntag solch ein Inselchen, von wo aus wir uns neu orientieren können, wo wir uns neu dem Herrn Jesus übergeben und unser Leben mit Ihm in Ordnung brin­gen dürfen. — Benutze doch diesen Sonntag gleich, um dem Herrn Jesus dein Herz auszuschütten und im Glauben Seine durchgrabende Hand zu fassen!

 

Eine rechte Hilfe zu solcher Orientierung ist die Versamm­lung der Gemeinde um Gottes Wort, der Gottesdienst. Darum hat Gott Seinem Volke geboten, es solle am Sabbat um Sein Wort zusammenkommen. So ist der Besuch des Gottesdien­stes auch eine Sache des Gehorsams. Wir sollten nicht sagen: „Heute bin ich nicht in Stimmung" oder „Heute passt es mir schlecht". Der Teufel wird immer schnell einen Grund hin­schieben, dass es uns nicht passt. — Wir wollen den Herrn recht bitten, dass Er unserem Volk wieder einen Hunger gebe nach Seinem Wort. Und dass Er uns geistgesalbte Prediger des Evangeliums gebe, denen es eine Begier ist, den Leuten den Weg in den Himmel zu zeigen.

 

Aber was sollen denn die vielen Menschen machen, die wirklich keine Gelegenheit haben, in einen Gottesdienst zu gehen?

Oh, auch die können diesen Tag dem Herrn Jesu weihen. Sie können ihr Herz in besonderer Weise füllen lassen mit der Freude am Sohne Gottes und ihre Seele mit Ihm reden lassen.

 

Vor kurzem schrieb mir ein Bekannter: „Wir kennen hier keinen Unterschied zwischen Sonntag und Alltag." — So soll­te ein Jünger Jesu nie sagen. Und wenn es äußerlich kein Sonntag ist, sollte er diesen Tag um so mehr im Herzen fei­ern. Denn — und das ist ein Gedanke, der in der Bibel immer wiederkehrt —: Der Ruhetag ist das Kennzeichen des Volkes Gottes. Der Herr sagt 2. Mose 31, 13: „Haltet den Feier­tag. Denn derselbe ist ein Zeichen zwischen mir und euch."

 

 

3. Wohin der Sonntag weist

 

Wir hörten vorhin: Der Sonntag ist eine Herberge an der Landstraße des Lebens. Nun kann man auch sagen: Er ist ein Wegweiser an unserer Straße, denn er zeigt über sich hinaus. Dieser Ruhetag, auf den wir uns sechs Arbeitstage freuen, weist hin auf den großen Ruhetag des Volkes Gottes. So steht Hebräer 4, 9. Und sehr ernst geht es weiter: „So lasset uns nun Fleiß tun, einzukommen zu dieser Ruhe." Jeder Sonntag soll uns fester machen im Blick auf dies herrliche Ziel. „Sabbat" kommt von „schabath". Das kann auch übersetzt werden: „Machen, dass etwas aufhöre". Dasselbe Wort steht — wie köstlich für uns — in Psalm 46, 10: „Der Herr macht ein Ende mit allen Kriegen." O ja, an jenem großen, ewigen Sabbat des Volkes Gottes wird Gott ein Ende machen mit allen Kriegen. Da wird kein Leid und Geschrei mehr sein. Da wird Gott selbst „abwischen alle Tränen von unseren Augen". Dazu hat uns der Herr Jesus durch Sein Sterben und Auferstehen erlöst.

 

Nun sieh nur zu, dass das für dich auch wirksam wird!

 

Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein; ach wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein! Hier ist Gottes .Angesicht, hier ist lauter Trost und Licht.

Rede, Herr, so will ich hören, und dein Wille, werd erfüllt; nichts lass meine Andacht stören, wenn der Brunn des Lebens quillt; speise mich mit Himmelsbrot, tröste mich in aller Not.

 

 

 

DU SOLLST DEINEN VATER UND DEINE MUTTER EHREN,

auf dass du lange lebest in dem Lande, das dir der Herr, dein Gott, gibt."

2. Mose 20, 12

 

Vor einigen Jahren kam ich bei meinen Hausbesuchen in eine Wohnung, in der große Traurigkeit herrschte. Der 16jährige Sohn war in der rohesten und unverschämtesten Weise gegen seine Eltern aufgetreten und hatte ihnen ein­fach den Gehorsam aufgekündigt.

 

Reichlich flössen die Tränen der Mutter. Und ich musste mit Schaudern daran denken, wie Gott wohl diese Tränen an dem Jungen heimsuchen werde.

 

Aber dann fragte ich die Frau: „Sind Sie denn mit Ihrem Sohn zur Kirche gegangen?" Sie schüttelte den Kopf. — „Wurde in Ihrem Hause Gottes Wort gelesen und gebetet?" — „Ach nein, daran haben wir eigentlich nicht gedacht." Da stand ich auf und sagte: „Dann wundere ich mich über nichts. Sie haben das i. und 3. Gebot Gottes für Ihr Leben außer Kurs gesetzt. Dann handelt Ihr Junge nur folgerichtig, wenn er seinerseits auch das 4. Gebot in den Wind schlägt. Sie ern­ten, was Sie gesät haben."

 

Vielleicht begriff die Frau nun ein wenig, was Europa jetzt weithin erlebt: Wenn man Gottes Gebote beiseitesetzt, dann brechen alle Lebensgrundlagen zusammen; dann kommt das Chaos.

 

Wir tun darum sehr gut daran, Gottes Gebote neu zu lernen.

 

 

Gottes Ordnung für das Familienleben

 

1. „Du  sollst Vater und Mutter ehren!"

 

In meinem Bücherschrank habe ich ein Buch von Turgen­jew: „Väter und Söhne". Nicht wahr, dieser Titel spricht Bände. Davon weiß ich als Jugendpfarrer ein Lied zu singen, welch tiefer Riss oft klafft zwischen Vätern und Söhnen, zwi­schen heranwachsenden Kindern und Eltern.

 

Da klagen die Kinder: „Die Eltern verstehen uns nicht." Und die Eltern klagen über die Entfremdung der Kinder. Das Generationenproblem ist so alt, wie die Welt alt ist. Harn verspottete seinen Vater Noah (1. Mose 9, 22,). Welche Not hatte der treue Gottesmann David mit seinem Sohn Absalom! — Und so geht's heute noch.

 

Und nun nimmt Gott zu diesem Generationenproblem Stellung. Mit einem Satz: „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren!" — Das ist ein ernstes Wort für die Kin­der. Und es gilt ohne Ausnahme. Wenn dein Vater ein Mör­der und Trinker wäre — du hast ihn nicht zu erziehen oder zu richten, sondern du sollst ihn ehren. Ich las in einem alten Buch, dass einmal in Wien eine Sträflingskolonne an einer Straße arbeitete und ein junger, gutgekleideter Mann, der vorbeikam, auf einen grauhaarigen Sträfling zuging und ihm die Hand küsste. Das sah ein höherer Beamter und stellte ihn zur Rede. Darauf antwortete der junge Mann nur: „Es ist mein Vater!"

 

„Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren!" Ist das nicht auch ein Wort an alle Eltern? Sind sie so, dass die Kin­der Freude haben, sie zu ehren? Ich glaube: Nur wenn Eltern durch Gottes Geist geheiligte Persönlichkeiten sind, werden ihre Kinder sie gern ehren.

 

„Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren." Das scheint uns so selbstverständlich. Und doch — es ist gar nicht selbstverständlich, sondern unerhört. Der natürliche Sinn sieht doch in den alten Leuten die „Rückständigen", das „alte Eisen". Und das Höchste, wozu man sich aufschwingt, ist, dass man sie versorgt, bemitleidet, herablassend erträgt.

 

Gott aber sagt: „Du sollst sie ehren." Das ist etwas ganz anderes. Luther erklärt: „Es ist ein viel höher Ding, ehren, denn lieben, als das nicht allein die Liebe begreift, sondern auch eine Zucht, Demut und Scheu, als gegen eine Maje­stät, allda verborgen."

