Winrich Scheffbuch

Gehalten am 27.02.2000 in der Ludwig-Hofacker Gemeinde Stuttgart

2. Korinther 12, 1–10

Gottes Kraft in den Schwachen

 

Die Gemeinde in Korinth war eine besondere. Sie war in einer wilden Hafenstadt, aus ganz verschiedenen Leuten zusammen gesetzt, war aber sehr rasch einem Imponiergehabe erlegen. Sie waren stolz auf mancherlei geistliche Kunststücke, die sie fabrizieren und sie haben sehr verächtlich auf den Apostel Paulus herunter gespuckt und gesagt: „Der kann nicht so viel. Wir sind bessere Christen. Wir machen das viel strahlender und viel leichter. Und Paulus sagt: „Wir können ja einmal in einen Konkurrenzkampf gehen.“ Und er macht das mit ihnen im 11. Kapitel. Wer hat eigentlich mehr geleistet? Und wer ist eigentlich der Bessere? Und dann kommt er an diesen Abschnitt, Kapitel 12.

 

„Gerühmt muss werden, wenn es auch nichts nützt, so will ich doch kommen auf die Erscheinungen und die Offenbarungen des Herrn. Ich kenne einen Menschen in Christus. Vor 14 Jahren - ist er im Leib gewesen? Ich weiß es nicht oder ist er außer dem Leib gewesen? Ich weiß es auch nicht; Gott weiß es – da wurde derselbe entrückt bis in den dritten Himmel. Und ich kenne denselben Menschen - ob er im Leib oder außer dem Leib gewesen ist, weiß ich nicht; Gott weiß es – der wurde entrückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann. Für denselben will ich mich rühmen. Für mich selbst aber will ich mich nicht rühmen außer meiner Schwachheit. Und wenn ich mich rühmen wollte, wäre ich nicht töricht; denn ich würde die Wahrheit sagen. Ich enthalte mich aber dessen, damit mich nicht jemand höher achte als er an mir sieht oder von mir hört. Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe. Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn gefleht, dass er von mir weiche.“

 

Das Flehen das drückt so einen ganz schweren Gebetskampf aus. „Und der Herr hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Das ist die Gnade von dem Chorus so schön gesungen hat. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen wegen meiner Schwachheit, damit die Kraft Christi bei mir wohne. Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen. Denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.“

 

„Gerühmt muss werden!“ Ein Jubiläum ist ein Anlass zum Rühmen. Von vielem zu erzählen in unserer Welt passt da prima. Unsere Stadt, Partner der Welt, mit großen Industrieunternehmen, die stolz sind auf zweistellige Wachstumsraten, auf imponierende Bilanzen. Und was sie alles vorweisen können: Neue, wegweisende Entdeckungen. Das macht Schlagzeilen in unserer Welt, was an der Börse geschieht, was die Wissenschaft kann – und da muss man sich doch einreihen und muss sagen, dass eine Christengemeinde doch auch was vorzuweisen hat vor der Welt.

 

Aber Paulus sagt: „Es ist nichts nütze.“ Und er will sagen: Es ist ein Unterschied, wie man in dieser Welt imponieren will oder wie sich gläubige Leute vor Gott sehen, wie sie sich selber kennen. Und es ist für uns heute, wenn wir uns an die 50 Jahre erinnern, dann gut, dass man weiß, wie das vor 50 Jahren war. Da war nichts Großes da. Es war die Stunde Null, eine ganz große Lebenskrise unseres Volkes. Man kann es sich gar nimmer mehr vorstellen, was diese Generation durchgemacht hat an Schrecken und Lebensangst. Es ist nicht zum Lachen mit den ausgemergelten Körpern und vom Hunger gezeichnet. Wie die ganze Stadt verwüstet war und wie man erlebt hat, dass in Kürze alles was man aufgebaut hat, die Schönheit unserer Stadt und ganz Europas im Flammenmeer untergeht.

 

Da war nichts Imponierendes mehr da. Und wenn Sie das in dieser Festschrift noch einmal lesen, ich meine immer der Kultusminister Bäuerle hat es auf einen Punkt gebracht, dass er sagt: „Das müssen wir den künftigen Generationen sagen. Das muss in den Schulen gelehrt werden: Wenn der Mensch sich selber vergötzt, wenn er in Größenwahn verfällt – der Kultusminister sprach von der angemaßten Klugheit des Menschen, nur angemaßt, der hat doch keine, wenn er so etwas Furchtbares tun kann. Nur Christus rettet uns und die klare Umkehr zu Jesus Christus und das Aufnehmen des Entscheidungsrufes von Ludwig Hofacker – das ist das Entscheidende!