 

Ach, meine Freunde, wer von uns ist nicht gerade hier schuldig geworden? Lasst mich ein kleines persönliches Erleb­nis berichten: Ich war damals als Student in meinem Eltern­haus. Da saß ich eines Tages in meinem Zimmer und arbei­tete. Plötzlich hörte ich meinen Vater meinen Namen rufen. „Was ist?" rief ich, ärgerlich über die Störung. Er fragte, ob ich ihn auf einem Gang begleiten wolle. Ich lehnte kurz ab, ich hätte keine Zeit. Und er ging allein. — Vier Wochen spä­ter war mein Vater tot. Ich saß eine Nacht allein an dem of­fenen Sarg. Wir hatten ein köstliches Verhältnis miteinander gehabt. Aber in der Nacht stand diese kleine Erinnerung auf. „Ach, Vater", jammerte ich, „ich will dich stundenlang be­gleiten!" Aber er blieb still. — Da ging mir auf, dass ich diese Liebes- und Ehrenschuld nie, gar nie mehr gutmachen könne. In jener Nacht habe ich es neu und besser gelernt, dass ich ohne den Heiland und ohne Sein reinigendes Blut nicht wei­terleben kann, dass ich ohne Vergebung der Sünden verloren bin.

 

 

2. Das  Verheißungswort

 

In Epheser 6, 2 weist der Apostel Paulus darauf hin, dass dies das erste und einzige Gebot ist, dem Gott eine Verhei­ßung beigefügt hat. „ ... auf dass du lange lebest in dem Lan­de, das dir der Herr, dein Gott, gibt." Wir verstehen diese Ver­heißung nur, wenn wir uns klarmachen, wie sie zunächst ge­meint war: Gott sprach hier zum Volk des Alten Bundes, das Er durch die Wüste nach Kanaan führen wollte. Und da sagt Er nun so: „Ihr werdet in diesem Land nur dann lange leben, wenn ihr euer Familienleben in Ordnung habt." — Was Gott hier zum Volk des Alten Bundes sagt, das gilt auch für jedes andere Volk. Nach Gottes Willen ist ein gesundes Fa­milienleben die Grundlage allen Volkstums. Ein Volk geht zugrunde, wenn das Familienleben zerrüttet ist. Das sagt nicht nur Gottes Wort, das lehrt auch die Geschichte. — Man muss das nur einmal so aussprechen, um aufs Tiefste zu er­schrecken. Wie sind unsere Familien auseinander gerissen, ge­trennt und zerstreut! Darin kann ich nur Gottes Gericht se­hen. Weil unsre Familien nicht waren, was sie sein sollten, hat Gott sie auseinander gehauen.

 

Was sollen wir nun tun? Aus Gehorsam gegen Gott und um unsres Volkes willen lasst uns neu anfangen! Wo noch unter uns die Möglichkeit ist, wo noch ein Rest von Familie ist, da muss es neu werden. Und nun möchte ich aus meiner Erfahrung sagen: Nichts bildet so sehr eine Familiengemein­schaft wie eine gemeinsame Hausandacht. Ein Hausvater muss darauf dringen, dass er einmal am Tage alle Hausgenos­sen zusammenbringt. Man singt einen Choral zusammen, dann nimmt jedes seine Bibel vor, und man liest reihum ei­nen Abschnitt z. B. aus dem Evangelium oder aus den Psal­men. Und zum Schluss betet der Hausvater. Kann er noch nicht frei beten, dann bete er das „Vaterunser".

 

Um solch eine Hausandacht herum entsteht eine Familie. Und nur ein Volk, das solche Familien hat, hat die Verhei­ßung, „dass es lange lebe in dem Lande, das ihm der Herr gegeben hat."

 

Aber lasst mich zu dem Verheißungswort noch etwas sa­gen! Hier spricht Gott doch die einfache Wahrheit aus, dass Er den Gehorsam gegen Seinen Willen segnen will. Ich kenne manche Leute, die es im Leben weit gebracht haben. Und doch fehlt ihnen etwas. — Oh, gewiss fehlt der geheime Segen in ihrem Leben. Da muss man stille werden und sein Leben überprüfen, warum Gott es nicht segnen kann.

 

 

3. Das Gebot weist über sich hinaus

 

„Du sollst deinen Vater ehren." — Das ist wie ein ausge­streckter Finger zum

1. Gebot. Wir alle sind Kinder unseres himmlischen Vaters. Ehren wir den? Ich hörte einmal fol­gende Geschichte, die sich vor dem Kriege ereignet hat: Da war ein Bauer, der einen ungeratenen Sohn hatte. Der Sohn schlug alle Anordnungen des Vaters in den Wind. Und schließlich ging er in die Welt. Und der Vater hörte nichts mehr von ihm. Doch nach zwei Jahren erfuhr er, der Sohn lebe in Berlin in großem Elend. Da machte der Vater sich auf, den Sohn zu suchen. Er hörte auf dem Meldeamt, sein Sohn wohne in Berlin N 3, Hinterhaus, 6. Stock. Nach langem Suchen fand er ihn in elender Verfassung. — Da bewegte sich sein Herz. Er streckte dem Sohn die Hand hin: „Ich will dir alles vergeben. Komm heim, mein Kind." Doch der Sohn steht auf, schaut verächtlich auf die ausgestreckte Hand, nimmt seine Mütze und geht fort.

 

So machen es die meisten Menschen mit Gott.

 

Wir sind ungehorsame Kinder. Wir verachten Seine Ge­bote. Aber Gott geht uns nach in Jesus, der für uns starb und auferstand. Jesus ist die ausgestreckte Hand Gottes. In Ihm sagt Er uns: „Ich will dir vergeben. Komm heim, mein Kind." Doch die meisten gehen verächtlich an dieser ausgestreckten Hand Gottes vorbei. Das kann ja nicht gut gehen!

 

Seht, so ehren wir unseren himmlischen Vater, dass wir nun Seine Gnade annehmen, umkehren, an Jesus glauben und das Heil ergreifen.

 

Gott rufet noch: sollt ich nicht endlich kommen! Ich hab so lang die treue Stimm vernommen; ich wusst es wohl: ich war nicht wie ich sollt, er winkte mir, ich habe nicht gewollt.

Gott rufet noch: ob ich mein Ohr verstopfet, er stehet noch an meiner Tür und klopfet; er ist bereit, dass er mich noch empfang, er wartet noch auf mich: wer weiß, wie lang?

Ach nimm mich hin, du Langmut ohne Maße; ergreif mich wohl, dass ich dich nie verlasse. Herr, rede nur, ich geb begierig Acht; führ, wie du willst, ich bin in deiner Macht.

 

 

 

„DU SOLLST NICHT TÖTEN."

2. Mose 20, 13

 

Gleich auf den ersten Blättern der Bibel wird uns eine furchtbare Geschichte von den Brüdern Kain und Abel er­zählt.

 

Kain hat einen Hass auf seinen Bruder. Es ist eigentlich gar nicht verständlich, warum er ihn hasst. Aber es ist oft so in der Welt, dass die tiefsten Zerwürfnisse keine einleuchten­de Ursache haben. Sie kommen aus den Tiefen des Herzens, wo die Finsternis wohnt und wo das kühle Überlegen aufhört.

Kain ist ganz von seinem Hass erfüllt. Da klopft Gott noch einmal bei ihm an: „Kain, warum ergrimmst du? Und wa­rum verstellen sich deine Gebärden?" Es ist, als wolle Gott sagen: „Komm zu dir, Kain! Dein Hass ist sinnlos. Du folgst jetzt dunklen Mächten."

 

Aber Kain lässt sich nicht rufen. Und er erschlägt seinen Bruder. Da lag die erste Leiche mit gebrochenen Augen auf Gottes Erde.

 

Und seitdem wohnen Hass, Streit, Mord auf der Erde; die Kain-Art herrscht. Überall ergrimmen die Herzen gegenein­ander. Und überall verstellen sich die Gebärden gegenein­ander.

 

Wie wichtig ist, dass wir Gottes Gebot hören:

 

 

„Du sollst nicht töten!"