 

Sonst bleibt gar nichts mehr zum Rühmen, als dass wir Christus ergreifen und Christus erkennen. Aber jetzt nach 50 Jahren wird man natürlich sagen: „Du, ist das noch zeitgemäß? Unsere Zeit ist weiter gelaufen. Damals hätte es keiner geahnt, in welche reichen und wohlhabenden Zeiten wir einmal hinein wachsen.“ Der Ruf wird immer lauter, sicher die Mehrheit unseres Volkes sagt: Man müsste die Bibeln neu schreiben. Man müsste alles neu fassen und neu denken.“ Und viele sagen über Christus: „Das ist doch so belanglos, so unwichtig, dass wir gar kein Wort mehr darüber verlieren, interessiert mich gar nicht. Müsste man in so einer Zeit nicht das Evangelium neu fassen oder das ganz anders nennen. Nach 50 Jahren, wenn ein Auto schon nach zwei Jahren zum TÜV muss, müssen wir das doch mal reformieren, erneuern. Nein. Ich meine, wenn wir heute zusammen sind, da wollen wir das noch einmal hören, was damals vor 50 Jahren diesen Menschen, die hier zusammen kamen, die diese schlichte Kirche errichtet haben, wichtig war.

 

Es geht um Christus allein.

 

Mein erster Punkt: Was gibt uns in unseren Lebenskrisen Sicherheit?

 

Die Leute damals? Die waren tief erschüttert von der größten Lebenskrise dieser Generation, von einer der größten Lebenskrisen unseres Volkes überhaupt. Heute heißt es: „Red’.. doch nicht darüber.“ Dabei sind schon die ganz jungen Leute in tiefen Lebenskrisen. Existenzängste. Sie wissen nicht einmal: Kriege ich überhaupt einen Platz, wo ich mich mit meinen Gaben entfalten kann? Oder Leistungsdruck. Und wenn man dann in unserer Zeit so tut du brauchst bloß ein Selbstvertrauen, gesundes Selbstvertrauen. Ja, und wenn man das nicht hat?

 

Und die Krankheit. Die führt erst in Lebenskrisen. Wenn man dann älter wird – ein junger Mensch hat es vielleicht oft nur am Rande mit erlebt – aber wenn man dann älter wird und wenn Stück um Stück das durchlitten werden muss. Wenn man sein Geschäft verliert, weil es durch die Umstände einfach nicht mehr ging. Wenn man plötzlich in ausweglose Ängste gestürzt wird. Was ist denn die Sicherheit, auf die ich mich verlassen kann? Was habe ich denn da in dieser ganzen großen Not?

 

Paulus spricht von großen geistlichen Erlebnissen. Er hat uns ja nicht viel darüber erzählt. Das ist auch für uns gut. Wer solche großen geistlichen Erfahrungen erlebt hat – das gibt es, dass er erhoben bis zum Paradies und Dinge sieht oder hört – Paulus sprach gar nicht viel darüber. Nach 14 Jahren hat er zum ersten Mal darüber gesprochen und dann hat er das nur angedeutet. Das ist gut so. Deckel darauf. Aber Paulus sagt: „Das hilft mir in meinen Lebenskrisen nichts.“

 

Was war passiert? Manche Ausleger vermuten, vielleicht war es dort in Lystra nach der Heilung des Lahmen in der heutigen Türkei, wo er gesteinigt wurde und dann meinen die Leute, er sei tot. Und da lag er da. Vielleicht hat ihm der Herr, das kann ja unser Herr, eine Ermutigung geschickt, die man mit Worten nicht beschreiben kann. Das tut der Herr manchmal, wenn er uns schwere Wege führt. Aber er sagt: „Das hilft mir in meinen Schwächen nichts. Ich will nicht von großen Erlebnissen reden.“

 