 

1. Ausnahmen  von  dem  Gebot?

 

Dass Gott überhaupt dies Gebot „Du sollst nicht töten!" geben musste, beweist deutlich, dass wir in einer gefallenen Todeswelt leben. Die Bibel spricht von einer Katastrophe am Anfang, dem Sündenfall. Und seitdem ist die Sünde die größte Weltmacht. Noch deutlicher wird das dadurch, dass Gott von diesem Gebot Ausnahmen machen musste. Dies ist das einzige Gebot, bei dem Gott selbst Ausnahmen macht.

 

Die erste Ausnahme ist der Krieg. Gott lässt Kriege als Gericht zu. Und die Knechte Gottes sind mit darein verwickelt. Derselbe Gott, der hier befiehlt: „Du sollst nicht töten!", befiehlt zwei Kapitel vorher, die Amalekiter zu schlagen.

 

Die zweite Ausnahme gilt der Justiz. Der selbe Gott, der sagt: „Du sollst nicht töten!" befiehlt, die Übel­täter hinzurichten. In Römer 13, 4 lesen wir: „Die Obrigkeit trägt das Richtschwert nicht umsonst. Sie ist Gottes Dienerin, eine Rächerin zur Rache über den, der Böses tut."

 

Die dritte Ausnahme ist, dass Gott selbst an Seinem eingeborenen Sohne Jesus ein Todesurteil vollziehen ließ. Es ist ja lächerlich, wenn die Menschen sich streiten, ob die Juden oder ob Pilatus am Tode Jesu Schuld trügen. Schuldig sind wir hier alle. Und letzten Endes der Vater selbst. Denn Er hat an Seinem Sohne unsre Schuld gerichtet. „Er ist um unsrer Missetat willen dahingegeben..." sagt Gottes Wort. „Dahingegeben" — von Gott selbst.

 

Und die vierte Ausnahme steht mehrmals in der Bibel. So sagt der Römerbrief, dass ein Jesus-Jünger „durch den heiligen Geist des Fleisches Geschäfte töten soll". Und im Kolosserbrief lesen wir: „So tötet nun eure Glieder... Hure­rei, Unreinheit, schändliche Brunst, böse Lust und den Geiz!"

 

Gott selbst macht Ausnahmen von Seinem Gebot! Das macht das Verständnis dieses Gebotes so unendlich schwer.

 

Aber einiges ist doch aus all dem eindrücklich klar:

 

a) Wenn ernste Christen die Todesstrafe und jeden Krieg entschlossen ablehnen, muss die Christenheit in jedem Fall zu ihnen stehen. Wessen Gewissen in diesem Gebot so völlig gefangen ist, der soll unter allen Umständen danach handeln. Man kann nicht Jesus-Jünger sein und solche Leute als „Feig­linge" und „Weichlinge" beschimpfen lassen. Die Quäker, die im letzten Krieg sich lieber in Gefängnisse werfen ließen, ja, die „Ernsten Bibelforscher" sogar, die sich lieber in Konzentrationslagern umbringen ließen, als dass sie Kriegsdienste taten, müssen unsre Liebe und Achtung haben. Unser Platz ist eher bei ihnen als bei denen, die leichtfertig den Krieg lieben oder die Todesstrafe verlangen.

 

b) Wer um des Gewissens willen glaubt, Kriegsdienste seinem Volke leisten zu müssen, der soll es tun mit inwen­digem Weinen und dem Wissen darum, dass wir in einer gefal­lenen Welt leben. „Frisch-fröhlicher Krieg" und knabenhafter „Heroismus" sind einem Kinde Gottes ein Gräuel.

 

c) Wir sollten uns klarmachen, dass nach den Erfahrungen der beiden letzten Kriege der Krieg als politische Möglichkeit ausscheidet. Er ist ja gar nicht mehr ein „Kampf der Männer", sondern ein sinnloses Morden von Frauen und Kindern und Waffenunfähigen. Darum sollten ernste Christen um dieses Gebotes willen in jedem Fall sich entschlossen für den Frie­den einsetzen und allen Anfängen, die zum Kriege führen, widerstehen.

 

d) Vor allem: Das Gebot Gottes lehrt uns die Ehrfurcht vor dem Menschenleben. Es gibt in Gottes Augen kein „le­bensunwertes Leben". Gottes Gebot lehrt uns, jedes Men­schenleben, sogar das der „Feinde", lieb zu haben.

 

 

2. Was es uns sonst noch zu sagen hat

 

„Du sollst nicht töten!" Da atmet der Mensch auf und spricht: „An diesem Gebot bin ich nun wirklich unschuldig. Ich habe noch keinen Menschen umgebracht. Wenn alle an­deren Gebote Gottes mich anschauen wie scharfe Augen, wel­che das Gewissen durchbohren, — diesem Gebot kann ich ins Gesicht sehen."

 

Täuscht euch nicht! Ich will ein Bild gebrauchen: Da kommt jemand auf einer Wanderung an eine Wegkreuzung. Nach kurzem Überlegen wählt er einen Weg. Es ist aber der falsche. Nun ist es gleichgültig, ob er schon am Ende dieses Weges ist oder erst in der Mitte. Er ist in jedem Fall auf dem falschen Weg.

 

„Du sollst nicht töten" — das bezeichnet das schreckliche Ende eines falschen, gottlosen Weges. Im Anfang ist es dies, dass mir mein Nächster auf die Nerven fällt. Der nächste Schritt ist, dass ich einen Zank habe; dann kommen Streit, Feindschaft, Zorn, Hass. Das meint Gottes Wort, wenn es sagt: „Wer seinen Bruder hasset, der ist — ein Totschläger. Und ihr wisst, dass ein Totschläger nicht hat das ewige Leben bei ihm bleibend" (1. Johannes 3, 15). Das meint der Herr Jesus, wenn Er sagt: „Ich sage euch, wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig." — Nun soll der aufstehen, der nicht irgendwie auf diesem Wege ist! Wenn einmal Gottes Licht auf all unsere Abneigungen, Streitigkeiten, Zänkereien und Wutausbrüche fällt, dann sagen wir nicht mehr: „In diesem Gebot bin ich unschuldig", dann wissen wir: „Ich bin wohl kein Mörder. Aber ein Mörderherz habe ich auch." — Wir alle tragen unsere Streitigkeiten und Gehässigkeiten her­zu, um das Höllenfeuer der Zwietracht in dieser Welt zu ver­mehren, in der die Gottesebenbildlichkeit der Menschen vollends verbrannt wird.

 

„Du sollst nicht töten." Der große Theologe Spener stellt in seinem Katechismus die Frage: „Wie vielerlei ist der Tot­schlag?" Antwort: „Viererlei: mit dem Herzen, mit den Ge­bärden, mit der Zunge, mit der Faust."

 

Doch damit ist noch nicht alles gesagt. Wisst ihr, dass man den Nächsten auch an der Seele töten kann? Ein junges Mäd­chen nahm sich das Leben. Man fand bei ihr einen Zettel, auf dem stand: „Ich scheide aus dieser verlogenen Welt Aber ehe ich scheide, rufe ich ein Wehe meinen Verführern zu. Ich klage an, die mir den Glauben nahmen, die mir die Un­schuld nahmen, die meine Seele in den Schmutz traten!"

 

Man kann ein feiner Mann sein und doch mit einem Wort eine Seele zum Tode bringen. Das Wort, das für „töten" in unsrem Text steht, heißt ursprünglich: „mit den Füßen sto­ßen".

 

Wenn Gott uns unser Herz aufdeckt, wird ein Doppeltes geschehen: Es wird uns hintreiben zum Kreuz Christi, wo allein Vergebung der Sünden zu haben ist. Und wir werden sofort hingehen und uns versöhnen, wo solch ein Streit schwelt. Wir werden um Vergebung bitten, wo wir andere verletzt haben. Bringt euer Leben in Ordnung!

 

 

3. Die neue Linie

 

Ich müsste nun noch über den Selbstmord sprechen. Es gibt heute viele schwermütige Leute, die den Gedanken daran be­wegen. Das ist Sünde. Nicht im Selbstmord, sondern beim Heiland ist Hilfe für ein beladenes Gemüt. Aber ich möchte euch lieber zeigen, wie dies Gebot den Blick richten will auf die neue Linie, die das Evangelium in die Welt bringt.

 

Die Welt ist voller Hass und Mord und Streit. Und die kommen vom Teufel, der ein „Mörder" ist (Johannes 8, 44). Gott aber ist die Liebe. Und diese Liebe ist hereingebrochen in die Welt in Jesus Christus. „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab" (Johannes 3, 16). Und nun geschieht es, dass etlichen Menschen die Herzen aufgehen für diese Liebe. Sie sprechen mit Tersteegen: „Ich will, anstatt an mich zu denken, ins Meer der Liebe mich versenken."

 

'Wer von uns an Jesu Liebe glauben kann, der kommt in eine neue Richtung, der merkt: Es gibt noch etwas anderes, als böse Worte mit bösen Worten vergelten, als Hass, Zank und Streit. Der erfährt: „Ich darf lieben!" Sogar meine Feinde! Wie sagt der Herr? „Liebet eure Feinde; segnet, die euch flu­chen; tut wohl denen, die euch hassen." Dem kommt es nicht mehr unerfüllbar vor, wenn der Herr sagt: „So dir jemand einen Streich gibt auf deinen rechten Backen, dem biete den anderen auch dar! (Matthäus 5, 39)"

„DU SOLLST NICHT EHEBRECHEN!"

2. Mose 20, 14

 

Der Dichter Nicolaus Lenau sagt in seinen Sonetten „Ein­samkeit": „Die ganze Welt ist zum Verzweifeln traurig." — Ein ergreifendes Wort! Und das Furchtbare: Der Mann hat recht!

 

Nun gibt es in dieser „zum Verzweifeln traurigen Welt" eine Hilfe: das ist der Herr Jesus Christus. Der ist „gekom­men, dass wir das Leben und volle Genüge haben sollen" (Johannes 10, 11). Wo ein Mensch den gefunden hat, da heißt es: „Mein Herze geht in Sprüngen / und kann nicht traurig sein, / ist voller Freud und Singen, / sieht lauter Sonnenschein..."

 

Aber die Menschen lieben die Finsternis mehr als das Licht. Sie wollen den Herrn Jesus nicht. Sie meinen, man könne auch auf eine andere Weise mit der „zum Verzweifeln trau­rigen Welt" fertig werden. So suchen sie die Betäubung, den Rausch. Es gibt mancherlei Rausch: Machtrausch, Alkohol­rausch, Arbeitsrausch usw. Der stärkste allerdings ist der sexu­elle Rausch. Man gibt sich einem hemmungslosen Trieb­leben hin, um mit der „zum Verzweifeln traurigen Welt" fertig zu werden. Das gelingt allerdings nicht. Die Welt wird im Gegenteil nur immer trauriger dadurch. Irrenhäuser, Kran­kenhäuser, zertretene Seelen, befleckte Gewissen, geschändete Leiber vermehren das Leid.

 

In dies Treiben fährt Gottes heiliges Gebot:

 

 

„Du sollst nicht ehebrechen!"

 

1. Gott will mit  diesem Gebot die Ehe schützen

 

Es hat einmal jemand gesagt: „Als Gott die Menschen aus dem Paradies vertrieb, da gab Er ihnen zwei Erinnerungen an das Paradies mit: den Sonntag und den Ehestand." So ist es. Den Sonntag und den Ehestand hat Gott sozusagen nach dem Sündenfall hinübergerettet aus dem Paradies in die gefallene Welt. Und darum ist ein rechter Ehestand ein Stücklein Paradies auf Erden. Das gilt besonders von den Ehen, bei denen es heißt: „O selig Haus, wo Mann und Weib in einer, / in Deiner Liebe eines Geistes sind, / wo beide eines Heils gewürdigt, keiner / im Glaubensgrunde anders ist ge­sinnt ..."

 

Nur das ist eine rechte Ehe, wo einer vom anderen weiß: „Du bist mir von Gott geschenkt." Solche Ehen werden im Himmel geschlossen. Da ist man einander von Gott zuge­führt.

 

Nun gibt es viele Ehen, in denen es gar nicht lieblich zu­geht. Da hat man sich selbst seinen Weg gesucht. Und dann ist der Segen ausgeblieben. Gerade in solchen Ehen heißt es, Liebe und Treue beweisen. Und wenn man mit Ernst den Herrn sucht, dann kann Er es auch geben, dass alles neu wird. Auf keinen Fall aber dürfen Christen den armseligen Ausweg der Welt gehen, dass sie sich scheiden lassen. Der Herr selbst sagt: „Wer sich von seinem Weibe scheidet, der bricht die Ehe" (Lukas 16, 18). Und die Ehebrecher haben keinen Teil am Reiche Gottes.

 

Den Unverheirateten möchte ich sagen: Lasst euch in die­ser Sache ganz vom Herrn führen! Wie manches junge Mäd­chen hat alle Würde verloren. Und manche törichte Mutter half dabei. Schenkt nur euer Herz ganz dem Herrn, und lasst Ihn machen! Wenn der Herr euch im ledigen Stande lässt, ist euer Leben auch nicht sinnlos. Dann lasst die Tabea euer Vor­bild sein, von der es Apostelgeschichte 9 heißt: „Sie war voll guter Werke und Almosen, die sie tat." Und als sie starb, da wein­ten um sie viele Witwen und Einsame, die sie sehr geliebt hatten. Es muss nicht unter allen Umständen geheiratet sein! Aber wenn geheiratet wird, dann soll die Ehe von Gott ge­stiftet sein; dann soll Jesus sie heiligen. Und Gott will sie schützen durch Sein Gebot!

 

 

2. Das Gebot selbst:„Du  sollst nicht  ehebrechen."

 

Das geht die Eheleute an. Aber es geht auch die jungen un­verheirateten Leute an. Denn wenn Gott dir einen Ehegefähr­ten bestimmt hat, dann sollst du dem die Treue halten, auch wenn du ihn noch nicht kennst. Ja, das Gebot geht alle an! Luther sagt geradezu klassisch in der Auslegung: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir keusch und züchtig leben in Worten und Werken." - Ich möchte hinzufügen: „ …und in Gedanken." Die Unkeuschheit ist ein unheimliches Un­kraut, das seine Ranken tief in unserem Herzen sitzen hat.

 

Die unreine Phantasie und die zuchtlosen Gedan­ken sind eine unheimliche Macht. Vor kurzem kam ich in ein Krankenhaus. In einem Zimmer waren vier Betten. In drei Betten lagen die Kranken. Der 4. Patient war weggegangen. Über dessen Bett hing ein sehr unanständiges Bildchen, mit Reißnägeln befestigt. Ich sprach mit den dreien. Als ich gehen wollte und mich herumdrehte, sah ich, dass der 4., ein junger Bursche, hereingekommen war und eben leise das Bildchen entfernte. Halb verlegen, halb frech stand er vor mir. „Jun­ge", sagte ich, „Du bist doch ein ganz armer Kerl. Ich will Dich ein Gebet lehren!" Und dann lehrte ich ihn den Vers aus Psalm 51: „Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, gewissen Geist." Er nahm es willig an. — Ein wichtiges Gebet! Es schafft Ordnung in unserer Phantasie.

 

Und „keusch in Worten". Eine Schmutzflut unzüch­tiger Lieder, Schlager, Worte, Witze erfüllt die Atmosphäre. O dass wir dem gegenüber voll Heiligen Geistes wären und redeten, „was lieblich ist und wohl lautet" (Philipper. 4, 8).

 

Und „keusch in Werken". Was meint ihr, wie viele Ehebrüche der letzte Krieg gezeitigt hat! Damals sagte ich zu einem älteren Feldwebel: „Es ist auch nicht leicht für Sie, jahrelang von Ihrer Familie getrennt zu sein!" Da grinste er gemein: „Ach, das geht an. Hier kann ich mich endlich mal richtig loslassen. Zu Hause kennt mich jeder. Aber hier sieht mich ja keiner." „Doch", sagte ich, „Gott sieht Sie immer." Da zuckte er zusammen, dann lachte er auf und ging. — Seitdem grüßt er mich nicht mehr.

 

Es gilt auch für unsere Zeit: „Die Hurer und Ehebrecher wird Gott richten" (Hebräer 13, 4).