Und jetzt überrascht uns, dass Paulus, den wir doch so ganz anders kennen als eine unentwegten Missionar als den festen Prediger uns in allen Briefen immer ein ganz ehrliches Bild zeichnet: Ein zitternder Mann, ein schwacher Mann, ein körperlich angeschlagener Mann, ein Mann von Misserfolg. Wissen Sie, da sind die Leute weggelaufen. Da haben sich die Widerstände in der Gemeinde geregt. Da haben sie gesagt: „Komm lieber nimmer. Wir haben bessere Prediger als dich gewonnen. Das musste alles der Apostel durchleiden. Niederlage um Niederlage. Und das war schwer. Und Paulus sagt: „Es ist gut, wenn die Leute an mir meine Schwäche sehen. Alles, was sie an Mängeln, an Ohnmacht und an Kümmerlichkeit an mir sehen ist gut.

 

Wer erinnern uns ja, dass diese Kirche auf diesen Namen von Ludwig Hofacker trägt. Man kann das, was Ludwig Hofacker gepredigt hat, sicher nur von daher verstehen, dass er ganz anders als alle seine Mitstudenten und Zeitgenossen täglich am Rand des Todes stand. Und in einer Zeit, die wie besoffen war von der Weisheit und von der Vernunft, hat er das Elend eines sterblichen Menschen erkannt. Und ich freue mich immer, dass so viele junge Leute da sind. Nehmt das doch mit in das neue Jahrtausend bei allen großen Sprüchen, bleibt das doch, dass der Mensch so eine erbärmliche Kreatur ist. So wie es damals die Leute, die die Kirche eingeweiht haben, erlebt haben nach dem Elend des Zweiten Weltkrieges. So wie ein Ludwig Hofacker geschrieben hat: „Ich kann doch mit all meinem großen Können und schaffen - damals sagte der Kultusminister von der zerstörerischen Technik: Die haben es doch gewusst, dass die Technik auch unser Verhängnis werden kann, wenn man sie falsch bedient und falsch einsetzt - Ich kann mit meinem ganzen Leben keine Hoffnungen und keine Zukunft haben, wenn nicht, ja das war, was Hofacker gepredigt hat, wenn nicht Jesus Christus mir seinen Frieden zuspricht, wenn er mich nicht suchen würde. Und das war doch eine positive Freudenbotschaft. Er spricht: „Fürchte dich nicht. Ich bin bei dir. Ich halte dich, ich trage dich.“

 

Und der Bund Jesu hat ein Zeichen, dass meine Schuld durchgestrichen ist und ausgelöscht ist. Ich darf diese Gnade Jesu empfangen, mit dieser Gnade Jesu darf ich leben, darf ich mich freuen und in dieser Gnade darf ich sterben. Die Tür ist offen zum Himmel. Und das gibt uns eine Zukunft und eine Hoffnung, gibt uns eine Sicherheit und Geborgenheit in den Lebenskrisen. Darauf kann man sich absolut verlassen.

 

Und das ist das nächste, was ich Ihnen unterstreichen will: Darauf kann man sich absolut verlassen.

 

Wenn man da zurück denkt – ich habe da sowieso immer so ein Empfinden und das gefällt mir so: zurück erinnern und dann auch wie gestern abend hört von Menschen, die vor uns gelebt haben. Und man ist da immer wieder überrascht, wie genau und ähnlich das war, wie sie das erlebt haben und wie sie uns auch hier hinein geführt haben in die Jesusnachfolge.

 

Wir stehen ja in einer ganz langen Kette. Das ist so ein Jubiläum: 50 Jahre ist ja nur ein kleiner Teil, und da wurde von Generation zu Generation die Stafette weitergereicht, die Stafette des Glaubens. Und das Entscheidende bei all diesen Frauen und Männern des Glaubens war ihre Schwäche.

 

Also, wenn sich junge Leute heute für einen Dienst in der Gemeinde melden, dann denken sie immer: „Ich kann was. Also melde ich mich, weil ich Gaben habe.“ Aber wisst Ihr, dass Gott Sie hauptsächlich brauchen kann wegen Ihrer Schwäche?  Das sagt hier Paulus. Gott beruft uns, weil er die Hoffnung hat, in unserem angeschlagenen Leben sei etwas Raum für ihn, wir hätten ihn nötig.