 

Aber nun muss ich noch eine Geschichte aus dem Neuen Testament erzählen. Da schleppten die Pharisäer eines Tages ein Weib vor den Herrn Jesus: „Meister, dies Weib ist ergrif­fen auf frischer Tat im Ehebruch. Nach Gottes Gesetz soll sie gesteinigt werden. Was sagst Du?" — Jesus sagt kein Wort. Er bückt sich und schreibt in den Sand. Sie halten aber an mit Fragen. Da richtet sich der Herr auf und sagt: „Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie." Und dann schreibt Er weiter in den Sand. Nun geschieht etwas Seltsames: Einer nach dem anderen geht hinaus, von seinem Gewissen überführt. Und am Ende steht Jesus allein mit dem Weib.

 

Freunde, ich glaube, unter Jesu Augen, die das Herz auf­decken, wäre keiner von uns stehen geblieben.

 

Aber — sie machten es doch falsch. Sie hätten nicht hinaus­gehen sollen — m i t ihrer Schuld und mit ihren Ketten der Unreinheit; sie hätten vor Ihm niederfallen sollen und Ihn anrufen: „Herr, hilf uns!" Und das kann ich uns nur sagen: alle Hilfe auf diesem dunklen Gebiet liegt in zwei Bibelwor­ten: „Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von aller Sünde" (1. Johannes 1, 7) und: „So euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr recht frei" (Johannes 8, 36).

 

 

3. Die Ehe ist ein Sinnbild

 

Die Ehe ist ein Sinnbild für das Verhältnis des Herrn zu Seinem Volk. Immer wieder finden wir in den Propheten den Gedanken: Gott hat sich Sein Volk wie eine Braut anverlobt. Aber die Braut ist untreu geworden. Sie hat sich mit dem Geist der Welt eingelassen, wie ein ehebrecherisches Weib. Ja, der Herr Jesus nennt Israel „ein ehebrecherisches Ge­schlecht".

 

Das Neue Testament nimmt in Epheser 5, 23 den Gedanken auf: „ ... denn der Mann ist des Weibes Haupt, gleichwie auch Christus ist das Haupt der Gemeinde." — „Ihr Männer, liebet eure Weiber, gleichwie Christus auch geliebt hat die Gemeinde und hat sich selbst für sie gegeben." Jetzt ist die Gemeinde noch Jesu Braut. Nach der Schrift erfolgt die Hoch­zeit erst, wenn der Herr wiederkommt. Da heißt es in Offenbarung 19, 7: „Lasset uns freuen und fröhlich sein! Denn die Hoch­zeit des Lammes ist gekommen, und sein Weib hat sich be­reitet." O daß wir alle in diesem innigen Liebesbund mit unsrem Erlöser stünden! Wer es noch nicht ergriffen hat, dem sagt der Herr heute das Wort aus Hosea 2: „Ich will mich mit dir verloben in Ewigkeit. Ja, im Glauben will ich mich mit dir verloben, und du wirst den Herren erkennen." Wer so dem Herrn angehört, dem gilt es im tiefsten Sinn: „Du sollst nicht ehebrechen."

 

Halte deinem Heiland, deinem Seelenbräutigam, die Treue!

 

Ein reines Heiz, Herr, schaff in mir, schließ zu der Sünden Tor und Tür; vertreibe sie und lass nicht zu, dass sie in meinem Herzen ruh.

 

Dir öffn ich, Jesu, meine Tür, ach komm und wohne du bei mir, treib all Unreinigkeit hinaus aus deinem Tempel, deinem Haus.

 

Lass deines guten Geistes Licht und dein hellglänzend Angesicht erleuchten mein Herz und Gemüt, o Brunnen unerschöpfter Güt.

 

 

DU SOLLST NICHT STEHLEN!"

2. Mose 20, 15

 

In der letzten Zeit sind mir viele tiefbetrübte Menschen begegnet, die großes Leid zu tragen hatten. Da habe ich mich fragen müssen: „Ist es recht, dass du über die Gebote predigst? Sollte man nicht lieber heute lauter Trost predigen?"

 

Ich habe mich dann aber doch entschieden, die Gebote wei­ter auszulegen. Und zwar aus einem doppelten Grunde:

 

Es ist eine klare Lehre der Bibel, dass man sich bekehren muss zu dem Herrn Jesus Christus als dem Erlöser und Ver­söhner. Nun wird aber kein Mensch die Notwendigkeit einer Bekehrung einsehen, solange er seine Sünde nicht fühlt.

 

Da ist die Betrachtung der Gebote sehr heilsam. Dadurch wird unser Herz aufgedeckt. Man erkennt, wie tief die Sünde in uns wurzelt, man entdeckt seinen verlorenen Zustand. Und so wird man recht zum Herrn hingetrieben. So ist das Gesetz ein „Zuchtmeister auf Christum" (Galater 3, 24).

 

Aber auch für die Gläubigen ist die Betrachtung der Gebote wichtig. Wer unter uns an den Herrn Jesus glaubt, freut sich, dass wir einmal in der Herrlichkeit den Herrn sehen werden. Aber kennt ihr auch das Wort: „Jaget nach der Heiligung, ohne welche wird niemand den Herrn sehen" (Hebräer 12, 14)?! Der Herr Jesus hat uns durch Sein Blut erkauft, dass wir im Licht wandeln. Darum müssen wir recht eifrig den Willen Gottes studieren.

 

Wir betrachten heute das Gebot:

 

 

„Du sollst nicht stehlen!"

 

1. Dies Gebot geht alle an

 

Wahrscheinlich dachten wir gerade das Gegenteil. Wir dachten: „Nun, ich bin kein Dieb." Ist das wirklich so ausgemacht, dass die meisten Leute ehrlich sind und die Unehr­lichen die Ausnahme?

 

Stellt einmal eine einfache Überlegung an: Warum gibt es bei der Eisenbahn soviel Kontrollen: die Sperre am Eingang, am Ausgang, Kontrolle im Zug? Wenn wir ehrlich wären, würde es doch genügen, dass ein Schalter da wäre, wo jeder ehrlich sein Reisegeld abgibt. Und die Einbuße, die die Reichs­bahn durch ein paar Unehrliche erlitte, wäre jedenfalls viel geringer als die riesigen Ausgaben, die sie für all die Kon­trollen hat.

 

Jede Fahrkarten-Kontrolle ist ein Beweis, dass man uns nicht trauen kann. Und da sollte Gott uns trauen? O nein! Er meint uns alle mit Seinem Gebot: „Du sollst nicht steh­len."

 

Und die Erfahrung gibt dem Recht. Ich will wieder nur ein Beispiel nennen: Ich war einmal im Hause eines ehrbaren Mannes, der sehr beleidigt wäre, wenn ich ihn einen „Dieb" nennen würde. Weil ich länger warten musste, bis er Zeit für mich hatte, schaute ich ein wenig in seinen Bücherschrank. Gleich das erste Buch trug den Stempel einer Bücherei, Ein anderes trug den Namen eines Bekannten. Er hatte vergessen, diese Bücher zurückzugeben. Ist das nicht gestohlen?

 

Oder: Unsere Jungen aus den evangelischen Jugendkreisen würden es sich sehr verbitten, wenn ich ihnen sagte, sie seien Diebe. Aber ich muss ihnen doch jedes Jahr mit Nachdruck erklären, dass es Sünde vor Gott ist, wenn sie an die Obst­bäume fremder Gärten gehen.

 

Wir sind alle an diesem Gebot sehr schuldig geworden. Lest nur einmal, wie Gott selbst es auslegt in den folgenden Ka­piteln 2. Mose 21—23! Da gibt Er Seinem Gebot eine positive Wendung, die Luther so fein formuliert: „ ... dass wir unsres Nächsten Gut und Nahrung helfen bessern und behüten." Die Hausangestellte, die mit ihres Herren Gut gleichgültig umgeht, — der Beamte, der mit Bleistiften „aast", die er nicht bezahlt, — der Lehrling, der seines Meisters Handwerkszeug verludert, — sie sind schuldig vor Gott.

 

Ich will ein Beispiel von mir selbst nennen: Unter meiner Wohnung ist eine Garage, die an irgendjemand vermietet war. Im Kriege hatte eine Bombe die Tür eingedrückt. Tage­lang stand sie offen. „Was geht das mich an?" sagte ich zu mir. Da erinnerte mich Gottes Geist an dies Gebot, und ich erkannte, dass ich schuldig war. Mich ging die offene Tür an. Und Gott gab keine Ruhe, bis ich sie zurecht brachte.

 

Ich will nun einen Satz aus der Auslegung Gottes zu die­sem Gebot anführen: „Wenn du den Esel des, der dich hasst, siehst unter seiner Last liegen, so hüte dich und lass ihn nicht, sondern versäume gern das Deine um seinetwillen! (2. Mose 3, 5)"

 

Aber was rede ich von diesen subtilen Dingen! Ich fürchte, dass manche ganz massive Schuld und Unehrlichkeit auf vie­len von uns liegt. Es gibt viel Dunkles, Heimliches und Ver­borgenes, das ans Licht muss.

 

 

2. Gott wacht in  seltsamer Weise über diesem Gebot

 

Mir fielen gleich drei Geschichten aus der Bibel ein, wo Gott die Unehrlichkeit mit dem Tode bestrafte.

 

Die erste ist die Geschichte von Achan (Josua 7). Als die Gemeinde des Alten Bundes mit des Herrn Hilfe die feste Stadt Jericho einnahm, verbot der Herr alles Rauben. Der Achan aber nahm heimlich einen köstlichen babylonischen Mantel und 2,00 Silberlinge und eine Stange Gold und ver­grub sie in seinem Zelt. Aber siehe, von dem Augenblick ab konnte die Gemeinde nicht mehr siegen. Es gab keine Ruhe, bis der Raub offen vor aller Augen lag. Und Achan wurde gesteinigt.

 

Die zweite Geschichte ist die von Judas. Von dem heißt es: „Er war ein Dieb und trug den Beutel." Und weil er alles Mahnen des Heiligen Geistes in den Wind schlug, war das Ende die Verstockung und der Selbstmord in tiefer Verzweif­lung.

 

Die dritte Geschichte ist die von Ananias und Saphira (Apostelgeschichte 5). Das waren christliche und wohltätige Leute. Aber weil sie in Geldsachen nicht lauter waren, betrübten sie den Heiligen Geist und wurden von Gott in einem unheimlichen Gericht getötet.

Ich habe darüber nachgedacht, warum Gott so über diesem Gebot wacht. Ich glaube, wir müssen das tief verstehen: Gott teilt jedem seine irdischen Güter zu. Wir aber in unsrem Un­glauben fürchten immer, wir kämen dabei zu kurz. Und dar­um wollen wir hinter Gottes Rücken der Sache ein wenig nachhelfen. So ist jede Unehrlichkeit ein Misstrauensvotum gegen den himmlischen Vater.

 

Dabei aber kann ein Mensch nicht fröhlich oder ruhig sein. Und so ist es eine seltsame Tatsache, dass alles unrechte Gut eine Quelle geheimer Unruhe wird.

 

Als der Herr Jesus in das Haus des Zachäus kam, erklärte der: „So ich jemand betrogen habe, das gebe ich vielfältig wieder" (Lukas 19, 8). In der Nähe Jesu brach diese Unruhe auf. Das Veruntreute rumorte und ließ keine Ruhe.

 

Bei einer Evangelisation in Essen erschien eines Tages ein Mädchen und gab einen wertvollen Pelz ab, den sie vier Jahre vorher in einem Restaurant mit einem schlichten Mantel „verwechselt" hatte. Vier Jahre Unruhe, bis sie es nicht mehr aushielt!

 

Kurz: Gott schweigt zu unsren Unehrlichkeiten nicht Auch dann nicht, wenn wir gute Entschuldigungen dafür haben. Vor kurzem las ich den erschütternden Brief einer alten Frau. Sie lobte den Sohn ihres Hauswirts: „Er geht immer für mich Kohlen klauen! Gott wird es ihm vergelten! Es ist so bitter, wenn man frieren muss." Ein erschütterndes Dokument unsrer schweren Zeit. Nicht nur, weil hier die Not so deutlich spricht, sondern auch vor allem darum, weil der Geist der Zeit so deutlich wird. Man kümmert sich nicht mehr darum, was Gott „gut" und „böse" nennt. Der Mensch hat sich eigene Gesetze gemacht. Und hier wird gut, was Gott böse nennt, und böse, was Gott gut nennt. So aber geht es nicht. Oh, wie viel Verborgenes wird erst der Jüngste Tag ans Licht bringen!

 

Und darum verstehe ich jenen schwäbischen Bauern, der mit seinem Sohn pflügte. Als sie an die Grenze des Ackers kamen, war auf dem schon gepflügten Nachbaracker eine Fur­che ungepflügt. Vielleicht wollte der reiche Nachbar sie dem ärmeren überlassen. Der Sohn schlug sofort vor: „Vater, die schlagen wir zu unsrem Acker!" Aber der Vater antwortete nur mit einem Satz aus dem Gesangbuch: „ ... dass von un­rechtem Gut / nichts untermenget sei." Der fürchtete Gott und gab Ihm die Ehre.

 

 

3. Der schlimmste Diebstahl

 

Im 2. Kapitel des Römerbriefes spricht der Apostel mit Leuten, die sich ihrer Ehrbarkeit rühmen. Mit einem Satz trifft er sie ins Herz: „Du sagst, man solle nicht stehlen... und du raubst Gott, was sein ist" (Rom. 2, 21—2,2). Was gehört denn Gott? Du, Mensch! Du gehörst Gott. In zweifacher Bin­dung. Er hat dich erschaffen. Du bist Sein Werk. Darum musst du Ihm gehören. Aber als du nun durch die Sünde in Satans Gewalt gerietest, hat Er dich durch das Blut Jesu noch einmal erworben. Er hat dich damit erkauft zu Seinem Eigentum. Nun gehörst du nach Recht und Gesetz Ihm.

 

Doch: Du willst selbst über dich verfügen. Du willst dein eigener Herr sein. Du entziehst dich Gottes Führung, Gottes Wegen, Gottes Liebe. Das ist Diebstahl. Gib Gott zurück, was Ihm gehört: Dich selbst. Das geschieht so, dass du dich dem ergibst, durch den Er dich erkauft hat, dem Herrn Jesus. Er wartet auf dich!

 

Ich erlebte es in einem Hause, wie der Sohn aus russischer Kriegsgefangenschaft heimkehrte. Jahrelang war er von Hause weg gewesen. Die Angehörigen hatten ihn schon aufgegeben. Und nun stand er da. Das war eine unbeschreibliche Freude.

Wie muss sich unser Herr erst freuen, wenn ein verlorener Mensch zu Ihm heimkehrt. Gib Gott, was Sein ist!

 

 

 

„DU SOLLST KEIN FALSCH ZEUGNIS REDEN WIDER DEINEN NÄCHSTEN."

2. Mose 20,16

 

Wenn jemand mit Ernst selig werden will, dann muss es ihm gelingen. Denn in dem Augenblick, wo er will, stellt, sich die ganze Allmacht Gottes auf seine Seite und hilft »und zieht hin zum Sohne Gottes. Allerdings: Anders geht es nicht als dass die Allmacht des lebendigen Gottes sich einsetzt, denn wir sind so unheimlich verstrickt in Sünde und Schuld, dass wir uns selber nie und nimmer helfen können.

 

Der verblendete Sinn des natürlichen Menschen weiß das nicht. Er lächelt über Worte wie „Sünde" und „Erlösung". Und er ist überzeugt, dass alles mit ihm aufs beste stehe. Es ist eine der wichtigsten Funktionen des Heiligen Geistes, dass Er uns die Augen öffnet über uns selbst und unsern verlorenen Zustand. Ich glaube, dass Er es auch tun wird durch die Betrachtung dieses göttlichen Gebotes:

 

 

„Du sollst kein falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten."