 

Der stolze Mensch, der braucht niemand. Der kann alles selber - meint er, in der angemaßten Klugheit. Paulus sagt, in seinem Leben ist er dankbar dafür, dass er immer wieder an die Grenzen stößt. Nein, danken, das haben wir noch nie gelernt, eigentlich. Danken für Misserfolg, danken für Schwierigkeiten.

 

Wenn wir zurück denken, auch an die letzten Jahrzehnte, dann waren natürlich die großen Krisen und die schweren Erlebnisse Höhepunkte des Wirkens Gottes. Ich muss an eine Kirchengemeinderätin denken, die in den 20er Jahren Gemeindeschwester war, auf einer Evangelisationsfahrt in den Tod gefahren ist. Der Evangelist neben ihr am Steuer hat  furchtbar verletzt überlebt. Und wir saßen da. Wir brauchten die Margret Wirth so. Wir waren plötzlich ohne eine Kraft. Sie hatte das alles so wunderbar gemacht. Da war eine Lücke.

 

Und wir können das an vielen Erlebnissen fortsetzen, wie wir das erlebt haben, in Schwächen, in Niederlagen, in Ohnmacht, wo wir nicht mehr weiter wussten. Es gab Stunden, wo ich gar keinen Mut mehr hatte. Und Paulus sagt: Ich war so froh und bin so froh und ich will mich rühmen meiner Schwäche, damit die Kraft Gottes in mir Raum gewinnen kann. Ja, das muss ich natürlich: Mich ausstrecken nach Christus und sagen: „Jetzt musst du wirken. Wir sind am Ende mit unseren Möglichkeiten.

 

Und er spricht von einem Pfahl im Fleisch. Das ist wie ein ganz schwerer Dorn. „Des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlägt...“ Man rätselt: Was hat wohl der Paulus gehabt? Das muss ja furchtbar gewesen sein. Da trommelt der Satan wie wild auf seinen Nerven herum und der Mann ist gereizt bis zum Äußersten und sagt: „Ich will mich damit rühmen, damit umso mehr die Kraft Christi an meinem zerschlagenen Leib sichtbar wird.

 

Und dann erzählt er: „Ich habe dreimal Schiffbruch erlitten, bin Tag und Nacht auf dem offenen Meer getrieben, dreimal Peitschenhiebe ertragen und dann den ganzen Ärger mit falschen Mitarbeitern, die gar keine Christen waren. Und was alles ihm zugemutet wurde und sagt: „Aber es ist mir nur Christus immer größer geworden. In all der Ohnmacht, in all dem. Wissen Sie, was der schlimmste Pfahl im Fleisch ist für einen Christen? Dass wir bis zu unserer Sterbestunde an unserem eigenen bösen Herz und an unseren sündhaften Gedanken und an unserem störrischen Willen leiden. Wir wollen Jesus dienen und können das so schlecht.

 

Paulus sagt: „Freu dich doch daran. Du rückst immer näher zu Christus hin. Werde bloß kein überheblich richtender Frommer, sondern bleib einer, der es ganz nüchtern weiß: Durch die Gnade Jesu errettet – sonst gar nichts. Darum hatte eben doch Hofacker recht gehabt, dass das das Evangelium sei: Dass ich diese Gnade fassen kann und diese Gnade mir gilt.

 

Im letzten Jahrhundert gab es in Amerika den großen Evangelisten Moody.

Zehntausende hat er angezogen und hat gepredigt. Er war eigentlich Schuhverkäufer in Chicago und er hat so eine näselnde Stimme gehabt. Seine Erscheinung war nicht sehr stattlich. Und die Journalisten haben das auch aufgelistet. Und wie ein Journalist einmal sagte: „Wenn man diesen Mann anguckt, ist überhaupt nichts dran.“ Da hat Moody nur gelacht und gesagt: „Das ist doch das Geheimnis meiner Kraft, dass Christus alles in meinem Leben sein muss, weil ich nichts bin.“

 

Darauf kann man sich absolut verlassen. Dreimal hat er zum Herrn gebetet: „Herr, nimm mir doch diese Last weg.“ Der Herr hat gesagt: „Lass doch: In deiner Schwäche vollendet sich meine Auferstehungskraft.“ Und ich bin guten Mutes, wo Sie so Ihr Leben packen, Ihren Dienst für den Herrn, sagen: „Herr, du musst an diesem Tag und an jedem Tag der Herr sein, der mich treibt,...