 

1. Du sollst nicht lügen

 

Der Apostel Paulus hat einmal gesagt: „Ich übe mich, zu haben ein unverletztes Gewissen." Wie oft aber mag unser Gewissen verletzt sein durch Lüge?! Ein Kaufmann sagte zu mir: „Was verstehen Sie vom Geschäftsleben?! Ich käme doch nicht durch, wenn ich die Wahrheit sagen wollte." Der Schü­ler belügt seinen Lehrer, der Lehrling seinen Chef, der Kauf­mann den Kunden. Und jeder freut sich, wenn ihm diese Lügen gelingen. Wir sind geradezu verfilzt mit der Lüge.

 

Und das ist kein Wunder. Denn der Herr Jesus sagt vom Teufel: „Er ist ein Lügner und ein Vater der Lüge." Und dieser Teufel wird in der Bibel der „Fürst dieser Welt", ja sogar der „Gott dieser Welt" genannt. Dazu schildert die Bibel uns Menschen so: „Wie habt ihr die Lüge so gern!" Oder: „Sie fleißigen sich der Lüge."

 

Seht, es ist ja kein Wunder, dass die Welt, deren Gott ein „Vater der Lüge" ist, so in die Lüge verstrickt wird. Und in diese Welt der Lüge tritt nun der Sohn Gottes und sagt: „Ich bin die Wahrheit." Lasst uns doch ins Licht treten, auf Seine Seite! Mit jeder auch noch so geringen Unwahrhaftigkeit ha­ben wir uns auf Satans Seite gestellt, haben wir eine Stimme abgegeben für „den Vater der Lüge". Da ist's nur folgerichtig, wenn es Offenbarung 22, 15 heißt von der neuen Welt: „Draußen sind, die lieb haben und tun die Lüge." Das ist zum Erschrecken!

Ich möchte in diesem Zusammenhang von einer besonders schrecklichen Lüge reden, von der Lüge an Sterbebetten. Wie sind sich Arzt und Angehörige immer einig, dem Sterbenden einzureden: „Es wird besser mit Dir." Und dann erzählen sie später glücklich: „Er hat nichts gemerkt." - Nun stelle ich mir solch einen Sterbenden vor, wenn er in der letzten Sekunde merkt: „Alle haben mich betrogen. Und jetzt muss ich unvor­bereitet vor Gott treten." Welchen Grimm nimmt er hinein in sein unseliges Sterben!

 

Wie anders habe ich das Sterben meines Vaters erlebt! Dem sagte man acht Tage vorher: „Es geht zu Ende." Und nun wur­den die letzten Tage ein Sich-Sammeln und Vorbereiten auf die Ewigkeit.

 

Die Lüge an Sterbebetten ist keine Barmherzigkeit, sondern eine grauenvolle Unbarmherzigkeit.

 

 

2. Du sollst nicht verleumden!

 

Der Apostel Jakobus stellt eine seltsame Überlegung an (Jakobus 3). Er sagt: Es ist erstaunlich, was der Mensch alles dres­sieren kann. Die großen Pferde lenkt er mit einem kleinen Zaum, die wilden Bestien zähmt er. Nur an einer Stelle hört unsre Kunst auf: „Die Zunge kann kein Mensch zähmen, das unruhige Übel voll tödlichen Giftes." Ach, wie schmerzhaft haben wir alle das schon erfahren! Wir wissen alle, dass es niedrig ist, andre zu verleumden und schlecht zu machen. Und doch — wir tun es immer wieder.

 

„Ja", sagst du, „hier steht: du sollst kein falsches Zeug­nis reden wider deinen Nächsten. Wenn es aber Wahrheit ist?!" Seht, dasselbe Gebot steht auch 5. Mose 5. Und dort heißt es wörtlich übersetzt: „Du sollst kein nichtiges Zeug­nis reden."

 

Auch von einem edlen Heiden kann man lernen. — Es kam ein Mann zu Sokrates gelaufen und sagte: „Ich muss dir etwas erzählen über deinen Freund!" „Halt!" sagte Sokrates, „hast du, was du sagen willst, durch die drei Siebe geschüttet?" — „Welche drei Siebe meinst du?" — „Das i. Sieb ist die Wahr­heit. Hast du das, was du erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?" — „Nein, ich hörte nur davon!" — „Das 2. Sieb ist die Güte. Ist das, was du sagen willst, gut?" — „Im Gegenteil..." — „So lass uns das 3. Sieb anwenden: Ist es notwendig, mir das zu erzählen?" — „Nein, notwendig ist es nicht!" „Nun", lächelte Sokrates, „wenn das, was du sagen willst, weder wahr, noch gut, noch notwendig ist, dann lass es begraben sein und belaste uns beide nicht damit."

 

Wie beschämt uns Christen dieser Heide! Warum reden wir über andre? Weil uns die Liebe fehlt. Da werden so recht unsre lieblosen Herzen offenbar.

 

Hier liegt viel unerkannte Schuld auf den Gewissen. Lasst uns doch recht Buße tun! Wir wollen unserem Heiland sagen, wie sehr wir Ihn durch solche Lieblosigkeiten betrübt haben. Sein Blut deckt unsre Schulden zu. Aber Sein Geist will uns auch erneuern, dass wir es mit Luther halten, der sagt: „Wir sollen den Nächsten entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum Besten kehren."

 

Dazu eine kleine Geschichte. Der fromme Lederhändler Joh. Peter Diedrichs war in einem Kreis, wo man schlecht über einen anderen sprach. Da fiel es auf, dass Diedrichs ver­stummte. Gefragt, sagte er: „Es geht mir wie einem, der bankrott gemacht hat. Der kann wohl alles wieder in Ordnung kriegen und ganz fröhlich sein. Aber wenn das Gespräch auf den Bankrott kommt, wird er verstummen. — Alle die ge­nannten Fehler, über die gerade gesprochen wurde, habe ich auch bei mir gefunden, — und darum verstumme ich."

 

 

3. Und wenn gegen uns geredet wird?

 

Ja, was dann?

 

Ich will es kurz sagen: Dann fragt man sich als Jünger Jesu: „Ist die Rederei nicht berechtigt?" So lernt man sich selbst kennen. Ist sie aber unberechtigt, dann gilt, was der gesegnete Zeuge Jesu, Pastor Engels, sich zum Grundsatz machte: „Ich will mich nicht rechtfertigen." Doch der Herr weiß noch mehr dazu zu raten: „Segnet, die euch fluchen."

 

Nun vergleicht einmal damit unsere aufgeregte Verteidi­gung, wenn wir uns zu Unrecht angegriffen fühlen. Wie weit sind wir noch entfernt von einem Wandel im Heiligen Geist!

 

Aber nun zum Schluss: Ich weiß einen, der zeugt auch ge­gen uns. Aber sein Zeugnis ist nicht falsch und auch nicht nichtig: der lebendige Gott. Er sagt, unser Dichten und Trach­ten sei böse von Jugend auf (1. Mose 8, 21). Er sagt, aus un­serem Herzen kämen arge Gedanken (Markus 7, 21).

 

Was wollen wir mit diesem Zeugnis machen? Lasst uns ihm recht geben! Dann werden wir Seine Gnade gegen Sün­der erkennen.

 

Ich weiß mir zwar nicht selbst zu raten, hier gelten nichts der Menschen Taten; wer macht sein Herz wohl selber rein? Es muss durch dich gewirket sein.

 

Doch kenn ich wohl dein treues Lieben, du bist noch immer treu geblieben; ich weiß gewiss, du stehst mir bei und machst mich von mir selber frei.

 

 

 

„LASS DICH NICHT GELÜSTEN

deines Nächsten Hauses. Lass dich nicht gelüsten deines Nächsten Weibes, noch seines Knechtes, noch seiner Magd, noch seines Ochsen, noch seines Esels, noch alles, was dein Nächster hat."

2. Mose 20, 17

 

Wie überaus notwendig ist dieses Gebot!

 

Der König David war einer der größten und treuesten Männer Gottes. Und doch — in seinem Leben gibt es eine ganz böse Stunde: Da stand er auf dem Dach seines Hauses und sah ein Weib, das ihm die Sinne verwirrte. Ach, hätte doch in diesen Augenblick mit Flammenschrift in seinem Her­zen gestanden: „Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib!" Aber nun war es wie ausgewischt, und David tat einen Fall, dass bis zum heutigen Tage alle Feinde der Ge­meinde Jesu darüber spotten. Wohl, er tat Buße! Aber als Warnung steht die Geschichte da. Als Warnung für uns, die wir viel geringer als David sind. Wie wichtig ist das Gebot:

 

 

„Lass dich nicht gelüsten!"

 

Ich will dies Gebot durch drei Bibelworte auslegen:

 

1. „Der Herr weiß  die  Gedanken  der Menschen." (Psalm 94, n)

 

Das Wort ist zum Erschrecken. Dass unsere Taten gerichtet werden, dass wir für unsere Worte verantwortlich sind, — das leuchtet uns ohne weiteres ein. Aber mit dem Gebot: „Lass dich nicht gelüsten...", richtet Gott ja unsere Gedanken!

 

Wir haben früher oft das Lied gesungen: „Die Gedanken, sind frei! / Wer kann sie erraten? / Sie fliehen vorbei / wie flüchtige Schatten. / Kein Mensch kann sie wissen, kein Jä­ger erschießen. / Es bleibet dabei: / die Gedanken sind frei!" — Und wie wohl fühlte man sich dabei, dass wenigstens die Gedanken frei und unkontrollierbar waren.

 

Jawohl: „Kein Mensch kann sie wissen..." — Aber: „Der Herr weiß die Gedanken der Menschen." Und mit diesem Gebot ertappt Er uns gleichsam auf unseren verborgenen nei­dischen und unsauberen und geizigen Gedanken.

 

Der heimgegangene Missionsinspektor Schmidt erwähnte einmal auf einer Tersteegensruh-Konferenz ein Verslein, das mir durch und durch ging. „Wenn jeder hätt' an seiner Stirn / von Glas ein Fensterlein,/ dahinter die Gedanken schwirr'n, / dass man könnt sehn hinein —: / Ach, was gab das für ein Laufen, / um matte Scheiben einzukaufen!"

 

Sind wir denn aber Herr über unsere bösen Gedanken? Sie kommen und gehen „wie flüchtige Schatten". Und seht, dar­um ist uns nicht geholfen mit ein paar guten Vorsätzen. Dar­um brauchen wir eine gründliche Erneuerung und Wieder­geburt.

 

Weil nicht nur unser Tun und Reden, sondern auch unsere Gedanken durch die Sünde vergiftet sind, darum genügt es nicht, am Sonntagmorgen zu all den bösen Gedanken auch noch ein paar religiöse zu packen. Darum muss der Herr selbst durch den Heiligen Geist in uns Wohnung neh­men. Wer seines Herzens böse Gedanken kennt, dem ist es hochtröstlich, dass der Heiland sagt: „Siehe, ich stehe vor der Tür (deines Herzens) und klopfe an. So jemand meine Stim­me hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich ein­gehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir" (Offenbarung 3, 20).

 

 

2. „Neid ist Eiter in den  Gebeinen." (Sprüche 14, 30)

 

Wie drastisch drückt die Bibel hier aus, wie uns unsre nei­dischen Gedanken quälen können! Ich habe von einer Mut­ter gehört, deren Sohn in russischer Kriegsgefangenschaft war. Die wurde vor Neid jedes Mal krank, wenn sie hörte, dass einer der Freunde ihres Jungen nach Hause gekommen war.

Wie kann uns alle Freude getrübt werden, wenn wir sehen, dass ein Bekannter eine hübschere Wohnung, mehr „Bezie­hungen", angenehmere Verhältnisse hat als wir.

 

Und aus dem Neid kommt dann dies begehrliche „Ge­lüsten", von dem unser Gebot spricht. Da stellt einer der Frau des Nächsten nach. Der andere der Wohnung seines Nächsten. Der dritte sucht den Angestellten seines Nächsten an sich zu ziehen. Und immer heißt es: „ ... je mehr er hat je mehr er will. Nie schweigen seine Wünsche still." Da hin­ein fährt nun Gottes Gebot: „Lass dich nicht gelüsten!"

 

Die Römer hatten ein Sprichwort: „Principiis obsta!r („Widerstehe den Anfängen!") Ein Christ muss es unter de: Zucht des Heiligen Geistes lernen, sein Herz in Zucht zu

nehmen. Da heißt es, allen neidischen Gedanken von vornherein zu wehren.

 

Ein erfahrener Christ sprach einmal mit einem junget Mann darüber. Und um ihm einen recht deutlichen Eindruck davon zu geben, zeigte er auf ein kleines Bäumchen und sagte: „Zerbrich das!" Der junge Mann tat es spielend. Nur zeigte der Alte auf einen starken Baum. „Zerbrich den!" -„Das kann ich nicht." — „Sieh", sagte der Alte, „so ist es mit unseren Gedanken: Wenn sie erst tief eingewurzelt und stark geworden sind, dann werden wir nicht mehr damit fertig. Sie müssen im Anfang geknickt werden."

 

„Ja", sagst du, „aber sie kommen wieder!" Das ist wähl Und darum will ich den Rat eines Christen weitergeben, de sagte: „Wenn sich ein ungeistlicher Gedanke regen will, dam muss er sofort arretiert und unter das Kreuz Christ gebracht werden. Dort stirbt er."

 

Lasst es uns so machen mit unsren neidischen und begehrlichen Gedanken!

 

 

3. „Seid  dankbar in allen Dingen." (1. Thessalonicher. 5, 18)

 

Ich rede nun mit solchen, die Christen sein wollen. Für einen Weltmenschen habe ich keine Hoffnung, dass er aus Neid und Gelüsten herauskommt. Aber Christen wissen einen köstlichen Weg: dass sie glauben und sprechen, was in 23. Psalm steht: „Der Herr ist mein Hirte. Mir wird nichts mangeln."

 

Wenn der Herr, dem doch alle Macht gegeben ist, mein Hirte ist, dann gibt Er mir auch, was ich brauche. Und was Er mir nicht geben will, das brauche ich dann offenbar nicht. Wie sollte ich noch begierig sein nach dem, was ein anderer hat?!

Alles Neiden und Gelüsten stammt ja aus dem Gedanken, ich sei zu kurz gekommen. Wer so denkt, der kennt seinen himmlischen Vater noch nicht. Da tut es Not, dass man schnell das größte Geschenk Gottes ansieht: Seinen eingeborenen Sohn. Sieh Ihn nur recht an, wie Er für dich am Kreuze hängt! Und dann frage dich: Sollte dieser Gott, der Seinen lieben Sohn für meine Seligkeit dahingegeben hat, — sollte dieser Gott, der so Großes für mich getan hat, mich in den kleinen und alltäglichen Dingen versäumen und zu kurz kommen lassen? Das ist ausgeschlossen! Und so nimmt man nun alles aus Seiner Hand und dankt Ihm für das, was Er uns gibt.

 

Wenn wir unserem Gott für Seine guten Gaben danken wollten, hätte unser Herz gar keine Zeit und Lust mehr, nei­disch auf andere zu sehen.

Lasst uns Gott in allen Dingen danken! Dann bekommen wir „ein immer fröhlich Herz". Und darunter erstickt aller Neid und alles Begehren nach dem, was Er uns nicht geben will.

 

 

Schlusswort

 

Wer ernsthaft Gottes Gebote betrachtet, der weiß am Ende mit eindeutiger Klarheit: „Ich brauche Vergebung der Sün­den!" Darum muss solch ein Gang durch die Gebote notwen­dig zum Berge Golgatha führen, wo der Sohn Gottes für die Sünder starb. Über dem Kreuze Jesu Christi steht: „Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten."

 

Jesus ist aber auch der, von dem die Bibel sagt: „Er ist uns von Gott gemacht zur Heiligung." Hier vom Kreuze gehen die Kraftströme aus, die uns befähigen, dem Sünden-Leben den Rücken zu kehren und unsern Schritt auf Gottes Wege zu lenken.

 

Ich schließe mit einem wichtigen Wort aus Sprüche 28: „Wer seine Missetat leugnet, dem wird es nicht gelingen; wer sie aber bekennt und lässt, der wird Barmherzigkeit erlangen."

 

 

Wilhelm Busch