 

Noch ein letztes: Das macht lebenstüchtig. Vielleicht denkt man immer wieder: „Das ist so ein Trostevangelium“. Das macht nicht behäbig. Das macht lebenstüchtig. Paulus muss sehr schwach und sehr krank gewesen sein. Darüber besteht gar kein Zweifel. Wenn unter uns heute Leute sind, die angefochten sind, dann bin ich sicher, dass sie nur ein Bruchteil von dem zu tragen haben, was Paulus als Apostel aufgetragen war.

 

Aber jetzt war es merkwürdig: Die Gnade Jesu, die er so erlebt hat, seine Liebe und Güte, der sein Leben vergoss für ihn und sagte -  das war doch für ihn so ein Antrieb – dass er sagt: „Dann will ich doch das Wenige, das mein Leben noch ist, dem Herrn darbringen“. Und er kann sagen: „Ich habe mehr gearbeitet als Sie alle. Seine Gnade ist an mir nicht vergeblich gewesen.“ Also: Wenn Sie alt sind und eine siechenden Leib haben – macht nichts. Der Herr will noch große Dinge durch Sie tun. Und wenn Sie nur Tage noch leben, der Herr will noch Großes durch Sie tun.

 

Es gibt keinen unnützen Augenblick. Und Ihr jungen Leute: Nehmt euer Leben als ein Angebot, als eine Chance. Wenn ich da denke, die nächsten 50 Jahre, das Angebot der Gnade Jesu ist doch da, dass ich mit seiner Kraft rechnen kann. Keiner von uns kann nur einen jungen Menschen oder einen erwachsenen Menschen im Glauben prägen aus eigener Kraft. Wir können gar nichts. Wir können keinen Zweifelnden zum Glauben führen. Wir können keinen in den Gottesdienst einladen – bringen wir nicht fertig. Wir können doch nicht Versuchungen Satans überwinden. Wir können doch nicht einmal mit unserer Willenskraft das Böse besiegen. Ich lebe doch von den Gnadenwirkungen Jesu.  Ganz allein von ihm kann es kommen. Und darum sagt Paulus: „Ich bin guten Mutes und wenn sie mich morgen wieder einsperren und wenn ich wieder in meinem Leben Enttäuschungen erlebe, mit der Arbeit, in der er stand, wenn etwas nicht gelingt, ich bin guten Mutes. Ich kann es nur Christus überlassen. Und er macht am Ende noch einen Sieg daraus, so wie er über dem gekreuzigten Jesus seinen Oster-Sieg aufgerichtet hat. Und er hat einen freien Blick, einen mutigen Blick, einen zuversichtlichen Blick. Was ist das bloß in unserer Zeit, dass viele Christen nicht mehr wissen, was der wahre Schatz des Evangeliums ist. Das wir dieses Geheimnis Jesu Christi verkünden, dessen Kraft, grenzenlose Kraft, in Schwachen mächtig wirkt. Ludwig Hofacker hat ja bei seiner Investitur in Rielingshausen, als er Mühe hatte, das Ganze schon körperlich durchzustehen, man hat ihn kaum verstehen können, weil es noch nicht die schönen Mikrofone gab, hat er dieses Lied zitiert: „Wenn ich an mir selbst verzage...“ leider steht es nicht mehr im neuen Gesangbuch, nur noch im alten – „wenn ich an mir selbst verzage, tröstet mich noch Gottes Wort...“ Das war ein Lied von Philipp Friedrich Hiller, dem Gott als Pfarrer seine gesamte Wirksamkeit nahm, indem er die Stimmbänder nicht mehr gebrauchen konnte, nicht mehr reden konnte, und da heißt es dann: „Dass ich schwach bin, wird er wissen, dass er stark ist, weiß auch ich, der mich aus dem Tod gerissen, ist auch nun mein Herr für mich, hang mein Herz an seinen Händen. Ich weiß doch, was er tun wird.“

Und darum hat er einen Schrei getan. Und das ist so herrlich, dass wir das wissen dürfen an diesem Jubiläum, es ist nur ein kurzer Rückblick, Stafettenübergabe und dann weiter in der Freude, dass seine Kraft mächtig ist, ungeheuer mächtig.

Amen.